Anleitungen Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I
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Anleitungen Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I
Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Mechanik Elektrizitätslehre Radioaktivität SS 2015 Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H 24.4.15 Inhalt • Akustik • Drehbewegungen • Mechanische Schwingungen • Reversionspendel • Mechanischer Kreisel • Mechanik der Flüssigkeiten • Alternative Energiequellen • Gleichstrom • Wechselstrom • Magnetismus • Elektronik • Hall-Effekt • Bestimmung der spezifischen Elementarladung e/m • Radioaktivität Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Akustik WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 Akustik Stoffgebiet: Schwingungslehre Transversale, longitudinale, stehende Wellen Interferenz Resonanz Reflexionsgesetze Schallausbreitung in Gasen und Festk¨ orpern Schallmeßgr¨oßen Eigenschwingungen von St¨aben Elastizit¨atsmodul Ideale und reale Gase Adiabatische Zustands¨anderungen Akustische Messungen Phasen- und Gruppengeschwindigkeit Dispersion Piezoelektrizit¨at, piezoelektrische Schallgeber Phasengitter, Amplitudengitter Optischer Brechungsindex Lorentz-Lorenz-Beziehung AKUSTIK 2 Fragen: 1. Geben Sie eine Definition a) einer Schwingung, b) einer Welle 2. Was versteht man unter dem Polarisationszustand einer Welle? 3. Geben Sie die Gleichung f¨ ur den Dopplereffekt bei kleiner Geschwindigkeit der Quelle an. 4. Geben Sie die Definition der Gr¨oßen a) (Momentan-) Phase einer Welle und b) Phasendifferenz zweier Wellen am Beispiel von ebenen Sinus-Wellen. 5. Wann erfolgt die Reflexion einer Welle a) mit b) ohne Phasensprung? 6. a) Was versteht man unter der Schallst¨arke (Schallintensit¨at) einer Schallwelle; in welchen Einheiten (Internationales Einheitensystem und cgs-System) mißt man sie? b) Wie h¨angt die Lautst¨arke mit der Schallst¨arke zusammen; in welchen Einheiten mißt man sie? 7. Was geschieht, wenn eine ebene Welle auf ein Liniengitter (Amplitudengitter) bzw. ein Phasengitter trifft? 8. Wodurch unterscheidet sich der Debye-Sears-Versuch von dem vorliegenden Versuch? 9. Wie unterscheidet sich die Gruppengeschwindigkeit einer Welle in einem dispersionsfreien Medium von deren Phasengeschwindigkeit? (Begr¨ undung) 10. Was versteht man unter piezoelektrischem Effekt? AKUSTIK 3 Grundlagen Es gibt Wellen, die an materielle Medien gebunden sind (z.B. elastische Wellen, Schallwellen), und Wellen, die sich sowohl in materiellen Medien, als auch ohne sie ausbreiten k¨onnen (z.B. elektromagnetische Wellen). Wir wollen im folgenden eindimensionale Wellen untersuchen, die an ein materielles Medium gebunden sind. Als Welle bezeichnet man die r¨aumliche Ausbreitung eines Schwingungszustandes in einem System vieler untereinander gekoppelter schwingungsf¨ahiger Gebilde. Eine ebene, unged¨ampfte Welle, die sich in einer Richtung ausbreitet (eindimensionale Welle), beschreibt in differentieller Form die Wellengleichung: 2 ∂2ξ 2 ∂ ξ = c ∂t2 ∂x2 (1) Dabei bedeuten: ξ t x c = = = = Amplitude der Verschiebung Zeit Abstand vom willk¨ urlich gew¨ahlten Anfangspunkt Geschwindigkeit, mit der die Verschiebung wandert Eine allgemeine L¨osung dieser partiellen Differentialgleichung ist die Funktion ξ = A f (x + ct) + B f (x − ct) (2) wobei f eine zweimal nach x und t differenzierbare Funktion ist. Die Welle kann longitudinal oder transversal sein. Im longitudinalen Fall erfolgt die Auslenkung in Ausbreitungsrichtung, bei der transversalen Welle senkrecht dazu. Der einfachste Spezialfall der ebenen Welle ist die harmonische Welle: ξ = A sin[k (x + ct)] ξ = A sin[k (x − ct)] (3) k = Wellenzahl = 2π/λ Das negative bzw. positive Vorzeichen steht bei Ausbreitung in positive bzw. negative x-Richtung. Im folgenden soll o.B.d.A. das negative Vorzeichen gelten. Andere Schreibweisen sind: x ξ = A sin ω t − mit ω = 2πν (4) c oder ξ = A sin 2π t x − T λ (5) mit der Schwingungsdauer T = 2π/ω, ν = Frequenz, λ = Wellenl¨ange Jede beliebige Welle kann nach dem Theorem von Fourier durch eine Summe von Sinus-Wellen beschrieben werden (Fourieranalyse). An einem festen Ort x = x0 kann die Gleichung (4) als Gleichung einer Schwingung angesehen werden, deren Phasenkonstante ϕ0 = −ω x0 /c ist. An einem benachbarten Ort ist die Phasenkonstante eine andere, und man kann nun den Nachbarort x1 suchen, an dem die Phasenkonstante sich um 2π von ϕ0 unterscheidet, d.h. sich der Sinus reproduziert. Dort erfolgt dann die Schwingung wieder in gleicher Phase wie am Ort x0 . Setzen wir also 2πν 2πν x1 − x0 = 2π c c AKUSTIK 4 dann erhalten wir x1 − x0 = c/ν und diese charakteristische L¨ange x1 − x0 bezeichnet man als Wellenl¨ange λ. Es gilt die als Dispersionsrelation bezeichnete Beziehung: λν = c (6) oder ω =c k wobei k = 2π/λ die Wellenzahl ist. Zwei um λ voneinander entfernte Orte der unged¨ampften Welle haben zu allen Zeiten gleiche Schwingungszust¨ande. λ beschreibt also die Periodizit¨at der r¨aumlichen Ausbreitung, wie die Schwingungsdauer T die zeitliche Periodizit¨at beschreibt. Die stehende Welle F¨ ur alle Wellen gilt das Reflexionsgesetz und das Superpositionsgesetz. Beide Gesetze sollen nun an einem Beispiel angewendet werden, um den Begriff der stehenden Welle einzuf¨ uhren. Vor einer Wand werde eine ebene Welle erzeugt. Diese l¨auft gegen die Wand, wird dort reflektiert, l¨auft ¨ zur¨ uck und u dieser Wellenz¨ uge ¨berlagert dabei die hinlaufende Welle. Die aus der Uberlagerung resultierende Welle kann man mit Hilfe des Superpositionsgesetzes zeichnerisch oder rechnerisch konstruieren. Die resultierende Welle zweier entgegengesetzt laufender Wellen t x ξ1 = A sin 2π − T λ (7) t x ξ2 = A sin 2π + T λ kann mit Hilfe des Additionstheorems sin α + sin β = 2 sin berechnet werden: ξres = 2A cos α+β 2 2πx λ cos α−β 2 sin 2πt T (8) Glg. (8) kann man auch schreiben: ∗ ξres = A sin 2πt T Dies stellt die Gleichung einer Schwingung mit r¨aumlich variierender Amplitude A∗ = 2A cos(2πx/λ) dar. Es treten also ortsfeste Schwingungsknoten und Schwingungsb¨auche auf. Diejenigen Stellen, an denen sich die Verschiebungen durch Superpositionen wegheben (Knoten), liegen r¨aumlich fest, und dort ist die resultierende Amplitude stets Null. An den Orten der B¨auche addieren sich dagegen die Verschiebungen so, daß die resultierende Amplitude A∗ dort stets maximal ist. Wegen der festen Lage der Knoten und B¨auche nennt man die Glg. (8) eine stehende Welle. Amplitudenmaxima und -minima folgen im Abstand λ/4 aufeinander. Eigentlich ist die stehende Welle keine Welle, wie wir sie zuvor kennengelernt haben, da sich die Momentanamplituden nicht mehr r¨aumlich ausbreiten. Sie stellt vielmehr eine Vielzahl von Schwingungen dar, deren Maximalamplituden sich r¨aumlich periodisch ¨andern. AKUSTIK 5 Schallwellen Wegen der elastischen Eigenschaften von Materie k¨onnen sich in ihr periodische Auslenkungen von Atomen oder Molek¨ ulen als elastische Wellen r¨aumlich ausbreiten. Sind die Wellenl¨angen groß gegen die mittleren Atomabst¨ande, so nennt man die elastischen Wellen Schallwellen“. Im ” Gegensatz zu elektromagnetischen Wellen sind sie also an Materie gebunden, und ihre Eigenschaften werden durch die elastischen Materialkonstanten (E-Modul, Kompressibilit¨at), sowie Druck und Dichte bestimmt. In Gasen und Fl¨ ussigkeiten existieren nur longitudinale Schallwellen, in Festk¨orpern auch transversale. Longitudinale und transversale Schallwellen haben im allgemeinen verschiedene Ausbreitungsgeschwindigkeiten. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit von Schallwellen im H¨orbereich ist praktisch unabh¨angig von der Wellenl¨ange, wenn die Schallintensit¨at nicht zu groß wird. F¨ ur die longitudinale Welle im Festk¨orper gilt: s E clong = (9a) ρ E = Elastizit¨atsmodul, ρ = Dichte F¨ ur die transversale Welle im Festk¨orper gilt: s ctrans = G ρ (9b) G = Torsionsmodul F¨ ur die longitudinale Welle in Gasen und Fl¨ ussigkeiten gilt: s r cp p K clong = = ρ cv ρ (9c) K = Kompressionsmodul In Gasen ist K gegeben durch K=p cp cv (10) c wobei p = Druck, cvp = Adiabatenexponent, cp , cv = spezifische W¨armekapazit¨aten bei konstantem Druck bzw. Volumen bedeuten. K ist der adiabatische Wert, da die bei den lokalen Kompressionen und Verd¨ unnungen auftretende Temperatur¨anderung w¨ahrend der Schallausbreitung in Gasen ber¨ ucksichtigt werden ¨ muß, und diese Anderungen so rasch erfolgen, daß sie adiabatisch sind. Aus der Temperaturabh¨angigkeit von p und ρ folgt in der N¨aherung des idealen Gases die Temperaturabh¨angigkeit von c: √ (11) ct = c0 1 + α t α t c0 = kubischer Ausdehnungskoeffizient des Gases = Temperatur in ◦ C = Geschwindigkeit bei 0◦ C AKUSTIK 6 Die Schallgeschwindigkeit c kann auf verschiedene Arten gemessen werden: 1. Dopplereffekt 2. Laufzeitmessungen 3. Resonanzversuche, wobei die Parameter λ und ν zu bestimmen sind Am einfachsten lassen sich in der Akustik Resonanzversuche durchf¨ uhren. Auch mit Schallwellen kann man stehende Wellen an einer reflektierenden Wand erzeugen. L¨auft die Welle statt dessen in ein an einem Ende geschlossenes Rohr, so bilden sich in dem Gasvolumen ebenfalls stehende Wellen, allerdings nur, wenn die L¨ange des Rohres ein ungerades Vielfaches der ViertelWellenl¨ange betr¨agt. Dann liegt ein Schwingungsknoten am geschlossenen und ein Bauch am offenen Rohrende. In diesem Fall koppelt die stehende Welle optimal an die Schallwelle außerhalb des Rohres an, d.h. sie wird stets im richtigen Takt u urde ¨berlagert, und die Amplitude w¨ ins Unendliche wachsen, wenn sie nicht durch D¨ampfungsprozesse begrenzt w¨are. Wenn sich eine stehende Welle bildet, tritt also Resonanz auf. Die Bedingung f¨ ur die stehende Welle im einseitig geschlossenen Rohr lautet: l = (2n + 1) λ 4 (12) wobei l = Rohrl¨ange und n ∈ N0 Der Abstand zwischen benachbarten B¨auchen ist gleich der halben Wellenl¨ange. Die stehende Welle kann man als Eigenschwingung der ganzen Lufts¨aule im Rohr ansehen. Die Eigenschwingung f¨ ur n = 0 nennt man auch die Grundschwingung; n =1, 2, 3 ... bezeichnen die 1., 2., 3., ... Oberschwingung. Im beiderseitig abgeschlossenen Rohr k¨onnen stehende Wellen und damit Resonanzen entstehen, wenn an beiden Enden Schwingungsknoten liegen. Die entsprechende Bedingung lautet dann: l = (n + 1) λ 2 (13) Dieselbe Bedingung, Glg. (13), gilt f¨ ur stehende Wellen auf einem festen Stab; dort allerdings stellen die Enden keine feste Begrenzung dar, die Amplitudenknoten bedingen. Vielmehr liegen dort im Resonanzfall Amplitudenb¨auche. AKUSTIK 7 Versuch: Klanganalyse Quinckesches Rohr Zur Messung von λ und cLuft dient in diesem Versuch das Quinckesche Resonanzrohr. Es besteht aus einem offenen, unten durch einen Wasserspiegel abgeschlossenen Glasrohr. Die H¨ohe der Lufts¨aule in diesem Rohr kann durch Heben oder Senken eines mit ihm kommunizierenden Wasserbeh¨alters stetig ver¨andert werden. Mittels eines ¨ u des Rohres angebrachten Lautsprechers kann die ¨ber der Offnung Lufts¨aule zu erzwungenen Schwingungen angeregt werden. Resonanz tritt ein, wenn die Glg. (12) f¨ ur stehende Wellen erf¨ ullt ist. Dann wird der Ton durch die mitschwingende Lufts¨aule maximal verst¨arkt. Hebt oder senkt man den Wasserspiegel, so sind Resonanzen mit der H¨ormuschel deutlich zu erkennen, wenn die Bedingung, Glg. (12), f¨ ur die Grundschwingung oder eine der Oberschwingungen erf¨ ullt ist. Die zugeh¨orige L¨ange l der Lufts¨aule wird an der L¨angenskala des Rohres abgelesen. Aufgabe 1: Man bestimme den Wert der Schallgeschwindigkeit ct in Luft bei Zimmertemperatur durch Messung von λ der stehenden Wellen im Quincke-Rohr und bestimme den Gr¨oßtfehler, der durch den Meßfehler in λ und die Ungenauigkeit der Ablesung von ν bedingt ist. Messung: Das Rohr wird zun¨achst fast ganz mit Wasser gef¨ ullt. Dann erzeugt man mit dem Tongenerator einen Sinuston von 700 Hz (mit ±15 Hz Genauigkeit). Der Wasserspiegel wird nun langsam gesenkt, wobei man st¨andig auf die Ver¨anderung der Lautst¨arke des Tones achte. Es sind alle Resonanzstellen durch je f¨ unfmaliges Heben und Senken des Wasserspiegels zu bestimmen (n = 0, 1, 2). Aus den je 10 Meßwerten