Editorial VP Dr. Gerrit Loibl, MSc
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Editorial VP Dr. Gerrit Loibl, MSc
Foto: Raimo Rumpler VIZEPRÄSIDENT VP Dr. Gerrit Loibl, MSc [email protected] Notarztmangel E s muss etwa 1986 gewesen sein, ich studierte damals noch, als ich auf einem Tourenschikurs auf der steirischen Planneralm eine Ärztin kennenlernte, die gerade ihre Turnusausbildung abgeschlossen hatte und mir von einem für mich damals neuen ärztlichen Berufsbild erzählte. Sie arbeitete nämlich als Notärztin im Krankenhaus Melk, die Landesregierung hatte pro Spital vier zusätzliche Dienstposten geschaffen, um jeweils ein Notarztdienstrad zu bespielen. Anfänglich gab es noch Besetzungsprobleme, ich erinnere mich an Geschichten aus Spitälern, in denen angeblich Ärzte, die noch in Turnusausbildung waren, durch einen zweiwöchigen anästhesiologischen Crashkurs für den Notarztwagen „fit“ gemacht wurden und dann die notärztliche Versorgung des Bezirks übernahmen. Foto: bilderbox Ich selbst begann 1990 als Turnusarzt meine Tätigkeit in Niederösterreich und machte so wie praktisch alle Kolleginnen und Kollegen einen Notarztkurs und in der Folge gab es eigentlich in keinem Spital mehr Probleme, die vier Planposten zu besetzen. Wegen der zahlreichen Interessenten und der Einführung des Krankenanstaltenarbeitszeitgesetzes wurden Notarztdienstposten in der Folge oft geteilt, und so war man – mangels Alternative – damals nicht unglücklich, mit einem 20-Wochenstunden-Vertrag statt der üblichen 60 Wochenstunden vielleicht nur 55 Stunden arbeiten zu müssen. Auch ich arbeitete vor Beginn meiner Ausbildung zum Anästhesisten einige Zeit „hauptamtlich“ als Notarzt, verrichtete aber auch während der Facharztausbildung und noch viele Jahre als Facharzt zahlreiche Notarztdienste. Die ärztliche Notfallmedizin florierte, und es gab sogar Stimmen, die nur mehr Anästhesisten für den Notarztdienst heranziehen wollten. Doch in den letzten Jahren passierte etwas, was für viele, die ihr Studium in den 80-er Jahren absolviert und im Anschluss wegen der damaligen Ärzteschwemme oft jahrelang auf einen Turnusplatz gewartet hatten, eigentlich unvorstellbar war: Zugangsbe6 CONSILIUM 06/15 schränkungen an der Universität, fehlende Ausbildungsqualität in den Krankenhäusern und steigende Mobilität der jungen Kolleginnen und Kollegen in Richtung Ausland führten zu einem mittlerweile eklatanten Ärztemangel nicht nur in unserem Bundesland sondern fast in ganz Österreich. Es gibt mittlerweile Krankenhäuser ohne Turnusärzte, als frischgebackener Arzt für Allgemeinmedizin hat man kein Problem mehr, rasch eine Kassenplanstelle zu bekommen. Notärzte in Krankenanstalten hingegen müssen oft als „Anhängsel“ von Fachabteilungen die undankbare Betreuung der sogenannten interdisziplinären Aufnahmestationen übernehmen, auch die freiberufliche Tätigkeit im Notarztwagen wird durch organisatorische und gesetzliche Unbillen zunehmend unmöglich gemacht. Das führt nun dazu, dass die anspruchsund verantwortungsvolle Arbeit als Notarzt vielerorts keinen Anreiz mehr darstellt. Und so überlegen sich unsere Politiker (zu recht) , wie sie denn auf den schon offensichtlichen Notarztmangel reagieren sollen. Doch anstelle die vorhandenen Ressourcen, also die zahlreichen Kolleginnen und Kollegen mit gültigem Notarztdekret, zu nutzen und diese wichtige ärztliche Berufsgruppe durch attraktive Arbeitsbedingungen – ich denke hier z.B. an die Schaffung allgemeinmedizinischer Primariate für die Aufnahmestationen – und Anpassung der Entlohnung zu stärken, soll nach Ansicht mancher Politiker offenbar die Notfallversorgung unserer Bevölkerung in Zukunft durch „Paramedics“ gewährleistet werden. Ich habe überhaupt nichts gegen eine verbesserte Ausbildung von nichtärztlichem Personal im Bereich der Notfallmedizin, aber der Ersatz ärztlicher Kompetenz (mit immerhin minimal neun Jahren Ausbildungszeit) durch „Paramedics“ kann nur mit einem Qualitätsverlust vergesellschaftet sein, und die Politik muss diesen Qualitätsverlust öffentlich eingestehen, wenn sie sich nicht in der Lage sieht, die noch immer in großer Zahl vorhandenen Notärzte und Notärztinnen durch geeignete Maßnahmen im System zu halten. VP DR. GERRIT LOIBL, MSC