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Studie:
Arbeitssituation und
Arbeitsklima für
Deutsche in der Schweiz
„ In die Schweiz kommt man nicht als Deutscher,
sondern man wird in der Schweiz erst zum Deutschen gemacht“
Ergebnisbericht
Dr. Thomas Köllen
Kooperationspartner:
WU Wien
Department Management
[email protected]
http://wu.ac.at/diversity/mitarbeiter/koellen
April 2015 / © Dr. Thomas Köllen
Hintergrund der Studie
Die Deutschen sind in der gesamten Schweiz mit etwa 300.000 Personen nach den ItalienerInnen
die aktuell zweitgrößte Ausländergruppe. Im Kanton Zürich haben sie seit 2007 die ItalienerInnen als
größte Gruppe abgelöst. In der Vergangenheit waren vor allem das Abkommen zur
Arbeitnehmerfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU, das hohe Gehaltsniveau in der Schweiz
sowie die gemeinsame Sprache die Hauptfaktoren, die für einen kontinuierlichen Zuzug von
Deutschen sorgten. Aktuell scheint sich der Zuzug allerdings einzubremsen. Gründe dafür können
zum einen in der Beschränkung des Freizügigkeitsabkommens durch die Schweiz und in der aktuell
positiven wirtschaftlichen Lage in Deutschland gefunden werden. Zum anderen können diese Gründe
aber auch in klimatischen Bedingungen in der Schweiz gesucht werden, die gegenüber ausländischen
Zuwanderern, und in einer besonderen Weise gegenüber deutschen Zuwanderern, häufig eine nur
eingeschränkte Aufgeschlossenheit von Seiten der Schweizer Bevölkerung zum Ausdruck bringen. Die
Annahme der Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ kann als ein Ausdruck dieses Klimas
interpretiert werden. Deutsche stellen eine sehr spezielle Ausländergruppe für die Schweiz dar.
Gegenüber westeuropäischen MigrantInnen herrscht zwar eine wesentlich positivere Einstellung als
gegenüber anderen Einwanderergruppen, jedoch sind die Deutschen innerhalb der Gruppe der
Westeuropäer mit Abstand am unbeliebtesten (Helbling 2011).
Der Zuzug von Deutschen in die Deutschschweiz bzw. deren dortige Präsenz wird in der Schweiz
häufig sehr emotional diskutiert. Ein Schwerpunkte des Diskurses liegt dabei auf der
Konkurrenzsituation mit Deutschen (z.B. um Professuren und sonstige Hochschularbeitsplätze oder
um Wohnraum) sowie auf genereller „Überfremdungsangst“ (Imhof 2008). Es scheint ein teilweise
latentes, aber dennoch stabiles Bild vorzuherrschen von „dem Deutschen“ als „einem Schwaben,
einer unschönen Mischung aus nie ganz überwundenem Nazi, aus preußischer Zackzack-Mentalität
und biederem Schaffer“ (Müller 2010: 105). Bichsel (2003) spricht sogar lange nach dem Krieg noch
von Deutschland als einer Art von verinnerlichtem „Feindbild“ der SchweizerInnen (Bichsel 2003:
165). SchweizerInnen grenzen sich häufig bewusst von Deutschen und Deutschem ab, um ihr
schweizerisches Identitätsgefühl bzw. Selbst-Bewusstsein zu stärken: „Nicht-Deutscher zu sein macht
einen so merkwürdig hohen Teil meines nationalen Selbstgefühls aus, dass sich dieses einige Zweifel
gefallen lassen muss“ (Muschg 2003: 178). Die Abgrenzung bekommt somit einen
identitätsstiftenden Charakter: „Schweizer-Sein ist dann vor allem Nicht-Deutscher-Sein“ (Bichsel
2003: 165).
Die Abgrenzungs- und Abwehrhaltung vieler SchweizerInnen gegenüber Deutschem zeigt sich
besonders auf der Sprachebene. Das Schweizer (Hoch-)Deutsch und die Verwendung von
Helvetismen werden dann häufig zur Grenzziehung gegenüber Deutschen eingesetzt (Altwegg 2010).
Der Einsatz des Schweizerdeutschen auch in förmlichen Situationen in der Schweiz nimmt seinen
Ursprung im Abgrenzungsbedürfnis gegenüber „Deutschland“ in der Zeit des Nationalsozialismus
(Theiler 2004).