f¨ ur die H¨ohe der Lufts¨aule bilde man den Mittelwert f¨ ur λ sowie den Gaußfehler des Mittelwerts. Aufgabe 2: Man berechne aus dem gemessenen Wert von ct mittels Glg. (11) den Wert von c0 . Mit diesem Wert berechne man die Frequenz des Grundtons und des ersten Obertons einer 3 m langen a) einseitig offenen, b) beidseitig offenen Orgelpfeife. Aufgabe 3: Man f¨ uhre mit dem Quincke-Rohr eine Klanganalyse durch. Messung: Der Klanggenerator liefert einen aus drei Sinust¨onen bestehenden Klang. Verbinden Sie den Lautsprecher mit dem Generator. Diese Schaltung bleibt w¨ahrend der ganzen Messung unver¨andert. Durch Aufsuchen der Resonanzen im Quincke-Rohr werden dann die in dem Klang enthaltenen Wellenl¨angen λ1 , λ2 und λ3 der T¨one bestimmt. Dazu hebt und senkt man den Wasserspiegel je f¨ unf mal, notiert die H¨ohen aller h¨orbaren T¨one und bildet Mittelwerte. Man ordne die Resonatorl¨angen in einer Tabelle nach ihrer Gr¨oße. Nach Glg. (12) unterscheiden sich bei gleicher Frequenz die Resonatorl¨angen f¨ ur die Oberschwingungen von denen der Grundschwingung um die Faktoren (2n + 1), n ∈ N. Man kann entscheiden, welcher Wellenl¨ange eine Resonanz zuzuordnen ist, wenn man folgendermaßen verf¨ahrt: Ordnen Sie dem kleinsten Meß- AKUSTIK 8 wert die Grundschwingung des h¨ochsten Tones zu. Suchen Sie in Ihrer Tabelle nach Meßwerten, die sich von der Grundschwingung um den Faktor (2n + 1) unterscheiden (Wegen der Meßfehler werden diese Faktoren nicht genau auftreten). Von den noch verbleibenden Meßwerten ordnen Sie wieder den kleinsten der Grundschwingung des mittleren Tones zu und suchen wieder in der Tabelle nach den Vielfachen (2n + 1). Auf gleiche Weise verf¨ahrt man mit dem tiefsten Ton. ACHTUNG: Es k¨ onnen doppelte Resonanzstellen vorhanden sein. Man gebe a) die Wellenl¨angen λ1 , λ2 und λ3 (gemittelt aus den Werten von Grund- und Oberschwingungen) b) die Verh¨altnisse der Wellenl¨angen λ1 /λ2 , λ2 /λ3 , λ1 /λ3 c) die Namen der drei Tonintervalle an (dazu runde man gegebenenfalls die Verh¨altnisse zu einfachen Br¨ uchen). Versuch: Ausbreitungsgeschwindigkeit Ultraschall Aufgabe 1: Bestimmen Sie die Schall-Phasengeschwindigkeit von H2 O und Glyzerin durch Zentralprojektion eines stehenden Ultraschallfeldes. Meßmethode: In einer quaderf¨ormigen Glask¨ uvette mit der auszumessenden Fl¨ ussigkeit wird mit einer piezoelektrischen Ultraschallquelle ein Feld stehender Wellen erzeugt. Dazu wird die Schallquelle einige Millimeter in die Fl¨ ussigkeit eingetaucht, so daß die Fl¨ ussigkeit zum Schwingen angeregt wird. Die (fast) ebenen Schallwellen werden nach Durchlaufen der Fl¨ ussigkeit an dem gegen¨ uberliegenden K¨ uvettenboden (teilweise) reflektiert, und so bildet sich ein stehendes Wellenfeld aus, in welchem ortsfeste Knoten und B¨auche abwechseln. F¨ ur den vorliegenden Versuch sind die Schalldruckamplituden wichtig; sie bewirken eine periodische Dichtefluktuation in der Fl¨ ussigkeit, und diese wiederum verursachen entsprechende Schwankungen des optischen Brechungsindexes, der entsprechend der Lorentz-Lorenz-Formel mit der Dichte verkn¨ upft ist. So entsteht in der Fl¨ ussigkeit eine periodische Modulation des Brechungsindexes: an den Fl¨achen der Druckknoten ist ∆n = 0 an den Fl¨achen der Druckb¨auche variiert n mit der maximalen Amplitude ∆n(t) = ∆n0 sin(ωt). Strahlt man senkrecht zur Schallwellenrichtung Licht ein, so wirkt diese Struktur wie ein Fl¨achengitter. Dieses Gitter bezeichnet man auch als Phasengitter, bei dem bei gleichm¨aßiger Durchl¨assigkeit der Brechungsindex des Systems periodisch ver¨andert wird, wodurch wegen der unterschiedlich optischen Wegl¨ange s = n d durchgehende optische Wellen periodisch in ihrer Phase moduliert werden. In unserem Versuch gilt λoptisch λSchall , so daß Beugungseffekte vernachl¨assigbar sind. Erst wenn λoptisch vergleichbar mit λSchall ist, l¨aßt sich die Schallwellenl¨ange durch Beugung am Phasengitter (Debye-Sears-Methode) bestimmen. Obwohl die Beugung vernachl¨assigbar ist, beeinflußt die Gitterstruktur das durchgehende Licht auf mehrfache Weise. In der Fl¨ ussigkeit wechseln Streifen mit n = n0 = constant (Verhalten an den Knoten) und Streifen mit ¨ortlich stark variierendem Brechungsindex n = n0 +∆n0 (x) sin(ωt) sich ab. Letztere k¨onnen als Zylinderlinsen angesehen werden, wobei die Variation der optischen Schichtdicke durch ein Material gleicher Dicke mit sich o¨rtlich ver¨anderndem Brechungsindex AKUSTIK 9 bewirkt wird, im Gegensatz zu u ¨blichen Linsen mit gleichem Brechungsindex aber variierter Dicke. Durch die zus¨atzliche, zeitlich periodische Variation des Brechungsindexes wechseln mit der Frequenz ω zerstreuende und sammelnde Wirkung der Linsen. Wie in Abb. 1 gezeigt, soll nun aus einem Brennpunkt kommend (schwach) divergentes Licht in die K¨ uvette eingestrahlt werden. In den Druckknoten (Schwingungsb¨auchen) gehen TeilLichtb¨ undel bis auf eine Parallelversetzung weitgehend ungest¨ort durch die K¨ uvette hindurch. In den Bereichen mit ¨ortlich stark variierendem Brechungsindex hingegen werden sie infolge der Brechung und auch Reflexion gesammelt oder gestreut. h< Abbildung 1: Auf einem weit entfernten Bildschirm bewirkt dies im zeitlichen Mittel eine ¨ortlich periodische Modulation des auftreffenden Lichtes, d.h. ein das in der Fl¨ ussigkeit stehende Schallwellenfeld durch Zentralprojektion wiedergebende Streifenmuster, wobei die zus¨atzliche, zeitliche Modulation vom Auge nicht mehr aufgel¨ost wird und so gemittelt wird (die Schallfrequenz liegt weit u ¨ber dem Wert der maximalen Zeitaufl¨osung des menschlichen Auges von etwa νmax = 25 Hz). Aus diesem Streifenmuster l¨aßt sich die Periodizit¨atsl¨ange des stehenden Wellenfeldes und damit die Schallwellenl¨ange bestimmen; da u ¨ber die Zeitabh¨angigkeit, d.h. die Dynamik des Vorgangs gemittelt wird, handelt es sich um eine statische Meßmethode. Versuchsdurchfu ¨ hrung und Auswertung Es ist die Schallgeschwindigkeit von H2 O und Glyzerin zu bestimmen. Die Fl¨ ussigkeiten befinden sich in zwei K¨ uvetten (da Glyzerin hygroskopisch ist, soll sie Glyzerink¨ uvette so lange wie m¨oglich zugedeckt bleiben). Als Schallquelle dient ein Ultraschallgenerator der festen Frequenz ν = 800 kHz (Einstellung am Generator: Sinus-Betrieb). Lichtquelle ist ein He-Ne-Laser (Vorsicht! Nie in den direkten Strahl sehen!), dessen Strahlung durch eine Sammellinse mit f = 50 mm in einem Brennpunkt gesammelt und danach divergent wird. Hinter der K¨ uvette befindet sich der Schirm. Abb. 2 gibt die Versuchsanordnung und die sie beschreibenden Koordinaten an. Nimmt man an, die K¨ uvette sei im Vergleich zur Strecke s sehr d¨ unn, kann man die Parallelversetzung der Teil-Lichtb¨ undel beim Durchgang durch die K¨ uvette vernachl¨assigen und ein eindeutiges s (in der Mittenebene der K¨ uvette) festlegen. Dann liefert der Strahlensatz als Schallwellenl¨ange: λ = 2a s1 d s1 =2 s1 + s2 N − 1 s1 + s2 (1) wobei N die Zahl der Helligkeitsmaxima auf der Strecke d des Schirmes und a der Abstand zweier benachbarter Maxima bedeuten. (Bitte nachrechnen!). F¨ ur ein bestimmtes N sind d und AKUSTIK 10 Schirm Küvette Linse a d f s1 s2 s1=s1+f Abbildung 2: s1 zu messen, s2 ist im Versuchsaufbau fest vorgegeben mit 700 mm. Zur Erh¨ohung der Meßgenauigkeit wird die Messung bei beiden Fl¨ ussigkeiten mit f¨ unf unterschiedlichen Strecken s1 zwischen 300 mm und 500 mm durchgef¨ uhrt (s1 und s2 sind immer bezogen auf die Mittenebene der K¨ uvette). Aus dem Mittelwert λ und der bekannten Generatorfrequenz (800 kHz ± 5 kHz) wird dann die Schall-Phasen-geschwindigkeit c ermittelt. Geben Sie die aus den Messungen folgenden absoluten und relativen Fehler von c an. Aufgabe 2: Bestimmen Sie die Schall-Phasengeschwindigkeit von H2 O aus einer Wegl¨angenmessung einer laufenden Ultraschallwelle. Meßmethode: Dazu wird der Schallsender an einer Schmalseite der mit H2 O gef¨ ullten K¨ uvette angelegt und mit dem Sinussignal von 800 kHz gespeist. Die Kopplung zwischen Quelle und Glaswand wird durch einen Tropfen Glyzerin verbessert; die Quelle sollte so gleichm¨aßig wie m¨oglich an die Wand angepresst werden. In die Fl¨ ussigkeit wird nun ein piezoelektrischer Schallaufnehmer eingetaucht, dessen Abstand vom Sender durch eine auf 1/100 mm ablesbare Feinverstellung ver¨andert werden kann. Dessen, mit der Schallfrequenz variierendes Signal wird zusammen mit dem Schallgebersignal auf dem Schirm eines Zwei-Kanal-Oszilloskops sichtbar gemacht (Lassen Sie sich seine Bedienung von dem Assistenten zeigen!). Hier soll die laufende Schallwelle beobachtet werden. Um die Ausbildung stehender Wellen in der K¨ uvette zu verhindern, wird daher vor die gegen¨ uberliegende reflektierende K¨ uvettenwand ein schalld¨ampfender Wellensumpf aus Schaumgummi gestellt. Diese dynamische Methode liefert das zeitliche Verhalten der Schallwelle auf dem Oszilloskop-Bild A(x, t) = A0 sin(ωt + ϕ) (2) Die Phasenkonstante ϕ ergibt sich dabei zu ϕ = kx + ϕ0 (3) wobei k = 2π/λ und ϕ0 = die (unbekannte und unwichtige) Anfangsphase am Ort x = 0 sind. Verschiebt man nun den Empf¨anger um die Strecke ∆x, so verschiebt sich entsprechend sein Oszilloskopbild in der Horizontalen um die Phasendifferenz ∆ϕ = k ∆x Auf diese Weise kann man das raum-zeitliche Verhalten der laufenden Welle vollst¨andig erfassen. Verschiebt man speziell den Empf¨anger so weit, daß ∆ϕ = 2π m (m = 1, 2, ...) (4) AKUSTIK 11 ist, so ist die Messung von ∆ϕ besonders einfach (Wieso?). Als Referenzsignal dient das vom Schallgeber direkt in den zweiten Kanal des Oszilloskops eingespeiste Signal der selben Frequenz. Versuchsdurchfu ¨ hrung und Auswertung Zur Messung startet man bei einem x1 , bei dem Schallsignal und Referenzsignal (modulo 2π) phasengleich sind. Dann verschiebt man den Empf¨anger um m · 2π mit m = 1, 2, ... , 25 und liest zu jedem m die zugeh¨orige Verschiebung ∆x an der Drehspindel ab. Durch die Punkte der graphischen Darstellung ∆x(m) legt man dann eine Ausgleichsgerade (wenn ihr Taschenrechner kann, k¨onnen Sie diese auch damit ermitteln), aus deren Steigung sich der Mittelwert der Wellenl¨ange λ ergibt (berechnen Sie deren Zusammenhang selbst!). Im Prinzip liefert das Oszilloskopbild (bei richtiger Kalibrierung) auch die zugeh¨orige Schallfrequenz, die Sie ben¨otigen, um aus λ die Schall-Phasengeschwindigkeit c zu ermitteln (Wie?). Da aber die Frequenz des Senders zu ν = 800 kHz ± 5 kHz bekannt ist, er¨ ubrigt sich dies hier. Geben Sie die aus λ folgende Schall-Phasengeschwindigkeit von Wasser und dessen Meßgenauigkeit an. Aufgabe 3: Bestimmen Sie die Schall-Gruppengeschwindigkeit aus einer Laufzeit-Messung eines Schallimpulses. Meßmethode: ¨ Wellengruppen, Wellenpakete, Wellenpulse, die aus einer Uberlagerung mehrerer oder vieler monochromatischer Wellen benachbarter Frequenzen entstehen (denken Sie an die Schwebungseffekte zweier unterschiedlicher Stimmgabeln!) ver¨andern im allgemeinen ihre Form mit der Ausbreitungszeit. Dies geschieht, wenn die Phasengeschwindigkeiten cp der die Wellengruppe aufbauenden, monochromatischen Wellen unterschiedlich sind, d.h. cp = cp (ν), das Ausbreitungsmedium also Dispersion zeigt, dcp /dν 6= 0. Dann breitet sich das Amplitudenmaximum der Wellengruppe mit einer anderen Geschwindigkeit aus, als die (mittlere) Phasengeschwindigkeit cp der die Gruppe aufbauenden, monochromatischen Wellen, n¨amlich mit der Gruppengeschwindigkeit cg . Es gilt cp = ω/k und cg = dω/dk. Der Zusammenhang zwischen beiden ist gegeben durch cg = cp + ν dcp dcp = cp − λ dν dλ (5) F¨ ur einen periodisch wiederkehrenden Wellenpuls (der aus einer endlichen Zahl von Wellen unterschiedlicher Frequenz zusammengesetzt ist) sind die Beschreibungsgr¨oßen neben der Gruppengeschwindigkeit cg der zeitliche und r¨aumliche Pulsabstand (gemessen am Pulsmaximum), die Pulsfolgefrequenz νPuls und der Pulsabstand λPuls . Zur Messung von cg wird die Anordnung der Aufgabe 2 verwendet, wobei der Schallgenerator auf Pulsbetrieb umgeschaltet wird. Der Puls wird aus mehreren Frequenzen nahe der Grundfrequenz von 800 kHz aufgebaut und die Pulsfolgefrequenz ist daher wesentlich kleiner. Das Oszilloskop wird durch den Puls am Generatorausgang