KFN Chronisch entzuendliche Darmerkrankungen
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KFN Chronisch entzuendliche Darmerkrankungen
Krankenhaus für Naturheilweisen Akutklinik für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Homöopathie Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Forum Komplementärmedizin KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN „Im Maße liegt die Ordnung." (Sebastian Kneipp, 1821-1897) SEITE 2 VON NATUR AUS WIRKSAM Zum Geleit 4 Krankheitsbild und konventionelle Therapie 5 Bedeutung und Stellenwert der Komplementärmedizin bei der Behandlung von CED7 Ernährungstherapie8 Probiotische Therapie 10 Phytotherapie12 Gerbstoffdrogen13 Exkurs 1: Arzneimittelporträt: Potentilla erecta (Tormentilla, Blutwurz) 14 Schleimstoffdrogen16 Adsorbentien17 Ätherisch-Öl-Drogen18 Immunmodulatoren19 Exkurs 2: Arzneimittelporträt: Weihrauch/Boswellia 20 Spasmolytica22 Glykosiddrogen23 Hämostyptica24 Homöopathie25 Exkurs 3: Homöopathisches Arzneimittelporträt: Phosphor 27 Hydro-Thermotherapie29 Ausleitende, reflektorische Verfahren 31 Exkurs 4: Ganzkörperhyperthermie 32 Ordnungstherapie34 Glossar36 Literatur38 SEITE 3 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Zum Geleit Colitis ulcerosa und M. Crohn sind schubförmig verlaufende, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), die meistens in der Jugend bzw. im jungen Erwachsenenalter beginnen. In Deutschland leiden etwa 300.000 Menschen an diesen Erkrankungen, wobei von einer steigenden Neuerkrankungsrate ausgegangen wird. Der Verlauf und der Schweregrad dieser Erkrankungen können das Allgemeinbefinden und die Lebensqualität der Betroffenen in Phasen hoher Krankheitsaktivität erheblich beeinträchtigen. Die schulmedizinische Behandlung besteht in der Verabreichung von Medikamenten, die die Entzündung reduzieren bzw. die Funktion des Immunsystems abschwächen. Ziel dieser Therapie ist, akute Schübe zu überwinden und die beschwerdefreien Phasen zu verlängern. Da die zur Anwendung kommenden Medikamente teilweise relevante Nebenwirkungen aufweisen und die Behandlungsergebnisse nach wie vor nicht immer befriedigend sind, nehmen viele Betroffene komplementärmedizinische Verfahren in Anspruch. Das KfN bietet den CED-Patienten ein bewährtes multimodales Behandlungskonzept. Dieses umfasst neben den notwendigen schulmedizinischen Medikamenten Probiotika, pflanzliche und homöopathische Arzneimittel sowie ausleitende, umstimmende, ernährungs- und ordnungstherapeutische Verfahren etc., die auf die individuelle Krankheitssituation abgestimmt werden. Die in dieser Broschüre dargestellten Maßnahmen wirken regulativ, d. h. sie fördern die Selbstheilungs- und Anpassungskräfte des Organismus und stabilisieren ihn. Die klinische Erfahrung hat gezeigt, dass eine Kombination von konventionellen und komplementären Therapiestrategien nicht nur deshalb sinnvoll ist, weil sie dazu beiträgt, den Heilungsverlauf zu optimieren, sondern auch, weil sie den CED-Patienten die Möglichkeit bietet, aktiv am Gesundungsprozess mitzuwirken und einen selbstbestimmten Umgang mit der eigenen Krankheit zu erlernen. CA Dr. Benno Ostermayr Internist und Ärztlicher Leiter des KfN SEITE 4 STANDORTBESTIMMUNG Krankheitsbild und konventionelle Therapie Die Colitis ulcerosa bildet zusammen mit dem M. Crohn und einigen seltenen Krankheitsbildern die Gruppe der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Während die Colitis ulcerosa in der Regel auf den End- und Dickdarm beschränkt ist, kann der M. Crohn in unterschiedlichem Ausmaß sämtliche Abschnitte des Gastrointestinaltraktes befallen, wobei die unteren Dünndarmsegmente besonders häufig betroffen sind (Ileitis terminalis). tungen, Darmverschluss, Perforationen etc.) einhergehen. Da die Ätiologie der CED nach wie vor unbekannt ist, ist auch eine kausale Therapie dieser Erkrankungen bislang nicht möglich. Schulmedizinisch kommen Medikamente zum Einsatz, die die Entzündungsreaktionen unspezifisch hemmen. Standardmedikamente sind die Aminosalicylate, Corticosteroide und Azathi- Für die Diagnosestellung ist das histologische Bild der Entzündung ausschlaggebend: Bei der Colitis ulcerosa beschränken sich die entzündlichen Veränderungen im wesentlichen auf die Darmschleimhaut ("mukosale Krankheit"), bei der Crohn-Krankheit hingegen erkranken alle Wandabschnitte ("transmurale Krankheit"). Letztere weist daher eine Tendenz zur Wandverdickung, Stenosierung, Fistelbildung, etc. auf. Die klinische Symptomatik beider Erkrankungen ist sehr ähnlich; im Vordergrund stehen wiederkehrende Durchfälle, rektaler Blut- und Schleimabgang und krampfartige Bauchschmerzen, weiterhin können Appetitlosigkeit, Übelkeit, Fieber, Gewichtsverlust usw. auftreten. Beide Erkrankungen können mit extraintestinalen Beschwerden (Haut-, Gelenkentzündungen etc.) und gravierenden Komplikationen (massive BluSEITE 5 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN oprin. Sogenannte Tumor-Nekrose-Faktor-(TNF)-Antikörper kommen in der Regel nur bei besonders schwierigen klinischen Situationen zum Einsatz. "Die Mehrzahl der genannten Medikamente weist bei der in der Regel notwendigen längerfristigen Anwendung teilweise gravierende Nebenwirkungen auf, sodass eine reine pharmakologische Therapie der CED für alle Beteiligten häufig unbefriedigend ist", erklärt CÄ Dr. med. Michaela Moosburner, Internistin und Gastroenterologin im KfN. "Viele Colitis/ Crohn-Patienten suchen daher Hilfe bei komplementärmedizinischen Heilmethoden." Die Inanspruchnahme der Komplementärmedizin (CAM von"Complementary