Dies hat natürlich Auswirkungen auf das Leben der in der Schweiz lebenden Deutschen. Deren
Situation ist bisher allerdings noch nie wissenschaftlich-systematisch erfasst worden. Vor diesem
Hintergrund hat die vorliegende Studie das Ziel, die klimatischen Bedingungen für Deutsche in der
Schweiz sowohl am Arbeitsplatz als auch im Alltag näher zu analysieren. Dieser Bericht enthält einige
deskriptive Ergebnisse der Studie.
1
Stichprobe
Bei der 2014 durchgeführten online-Befragung haben etwa 1000 in der Schweiz arbeitende
Deutsche teilgenommen. Die TeilnehmerInnen wurden über viele verschiedene Wege eingeladen,
wobei der Schwerpunkt auf den sozialen Online-Netzwerken Xing und facebook lag. Etwa 60% der
TeilnehmerInnen sind männlich, 82% der TeilnehmerInnen haben als höchsten Bildungsabschluss
mindestens das Abitur und 65% der Befragten haben einen Hochschulabschluss. 38% der
TeilnehmerInnen sind zwischen 26 und 35 Jahre alt, 36% zwischen 36 und 45 und 20% zwischen 46
und 55 Jahre. Die Herkunft innerhalb Deutschlands und der aktuelle Wohnort innerhalb der Schweiz
kann den nachfolgenden Grafiken entnommen werden. Die deutschen Bundesländer sind in etwa
ihrer Größe entsprechend repräsentiert, wobei das an die Schweiz angrenzende Baden-Württemberg
etwas stärker vertreten ist. Bei den Kantonen in denen die befragten Deutschen wohnen und
arbeiten ist Zürich mit großem Abstand am stärksten vertreten.
Wohnkanton in der
Schweiz
Deutsches HerkunftsBundesland
(in %, N = 890)
(in %)
GrenzgängerIn
Sonstige
Zug
Uri
Thurgau
St. Gallen
Solothurn
Schwyz
Schaffhausen
Obwalden
Nidwalden
Luzern
Graubünden
Glarus
Freiburg
Bern
Basel
Appenzell
Aargau
Zürich
1,1
0,8
2,5
0,2
3,5
6,3
1,8
2,7
0,6
0,2
0,6
2,4
1,1
0,1
0,4
6,9
2,9
0,2
8,2
Thüringen
Schleswig-Holstein
20,0
1,8
Sachsen-Anhalt
3,4
Sachsen
6,4
Saarland
1,5
Rheinland-Pfalz
2,6
Nordrhein-Westfalen
17,3
Niedersachsen
5,5
Mecklenburg-…
1,7
Hessen
8,5
Hamburg
3,6
Brandenburg
2,3
Berlin
4,7
Bayern
40,0
13,9
Baden-Württemberg
57,5
0,0
4,5
60,0
22,4
0,0
2
5,0 10,0 15,0 20,0 25,0
Zuzugsmotive
Gründe für die Einwanderung in die Schweiz
(in %, N= 890, Mehrfachnennung möglich)
Studium
6
politische Situation
6
Attraktivität des Wohnortes
13
Landschaft
14
Lebensgefühl
16
finanzielle Gründe
18
Familie/Beziehung/Liebe
27
Arbeit
75
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Bei den Gründen für die Einwanderung in die Schweiz geben die meisten Befragten die Arbeit als
Hauptmotiv an1.
1
Wenn den nachfolgenden Tabellen und Grafiken teilweise leicht unterschiedlich große Stichprobenumfänge
zugrunde liegen (abgekürzt mit N) kann dies entweder an als „ungültig“ gewerteten Antworten liegen oder am
Abbruch der Umfrageteilnahme durch einzelne TeilnehmerInnen im Fragebogenverlauf. Die meisten Angaben
sind Prozentangaben – hier können Rundungseffekte auf ganze Zahlen dazu führen, dass von der Summe von
100% um einen Prozentpunkt abgewichen wird.
3
Alltagserfahrungen von Deutschen in der Schweiz
Ist Ihnen eine der folgenden Situationen jemals in der Schweiz passiert? Was wird von Ihnen als
Hauptgrund angesehen? (Angaben in %, N = 857)
Wurde Ihnen jemals ungerechterweise die Miete oder der Kauf eines Hauses oder
einer Wohnung von einem Makler oder Eigentümer verweigert?
3
21
76
Wurde Ihnen jemals ungerechtfertigterweise eine Anstellung verweigert?
