Okuläre Allergien
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Okuläre Allergien
Augenärztliche Fortbildung Okuläre Allergien (Ocular allergies) Dominika Rachwalik, Uwe Pleyer Berlin Zusammenfassung: Weltweit steigen die Zahlen der Allergieerkrankungen. Allergien des Auges sind häufig, jedoch oft unterdiagnostiziert, unterschätzt und untertherapiert. Die Abgrenzung der verschiedenen allergischen Konjunktivitiden ist eine Grundvoraussetzung für die Einleitung einer optimalen Therapie. Um Langzeitschäden zu vermeiden, wird zudem eine adäquate interdisziplinäre Betreuung notwendig. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über das Spektrum der klinischen Bilder und das Verständnis ihrer immunologischen Mechanismen. Des Weiteren werden entsprechende Therapien sowie neue immunologische Behandlungsansätze vermittelt. Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) Schlüsselwörter: allergische Konjunktivitis, atopische Keratokonjunktivitis, giganto papilläre Konjunktivitis, immunmodulierende Therapie, perenniale Konjunktivitis, saisonale Konjunktivitis, vernale Keratokonjunktivitis Summary: Ocular allergies are common but often underdiagnosed, underestimated and undertreated. Worldwide the numbers of allergic diseases increase and thus the suffering of those affected. Therefore, the definition of various allergic conjunctivitis is a prerequisite for initiation of an optimal therapy. In order to prevent long-term damage is also an adequate interdisciplinary care is required. This paper gives an overview of the spectrum of clinical presentations and the understanding of their immunological mechanisms. In addition to appro priate therapies, as well as new immunmodulatory therapies are thought. Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) Key words: allergic conjunctivitis, atopic kerato conjunctivitis, gigantopapillary conjunctivitis, immuno modulatory therapy, perennial conjunctivitis, seasonal conjunctivitis, vernal keratoconjunctivitis Definition und Klassifikation der allergischen Konjunktivitis Unter einer allergischen Konjunktivitis versteht man entzündliche Prozesse der Bindehaut (Tunica conjunctiva) aufgrund spezifischer Abwehrreaktionen des Immunsystems. Sie umfasst ein breites Spektrum an unterschiedlichen Krankheitsbildern. Insgesamt werden fünf klinische Formen der allergischen Konjunktivitis unterschieden: n saisonale allergische Konjunktivitis (SAC) n perenniale allergische Konjunktivitis (PAC) n vernale Keratokonjunktivitis (VKC) n atopische Keratokonjunktivitis (AKC) n gigantopapilläre Konjunktivitis (GPC) Pathogenese Die allergische Reaktion am Auge ist oft sehr stark ausgeprägt. Dies kann durch die morphologischen Besonderheiten des äußeren Auges erklärt werden. Da sowohl in der Lid- als auch in der Bindehaut eine hohe Dichte an Mastzellen vorliegen, herrschen dort ideale Bedingungen für eine Hyper sensibilitätsreaktion [14, 25]. Über organisiertes und diffuses lymphatisches Gewebe können unter anderem Anti gene erkannt und Effektorzellen aktiviert werden. Als CALT (conjunctiva associated lymphoid tissue) wird das lymphatische Gewebe des äußeren Auges bezeichnet, das Tränendrüse, Konjunktiva sowie die ableitenden Tränenwege umfasst. Über spe- Unabhängigkeitserklärung der Autoren: Der Autor bestätigt, dass kein Interessenkonflikt vorliegt. Sofern in dieser Zeitschrift eingetragene Warenzeichen, Handelsnamen und Gebrauchs namen verwendet werden, auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind, gelten die entsprechenden Schutzbestimmungen. Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)169 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Die saisonale und perenniale Konjunktivitis sind die häufigsten Formen der allergischen Konjunktivitis mit einer Inzidenz von insgesamt 15 bis 20 % in der Bevölkerung. zialisierte Gefäße ist es den lymphatischen Zellen möglich, zwischen den verschiedenen lymphatischen Geweben zu zirkulieren. Mit Hilfe von antigenpräsentierende Zellen (APC = antigen-presenting cells) werden Antigene erkannt und Effektorzellen aktiviert, um schließlich T-Helferzellen vom Typ II (Th2) auszubilden. Dabei werden Immunmodulatoren wie Zytokine sezerniert, welche an den Entzündungsreaktionen beteiligt sind. Eine der häufigsten Ursachen der allergischen Konjunktivitis ist die klassische Immunglobulin(Ig)E-vermittelte Sofortreaktion oder Typ I-Allergie. Typisch ist eine schnelle, innerhalb von Sekunden oder Minuten stattfindende Reaktion des Immunsystems auf das Allergen (Abbildung 1). Kennzeichnend ist die Degranulation der Mastzellen und die Freisetzung von Mediatoren wie Histamin und inflammatorischen Zytokinen. Die Voraussetzung hierfür ist ein Erstkontakt mit dem Allergen, der in der Regel über längere Zeit zuvor klinisch symptomlos verläuft. Diese Sensibilisierungsphase ist gekennzeichnet durch die Erkennung und Präsentation der Allergenfragmente an MHC-II Moleküle durch antigenpräsentierende Zellen, wie z. B. dendritische Zellen. Abbildung 1: Pathogenese der Typ I-Allergie 170 Unter dem Einfluss verschiedener Zytokine (Interleukin IL-4, IL-9, IL-13) werden T-Helfer zellen induziert (Th2-Immunreaktion). Die Th2-Zellen sezernieren insbesondere IL-4, welches zusätzlich die Aktivierung der B-Zellen bewirkt und damit die Bildung von Plasmazellen und