and alternative medicine") durch Patienten mit CED ist in mehreren Studien untersucht worden. Dabei ergab sich, dass mindestens die Hälfte der erwachsenen Patienten mit CED solche Verfahren anwendet. Eine repräsentative Erhebung für Deutschland aus dem Jahre 2010 zeigte, dass 52,9 % der Befragten (48 % der Patienten mit M. Crohn, aber 59,7 % der Patienten mit Colitis ulcerosa) Vorerfahrungen mit dem Einsatz von CAM bei CED hatten. Als Gründe für die Anwendung komplementärmedizinischer Verfahren wurden in den Studien u. a. die Suche nach einer optimalen Therapie, der Wunsch, ohne Kortison auszukommen, die Furcht vor Arzneimittelnebenwirkungen, der Wunsch nach Stärkung der Eigeninitiative und Eigenverantwortung und einem ganzheitlichen Therapieansatz sowie (relatives) Therapieversagen genannt. Hauptbeweggrund für die Anwendung von CAM durch CED-Patienten ist aber nach herrschender Ansicht häufig die Unzufriedenheit mit der konventionellen Therapie. SEITE 6 DIE BESONDERE QUALITÄT DES KfN Bedeutung und Stellenwert der Komplementärmedizin bei der Behandlung von CED Das KfN hat sich schon seit vielen Jahren auf die Behandlung von chronischen Entzündungskrankheiten (Rheumatoide Arthritis, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, chronische Bronchitis etc.) spezialisiert und wird daher von Patienten mit diesen Erkrankungen gezielt aufgesucht. • Ernährungstherapie • Probiotische Therapie • Phytotherapie • Homöopathie • Hydrotherapie • Ausleitende/Reflektorische Maßnahmen • Ordnungstherapie Den betroffenen Patienten wird hier ein individuell abgestimmtes, strukturiertes multimodales naturheilkundliches Behandlungskonzept mit einer hohen Therapiedichte angeboten. Dadurch lassen sich bei chronischen Erkrankungen wie CED Behandlungssynergien erzielen, die bei ambulanten Behandlung in der Regel nicht zu erreichen sind. Bei Behandlung der CED im Krankenhaus für Naturheilweisen kommen in der Regel schwerpunktmäßig folgende komplementäre Verfahren zur Anwendung: SEITE 7 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Ernährungstherapie Obgleich CED-Patienten häufig die Ansicht äußern, dass Ernährungseinflüsse für die Entstehung ihrer Erkrankung und die Auslösung von Entzündungsschüben mitverantwortlich sind, fehlen wissenschaftliche Untersuchungen, die einen solchen Zusammenhang ausreichend belegen. Ebenso konnten bisher keine Diät- bzw. Ernährungsformen entwickelt werden, die geeignet sind, die entzündliche Aktivität oder die Schubfrequenz bei CED zuverlässig zu SEITE 8 reduzieren. Eine Ernährungsmaßnahme, die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit belegt ist, ist die Verabreichung einer enteralen Trink- und Sondenernährung beim akuten Schub eines Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen. Trotz des Fehlens einer "Colitis- bzw. Crohn-Diät" spielen Ernährungsberatung und gezielte Ernährungsmaßnahmen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von CED, weil dadurch der Allgemeinzustand der Betroffenen und damit der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden können. Weiterhin lassen sich durch eine BEWUSST GESUND ERNÄHREN optimale Nährstoffversorgung Folgeerkrankungen (z. B. Osteoporose) deutlich reduzieren oder vermeiden. Bei der Erstellung eines Ernährungskonzeptes sind neben klinischen Aspekten (akuter Schub, Remissionsphase, Malnutrition, Mangelzustände – insbesondere Anämie – etc.) auch die individuelle Situation des CED-Patienten (spezielle Bedürfnisse und Speisegewohnheiten, Nahrungsmittelunverträglichkeiten etc.) zu berücksichtigen. Da nach ausgedehntem Ileumbefall bzw. Ileumresektion durch eine erhöhte Oxalatresorption vermehrt Nierensteine auftreten können, sollte die Aufnahme von oxalathaltigen Nahrungsmitteln (schwarzer Tee, Kakao, Schokolade, Spinat, Rhabarber, Rote Beete etc.) in solchen Fällen vermieden werden. Aus naturheilkundlicher Sicht wird in der Remissionsphase eine vitalstoffreiche Vollwerternährung empfohlen, die in akuten Stadien als "vollwertige Schonkost" verabreicht wird. Hauptbestandteile dieser Ernährungsform sind Vollkornprodukte, Gemüse, Kartoffeln, Reis etc., die durch kleine Mengen Fleisch, Fisch und Eier ergänzt werden können. Unverträgliche Nahrungsmittel (z. B. Milch und Milchprodukte bei Lactoseintoleranz, fette, blähende, scharfe Speisen etc.) sind bei der Kostzusammenstellung einzuschränken bzw. auszuschließen. Manifeste Vitamin- oder Mineralstoffmangelzustände (Vitamin B 12-, Folsäure-, Eisen-, Zinkmangel) sollten durch Supplementierung mit entsprechenden Präparaten ausgeglichen werden. Bei CED-Patienten, die Kortikosteroide benötigen, ist zur Osteoporoseprophylaxe auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D und Calcium zu achten. SEITE 9 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Probiotische Therapie Probiotika (gr. pro bios = für das Leben) sind Zubereitungen aus lebensfähigen Mikroorganismen, die vorwiegend über eine Anregung von Verdauungs- und Immunfunktionen gesundheitsfördernde Wirkungen auf den Wirtsorganismus ausüben. Probiotika werden als Zusätze in Lebensmitteln oder als Arzneimittel verabreicht. Häufig verwendete Bakterienstämme sind Lactobazillen, Bifidobakterien, apathogene Kolibakterien, Enterokokken und Hefen. SEITE 10 Probiotika verfügen wie andere lebende Mikroorganismen über individuell unterschiedlich ausgeprägte Wirkungen, die aus der Interaktion mit der wirtseigenen Mikroflora und dem Wirtsorganismus selbst resultieren. Für die Therapie sind vor allem die antimikrobiellen, immunmodulierenden, antientzündlichen und antiallergischen