1 15
15
78
Wurden Sie jemals ungerechtfertigt von der Polizei angehalten, durchsucht, befragt
oder bedroht?
10 3
86
Haben Sie jemals in einem Wohnviertel gelebt, in welchem die Nachbarn Ihnen oder
Ihrer Familie das Leben schwer gemacht haben?
5
14
80
13 – 24% der Deutschen haben die hier abgefragten Ungleichbehandlungen in der Schweiz bereits
erlebt. Als Hauptursache dafür wird ganz klar ihre Nationalität identifiziert, d.h. ihr Deutsch-Sein.
4
Wie häufig passieren Ihnen folgende Dinge in Ihrem Alltag in der Schweiz?
Sie erhalten in Restaurants und Geschäften einen schlechteren
Service als andere Menschen (in %).
60
50
40
30
20
10
0
50 46 48
2 1 2
5 4 4
6 8 7
fast jeden
Tag
einmal pro
Woche
mehrmals
pro Monat
männlich (n = 494)
30
25
20
15
10
5
0
16 13 15
mehrmals
pro Jahr
weiblich (n = 314)
21
28 24
weniger als
einmal pro
Jahr
nie
Gesamt (N = 808)
Sie werden weniger höflich behandelt als andere Menschen (in %).
29 28 28
23 22 23
22 25 23
6 7 7
10 8 9
9 10 10
fast jeden
Tag
einmal pro
Woche
mehrmals
pro Monat
mehrmals
pro Jahr
weniger als
einmal pro
Jahr
nie
Sie werden mit weniger Respekt behandelt als andere Menschen
(in %).
40
30
20
10
0
30
25
20
15
10
5
0
5 5 5
9 6 8
10 9 10
fast jeden
Tag
einmal pro
Woche
mehrmals
pro Monat
21 21 21
22 25 23
mehrmals
pro Jahr
weniger als
einmal pro
Jahr
33 33 33
nie
Manche Menschen verhalten sich Ihnen gegenüber, als hielten
diese Menschen sich selbst für etwas Besseres (in %).
28
25 26
24 23
23 22 23
21
10 10 10
fast jeden
Tag
7 7 7
einmal pro
Woche
11 13 12
mehrmals
pro Monat
5
mehrmals
pro Jahr
weniger als
einmal pro
Jahr
nie
Sie werden beleidigt oder beschimpft (in %).
60
50
40
30
20
10
0
48
55 51
31 27 29
14 13 13
2 2 2
2 2 2
4 2 3
fast jeden
Tag
einmal pro
Woche
mehrmals
pro Monat
männlich (n = 494)
mehrmals
pro Jahr
weiblich (n = 314)
weniger als
einmal pro
Jahr
nie
Gesamt (N = 808)
Was denken Sie, ist der Hauptgrund für diese Erfahrungen?
(in %, N = 808)
8
7
8
Mein Bildungsstand oder Einkommen
Mein Aussehen
2
2
2
Mein Gewicht
1
2
0
Meine Körpergröße
1
1
1
Mein Alter
1
1
2
85
84
86
Meine Nationalität (z.B. identifiziert
durch meine deutsche Aussprache)
1
3
0
Mein Geschlecht
0
Gesamt
20
weiblich
40
60
80
100
männlich
Wie die vorangegangenen Grafiken zeigen, werden die verschiedenen Arten von Zurücksetzung
oder Ungleichbehandlung im Schweizer Alltag in unterschiedlicher Intensität erlebt. Werden sie
wahrgenommen, dann werden sie jedoch zumeist mit dem eigenen Deutsch-Sein in Verbindung
gebracht.
6
Deutsch-Sein in der Schweiz
Wie sehr stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?
(Antworten in %, N = 677)
9
14
Beim Umgang mit SchweizerInnen habe ich das
Gefühl, dass sie mein Verhalten ständig daraufhin
interpretieren, dass ich deutsch bin.
12
13
12
6
14
10
Die meisten SchweizerInnen bewerten Deutsche
nicht auf Basis ihrer Nationalität.
17
17
14
9
5
23
17
11
Die meisten SchweizerInnen haben eine
wesentlich stärkere anti-deutsche Einstellung, als
sie es mir gegenüber tatsächlich ausdrücken.
27
18
10
Ich denke fast nie daran, dass ich deutsch bin,
wenn ich mit SchweizerInnen zu tun habe.
10
14
12
13
20
20
12
5
13
Ich denke oft, dass SchweizerInnen
ungerechtfertigterweise beschuldigt werden,
deutschenfeindlich zu sein.
