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Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (Berliner VVN-BdA) e.V. Ausgabe 59 – Mai 2015 Inhalt »Wer nicht feiert, hat verloren«: Volksfest am 9. Mai in Treptow Friedensbewegung und »Montagsmahnwachen«: Eigene Standortbestimmung Wann wird der 8. Mai ein Gedenktag in der BRD? Verlegung von Stolpersteinen: Ehrung für Gruppe Mannhart 21. Juni: Gedenkstättenfahrt der VVN-VdA Befreiungsfeiern im Haus Schulenburgring 2 Delegation polnischer Befreierinnen und Befreier in Berlin Todesmarsch und Befreiung: Sachsenhausenhäftling Wolfgang Szepansky Zwischen Krieg und Frieden: Schüleraufsätze zum Kriegsende Neonazi-Aktivitäten in Berlin-Buch: Rassistische Mobilisierung im Mittelpunkt »Zur Verteidigung der Kultur«: Schriftstellerkongress vor 80 Jahren in Paris 70 Jahre Befreiung vom Faschismus 9. Mai – wer nicht feiert, hat verloren! Dank an die Befreier und Befreierinnen Vor zehn Jahren hätten wir wirklich nicht gedacht, dass unsere Idee, auch in Berlin den 9. Mai als Tag des Sieges über den Faschismus zu feiern, so erfolgreich sein könnte. Was als kleines, beinahe privates, Fest begann, ist heute ein großes fröhliches Volksfest mit großem Zuspruch gerade auch aus der russischsprachigen Community in Berlin. Hier wird »Völkerfreundschaft« beim Wort genommen! Und so wimmelt es auf unserem Fest von Menschen aus aller Welt, die gemeinsam essen, trinken, feiern und nicht zuletzt der Befreiung vom Faschismus und der vielen Opfer, die Neben Informations- und Bücherständen, Führungen zum Sowjetischen Ehrenmal, einem Kinderfest und russischer Küche wird es ein deutsch-russisches Kulturprogramm geben: mit der Internationalen Musik- und Singegruppe Impuls Gropiusstadt, Trio Scho? (Russian Swing aus Berlin und Odessa), Trio »Dawaj Walja«, Knoblauch Klezmerband (Russland, Israel, Frankreich, Schottland und Deutschland), Mirmix Orchesta (Kirgistan, Germany, Russia, Kazachstani, Italy), der Bolschewistischen Kurkapelle Schwarz rot (Blascore, »Casatschok on speed«) und Polkageist (Ska, Klezmer, Polka!). Wir freuen uns, auf unserem Fest Zeitzeuginnen aus Russland, Polen und Deutschland begrüßen zu können, die für die Befreiung vom Faschismus gekämpft haben. Zuletzt wollen wir noch zur Uraufführung des Films »Vergesst nicht unseren Kampf! Die polnischen Befreierinnen und Befreier vom Faschismus« (2015) einladen. BO 8. Mai der Berliner VVN-BdA 9. Mai 2015, ab 11 Uhr Treptower Park, Puschkinallee, Parkplatz Rosengarten, in der Nähe des Sowjetischen Ehrenmals [email protected] Faschismus!« zu der neuen Protestbewegung verhalten? Am Donnerstag, dem 9. April 2015, lud die Berliner VVNBdA zu einer Abendveranstaltung in das Haus der Demokratie und Menschenrechte ein. Ziel der verbandsinternen Veranstaltung, an der rund 25 Mitglieder teilnahmen, war, in einen Austausch zu kommen, welche Standpunkte und Positionen die Berliner VVN-BdA als antifaschistische Organisation gegenüber den »Montagsmahnwachen« und dem »Friedenswinter« vertritt. Begonnen wurde das Treffen mit einem Vortag von Benjamin Steinitz von der »Berliner Recherche- und Informationsstelle zu Antisemitismus«. Er informierte über antizionistisch-antisemitische und verschwörungstheoretische Argumentationen, die er bei seinen Besuchen auf den Mahnwachen dokumentierte. Die Diskussion nach dem Vortrag war kontrovers. So wurde kritisiert, die neue Protestbewegung nicht als Ganzes zu verurteilen. Insgesamt bleibt ein ambivalenter Eindruck. Die heterogene Zusammensetzung der Demonstrierenden auf den Mahnwachen führt zu widersprüchlichen Wahrnehmungen und Sichtweisen auch innerhalb der VVN-BdA. Es werden weitere Diskussionen zu diesem Thema folgen müssen. Bianca Stern Veranstaltung zu »Montagsmahnwachen« gerade die Menschen der Sowjetunion dafür bringen mussten, gedenken. Der 9. Mai 1945 war in Deutschland der erste Tag des Friedens. Im letzten Jahr haben wir ein großes Banner auf Russisch, Ukrainisch und Deutsch über den Eingang unseres Festes gehängt: »Solidarität statt Nationalismus!« Das soll auch in diesem Jahr eines unsere Leitmotive sein: »Besinnt Euch! Erstickt Euren Hass, redet miteinander statt aufeinander zu schießen! Hört auf uns, die in faschistischen Lagern das wenige Brot miteinander teilten.« Dieser Appell ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener an die Bürgerkriegsparteien in der Ukraine hat uns tief beeindruckt. Seit März 2014 bildete sich angesichts der kriegerischen Eskalation in der Ukraine-Krise eine neue Protestbewegung in der BRD. Die »Montagsmahnwachen für den Frieden«, die in Berlin ihren Anfang genommen hatten, breiteten sich schnell in der gesamten Republik aus. Während Teile der Linken und der Friedensbewegung die Montagsmahnwachen als Querfront-Strategie kritisieren und sich von ihnen distanzieren, sagen einige bekannte linke Politiker/-innen und Aktivisten und Aktivistinnen den Montagsmahnwachen ihre Unterstützung zu. Wie soll sich die VVN-BdA mit ihrer Losung »Nie wieder Krieg, nie wieder Nr. 59 Noch immer nicht angekommen Der lange Weg zur Anerkennung des Tages der Befreiung in der Bundesrepublik De 8. Mai 1945 wurde in beiden deutschen Staaten unterschiedlich wahrgenommen. Die Volkskammer beschloss bereits 1950 den Tag der Befreiung als gesetzlichen Gedenk- und Feiertag in der DDR. Bis er dann 1967 als Gedenktag im Rahmen der Einführung der Fünf-TageWoche in einen Werktag umgewidmet und jeweils zum 30. bzw. 40. Jahrestag der Befreiung wieder zum arbeitsfreien Feiertag erklärt wurde. So hinterließ der Gedenktag durchaus Spuren im Alltag. Auch wenn in der Umgangssprache Begriffe wie Zusammenbruch und Kapitulation noch benutzt wurden, stand die »Befreiung vom Faschismus« den DDRBürgern und -Bürgerinnen weitaus näher als den Westdeutschen. Dort blieb der Mai 1945 noch lange als Synonym für Niederlage, Untergang, Zusammenbruch und Stunde Null im kollektiven Gedächtnis. Auch nachdem Richard von Weizsäcker vor 30 Jahren den 8. Mai 1945 zum »Tag der Befreiung« kürte, wurde daraus in der bundesdeutschen Erinnerungskultur kein Tag der Erinnerung und Mahnung an die Befreiung von Faschismus und Krieg. Als Gedenktag hätte er 1990 ein erinnerungspolitisch bedeutsames Zeichen im sich vereinenden Deutschland und ein Signal der Versöhnung gegenüber der Sowjetunion und den anderen europäischen Völkern werden können. Stattdessen geriet der Tag der Befreiung im öffentlichen Diskurs vielfach zu einem »Volkstrauertag« für deutsche Opfer von Krieg, Bombenangriffen, Flucht, Vertreibung und Besatzung. Auch in diesem Jahr weigert sich die Bundesregierung, den 8. Mai mit eigenen erinnerungs- und gedenkpolitischen Akzenten zu begleiten und damit den immer wieder als »historisch« gefeierten Impuls des Bundespräsidenten von Weizsäcker politisch zu gestalten. Fehlanzeige auch bei der Einführung eines gesetzlichen Ge- Nr. 59 denktages in der Bundesrepublik. Hierzu hatte nach einem klaren Votum des Berliner Abgeordnetenhauses der rot-rote Senat 2010 einen Antrag im Bundesrat eingebracht, der dann – in Ausschüsse verwiesen – endgültig verschwand. Bundespräsident Richard v. Weizsäcker bei seiner denkwürdigen Rede vor dem Deutschen Bundestag am 8. Mai 1985 Das Europaparlament hatte bereits im April 2009 für einen neuen historischen Gedenktag gestimmt. Nicht der 8. Mai 1945, sondern der 23. August 1939, der Tag der Unterzeichnung des deutschsowjetischen Nichtangriffspakts, ist der bedenkliche Bezugspunkt. Mit dem Gedenken »aller Opfer totalitärer und autoritärer Regime« soll die Totalitarismustheorie einen erinnerungs- und gedenkpolitischen Rahmen für eine europäische Erinnerungskultur schaffen. Unsere Vereinigung wendet sich entschieden dagegen, den Tag der Befreiung als kollektive europäische Identität zu entsorgen und die Geschichte des 20. Jahrhunderts in gleichsetzender Perspektive »totalitärer« Verbrechen von Kommunismus und Faschismus umzudeuten. Im Land Brandenburg und im Freistaat Thüringen zeichnet sich eine parlamentarische Mehrheit ab, den 8. Mai wieder als gesetzlichen Gedenktag einzuführen. In Mecklenburg-Vorpommern ist dies bereits 2002 geschehen. In der »Berliner Erklärung« (siehe S. 16), die inzwischen von Gewerkschaften, Parteien, Jugendorganisationen, Verfolgtenverbänden und Einzelpersönlichkeiten mitgetragen wird, fordern wir, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg endlich auch in Berlin und in ganz Deutschland ein offizieller Gedenktag wird. Der »Tag der Befreiung« markiert die damit vor 70 Jahren einhergehende Zeitenwende, die in der Haltung »Nie wieder Faschismus und Krieg« auch heute eine klare Trennlinie zu Neonazismus, zu Rassismus in alten und neuen Gewändern, zu Antisemitismus, Antiziganismus und Islamophobie zieht. 