Eigenschaften der Probiotika von Bedeutung. Probiotika werden bei einer Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen, wie z. B. Reise- NATÜRLICHE ANREGUNG DER IMMUNFUNKTION diarrhoen, Obstipation, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, rezidivierenden Atem- und Harnwegsinfektionen, aber auch bei Neurodermitis und Rheumatoider Arthritis etc. eingesetzt. Bei dem Stamm Escherichia coli Nissle handelt es sich um einen apathogenen Erreger, der medizinisch schon lange im Gebrauch ist. Er wurde von dem Hygieniker und Bakteriologen Alfred Nissle während des Ersten Weltkrieges aus dem Fäzes eines Soldaten, der von einer Durchfallepidemie verschont blieb, isoliert. Dieser Stamm besitzt ausgeprägte antagonistische Eigenschaften gegenüber darmpathogenen Keimen und ist in der Lage, über antigen wirksame Zellwandbestandteile das Immunsystem des Darmes zu "trainieren". Weiterhin wurden für diesen Stamm signifikante systemische immunmodulatorische und antientzündliche Wirkungen nachgewiesen. mit freundl. Genehmigung Ardeypharm Für die Anwendung von Probiotika bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen liegen mittlerweile zahlreiche günstige Erfahrungen vor, wobei sich besonders das Präparat Escherichia coli Stamm Nissle 1917 (EcN) bewährt hat. Durch mehrere klinische Studien konnte belegt werden, dass EcN in der Remissionserhaltung von Patienten mit Colitis ulcerosa eine vergleichbare Wirksamkeit wie Mesalazin aufweist. auch Mischungen von ausgewählten Probiotika (Milchsäure-, Bifidobakterien) im Gebrauch. Solche Kombinationspräparate haben sich zur Vorbeugung einer Pouchitis und zur Linderung von Pouchbeschwerden als klinisch wirksam erwiesen. Die Pouchitis ist eine Entzündung des Dünndarmsäckchens (engl. Pouch), das nach Dickdarmentfernung und Herstellung einer Verbindung zwischen Dünndarm (Ileum) und Enddarm (Rektum) künstlich geschaffen wird. Prof. Alfred Nissle Therapeutisch sind neben Einzelstämmen SEITE 11 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Phytotherapie Arzneipflanzenpräparate besitzen bei der Behandlung von Magen-Darmerkrankungen traditionell einen hohen Stellenwert. Als bewährte Indikationsgebiete der Phytotherapie gelten Reizmagen und Reizdarm, Gastritis, Durchfallerkrankungen, Divertikulose und andere Erkrankungen. Auch bei CED können Phytotherapeutika im Rahmen eines integrativen Therapiekonzepts wertvolle Hilfe leisten. Die SEITE 12 in Frage kommenden Heilpflanzen lassen sich im Hinblick auf ihrer Hauptwirkungsrichtungen in folgende Gruppen gliedern: • Gerbstoffdrogen • Schleimstoffdrogen • Adsorbentien • Ätherisch-Öl-Drogen • Immunmodulatoren • Glykosiddrogen • Spasmolytica • Hämostyptica DIE KRÄFTE DER NATUR NUTZBAR MACHEN Gerbstoffdrogen Gerbstoffe sind wasserlösliche höhermolekulare Verbindungen, die die Fähigkeit besitzen, sich an Eiweißstrukturen zu binden und dadurch zusammenziehend bzw. "gerbend" zu wirken. Durch diese Oberflächenverdichtung entfalten Gerbstoffe schleimhautschützende, antientzündliche und keimhemmende Effekte. Aufgrund des chemischen Aufbaus lassen sich kondensierte Gerbstoffe (Catechine) und hydrolysierbare Gerbstoffe (Tannine, Gallussäure) unterscheiden. Gerbstoffdrogen mit antidiarrhöischer Wirkung (Auswahl) • Brombeerblätter (Rubi fruticosi folium) • Eichenrinde (Quercus cortex) • Heidelbeerfrüchte (Myrtilli fructus) • Myrrhe (Myrrha) • Tormentillwurzelstock (Tormentillae rhizoma) • Uzarawurzel (Uzarae radix) Gerbstoffdrogen finden u. a. bei Erkrankungen des Mund- und Rachenraums sowie in der unterstützenden Therapie von nichtentzündlichen und entzündlichen Diarrhöen (CED, Divertikulitis) Verwendung. SEITE 13 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Exkurs 1:Arzneimittelporträt : Potentilla erecta (Tormentilla, Blutwurz) Das aufrechte Fingerkraut, das zur Familie der Rosengewächse gehört, ist eine ausdauernde Rhizomstaude, die in ganz Europa verbreitet ist. Zur Herstellung der Droge wird der kräftige, knollenartige Wurzelstock verwendet. Beim Anschneiden verfärbt sich die Schnittfläche dunkel- bis braunrot. Dieses rasche, blutrote Anlaufen hängt mit der Oxidation der farblosen Catechine zusammen und hat der Pflanze ihren deutschen SEITE 14 Namen ("Blutwurz") gegeben. Die Bezeichnung "Tormentill" leitet sich vom lateinischen "tormina" = Darmgrimmen, Kolik ab; Beschwerden, gegen welche die Pflanze schon in der Antike eingesetzt wurde. Die Wurzel enthält vorwiegend kondensierte Catechingerbstoffe, aber auch geringe Mengen an Gallo- und Elagitanninen, sowie Flavonoide, Phenolcarbonsäuren etc. Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass die Droge u. a. adstringierende, EXKURS I antimikrobielle, antientzündliche und immunmodulierende Wirkungen besitzt. Zubereitungen der Tormentillwurzel (Tees, Tinkturen) werden äußerlich in Form von Spülungen bei entzündlichen Erkrankungen der Rachen- und Mundschleimhaut, innerlich bei unspezifischen Durchfallerkrankungen, unterstützend aber auch bei CED verwendet. Aufgrund des hohen Catechingehaltes ist die Tormentillwurzel eine der wichtigsten Gerbstoffdrogen der einheimischen Heilpflanzentherapie. Als besonders wirksam gilt die Anwendung als Pulver (z. B. in Form von Kapseln) weil in dieser Darreichungsform die Wirkstoffe langsam frei gesetzt werden und auch tiefere Darmabschnitte erreichen. Tormentilla ist häufig Bestandteil von sogenannten "stopfenden Tees", die auch bei Diarrhoe im Rahmen einer CED eingesetzt werden können (s. Teerezeptur). Tee-Rezept • Eichenrinde (Cort. Quercus) 10,0 • Tormentillwurzel (Rhiz. Torment.) 