13
14
Ich bin niemals besorgt drüber, dass mein
Verhalten als 'typisch deutsch' angesehen wird.
10
10
21
20
19
17
19
9
5
18
13
10
0
29
16
15
20
stimme völlig zu
stimme zu
stimme eher zu
weder noch
stimme eher nicht zu
stimme nicht zu
25
30
stimme überhaupt nicht zu
Viele Deutsche nehmen im Schweizer Alltag eine gewisse anti-deutsche Grundstimmung wahr. Die
damit zusammenhängenden unterschiedlichen Ebenen von Anti-Germanismus werden von vielen
auch am Arbeitsplatz erlebt, wie die nachfolgenden Ergebnisse zeigen.
Schweiz
7
von Deutschen in der
Die Arbeitsplatzsituation von Deutschen in der Schweiz
Wie sehr stimmen Sie den folgenden Aussagen über Ihren Arbeitsplatz in der Schweiz zu?
(Angaben in %, N = 762 bis 793)
„An meinem Arbeitsplatz...“
10
haben viele Leute Vorurteile über Deutsche
und behandeln mich so, als wären diese
wahr.
32
13
23
22
7
habe ich das Gefühl, dass andere mich aus
ihren Aktivitäten ausschließen, weil ich
deutsch bin.
21
15
werden SchweizerInnen und Deutsche gleich
behandelt.
19
37
31
31
7
23
9
13
habe ich manchmal das Gefühl, dass DeutschSein ein Defizit ist.
34
11
7
habe ich manchmal das Gefühl, dass andere
versuchen mich am Weiterkommen zu
behindern, weil ich Deutsch bin.
17
15
14
26
19
45
12
ist meine deutsche Aussprache eine
Beeinträchtigung.
27
14
20
9
blicken andere auf mich herab, wenn ich
mich so verhalte, wie es in Deutschland
üblich ist.
17
6
ist das Erzählen anti-deutscher Witze üblich.
0
5
14
28
23
20
19
21
stimme eher zu
weder noch
stimme eher nicht zu
8
40
10 15 20 25 30 35 40 45 50
stimme voll zu
stimme überhaupt nicht zu
31
„An meinem Arbeitsplatz...“
nehme ich das ständige Polarisieren zwischen
Deutschem und Schweizerischem als
belastend wahr.
24
26
11
13
26
15
müssen sich Deutsche ständig legitimieren
bzw. dafür rechtfertigen in der Schweiz zu
sein.
10
18
11
gelten abwertende Kommentare über
Deutsche nicht als politisch inkorrekt.
27
15
19
20
9
sind meine Entlohnung und
Karriereentwicklung negativ durch meine
Nationalität beeinflusst.
12
4
enthalten mir meine TeamkollegInnen
gewisse arbeitsbezogenen Informationen vor,
die sie mit Schweizer KollegInnen teilen.
29
35
21
16
11
14
42
18
52
31
kommen SchweizerInnen und Deutsche gut
miteinander zurecht.
3
18
habe ich manchmal das Gefühl, dass
SchweizerInnen sich Deutschen unterlegen
fühlen.
12
werden politische oder sportliche Ereignisse
ständig herangezogen, um zwischen
Deutschem und Schweizerischem zu
polarisieren.
16
15
10
35
17
18
16
0
20
25
28
30
stimme voll zu
stimme eher zu
weder noch
stimme eher nicht zu
stimme überhaupt nicht zu
9
40
14
12
40
50
60
Welches Verhalten von SchweizerInnen nehmen Sie Ihnen gegenüber an Ihrem Arbeitsplatz wahr?
(Angaben in %, N = 729 bis 733)
Von mir wird verlangt, dass ich rechtfertige,
warum ich in der Schweiz lebe.
8
3
4
27
19
Bei externen Ereignissen (Sport, Politik, etc.)
wird national polarisiert.
7
5
Mir wird ein Gefühl des 'NichtDazugehörens' vermittelt.
7
8
Mir wird mit abwertender Körpersprache,
Tonfall, Mimik oder Gestik begegnet.
8
2
2
2
Meine Aussprache wird kommentiert oder
imitiert.
4
0
8
8
10
40
21
19
36
20
18
11
12
6
3
4
Ich werde aufgefordert, doch wieder 'nach
Hause' zu gehen.
31
10
7
6
8
Mir gegenüber herrscht ein reserviertes
Verhalten.