70 Jahre nach dem Ende des faschistischen Vernichtungskrieges und Völkermordes ist die deutsche Gesellschaft mit Angriffen auf Flüchtlingsheime und Morddrohungen gegen Politiker, die sich für Menschen in Not einsetzen, konfrontiert. In PegidaDemonstrationen entlädt sich ein dumpfer, oftmals völkischer Nationalismus, der mit einer mobartigen Hetze gegenüber Fremden, Anderslebenden und Andersdenkenden einhergeht und von einem vielfältigen Protest der Zivilgesellschaft zurückgewiesen wird. Unsere Vereinigung, in der noch Frauen und Männer aktiv sind, die als Kinder mit oder auch ohne ihre Eltern aus Deutschland fliehen mussten, heißt alle Flüchtlinge willkommen. Wir protestieren mit Tausenden Demonstranten gegen Ignoranz und Vorurteile und kümmern uns mit anderen zivilgesellschaftlichen Initiativen um Flüchtlinge und deren Kinder. Auch mit ihnen werden wir am 9. Mai am Rosengarten im Treptower Park den Sieg über den Hitlerfaschismus feiern. Hans Coppi ist das Informationsblatt der Berliner VVN-BdA und erscheint dreimal im Jahr. Die Abgabe ist kostenlos. Anschrift: Berliner VVN-BdA e.V., Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Telefon: 030-29 78 41 78, Fax: 030-29 78 43 78, mail: [email protected] + Redaktion: Dr. Hans Coppi Jutta Harnisch Satz und Layout: Juliane Haseloff Druck: Union Druckerei Berlin Millionen Menschen gefallen für nichts Fotos: Sandra Felden Ehrung für die hingerichteten und im KZ verstorbenen Widerstandskämpfer der Gruppe Mannhart Anlässlich der Verlegung von dreizehn Stolpersteinen am 25. März 2015 an der Berliner Straße 26 in Tegel für die bei Rheinmetall-Borsig arbeitende betriebliche Widerstandsgruppe Mannhart hielt Antje Stoya-Ballantyne für die Geschäftsführung der Borsig GmbH folgende Rede: Ich spreche heute als Vertreter der Firma Borsig im Namen unseres Geschäftsführers Herrn Michael Fix und möchte mich in seinem Namen recht herzlich für die Möglichkeit bedanken, bei der Verlegung der Stolpersteine für die Gruppe Mannhart dabei sein zu können. »Liebe Lenchen und Rutchen! Heute um 12.30 werde ich hingerichtet, nachdem mein Gnadengesuch abgelehnt worden ist. Man nimmt mir nicht einmal die Fesseln ab, muss mit schreiben. Lasst es euch also gut gehen, habe euch über alles geliebt, bis in den Tod und darüber hinaus...« Und weiter »Der Krieg ist auch bald zu Ende, das ist das Blödsinnigste dabei, man hat doch recht behalten, ich bin gefasst, es ist doch schön, für meine Idee zu sterben. Millionen sind an der Front gefallen, für nichts... Weint nicht so sehr beide, und tröstet euch mit dem Gedanken, es ist Schicksal, lässt sich nichts dran ändern. Bring es Rutchen so sachte bei, sie soll stark sein wie ihr Va- ter, und stolz, und du, süßes Weibchen, sei stark, du hast ja selbst gesagt, die Liebe höret nimmer auf... Nun Schluss, den letzten Gruß und Kuss Fritz« Diese bewegenden Zeilen schrieb Friedrich Lüben, Mitglied der Gruppe Mannhart, am Tage seines Todes, dem 25. September 1944 im Zuchthaus Brandenburg. Es ist ein sehr persönlicher Brief – keine Abrechnung mit dem großen Ganzen – ein Brief, der vor allem durch seine Intimität berührt. Fritz Lüben, Albert Brust, Otto Dressler, Otto Haase, Hugo Härtig, Paul Hinze, Paul Bruske, Rudolf Strauch, Paul Lehmann, Erich Mammach, Edouard Tremblay, Paul Bouillot und Paul Frayssinet – sie alle starben, entweder hingerichtet, ermordet im KZ, durch Entkräftung. Sie alle hatten nicht weggeschaut, nicht geschwiegen, nicht mitgemacht, sondern sie hatten den Mut, Widerstand zu leisten und haben dafür ihr Leben aufs Spiel gesetzt – den höchsten Einsatz, den ein Mensch bringen kann. Heute, 71 Jahre später, werden für diese mutigen Menschen Stolpersteine verlegt, kleine Quadrate im Boden, die jeden, der an ihnen vorbeigeht, daran erinnert, dass dieser Mensch, dessen Name dort steht, von den Nationalsozialisten umgebracht, ermordet worde- Der Künstler Günter Demnig bei der Verlegung der 13 Stolpersteine für die Mitglieder der Gruppe Mannhart ist. Diese Menschen sind plötzlich nicht mehr abstrakte Geschichte, sondern sie sind konkret und mitten unter uns. Und in diesem Fall erinnern sie uns, dass auch Widerstand etwas sehr Persönliches ist. Es ist die Entscheidung jedes einzelnen Menschen vor seinem Gewissen. Ertrage ich das Unrecht, die Barbarei, das Morden oder nicht. Und wenn nicht? Was bin ich persönlich bereit, zu wagen. Die Mitglieder der Gruppe Mannhart hatten ihre Entscheidung getroffen, bei ihrer Enttarnung immer den sicheren Tod vor Augen. Borsig war damals ein bedeutendes Rüstungsunternehmen, Teil der Hermann-Göring-Werke – ein Unternehmen, dass die Waffen und Munition – den Schmierstoff für das NSUnrechtsregime – lieferte, das Zwangsund Fremdarbeiter ausbeutete und das, wie überall in Deutschland, geführt wurde von Tätern, Mitläufern und Schweigenden. Und dann die Gruppe Mannhart – der Sand im Getriebe – dank ihnen für uns, die wir heute bei Borsig arbeiten, die Gewissheit, dass es auch andere Menschen gab, Menschen, die Widerstand leisteten, die Nein gesagt haben zu Mord, Terror und Krieg. Es macht es uns leichter, uns mit der Geschichte unseres Unternehmens auseinanderzusetzen. Es gab sie auch bei »uns« – die Aufrechten, die Mutigen. Die Erinnerung an sie wachzuhalten, mit der Verpflichtung, uns stets selbst zu hinterfragen und für die Würde und Freiheit jedes Einzelnen einzutreten – daran werden uns diese Stolpersteine tagtäglich erinnern. Nr. 59 Gedenken im Zuchthaus Brandenburg Gemeinsame Fahrt von VVN-BdA und Sachsenhausen-Komitee 2015 nach Brandenburg an der Havel Laut Wikipedia ist Brandenburg an der Havel eine Stadt mit 71.000 Einwohnern und liegt ungefähr 70 km von Berlin entfernt. Für Antifaschistinnen und Antifaschisten hat der Ort noch eine ganz andere Bedeutung: als Ort fürchterlicher faschistischer Verbrechen. Unsere diesjährige Gedenkfahrt, organisiert von der VVN-VdA zusammen mit dem Sachsenhausen-Komitee in der Bundesrepublik Deutschland am 21. Juni 2015 soll an diese Verbrechen erinnern und die Opfer ehren. Brandenburg hat eine lange Tradition als Gefängnisstandort, das bestehende alte Zuchthaus wurde 1931 geschlossen, als nicht weit entfernt im Stadtteil Görden ein neues, modernes Gefängnis errichtet wurde, Das alte stand dann zunächst leer, wurde aber im Sommer 1933 bis zum Februar 1934 als Konzentrationslager genutzt, u. a. war Erich Mühsam hier zeitweise eingesperrt. Das neue Zuchthaus, das für etwa 1.800 Insassen konzipiert war, wurde nach 1933 mehr und mehr zu einem Gefängnis für lebenslänglich Verurteilte, für Sicherheitsverwahrte und vor allem für politische Gegner des Naziregimes. Spätestens mit Ausbruch des Krieges verschlechterten sich, wie in allen Gefängnissen, die Haftbedingungen, wie Belegung und Ernährung, zunehmend. Zuletzt waren hier bis zu 4.000 Menschen eingesperrt. Nr. 59 Traurige Berühmtheit erlangte Brandenburg aber durch die im Sommer 1940 hier eingerichtete Hinrichtungsstätte. Bis dahin war Plötzensee der einzige Ort in Berlin und Brandenburg, wo Todesur- teile vollstreckt wurden. Am 1. August 1940 erfolgte die erste Hinrichtung. Je näher die Befreiung heranrückte, um so mehr Urteile wurden vollstreckt. Der letzte Mord erfolgte am 20. April 1945, eine Woche, bevor die Rote Armee die Insassen befreite. In Sonnenburg hatte die SS wenige Stunden vor dem Eintreffen der Roten Armee die verbleibenden 900 Gefangenen ermordet. Den Brandenburgern blieb dieses Schicksal glücklicherweise erspart, obwohl die SS dies in Erwägung gezogen hatte. Die Liste der bekannten und weniger bekannten Opfer, die unter dem Fallbeil starben, ist lang. Insgesamt wurden 2.042 Todesurteile in Brandenburg-Görden vollstreckt. Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Anton Saefkow, die führenden Köpfe einer der großen Berliner Widerstandsgruppen, und auch der Ringer und Arbeitersportler Werner Seelenbinder seien hier stellvertretend genannt. Es befanden sich sehr viele Kommunisten unter den Hingerichteten, aber nicht nur. Erinnert sei hier ebenfalls an den katholischen Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter oder an den Bibelforscher Heinrich Bayer. Nicht vergessen sind auch die 560 Gefangenen, die ohne Todesurteil die Haft nicht überlebten. Sie starben an Krankheiten und Unterernährung. Die Liste der Verbrechen der Nazis in Brandenburg umfasst dabei nicht nur das Zuchthaus, sondern auch das Psychiatrische Krankenhaus, offiziell Landespflegeanstalt oder Irrenanstalt Brandenburg genannt. Im Rahmen der sogenannten T4-Aktion, der systematischen Euthanasie, wurden zwischen Februar und Oktober 1940 insgesamt 9.792 Menschen in Gaskammern ermordet. Die Tötungsanstalt befand sich auf dem Gelände des alten Zuchthauses. Aus ganz Nord- und Mitteldeutschland kamen die Opfer, physisch Kranke und geistig Behinderte, darunter auch viele Kinder. Im Oktober 1940 wurde die Tötungsanstalt geschlossen und samt Personal in die neue Tötungsanstalt Bernburg verlegt. Wir werden die Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie besuchen und dann weiter zur Gedenkstätte an der Hinrichtungsstätte fahren, wo eine Führung durch die Ausstellung erfolgt. Dritter Besichtigungspunkt wird der Friedhof in Brandenburg-Görden sein, wo 1.700 Urnen mit der Asche von Ermordeten begraben liegen. Der Bus wird am Sonntag, den 21. Juni 2015, um 9 Uhr am Ostbahnhof losfahren und voraussichtlich gegen 18 Uhr wieder dort eintreffen. Der Fahrpreis liegt bei 20 Euro pro Person, inkl. Bus und Führung. In Brandenburg machen wir eine längere Mittagspause (Selbstversorger). Wir bitten um möglichst frühzeitige Anmeldung bei Edith Pfeiffer (030 7124746) bzw. edith. [email protected] oder unter [email protected] Frieder Böhne Polnische Delegation zu Gast in Berlin Teilnahme an den Veranstaltungen zum 70. Tag der Befreiung vom Faschismus Die Berliner VVN-BdA freut sich, anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus eine Delegation von vier ehemaligen polnischen Kombattanten und Kombattantinnen der 1. Polnischen Armee in Berlin begrüßen zu können. Insgesamt nahmen im Frühjahr 1945 mehr als 180.000 polnische Soldaten und Soldatinnen der 1. und 2. Polnischen Armee (die in der Lausitz kämpfte), an der sogenannten Berliner Operation teil. Die Biographien der Gäste spiegeln die Wirren des Zweiter Weltkrieges, die komplizierten deutsch-polnischen, aber auch polnisch-russischen Beziehungen wider. Hania Szelewicz wurde im Winter 1940 als 14-Jährige mit mehreren Tausend anderen Polen nach Irkutsk in Sibirien deportiert. 1943 wurde sie im Zuge eines polnisch-sowjetischen Abkommens amnestiert und in die polnische 2. Jan-Henryk-Dabrowski-Infanterie-Division mobilisiert. Diese war Teil der 1. Polnischen Armee, die in der Sowjetunion formiert wurde. Sie kämpfte in dieser polnischen Formation an der Seite der Roten Armee bei Smolensk, bei der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Majdanek bis zur Elbe, wo sie das Kriegsende erlebte. Die 2. Division war an der Befreiung des KZ Sachsenhausen beteiligt. Henryk L. Kalinowski vom 6. Brückenlege-Bataillon der 1. Polnischen Armee war einer der ersten polnischen Soldaten, die im Frühjahr 1945 in Berlin-Tiergarten kämpften. Zeitweise der 1. und 2. Sowjetischen Gardepanzerarmee unterstellt, war er für den Bau von Brücken in Berlin zuständig, um den sowjetischen Panzern den Vorstoß ins Zentrum zu ermöglichen. Er war u. a. auch an der Entminung der Bahnbrücke an der Jungfernheide und bei der Zerstörung der Panzersperren im Tiergarten beteiligt. Eugeniusz Skrzypek, Sibirien-Verschleppter, kämpfte in der 1. TadeuszKosciuszko-Division der 1. Polnischen Armee an der Charlottenburger Marchbrücke und stieß mit seinem Zug Rich- tung Charlottenburger Tor vor. Dabei war er an der Befreiung der damaligen Technischen Hochschule (heute Technische Universität) beteiligt. Lech Tryuk nahm zunächst als 16-Jähriger in der 104. Kompanie der Syndikalisten innerhalb der Armia Krajowa (Heimatarmee) am Warschauer Aufstand 1944 teil. Nach dem Scheitern des Aufstandes setzte er sich an das andere Weichselufer ab und trat der 1. Tadeusz-Kosciuszko-Division bei, mit der er an den Straßenkämpfen um den KarlAugust-Platz in Berlin-Charlottenburg teilnahm. Wir werden gemeinsam mit unseren Gästen am 8. Mai ab 12.30 Uhr an der Kranzniederlegung am Denkmal des polnischen Soldaten und deutschen Antifaschisten teilnehmen. Die Linke Lädt um 15.30 Uhr zur »Begegnung mit Gästen« ins Berliner Abgeordnetenhaus. Am 9. Mai gegen 13.00 Uhr wird die Delegation auf der Bühne beim Fest »Wer nicht feiert, hat verloren« auftreten. K.M./J.H. Seit 70 Jahren herrscht Frieden in Berlin Im Schulenburgring 2 wurde in den ersten Maitagen des Jahres 1945 Weltgeschichte geschrieben. Im Erdgeschoss dieses Wohnhauses befand sich vom 27. April bis zum 4. Mai der Kommandostab der sowjetischen 8. Gardearmee. Ihr Chef war der Generaloberst und spätere Marschall Wassili I. Tschuikow. In der ersten Etage war der Generalstab der 1. Gardepanzerarmee untergebracht. Von dort leitete General Katukow die militärischen Kampfhandlungen zur Einnahme der Reichskanzlei und des Berliner Reichstages (Foto). Auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof, dessen Rollbahnen begehrte letzte Fluchtwege waren, wurde am 2. Mai die Siegesfahne gehisst. Am 2. Mai 2015 jährt sich der Tag des Friedens in Berlin zum 70. Male. Die Vorbereitungsgruppe der Hausgemeinschaft hat aus diesem Anlass für das Wochenende 2./3. Mai einige Ver- anstaltungen vorbereitet. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind dazu herzlich eingeladen. Anmeldungen – ausgenommen für das Straßenkonzert vor dem Haus am 2. Mai um 15.00 Uhr – sind erwünscht unter [email protected] oder Tel. 785 77 39. Samstag, 2. Mai 15.00 Uhr Straßenkonzert mit der Gruppe Klezmorim Sennomaj vor dem Haus Schulenburgring 2 16.00 Uhr Kaffeetafel mit historischen Filmaufnahmen vom 2. Mai 1945 19.30 Uhr Hausfest Sonntag, 3. Mai 11.00 Uhr Stadtrundfahrt im Oldtimer-Bus 16.00 Uhr Lesung mit Margot Friedländer »Versuche, dein Leben zu machen« und Lore Kujawa »Kriegskinder« 19.30 Uhr Filmabend »Die letzte Schlacht« darin u.a. mit Stefan Doernberg Nr. 59 Jugend zwischen Krieg und Frieden Schüleraufsätze aus dem Berliner Prenzlauer Berg 1946 schildern eigene Erlebnisse Frühjahr 1945 – trotz der aussichtslosen Lage befahl die NS-Führung, Berlin zur Festung auszubauen, um ihre verbrecherische Herrschaft um jeden Preis zu verlängern. Skrupellos wurden Millionen Berliner Frauen, Greise und Kinder sowie ausländische Zwangsarbeiterinnen, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in diesen sinnlosen Endkampf um die Reichshauptstadt einbezogen. In den Straßen Berlins gab es massive Panzersperren, Panzerfallen; Fenster wurden in Schießscharten verwandelt. Gleichzeitig setzte die Nazidiktatur alle Mittel der Demagogie, skrupellose antisowjetische Hetze neben blutigem Terror ein, um Soldaten und Zivilisten für die bevorstehende Schlacht zu mobilisieren. Gerüchte über neue »Geheimwaffen«, die eine entscheidende Wende bringen würden, kursierten. Zweifler und Kriegsmüde wurden von Strafkommandos, Geheimer Feldpolizei und Werwolf-Hitlerjungen gnadenlos ermordet. Tatsächlich erreichte die faschistische Führungsclique, dass sich die übergroße Mehrheit der Soldaten und ein Großteil der Zivilbevölkerung zu dem bevorstehenden Opfergang im Frühjahr 1945 treiben ließ. Tief verwurzelte antisowjetische Vorurteile und das Wissen, schreckliche Verbrechen zugelassen zu haben oder gar an ihnen beteiligt gewesen zu sein, ließen nicht wenige noch einmal zu willfährigen Handlangern des NS-Regimes werden. Bereits wenige Tage nach dem Beginn der Schlacht um Berlin am 16. April 1945 lag die Stadt am 20. April unter Beschuss weitreichender Artillerie der Roten Armee. Berlin war unmittelbar Kriegsschauplatz geworden. Dieses grauenhafte Ereignis schildern Kinder und Jugendliche des Stadtbezirks Prenzlauer Berg in Schüleraufsätzen des Jahres 1946. Sie erlebten den Krieg, der vor ihren Wohnhäusern, Schulen und Kellern sein Ende nahm. Die jungen Menschen waren Zeugen der letzten sinnlosen Opfer der von der Nazidiktatur befohlenen Verteidigung der »Reichshauptstadt« bis »zur letzten Patrone, bis zum letzten Blutstropfen« gewesen. Diese Erlebnisse prägten ihre Aufsätze. Evelyn Gitz, Schülerin der 4. Klasse in der 26. Volksschule Berlin-Prenzlau- Nr. 59 er Berg, beginnt ihren Aufsatz mit der Überschrift »Unser Haus brennt«: »Als ich eines Morgens aufwachte, hörte ich, wie von Ferne schwere Artillerie schoss. Ich weckte meine Mutter und rief: ›Mutti, horch mal, wie die schießen! Die üben vielleicht.