10,0 • Isländisches Moos (Lichen Islandicus) 10,0 •Heidelbeerfrüchte (Fruct. Myrtilli) 20,0 • Kamillenblüten (Flor. Chamomillae) 50,0 Nach kurzem Kochenlassen zweibis dreimal täglich eine Tasse trinken. SEITE 15 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Schleimstoffdrogen Schleimstoffdrogen sind Polysaccharidgemische, die mit Wasser aufquellen und hochviskose Lösungen bilden. Diese Lösungen entfalten im Bereich des Verdauungstrakts "abdeckende", schleimhautschützende und antientzündliche Wirkungen. Klassische Schleimstoffdrogen sind z. B. die Eibischwurzel, Malvenblüten oder Flohsamen. Obstipation kommt es durch Zunahme des Stuhlvolumens und Verkürzung der Transitzeit der Fäzes zu einem weicheren Stuhl und mehr Stuhlentleerungen, bei unspezifischen und entzündlichen Diarrhoen bewirkt die Einnahme von Flohsamen eine Verfestigung der Fäzes und Verlangsamung der Darmpassage. Flohsamenpräparate (Plantago ovata, siehe unten) besitzen durch ihr Quellvermögen eine stuhlregulierende Wirkung: Bei Darüberhinaus sollen die Schleimpolysaccharide des Flohsamens die Darmschleimhaut durch Bindung von Toxinen, Bakterien und Gasen schützen und über stoffwechselanregende Eigenschaften verfügen. Es wird angenommen, dass durch die Fermentation von Plantago-ovata-Samen im Colon Butyrat freigesetzt wird, welches neben anderen kurzkettigen Fettsäuren (Acetat, Propionat) eine hauptsächliche Ernährungsquelle für das Colonepithel darstellt. Dies ist für CED-Patienten insofern von Bedeutung, als Butyratklysmen bei distaler Colitis ulcerosa positive Effekte zeigen. CED-Patienten sollten besonders darauf achten, dass sie Flohsamenpräparate mit genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, um Krämpfe oder Verlegungen der Speiseröhre oder des Darms zu vermeiden. Bei Stenosierungen, z. B. im Rahmen eines M. Crohn, ist die Einnahme von Flohsamenpräparaten kontraindiziert. SEITE 16 Aufgrund einer randomisierten klinischen Studie kann Plantago ovata in der remissionserhaltenden Therapie der Colitis ulcerosa eingesetzt werden. HEILSAME VERBINDUNGEN SCHAFFEN Adsorbentien Adsorbentien sind Präparate, die in Pulver- oder Granulatform an ihrer Oberfläche andere Stoffe und Gase etc. binden können. Arzneilich relevant sind vor allem Kohle- und Heilerdepräparate. Medizinische Kohlepräparate können aus unterschiedlichen Ausgangsstoffen (Kaffeebohnen, Kokosnussschalen, Birkenholz etc.) gewonnen werden. Sodbrennen, Durchfall, Reizdarm, Colitis etc. und zur "Darmsanierung" angewendet. Kaffeekohle (coffeae carbo) wird aus grünen, getrockneten Kaffeebohnen hergestellt, die geröstet, verkohlt und anschließend fein vermahlen werden. Aufgrund der großen Oberfläche solcher Zubereitungen werden Bakterientoxine und Gärungsprodukte etc. gebunden und Sekretionsvorgänge vermindert, wodurch es zu einer günstigen Beeinflussung von Diarrhoen kommt. Da auch Verdauungsenzyme, Vitamine, Arzneistoffe etc. an Kaffeekohle angelagert werden können, sollte diese nur für begrenzte Zeit verabreicht werden. Kaffeekohle steht als Monosubstanz oder in Form von Kombinationspräparaten zur Verfügung. Eine hohe Bindungskapazität für Toxine, Säuren etc. weist auch die Heilerde auf. Heilerde besteht aus naturreinem Löss, der getrocknet, erhitzt und anschließend fein gemahlen wird. Heilerde enthält die häufigsten Elemente der Erdkruste, unter den mineralischen Bestandteilen überwiegen Silikate, Kalk- und Feldspat, Dreischichttonminerale und Dolomit. In der Naturheilkunde wird die Heilerde traditionell bei Gastritis, SEITE 17 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Ätherisch-Öl-Drogen Ätherisch-Öl-Drogen sind Drogen, die leicht flüchtige, charakteristisch riechende Öle enthalten. Chemisch handelt es sich um terpen-, phenylpropan-, schwefel- oder stickstoffhaltige Verbindungen mit einem breiten Wirkungsspektrum. Bei der naturheilkundlichen Behandlung von Erkrankungen des Verdauungstrakts spielen diese Drogen traditionell eine sehr wichtige Rolle. Ätherisch-Öl-Drogen (Auswahl), die bei Erkrankungen der Verdauungsorgane Verwendung finden • Anisfrüchte (Anisi fructus) • Kurkumawurzstock (Curcumae longae rhizoma) • Kamillenblüten (Matricariae flos) • Kümmelfrüchte (Carvi fructus) • Melissenblätter (Melissae folium) • Myrrhe (Myrrha) • Pfefferminzblätter (Menthae piperitae folium) Im Hinblick auf ihre Anwendungsmöglichkeit bei CED verdienen Extrakte aus Curcuma longa (Gelbwurzel) besondere Beachtung. Arzneilich wirksam ist der Wurzelstock, der ätherische Öle und die sogenannten Curcuminoide (hauptsächlich Curcumin) enthält, welche der Knolle ihre gelbliche Farbe verleiht. Die Inhaltsstoffe des Wurzelstocks regen den Gallenfluss an und besitzen entzündungshemmende Wirkungen, die besonders bei chronisch verlaufenden Entzündungen zum Tragen kommen. Die Wirksamkeit von Curcumin bei Colitis ulcerosa wurde in einer doppelblinden Studie untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Behandlung mit Curcumin eine vergleichbare Remissionsverlängerung ermöglicht wie 5-ASA. SEITE 18 DAS ABWEHRSYSTEM BEEINFLUSSEN Immunmodulatoren Immunmodulatoren sind Substanzen, die regulativ in die Funktionen des Abwehrsystems eingreifen. Abhängig von der Ausgangslage des Organismus und von der Art und Dosierung der verwendeten Substanzen kann es zu einer Steigerung (Immunstimulation) oder Unterdrückung der Immunfunktionen (Immunsuppression) kommen. Für die praktische Handhabung der Immunmodulatoren ist zu beachten, dass eine übermäßige Stimulation Entzündungen aktivieren und Infektionen fördern kann. Eine