43
23
19
55
19
70
16
42
21
17
20
30
40
50
nie
weniger als einmal pro Jahr
mehrmals pro Jahr
mehrmals pro Monat
einmal pro Woche
fast jeden Tag
60
70
80
Ihr Deutsch-Sein ist auch am Arbeitsplatz für etwa die Hälfte der Deutschen in der Schweiz ein
mittleres bis großes Thema, das zum Teil auch mit negativen Ausschlusserfahrungen und
Abwertungen einhergeht. Ein zentrales Element ist dabei die Sprache bzw. die Aussprache. In diesem
Zusammenhang spielen die nationale Zusammensetzung des KollegInnenkreises und auch die
Arbeitssprache eine wichtige Rolle.
10
Der Umgang mit Anti-Germanismus am Arbeitsplatz
Mit diesen Erfahrungen bzw. mit der Erwartung dieser Erlebnisse gehen die deutschen
Beschäftigten in unterschiedlicher Weise um. Dies zeigen die folgenden Ergebnisse.
Wie häufig kommt folgendes Verhalten bei Ihnen am Arbeitsplatz vor? „Ich...“
(Angaben in %, N=730)
1
4
versuche durch mein Verhalten bestimmten
positiven deutschen Stereotypen zu
entsprechen.
2
rede manchmal weniger oder gar nicht, damit
ich aufgrund meiner deutschen Aussprache
nicht als Deutscher identifiziert werde.
8
1
erzähle von Freizeitaktivitäten, die ich mit
SchweizerInnen unternommen habe, um zu
zeigen, wie gut ich integriert bin.
76
23
5
2
versuche Gesprächsthemen zu vermeiden, die
einen Deutschlandbezug haben.
5
66
28
6
versuche anti-deutsche Kommentare zu
überhören.
66
23
68
14
38
2
3
versuche zu verbergen, dass ich deutsch bin.
2
verstelle mein Verhalten, um 'weniger deutsch'
zu wirken.
vertrete eine Deutschland-kritische Meinung in
Bezug auf Politik oder Sport, um meine
KollegInnen davon zu überzeugen, dass ich ja
gar nicht 'allzu deutsch' bin.
1
0
fast immer/immer
19
43
15
81
6
31
6
10
häufig
61
39
20
30
40
manchmal
54
50
60
70
80
90
nie
Viele Deutsche versuchen durch bewusst gesteuertes Verhalten, Geringschätzungen zu entgehen,
bzw. „Bonuspunkte“ zu sammeln. Diese Vorwegnehmen und Abwehren von auf anti-deutschen
Ressentiments basierenden Anfeindungen wird nicht von allen praktiziert. Dennoch ist es für sehr
viele Deutsche ein Thema, dem allerdings auch offensiver begegnet werden kann. Dass dies jedoch
nur von einem Teil der Deutschen getan wird, zeigt die nächste Grafik.
11
Wie häufig kommt folgendes Verhalten bei Ihnen am Arbeitsplatz vor? „Ich...“
2
stelle vor meinen KollegInnen 'deutsche'
Eigenschaften als etwas Positives dar.
8
korrigiere andere, wenn sie annehmen, dass ich
nicht deutsch bin.
50
19
11
34
36
14
wehre mich gegen abwertende
Verallgemeinerungen in Bezug auf Deutsche.
23
50
13
11
beziehe offen Stellung gegen anti-deutsche
Witze und Vorurteile.
19
43
26
3
suche besonders den Kontakt zu deutschen
KollegInnen.
0
fast immer/immer
40
häufig
16
10
20
manchmal
39
41
30
40
50
60
nie
Die anti-deutschen Ressentiments bzw. der im Arbeitsalltag und in der Freizeit erlebte - teilweise
verdeckte und teilweise recht offene - Anti-Germanismus führt auf Seiten der Deutschen zu
unterschiedlichen Arten der emotionalen Bindung oder Distanzierung an die bzw. zur Schweiz. Dies
zeigen die nächsten Ergebnisse.
12
Persönliches Empfinden zur Schweiz
Wie sehr fühlen Sie sich in der Schweiz
willkommen?
(in %, N = 638)
35
40
20
10
27
24
30
9
4
0
gar nicht
wenig
etwas
stark
sehr stark
Wie sehr ist die Schweiz für Sie zur Heimat
geworden?
40
30
20
10
0
29
28
18
12
gar nicht
wenig
13
etwas
stark
sehr stark
Wie sehr fühlen Sie sich in der Schweiz als
Fremde/Fremder?