‹ Ich schloss die Augen und Schüler verfassten auch ein Theaterstück, das an einer Pumpe in der Ostseestr. spielt schlief weiter. Abermals erwachte ich vor lauter Schießen, ich weckte meinen Vater, der noch schlief und sagte: ›Vati, horch nur, wie sie schießen!‹ ›Das ist die Rote Armee die einzieht.‹ ... Wir zogen uns an und gingen in unseren Erdbunker. ... Auf einmal sagte mein Vater: ›Es riecht so brenzlich.‹ ... Da rief auch schon unser Nachbarjunge Horst, ›unser Haus brennt‹. Wenige Minuten später fing auch unser Haus Feuer. ... Wir mussten zusehen, wie unser Haus und Auto abbrannten. Wir liefen überall hin, ob wir nicht ein Obdach bekommen könnten. Wir mussten zwischen den brennenden Häusern hindurch laufen. Und die vielen Toten, die da lagen. Es war schauerlich, dieses mit anzusehen. Ich werde die Schreckenstage mein Leben lang nicht vergessen.« Harte Kämp- fe tobten um den Bahnhof Schönhauser Allee. Christa Ballhausen, Schülerin der 4. Klasse der Mädchenmittelschule II, schreibt dazu: »Schon pfiffen Granaten durch die Schönhauser Allee. Da wir am Brückenkopf Dänenstr. Ecke Schönhauser Allee wohnten, war für uns die Gefahr am größten. Von deutscher Seite aus sollte unsere Brücke gesprengt werden, aber die Russen kamen schnell vorwärts und vereitelten dieses Vorhaben. Am 23. April vormittags trat in unseren dunklen Keller der erste Russe mit freundlichem ›Guten Tag‹ ein und fragte, ob sich bei uns Munition befände. Wir verneinten seine Frage und es geschah uns nichts.« Ähnliches schreibt Werner Richter, Schüler der Klasse 3c in der 1. Knabenmittelschule des Stadtbezirkes in der Christburger Str. 16 in seinem Aufsatz »Kampf um den Senefelderplatz«, der mit den Worten endet: »Uns geht ein Licht auf. Wir sind fürchterlich betrogen worden. Jetzt ahnen wir, dass auch die Russen Menschen sind.« Die Aufsätze entstanden auf Anregung des 2. Stellvertretenden Bürgermeisters, des Sozialdemokratischen Reformpädagogen Max Kreuziger. Während des NS-Regimes aus dem Schuldienst verjagt, war er nach dem 8. Mai 1945 im Stadtbezirk Berlin-Prenzlauer Berg für den demokratischen Neubeginn in den Schulen mitverantwortlich. Günter Wehner Aus dem Aufsatz von Ingrid Höll »Frauen räumen auf und putzen Steine« Der Marsch in die Freiheit waren für ihn »dumme Gesichter«. Er gestattete uns nicht, dass wir in den einzelnen Ortschaften Wasser holten. Am zweiten Abend bekam ich, nachdem ich zwei Stunden im strömenden Regen gestanden hatte, doch noch Platz in einer Scheune. Sie hatte wohl vorher als Kohlenschuppen gedient. Zitternd vor Kälte, Nässe und Erschöpfung sank ich in den Kohlenstaub und Fotos: Jutta Harnisch Am 21. April 1945 morgens um 2.00 Uhr begann die Evakuierung des Lagers Sachsenhausen. Von Seiten der Lagerleitung war nichts vorbereitet, um dieses schwierige Unternehmen reibungslos durchzuführen. Es gab keine Proviantwagen, keine Feldküchen, keine Quartiere und keine Sanitäter, es gab nicht einmal ein Reiseziel, kein Auffanglager. Für die SS-Lagerführung gab es nur eins, die Angst, zur Verantwortung gezogen zu werden für alle Brutalitäten, die sie sich im Lauf der Jahre aufgeladen hatte. So wurden 30.000 Häftlinge, etwa 25.000 Männer und 5.000 Frauen, auf die Landstraße gejagt, dort dem Hungertode überlassen und die Erschöpften durch Genickschuss ermordet. Es war uns klar, diese Evakuierung war ein Vorwand für die SS, sich von dem Fronteinsatz zu drücken. Die Gruppe, bei der ich mich befand, bestand aus fünf Hundertschaften. Wir marschierten um 3 Uhr nachmittags los. Als Marschverpflegung erhielten wir ein Brot und 250 Gramm Wurst. Später erfuhr ich, dass alle die Kolonnen, die nach uns abmarschierten, keinerlei Verpflegung mehr bekamen. Bis zum Eintritt der Dunkelheit wurden wir vorwärtsgejagt. In unbekannter Richtung nach Mecklenburg. In einem Dorf begann nach einem nicht enden wollenden Zählappell der Kampf um ein Nachtlager. Eine Scheune, die etwa 200 Menschen aufnehmen konnte, war für uns vorgesehen; da nicht alle dort unterkamen, musste der größte Teil draußen schlafen. Am nächsten Tag wurden wir wieder von Morgengrauen bis in die Nacht vorwärtsgetrieben. Der Transportführer war ein Haupt sturmführer Petri. Er erklärte, dass er keine großen Umstände mit uns machen werde, eine Maschinengewehr sei rasch aufgestellt und im Straßengraben genügend Platz für uns. Dass das keine leere Drohung war, fanden wir bestätigt. Die Opfer der uns vorangegangenen Kolonnen lagen zu beiden Seiten des Weges, durch Genickschuss liquidiert. Ein anderes Mal drohte Petri, »macht bloß nicht so dumme Gesichter«, unsere hohlen Wangen, unsere von Fieber und Durst aufgesprungenen Lippen, unsere anklagenden Blicke, das Foto:privat Aus den Erinnerungen von Wolfgang Szepansky Das Denkmal im Belower Wald, an dem in jedem Frühjahr der Befreiung der Häftlinge gedacht wird. fiel trotz Presskohlen und Koksstücke in den Schlaf. Der dritte Marschtag begann, nur langsam ging es weiter. Nur nicht umfallen, denn das ist der Tod. Manchmal setzten wir uns alle zugleich demonstrativ an den Straßenrand. Petri jagte uns weiter. Da auch die SS-Posten sehr ermüdet waren, wurde am späten Nachmitttag der Marsch abgestoppt. Wir waren völlig fertig. Nun erhielten wir als erste Verpflegung nach drei Tagen Pellkartoffeln. Viele hatten ihr Brot schon längst verzehrt. Am nächsten Morgen ging es weiter, endloses Marschieren, das wenige Gepäck schnitt die Schultern und drückte wie eine schwere Zentnerlast – marschieren, immer nur marschieren. Die Straßen waren voller Trecks. »Wir mussten fort, die SS hat uns rausgejagt«, so sagten manche Flüchtlinge, es waren sicher aber auch Faschisten unter ihnen. Dann überholte uns plötzlich Berliner Polizei auf Tankautos und Motorrädern. Wir sagten uns, nun sind die Russen sicher in Berlin. Das gab uns neue Kraft. Eines Tages, der wievielte es war, weiß ich nicht, kamen wir in den Wald von Below. Dieser Wald wurde für einige Tage unser Lager und für viele unserer Kameraden ein Massengrab. Wir bauten aus Laub und Ästen Zelte und Erdlöcher. Nachdem wir uns eingerichtet hatten, jagte uns die SS in ein anderes Waldstück. Wir hatten unsere Ruheplätze für die SS-Wachmannschaften gebaut. Neue Lagerstätten und Laubhütten wurden errichtet. Dann wurde Lagerfeuer gemacht, woran wir uns erwärmen wollten. Das Feuermachen wurde verboten; trotzdem blieben die Feuer. Der Lagerführer Kolb ließ daraufhin zwei Mann aufhängen, weil sie das Feuer nicht gelöscht hatten. Es half nichts, Feuer wurde gemacht, eine Lagerdisziplin gab es nicht mehr. In diesem Waldstück erhielten wir von der SS als Verpflegung einmal zwei kleine oder eine große Pellkartoffel, zweimal einen Löffel Haferflocken. Das alles in fünf Tagen. – Es blieb uns überlassen, Wurzeln zu suchen oder Brennnesselsuppe mit Baumrinde zu kochen. Bald gab es je- Nr. 59 Im August 1933 wurde Wolfgang Szepansky das erste Mal verhaftet, als er in Kreuzberg die Parole »Nieder mit Hitler« an die Wand der Schultheissbrauerei malte. 69 Jahre später wurde an derselben Stelle eine Gedenktafel an den Widerstandskämpfer und Mahner gegen das Vergessen enthüllt, gemeinsam initiiert von der Berliner VVN-BdA und dem Aktiven Museum Faschismus und Widerstand. 