allergenspezifischen IgE fördert. Das präformierte IgE bindet sich anschließend an Mastzellen und in geringerem Ausmaß an basophile Granulozyten. Beim Zweitkontakt bindet sich das Allergen an das auf den Mastzellen vorhandene IgE, so dass Histamin ausgeschüttet wird und eine Früh- oder Sofortphase eintritt. Die massive Ausschüttung von Histamin, Zytokinen und weiteren Entzündungsmediatoren führt zu typischen akuten Beschwerden. In der Spätphase, nach rund 4 – 12 Stunden findet eine mastzellvermittelte Aktivierung von Eosinophilen und T-Zellen statt. Saisonale allergische Konjunktivitis und perenniale allergische Konjunktivitis Die saisonale (SAC) und perenniale (ganzjährige, PAC) Konjunktivitis sind die häufigsten Formen der allergischen Konjunktivitis mit einer Inzidenz von insgesamt 15 bis 20 % in der Bevölkerung [38]. Die spezifischen IgE-Antikörper sind in fast allen Fällen bei beiden Formen zu finden [7]. Während die SAC und PAC weitgehend identisch sind, unterscheiden sich sowohl Zeitpunkt und Dauer der Erkrankung als auch die auslösenden Allergene. Die SAC beginnt meist bereits in der frühen Kindheit und zeigt nicht selten einen zweiten Erkrankungsgipfel zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr. Die häufigsten Allergene sind Baum- und Gräserpollen sowie Pilzsporen. Während die SAC vorwiegend im Frühling und Sommer auftritt, verursacht die PAC das ganze Jahr über Symptome. Zusätzlich sind bei der PAC eine Reaktion auf Hausstaub milben und Tierhaare nachweisbar. Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Symptome und Diagnostik Die Kardinalsymptome der SAC und PAC sind transiente akute oder subakute Attacken mit Rötung, Tränenfluss, Brennen und Juckreiz assoziiert mit Niesen und Nasenfluss. Die Sehkraft ist nicht verändert oder lediglich aufgrund des starken Tränenflusses gering vermindert. An der Spaltlampe erhobene Befunde können eine gering bis mäßig konjunktivale Hyperämie und Chemosis aufzeigen (Abbildung 2). Die Augenlider und Hornhaut sind von dem allergischen Geschehen nicht betroffen [13]. Anhand der Anamnese und der klinischen Befunde kann die Diagnose gestellt werden. Ein „Provokationstest“ oder ein Prick-Test können die Diagnose zusätzlich sichern (Tabelle 1). In Einzelfällen ist die Bestimmung von Gesamt- und allergenspezifischem IgE mittels RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test) im Serum sinnvoll. Die IgE-Analyse der Tränen kann mit einem neuen Testverfahren (Allerwatch-Test), das auf der Immunochromatographie basiert, leicht und schnell bestimmt werden. In der Studie von Mimura konnte eine positive Korrelation des Gesamt-IgE in den Tränen mit dem gesamten und spezifischen IgE im Serum gezeigt werden [26]. Differentialdiagnosen der SAC und PAC Differentialdiagnostisch ist eine infektiöse Konjunktivitis verursacht durch Bakterien oder Viren auszuschließen. In der Regel sind wie bei der allergischen Konjunktivitis beide Augen betroffen, allerdings erkrankt bei der infektiösen Konjunktivitis das eine Auge 1 – 2 Tage vor dem anderen. Meist ist der Befund frühmorgens ausgeprägter als im Tagesverlauf und das Leitsymptom Juckreiz fehlt. Eine weitere Differentialdiagnose ist Tabelle 1: Diagnostische Abklärung einer allergischen Konjunktivitis Anamnese allgemeine Anamnese, Symptome, zeitlicher Zusammenhang des potentiellen Allergens mit der allergischen Reaktion, Klassifikation der allergischen Reaktion Ophthalmologische Untersuchung Klinischer Befund!! Labor Gesamt-IgE mit Radio-Immun-Sorbens-Test (RIST), spezifisches IgE mit Radio-Allergo-Sorbens-Test (RAST), ggf. allergienspezifisches IgG, ggf. zelluläre Allergenstimulationstests (Histamin-Freisetzungstest, Basophilen-Aktivierungstest), ggf. Tränenfilmanalyse Provokationstest ggf. Prick-, Intrakutan- oder Scratch-Test histologische Untersuchung ggf. Biopsie Abbildung 2a: Saisonale allergische Konjunktivitis mit konjunktivaler Hyperämie am oberen Tarsus Abbildung 2b: Saisonale allergische Konjunktivitis mit Chemosis der Konjunktiva Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)171 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Tabelle 2: Überblick der verschiedenen Formen der allergischen Konjunktivitis Krankheitsbild saisonale Konjunktivitis (SAC) und perenniale Konjunktivitis (PAC) Kerato conjunctivitis vernalis (VKC) atopische Kerato konjunktivitis (AKC) gigantopapilläre Konjunktivitis (GPC) 172 Ätiologie oft assoziiert mit einer Rhinitis n saisonale Allergene n ganzjährige Allergene n genetische Prädisposition n assoziiert mit Atopie n saisonale Allergene n genetische Prädisposition n Th -Aktivierung 2 n assoziiert mit atopischer Dermatitis n Umwelt allergene n genetische Prädisposition n Th -Aktivierung 2 n Kontaktlinsen Kontaktlinsen pflegemittel n Augen prothesen n Limbus dermoide n Fremdkörper n n Symptome Juckreiz Rötung n Chemosis n Sekret Diagnose Anamnese okuläre Provokation n Prick-Test n IgE im Tränen film n Eosionophile im Ausstrich n n n n extremer Juckreiz n muköses Sekret n Riesenpapillen n Trantas dots n Überwiegend: 3.