getriggert, so daß ein stehendes Bild des Pulses entsteht (das eine sehr unregelm¨aßige Form hat; f¨ ur Messungen beziehen Sie sich stets auf das Amplitudenmaximum!) Verschiebt man nun den Schallempf¨anger ¨ortlich um ∆xE , so ¨andert sich der Zeitpunkt des Eintreffens des Pulses und, da die horizontale Achse des Oszilloskops die Zeitachse ist, verschiebt sich das Bild des Pulses l¨angs dieser Achse um ∆x0 . Kennt man den Kalibrierungsfaktor der Zeitablenkung des Oszilloskops, so erh¨alt man direkt die zur Ortsverschiebung ∆x des Empf¨angers geh¨orende Zeitablenkung ∆t und durch Division direkt die Schall-Gruppengeschwindigkeit cg . AKUSTIK 12 Versuchsdurchfu ¨ hrung und Auswertung: Verschieben Sie den Empf¨anger in Schritten von 5 mm um insgesamt 35 mm, und notieren Sie zu jedem ∆xE die zugeh¨orige Verschiebung ∆x0 des Pulsmaximums auf dem Oszilloskopschirm. Tragen Sie die beiden Verschiebungen ∆xE und ∆x0 in einer Graphik gegeneinander auf, legen Sie eine Bestgerade durch die Punkte, und entnehmen Sie ihr die mittlere Steigung η = dxE /dx0 . Kalibrieren Sie nun die Zeitablenkung des Oszilloskops im Sinusbetrieb des Generators. Dazu legen Sie bei unver¨anderter Einstellung der Zeitbasis des Oszilloskops die Referenzspannung der Frequenz ν = 800 kHz ± 5 kHz des Schallgenerators an den zweiten Kanal und bestimmen Sie die Anzahl N Perioden im Intervall x. Der Kalibrierungsfaktor t∗ ergibt sich dann zu: t∗ = NT x T = Schwingungsdauer (6) Diese Zeitkalibrierung ist dann sinnvoll, wenn damit eine gr¨oßere Genauigkeit erzielt wird als die Genauigkeit der Zeitbasis des Oszilloskops betr¨agt. Ansonsten l¨aßt sich direkt die Einstellung der Zeitbasis als Kalibrierungsfaktor u ¨bernehmen. Die Gruppengeschwindigkeit cg bestimmen Sie dann aus cg = η t∗ (7) Ermitteln Sie die Meßgenauigkeit des Resultats. Aufgabe 4: Vergleichen Sie die Meßergebnisse von cp und cg aus den Aufgaben 2 und 3 f¨ ur Wasser unter Ber¨ ucksichtigung ihrer Meßgenauigkeiten. Liegt ein relevanter Unterschied vor? Welche Folgerungen bez¨ uglich der Dispersion von Schall in Wasser lassen sich daraus ziehen (Begr¨ undung!)? Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Drehbewegungen WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 2H DREHBEWEGUNGEN Stoffgebiet: Dynamik starrer Körper Energie-, Impulserhaltungssatz D'Alembertsches Prinzip Zwangskräfte Drehbewegung fester Körper Drehmoment Trägheitsmoment Richtmoment Trägheitskraft Zentripetalkraft, Zentrifugalkraft Corioliskraft Kreisel Elastischer, unelastischer Stoß DB 2 DREHBEWEGUNGEN Fragen: 1. Wie sind Drehmoment und Drehimpuls definiert? 2. Wie lautet die Definition des Trägheitsmomentes? 3. Was besagt der Steinersche Satz? 4. Was versteht man unter den Hauptträgheitsachsen eines Körpers? Was sind freie Achsen? 5. Was versteht man unter dem Gewicht eines beschleunigten Körpers? x =const.) ( && 6. Was besagt der Drehimpulserhaltungssatz? experimentell beweisen? 7. Wie sind Zentripetalunterscheiden sie sich? und Wie Zentrifugalkraft läßt er sich definiert? Wie 8. In welche Energieformen wird die potentielle Energie eines Körpers, der eine schiefe Ebene hinunterrollt, umgewandelt? Wie sind diese Energien definiert? 9. Warum ist der Quotient E trans /E rot beim Maxwellschen Fallrad während eines Falles konstant? 10. Welche Kräfte wirken auf einen Satelliten, der die Erde umläuft? Wann ist seine Umlaufbahn stabil? 11. Berechnen Sie die Bewegungsgleichung (7) von Teil B durch Differenzieren des für eine Höhe x aufzustellenden Energiesatzes. 12. Verifizieren Sie Gl.(6) von Teil B. 13. Neben dem d'Alembertschen Prinzip sind weitere allgemeine Prinzipien der Mechanik formuliert worden. Geben Sie zwei davon an. DREHBEWEGUNGEN DB 3 Grundlagen: Um von den Gesetzen der fortschreitenden Bewegung zur denen der Drehbewegung zu gelangen, setzt man anstelle von Kraft F, Masse m, r r r Wegstrecke s ,r Geschwindigkeit v und Beschleunigung a die Größen Drehmoment M , Trägheitsmoment J, Winkel ϕ , Winkelgeschwindigkeit r r dϕ d 2ϕ und Winkelbeschleunigung 2 . dt dt Geradlinige Bewegung (Translation) Formel Weg Geschwindigkeit Beschleunigung Masse Kraft Impuls r 1r 2 r r s = 2 at + vt + s0 r r ds r v= = &s dt r r r dv d 2 s r = = &&s a= dt dt 2 m r r r dp F = m⋅a = r r dt p = m⋅v Einheit m ms -1 ms -2 kg N Ns Kreisbewegung (Rotation) Formel Winkel Winkelgeschwindigkeit Winkelbeschleunigung Trägheitsmoment Drehmoment r r 1 dω 2 r r ϕ= t + ωt + ϕ 0 2 dt r dϕ r ω= = ϕ& dt r r dω d 2 ϕ r && = 2 =ϕ dt dt J = ∫ r 2 dm r r r dω dL D = J⋅ = dt dt Einheit rad rad s - 1 rad s - 2 kg m2 Nm r r L = J ⋅ω Nm s Drehimpuls Im folgenden sollen Drehungen um eine feste Achse betrachtet werden. DB 4 DREHBEWEGUNGEN Die der Bewegungsgleichung bei einer Translation K = ms&& analoge Gleichung für Drehbewegungen lautet demnach && D = J ⋅ϕ (1) D J && ϕ : Betrag des Drehmomentes : Trägheitsmoment : Betrag der Winkelbeschleunigung Wirkt ein zeitlich konstantes Winkelbeschleunigung && = ϕ (2) Drehmoment, so ist auch die D = const. J Durch zweimalige Integration läßt sich aus (2) der in der Zeit t zurückgelegte Winkel ϕ ermitteln. (3) ϕ= 1 2 && t + ϕ& 0 t + ϕ 0 ϕ 2 ϕ& 0 : Anfangswinkelgeschwindigkeit ϕ 0 : Anfangswinkel (zur Zeit t=0) Es seien für das folgende ϕ& 0 =0 und ϕ 0 =0. Kennt man die Zahl n der in der Zeit t zurückgelegten Umdrehungen, && berechnen. ϕ = n ⋅ 2 π , so kann man aus (3) die Winkelbeschleunigung ϕ Damit läßt sich aus (1) das Trägheitsmoment J bestimmen, wenn D bekannt ist. Bei einem Teil der Versuche wird das konstante Drehmoment durch Gewichtskräfte erzeugt, die über ein Seil tangential an einer an einem r Drehkörper befestigten Kreisscheibe , d.h. senkrecht zum Radiusvektor r angreifen. Dann gilt (siehe Abb.): D = m⋅g⋅r (4) DREHBEWEGUNGEN DB 5 m : Masse der Gewichtsstücke g : Erdbeschleunigung r : Radius des Rades Das Trägheitsmoment eines starren Körpers läßt sich durch Integration der Gleichung S r dJ = r 2 dm 90° (5) dm : Massenelement r : Abstand des Massenelementes von der Drehachse mg bestimmen. Verläuft die Drehachse nicht durch den Schwerpunkt des Körpers, so läßt sich das Trägheitsmoment um die Achse A aus dem Trägheitsmoment J s um die dazu parallele Achse durch den Schwerpunkt nach dem Steinerschen Satz berechnen: J A = JS + M ⋅ a 2 Js M a Versuch A: (6) : Trägheitsmoment um die Schwerpunktsachse : Gesamtmasse des Körpers : Abstand Schwerpunktachse zur Drehachse Drehtisch Aufgabe: Man bestimme a) das Trägheitsmoment des leeren Drehtisches und b) das Trägheitsmoment des Drehtisches, der mit Gewichten in verschiedenen Abständen von der Drehachse belastet wird. DB 6 DREHBEWEGUNGEN Zusatzmassen a Drehscheibe Lichtschranke mit Stoppuhr Antriebsscheibe r Drehachse mg Messung: In Aufgabe a) erzeuge man gemäß Gleichung (4) durch 3 verschiedene Massen m=100g, 200g und 300g und zwei verschiedene Radien der Antriebsscheibe von 2,5cm und 3,5cm sechs verschiedene && aus Gleichung Drehmomente und bestimme die Winkelbeschleunigung ϕ (3) für jeweils 3 Umdrehungen (ϕ = 6 π ). Die Zeit t für 3 Umdrehungen messe man jeweils 3 mal und nehme den Mittelwert. && ) graphisch auf und entnehme daraus das Man trage die Funktion D = f (ϕ Trägheitsmoment J des Drehtisches (Fehlerrechnung !). In Aufgabe b) überprüfe man die Gültigkeit des Steinerschen Satzes auf folgende Weise: Auf dem Drehtisch sind symmetrisch zur Achse in verschiedenen Abständen a je zwei Löcher gebohrt. Man stecke die zwei Gewichte mit ihren Stiften auf dem Drehtisch in jeweils zwei zusammengehörende Löcher und bestimme dann nacheinander für alle Abstände a von der Drehachse das Trägheitsmoment des Tisches mit Gewichten. Die verschiedenen Trägheitsmomente messe man wie in Aufgabe a) mit dem durch m=200g und r=2,5cm gegebenen Drehmoment. Von den so erhaltenen Gesamtträgheitsmomenten J ges von Tisch und Gewichten ziehe man dann das in Aufgabe a) gemessene Trägheitsmoment des Drehtisches J T und die Trägheitsmomente der Gewichte J s bezüglich ihrer zur Drehachse parallelen Achse durch ihren Schwerpunkt ab. Letzteres berechnet man aus der Masse M und dem Radius R der Gewichte gemäß: DREHBEWEGUNGEN DB 7 JS = 1 M R2 2 (7) da die Gewichtskörper Zylinderform haben. Die Differenz 2 J ges − (J T + 2 ⋅ J S ) trage man als Funktion von a graphisch auf. Wie können Sie aus dieser Kurve die Gültigkeit des Steinerschen Satzes nachprüfen? Zusatzaufgabe: Man berechne die Rotationsenergie des unbelasteten Drehtisches nach Durchlaufen von 3 Umdrehungen bei m = 200g und r = 2,5cm. Versuch B: Maxwellsches Fallrad Grundlagen: Das Maxwellsche Fallrad ist eine Metallscheibe, die senkrecht an zwei an ihrer Achse befestigten Fäden hängt. Wickelt man diese Fäden auf und läßt dann das Rad fallen, so spulen sie sich ab, und neben der Translationsbewegung entsteht eine Rotationsbewegung des Rades. Das Maxwellsche Fallrad stellt ein Anwendungsbeispiel des d'Alembertschen Prinzips dar, das besagt: ∑ Ki − ∑ Zi − i m ⋅ && x=0 (1) i wobei K i die von außen an einem Körper angreifenden Kräfte, Z i die x die d'Alembertsche Trägheitskraft bedeuten. Zwangskräfte und m ⋅ && DB 8 DREHBEWEGUNGEN (m=Masse, && x=Beschleunigung des Körpers). Durch Hinzufügen der Trägheitskraft erhält man so auch für den Fall beschleunigter Bewegungen eine Gleichgewichtsbedingung für die Kräfte. Beim Maxwellschen Fallrad vereinfacht sich Gl.(1) zu : (2) m ⋅ g − Z − m ⋅ && x =0 wobei Z die Zwangskraft durch die Kopplung der Rotations- an die Translationsbewegung und mg die Schwerkraft darstellen. Gl(2) bedeutet also eine Zerlegung der Bewegung des Rades in die Translation und die dadurch erzwungene Rotation um die zur Drehachse parallele Schwerpunktsachse. Letztere wird durch das Drehmoment (3) && = Z ⋅ r D = J0 ⋅ ϕ bewirkt, wobei J 0 das Trägheitsmoment bezüglich der zur Drehachse && ϕ die parallelen Schwerpunktsachse des Rades ist, und Winkelbeschleunigung bedeutet. Die geometrische Zwangsbedingung, die beide Bewegungen verknüpft, ist (4) dx = r dϕ Zur Vereinfachung denke man sich die Gesamtmasse von Rad und Achse bei gleichbleibendem Trägheitsmoment in einem Ring konzentriert. Dieser habe den Radius R; dann ergibt sich: (5) J0 = m ⋅ R2 Mit (3) und (4) folgt die Zwangskraft (6) J Z = 20 ⋅ && x r und mit (2) und (5) erhält man als vollständige Bewegungsgleichung: R2 && ⋅ (1 + 2 ) = 0 mg − mx r (7) DREHBEWEGUNGEN DB 9 Anmerkung: Bei dem einfachen Problem des Fallrades läßt sich Gl.(7) kontrollieren, indem man auf die Zerlegung in Translation und erzwungene Rotation verzichtet und mit Hilfe des Steinerschen Satzes das Trägheitsmoment bezüglich der momentanen Drehachse bildet: J A = m ⋅ (R 2 + r 2 ) (8) Die am Schwerpunkt angreifende Schwerkraft verursacht das Drehmoment && DS = m ⋅ g ⋅ r = J A ⋅ ϕ (8') und mit (8) und (4) folgt direkt Gl.(7). Es ist zu erwähnen, daß der Vorteil der allgemeinen Formulierung der Gl.