150 Menschen wohnten der Einweihung damals bei. Keine drei Jahre konnte die Tafel hier unbehelligt hängen bleiben. Dann schritten Menschen, denen dies offensichtlich tief zuwider war, zur Tat. Ende Februar dieses Jahres entdeckten Passanten, dass die Tafel mutwillig zerstört worden war. Das war keine spontane Tat und auch kein Akt gewöhnlichen Vandalismus, sondern eine geplante und vorbereitete Aktion. Der oder die Täter hatten Werkzeug dabei, wahrscheinlich sogar ein Stemmeisen, das hinter die Acryltafel angesetzt wurde, um sie aus der Verschraubung zu brechen, dabei ging die Tafel in der Mitte zu Bruch - die Zerstörung war gelungen. Die Empörung war groß, spontan gingen zahlreiche Spenden für die Wiederherstellung ein. Am Sonnabend, dem 2. Mai 2015, um 14 Uhr, wird die neue Gedenktafel aus stabilerem Material enthüllt. Der Termin ist kein Zufall. Es ist der siebzigste Jahrestag der Kapitulation Berlins. Und die fand ganz in der Nähe, im Haus Schulenburgring 2 statt, wo der Kommandostab der sowjetischen Gardearmee seinen Sitz hatte. F.B doch weder Laub noch Brennnesseln, denn die Postenkette war eng gezogen. Das Wasser im Dorf reichte nicht aus, um den Durst der vielen Tausende – es waren 18.000 Häftlinge hier zusammengetrieben – zu stillen. Mit Stockhieben wurden die Wasserholer zurückgejagt. Am zweiten Tag erkämpften wir uns den Zugang zu einem Bach. Oberhalb desselben wusch sich die SS, unterhalb durften wir das getrübte Wasser als Trinkwasser schöpfen. In unserer größten Not kamen viele Lastautos des Internationalen Roten Kreuzes, die mit großem Jubel begrüßt wurden. Wir erhielten mit sechs Mann ein Paket. Das rettete vielen das Leben. Aber für viele kam es zu spät. Nr. 59 Am 11. August 2012 wurde die Gedenktafel für Wolfgang Szepansky eingeweiht, die jetzt zerstört wurde. Eines Morgens hatten wir 228 Tote, die in der Nacht vor Erschöpfung gestorben waren. Oft fielen Schüsse. Wir machten uns nichts daraus. Ich weiß nicht, wie viele erschossen wurden. Dann kam der Tag, an dem das Artilleriefeuer näher rückte. Es war Musik für unsere Ohren. Die Rote Armee – wird sie uns befreien? Sollte unsere Hoffnung Wahrheit werden? Oder sollten wir nur sterbend das junge Morgenrot der Freiheit sehen dürfen? Am nächsten Morgen eine Enttäuschung; weiter marschieren! Also war der Kessel noch nicht geschlossen. Die SS hatte es verstanden, durch Lug und Trug Rot-Kreuz-Pakete für sich zu ergaunern. Nicht nur, dass sie uns verhungern und verkommen ließen, sie, die Satten, stahlen uns das, was das Internationale Rote Kreuz uns zugedacht hatte. Durch unsere Wachsamkeit konnte ein Teil der gestohlenen Pakete durch das Rote Kreuz noch für uns ausgeteilt werden. Die abrückenden Marschkolonnen erhielten dann für fünf Mann ein Paket. Die SS-Lagerführung hatte aber ihren Begleitmannschaften je ein Mann ein Paket ausgehändigt! Die nächsten Tage immer wieder marschieren, hungern, schlafen im nassen Moos, Krankheiten und Massenausfälle. Durch das Einschreiten des Internationalen Roten Kreuzes wagten es die SSBanditen nicht mehr, die Erschöpften umzulegen. Das Internationale Rote Kreuz sammelt die am Wege Liegengebliebenen auf und transportierte sie mit Lastwagen fort. Dennoch hörte das Morden nicht auf. Am 2. Mai 1945, dem Tage der Kapitulation vor Schwerin, wüteten die SSBestien noch; der berüchtigte SS-Obergruppenführer Pohl holte persönlich aus den einzelnen marschierenden Kolonnen wahllos die Opfer und erledigte sie durch Genickschuss. Als eine Kolonne am 2. Mai durch Crivitz zog und mit Gesang der alten Lagerlieder die verstopften Straßen erfüllte, trat ein Angehöriger der Stadtkommandantur, ein Hauptmann der Luftwaffe, vor diesen Zug und erklärte die singenden Häftlinge für Meuterer. Er wollte sofort Befehl zum Erschießen geben. Das geschah kurz vor der Kapitulation der Wehrmacht!!! Die Marschkolonne, bei der ich mich befand, hatte zur Bewachung einige Häftlinge, die man in Sachsenhausen in SS-Uniform gesteckt hatte. Das war für uns günstig; sie hielten mit uns zusammen. Am 2. Mai abends, wir waren kurz vor Schwerin, machten sich unsere Peiniger, die SS-Banditen, aus dem Staube. Nun waren wir frei! Wenn auch noch nicht in sicherer Obhut. Am 3. Mai erreichten wir die amerikanischen Truppen. Jetzt erst waren wir uns bewusst, dass wir dem würgenden Griff dieser Mordbrenner doch noch glücklich entronnen waren. Unsere Freude war groß! Wolfgang Szepansky, Nr. 33527, niedergeschrieben am 25. Mai 1945 (Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Regina Szepansky) Das Jahr 1945 diesem aufwändigen Projekt unterstützt haben. Korrekturen und Ergänzungen bitte an [email protected]. Und nun kann es losgehen unter: www.dasjahr1945.de. Ausstellung in Mailand Die Wanderausstellung »Weg mit Hitler – Schluss mit dem Krieg« über die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation 19421945 wird vom 25. April bis 2. Mai 2015 in Mailand, Italien, gezeigt. Nachdem die Ausstellung 2013 bereits in Genua zu sehen war, wird nun das »Centro Filippo Buonarroti« in Mailand im Haus der Nationalen Vereinigung der Partisanen Italiens (A.N.P.I.), in der Via San Marco 49 diese Ausstellung präsentieren. Ein Power-Point-Vortrag über die illegale Widerstandsorganisation in den Askania-Werken Berlin als Teil der SaefkowJacob-Bästlein-Organisation gehört ebenfalls zum Programm in Mailand. Zum 70. Jahrestag der Befreiung hat die VVN-BdA eine neue Homepage als »historisches Projekt« angelegt. Für den Zeitraum von Oktober 1944 bis Mai 1945 werden etwa 150 lokale Ereignisse in kurzen Texten dargestellt: die Befreiung von Städten und Lagern, Kriegsendverbrechen, die Hoffnungen der Befreiten und die juristische Aufarbeitung. Zugänglich gemacht werden sie u.a. durch eine Landkarte, die mit einem Zeitschalter gekoppelt ist. Weiterführende Texte zu Schwerpunktthemen, Links, Fotos und auch kurze Filme ergänzen die Texte. Die Homepage richtet sich an Laien und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die genaue Funktionsweise ist in einer »Hilfe & Anleitung« nachlesbar. Wir bedanken uns bei allen, die uns bei Ich möchte mitmachen! Ich möchte Mitglied der VVN-BdA werden. Ich möchte mehr über die VVN-BdA wissen. Die Geschäftsstelle der Berliner VVNBdA wird im Juni gemeinsam mit der Bundesgeschäftsstelle der VVN-BdA umziehen. Der bisherige Standort im ND-Gebäude am Franz-Mehring-Platz 1 wird zugunsten der Adresse Magdalenenstr. 19 in 10365 Berlin-Lichtenberg aufgegeben. Die Erreichbarkeit per EMail und Homepage bleibt bestehen, die Telefonnummer wird sich ändern. Die neue Telefonnummer stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest. Wir bedanken uns Für die umfangreichen Zuwendungen in Reaktion auf den Jahresendbrief möchten sich der Vorstand und die gesamte Berliner VVN-BdA bei allen Spendern und Spenderinnen sehr herzlich bedanken. Es sind mehr als 8.000 Euro aus dieser Aktion zusammengekommen. Ein tolles Ergebnis! Spenden sind steuerlich absetzbar, aber vor allem eine Investition in eine antifaschistische Zukunft. Ohne solche Spenden könnten wir unsere Arbeit in Intensität, Breite und Öffentlichkeitswirksamkeit nicht aufrecht erhalten. Neonazis am 8./9. Mai? Neonazis und andere Rechtsradikale wollen in Berlin den 8. und 9. Mai wie in vergangenen Jahren nutzen, um Provokationen zu starten und Gedenkstätten zu schänden. Die Berliner NPD hat am 8. Mai am Deutsch-Russischen Museum in Karlshorst in der Zwieseler Str. eine Kundgebung angemeldet. Dort findet ein Museumsfest statt. Auch ein rechter Aufmarsch am 9. Mai um 15.00 Uhr vor dem Reichstagsgebäude aus dem Spektrum der »Reichsbürger« und anderer rechtsradikaler Pegida/Bärgida-Abspaltungen ist im Gespräch. Wir alle sind aufgerufen, wachsam zu sein und mögliche Naziaufmärsche zu verhindern. Für Beitritte Name: geb. am: Beruf: Telefon: Adresse: Ich möchte zu Veranstaltungen eingeladen werden. e-mail: 10 Berliner Büro zieht um Bitte einsenden an: Berliner VVN-BdA Franz-Mehring-Platz 1 10243 Berlin Nr. 59 Organisierte Neonazis in Berlin-Buch Rassistische Mobilisierungen gegen Flüchtlinge unter dem Deckmantel des »Bürgerprotestes« Nr. 59 rinnen und Bürger war es scheinbar egal, dass sie mit Neonazis auf die Straße gingen. Die Proteste in Buch waren somit von Anfang an in der Hand der NPD. Am 17. November folgte eine zweite Anti-Flüchtlings-Demonstration mit rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Als Demo-Anmelder Christian Schmidt gegen 22.00 Uhr den Lautstärke-Anweisungen der Polizei nicht Folge leistete, wurde er festgenommen und die Demonstration beendet. Am 4. Dezember musste die rassistische Mobilisierung einen weiteren Rückschlag hinnehmen: Da die lokale Zivilgesellschaft vorsorglich für jeden protests«. Nicht nur die Kundgebung der Bucher Flüchtlingsunterstützer und -unterstützerinnen am 12. Januar 2015 wurde von etwa 40 Neonazis belagert, ebenso wurden die Sprechstunden einer Bezirksstadträtin und des Pankower Bürgermeisters am 14. und am 21. Januar von Neonazis besucht und bedroht – sie nannten dies den Auftakt ihrer Jahreskampagne »Feind erkannt – Feind benannt«. Am 30. Januar folgte eine NPD-Kundgebung in der Karower Chaussee – dem Ort der Lichterketten – an der etwa 30 Neonazis teilnahmen. Nachdem es anfangs in Buch nur vereinzelt Proteste gegen die rassisti- Foto: Sören Kohlhuber Seit Ende 2012 hat sich die Bucher Neonazi-Szene neu aufgestellt. »NS-Area«- und »Anti-Antifa«-Schriftzüge, Hakenkreuze und Angriffe auf Dönerstände: Das waren die ersten Regungen der jungen Neonazis, die ab 2012 in Buch unter den Bezeichnungen »Freie Nationalisten Buch« oder »Aktionsgruppe Buch« in Erscheinung traten. 