– 20. Lebens jahr (m) n Lidbeteiligung Juckreiz n Brennen n chronische Rötung n Hornhaut pannus n Ulkus n Katarakt n Überwiegend 20. – 50. Lebensjahr Klinik Anamnese n spezifisches IgE im Tränen film, Serum Differenzial diagnosen infektiöse Konjunktivitis (Chlamydien, Viren, Bakterien) n Trockenes Auge n n n n n Klinik Anamnese n Prick-Test n Eosionphile in Ausstrich/ Tränen n spezifisches IgE im Serum AKC Blepharitis VKC Blepharitis n Kontakt dermatitis n Trockenes Auge n okuläres Pemphigoid Begleitende Maßnahmen Allergenkarenz kalte Kom pressen n spezifische Immuntherapie n n n Allergenkarenz kalte Kom pressen n Allergenkarenz psychosoziale Betreuung n n n n n n n n Papillen im Bereich des oberen Tarsus n Fremdkörper gefühl n Chemosis n Rötung n Juckreiz n zähes, muköses Sekret n IgE auf Kontaktlinsen n Biopsie: Lymphozyten, Mastzellen, kei ne Eosinophile n Eotaxin und LTC4 in Tränen n VKC Infektiöse Konjunktivitis n Blepharitis n Trockenes Auge n n Kontaktlinsen karenz n Wechsel von Kontaktlinsen pflegemittel n Entfernung von exponier ten Nähten, Fremdkörpern, Augenprothesen n Medikamentöse Therapie Lokal: Antihistaminika, Mastzell stabilisatoren n Selten: Kortikoide n Lokal: Antihistaminika, Mastzell stabilisatoren, Kortikoide, Calcineurin inhibitoren n Systemisch: Antihistaminika, (selten) Kortikoide n Lokal/ systemisch: Antihistaminika n Lokal: Mastzell stabilisatoren, Kortikoide, Calcineurin inhibitoren n Lokal: Antihistaminika, Mastzell stabilisatoren n Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien das Trockene Auge mit Symptomen eines Fremdkörpergefühls und Augenbrennen (Tabelle 2). Vernale Keratokonjunktivitis Die vernale Keratokonjunktivitis (VKC) ist eine überwiegend beidseitige, rezidivierende Konjunktivitis. Sie tritt schubweise bevorzugt im Frühjahr auf, weshalb sie auch als „Frühjahrskatarrh“ bezeichnet wird. Während sie in warmen, trockenen Klimaregionen eine häufige Augenerkrankung darstellt [21], tritt sie in Mitteleuropa mit einer Prävalenz von 1,2 bis 10,6 Fällen auf 10 000 Menschen seltener auf [10]. Betroffen sind vorwiegend Jungen (m : w zirka 3 : 1) bis zur Pubertät. Später gleicht sich die Geschlechtsverteilung bis zum 20. Lebensjahr wieder an [24]. In vielen Fällen ist die VKC bei Kindern eine selbstlimitierende Erkrankung und kann nach der Pubertät zum Abklingen kommen [21]. Allerdings heilen die konjunktivalen Veränderungen teilweise unter Narbenbildung ab. In einer Studie konnte jedoch gezeigt werden, dass die beschriebene Visusminderung bei 27 % von 120 Patienten häufiger im Zusammenhang mit Nebenwirkungen der Therapeutika standen (Kataraktentwicklung bei langfristiger Steroidapplikation) als direkt durch den Krankheitsverlauf verursacht wurden [15]. Hinweise für eine geschlechtsspezifische Pathogenese werden im Epithel der tarsalen Bindehaut vermutet. Hier wurden bei VKCPatienten Östrogen- und Progesteronrezeptoren nachgewiesen. Dies kann darauf hinweisen, dass Sexualhormone möglicherweise die Aktivität der Eosinophilen bei Patienten mit VKC beeinflussen können [8]. Die Ätiologie der VKC ist bisher weiterhin unklar. Häufig zu beobachten ist die genetische Prädisposition für Atopie (30 – 40 %) mit Asthma bronchiale (27 %), Rhinitis (20 %) und Hautekzem (10 %) [21, 24, 33]. Gemäß einer neuen Klassifikation der EAACI (European Academy of Allergy and Clinical Immuno logy) werden Überempfindlichkeitsreaktionen am Auge – insbesondere die VKC und die AKC – in IgE- sowie in nicht-IgE-vermittelte Immunreaktionen eingeteilt [23]. Nach der Identifizierung des immunologischen Mechanismus kann eine mögliche immun modulatorische Behandlung in Betracht gezogen werden. Im Gegensatz dazu kann bei nicht-allergischem Geschehen eine andere Therapiestrategie berücksichtigt werden. Symptome und Diagnostik Leitsymptome der VCK sind persistierender Juckreiz, ausgeprägte Photophobie bis hin zum Blepharospasmus, Fremdkörpergefühl und ein zähes, entzündliches Sekret. Der Begriff „morgendliches Elend“ beschreibt sehr treffend die insbesondere morgens ausgeprägte, auch psychisch belastende Situation. Nach der Lokalisation unter scheidet man eine n tarsale Form n limbale Form n gemischte Form. Zur weiteren Diagnostik kann neben einer allergologischen Abklärung eine histologische Untersuchung des Gewebes vorgenommen werden. Die Einteilung der Schweregrade der VKC erfolgt insbesondere anhand von konjunktivalen und tarsalen Veränderungen nach Bonini et al. (Tabelle 3). Tarsale Form Die tarsale Form ist charakterisiert durch die Ausbildung von zirka 10 – 20 Riesenpapillen mit einem Durchmesser > 1 mm, überwiegend im oberen tarsalen Bindehautbereich [4]. Um die „pflastersteinartigen Veränderungen“ zu diagnostizieren, ist es unbedingt notwendig, doppelt zu ektropionieren. Durch die pflastersteinartigen Veränderungen kann es zum Auftreten einer Pseudoptosis kommen. Im akuten Stadium können die Riesenpapillen an Größe zunehmen und von zähem Mukus bedeckt sein (Abbildung 3). Die vernale Kerato konjunktivitis (VKC) ist eine überwiegend beidseitige, rezidivierende Konjunktivitis. Leitsymptome der VCK sind persistierender Juckreiz, ausgeprägte Photophobie bis hin zum Blepharo spasmus, Fremdkörper gefühl und ein zähes, entzündliches Sekret. Die tarsale Form ist charakterisiert durch die Ausbildung von zirka 10 – 20 Riesenpapillen mit einem Durchmesser > 1 mm, überwiegend im oberen tarsalen Bindehautbereich. Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)173 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Die limbale Form der VKC ist seltener und tritt eher in Asien und Afrika auf. Es bestehen eine diskrete Schwellung im Übergangs bereich von Binde- und Hornhaut mit Ödem, Hyperämie und Trantas flecken. Limbale Form Die limbale Form ist seltener und tritt eher in Asien und Afrika auf [24]. Es bestehen eine diskrete Schwellung im Übergangsbereich von Binde- und Hornhaut mit Ödem, Hyperämie und Trantasflecken („Trantas dots“) (Abbildung 4). Dies sind kleine gelb-weiße Ablagerungen aus degenerierten eosinophilen Granulozyten und Epithelablagerungen. Die Ablagerungen können bei farbigen Patienten pigmentiert erscheinen. Unter adäquater Therapie können die Läsionen abheilen und sich vollständig zurück bilden. Gelegentlich verbleibt ein vernarbter Limbus. Gemischte Form Die gemischte Form ist eine Mischung aus tarsaler und limbaler Form. Komplikationen Als Komplikationen werden die Ausbildung eines Schildulkus („Shield ulcer“) und die Ablagerung von Mukus und Zelldetritus („Vernalis-Plaque“) beschrieben (Abbildung 5). Das Schildulkus ist charakterisiert als flaches, schmerzloses Hornhautulkus, der meist im oberen Bereich der Hornhaut auftritt. Die oft sehr langsame Reepithelialisierung ist hervorgerufen durch die im Mukus enthaltenen Entzündungsmediatoren und epitheltoxischen Substanzen. Die Abheilung erfolgt oft mit Narbenbildung der Hornhaut und damit verbundener Visusminderung. Daher sollte der Patient angehalten werden, den Mukus regelmäßig zu beseitigen. Ein praktischer Tipp: Der Mukus kann mit Hilfe eines Wattestäbchens oder eines feuchten Wattetupfers entfernt werden. Dabei wischt man vom äußeren zum inneren Lidwinkel aus. Atopische Keratokonjunktivitis Die atopische Keratokonjunktivitis (AKC) zeigt einen ähnlichen klinischen Verlauf wie die VKC. Sie tritt unter Beteiligung beider Tabelle 3: Einteilung der Schweregrade bei VKC nach Bonini et al. [6] Grad Symptome konjunktivale Hyperämie konjunktivale Sekretion Vorhandensein von Papillen Trantasflecken Hornhaut beteiligung 0 ruhig fehlend fehlend fehlend gering bis mäßig fehlend fehlend 1 mild mild und verein zelt gering fehlend/gering gering bis mäßig fehlend fehlend 2A moderat zeitweilig mild bis zeitweilig gering mäßig gering gering bis schwer fehlend fehlend 2B moderat andauernd gering bis gering bis mäßig andauernd mäßig gering bis mäßig gering bis schwer fehlend wenige punktuelle Hornhauterosionen 3 schwer mäßig bis andau mäßig bis schwer mäßig bis schwer mäßig bis schwer wenige ernd schwer punktuelle Horn hauterosionen 4 sehr schwer andauernd schwer mäßig bis schwer schwere mäßig bis schwer viele korneale Erosio nen und Ulzera 5 Narbenstadium fehlend bis mild vereinzelt fehlend/gering geringe bis schwere Fibrose fehlend 174 fehlend fehlend Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Abbildung 3a: Vernale Konjunktivitis mit Riesenpapillen und Mukus Abbildung 3b: Vernale Konjunktivitis mit Verschmelzung der Papillen Abbildung 4a: Limbale Form der vernalen Konjunktivitis mit „gelatinösen“ Trantasflecken am Limbus Abbildung 4b: Limbale Form der vernalen Konjunktivitis mit Tantras dots und Neoangiogenese Abbildung 5a: Keratopathie bei vernaler Konjunktivitis mit Schild ulkus Abbildung 5b: Keratopathie bei vernaler Konjunktivitis mit Schild ulkus Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)175 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Die Leitsymptome der AKC sind Hautveränderungen, die meistens das Gesicht und die Augenlider betreffen. Als Komplikationen können Bakterien- und Pilz infektionen sowie aggressive, oft therapieresistente Herpes-simplex-Keratitiden auftreten. Augen vorwiegend im jungen Erwachsenenalter auf. Ein Leitsymptom ist hierbei die atopische Dermatitis, die häufig als erstes Symptom und teilweise auch ohne okuläre Beteiligung auftritt. Die Entzündung manifestiert sich bevorzugt an Prädilektionsstellen wie den Kniekehlen, den Ellenbeugen, Streckseiten der Extremitäten und im Gesicht. Triggerfaktoren wie Stress, psychologische Belastungssituationen, Wärme- oder Kälteexposition können zur Verschlimmerung der Symptome führen. Symptome und Diagnostik Die Leitsymptome der AKC sind Hautveränderungen, die meistens das Gesicht und die Augenlider betreffen. Zusätzlich gibt die Familienanamnese wertvolle Hinweise auf eine mögliche genetische Prädisposition für allergische Erkrankungen. Die Hautveränderungen sind gerötet, verdickt und gehen häufig mit begleitenden Staphylokokkeninfektionen (> 60 %) einher. Oft zeigt sich ebenfalls eine begleitende chronische Blepharitis. Die Bindehaut ist vorwiegend inferior palpebral betroffen. In der akuten Phase kommt es zu einer Chemosis und konjunktivalen Hyperämie [2]. Zu Beginn können Papillen Abbildung 6a: Atopische Keratokonjunktivitis mit Lidbeteiligung 176 auftreten, die sich im Verlauf einer Exazerbation zu Riesenpapillen ähnlich wie bei der VKC entwickeln können. Ebenso können Trantasflecken vorkommen. Im Verlauf der chronischen Entzündung können diffuse Hornhautinfiltrate und Ver narbungen der Bindehaut auftreten, welche zur Symblepharonbildung mit Fornixverkürzung führen können (Abbildung 6). Punktförmige Epithelerosionen vor allem im unteren Hornhautdrittel und ausgeprägte Hornhautpannusbildung mit Neovaskularisation und ulzerativer Keratitis sind weitere sekundäre Veränderungen. Sie sind die Hauptursache für einen Visusverlust bei der AKC. Die Prognose der Heilung