milde, kurzzeitige Aktivierung von chronischen Entzündungen ist im Rahmen einer ärztlich gesteuerten und überwachten Umstimmungstherapie jedoch erwünscht, weil dadurch oftmals Heilungsprozesse initiiert werden können. Pflanzliche Immunmodulatoren (Auswahl) • Bergwohlverleih (Arnica montana) • Kamille (Chamomilla recutita. s. u.) • Kermesbeere (Phytolacca) • Lebensbaum (Thuja occidentalis) • Mistel (Viscum album) • Sonnenhut (Echinacea) • Wasserhanf (Eupatorium perfoliatum) • Weihrauch (Boswellia) • Zaunrübe (Bryonia cretica) Pflanzliche Immunmodulatoren enthalten als wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe u. a. Lektine und Polysaccharide, die vorwiegend das unspezifische Abwehrsystem beeinflussen. SEITE 19 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Exkurs 2:Arzneimittelporträt: Weihrauch/Boswellia Das Wort Weihrauch bezeichnet das Harz und die Baumarten, aus denen diese Harze gewonnen werden. Die Weihrauchbäume gehören zur Familie der Balsambaumgewächse (Burseraceae) und kommen vorwiegend in den Trockengebieten Afrikas und Arabiens (Boswellia carteri sive sacra) sowie in Indien (Boswellia serrata) vor. Weihrauch besteht im Wesentlichen aus Wasser, Schleim, einem ätherischen Öl und einer Feinharzfraktion (ca. 65 %), die die pharmakologisch wirksamen Boswelliasäuren enthält. Diese besitzen u. a. antientzündliche, analgetische, antimikrobielle, antiproliferative und sedierende Wirkungen. Da es sich beim Weihrauchharz um ein natürlich vorkommendes Vielstoffgemisch handelt, kann die Zusammensetzung je nach Herkunft und Charge qualitativ und quantitativ unterschiedlich ausfallen. In der indischen Volksmedizin und im Ayurveda wurde und wird der Weihrauch innerlich vorwiegend bei Arthritis, Atem- SEITE 20 EXKURS II wegserkrankungen, Durchfall, Übergewicht, Diabetes, Hautleiden, äußerlich bei chronischen Geschwüren, zur Förderung des Haarwuchses usw. verwendet. In den letzten Jahrzehnten haben Weihrauchpräparate auch Eingang in die westliche Naturheilkunde gefunden. Einzelfallberichte und Pilotstudien liegen u. a. zur Therapie der rheumatoiden Arthritis, der Colitis ulcerosa und des Asthma bronchiale vor. Das Boswellia-serrata-Präparat H 15 wurde mit 5-ASA bei der Behandlung des aktiven M. Crohn hinsichtlich Wirksamkeit und Si- cherheit im Rahmen einer kontrollierten Studie verglichen. Dabei ergab sich, dass Boswellia serrata im akuten Schub einer Therapie mit Mesalazin zur Reduktion der Krankheitsaktivität nicht unterlegen ist. Weihrauchpräparate gelten als gut verträglich, unerwünschte Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen oder gastrointestinale Beschwerden etc. treten nur selten auf und bilden sich nach Absetzen rasch zurück. SEITE 21 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Spasmolytica Spasmolytica sind Arzneimittel, die den Spannungszustand der glatten Muskulatur herabsetzen und die dadurch bei Koliken, Darmkrämpfen, Tenesmen etc. schmerzlindernd wirken. Wichtige Vertreter sind die Alkaloiddrogen (Tollkirsche (s. u.), Bilsenkraut, Stechapfel etc.), bei denen es sich aber um stark wirksame Arzneimittel ("forte-Phytotherapeutika") handelt, die nur nach strenger Indikationsstellung und unter Berücksichtigung SEITE 22 der genauen Dosierung und Gegenanzeigen angewandt werden dürfen. Bei leichteren Beschwerden und Krämpfen bieten sich Zubereitungen der Kamille (Chamomilla recutita) an. Die Kamille enthält als wesentliche Inhaltsstoffe ein ätherisches Öl (mit den Hauptbestandteilen Bisabolol und Chamazulen), sowie Flavonderivate, Schleimstoffe, Cumarine etc. die antientzündliche, wundheilungsfördernde und krampflösende Eigenschaften etc. besitzen. VON NATUR AUS WIRKSAM Glykosiddrogen Glykoside sind Verbindungen, bei denen ein Zuckermolekül mit einer zweiten Komponente in einer bestimmten chemischen Konfiguration verbunden ist. Der Nichtzuckerbestandteil, das sog. Aglykon, bestimmt das pharmakologische Wirkungsspektrum der Verbindung. system (Sympathicus) beeinflussen und den Tonus und die Peristaltik des Darms herabsetzen. Sie wirken dadurch krampflösend, lindern den Brechreiz und vermindern die Stuhlfrequenz. Glykoside kommen als sekundäre Naturstoffe in zahlreichen Pflanzen vor. Bekannte Beispiele sind die Herzglykoside des Fingerhuts (Digitalis), die aus einem Zuckermolekül und einem Steroidgerüst bestehen oder die Senfölglycoside, die in Senf, Meerettich oder Kapuzinerkresse etc. zu finden sind und neben dem Zucker Schwefel und Stickstoffverbindungen enthalten. Eine Glykosiddroge, die bei der phytotherapeutischen Behandlung der Durchfallerkrankungen traditionell eine Rolle spielt, ist Uzara. Bei der Uzarapflanze handelt es sich um eine in Südafrika heimische Staude, die den botanischen Namen Xysmalobium undulatum trägt und zur Familie der Asclepiadaceae (Seidenpflanzen- oder Schwalbenwurzgewächse) gehört. Arzneilich verwendet werden die getrockneten Wurzeln zwei- bis dreijähriger Pflanzen. Die Uzarawurzel (Uzarae radix) enthält Herzglykoside, die mit den Digitalisglykosiden verwandt sind, weiterhin Gerbstoffe und Flavonoide. Man nimmt an, dass Uzaraextrakte das vegetative Nerven- SEITE 23 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Hämostyptica Die Phytotherapie verfügt über eine Reihe von Drogen, die eine milde blutstillende Wirkung entfalten und die auch bei CED mit entsprechender Symptomatik in Form von Tees, Tinkturen etc. zur unterstützenden Arzneitherapie eingesetzt werden können. SEITE 24 Neben der bereits erwähnten Blutwurz (Potentilla erecta) kommen folgende Heilpflanzen in Frage: • Hirtentäschelkraut (Capsella bursa pastoris) • Schafgarbe, s. u. (Achillea millefolium) • Zaubernuss (Hamamelis virginica) • großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) u. a. ÄHNLICHES MIT ÄHNLICHEM HEILEN Homöopathie Die Homöopathie verfügt aufgrund ihres breiten Arzneispektrums und ihres ganzheitlichen Behandlungsansatzes über vielfältige Möglichkeiten, auf das Entzündungsgeschehen bei CED-Patienten und die daraus resultierenden Symptome und Beschwerden Einfluss zu nehmen. Da Colitis ulcerosa und M. Crohn häufig schubförmig verlaufen und die Betroffenen ein Leben lang begleiten, ist zur Erzielung eines nachhaltigen Therapieerfolges eine individuell abgestimmte Behandlung mit sogenannten Konstitutionsmitteln bzw. personotropen Arzneien unerlässlich. Eine solche Behandlung setzt eine eingehende biografische Anamnese unter Berücksichtigung auslösender Ursachen, geistig-seelischer Auffälligkeiten, kalorischer und nutritiver Einflüsse, von Stuhlgang- und Schmerzmodalitäten etc., aber auch von familiär-hereditären und miasmatischen Belastungen voraus. Ähnlich wie bei der Behandlung anderer chronischer Krankheiten treten bei der homöopathischen Arzneiwahl die klinischen Symptome deutlich gegen- SEITE 25 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN über den subjektiven, individualspezifischen Symptomen des CED-Patienten in den Hintergrund. Andererseits kann das Vorhandensein oder Auftreten "hartnäckiger"oder "prominenter" klinischer Symptome, wie z. B. starke Blutungsneigung, Neigung zu Fissuren oder Abszessen etc. Hinweise auf angezeigte Konstitutionsmittel geben. Die Zahl der zur Behandlung der CED in Frage kommenden homöopathischen Mittel ist entsprechend der Vielschichtigkeit und unterschiedlichen Verlaufsformen dieser Erkrankungen umfangreich und umfasst neben den Polychresten mineralischer, tierischer oder pflanzlicher Herkunft auch Nosoden und sogenannte "kleine Mittel" (Organ-, Funktionsmittel). Homöopathische Polychreste, die bei der Behandlung von CED häufig Verwendung finden sind Argentum nitricum, Arsenicum album, Calcium carbonicum, Lycopodium, Natrium muriaticum, Mercurius solubilis, Nux vomica, Phosphorus, Pulsatilla, Sepia, Silicea, Sulfur etc. Nosoden wie z. B. Carcinosinum, Luesinum, Medorrhinum oder Tuberculinum etc. können sowohl nach homöopathischen Gesichtspunkten als auch nach ätiologischen Bezügen verordnet werden, wenn sich aus der Familien- oder Vorgeschichte des Patienten Hinweise auf entsprechende Krankheits- oder Infektionsbelastungen ergeben. Nosoden dienen im letzteren Fall als "Reaktionsmittel", um über eine Auflockerung des miasmatischen Terrains die Ansprechbarkeit auf gut gewählte Konstitutionsmittel zu verbessern. Lokalsymptome oder funktionelle Beschwerden (z. B. Blutungen, Krämpfe, Fisteln, Haut-, Gelenksymptome etc.), die auf das angezeigte Konstitutionsmittel nicht oder nicht ausreichend reagieren, können unterstützend mit Organ- oder Funktionsmitteln (z. B. Aloe, Colocynthis, Hydrastis, Ipecacuanha, Millefolium, Podophyllum etc.) behandelt werden. SEITE 26 EXKURS III Exkurs 3:Homöopathisches Arzneimittelporträt: Phosphor Phosphor (griech. phosphoros = lichtragend) ist ein chemisches Element, das zur Stickstoffgruppe des Periodensystems gehört. Phosphor kommt in mehreren Modifikationen vor, wobei zur Herstellung der homöopathischen Arznei weißer bzw. gelber Phosphor verwendet wird. Phosphor ist ein sogenanntes Polychrest, also ein homöopathisches Arzneimittel mit einem umfangreichen Symptomenbild und einem großen Wirkungsspektrum. In das eingehend beschriebene Arzneibild sind neben den Ergebnissen der Arzneiprüfungen auch toxikologische Daten und Beobachtungen bei der Krankenbehandlung eingeflossen. Phosphorus hat sich in der klinischen Praxis bei einer Vielzahl akuter und chronischer Erkrankungen als nützlich erwiesen. Bewährte Indikationsgebiete sind Schmerzsyndrome, akute und chronische Entzündungen der Atemwege, des Magen-Darmtraktes und SEITE 27 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN der Leber, Blutungs- und Gerinnungsstörungen, Wirbelsäulen- und Gelenkleiden etc. die begleitenden "Brennsensationen" bei verschiedenartigen Beschwerden etc. Zu den Leitsymptomen des Mittels, die für die Similewahl wegweisend sein können, gehören eine nervöse Übererregbarkeit und Ängstlichkeit, eine allgemeine Schwäche (Hahnemann spricht von einer "Armut an Lebenskraft"), der Gefäßerethismus und die Neigung zu Blutungen und blauen Mälern, Wie andere "große Mittel" weist auch der Phosphor eine charakteristische konstitutionelle Prägung auf. "Phosphor-Typen" gelten als sensibel, aufgeweckt und geistig beweglich, leiden aber an fehlendem Durchhaltevermögen, mangelnder Konzentration und leichter Erschöpfbarkeit. Häufig besteht eine Überempfindlichkeit gegen Sinneseindrücke wie Licht, Lärm, Gerüche etc. Körperlich handelt es sich häufig um schlanke, hochgewachsene Menschen mit wächserner, durchscheinender Haut und feinen Haaren etc. P P P P SEITE 28 WASSER IST LEBEN Hydro-Thermotherapie Hydrotherapie ist die methodische Anwendung des Wassers zur Krankheitsvorbeugung (Abhärtung) oder zur Behandlung von akuten oder chronischen Beschwerden und Erkrankungen. Wasser dient in der Hydrotherapie vorwiegend als Träger von "Temperaturreizen", die es ermöglichen, Wirkungen auf den Organismus auszuüben. Kalte Wasseranwendungen, z. B. Güsse, veranlassen den Körper zunächst zu einer Vasokonstriktion (Gefässverengung), auf die dann in der Reaktionsphase eine Vaso- dilatation (Gefäßerweiterung) mit Hautrötung und Wiedererwärmung folgt (Reiz-Reaktions-Prinzip). Bei wiederholter, serieller Anwendung lösen hydrotherapeutische Maßnahmen Umstimmungs- bzw. Anpassungsreaktionen aus, die den gesamten Organismus betreffen und mit einer Optimierung der neurovegetativen Regulation, der Herz-Kreislauffunktionen, der Immunabwehr, des Stoffwechsels etc. einhergehen. SEITE 29 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Gängige hydrotherapeutische Anwendungen, die auch für CED-Patienten infrage kommen, sind Waschungen, Güsse, Auflagen, Wickel, Packungen oder Bäder, wobei die Art und Dosierung der Anwendungen auf den individuellen Allgemein- und Kräftezustand abzustimmen sind. Zu den milden Maßnahmen, die auch bei geschwächten Patienten eingesetzt werden können, gehören Waschungen, Beingüsse sowie Leibauflagen und -wickel. Leibaufla- SEITE 30 gen und -wickel entfalten vorwiegend eine entkrampfende, wärmeentziehende, antientzündliche und vegetativ stabilisierende Wirkung. Der Einsatz von hydro-/thermotherapeutischen Infrarot-Ganzkörperanwendungen (Überwärmungsbäder, Infrarot-Ganzkörperhyperthermie) bei CED-Patienten erfordert eine genaue Indikationsstellung unter Einbeziehung laborchemischer und klinischer Parameter, um eine Exacerbation der Erkrankung bzw. die Auslösung von Schüben zu vermeiden. ENTLASTUNG SCHAFFEN – SELBSTHEILUNGSKRÄFTE AKTIVIEREN Ausleitende, reflektorische Verfahren Die "Ausleitenden Verfahren" haben ihre Ursprünge in der Viersäftelehre (Humoralpathologie), der antiken Medizin. Diese ging davon aus, dass Gesundheit auf einer ausgewogenen Mischung der Körpersäfte (Eukrasie) beruht, Krankheit hingegen auf eine falsche Zusammensetzung der Säfte (Dyskrasie), schädliche Stoffwechselprodukte, Ablagerungen etc. zurückzuführen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass durch die Auslösung von cutivisceralen Reflexen im Rahmen solcher Therapien nicht nur die Schmerzen, sondern auch das Entzündungsgeschehen positiv beeinflusst werden können. Durch ab- und ausleitende Maßnahmen (Aderlass, Schröpfen, Hautreizverfahren, Anregung der Verdauungs-, Nierenfunktion etc.) sollte es im Sinne dieser Lehre möglich sein, das Säftegleichgewicht und damit eine intakte Funktion des Organismus wiederherzustellen. Obwohl die Vorstellungen der Humoralpathologie heute als überholt angesehen werden, haben die ausleitenden und hautreizenden Verfahren ihren traditionellen Stellenwert bewahren können und spielen in der naturheilkundlichen Praxis auch heute noch eine wichtige Rolle. Häufig angewendete Methoden sind der Aderlass, die Blutegel- und die Schröpfkopfbehandlung sowie die Hautreizverfahren (Neuraltherapie, Gegenreizbehandlung mit pflanzlichen Substanzen etc.). Diese haben sich besonders in der unterstützenden Schmerztherapie, also auch bei Abdominal- und Gelenkschmerzen von CED-Patienten, als sehr hilfreich erwiesen. SEITE 31 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Exkurs 4:Ganzkörperhyperthermie Die kurzzeitige passive Überwärmung des Organismus gehört zu den ältesten Therapieverfahren der Naturheilkunde. Ihre praktische Durchführung erfolgt im KfN in Form von Überwärmungsbädern oder Infrarot-Ganzkörperhyperthermien. Überwärmungsbad Das Prinzip der Überwärmungsbäder besteht in der Wärmestauung. Die Wärme dringt aus dem warmen Wasser in den Körper ein, gleichzeitig ist aber die Wärmeabgabe blockiert, da die Körperoberfläche fast vollständig von Wasser bedeckt ist. Die Dauer des Bades beträgt in der Regel 45 bis 60 Minuten, die anfängliche Wassertemperatur liegt bei 35 °C bis 36 °C. Alle 10 Minuten wird die Temperatur um ca. 2 °C bis maximal 43 °C gesteigert. Bei dieser Vorgehensweise lässt sich die oral gemessene Körpertemperatur bis auf etwa 40 °C anheben. Nach dem Bad erhält der Patient zum Nachschwitzen eine Trockenpackung (Dauer 1-2 Stunden). Infrarot-Ganzkörperhyperthermie Bei der Infrarot-Ganzkörperhyperthermie erfolgt die Wärmezufuhr durch Infrarotstrahlung mit einem hohen Anteil an Infrarot-A, das erst in einer Gewebstiefe absorbiert wird, in der das Blut die freigesetzte Wärme abführt und im ganzen Körper verteilt. Um die Abgabe der eingestrahlten Wärme zu verhindern, liegt der Patient leicht bekleidet in einer geräumigen Isolierkabine aus innenreflektierenden, wärmeisolierenden Folien, die über einem herkömmlichen Krankenhausbett aufgebaut wird. Während der Bestrahlungsphase bildet sich um den Körper des Patienten ein Warmluftmantel, der eine Verdunstungskühlung weitgehend ausschließt. Nach der Bestrahlungsphase wird der Patient in die Kabinenfolien eingehüllt (Wärmestauphase). Ähnlich wie beim Überwärmungsbad wird auch bei der Infra- SEITE 32 EXKURS IV rot-Ganzkörperhyperthermie eine Erhöhung der Körperkerntemperatur auf 38,5 °C bis ca. 40,5 °C (fieberähnliche Hyperthermie) angestrebt. Durch die Anhebung der Körpertemperatur lassen sich vielfältige physiologische Wirkungen wie Förderung der Durchblutung, Beschleunigung von Stoffwechselabläufen, Anregung des Immunsystems und regenerativer Prozesse initiieren und damit über eine Wiederherstellung gestörter Organ- und Körperfunktionen die Ausheilung subakuter und chronischer Erkrankungen unterstützen. Bewährte Anwendungsgebiete der Ganzkörperhyperthermie sind u. a. chronisch-entzündliche Erkrankungen (Bronchitis, CED, Rheuma etc.), Arthrosen, chronische Schmerzen, Allergien und Hautleiden sowie die adjuvante Therapie von Tumorerkrankungen. SEITE 33 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Ordnungstherapie Die Ordnungstherapie stellt ein übergeordnetes Behandlungskonzept dar, das die einzelnen naturheilkundlichen