2013 zog der Weißenseer Neonazi Christian Schmidt nach Buch und nahm die lokalen Neonazis unter seine Fittiche. Die gewalttätigen Angriffe nahmen ab diesem Zeitpunkt zu und im Wahlkampf gingen die Neonazis dazu über, alle Plakate der demokratischen Parteien zu entfernen. Schmidt und seine Neonazis bedrohten vor allem die Betreiber/-innen anderer Parteistände. Sie versuchten, eine Neonazi-Dominanz-Zone in Buch zu errichten. Die etwa zehn Neonazis haben inzwischen im Pankower NPDVerband, der unter Schmidts Führung reaktiviert wurde, eine politische Heimat gefunden. Zentrales Thema des NPD-Verbands war die Agitation gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte. Mit der Ankündigung des Baus einer Notunterkunft für Flüchtlinge in Buch am 20. Oktober 2014 sahen die NPD-Aktivisten und -Aktivistinnen ihre Chance, größere Kreise der Bevölkerung zu erreichen. Die asylfeindliche Stimmung in der Bevölkerung sollte der Neonaziszene endlich Aufwind geben. Bereits für den 30. Oktober organisierten Bucher Anwohner/-innen eine Kundgebung, bei der Unterschriften gegen die Containerunterkunft gesammelt werden sollten. Es fanden sich etwa 100 Menschen ein, darunter mehr als ein Dutzend Neonazis. Zwei Tage später, am 1. November, folgte eine von der Pankower NPD organisierte Demonstration. Am 6. November riefen die Initiatoren und Initiatorinnen der Facebook-Seite »Kein Asylanten-Containerdorf in Buch« zu einer Lichterkette in Buch auf. Schmidts Truppe übernahm relativ schnell die Organisation der AntiFlüchtlings-Proteste. Sie meldeten die Demonstrationen und wöchentlich donnerstags stattfindenden Lichterketten an, stellten die Redner/Rednerinnen, die Ordner/Ordnerinnen und die Anlage. Einem Teil der demonstrierenden Bürge- NPD-Kundgebung in Weißensee am 1. November 2014. Montag im Dezember eigene Demonstrationen angemeldet hatte, musste die NPD-Montagsdemo auf den Donnerstag ausweichen. Sie sollte in Karow starten und dann nach Buch laufen. Eine antifaschistische Blockade unter der Zufahrtsbrücke nach Buch verzögerte dieses Vorhaben um mehrere Stunden. Von den etwa 100 Neonazis, Rassisten und Rassistinnen waren, als die Polizei die Blockade schließlich geräumt hatte, nur noch wenige Dutzend übrig. An den Lichterketten im November nahmen konstant etwa 50 Personen teil. Am 11. Dezember waren nur noch 20 Personen anwesend. Die Weihnachtsaktion in Karow am 18. Dezember brachte ebenfalls nur 20 bis 30 Personen auf die Straße. Mit dieser Aktion verabschiedete sich die Bucher Anti-Flüchtlings-Bürgerbewegung in die Winterpause, aus der sie (bis jetzt) nicht wieder erschien. Ab Januar 2015 verzichtete die Pankower NPD auf den Deckmantel des »Bürger- sche Mobilisierung gab, wurde ab Mitte November 2014 koordiniert gegen die NPD-Aktionen vorgegangen. Diese Aktionen haben dafür gesorgt, dass der anfängliche Schwung der AntiFlüchtlings-Mobilisierung verloren ging. Den Rassisten/Rassistinnen und Neonazis wurde der Eindruck vermittelt, dass sie mit Gegenwehr zu rechnen haben, wenn sie gegen Flüchtlinge auf die Straße gehen. Die etwa 200 Personen, die anfangs auf den NPD-Demonstrationen mitliefen, sind derzeit nicht mehr mobilisierbar. http://gemeinsam-gegen-rassismus. net/441/rueckblick-und-einschaetzungzur-rassistischen-mobilisierungen-inbuch-von-oktober-2014-bis-februar2015/ Gastbeitrag der Emanzipativen & Antifaschistischen Gruppe (EAG, pankow. antifa.cc) 11 Kleinster gemeinsamer Nenner gesucht Paris: Internationaler Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur, 21. bis 25. Juni 1935 Dieser Schriftstellerkongress war der erste internationale, der zweite von etwas über 20, die es gegeben hat bisher insgesamt, und er war ein besonderer. Standen bei fast allen anderen künstlerische Probleme im Vordergrund, so ging es hier eindeutig um politische, es ging eben um die Verteidigung der Kultur. 250 Autoren aus 38 Ländern waren dem Aufruf der Organisatoren Ilja Ehrenburg, André Malraux, Jean-Richard Bloch und Paul Nizan gefolgt, um im Pariser Theatersaal Mutualité an fünf Tagen 89 Reden anzuhören und darüber zu diskutieren. Ziel des Kongresses, der die Weltcrème der Schriftsteller, wie Louis Aragon, Aldous Huxley, Edward Morgan Forster, Heinrich Mann, Ernst Toller, Anna Seghers, André Breton, Egon Erwin Kisch, Robert Musil und Bertolt Brecht, als Teilnehmer aufzuweisen hatte, war ein möglichst enger Zusammenschluss von Intellektuellen der verschiedensten politischen Denkrichtungen gegen die seit zwei Jahren in Deutschland und anderen Ländern fest im Sattel sitzende Barbarei. Pluralität konnte dem Kongress im besten Sinne des Wortes nachgesagt werden und mit ihr eine Fülle von Problemen. Es ging um das Finden des kleinsten gemeinsamen Nenners. Beispielhaft in diesem Sinne Robert Musil. Er hatte z. B. von sich gesagt, er sei ein ganz unpolitischer Mensch, aber Antifaschist und natürlich gegen diese Barbarei, die die Faschisten anstellen, da sei er selbstverständlich ein Feind. Brecht, dessen Rede, wie meist in seinem Werk, auf den ökonomischen Hintergrund der sich täglich verstärkenden Misere hinzielte, wurde in der Presse entweder entstellt oder von der kommunistischen Frankreichs nicht einmal aufgegriffen. Vielleicht aber wurde sie in ihrer Brechtschen Zuspitzung gar nicht oder nur wenig verstanden. »Viele von uns Schriftstellern haben die Wurzel der Rohheit, die sie entsetzt, noch nicht entdeckt. Es besteht immerfort bei ihnen die Gefahr, dass sie die Grausamkeiten des Faschismus als unnötige Grausamkeiten betrachten. Sie halten an den Eigentumsverhältnissen fest, weil sie glauben, dass zu ihrer Verteidigung die Grausamkeiten des 12 Gisèle Freund: Internationaler Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur, Saal der Mutualité, Paris 1935 Faschismus nicht nötig sind. Aber zur Aufrechterhaltung der herrschenden Eigentumsverhältnisse sind diese Grausamkeiten nötig... Kameraden, sprechen wir von den Eigentumsverhältnissen!« Waren diese deutlich antikapitalistischen Ziele von ihm zu hoch gesteckt? Erinnert sei noch einmal an den Plan der Organisatoren: Angesichts der Gefahren, die in einer Anzahl von Ländern die Kultur bedrohen, haben einige Schriftsteller die Initiative zur Einberufung eines Kongresses ergriffen, um die Mittel ihrer Verteidigung zu prüfen und zu diskutieren. Eine politische Einigung konnte nicht erreicht werden, die weit auseinander gehenden Kunstfragen zwischen französischem Surrealismus und sozialistischem Realismus mischten sich ein und führten sogar zu Handgreiflichkeiten. Dabei hatte Anna Seghers – Probleme vorausschauend – ihre Rede so wunderschön eingeleitet mit den Worten: »Unsere Zusammenkunft in diesen vier Wänden wird Sinn bekommen, wenn jede unserer Gruppen ihr Eigentümlich stes einbezieht in eine geschlossene, uns allen gemeinsame Handlung.« Zu viel verlangt für einen ersten Kongress? Vielleicht. So wichtig Brecht diesen Kongress ansieht, so groß sind seine Zweifel an dessen politischer Wirksamkeit. Aber er macht was draus, nutzt ihn zu Materialstudien für seinen Tuiroman bzw. der Kulturrettung seiner Tuis im André Malraux auf dem Schriftstellerkongress 1935 in Paris Stück »Der Kongreß der Weißwäscher«. Brechts Szenen sind sehr komisch, aber trotzdem weiß er natürlich um den Verdienst des Kongresses als Vorläufer weiterer Bündnisse gegen Nazismus und Krieg, wie des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale, die mit ihrer Betonung des Volksfrontgedankens auch den Zweiten Internationalen Schriftstellerkongress 1937 und die Gründung der Internationalen Schriftstellervereinigung zur Verteidigung der Kultur beförderten. Gina Pietsch Nr. 59 Wir gratulieren! Unseren Jubilaren gratulieren wir ganz herzlich zum Geburtstag und wünschen Gesundheit, Optimismus und Lebensfreude! Zum 103. 2.9. Prof. Dr. Inge Rapoport Zum 101.: 8.7. Johanna Seifert, Treptow Zum 99.: 28.6. Fritz Schmid, Pankow 16.8. Wolfgang Hornung, Marzahn Zum 85.: 3.5. Prof. Dr. Kurt Pätzold, Treptow 10.6. Eva Senger, Lbg. 2.7. Dorothea Seidler, Treptow 24.7. Prof. Dr. Günter Wendel, Lbg 31.7. Dr. Peter Tichauer, Prenzl. Berg 11.8. Renate Baron, Treptow 17.8. Helga Beich, Treptow Zum 80.: 8.5. Christa Pantschev, Treptow 30.5. Gisela Sommer, Köpenick 22.7. Maria Lauterbach, Lbg. Zum 97.: 17.8. Ursula Schüler, Prenzl. Berg Zum 96.: 12.8. Dorothea Mehnert, Fhain-Krzbg.