der chronisch verlaufenden AKC ist daher problematisch und hängt wesentlich vom Ausmaß der Hornhautbeteiligung ab. Als Komplikationen können Bakterien- und Pilzinfektionen sowie aggressive, oft therapieresistente Herpes-simplex-Keratitiden auftreten. Die Pathogenese weiterer Veränderungen wie Keratokonus und posteriore subkapsuläre Katarakt ist bisher unklar. Anamnese und klinischer Befund gestatten meist eine rasche Diagnose. Die Immundia gnostik umfasst die Bestimmung des Ge- Abbildung 6b: Schwere Keratopathie mit Epitheldefekten und Vaskularisation im unteren Hornhautdrittel sowie Ausbildung eines Symblepharons Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien samt-IgE, um alle freien IgE-Antikörper zu erfassen. Zusätzlich können Allergen-spezifische IgE-Antikörper nachgewiesen werden, um die konkrete Allergenquelle zu ermitteln. Gigantopapilläre Konjunktivitis Die gigantopapilläre Konjunktivitis (GPC) ist eine immunologisch-allergische Reaktion der Bindehaut mit Ausbildung von Papillen ähnlich wie bei der VKC ohne Beteiligung der Hornhaut [11]. Am häufigsten wird sie in Verbindung mit Kontaktlinsen und Kontaktlinsenpflegemittel beobachtet (Abbildung 7). Es wird angenommen, dass etwa 1 – 5 % aller Träger von weichen Kontaktlinsen und bis zu 10 % aller Träger von harten Kontaktlinsen betroffen sind. Weitere auslösende Faktoren können aber auch Augenprothesen, Fremdkörper, Limbusdermoide, Zustand nach filtrierendenden Glaukomoperationen und anderen Veränderungen am äußeren Auge sein, welche die Augenoberfläche beeinträchtigen [5]. Symptome und Diagnostik Das morphologische Bild der GPC ist gekennzeichnet durch Papillenbildung der Bindehaut im Bereich des oberen Tarsus bei Kontaktlinsenträgern. Die Papillen sind meist relativ homogen mit einer mittleren Größe von etwa 0,3 mm. Selten werden Riesenpapillen mit einem Durchmesser > 1 mm ähnlich der VKC beobachtet. Begleitende Symptome und Befunde sind Fremdkörpergefühl, Chemosis, konjunktivale Hyperämie, Juckreiz und zähes, muköses Sekret vor allem beim Entfernen der Kontaktlinse. Die Kontaktlinsen werden nur noch kurzfristig oder gar nicht mehr toleriert. Immunologisch lassen sich während eines akuten Geschehens IgE-Erhöhungen auf den Kontaktlinsen beobachten. Zum Nachweis der IgE-Antikörper wurden Kontaktlinsen in ein Phosphatpuffer eingelegt und mittels ELISA (Ezyme Linked Immunosorbent Assay) detektiert [39]. Eine alleinige allergische Erkrankung wird jedoch in Frage gestellt, da man in den Infiltraten zwar Lymphozyten und Mastzellen, aber keine Eosinophile fand. Dies wird auch durch die niedrige Konzentration von Eotaxin im Tränenfilm chronischer GPC-Patienten bestätigt: Das spezifische Eiweiß rekrutiert im Tränenfilm eosinophile Zellen [31]. Weitere immunologische Mediatoren im Tränenfilm wie Leukotriene (z. B. LTC4) erklären die Symptome der entzündlichen Bindehautveränderungen [18]. Die gigantopapilläre Konjunktivitis ist eine immunologisch-allergische Reaktion der Bindehaut mit Ausbildung von Papillen ähnlich wie bei der VKC ohne Beteiligung der Hornhaut. Therapieprinzipien der allergischen Konjunktivitis Die Behandlung der allergischen Konjunktivitis umfasst drei Säulen (Abbildung 8): n Allergenkarenz n Pharmakotherapie und n Immuntherapie Allergenkarenz Das richtige Erkennen und Vermeiden der auslösenden Allergene ist die Grundlage jeder Prophylaxe und Therapie. Sicherlich ist eine vollständige Allergenkarenz praktisch nicht ausführbar, dennoch kann übermäßigen Beschwerden durch gezielte Maßnahmen vorgebeugt bzw. können diese sogar vermieden werden. Das morphologishe Bild der GPC ist gekennzeichnet durch Papillenbildung der Bindehaut im Bereich des oberen Tarsus bei Kontaktlinsenträgern. Abbildung 7: Gigantopapilläre Konjunktivitis bei Kontaktlinsenträger Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)177 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Die Gabe lokaler Anti histaminika führt zur Hemmung von Histamin-(H1)Rezeptoren, die insbesondere in der Frühphase die Ausschüttung von Histamin blockieren und die Symptomatik insbesondere den Juckreiz minimieren. Bei milden Verlaufsformen wird mit Tränenersatzmitteln zur Stabilisierung des Tränenfilms begonnen. Bei Pollenallergikern z. B. kann zum einen die Pollenbelastung dadurch niedrig gehalten werden, dass die Aktivitäten im Freien nach den Pollenfluginformationen ausgerichtet werden. Zum anderen ist es hilfreich, Straßenkleidung nicht im Schlafzimmer abzulegen, die Haare vor dem zu Bettgehen zu waschen und bei geschlossenem Fenster zu schlafen. Zur Hausstaubprophylaxe eignen sich wischbare Böden (keine Teppiche oder Teppichböden), Leder- statt Polstermöbel, Spezialbezüge für die Bettwäsche, Staubsauger mit Feinstaubfilter und insgesamt weniger Staubfänger wie Vorhänge und Felle. Als eine hilfreiche Unterstützung neben verschiedenen Webseiten zum Thema Allergie (z. B. http://allergie-experten.de) ist ein Ratgeber „Pollen, Milben und Co. – Was tun bei Allergien?