(1) in schwierigeren Problemen deutlicher wird. Das Rad fällt, bis die Fäden abgewickelt sind. In der letzten Viertelumdrehung bevor das Rad seine tiefste Lage erreicht hat, greift der Faden nicht mehr tangential an der Achse an, und statt (4) erhält man als Zwangsbedingung (Fig.2): x* = r ⋅ sin ϕ (8'') Bei ϕ=90° greift der Faden senkrecht an, und das durch ihn bewirkte Drehmoment ist Null. Translationsund Rotations-bewegung sind entkoppelt. Setzt man völlig ϕ x* unelastische Fäden voraus, so wird, da die Fäden an der Achse befestigt sind, in diesem Augenblick durch den erfolgenden Ruck die kinetische Energie der Translation E trans vom Faden verschluckt, der Impuls ändert Fig.: 2 sein Vorzeichen, die Fäden spulen sich infolge der verbleibenden Rotationsenergie E rot wieder auf, das Rad steigt in die Höhe, und nach der ersten Viertelumdrehung gilt wieder (4). DB 10 DREHBEWEGUNGEN Mit Hilfe des Energiesatzes läßt sich die Steighöhe ermitteln. Während des Falles gilt : (9) E pot + E trans + E rot = const ( E pot = potentielle Energie). Das Rad sei in der Höhe h 1 losgelassen worden. Eine Viertelumdrehung vor dem unteren Umkehrpunkt sei die Höhe h 2 erreicht; dort gilt: (10) mg (h1 − h 2 ) = 1 1 mx& 20 + J 0 ϕ& 20 2 2 Im Idealfall völlig unelastischer Fäden geht 12 mx& 2 an die Fäden verloren. Während der anschließenden Aufwärtsbewegung wird E rot in E pot umgewandelt, und das Rad steigt bis h 3 : (11) mg (h 3 − h 2 ) = 1 J 0 ϕ& 20 2 Man kann, wenn man h 1 , h 2 und h 3 kennt, das konstante Verhältnis von Translations- zu Rotationsenergie während des Falles bestimmen. Ebenso && x zur kann man das Verhältnis von Fallbeschleunigung Erdbeschleunigung g ermitteln, das sich aus (7) ergibt zu: (12) && x R 2 −1 = (1 + 2 ) g r Anmerkung: Völlig unelastische Fäden sind im vorliegenden Versuch nicht zu realisieren, so daß ein erheblicher systematischer Fehler auftritt. Aufgabe 1: Wie groß ist E trans am unteren Umkehrpunkt ? E rot DREHBEWEGUNGEN DB 11 Messung : a) Dazu bestimme man h 1 , h 2 und h 3 und, da sie in Teil b benötigt wird, die Fallzeit t, jeweils als Mittelwert aus 20 Messungen. Den Quotienten bestimme man mit Hilfe von Gleichung (10) und (11). b) aus Fallstrecke und Fallzeit bestimme man E trans am unteren Umkehrpunkt. Mit Gleichung (10) berechne man E rot . c) Man begründe das unterschiedliche Ergebnis. Aufgabe 2: a) Wie groß ist && x ? g b) Wie verhält sich E trans des Fallrades zu E *trans beim während der gleichen Zeit frei fallenden Rad ? c) Wie verhält sich E trans zu E ** trans beim die gleiche Strecke frei fallenden Rad? Messung : Man bestimme && x des Fallrades aus Fallzeit und Fallstrecke, wobei zu beachten ist, daß && x=const. Aufgabe 3: Man berechne aus den Ergebnissen der Aufgabe 2 den Trägheitsradius R und das Trägheitsmoment des Fallrades (m = 380g). Messung : Den Radius messe man an 10 verschiedenen Stellen mit der Mikrometerschraube. (Vorsicht ! Mikrometerschraube nur am äußersten Ende drehen !) Aufgabe 4: Man bestimme mit Hilfe des d'Alembertschen Prinzips die an einem frei fallenden Körper angreifende Kraft (Fallbeschleunigung = g). DB 12 DREHBEWEGUNGEN Aufgabe 5: Untersuchen Sie das Gewicht des fallenden Rades. Wie groß ist es, wenn das Rad ruht, fällt und steigt ? Durchführung: 1. Zuerst ist die als Waagebalken ausgebildete Halterung des Rades zu lockern (der Assistent zeigt es Ihnen). 2. Durch Gegengewichte ist der Zeigerausschlag der Waage für das ruhende Rad auf Null einzustellen. 3. Dann wird der Faden aufgerollt und das Rad fallen gelassen. Sie beobachten einen Zeigerausschlag. Bevor der untere Umkehrpunkt erreicht ist, müssen Sie wegen des dort entstehenden Rucks den Waagebalken festhalten. 4. Bei der anschließenden Aufwärtsbewegung des Rades ist wiederum ein Ausschlag des Zeigers zu beobachten. Aufgabe 6: Berechnen Sie das Gewicht für die drei Fälle der Aufgabe 5 mit Hilfe des d'Alembertschen Prinzips und des Resultates von Aufgabe 2. Versuch C Drehbewegungsgerät nach Jordanhill Grundlagen : In diesem Versuch wird ein Luftkissentisch benutzt, über dem eine Drehscheibe ( ∅ = 298mm, m = 960g) schwebt und mit nur sehr geringer Reibung frei rotieren kann. Für die Aufgaben 1 und 2 wird die Scheibe durch konstant wirkende Kräfte angetrieben, die durch Gewichtskörper erzeugt werden. Für Aufgabe 3 läßt sich die Scheibe mit einem Motor mit konstanter Umlaufgeschwindigkeit antreiben. Zum Antrieb für die Aufgaben 1 und 2 wird der Träger mit der Dreifach-Antriebsscheibe auf die Drehscheibe aufgeschraubt. (Verwenden Sie die kurzen , keinesfalls die langen Schrauben!). Das Luftkissen wird mittels eines Gebläses erzeugt, das über einen Schlauch mit dem Lufteinlaßstutzen des Drehtisches verbunden wird. Die Drehtischfläche wird zunächst mit einem Tuch entstaubt. Nach Einschalten des Gebläses wird die Scheibe auf den kleinen Metallstift in der Mitte der Matrizenfläche gelegt. DREHBEWEGUNGEN DB 13 Achtung: Achten Sie darauf, daß das Gebläse eingeschaltet ist, bevor eine Bewegung der Scheibe angeregt wird ! Abstand a r Antriebsräder Umlenkrolle Zusatzmassen Massekörper Antriebs- m rad Lichtschranke mit Digitaluhr Luftstrom aus Luftkanälen Motor Drehachse Aufgabe 1: Bestimmen Sie das Trägheitsmoment der Scheibe. Erzeugen Sie dazu gemäß Gleichung (4) der Anleitung durch 3 verschiedene Massen (m=10g, 20g und 30g) und zwei verschiedene Radien der Antriebsscheibe (r=3cm und r=2cm) sechs verschiedene Drehmomente und bestimmen Sie die && aus Gl.(3) für je 2 Umdrehungen ( ϕ = 4 π ). Bei Winkelbeschleunigung ϕ jeder Einstellung messe man die Zeit für 2 Umdrehungen jeweils 3 mal und nehme den Mittelwert. Die Zeitnahme erfolgt mittels einer Lichtschranke, die mit einer Digitaluhr gekoppelt ist. Zunächst wird der an dem Antriebsscheibenträger angebrachte Metallstreifen in den Lichtstrahl gebracht und die Uhr durch Drücken des 'Reset'-Knopfes in die Nullstellung gebracht. (Läuft die Uhr danach sofort los, so ist der Lichtstrahl der Lichtschranke nicht richtig abgedeckt). Die Scheibe wird mit Hilfe des am Drehtisch befestigten Reibrades in dieser Stellung festgehalten. Nach Wegziehen des Reibrades beginnt die Scheibe sich zu drehen, der Lichtstrahl wird freigegeben, und die Uhr startet. Nach 2 Umläufen stoppt die Uhr automatisch und gibt die benötigte Zeit an. && ) graphisch auf und entnehmen Sie daraus das Tragen Sie die Funktion D(ϕ Trägheitsmoment J der Drehscheibe (Fehlerrechnung!). Vergleichen Sie mit dem theoretischen Wert. DB 14 DREHBEWEGUNGEN Aufgabe 2: Überprüfen Sie den Steinerschen Satz. Dazu stecken Sie die beiden Zusatzmassen (M=250g) auf die vorgesehenen Stifte auf dem Träger. Man messe die Abstände a von der Drehachse . Bestimmen Sie wie in Aufgabe 1 das Trägheitsmoment von Scheibe und Zusatzmassen J ges mit r = 3cm und m = 10g sowie m = 20g. Von J ges ziehe man das Trägheitsmoment der Scheibe J S sowie das Trägheitsmoment der Zusatzgewichte, J G , ab. Dabei ist J G = 12 MR 2 wegen der Zylinderform der Zusatzmassen (R = 15 mm). Die Differenz J ges − (J S + 2 J G ) trage man gegen a 2 graphisch auf. Wie kann man anhand dieser Kurve die Gültigkeit des Steinerschen Satzes überprüfen (Begründung!) ? Aufgabe 3: Messen Sie die an einem Probekörper angreifende Zentrifugalkraft. Anstelle des Trägers mit den Antriebsscheiben schraube man nun die Schiene mit dem Rollwagen auf die Drehscheibe. In den Wagen lege man den Metallquader. Der Wagen ist mit einem Feder-Dynamometer (Federwaage) verbunden. Dann verbindet man das Reibrad mit der Drehscheibe, die dadurch mittels eines Elektromotors mit variierbarer Drehgeschwindigkeit angetrieben werden kann. Die Drehgeschwindigkeit wird mit der Motorspannung geregelt, die am Netzgerät durch ein Grobund ein Feinpotentiometer einstellbar ist. Der Motor darf mit maximal 6V Gleichspannung betrieben werden. Die Auslenkung des FederDynamometers bedingt, daß der Abstand des Metallkörpers von der Drehachse nicht konstant ist, sondern mit steigender Drehfrequenz zunimmt. Daher muß dieser Abstand bei jeder Drehfrequenz neu bestimmt werden. Das geschieht, indem man zu dem Abstand zwischen Drehachse und Metallquader-Mitte in Ruhelage die jeweils an der Federwaage ablesbare Federverlängerung addiert. Die Zentrifugalkraft FZ sowie die Auslenkung der Feder können direkt an der Federwaage abgelesen werden. Bestimmen Sie die Umlauffrequenz der Scheibe für FZ = 0.5N, 1.0N, 1.5N, 2.0N, 2.5N und 3.0N und den entsprechenden Umlaufradius der Probemasse. Die Auslenkung x der Feder pro Teilstrich ist am Arbeitsplatz angegeben, der Abstand d vom Schwerpunkt des Wagens zur Drehachse ohne Auslenkung der Feder DREHBEWEGUNGEN DB 15 beträgt 80mm. Bestimmen Sie ω aus der Zeit, die die Scheibe für 5 Umläufe benötigt. Diese wird mit der Digitaluhr gemessen, indem Sie zum Start der Zeitmessung den 'Reset'-Knopf drücken. F Tragen Sie Z gegen ω 2 graphisch auf. x+d Welche Form hat die so erhaltene Kurve? - Welche Form sollte sie theoretisch haben? Führen Sie die Berechnung selbst durch. Bestimmen Sie schließlich die Masse von Wagen und Metallblock aus Ihrer Meßkurve. Vorsicht: Ist der Elektromotor eingeschaltet, darf nicht versucht werden, die Scheibe mit der Hand im Uhrzeigersinn zu drehen! Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Mechanische Schwingungen WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 Mechanische Schwingungen Stoffgebiet: Harmonische Schwingungen Freie und erzwungene Schwingungen von Massepunkten und ausgedehnten Systemen Resonanzen Drehschwingungen Ged¨ampfte Schwingungen Schwebungen MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 2 Fragen: 1. Wie funktioniert die Wirbelstrombremse? 2. Zeichnen Sie den Frequenzgang der in der Bewegung des Pohl-Rades gespeicherten Energie. Die sich ergebende Kurve (Energiespektrum) bezeichnet man als Lorentz- oder Dispersionskurve. Hinweis: Die Energie l¨aßt sich einfach berechnen, wenn man ber¨ ucksichtigt, daß beim Pendel allgemein f¨ ur die Zeitmittelwerte der Energie gilt: Gesamtenergie t = 2 · Kinetische Energie t Kinetische Energie = 1 · J · φ˙ 2 2 und J: Tr¨agheitsmoment ˙ Wie muß 3. Der Reibungsterm in der Bewegungsgleichung (1) in Teil A hat die Form κ · φ. bei Luftreibung dabei die Str¨omung beschaffen sein? 4. Was versteht man unter Schwingfall, aperiodischem Grenzfall und Kriechfall bei der ged¨ampften Schwingung? 5. Wieso wird die Zeigerbewegung eines analogen Meßinstrumentes normalerweise auf den aperiodischen Grenzfall eingestellt? 6. Was versteht man unter R¨ uckkopplung? Erl¨autern Sie den Begriff am Beispiel der ged¨ampften Schwingung. 7. L¨aßt man auf einen schwach ged¨ampften Schwinger der Eigenfrequenz ω0 eine Erregerkraft der Frequenz ω ≈ ω0 wirken, so sieht man zun¨achst eine Schwebung. Wie erkl¨art sich der Vorgang? 8. a) Wodurch zeichnen sich die Eigenschwingungen eines Systems gekoppelter Pendel bez¨ uglich der Schwebung gegen¨ uber allen anderen m¨oglichen Schwingungsformen aus? b) Wieviele Eigenschwingungen hat ein System von N gekoppelten Pendeln? 9. Nennen Sie Beispiele f¨ ur gekoppelte, schwingungsf¨ahige Gebilde aus verschiedenen Bereichen der Physik. 10. In einem System vieler gekoppelter Oszillatoren k¨onnen sich Wellen ausbreiten. Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Eigenschwingungen des Systems und den im System m¨oglichen stehenden Wellen? MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 3 Teil A: Erzwungene Schwingungen: Pohlsches Rad Drehpendel Achse A Dämpfung Netzgerät Anregung MagnetSpule Über- Motor Motorsetzung Steuerung Grundlagen: Das Pohl’sche Rad ist ein Drehpendel und besteht aus einer um die Achse A drehbar gelagerten Messingscheibe, die durch eine Spiralfeder in einer stabilen Gleichgewichtslage gehalten wird. Nach einer Auslenkung φ0 schwingt die Scheibe mit einer durch die Mechanik bedingten Reibung frei um diese Gleichgewichtsachse und kehrt fr¨ uher oder sp¨ater, je nach Gr¨oße der Reibung, in diese zur¨ uck. Mittels eines Exzentermechanismus kann zus¨atzlich der ¨außere Halterungspunkt der Spiralfeder um kleine Betr¨age ε verschoben werden. Damit wird es m¨oglich, ein harmonisch mit der Zeit variierendes Drehmoment auf die Scheibe einwirken zu lassen. W¨ahlt man die Auslenkung ε des Spiralfederhalterungspunktes hinreichend klein, so darf das R¨ uckstellmoment der Spiralfeder in erster N¨aherung als konstant angesehen werden. Unter der Einwirkung dieses ¨außeren Drehmomentes vollf¨ uhrt das Pohl’sche Rad erzwungene Schwingungen und erlaubt eine experimentelle Untersuchung derselben. Zum Antrieb dient ein Schrittmotor, dessen Umlauffrequenz digital geregelt wird. (Der Vorteil dieses Motors ist, daß die Frequenz in einem weiten Bereich von der Belastung unbeeinflußt bleibt, die sich in der Umgebung der Resonanz des Pohl-Rades stark ¨andert.) Das Drehpendel kann unterschiedlich stark ged¨ampft werden, und zwar mittels einer Wirbelstrombremse. Sie funktioniert so, daß die Messingscheibe im Luftspalt eines Elektromagneten l¨auft, dessen Magnetfeld durch den Spulenstrom ver¨andert werden kann. Die Bewegungsgleichung des Pohl’schen Rades hat in komplexer Schreibweise die folgende Gestalt: J φ¨ + κφ˙ + Di φ = Da eiωt (1) J: Tr¨agheitsmoment der Messingscheibe um die Drehachse A κ: Reibungskonstante Di : Direktionsmoment der Spiralfeder Da : Amplitude des ¨außeren Drehmomentes ω: Frequenz des ¨ außeren Drehmomentes oder nach Division durch J φ¨ + ρφ˙ + ω02 φ = da eiωt (2) Eine spezielle L¨osung dieser inhomogenen, linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung wird mit dem folgenden