Verfahren und Maßnahmen aufeinander abstimmt und mit den Strategien einer gesunden, bewussten und authentischen Lebensführung zu einem sinnvollen Ganzen verknüpft. Historisch leitet sich die Ordnungstherapie von der "diaita-Lehre" (Diätetik) der hippokratischen Medizin ab, in der die Selbstheilkraft der Natur eine zentrale Stelle einnahm. SEITE 34 Aufgabe des Arztes in diesem Bereich war es, die Lebensumstände und die Lebensweise des Menschen zu beurteilen und im Interesse seiner individuellen Gesundheit neu zu ordnen. Der Begriff der Ordnungstherapie geht auf M. Bircher-Benner zurück, der ihn in den 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts über neun Ordnungsgesetze des Lebens definiert hat. Diese beziehen sich auf elementare Faktoren der Lebensführung, wie den maßvollen Gebrauch von Speise und Trank, den ausgewogenen Wechsel von Bewegung und Ruhe, den richtigen Rhythmus MEHR LEBENSKRAFT – MEHR LEBENSQUALITÄT von Schlaf und Wachen, die Regulierung des Stoffwechsels, die Beherrschung der Gemütsbewegungen u. ä. Zur Erhaltung und Wiedererlangung der Gesundheit nutzt man in der Ordnungstherapie heute neben klassischen naturheilkundlichen Verfahren auch psycho- und kreativtherapeutische Methoden (Entspannungsübungen, autogenes Training, Musiktherapie, Malen, Modellieren etc.). Alle diese Verfahren verfolgen das Ziel, nicht ausreichend genutzte Selbstheilungskräfte des Organismus zu stärken und freizusetzen. Die Auswirkungen eines strukturierten ordnungstherapeutischen Behandlungskonzepts auf die Lebensqualität von Colitis ulcerosa-Patienten sind im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie untersucht worden. Dabei ergab sich, dass durch eine solche Maßnahme nicht nur die Darmfunktion, sondern auch die allgemeine psychische Grundstimmung und Stresstoleranz der Betroffenen deutlich verbessert werden konnten. Durch die stärkere Akzentuierung psychologischer und meditativer Verfahren hat die naturheilkundliche Ordnungstherapie in den letzten Jahrzehnten eine moderne Ausprägung in Gestalt der "Body-Mind-Medizin" erfahren. "Body-Mind-Medizin" bemüht sich – wie die Ordnungstherapie – um eine ganzheitliche Erfassung des Patienten und versucht, dessen Fähigkeiten zur Selbstheilung zu stärken, indem sie seine gesunden körperlichen, emotionalen und kognitiven Anteile und Ressourcen aktiviert und schult. SEITE 35 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Glossar Apathogen Keine Krankheit auslösend. Antiproliferativ Das Wachstum (insbes. das Zell- und Gewebewachstum) hemmend. Catechine Gerbstoffe, die in vielen Heilpflanzen, Obst oder Gemüse vorkommen und Schutzwirkungen entfalten. Divertikulose Veränderung des Dickdarms in Form von kleinen sackförmigen Ausstülpungen der Darmwand. Enteral Aus dem Griech. énteron für „Darm“; den Darmtrakt bzw. die Zufuhr von Nahrungsbestandteilen über den Darm betreffend. Exacerbation Verschlechterung des Krankheitsbildes bei chronischen Leiden. Flavonoide Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen. Es wird angenommen, dass die Flavonoide einen günstigen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen haben. Diese Pflanzenstoffe, zu denen ein Großteil der Blütenfarbstoffe gehört, zeichnen besonders antioxidative Eigenschaften aus. Da sie in allen Pflanzen vorkommen, werden sie entweder mit der Nahrung aufgenommen oder als flavonoidhaltige Medikamente verabreicht. Gallo-Ellagitannine Gruppe von pflanzlichen Gerbstoffen. Ileumbefall bzw. Ileumresektion Befall oder Betroffensein des letzten und längsten Abschnitt des Dünndarms (Krummdarm). Kortikosteroide Sammelbezeichnung für u. a. antientzünd- SEITE 36 AUDE SAPERE – WAGE ZU WISSEN lich wirkende Hormone, die in der Nebennierenrinde gebildet werden. Personotrop Auf die Person des Patienten bezogen. Lektine Komplexe Eiweißverbindungen, die in der Lage sind, sich an Zellen zu binden und von dort aus biochemische Reaktionen auszulösen. Polychrest Homöopathische Arzneimittel, die "zu vielem nützlich" sind; d. h., dass sie sich bei der Behandlung unterschiedlichster Krankheitsbilder bewährt haben und daher häufig verordnet werden. Maligne Bösartig. Miasmatisch Das griechische Wort "Miasma" bedeutet Ausdünstung, Verunreinigung. In der Homöopathie wird der Begriff verwendet, um den Einfluss infektiöser Krankheitsfaktoren auf die Bereitschaft zur Ausbildung chronischer Erkrankungen beim Individuum, aber auch in der Generationenfolge zu erfassen. Randomisiert Zufallsbasierte Zuordnung in Gruppen. Rezividierend Wiederkehrend. Remissionsphase Das zeitlich begrenzte oder dauerhafte Nachlassen von Krankheitssymptomen körperlicher bzw. psychischer Natur, jedoch ohne Erreichen der Heilung. Nosode Homöopathische Arzneimittel, die aus Krankheitsprodukten (Eiter, Krebszellen etc.) oder aus Krankheitserregern (z.B. Tuberkelbakterien) hergestellt werden. Stenosierung Verengung. Oxalatresorption Aufnahme des Oxalats aus dem Dünndarm. Vollwertige Schonkost Eine Kost, die sowohl die Kriterien der Vollwertigkeit als auch der Bekömmlichkeit miteinander vereint (Definition von Rainer Matejka). Peristaltik Periodische Kontraktion des Muskulatur eines Hohlorgans, durch die der Inhalt fortbewegt wird. Transmural Alle Schichten einer Organwand betreffend. SEITE 37 KRANKENHAUS FÜR NATURHEILWEISEN Literatur Abele, J.: Technische Methoden der Humoraltherapie nach Dr. med. habil. Bernhard Aschner. Dokumentation der besonderen Therapierichtungen und natürlichen Heilweisen in Europa. Band V. VGM-Verlag Essen, 1992. 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