-Mit. Zum 95.: 19.5. Dr. Horst Behrendt, Lbg. 31.8. Annemarie Radünz, Lbg. Veranstaltungen zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 2. Mai, 12 Uhr BO Prenzlauer Berg und VVN-BdA Pankow, Ehrung mit Blumen an den fünf Bronzereliefs auf der B-Bahnbrücke Schönhauser Allee mit dem viersprachigen Text: »alle, die ihr hier vorübergeht, erweist jenen die ehre, die gefallen sind, damit ihr leben könnt« 2. Mai, 14.00 Uhr Berliner VVN-BdA, Aktives Museum, Einweihung einer neuen Gedenktafel für Wolfgang Szepansky, Methfesselstr. 42 Nr. 59 Vorstand: Dr. Hans Coppi (Vorsitzender), Gisela Lingenberg (Schatzmeisterin), Andreas Barth,Klaus-Frieder Böhne, Anne Hunger, Michael Landmann, Lisa Seebacher, Mathias Wörsching Geschäftsführer: Markus Tervooren Geschäftsstelle: Berliner VVN-BdA e. V. Franz-Mehring-Platz 1 10243 Berlin Telefon: 0 30/ 29 78 41 78 Telefax: 0 30/ 29 78 43 78 E-Mail: [email protected] Internet: http://berlin.vvn-bda.de Leitung: Jutta Harnisch Geschäftszeiten: Mo - Fr 10.00 Uhr bis 15.00 Uhr Die Gliederungen: als Bezirksorganisationen BO Mitte BO Friedrichshain-Kreuzberg-Mitte BO Prenzlauer Berg BO Weißensee/Hohenschönhausen BO Hellersdorf/Marzahn BO 8. Mai Zum 90.: 20.6. Elfriede Dengel, Lbg. 3.7. Erika Baum, Lbg. 29.7. Manfred Berger, Köpenick 30.7. Peter Neuhof, VVN-VdA 15.8. Ilse Hünigen, Fhain-Krzbg.-Mit. 2. Mai, 10.30 Uhr BO Prenzlauer Berg der Berliner VVNBdA, Ehrung an der Gedenktafel für Otto Schieritz anlässlich des 70. Jahrestages seiner Ermordung, Senefelder Str. 33 Die Berliner VVN-BdA 2. Mai, ab 15.00 Uhr Initiative Schulenburgring 2, Programm »70 Jahre Frieden in Berlin« am 2. und 3. Mai anlässlich der am 2. Mai im Haus Schulenburgring 2 vollzogenen Kapitulation der faschistischen Truppen Berlins, beginnend mit einem Straßenkonzert der Gruppe Klezmorim Sennomaj 6. Mai, 14.30 Uhr BO Friedrichshain-Kreuzberg-Mitte der Berliner VVN-BdA, Diskussion zu den Ergebnissen des Zweiten Weltkrieges, Nachbarschaftstreff der Volkssolidarität, Koppenstr. 62 6. Mai, 18.00 Uhr Kontakte-Kontaktyi e. V., Podiumsdiskussion: Vergessene NS-Opfer. Anerkennung der ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen als NS-Opfer! Podiumsdiskussion mit Bundestagsabge- als Kreisvereinigungen VVN-BdA Berlin-Pankow e. V. BdA Hohenschönhausen/ Weißensee e. V. VVN-BdA Lichtenberg e. V. BdA Treptow e. V. VVN-BdA Köpenick e. V. VVN-VdA e. V. mit den lokalen Gruppen Reinickendorf (Nord) Südwest (Süd) als korporative Mitglieder Antifaschistische Initiative Moabit Antifa Hohenschönhausen Antifaschistische Initiative NordOst Förderverein zum Gedenken an die Naziverbrechen um das und auf dem Tempelhofer Flugfeld e. V. Bankverbindung: Postbank Berlin IBAN: DE 18 1001 0010 0315 9041 05 BIC: PBNKDEFF 13 ordneten, DGB-Haus, Wilhelm-Leuschner-Saal, Keithstr. 1 7. Mai, 18 Uhr Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde, Abend der Begegnung anlässlich des 70. Jahrestages der Befreiung, mit ehemaligen Häftlingen des KZ-Außenlagers, Rathaus Steglitz, Schlossstraße 37, 12163 Berlin 8. Mai, 10.00 Uhr BO Prenzlauer Berg der Berliner VVNBdA, Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Befreiung mit Ansprachen und Blumenablage, Gedenkstätte für den gefallenen Rotarmisten auf dem Ostseeplatz 8. Mai, 10.00 Uhr VVN-VdA Gruppe Reinickendorf, Ehrung mit roten Nelken an den Gräbern sowjetischer Soldaten und der Kinder von sowjetischen Zwangsarbeiterinnen auf dem Russischen Friedhof Waldstr. Wittestr. 37, 13509 Berlin 8. Mai, 10.30 Uhr Initiative KZ-Außenlager Lichterfelde, Ehrung zum Tag der Befreiung, in Anwesenheit ehemaliger Häftlinge, mit Ansprachen und Blumenniederlegung. Wismarer Str. an der Eugen-Kleine-Brücke (Säule der Gefangenen), 12207 Berlin-Lichterfelde 8. Mai, 11.00 Uhr VVN-BdA Lichtenberg, Gedenken an den 1. Stadtkommandanten Berlins nach der Befreiung vom Faschismus, Nikolai E. Bersarin, Gedenktafel an der ehemaligen Stadtkommandantur, Alt-Friedrichsfelde 1 Ecke Rosenfelder Str. 8. Mai, 12.30 Uhr Botschaft der Republik Polen, Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Befreiung, Denkmal des polnischen Soldaten und des deutschen Antifaschisten, Volkspark Friedrichshain Die Berliner VVN-BdA nimmt mit polnischen Veteranen/Veteraninnen teil. 8. Mai, 15.00 Uhr BO Weißensee und BdA Hohenschönhausen/Weißensee: Teilnahme an den Kranzniederlegungen von Bezirksamt und BVV. Sowjetisches Ehrenmal in der Küstriner Straße 14 8. Mai, ab 15.00 Uhr VVN-BdA Lichtenberg, Gedenken zum 70. Jahrestag der Befreiung am Panzer-Denkmal mit Blumen, DeutschRussisches Museum Berlin-Karlshorst, Zwieseler Str. 4 tenberg, Treffpunkt: Gedenkstellen für das Arbeitserziehungslager Wuhlheide (S-Bhf. Raoul-Wallenberg-Str.) 8. Mai, 16.30 Uhr Initiativkreis 8. Mai 1945/2015 in Steglitz-Zehlendorf, Kundgebung zur Befreiung an der Stele für den erhängten Deserteur, Hermann-Ehlers-Platz am Rathaus Steglitz 9. Mai, 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr BO 8. Mai der Berliner VVN-BdA, Antifaschistische Initiative Moabit (AIM), Autonome Antifa Berlin (A2B), Für eine linke Strömung (FelS), organisiert in der Interventionistischen Linken (IL), Kollektiv Zielona Gora e. V., 9. Mai – Tag des Sieges über den deutschen Faschismus: Wer nicht feiert, hat verloren! Volksfest zum 70. Jahrestag des Sieges über den deutschen Faschismus, mit Musik und Kultur auf der Bühne, Zeitzeuginnen, Ausstellungen, russischer Küche, Grill, Kaffee und Kuchen, Kwas, Bier und Wodka für die Großen, Hüpfburg und Spielen für die Kleinen sowie Informations- und Bücherständen, Führungen zum Sowjetischen Ehrenmal. Parkplatz am Rosengarten, Puschkinallee, gegenüber dem Eingang zum Ehrenmal Treptow. 8. Mai, 17.00 Uhr VVN-BdA Berlin-Pankow e. V., Befreiungsgedenken in Buch am Sowjetischen Ehrenmal (Wiltbergstr., am Ausgang SBhf. Buch) 9. Mai, 14.00 Uhr Jugendbündnis ALKALIJ u. a., Führung durch das Kapitulations-Museum, Deutsch-Russisches Museum, Zwieseler Str. 4 8. Mai, 18.00 Uhr Berliner VVN-BdA und Bund der Antifaschisten Treptow, zentrale Kundgebung zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. Es spricht: Axel Holz, Bundesvorsitzender der VVN-BdA, und Vertreter der Botschaft der Russischen Föderation sowie der Botschaft von Belarus, Denkmal »Mutter Heimat« im Sowjetischen Ehrenmal in Treptow 10. Mai Berliner Aktionsbündnis »70 Jahre Befreiung«, Friedensdemonstration 8. Mai, 16.00 Uhr BO Friedrichshain-Kreuzberg-Mitte, gemeinsam mit BVV und Bezirksamt: Gedenken für Nikolai E. Bersarin, Petersburger Str. 86-90 (an der Gedenktafel) 8. Mai, 16.00 Uhr VVN-BdA Berlin-Pankow e. V. und Antifa-Gruppen, Antifaschistische Kundgebung am Tag der Befreiung, S-Bhf. Buch 9. Mai, 10 Uhr BVV Marzahn-Hellersdorf, Teilnahme der BOen Marzahn und Hellersdorf der Berliner VVN-BdA, Kranzniederlegung zum Tag der Befreiung, Parkfriedhof Marzahn, Wiesenburger Weg 10, 12681 Berlin, um 11.30 Uhr an der Gedenkstätte an der Brodauer Straße, 12621 Berlin 9. Mai, 11.30 Uhr Jugendbündnis ALKALIJ u. a., Antifa-Fahrraddemo durch Lichtenberg, Treffpunkt: Frankfurter Allee Ecke Möllendorffstr. (Nähe U-Bhf. Frankfurter Allee) 9. Mai, 11.30 Uhr Jugendbündnis ALKALIJ u. a., AntifaFahrraddemo durch Marzahn und Lich- 25. Mai, 14.00 Uhr THF33-45 e. V., Führung zu Zwangsarbeit und Kriegsproduktion auf dem Tempelhofer Feld, Treffpunkt: Denkmal Golßener Str. Weitere Veranstaltungen Berliner VVN-BdA Termine zur Pflege der VdN-Gräber auf dem Friedhof Friedrichsfelde: 16. Mai jeweils 13-16 Uhr, Treffpunkt: VdN-Gräberanlage Jour fixe immer am 3. Montag im Monat um 18.30 Uhr im Café Sibylle, Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin, U5 Strausberger Platz 18. Mai Uwe-Karsten Heye liest aus seinem Buch »Eine deutsche Familie – Die Benjamins«. Nr. 59 15. Juni Astrid Volpert berichtet über »Bauhauskünstler und -architekten im Widerstand«. 20. Juli Zum 90. Geburtstag von Mikis Theodorakis: Programm mit Gina Pietsch 17. August Vera Friedländer: »Die Verbrechen der Wirtschaft – Der Fall Salamander« VVN-BdA Lichtenberg e. V. 25. Juni,18.30 Uhr Gedenken für Dietrich Bonhoeffer, Kiezspinne, Schulze-Boysen-Str. 38 BdA Treptow e. V. 20. Mai, 18.00 Uhr Uwe-Karsten Heye liest aus seinem Buch »Eine deutsche Familie – Die Benjamins«. PRO, Kiefholzstr. 