Ansatz gefunden: ˜ = φ0 ei(ωt+δ) = φ˜0 eiωt φ(t) (3) MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 4 Diese L¨osung beschreibt die station¨are Schwingung, d.h. die Scheibe oszilliert mit der Frequenz ω des von außen einwirkenden Drehmomentes, allerdings mit einer Phasenverschiebung δ. Aus der Gleichung (2) und (3) erh¨alt man φ˜0 = ω02 da = φ0 eiδ − ω 2 + iωρ (4) Aufgel¨ost nach Betrag und Phasenwinkel dieser komplexen Gr¨oße ergibt sich schließlich da |φ˜0 | = φ0 = p (ω02 tan δ = (5) − ω 2 )2 + ω 2 ρ2 −ωρ − ω2 (6) ω02 Die Funktion φ0 = φ0 (ω) der Gleichung (5) beschreibt eine Resonanzkurve, deren Maximum bei q 2 ωRes = ω02 − ρ2 liegt (Skizze). Gleichung (6) gibt die Phasenverschiebung zwischen erregender und erzwungener Schwingung an. N0 D1 D2 D3 T0 D1 * T D2 D3 - B /2 -B Abbildung 2: Amplituden- und Phasenverschiebungsspektrum der erzwungenen Schwingung bei unterschiedlicher D¨ampfung (ρ1 < ρ2 < ρ3 ) MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 5 Versuchsdurchfu ¨ hrung: Aufgabe 1: Man ermittle die Eigenfrequenz des unged¨ampften Pohlschen Rades. Dazu messe man die Zeit f¨ ur je 5 freie Schwingungen mehrmals und mittele. Aufgabe 2: Man ermittele die Eigenfrequenz des ged¨ampften Pohlschen Rades. Dazu lege man eine Spannung von 9V an die Spule der Wirbelstrombremse und verfahre wie in Aufgabe 1. Aufgabe 3: Man nehme die Resonanzkurve des unged¨ampften Drehpendels auf, indem man, bei niedriger Erregerfrequenz beginnend, die sich nach der Einschwingzeit einstellenden Amplituden des Pohlschen Rades mißt (Das Abwarten des station¨aren Zustandes bei jeder Erregerfrequenz ist hierbei wichtig!). Die Erregerfrequenz wird durch zweimaliges Stoppen der Zeit f¨ ur je 10 Uml¨aufe der Exzenterscheibe ermittelt. Gleichzeitig beobachte man die Phasendifferenz δ und skizziere ihren Frequenzgang qualitativ unter der Resonanzkurve. Man zeichne die Resonanzkurve ausnahms¨ weise schon w¨ahrend der Versuchsdurchf¨ uhrung, um einen Uberblick u ¨ber die erforderliche Wahl der Erregerfrequenz zu erhalten. Die Dichte der Meßpunkte soll vern¨ unftig gew¨ahlt werden, d.h. groß im Resonanzbereich, klein weit außerhalb. Aufgabe 4: Man f¨ uhre Aufgabe 3 f¨ ur das ged¨ampfte Drehpendel durch. Dazu lege man wieder eine Spannung von 9V an die Spule der Wirbelstrombremse. Aufgabe 5: Man pr¨ ufe, ob der Ansatz f¨ ur die D¨ampfung, Glg. (1), berechtigt ist. Dazu kontrolliere man, ob f¨ ur das Verh¨altnis zweier aufeinanderfolgender Amplituden des frei schwingenden, ged¨ampften Rades die Beziehung gilt: φ0 (t) = const. φ0 (t + T ) wobei T die Schwingungsdauer ist. Dazu trage man die aufeinanderfolgenden Maximalauslenkungen (bei eingeschalteter D¨ampfung) logarithmisch gegen die Zeit auf. Wenn Glg. (1) g¨ ultig ist, ergibt sich eine Gerade. Aus ihrer Steigung sind D¨ampfungskonstante und logarithmisches Dekrement zu bestimmen. Die D¨ampfungskonstante ρ ist nun in unterschiedlicher Form in Ihren Meßdaten enthalten: a) im logarithmischen Dektrement, b) in der Frequenzverschiebung des Resonanzmaximums ω0 − ωRes , c) in der Breite der gemessenen Resonanzkurve. Berechnen Sie die daraus folgenden Werte von ρ. Versuchen Sie abzusch¨atzen, welcher dieser Werte der zuverl¨assigste und welcher der ungenaueste ist. Hinweis: Wenn die D¨ampfung klein ist, ρ ω0 , so l¨aßt sich die Halbwertsbreite der Resonanzkurve leicht berechnen, wenn man die N¨aherung ρ2 2 2 2 2 2 2 2 2 ω0 − ωH + ωH ρ ≈ 2 ω0 ω0 − ωH + 2 verwendet. (Wie kommt man auf diese Beziehung?) MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 6 Teil B: Gekoppelte Pendel Grundlagen: Lager KopplungsFederring Netzgerät PendelHalterung 220V~ Gegeben seien zwei gleiche, nebeneinander aufgeh¨angte Schwerependel (Masse m, Tr¨agheitsmoment J bez¨ uglich der Drehachse, Abstand Schwerpunkt-Drehachse = l0 ), die durch eine auf Zug und Druck gleichartig elastische Feder der Richtgr¨oße Df miteinander gekoppelt sind (siehe Abbildung). Lenkt man die Pendel um kleine Winkel α1 und α2 aus ihrer Ruhelage aus, so wirken auf jedes von ihnen zwei r¨ ucktreibende Drehmomente. Diese ergeben sich f¨ ur hinreichend kleine αi (i = 1, 2) zu: −mg l0 αi = −D0 αi (1) (durch die Schwerkraft bedingt), sowie −Df l2 (α2 − α1 ) = −D+ (α2 − α1 ) (2) (von der Kopplung der Feder herr¨ uhrend), wobei D+ = Df l2 (3) abgek¨ urzt wurde. (Man beachte die unterschiedlichen Bedeutungen der verschiedenen D’s!) l ist der Abstand zwischen Angriffspunkt der Feder und dem Aufh¨angepunkt des Pendels. Aus der ¨ Bedingung der Gleichheit der Summe der r¨ ucktreibenden Momente mit der zeitlichen Anderung des Drehimpulses folgen die Bewegungsgleichungen f¨ ur die gekoppelten Pendel: J α¨1 = −D0 α1 − D+ (α1 − α2 ) (4) J α¨2 = −D0 α2 − D+ (α2 − α1 ) (4’) Setzt man α1 − α2 = ψ1 und α1 + α2 = ψ2 , so erh¨alt man die allgemeine L¨osung ψ1 = A1 cos(ω1 t) + B1 sin(ω1 t) (5) ψ2 = A2 cos(ω2 t) + B2 sin(ω2 t) (5’) mit ω12 = ω02 + 2D+ J (6) und ω2 = ω0 (7) MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 7 wobei r D0 (8) J die Eigenfrequenz des ungekoppelten Pendels bedeutet. A1 , A2 , B1 , B2 ergeben sich aus den Anfangsbedingungen. Man unterscheidet folgende F¨alle: ω0 = 1. Bei gleichsinniger Auslenkung mit den Anfangsbedingungen (t = 0) α1 (0) = α2 (0) = α0 ; α˙ 1 (0) = α˙ 2 (0) = 0 ergibt sich aus (5) und (5’) f¨ ur die Pendelbewegung α1 = α0 cos(ω2 t) (9) α2 = α0 cos(ω2 t) (9’) Die Kopplung der Pendel spielt also keine Rolle. Jedes Pendel schwingt mit seiner Eigenfrequenz. 2. Bei gegensinniger Auslenkung mit den Anfangsbedingungen α2 (0) = −α0 ; α1 (0) = α0 ; α˙ 1 (0) = α˙ 2 (0) = 0 erh¨alt man aus (5) und (5’) α1 = α0 cos(ω1 t) (10) α2 = −α0 cos(ω1 t) (10’) Hier schwingen beide Pendel mit der gleichen Frequenz ω1 , die nach (6) gr¨oßer als die Eigenfrequenz ω0 der ungekoppelten Pendel ist. 3. Die Schwebung realisiert man mit den Anfangsbedingungen α1 (0) = α0 ; α2 (0) = 0; α˙ 1 (0) = α˙ 2 (0) = 0 und sie wird beschrieben durch die Gleichungen (ω1 + ω2 )t (ω1 − ω2 )t · cos α1 = α0 cos 2 2 (ω1 − ω2 )t (ω1 + ω2 )t · sin α2 = α0 sin 2 2 (11) (11’) + F¨ ur den Fall hinreichend kleiner Kopplung ( DJ ω02 ) folgt aus (6) und (7) in N¨aherung ω1 + ω2 = 2ω0 und ω1 − ω2 = D+ = ωS Jω0 (Schwebungsfrequenz). Dadurch gehen die Gleichungen (11) und (11’) u ¨ber in: ωS t α1 = α0 cos · cos(ω0 t) 2 ωS t α2 = α0 sin · sin(ω0 t) 2 (12) (13) (14) (14’) MECHANISCHE SCHWINGUNGEN 8 Wegen (13) und (3) erh¨alt man in diesem Fall die Schwebungsfrequenz Df l2 = f l2 ωS = Jω0 (15) Der Kopplungsgrad k beider Pendel ist definiert durch k= D+ D0 + D+ (16) F¨ ur schwache Kopplung ergibt sich wegen (8) und (13) k= ωS ω0 + ωS (17) Aufgabe 1: Man leite aus der allgemeinen L¨osung (5) und (5’) der Bewegungsgleichung gekoppelter Pendel die speziellen L¨osungen der F¨alle 1) bis 3) durch Ber¨ ucksichtigung der entsprechenden Anfangsbedingungen ab. Man benutze beim Fall 3) die Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen. Aufgabe 2: Man bestimme die Frequenzen ω0 und ω1 bei gleichsinniger bzw. gegensinniger Schwingung. Messung: ω0 = ω2 und ω1 sind u ¨ber je 50 Schwingungen je 5 mal zu messen. Der Angriffspunkt der Feder soll etwa bei l0 /2 liegen. Die Auslenkung der Pendel soll etwa α0 = 5◦ betragen. Sie soll bei beiden Pendeln m¨oglichst gleich sein, um Schwebungen zu vermeiden. Aufgabe 3: Man messe die Schwebungsfrequenz ωS (Fall 3) in Abh¨angigkeit von l, stelle die Funktion f (l2 ) graphisch dar und vergleiche deren Verlauf mit dem nach Gleichung (15) zu erwartenden. ωS ist jeweils durch Messung u ¨ber 5 Schwebungen zu bestimmen. Aufgabe 4: Man ermittele den Kopplungsgrad k in Abh¨angigkeit von l und stelle k = k(l) graphisch dar. Durchf¨ uhrung: Die beiden Pendel sind schneidengelagert; sie k¨onnen zur Realisierung der Anfangsbedingungen mit Kupferlitze-Dr¨ahten an den Pendelhalterungen befestigt werden. Durch einen Stromstoß aus einem Leistungs-Trafo (Vorsicht: Prim¨ arspannung 220V! ) wird die Pendelbewegung ausgel¨ost. Die Schwingungs- bzw. Schwebungsdauern werden mit einer Stoppuhr gemessen. Zur ¨ VerAnderung der Kopplung werden beide Halter des Federringes um gleiche Strecken verschoben. 1 VERSUCHSBESCHREIBUNG 1 Ergänzungsblatt zum Versuch Mechanische Schwingungen, Drehpendel (Pohl’sches Rad) und chaotische Bewegung1 1 Versuchsbeschreibung Der Versuch wird — wie in der Hauptanleitung beschrieben — unter Verwendung des Pohl’schen Rades durchgeführt. Das System ist in Abb. 1 dargestellt. Hierbei handelt es sich um ein schwingungsfähiges System, bestehend aus einer Drehscheibe und einer Spiral- oder Schneckenfeder (2c), welche für Auslenkungen aus der Ruhelage die rücktreibenden Kraft erzeugt, die als Drehmoment/Rückstellmoment am Pendelkörper (2) angreift. Der metallische Pendelkörper läuft durch die Pohlschuhe eines Elektromagneten (4). Nach dem Prinzip der Wirbelstrombremse lassen sich somit durch verschiedene Ströme ID in den Magnetspulen verschiedene Reibungskonstanten κ bzw. Dämpfungskoeffizienten ρ realisieren. Das Schwingungssystem ist wegen Lager- und Luftreibung natürlich auch bei ID = 0 nicht ungedämpft (Dämpfungskoeffizient ρ > 0), was zu einer zeitlich nicht konstanten Amplitude führt. Änderungen zur Versuchsdurchführung ergeben sich nur durch die nunmehr computergestützte Meßwertaufnahme und -auswertung. Der Drehwinkel φ(t) wird über ein kleines Speichenrad mit eingebauter Lichtschranke in eine zu φ(t) proportionale Weglänge x(t) umgewandelt, welche die Meßgröße darstellt. Zusammen mit bzw. v(t) = dx(t) der Zeitbasis des Computers können somit auch die Winkelgeschwindigkeit φ˙ = dφ(t) dt dt bestimmt und aufgetragen werden. Das System ist mit einem Erregermotor (5) versehen, der es erlaubt, auf das System ein zeitlich periodisches äußeres Drehmoment wirken zu lassen. Das Drehmoment wird über den Motor mit Exzenterscheibe (3e) erzeugt und über die Schubstange (3d) und den Errerger (3) auf die Schneckenfeder übertragen. 1 Anmerkungen und Fragen zur Anleitung bitte an: [email protected] Abbildung 1: Versuchsaufbau Pohl’sches Rad (d) Buchsen für Versorgungsspannung (c) Meßbuchsen für Erregerspannung (b) Grobeinstallung für Erregerspannung (a) Feineinstellung für Erregerspannung 5. Erregermotor (a) Anschlußbuchsen 4. Elektromagnet für Wirbelstrombremse (e) Antriebsrad mit Exzenter (d) Schubstange (c) Schraube (b) Schlitz (a) Zeiger für Phasenlage 3. Erreger (c) Schneckenfeder (b) Zeiger für Phasenlage (a) Zeiger für Auslenkung 2. Pendelkörper 1. Skalenring 1 VERSUCHSBESCHREIBUNG 2 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 2 3 Versuchsdurchführung Für das Gesamtsystem läßt sich — ähnlich der Kräftebilanz zur Beschleunigung eines Massepunktes — ¨ ¨ eine Drehmomentbilanz aufstellen. Das Drehmoment J φ(t), welches zur Winkelbeschleunigung φ(t) des Pendelkorpers führt, ergibt sich als Summe aller an ihm angreifenden Drehmomente. Diese Drehmomentbilanz: ¨ J φ(t) ³ | {z } beschleunigendes´ Drehmoment = ˙ −κφ(t) +Da eiωt | {z } ´ ³ ´³ ³ externes dämpfendes ´ rückstellendes Drehmoment Drehmoment (Feder) Drehmoment (Motor) | {z } −Di φ(t) | {z } (1) führt zur normierten Darstellung der Differentialgleichung (DGL), vgl. Teil A Gl. (2) ¨ + ρφ(t) ˙ + ω 2 φ = da eiωt φ(t) 0 . (2) 2.1 Das harmonische Drehpendel ohne externen Antrieb Hierbei wird der externe Motor nicht benutzt (da = 0 in Gl.