“ (Medpharm-Verlag, 1997) von Jörg Kleine-Tebbe für Patienten und Betroffene sehr informativ. Pharmakotherapie Aufgrund der nur begrenzten Möglichkeiten auslösende Allergene zu vermeiden, steht die Pharmakotherapie zur Behandlung von Allergien im Vordergrund. Die Therapie richtet sich dabei nach Form und Schweregrad der allergischen Konjunktivitis. Bei milden Abbildung 8: Übersicht der Therapiemöglichkeiten 178 Verlaufsformen wird mit Tränenersatzmitteln zur Stabilisierung des Tränenfilms begonnen. Damit können außerdem Entzündungsmediatoren und Allergene verdünnt oder ausgewaschen werden. Die First-line-Therapie bei der SAC und PAC besteht jedoch in der Anwendung von antiallergischen Mitteln (Tabelle 4) wie n Antihistaminika n Mastzellstabilisatoren n K ombinationspräparaten mit dualem Wirkprinzip Antihistaminika Die Gabe lokaler Antihistaminika führt zur Hemmung von Histamin-(H1)-Rezeptoren, die insbesondere in der Frühphase die Ausschüttung von Histamin blockieren und die Symptomatik insbesondere den Juckreiz minimieren. Topische H1-Antihistaminika wie z. B. Levo cabastin können eine Bindehautentzündung schnell lindern [12, 32]. Allerdings ist die Wirkdauer nur kurzfristig, da die Mittel lediglich den Histamin-Rezeptor reversibel blockieren und nicht auf andere Entzündungsmediatoren wie Prostaglandine und Leukotriene einwirken. Als Nebenwirkungen können Reizerscheinungen wie Augenbrennen und -schmerzen hervorgerufen werden. Systemische Antihistaminika sind für eine okuläre Symptomatik selten notwendig, jedoch bei schweren Erkrankungen mit anderen Organmanifestationen (z. B. Rhinitis) durchaus angezeigt. Mastzellstabilisatoren Als eine weitere Therapiemöglichkeit können topische Mastzellstabilisatoren eingesetzt werden, welche die Degranulation der Mastzellen verhindern. Grundsätzlich besteht eine gute Verträglichkeit der Mastzellstabilisatoren, allerdings kommt es zu einem zeitverzögerten Wirkungseintritt: Der gewünschte therapeutische Effekt tritt erst nach Stunden oder Tagen ein, da ihre Wirkung sich nur auf noch nicht degranulierte Mastzellen und nicht auf bereits freigesetz- Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien te Entzündungsmediatoren beschränkt. In Einzelfällen können sie konjunktivale Hyper ämien hervorrufen. Präparate mit dualem Wirkprinzip Zur längerfristigen Stabilisierung haben sich klinisch Präparate mit dualem Wirkprinzip (Antihistaminika mit Mastzellstabilisatoren) wie Azelastin, Epinastin, Ketotifen bewährt. Olopatadin und Ketotifen hemmen zusätzlich die Aktivierung der Eosinophilen sowie die Freisetzung von Leukotrienen- und Zytokinen und beeinflussen dadurch die Spätphase der allergischen Reaktion [27, 37]. Epinastin wirkt sowohl als H1-, als auch H2-Rezeptor [2] und erniedrigt die Th2-Zytokin-Produktion [20]. Durch die rasch einsetzende Wirkung der Kombinationspräparate Zur längerfristigen Stabilisierung haben sich klinisch Präparate mit dualem Wirkprinzip wie Azelastin, Epinastin, Ketotifen bewährt. Tabelle 4: Übersicht der Lokaltherapeutika. Dargestellt sind Anwendungsempfehlungen der verschiedenen Wirkstoffklassen nach Angaben der aktuellen Roten Liste. Wirkstoff Dosis Wirkeintritt Konservierungs stoffe* Empfohlene Anwendungsdauer Anwendung ab Emedastin (Emadine® 0,05 %) 2 x tgl. < 5 Min BAC 6 Wochen 3. Lebensjahr Levocabastin (Livocab®) 2 – 4 x tgl. 15-30 Min BAC keine Beschränkungen 1. Lebensjahr Cromoglicinsäure (Chrom-Ophtal® + Sine) 4 – 8 x tgl. 3 – 7 Tage BAC & Sine individuell festgelegt 6. Lebensjahr Lodoxamid (Alomide® + SE) 2 – 4 x tgl. 6 – 48 h BAC & Sine 24 Monate 4. Lebensjahr Nedocromil (Irtan®) 2 – 4 x tgl. 6 – 48 h BAC 3 Monate 6. Lebensjahr Antihistaminika Mastzellstabilisatoren Dualer Wirkstoff: Kombination Antihistaminikum + Mastzellstabilisator Azelastin (Vividrin®) 2 – 4 x tgl. 10 – 20 Min BAC & Sine SAC: 6 Wochen SAC: 4. Lebensjahr+ PAC: 12. Lebensjahr Epinastin (Relestat®) 2 x tgl. 15 – 30 Min BAC 8 Wochen 12. Lebensjahr Ketotifen (Zaditen ) 2 x tgl. < 5 Min BAC & Sine Olopatadin (Opatanol®) 2 x tgl. < 5 Min BAC 4 Monate 3. Lebensjahr ® 3. Lebensjahr Kortikoide Dexamethason (DexaEDO®, Dexa-Sine® + SE) 4 – 6 x tgl. BAC & Sine < 2 Wochen zurückhaltende Anwendung Loteprednoletabonat (Lotemax®) 4 x tgl. BAC 2 Wochen 18. Lebensjahr Prednisolon 1 – 4 x tgl. BAC < 1 Monat zurückhaltende Anwendung *BAC= Benzalkoniumchlorid, Sine = ohne Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)179 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien und deren generelle Verträglichkeit kann die Compliance der Patienten gefördert werden. Die Verwendung vasoaktiver Substanzen ist eher unvorteilhaft. Sie reduzieren zwar kurzfristig die Hyperämie, jedoch treten bei langfristiger Anwendung Rebound-Phänomene, Mydriasis oder eine Conjunctivitis medicamentosa auf. Die Anwendung von Kortikoiden bei der SAC und PAC ist meist nicht angezeigt. Sie können eine intraokulare Druckerhöhung sowie Linsentrübungen verursachen. In der Behandlung der VKC, AKC und GPC hat sich ein stufenweises Vorgehen bewährt. Aktuellen Entwicklungen zufolge könnte ein selektiver Glukokortikoid-RezeptorAntagonist (SEGRA) als eine neue Substanzgruppe bedeutsam werden. 