275, 12437 Berlin 12. Juni, 17.00 Uhr Hoffest aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des Bundes der Antifaschisten Treptow e. V. (im Hof des Schulgebäudes hinter dem PRO) 23. Juni Verlegung von vier Stolpersteinen in Berlin-Baumschulenweg BdA Treptow e. V./ VVN-BdA Köpenick e. V. 30. Mai, 13.00-20.00 Uhr Beteiligung am Fest für Demokratie, Bahnhof Schöneweide VVN-BdA Köpenick 21. Juni Gedenken an den 82. Jahrestag der Köpenicker Blutwoche, Denkmal auf dem Platz des 23. April BO Friedrichshain-KreuzbergMitte Nachbarschaftstreff der Volkssolidarität, Koppenstr. 62 6. Mai, 14.30 Uhr Diskussion zu den Ergebnissen des Zweiten Weltkrieges und seinen Nachwirkungen Nr. 59 3. Juni, 14.30 Uhr Wolfgang Grabowski zur Situation Russland/Ukraine BO Prenzlauer Berg 3. Mai, 10.30 Uhr Öffentliche Ehrung am Straßenschild für Rudi Arndt anlässlich des 75. Jahrestages seiner Ermordung, Rudi-Arndt-Str. Ecke Danziger Str. 20. Mai, 14.30 Uhr »Historische und aktuelle Entwicklung in der Ukraine«, Vortrag von Dr.-Ing. Peter Tichauer, Seniorenfreizeitstätte Grellstr. 14, 10409 Berlin 17. Juni, 14.30 Uhr Zu den aktuellen Entwicklungen im Thälmannpark spricht Dr. Markus Seng, Seniorenfreizeitstätte Grellstr. 14, 10409 Berlin 18. August, 10.30 Uhr Ehrung anlässlich des 71. Jahrestages der Ermordung Ernst Thälmanns. ErnstThälmann-Denkmal, Berlin-Prenzlauer Berg BO Prenzlauer Berg/BdA Hohenschönhausen/Weißensee e. V. 12. Mai Veranstaltung anlässlich des 110. Geburtstages des antifaschistischen Widerstands- und Spanienkämpfers Artur Becker, Kurt-Tucholsky-Bibliothek, Esmarchstr. 18, in Zusammenarbeit mit Pro Kiez Bötzowviertel e. V. VVN-VdA e. V. und Sachsenhausen-Komitee in der BRD 21. Juni, 9.00 Uhr Gedenkstätten-Tagesfahrt mit dem Bus nach Brandenburg/Havel. Abfahrt ab Ostbahnhof, Ankunft ca. 18.00 Uhr. Preis: 20 Euro (ohne Mittagessen), Anmeldeschluss: 29. Mai bei Edith Pfeiffer (030/ 7 12 47 46), edith.pfeiffer@nexgo. de oder unter [email protected] Förderverein THF 33-45 e. V. 14. Mai, 19.00 Uhr Werkstattgespräch: Die Geschichte des Sports auf dem Tempelhofer Feld, Alte Zollgarage im Flughafen Tempelhof 11. Juni, 19.00 Uhr Werkstattgespräch: Archäologische Grabungen auf dem Tempelhofer Feld, Alte Zollgarage im Flughafen Tempelhof 13. August, 19.00 Uhr Werkstattgespräch: Sowjetische Kriegsgefangene auf dem Tempelhofer Feld, Alte Zollgarage im Flughafen Tempelhof Der Verein lädt zu Führungen auf dem Tempelhofer Feld ein zu den Themen: • KZ Columbia-Haus • Militär- und Zivilgeschichte des Tempelhofer Feldes • Zwangsarbeiterlager 1940-1945 auf dem Feld jeweils am 2. und 4. Samstag im Monat, 13-15 Uhr Treffpunkt: Mahnmal, Columbiadamm Ecke Golßener Str. (Haltestelle Bus 104) Bitte um Anmeldung unter Tel.: 030 69 00 48 70 oder E-Mail: [email protected] oder [email protected] Galerie Olga Benario Richardstr. 104, 12043 Berlin, (U7 Bhf. Karl-Marx-Str., Ausgang Neuköllner Oper und durch die Passage) Öffnungszeiten: donnerstags ab 19 Uhr und auf Anfrage www.Galerie-Olga-Benario.de, E-Mail: [email protected] Fotoausstellung und Veranstaltungsreihe »Grenzerfahrungen« Die Fotoausstellung ab 14. Mai 2015 zeigt die Dialektik der Grenzorte El Paso, Texas, und Ciudad Juárez, Mexiko, hebt die Thematik Migration, Frauenmorde, den mutigen Ansatz von Aktivisten/-innen und der Mütter der verschwundenen Frauen und die Ambivalenzen zwischen den zwei Städten an der nordmexikanisch-us-amerikanischen Grenze hervor. Gruppe Menschenrechte Mexiko in Kooperation mit kollektiv tonali 14. Mai, 19.30 Uhr Vernissage: Dokumentarfilm »Entre el espanto y la fé – Zwischen dem Schrecken und der Hoffnung« 15 Berliner Erklärung zum 8. Mai 2015: 8. Mai 1945 – Tag der Befreiung! Am 8. Mai 1945 wurde nahezu ganz Europa von Faschismus und Krieg befreit. In Deutschland empfanden vor allem die Überlebenden des Holocaust, der Konzentrationslager und Zuchthäuser und ihre Angehörigen, die befreiten Zwangsarbeiter_innen den 8. Mai als den lang ersehnten Tag der Befreiung. Aber auch wir alle, die wir heute leben, verdanken die Chance eines Lebens in Frieden, Freiheit und Vielfalt den alliierten Streitkräften. Die Rote Armee und die sowjetische Bevölkerung hatten die größte Last des Krieges zu tragen. Mit besonderer Dankbarkeit erinnern wir an die Befreierinnen und Befreier, die Soldatinnen und Soldaten der Roten Armee, die gemeinsam mit polnischen Kombattantinnen und Kombattanten Berlin befreiten. Unvergessen bleibt der Beitrag, den der deutsche antifaschistische Widerstand in Deutschland, in der Emigration, in Partisanenverbänden und in den Streitkräften der Antihitlerkoalition geleistet hat. Wir erinnern auch an jene Berlinerinnen und Berliner, die sich z.B. mit dem Hissen von weißen Fahnen der Aufforderung zum Endkampf entzogen. Mehr als 55 Millionen Menschen fielen Naziterror, Holocaust und Vernichtungskrieg zum Opfer. Sie bezahlten den deutschen Griff nach der Weltherrschaft mit unvorstellbarem Leid und ihrem Leben. Für die Befreiung Berlins gaben noch über 50.000 Rotarmisten ihr Leben. Bis zur bedingungslosen Kapitulation am 2. Mai erschossen im Berliner Stadtgebiet Wehrmacht, Gestapo und SS politische Häftlinge, Deserteure und »Verräter«. Zuvor waren Zehntausende Insassen der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück und ihrer Außenlager auf Todesmärsche geschickt worden. In nahezu allen von Nazideutschland besetzten Ländern wurden der 8. und/ oder 9. Mai gesetzliche Feiertage, dies war auch in der DDR der Fall. 40 Jahre hat es gedauert, bis ein Präsident der Bundesrepublik den 8. Mai als Tag der Befreiung anerkannt und gewürdigt hat. Bis dahin hatte die Sicht der Nazis, der Profiteure, Mitläufer und Zuschauer das offizielle Vokabular geprägt: Zusammenbruch, Kapitulation, Niederlage, Besatzung, Stunde Null, Neubeginn. Mit Weizsäckers Rede wurde die Perspektive der Verfolgten des Naziregimes »gesellschaftsfähig«. Ein Tag der Erinnerung und Mahnung wurde der 8. Mai jedoch in der Bundesrepublik nicht. Auch in diesem Jahr weigert sich die Bundesregierung, den 8. Mai als staatlichen Gedenktag zu begehen, der in Mecklenburg-Vorpommern bereits Realität ist und in Brandenburg 2015 eingeführt werden soll. Wir fordern, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg endlich auch in Berlin und in ganz Deutschland ein offizieller Gedenktag wird, um den Tag zu feiern, den der als Jude und Kommunist verfolgte Kämpfer der Résistance, Peter Gingold, 1945 in Paris als »Morgenröte der Menschheit« erlebt hat. Wir verlangen, dass die hoch betagten sowjetischen Kriegsgefangenen und die Opfer von Wehrmachtsmassakern entschädigt und die letzten noch lebenden deutschen Kriegsverbrecher angeklagt und verurteilt werden. Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und gesellschaftliche Ausgrenzung haben Konjunktur. Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Übergriffen auf Flüchtlinge. Zugleich wird antifaschistische Gegenwehr kriminalisiert. Der rasante Aufstieg neofaschistischer und rechtspopulistischer Kräfte in nahezu allen europäischen Ländern verlangt entschiedenen Widerstand. Der Wiedereintritt Deutschlands in die Reihe kriegführender Länder stellt einen Bruch mit dem Nachkriegskonsens »Nie wieder Krieg von deutschem Boden« dar – der wichtigsten Lehre aus der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. In vielen Ländern der Welt toben Kriege, sind gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung deutsche Waffen – und oft auch deutsches Militär – beteiligt. Wir erinnern am 8. Mai an die Hoffnung der Befreiten auf eine Welt ohne Kriege, Elend und Unterdrückung und treten für eine neue Welt des Friedens und der Freiheit ein, wie es die befreiten Häftlinge von Buchenwald geschworen haben: Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg! Wir unterstützen den Friedensappell ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener vom 1. September 2014, die zur Versöhnung zwischen Ukrainern und Russen aufrufen: »Besinnt Euch! Erstickt Euren Hass, redet miteinander statt aufeinander zu schießen! Hört auf uns, die in faschistischen Lagern das wenige Brot miteinander teilten. Benehmt Euch wie Mitglieder einer Familie, in der man sich streitet im Bewusstsein gegenseitigen Respekts und sich wieder verträgt. Macht endlich Frieden miteinander!« Die zentrale Kundgebung der Berliner VVN-BdA zum Tag der Befreiung vom Faschismus findet am 8. Mai 2015 um 18.00 Uhr am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park statt. Wir bitten, antifaschistische Mahnmale, Erinnerungsstätten und Stolpersteine am 8. Mai mit Blumen zu schmücken. März 2015, Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e. V. (Berliner VVN-BdA)