(2)). Betrachtet wird also zunächst das System mit der linearen homogenen DGL ¨ + ρφ(t) ˙ + ω 2 φ(t) = 0 φ(t) 0 . (3) Diese DGL mit konstanten Koeffizienten führt mit dem Ansatz φ(t) = A · eλt durch Einsetzen in Gl. (3)auf die charakteristische Gleichung q Die Lösungen λ1,2 = −ρ/2 ± sinnvolle Unterscheidungen: a) b) c) λ2 + ρλ + ω02 = 0 . (4) ρ2 /4 − ω02 ergeben je nach Wert des Radikanten drei physikalisch ρ2 /4 < ω02 ρ2 /4 > ω02 ρ2 /4 = ω02 (gedämpfte Schwingung) (Kriechfall) (aperiodischer Grenzfall) ˙ Vorbereitungsaufgabe: Mit den Anfangsbedingungen φ(t = 0) = φ0 und φ(0) = 0 sind die Lösungen φ(t) der drei “Schwingungsmodi” herzuleiten. Bemerkung: Die Position des ruhenden Motors ist durch Drehen des Antriebsrades so einzustellen, daß das Drehpendel bei 0◦ steht. Wegen nicht-verschwindender Lager- und Luftreibung und nicht zuletzt auch durch Energiedissipation durch den Meßaufnehmer ist eine ungedämpfte Schwingung nicht wirklich zu beobachten (ρ > 0), d.h. die Amplitude der Schwingung wird trotz ID =0 A mit der Zeit abnehmen. Ausgehend vom “ungedämpften” harmonischen Pendel (mit Dämpfungsstrom ID =0 A) lassen sich mit dem Versuchsaufbau je nach Dämpfungsstärke die drei weiteren Schwingungsmodi des nicht extern angetriebenen Drehpendels wie folgt experimentell beobachten: 2.1.1 Gedämpfte harmonische Schwingung Hier sollen für drei verschiedene Dämpfungsstärken unterhalb des aperiodischen Grenzfalls gedämpfte harmonische Schwingungen erzeugt und als Meßkurve x(t) aufgenommen werden (Vorschlag: ID = 0.3, 0.6 und 1.0 A). Nehmen Sie die Kurven x(t) mit der Cassy-Software auf. Lassen Sie sich vom Assistenten die Möglichkeiten der Kurvenanpassung (nichtlinearer 4-Parameter-Fit, least-squares fit) innerhalb des Programms zeigen, führen Sie diese für die 4-parametrige Funktion x(t) = A·e−B·t sin(360·C·t+D) 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 4 durch und tragen Sie die angepaßten Parameter in die Ausdrucke ein. Machen Sie sich mit Hilfe der Vorbereitungsaufgabe aus Abschnitt 2.1 die Bedeutung der 4 Fitparameter (A . . . D) klar. Die Auswertung des logarithmischen Dekrements (Bestimmung der Dämpfungskonstanten) kann nun direkt aus den Daten (φ(t)-Kurven) erfolgen und mit dem Anpassungsparameter B der Fit-Funktion verglichen werden. 2.1.2 Aperiodischer Grenzfall Durch weitere Erhöhung der Dämpfung im Vergleich zur gedämpften harmonischen Schwingung in 2.1.1 (Erhöhung des Stromes ID oberhalb 1 A im Elektromagneten der Wirbelstrombremse) läßt sich der aperiodische Grenzfall realisieren. Hier findet gerade keine Schwingung mehr statt (es kann allerdings — je nach Anfangsbedingung — ein Unter- oder Überschwinger mit asymptotischer Annäherung an die t-Achse beobachtet werden). Ändern Sie mit Hilfe des Betreuers das Fit-Modell auf die neue Fitfunktion x(t) = (A · t + C)e−B·t und führen sie wie in 2.1.1 die Kurvenanpassung durch. 2.1.3 Kriechfall (Überdämpfung) Oberhalb 1.5 A Dämpfungsstrom ergibt sich die Lösung der Schwingungsgleichung als einfache Exponentialfunktion ohne Unterschwinger, was man als Kriechfall oder überdämpfte Schwingung bezeichnet. Ändern Sie mit Hilfe des Betreuers das Fit-Modell auf diese allgemeine Lösung x(t) = (A · e−D·t + C · eD·t )e−B·t und führen sie wie in 2.1.1 die Kurvenanpassung durch. 2.2 Der gedämpfte harmonische Oszillator mit periodischem Antrieb — Resonanzphänomene Durch Erhöhung der am Motor angelegten Gleichspannung U kann dessen Drehfrequenz und damit die Antriebsfrequenz ω für das Drehpendel geändert werden. Es ist die Resonanzkurve φ0 (ω) (das heißt die Amplitude der Schwingung in Abhängigkeit von der Antriebsfrequenz ω) aufzunehmen. Hierbei ist als Dämpfungsstrom ID zur Vermeidung zu hoher Amplituden in der Nähe der Resonanz ID ≈0.3 A zu wählen. Bei zu schwacher Dämpfung kann das Schwungrad beschädigt werden, zudem entstehen durch große Amplituden Nichtlinearitäten in der Federkraft (Abweichungen vom Hook’schen Gesetz)! Zur Änderung der Antriebsfrequenz des Pendels wird die Antriebsspannung des Motors verändert (die Linearität der Motorfrequenz mit der angelegten Spannung ist zu überprüfen). Um ausreichend dichte Frequenzpunkte im Bereich der Resonanzfrequenz zu erhalten, sollten für den Motor mindestens 5, 6, 7. . .8 in 0.2 V Schritten, 8.5, 9.0, 10 und 11 V als Antriebsspannung gewählt werden. Es ist unbedingt darauf zu achten, daß die Bestimmung der Frequenz und der Amplitude (durch Kurvenanpassung) nach erfolgter Änderung der Antriebsfrequenz im eingeschwungenen Zustand (Frequenz=Antriebsfrequenz ω und zeitlich konstante Amplitude φ0 (ω)) stattfinden. Dies ist durch Beobachtung der Entwicklung des Schwingungsverlaufes vor der Messung über mindestens 40-50 Schwingungsperioden auf dem Bildschirm zu überprüfen. Frequenz und Amplitude können ähnlich wie in 2.1.1 über einen 4-Parameterfit x(t) = A · sin(Bt + C) + D im eingeschwungenen Zustand bestimmt werden. Aufgabe: Die Resonanzkurve φ0 (ω) soll für ID ≈0.3 A aufgenommen werden. Überprüfen Sie hierbei auch die in der Anleitung hergeleitete Phasenbeziehung (Phasendifferenz δ) zwischen der Erregerphase (z.b. Markierung bei (3e) in Abb. 1) und der Schwingungsphase des Pendelkörpers für die drei Antriebsfälle ω ¿ ω0 , ω ≈ ω0 sowie ω À ω0 . Passen Sie mit Hilfe des Betreuers die Parameter der in Teil A Gl. (5) angegebenen Funktion an Ihre Daten an und ermitteln Sie aus dem Fit der Resonanzkurve die Dämpfungskonstante. Frage: Wie verhält sich das Maximum der Resonanzkurve bei Erhöhung der Dämpfung? 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 5 2.3 Demonstrationsversuch Phasenraumdarstellung, Fixpunkte und Chaotische Schwingungen 2.3.1 Phasenraumdarstellung der Pendelbewegung im harmonischen Potential: stabiler Fixpunkt Der Begriff des harmonischen Oszillators geht darauf zurück, daß für φ(t), der Lösung der Diffe¨ + Di φ(t) = 0 für eine dämpfungsfreie Bewegung in einem quadratirentialgleichung (DGL) J φ(t) 1 schen Potential (Epot = 2 Di φ2 ) welches aus dem linearen Kraftgesetz folgt, gilt: φ(t) ∝ eiωt , d.h. die Lösung besteht aus Linearkombinationen von sin und cos-Funktionen. Insbesondere gilt für die˙ leicht zeigen läßt: ses System die Energieerhaltung, wasi sich durch Multiplizieren der DGL mit φ. h ˙ = 0 ⇒ 1 d J φ˙ 2 + Di φ2 = 0 ⇒ 1 J φ˙ 2 + 1 Di φ2 = Erot + Epot = Eges = const. J φ˙ φ¨ + Di φφ 2 dt 2 2 Bisher ist die Bewegung des Drehpendels als Funktion φ(t) oder — über den Meßaufnehmer in eine Weglänge übersetzt — als Funktion x(t) beschrieben worden. In einer anderen Darstellung wird die Zeit t nur noch als impliziter Parameter der Bewegung benutzt und man trägt nunmehr die Geschwindigkeit x˙ bzw. Winkelgeschwindigkeit φ˙ als Funktion des Winkels φ bzw. Ortes x auf, während die Zeit sozusagen “im Hintergrund mitläuft”. Für eine ungedämpfte harmonische Schwingung (ohne Antrieb) kann man ˙ sich das Aussehen der Funktionen φ(φ) bzw. x(x) ˙ leicht herleiten. Die Gleichung der Energieerhaltung (zeitlich konstante Gesamtenergie) für dieses System (siehe oben) , d.h. im Falle unserer Drehbewegung ³ ´2 ³ ´2 Epot + Erot = 21 Di φ2 + 21 J φ˙ 2 = Eges = const. steht in Analogie zu xa + yb = 1 , der Ellipsengleichung. Für den harmonischen Oszillator ohne Dämpfung ergibt sich für das Drehpendel in der ˙ Phasenraumdarstellung φ(φ) somit eine Ellipse mit φ2 (t) 2Eges Di + φ˙ 2 (t) 2Eges J =1 . (5) Im Gegensatz hierzu ergibt das Vorhandensein eines nicht verschwindenden Dämpfungsterms in der ˙ für die Phasenraumtrajektorie eine Spirale, die für t → ∞ auf den Punkt (φ = DGL (hier z.B. ∝ φ) 0, φ˙ = 0) zuläuft. Ein Punkt (φ = 0, φ˙ = 0) in einem 2D-Phasenraum wird als Fixpunkt bezeichnet. Er ist zudem stabil, da kleine Störungen in φ oder φ˙ (z.B. Anstoßen des Pendels aus der Ruhelage) mit der Zeit verschwinden, und das System wieder auf (0, 0) relaxiert. 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 6 dφ/dt c) dφ/dt b) 0.15 0.15 a) Eges =Epot+Ekin E dx/dt pot 0.1 0.1 Ekin 0.05 0.05 Epot -1.5 -φ0 -0.5 0 φx 0.5 φ0 1.5 Abbildung 2: Bewegung des eindimensionalen harmonischen Oszillators: quadratisches Potential (a), Phasenraumdarstellung im ungedämpften Fall (b) (Ellipse, siehe Gl. (5), ρ = 0 in Gl. (2)) und im gedämpften Fall (c) ρ > 0 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 7 Abbildung 3: Anbringen der beiden Gewichte am Schwungrad zur Erzeugung zweier neuer Ruhelagen (siehe Doppelmuldenpotential in Abb. 4(a). In 2.3.2 wird ein System beschrieben, welches neben zwei stabilen auch einen instabilen Fixpunkt besitzt. Aufgabe: Lassen Sie sich vom Betreuer zeigen, wie man mit Hilfe des Programms eine Phasenraum˙ darstellung φ(φ) der Drehpendel-Bewegung der drei unter 2.1 beschriebenen Lösungen der Bewegungsgeichung erzeugt. 2.3.2 Einführung des anharmonischen Doppelmuldenpotentials: instabile Fixpunkte Setzt man gemäß Abb. 3 zwei Gewichte an die Schwungscheibe des Drehpendels an, so ist die Einstellung des Drehpendels bei φ = 0 nicht mehr stabil, d.h. das Pendel wird entweder nach +φ oder −φ kippen und dort (bei vorhandener Dämpfung) letztlich in einen von zwei neuen, stabilen Fixpunkten des Phasenraumes bei (+φ1 , 0) oder (−φ2 , 0) spiralförmig einlaufen (siehe Abb. 4(c)). Als Modell für die potentielle Energie dieses Systems kann in guter Näherung ein Doppelmuldenpotential der Form Epot = −aφ2 + bφ4 angenommen werden (siehe Abbildung 4). Aufgabe: Realisieren Sie die in Abb. 4(c) numerisch simulierten Phasenraumtrajektorien für verschiedene Dämpfungsstärken! 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 8 d φ/dt c) φ d φ/dt b) φ 0.06 0.06 a) Eges= Epot+ Ekin Epot 0.04 0.04 Ekin 0.02 0.02 Epot 0 -1.5 0 -1 −φ2 -0.5 0 φx 0.5 φ1 1 1.5 Abbildung 4: Eindimensionale Bewegung im nicht-harmonischen Potential (nach Anbringen der Zusatzgewichte gemäß Abbildung 3). (a) Darstellung des Doppelmuldenpotentials des Systems (offene Kreise) und Modellfit mit Epot = −aφ2 + bφ4 , a = 0.0705, b = 0.0699. (b) Phasenraumdarstellung mit Trajektorien im ungedämpften Fall mit Separatrix (breite Linie) und den stabilen Fixpunkten ((φ1 , 0) und (−φ2 , 0)). (c) Einteilung des Phasenraumes in (ρ > 0) in (φ1 , 0)- oder (−φ2 , 0)-terminierte Trajektorien. Breite Linie in (c): Trennung der Einzugsbereiche der beiden stabilen Fixpunkte. 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG (a) (b) (c) 9 stabile, leicht anharmonische Schwingung um (φ1 , 0) oder (−φ2 , 0) (ω ¿ ωc , ω À ωc ) Stabile Orbits mit Periodenverdopplung ggü. (a) um (φ1 , 0) oder (−φ2 , 0) (ω ≤ ωc ) (ω > ωc ) chaotisches, nicht-deterministisches Verhalten Tabelle 1: Die verschiedenen Schwingungsmodi des gedämpften, periodisch getriebenen Pendels im Doppelmuldenpotential 2.3.3 Gedämpftes, periodisch getriebenes Pendel im Doppelmuldenpotential Ähnlich wie im Fall des quadratischen Potentials (Abschnitt 2.2) lassen wir nun ein periodisches externes Drehmoment (Amplitude Da ) an dem mit Gewichten versehenen Drehpendel (siehe Abb. 3) angreifen. Bei der — im Versuch fest eingestellten — konstanten Amplitude (feste Einstellung der Einstellschraube (3c) in Abb. 1) des angreifenden Drehmomentes und konstanter Reibung (ρ > 0, ID ≈ 0.23A) läßt sich das Verhalten des Drehpendels beim Durchfahren der Antriebsfrequenz ω von kleinen Werten ausgehend im wesentlichen in drei Kategorien einteilen (siehe Tabelle 1) — insbesondere läßt sich ein Übergang zu chaotischem Verhalten des Pendels oberhalb einer Frequenz ωc beobachten: In (b) kann bei langsamer Erhöhung der Frequenz nach der Periodenverdopplung auch eine Periodenvervierfachung usw. beobachtet werden. Die (z.T. mehrfache) Verdopplung der Periode ist ein Anzeichen für den bevorstehenden Übergang der Pendelbewegung von stabilem zu chaotischem Verhalten. Nach dieser noch stabilen/deterministischen Bewegung führt eine weitere Erhöhung der Frequenz zu chaotischem Verhalten (c): es kann nicht mehr vorhergesagt werden, wann das Pendel von einem auf den anderen Attraktor wechselt. Wird die Frequenz nach erreichen von (c) immer weiter erhöht, so führt der beschriebene “Weg ins Chaos” in umgekehrter Reihenfolge wieder vom chaotischen Verhalten über (b) zurück zur in (a) beschriebenen Situation. Aufgabe: Präparieren Sie die Startbedingungen für das Drehpendel zu ID ≈ 0.23A (Multimeter) und im Fixpunkt (φ = φ1 , φ˙ = 0). Starten sie den Motor mit kleinen Frequenzen und realisieren sie die verschiedenen Situationen in Tabelle 1 wie in Abbildung 5 und bestimmen Sie ωc . 