180 Stufenweises Vorgehen bei VKC, AKC und GPC In der Behandlung der VKC, AKC und GPC hat sich ein stufenweises Vorgehen bewährt: n b ei akuter Exazerbation: kurzfristige Applikation von topischen Kortikoiden n B asistherapie: Antihistaminika, Mastzellstabilisatoren, Präparate mit dualem Wirkprinzip n zusätzlich: Calcineurininhibitoren Insbesondere Ketotifen und Olopatadin sind bei milden Verläufen der VKC wirksam [1, 16]. Liegt eine Blepharitis vor, sollte neben den Tränenersatzmitteln eine regelmäßige Lidkantenpflege durchgeführt werden. Bei schweren Exazerbationen ist eine zusätzlich kurze, aber intensive Kortikosteriodtherapie sinnvoll, um eine schnelle Linderung der Symptome in der akuten Phase zu bewirken. Aufgrund von Nebenwirkungen wie Tensioerhöhung im Rahmen einer Steroidresponse oder vorzeitiger Kataraktentwicklung sind Kortikosteroide zurückhaltend und nicht in der Langzeittherapie bei allergischer Konjunktivitis anzuwenden. Aufgrund eines geringeren Nebenwirkungsprofils (geringere Tensioerhöhung) sollte Loteprednoletabonat statt Dexamethason bevorzugt werden [17, 29]. Aktuellen Entwicklungen zufolge könnte ein selektiver Glukokortikoid-Rezeptor-Antagonist (SEGRA) als eine neue Substanzgruppe bedeutsam werden. Er bietet eine potente antiinflammatorische Wirkung ohne die typischen unerwünschten Nebenwirkungen [11]. Bei der GPC ist darauf zu achten, potentielle Auslöser wie Kontaktlinsen, exponierte Nähte, Fremdkörper und Augenprothesen zu entfernen. Nach einer Karenzzeit und Wechsel des Kontaktlinsenmaterials und der Pflegemittel kann gegebenenfalls ein weiteres Tragen von Kontaktlinsen ermöglicht werden. Eine verkürzte Tragezeit der Kontaktlinsen sowie ein striktes Beachten der Linsenhaltbarkeit sind weitere Einflussfaktoren. Begleitend kann mit lokalen, konservierungsmittelfreien Antihistaminika und Mastzellstabilisatoren therapiert werden. Cave! Es sind – wenn möglich – unkonservierte, lokale Wirkstoffe zu präferieren, um die Augenoberfläche nicht zusätzlich zu schädigen. Benzalkoniumchlorid greift das Bindehautepithel an und verursacht bei langfristiger Anwendung ein trockenes Auge. Immunmodulatorische Therapien Als Alternative zu Kortikosteroiden hat sich in der Basistherapie die immunmodulatorische Therapie mit topisch applizierten Calcineurininhibitoren wie Cyclosporin A und Tacrolismus in mehreren Studien als effektiv bewährt [30, 33, 36]. Durch die Hemmung von Calcineurin wird die T-Zellaktivierung inklusive der Ausschüttung der Zytokine IL-4 und IL-5 blockiert [34]. Insbesondere bei der Langzeitanwendung bei VKC und AKC hat sich Cyclosporin A 1 – 2 % als eine steroidsparende Option bewährt [22]. Für Hornhaut erosionen, insbesondere beim Schildulkus, ist statt der Therapie mit Kortikosteroiden ebenfalls Cyclosporin zu empfehlen. Da derzeit keine zugelassenen Präparate in Deutschland verfügbar sind, werden nach Anfrage ölige bzw. liposomale Cyclosporin Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015) D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Augentropfen 0,5 – 2 % nach spezieller Rezeptur in Apotheken zubereitet. Die Anwendung von Tacrolimus 0,01 – 0,03 % wird ebenfalls für VKC, AKC und GPC als vielversprechend angesehen [28]. Bei der Anwendung von Tacrolimus wurde nicht nur die Linderung der Symptome, sondern auch die Reduktion der Papillenhyperplasie innerhalb eines Monats beobachtet [35]. Als unerwünschte Nebenwirkungen können bei Applikation von Cyclosporin und Tacrolimus gerötete Augen und Brennen auftreten. Spezifische Immuntherapie Als einzige kausale Therapieform kann die spezifische Immuntherapie (SIT), besser bekannt als „Hyposensibilisierung“, erwogen werden. Es können zwei verschiedene Verfahrensweisen, die subkutane (SCIT) und die sublinguale (SLIT) Immuntherapie angewendet werden. Durch eine schrittweise Toleranzentwicklung an das auslösende Allergen soll eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf das Allergen verhindert werden. Indiziert ist die SIT bei allergischer Rhinokonjunktivitis insbesondere bei Gräserpollenallergie und beim allergischen Asthma. Empfohlen wird die SIT, wenn Symptome mehr als zwei Jahre bestehen, eine Allergenkarenz nicht möglich ist und moderate bis schwere Beschwerden vorliegen [9]. Sie kann einem möglichen „Etagenwechsel“ offensichtlich vorbeugen. Dies bedeutet, dass sich allergische Reaktionen aus dem oberen Bereich wie an Auge und Nase nicht auf die unteren Atemwege ausweiten. Voraussetzung für den Erfolg der SIT ist allerdings, dass die Compliance gewährleistet ist, da die Behandlung meist über einen Zeitraum von 3 Jahren erfolgt. Dies ist vor allem bei Kindern problematisch. Aktuell gibt es eine hohe Abbruchquote aufgrund zeitlicher Probleme und mangelnder Compliance. Dennoch scheint SIT die einzige Behandlungsmöglichkeit zu sein, die die Beschwerden und den Verlauf allergischer Erkrankungen dauerhaft beeinflussen kann [9]. Aus ophthalmologischer Sicht hat die SIT jedoch einen begrenzten Nutzen für den Verlauf der Allergie am Auge. Fazit Als einzige kausale Therapieform kann die spezifische Immuntherapie (SIT), besser bekannt als „Hyposensibilisierung“, erwogen werden. Voraussetzung für den Erfolg der SIT ist allerdings, dass die Compliance gewährleistet ist, da die Behandlung meist über einen Zeitraum von 3 Jahren erfolgt. Zusammenfassend stellen die verschiedenen Formen der allergischen Konjunktivitis ein häufiges und nach korrekter Diagnosestellung gut therapierbares Krankheitsbild dar. Um die Lebensqualität der betroffenen Patienten zu verbessern ist eine gezielte Therapie und Aufklärung notwendig, um kurzfristig, wie auch langfristig Linderung zu schaffen. ➝ Z. prakt. Augenheilkd. 