40
29
31
22
20
10
7
0
gar nicht
wenig
etwas
stark
sehr stark
Als wie stark empfinden Sie die ständige
Polarisierung zwischen Deutschem und
Schweizerischem im Alltag?
30
24
28
25
20
10
13
9
0
gar nicht
wenig
etwas
stark
sehr stark
Etwa 30% der in der Schweiz lebenden Deutschen fühlen sich in der Schweiz nicht willkommen
und als nicht dazugehörig. Weitere 30% teilen diese Empfindung zumindest zum Teil.
13
Persönlicher Bezug zur Schweiz
(Mittelwerte; 1 = gar nicht, 5 = sehr stark)
3,13
3,17
3,09
2,83
3,02
2,19
Zürich (n=371)
3,00
3,07
2,87
3,13
3,00
2,20
Zug (n=15)
3,05
3,10
3,43
3,19
3,24
1,95
Thurgau (n=21)
2,88
2,80
3,17
2,95
3,00
2,22
St. Gallen (n=41)
3,43
1,64
Solothurn (n=14)
3,00
2,93
3,30
1,65
Schwyz (n=20)
3,50
3,36
2,90
3,35
3,25
2,40
Luzern (n=15)
2,93
3,21
3,09
2,86
2,95
2,21
Basel (n=19)
2,25
Aargau (n=51)
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
3,27
3,27
3,33
3,27
3,02
2,16
Bern (n=43)
3,65
2,50
2,63
3,11
3,00
2,95
3,05
3,00
3,18
3,04
2,94
2,86
3,00
3,50
Als wie stark empfinden Sie die ständige Polarisierung zwischen Deutschem und Schweizerischem
im Alltag?
Wie stark ist in Ihnen der Wunsch vorhanden, die Schweiz so bald wie möglich zu verlassen?
Wie sehr fühlen Sie sich in der Schweiz als Fremde/Fremder?
Wie sehr ist die Schweiz für Sie zur Heimat geworden?
Wie sehr fühlen Sie sich in der Schweiz willkommen?
Wie sehr fühlen Sie sich emotional mit der Schweiz verbunden?
14
4,00
Wie hat sich Ihr Gesamtbild, das Sie von der Schweiz haben,
vom Zeitpunkt Ihres Zuzuges bis heute verändert?
70
Anzahl der Nennungen (N=617)
60
50
40
30
20
10
0
3
6
9
12
15
18
21
25
28
31
34
37
40
43
46
49
52
56
59
62
65
68
71
74
77
80
83
86
89
92
95
99
0
Bewertung (0 = sehr zum Negativen; 50 = gar nicht; 100 = sehr zum Positiven)
Die Intensität der permanent ablaufenden Polarisierungs-, Abgrenzungs-, und teilweise auch
Abwertungstendenzen in Bezug auf ihre Nationalität überrascht viele Deutsche, die in die Schweiz
kommen. Sowohl im Arbeitsalltag als auch in ihrer Freizeit werden sie oftmals, sobald als Deutsche
identifiziert (z.B. durch die deutsche Aussprache), auf ihre Nationalität reduziert wahrgenommen und
mit zum Teil wenig schmeichelhaften Attributen und den dazugehörigen Erwartungshaltungen an ihr
Verhalten belegt. Verdichten lässt sich diese Erfahrung, die viele Deutsche in der Schweiz machen,
mit der folgenden Aussage, die nur von einem geringen Teil der befragten Deutschen wirklich
abgelehnt wird.
Wie sehr stimmen Sie der folgenden Aussage zu?
"In die Schweiz kommt man nicht als Deutscher,
sondern man wird in der Schweiz erst zum
Deutschen gemacht"
(in %, N = 617)
stimme voll zu
15
stimme eher zu
34
weder noch
19
stimme eher nicht zu
16
stimme überhaupt nicht zu
16
0
5
10
15
15
20
25
30
35
40
Literatur
Altwegg, J. (2010). 'Keine Mauer am Rhein', in J. Altwegg, R. de Weck (Hrsg.), Sind die Schweizer die
besseren Deutschen? Der Hass auf die kleinen Unterschiede, Zürich: Nagel & Kimche.
Bichsel, P. (2003). 'Wie deutsch sind die Deutschen?', in J. Altwegg, R. de Weck (Hrsg.), Kuhschweizer
und Sauschwaben. Schweizer, Deutsche und ihre Hassliebe, München: Nagel & Kimche.
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