2 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG 10 ID = 0.23 A, Umot = 5.24 V 0.2 c) dx/dt 0.1 0 -0.1 -0.2 b) dx/dt 0.1 ID = 0.23 A, Umot = 5.15 V 0 Periodenverdopplung (nach Bifurkation) -0.1 a) dx/dt 0.1 ID = 0.23 A, Umot = 6.3 V ID = 0.23 A, Umot = 7.3 V 0 -0.1 -0.2 stabile Orbits -0.1 0 0.1 0.2 x(t) Abbildung 5: Gemessene Phasenraumdarstellung x(x) ˙ der eindimensionalen Bewegung im anharmonischen Potential mit periodischem Antrieb und Dämpfung: Übergang von stabilen Orbits mit kleinen Amplituden (in (a)) zur chaotischen Bewegung (c) über Periodenverdopplung (nach Bifurkation) in (b). Bewegung in stabilen Orbits um einen der Fixpunkte für ω À ωc (aquivalent zu ω ¿ ωc )) in (a) mit harmonischer Näherung (Ellipsen) für sehr kleine Amplituden. Anm.: es wurde bei konstanter Dämpfung nur die Antriebsfrequenz ω (∝ Umot Motorspannung) geändert. Reversionspendel - Grundpraktikum Physik der 24.06.15 1/4 Reversionspendel Das Reversionspendel ist ein Musterbeispiel für die Planung und Optimierung eines experimentellen Aufbaus um mögliche Fehlerquellen zu eliminieren. Der Pendelaufbau und die trickreiche Messung gestatten es, auftretende Schwierigkeiten aufgrund der endlichen Ausdehnung von Pendel und Pendelkörper zu eliminieren und so die Gleichungen auf die des mathematischen Pendels zurückzuführen. 1 Lernziele • • • • Abhängigkeit der Periodendauer bei Pendelschwingungen von der maximalen Auslenkamplitude ϕ0 Trägheitsmoment I bei ausgedehnten Körpern und der Steiner’sche Satz mathematisches versus physikalisches Pendel Bestimmung der lokalen Fallbeschleunigung aus der Periodendauer der Pendelschwingung 2 Experimenteller Aufbau • Reversionspendel bestehend aus dem Pendelstab, fester Masse M2 und einer beweglichen Masse M1 , siehe Abschnitt 8 Zusatzmaterial • Lichtschranke mit Präzisionszeitmesser • Maßband mit einer Genauigkeit von 1 mm 3 Messungen a) Bestimmen Sie die Abhängigkeit der Periodendauer To ( ϕ0 ) des Pendels für verschiedene Auslenkungen ϕ0 . Dieses für die Stellung x = 50 cm der beweglichen Masse M1 zwischen den Schneiden und der festen Masse M2 oben, siehe Abschnitt 8. b) Nehmen Sie für verschiedene Positionen x der Masse M1 zwischen den Schneiden die Periodendauer To,u ( x ) auf, jeweils eine Versuchsreihe mit der beweglichen Masse oben beziehungsweise unten. Bestimmen Sie aus der grafischen Darstellung die ungefähren Positionen x1,2 der Schnittpunkte der Kurven To ( x ) und Tu ( x ). c) Bestimmen Sie zusätzliche Messpunkte in der Umgebung von x1,2 , um die Genauigkeit der Schnittpunkte mit den zugehörigen Periodendauern T1,2 zu erhöhen. 4 Versuchsdurchführung zu 3a) Stellen Sie sicher, dass die feste Masse M2 sich oben befindet und sich die bewegliche Masse auf x = 50 cm befindet. Lenken Sie das Pendel vorsichtig in seiner Schwingungsebene aus: die maximale Auslenkung ϕ0 darf 10 ° nicht überschreiten. Durch Druck auf Start am Zeitmesser wird kontinuierlich die Periodendauer aus zwei Durchgängen durch die Lichtschranke ausgegeben. Ermitteln Sie die Periodendauern für mindestens 8 verschiedene maximale Auslenkwinkel. zu 3b) Die zylindrische Masse M1 hat einen Radius von 5 cm. Somit können Sie deren Position aus dem Abstand Schneidenhalterung–Oberkante Masse auf ±1 mm genau bestimmen. Einen Punkt haben Sie bereits erfasst. Nehmen Sie für mindestens 9 weitere, gleichmäßig verteilte Positionen die zugehörige Periodendauer To ( x ) auf, wobei die maximale Auslenkung circa 3 ° betragen soll. Drehen Sie danach das Pendel vorsichtig um, so dass sich die kleine, feste Masse M2 unten befindet. Achten Sie auf die scharfen Schneiden und das sich die obere wirklich sicher in der Mitte der Kerbe befinden. Bestimmen Sie ebenfalls für 10 Positionen x die Periodendauer Tu ( x ), ebenfalls mit ϕ0 = 3 °. Tragen Sie beide Datenreihen in einem Diagramm als Punktdiagramm (Scatter-Plot) auf und führen Sie eine Regression mit einem Polynom 3. Grades durch. Die Abszissenwerte x1,2 der Schnittpunkte werden für die nächste Aufgabenstellung benötigt. In Origin® gibt es die Möglichkeit sich die Koordinaten der Cursorposition ausgeben zu lassen. zu 3c) Die feste Pendelmasse befindet sich noch immer unten. Nehmen Sie für 5 weitere Positionen um x1 und 5 Positionen um x2 die Periodendauer Tu ( x ) auf. Drehen Sie das Pendel erneut um und bestimmen Sie analog weitere Periodendauern To ( x ) um die Punkte um x1 und x2 . Bestimmen Reversionspendel - Grundpraktikum Physik der 24.06.15 2/4 Sie die Massenposition x auf mindestens 1 mm genau. 5 Auswertungen Zur Auswertung stehen Computer mit der Software Origin® zur Verfügung. a) Periodendauer T ( ϕ0 ): Tragen Sie T ( ϕ0 ) auf und extrapolieren Sie T ( ϕ0 = 0). In einer weiteren Abbildung tragen Sie mit diesem Wert die dimensionslose Größe T ( ϕ0 )/T ( ϕ0 = 0) Ihrer Messwerte und zusätzlich die theoretische Kurve bis zur quadratischen Ordnung auf, siehe Vorbereitung. Der ermittelte Wert für T ( ϕ0 = 0) und Ihre berechnete Periodendauer aus der Versuchsvorbereitung sollen im Diagramm vermerkt werden. Diskutieren Sie mögliche systematischen Abweichungen. b) Bestimmung von T1,2 : Bestimmen Sie die Periodendauern T1 und T2 der Schnittpunkte grafisch aus Ihren Messungen mit dem Auslenkwinkel von ϕ0 = 3 °. Die Zeiten T1 und T2 sollten recht gut übereinstimmen. Schätzen Sie aus Ihrer Abbildung die Messungenauigkeit u( T ) ab. c) g-Bestimmung: Zur exakten g-Berechnung aus der Periodendauer h T i = 12 ( T1 + T2 ) muss diese noch mathematisch auf ϕ → 0 korrigiert werden. Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass das Pendel in Luft einen relativen Auftrieb der Größenordnung $Luft /$Pendel ≈ 1.5 · 10−4 erfährt. Beides wird in der Gleichung (37) in Ref. [1] im Kap. 2.2 berücksichtigt. Berechnen Sie den lokalen Wert von g aus dem Mittelwert von T1 und T2 . d) Fehlerrechnung zur g-Bestimmung: Bestimmen Sie nach dem gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz die Messabweichung u( g) aus Ihrer persönlichen Abschätzung (keine Berechnung) von u( T ), wobei die einfließende Pendellänge d = 993.9 mm als fehlerfrei angenommen wird. Vergleichen Sie Ihren g-Wert und dessen Messabweichung u( g) mit mit der Angabe der Physikalisch Technischen Bundesanstalt für Saarbrücken (siehe Zusatzmaterial). 6 Literatur In der Referenz [1] im Kap. 2.2 finden Sie eine genaue Beschreibung mit den zugehörigen mathematischen Ableitungen zum Reversionspendel. [1] W. Schenk und F. Kremer (Hrsg.) Physikalisches Praktikum. Springer, 14. Auflage, 2014. url: http://dx.doi.org/10.1007/978-3-658-00666-2. [2] D. Meschede. Gerthsen Physik. Springer, 25. Auflage, 2015. url: http://dx.doi.org/10.1007/9783-662-45977-5. 7 Vorbereitung, Fragen und Berechnungen vor dem Versuchsantritt • mathematisches versus physikalisches Pendel: Differentialgleichung und Periodendauer für kleine Auslenkungen • Was ist die exakte Periodendauer eines mathematischen Pendels als Funktion der maximalen Auslenkung T ( ϕ0 ), siehe Wikipedia? • Schwerpunktbestimmung ausgedehnter Körper • Trägheitsmoment: allgemeine Berechnung, Formelzeichen, Einheit • Trägheitsmomente einfacher Körper: Zylinder und Quader • Steiner’scher Satz • Berechnungen vor der Versuchsdurchführung, siehe auch Zusatzmaterial: a) Berechnen Sie die Trägheitsmomente durch den Schwerpunkt der Massen M1,2 und des Stabes MStab , welcher als Quader angesehen wird. b) Berechnen Sie den Schwerpunkt xS des Pendels mit M1 an x = 50 cm und das Trägheitsmoment des Pendels bezüglich des Aufhängepunktes. c) Berechnen Sie die zu erwartende Periodendauer des Pendels mit M1 an x = 50 cm. Reversionspendel - Grundpraktikum Physik der 24.06.15 3/4 8 Zusatzmaterial • Die Abmessungen (nicht maßstabgetreu) des verwendeten Reversionspendels in mm. Die homogenen Massen sind M1 = 1401 ± 2 g , M2 = 1003 ± 2 g , MStab = 1265 ± 2 g. feste Masse oben unten 50 250 340 50 1331 16 • Die Bestimmung der lokalen Fallbeschleunigung lässt Rückschlüsse auf mögliche Erzlagerstätten zu und wird heutzutage sogar vom Weltraum aus durchgeführt. Reversionspendel - Grundpraktikum Physik der 24.06.15 4/4 • Die gemessene Fallbeschleunigung g = |~g| setzt sich aus dem lokalen Gravitationsfeld und der Zentrifugalbeschleunigung zusammen ~g = ~ggravi + ~gzentri . Verringert oder verstärkt die Zentrifugalbeschleunigung den Betrag der Fallbeschleunigung? Können Sie den Betrag dieser Korrektur für Saarbrücken berechnen? • Die lokale Fallbeschleunigung um Saarbrücken ist siehe bei der Physikalisch Technischen Bundesanstalt http://www.ptb.de/cartoweb3/SISproject.php Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Mechanischer Kreisel WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 2H ! 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Mechanik der Flüssigkeiten Themengebiete • Aufbau von Flüssigkeiten • Molekularkräfte • Grenz- und Oberflächen • Oberflächenspannung, spezifische Oberflächenenergie • Benetzung • Kontaktwinkel • Oberflächenspannung von Festkörpern • Kapillarität • Grenzschichten • Laminare und turbulente Strömungen • Innere Reibung, Viskosität • Materialkonstanten von Flüssigkeiten Einführende Literatur • P.A. Tipler, G. Mosca, Physik 2. Auflage (Elsevier, München 2004) Kap. 13.1 – 13.4 • D. Meschede, Gerthsen Physik 24. Auflage (Springer-Verlag, Heidelberg 2010) Kap. 3.2, 3.3 • H.-J. Eichler,H.-D. Kronfeldt, J. Sahm, Das Neue Physikalische Grundpraktikum 2. Aufl. (Springer-Verlag, Heidelberg 2006) Kap. 10 Mechanik der Flüssigkeiten 3. 3 Fragen 1. Erklären Sie die Begriffe Kohäsionskraft und Adhäsionskraft. 2. Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Oberflächenenergie und Oberflächenspannung am Beispiel der Vergrößerung einer Flüssigkeitsoberfläche. 3. Erklären Sie die Bügelmethode zur Messung der Oberflächenspannung und stellen Sie den Bezug zur Ringmethode her. Warum kann erst kurz vor dem Abreißen der Flüssigkeitslamelle der korrekte Wert der Oberflächenspannung bestimmt werden? 4. Erläutern Sie das Verhalten von Quecksilber in einer Glaskapillaren im Vergleich zum Verhalten von Wasser und geben Sie eine Begründung für das Phänomen an. 5. Nennen Sie Gründe dafür, warum im Versuchsteil Dynamik des kapillaren Steigens anstatt einer einzigen Kapillaren ein poröser Körper mit sehr vielen nur wenigen Nanometern dicken Kapillarsträngen verwendet wird. 6. Zählen Sie in Abhängigkeit von der Größe des Grenzwinkels die verschiedenen Arten der Benetzung auf und nennen Sie jeweils ein Beispiel. 7. Beschreiben Sie jeweils ein Messverfahren, um die Dichte der Flüssigkeit sowie der Stahlkugeln im Versuchsteil „Kugelfallviskosimeter“ zu bestimmen. 8. Erklären Sie warum man einen falschen Messwert für die Viskosität erhält, wenn die Kugel nahe am Gefäßrand des Viskosimeters fällt. 9. Geben Sie das Hagen-Poiseuillesche-Gesetz an und erklären Sie die darin enthaltene Aussage. 10. Erklären Sie den Auftrieb bei Flugzeugen mittels der Bernoullie-Gleichung und erläutern Sie den Unterschied zum Auftrieb eines ruhenden Holzklotzes im Wasser. 4 Mechanik der Flüssigkeiten 4. Grundlagen 4.1 Oberflächenenergie und Oberflächenspannung Betrachtet man den molekularen Aufbau einer Flüssigkeit, so ist zu erkennen, dass ein einzelnes Molekül im Innern gleichmäßig mit Nachbarmolekülen umgeben ist. An der Oberfläche fehlen hingegen die Nachbarmoleküle im Bereich der Grenzfläche. Somit ergibt sich aus den Kräften, welche die Moleküle zusammenhalten, eine nach Innen gerichtete resultierende Kraft an der Oberfläche (Abb. 1). Zur Vergrößerung der Flüssigkeitsoberfläche müssen Moleküle gegen diese Kraft aus dem Innern an die Oberfläche gebracht werden. Es muss also Arbeit verrichtet werden, die dann als potentielle Energie in der Oberfläche gespeichert wird. Man definiert deshalb als spezifische Oberflächenenergie ε: = ε Energiezunahme ∆W = Oberflächenvergrößerung ∆A (1) Die Oberflächenenergie bezeichnet man auch als Oberflächenspannung σ oder Kapillarkonstante. Mit der Zugkraft FZug und der Länge L auf der Oberfläche, an der diese Kraft angreift, ergibt sich für die Oberflächenspannung der Zusammenhang σ= ε= Abb. 1: Molekülmodell einer Flüssigkeit. FZug 2L (2) Abb. 2: Oberflächenvergrößerung einer Flüssigkeitslamelle. In Abb. 2 ist dieser Zusammenhang am Beispiel einer Flüssigkeitslamelle in einem Drahtrahmen dargestellt. Übt man eine Zugkraft FZug auf den verschiebbaren Bügel der Länge L aus und lenkt diesen um die Strecke Δs aus, so führt dies zu einer Vergrößerung der Flüssigkeitsoberfläche um 2ΔA. Setzt man in Gl. (1) für die aufgewendete Arbeit ΔW = FZugΔx sowie für die Vergrößerung der Oberfläche ΔA = 2ΔxL ein, so ergibt sich Gl. (2). Der Faktor 2 berücksichtigt, dass die Lamelle zwei Oberflächen besitzt. 