36: 169 –182 (2015)181 D. Rachwalik, U. Pleyer: Okuläre Allergien Literatur Korrespondenzadresse: Dominika Rachwalik Universitätsaugenklinik Campus Virchow Klinikum Augustenburger Platz 1 13353 Berlin E-Mail: dominika.rachwalik@ charite.de 182 1. Abelson MB (1998) Evaluation of olopatadine, a new ophthalmic antiallergic agent with dual activity, using the conjunctival allergen challenge model. Ann Allergy Asthma Immunol 81: 211 2. Bielory B, Bielory L (2010) Atopic dermatitis and keratoconjunctivitis. Immunol Allergy Clin North Am 30: 323 – 336 3. 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Zu den allergisch bedingten Ekrankungen am Auge gehört: I. gigantopapilläre Konjunktivitis II. atopische Keratokonjunktivitis III.superiore limbale Keratokonjunktivitis IV.Keratoconjunctivitis vernalis V. perenniale Konjunktivitis 4 I.Die Anamnese, Symptome und die klinischen Befunde sind für die Diagnosestellung meist ausreichend. II.Betroffen sind meistens Knaben im Alter bis zum 15. Lebensjahr. III.Klinisch bestehen ein ausgeprägter Juckreiz, Photophobie und eine konjunktivale Hyperämie. IV.Die Familienanamnese ist stets unauffällig. V.Die Augenbeteiligung kann weiteren allergischen Erkrankungen (z. B. Asthma) vorangehen. a) I ist falsch b) II ist falsch c) III ist falsch d) IV ist falsch e) V ist falsch 2 Welche Aussage zur saisonalen und ganzjährigen allergischen Konjunktivitis ist richtig? I.Hornhautkomplikationen sind häufig und führen oft zur Visusminderung. II.Die saisonale sowie die ganzjährige Konjunktivitis treten insgesamt bei etwa 15 – 20 % der Bevölkerung auf. III.Kortikosteroide sind das therapeutische Mittel der Wahl. IV.Die saisonale Konjunktivitis ist sehr selten mit einer Rhinitis assoziiert. V. Die Symptome treten typischerweise ganzjährig auf. a) I ist richtig b) II ist richtig c) III ist richtig d) IV ist richtig e) V ist richtig 3 Welche Aussage zum klinischen Bild der vernalen Keratokonjunktivitis ist falsch? I.Es werden 3 klinische Formen unterschieden: eine tarsale, eine limbale und eine gemischte Form. II.Typische klinische Befunde sind eine konjunktivale Hyperämie und zähes, muköses Sekret. III.Die limbusbetonte Form ist besonders häufig in Mittel europa anzutreffen. IV.Riesenpapillen sind richtungsweisende Befunde für eine vernale Keratokonjunktivitis. V.Bei der vernalen Keratokonjunktivitis können Kerato pathien auftreten. Welche Aussage zur Diagnostik der vernalen Keratokonjunktivitis ist falsch? a) I ist falsch b) II ist falsch c) III ist falsch d) IV ist falsch e) V ist falsch 5 Welche Aussage zur atopischen Keratokonjunktivitis trifft nicht zu? I.Rezidivierende Herpes-simples-Infektionen können zu visusmindernden Hornhauttrübungen führen. II.Durch chronische Entzündungen können Hornhautinfiltrate und Symblephara entstehen. III.Staphylokokken führen häufig bei der atopischen Dermatitis zu begleitenden Sekundärinfektionen. IV.Im späteren Verlauf sind subepitheliale Hornhautinfiltrate (Nummuli) typische Komplikationen der atopischen Keratokonjunktivitis. V.Komplikationen wie Keratokonus und posteriore sub kapsuläre Katarakte können im Krankheitsverlauf auftreten. a) I ist falsch b) II ist falsch c) III ist falsch d) IV ist falsch e) V ist falsch Z. prakt. Augenheilkd. 36: 183 –184 169 –182 (2015)183 Fragen zur CME-Fortbildung 6 Welche der Aussagen ist falsch? Die gigantopapilläre Konjunktivitis tritt auf: 9 I. beim Vorliegen von Limbusdermoiden II. bei Kontaktlinsenträgern III.bei Trägern von Augenprothesen IV.beim Vorliegen eines Glaukomfilterkissens V. nach Kataraktoperation I.Bevacizumab II.Trifluridin III.Tacrolimus IV.Tetryzolin V.Timolol a) I ist falsch b) II ist falsch c) III ist falsch d) IV ist falsch e) V ist falsch 7 W elche der Aussagen ist richtig? Nicht sinnvoll als diagnostische Maßnahme bei der allergischen Konjunktivitis ist: I.Skin-Prick-Test II.Provokationstest III.Analyse des spezifischen IgE im Serum IV.Angiographie der Bindehaut V. Tränenfilmanalyse auf IgE und Histamin a) I ist richtig b) II ist richtig c) III ist richtig d) IV ist richtig e) V ist richtig 8 Welche Aussage ist richtig? Bei der saisonalen und perennialen Konjunktivitis sind vorrangig nicht indiziert: I.Antihistaminika II.Mastzellstabilisatoren III.Tränenersatzmittel IV.Präparate mit „dualem Wirkprinzip“ V.Vasokonstriktoren a) I ist richtig b) II ist richtig c) III ist richtig d) IV ist richtig e) V ist richtig 184 W elche der Aussagen ist richtig? Als zusätzliche Therapie kann bei der vernalen und atopischen Keratokonjunktivitis verabreicht werden: a) I ist richtig b) II ist richtig c) III ist richtig d) IV ist richtig e) V ist richtig 10 Welche der Aussagen ist richtig? Bei einer akuten vernalen Keratokonjunktivitis ist als Therapie vorrangig sinnvoll: I. die Gabe topischer Kortikosteroide II. ein Tränenwegsverschluss (Punktum plug) III.eine lokale Radiatio (ß-Strahlen) IV.die Gabe systemischer Calcineurininhibitoren V. eine spezifische Immuntherapie a) I ist richtig b) II ist richtig c) III ist richtig d) IV ist richtig e) V ist richtig Die oben aufgeführten Fragen können ausschließlich von ZPA-Abonnenten und nur online über unsere Internetseite www.kaden-verlag.de oder http://cme.kaden-verlag.de beantwortet werden. Der Teilnahmeschluss ist der 29. Februar 2016. Beachten Sie bitte, dass per Fax, Brief oder E-Mail eingesandte Antworten nicht berücksichtigt werden können. Z. prakt. Augenheilkd. 36: 183 –184 169 –182 (2015)