4.2 Benetzung und Kontaktwinkel Neben der Grenzfläche Flüssigkeit-Gasphase, also der Oberfläche einer Flüssigkeit, existieren je nach Situation noch weitere Grenzflächen, deren Grenzflächenspannungen relevant für das Mechanik der Flüssigkeiten 5 Verhalten der Flüssigkeit sind. Betrachtet man Wasser in einem Glasgefäß, so ist zu beobachten, dass die Oberfläche an der Gefäßwand nach oben gekrümmt ist. Gibt man hingegen Quecksilber in ein Glasgefäß, so weist die Oberfläche eine Krümmung nach unten auf. Der Grund für die Randkrümmung ist die Ausbildung eines Kräftegleichgewichtes, welches sich im Grenzpunkt P aus den wirkenden Grenzflächenspannungen auf ein Linienelement der Oberfläche ergibt. Charakterisiert wird die Krümmung, wie in Abb. 3 dargestellt ist, durch den Kontaktwinkel φ, der sich im Grenzpunkt P ergibt. Einen Zusammenhang zwischen dem Kontaktwinkel und den verschiedenen Oberflächenspannungsanteilen σi,j parallel zur Gefäßberandung liefert die Youngsche-Gleichung: σ fest ,Gas − σ fest , flüssig − σ flüssig ,Gas cos ϕ = 0 (3) Bei Kontaktwinkeln unter 90° spricht man von Benetzung, während bei Werten von über 90° keine Benetzung mehr vorliegt. In Abb. 4 sind die entsprechenden Fälle für einen Flüssigkeitstropfen auf einer Oberfläche dargestellt. Im Fall, dass sich ein Winkel von 0° ergibt, spricht man von vollständiger Benetzung. σFest,Gas P ϕ σFlüssig,Gas σFest,Flüssig P σFest,Gas σFlüssig,Gas ϕ σFest,Flüssig benetzend nichtbenetzend Abb. 3: Randkrümmung und Kontaktwinkel Abb. 4: Benetzung einer Oberfläche durch einen Flüssigkeitstropfen. 6 4.3 Mechanik der Flüssigkeiten Oberflächenspannung von Festkörpern Abb. 5: In zwei Hälften aufgeteilte Flüssigkeitssäule. Die Oberflächenspannung eines Festkörpers ist im Gegensatz zu Flüssigkeiten nicht direkt messbar. Im Folgenden wird ein Modell vorgestellt, das es erlaubt, diese in guter Näherung zu berechnen, indem der Kontaktwinkel der Benetzung einer Flüssigkeit bekannter Oberflächenspannung auf der Festkörperoberfläche gemessen wird. Betrachtet man, wie in Abb. 5 dargestellt, eine Flüssigkeitssäule, die in zwei Hälften aufgeteilt wurde, so folgt nach Gl. (2) zur Definition der spez. Oberflächenenergie, dass dazu folgende Arbeit pro Flächenelement verrichtet werden müsste: ∆W = Kohäsion = 2= ε 2σ FlG ∆A (4) Abb. 6: Flächenverhältnisse bei Veränderungen der Kontaktfläche. Der Faktor 2 ergibt sich dabei aufgrund der entstehenden gleichgroßen Flächen an Ober- und Unterseite der Teilsäulen. Verändert man die Größe der Kontaktfläche zwischen zwei Stoffen, wie beispielsweise einem Flüssigkeitstropfen und einer Festkörperoberfläche, so folgt für die hierzu aufzuwendende Arbeit pro Flächeneinheit: Mechanik der Flüssigkeiten 7 ∆W = Adhäsion = σ FlG + σ FG + σ FFl ∆A (5) Zur Vergrößerung der Oberflächen von Flüssigkeit und Festkörper muss entsprechend Gl. (2) Arbeit verrichtet werden. Bei der Verkleinerung der Kontaktfläche wird hingegen Energie frei. Wie in Abb. 6 dargestellt, ist die Änderung der jeweiligen Fläche bei allen Übergängen die gleiche. Das Problem ist jedoch, dass diese Gleichung zwei Unbekannte enthält. Zur Bestimmung der notwendigen Arbeit Adhäsion zur Trennung des Phasenüberganges von Festkörper und Flüssigkeit wurde von, Girifalco und Good [1,2] deshalb ein Modell entwickelt, in dem diese durch geometrische Mittelung der Werte zur Trennung der einzelnen Phasen Kohäsion ,i angenähert wird. Es folgt somit: = Adhäsion Kohäsion , Fl + Kohäsion , F (6) Durch Einsetzen der entsprechenden Größen erhält man daraus folgenden Zusammenhang: σ FFl = σ FlG + σ FG − 2 σ FlG σ FG (7) In Verbindung mit der Youngschen Gleichung (3) für den Kontaktwinkel φ ergibt sich: σ F = σ Fl + σ F − 2 σ Fl σ F + σ Fl cos ϕ (8) Aufgelöst nach σFG erhält man schließlich einen entsprechenden Zusammenhang zwischen dem Kontaktwinkel φ und der Oberflächenspannung σFlG der Flüssigkeit, der keine Unbekannten mehr enthält: = σ FG σ FlG 2 (1 + cos ϕ ) 4 (9) Experimente und theoretische Betrachtungen haben gezeigt, dass dieses Modell für apolare Stoffe, wie sie im folgenden Versuch verwendet werden, in guter Näherung gilt. 4.4 Kapillarität Das Emporsteigen von Flüssigkeiten entgegen der Schwerkraft in engen Hohlkörpern, auch Kapillaren genannt, bezeichnet man als Kapillarwirkung. Neben dem Emporsteigen von Flüssigkeiten, das präziser gesagt Kapillaraszension genannt wird, ist auch der umgekehrte Effekt, die sogenannte Kapillardepression, also ein Absinken des Flüssigkeitsspiegels in der Kapillaren unter das Niveau der Umgebung zu beobachten. Im Fall vollständiger Benetzung der Kapillaren durch die darin emporsteigende Flüssigkeit lässt sich die resultierende Steighöhe h durch folgende Betrachtung der Oberflächenenergie bestimmen. Taucht man z.B. eine Glaskapillare in ein Gefäß mit Wasser ein, so benetzt das Wasser die Kapillaroberfläche vollständig. Dies hat zur Folge, dass sich die Wasseroberfläche vergrößert. Die Oberflächenenergie der Flüssigkeit wird also erhöht. Um diesem energetisch ungünstigen Zustand entgegen zu wirken, ist eine Verkleinerung der Flüssigkeitsoberfläche notwendig, die sich im Ansteigen der Flüssigkeit in der Kapillaren äußert. Mit Hilfe der Dichte ρ sowie der Oberflächenspannung ε der Flüssigkeit, der Erdbeschleunigung g und dem Kapillarradius R ergibt sich aus einer Betrachtung von potentieller und Oberflächenenergie für die Steighöhe h der Flüssigkeit in der Kapillaren: 8 Mechanik der Flüssigkeiten h= 2ε ρ Rg (10) Abb. 7: Kapillarwirkung Die Steighöhe der Flüssigkeit in einer Kapillaren ist somit umgekehrt proportional zum Radius. Sehr große Steighöhen in extrem engen Kapillaren erklären sich zudem anschaulich aus der sehr großen Oberfläche im Innern und der verhältnismäßig kleinen Masse der Flüssigkeit aufgrund des geringen Volumens, welches die Flüssigkeitssäule einnimmt. 4.5 Strömung und Viskosität 𝑣⃑ Abb 8: Schematischer Aufbau eines Experiments zur Untersuchung von Reibungseffekten in einer Flüssigkeit. Bei strömenden Flüssigkeiten unterscheidet man turbulente und laminare Strömungen. Turbulenzen können an Hindernissen in einer Strömung entstehen und äußern sich in Form von Wirbeln. Sie treten ab einer geometriespezifischen Grenzgeschwindigkeit auf und haben einen dynamischen Strömungswiderstand zur Folge. Zur Vereinfachung der physikalischen Zusammenhänge werden in den Versuchen dieses Praktikums deshalb nur laminare Strömungen untersucht. In einer laminaren Strömung bewegen sich die einzelnen Schichten der Flüssigkeit Mechanik der Flüssigkeiten 9 stets parallel zueinander. Dabei wirken zwei Arten von Kräften, sog. Kohäsionskräfte zwischen den Atomen und Molekülen im Innern und sog. Adhäsionskräfte zwischen der Flüssigkeit und denen an ihr angrenzenden Körpern. In Abb. 8 ist der schematische Aufbau eines Experiments zur R Untersuchung von Reibungseffekten in einer Flüssigkeit abgebildet. Hierzu wird eine Wanne mit einer „zähflüssigen“ Flüssigkeit r wie z.B. Glycerin gefüllt. Ein Teil der Flüssigkeit wird eingefärbt und eine ebene Glasplatte über die Farbgrenze hinaus senkrecht von oben eingetaucht. Durch große Adhäsionskräfte haften die äußeren Flüssigkeitsschichten bei geringen Relativgeschwindigkeiten an der Platte, sodass nur Reibungseffekte innerhalb der Flüssigkeit auftreten. Zieht man nun die Platte mit konstanter Geschwindigkeit senkrecht zur Farbgrenze durch die Wanne, so ist, wie in Abb. 8 dargestellt, eine Verschiebung von gefärbten Flüssigkeitsschichten in den ungefärbten Bereich zu erkennen. Es 𝑣⃑ findet also ein gewisser Impulsübertrag zwischen benachbarten Flüssigkeitsschichten statt. Auf den bewegten Körper wirkt also eine Reibungskraft, die ihn in seiner Bewegung hemmt. Charakterisiert wird diese Reibung durch die Viskosität η, welche ein Maß für die Zähigkeit einer Flüssigkeit ist. Sie ist für manche Abb. 9: Stoffe, die sog. Newtonschen Flüssigkeiten, eine temperaturab- Laminare Strömung in hängige Materialkonstante. Für die nicht-Newtonschen Flüssig- einem Rohrkeiten ist sie zudem abhängig von der auf die Flüssigkeit wirkenden Schubspannung. Das bedeutet, dass diese Stoffe bei Belastung beispielsweise zähflüssiger (scherverzähend) oder dünnflüssiger (scherentzähend) werden. Betrachtet man die Strömung einer Flüssigkeit durch ein zylindrisches Rohr, so bewirkt die zwischen den einzelnen Flüssigkeitsschichten auftretende Reibung eine Geschwindigkeitsverteilung innerhalb der Strömung. Aufgrund der radialen Symmetrie der Anordnung ist diese nur vom Abstand r von der Zylinderachse abhängig und es gilt = v(r ) ∆p 2 2 (R − r ) 4η l (11) Dabei bezeichnet 𝜂 die Viskosität der verwendeten Flüssigkeit sowie l die Länge und R den Radius des betrachteten Rohrstückes. Aufgrund der Reibungsverluste ist zur Aufrechterhaltung der Strömung stets ein treibender Druckunterschied Δ𝑝 an den Rohrenden notwendig. Wie in Abb. 9 dargestellt, ergibt sich nach Gl. (11) ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil innerhalb des Rohres. Für die Volumenstromdichte I = dV/dt , also das pro Zeiteinheit bewegte Volumen innerhalb des Rohres, gilt das Gesetz von Hagen-Poiseuille: = I π R4 ∆p 8η l (12) Im Versuchsteil „Dynamik des kapillaren Steigens“ wird der Prozess des Aufsteigens einer Flüssigkeit innerhalb einer Kapillaren untersucht. Betrachtet man eine zylindrische Kapillare, so gilt für den reibungsbehafteten Volumenstrom während dieses Prozesses das HagenPoiseuillsche Gesetz. Der treibende Druck ist dabei der sogenannte Kapillardruck, der aus der Oberflächenspannung der Flüssigkeit resultiert: 10 Mechanik der Flüssigkeiten 2σ ∆p= r (13) Betrachtet man die Abhängigkeit des Volumens innerhalb der Kapillaren von der Höhe, so ergibt sich V (t ) = Ah(t ) (14) In Kombination mit dem Hagen-Poiseullischen Gesetz ergibt sich daraus eine Differentialgleichung, deren Lösung einen Zusammenhang zwischen der Zeit und der sich innerhalb der Kapillaren befindlichen Masse herstellt: h(t ) = C t (15) Im Versuchsteil „Kugelfall-Viskosimeter“ wird es Ihre Aufgabe sein, die Viskosität einer unbekannten Flüssigkeit nach der Kugelfallmethode zu bestimmen. Dabei wird eine Kugel in einer senkrecht aufgestellten, mit Flüssigkeit gefüllten Glasröhre fallen gelassen. Der beschleunigenden Schwerkraft wirkt dabei die mit der Fallgeschwindigkeit anwachsende Reibungskraft der Flüssigkeit entgegen. Bei einer charakteristischen Grenzgeschwindigkeit vGrenz tritt schließlich ein Kräftegleichgewicht ein, und die Kugel bewegt sich gleichförmig weiter. Durch eine Messung der Grenzgeschwindigkeit vGrenz kann mit Hilfe des geltenden Reibungsgesetzes schließlich die Viskosität berechnet werden. Für die laminare Umströmung einer Kugel gilt das Reibungsgesetz nach Stokes: FR = 6πη rv (16) Dabei bezeichnet v die Relativgeschwindigkeit von Kugel und Flüssigkeit, η die Viskosität der Flüssigkeit und r den Radius der Kugel. Es ist zu beachten, dass diese Gleichung nur unter der Voraussetzung gilt, dass der Radius r der Kugel klein im Verhältnis zum Radius der verwendeten Röhre ist und keine Wirbelbildung auftritt. Im Falle des Kräftegleichgewichtes gilt schließlich für die Viskosität 2r 2 ( ρ Kugel − ρ Flüssigkeit ) (17) η= 9vGrenz Mechanik der Flüssigkeiten 5. Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung 5.1 Oberflächenspannung 11 Aufgabe: Bestimmen Sie mit Hilfe der Abreißmethode die Oberflächenspannung von Wasser. Gehen Sie dabei wie im folgenden Abschnitt beschrieben vor. Durchführung: Die Oberflächenspannung wird in diesem Versuch aus der maximalen Kraft berechnet, welche die Oberfläche in Form einer Flüssigkeitslamelle aufnehmen kann. Hierzu wird durch einen Bügel bzw. einen Ring eine entsprechende Lamelle erzeugt und mit Hilfe eines CASSY-Computermesssystems mit Präzisionskraftsensor die wirkende Kraft gemessen (Abb. 10 und 11). Vor Versuchsbeginn ist zu prüfen, ob das große Becherglas auf dem Hubtisch mit ausreichend Wasser gefüllt ist. Ist zu wenig Wasser vorhanden, so kann Luft in den Schlauch eindringen, der zum Absenken des Flüssigkeitsspiegels dient, und dieser muss aufwendig neu befüllt werden. Hängen Sie zunächst den Lenard-Bügel am Kraftsensor auf. Der Bügel darf hierbei nur an der Aufhängung am oberen Ende angefasst werden. Es ist des Weiteren darauf zu achten, dass keine allzu großen Kräfte auf den Kraftsensor ausgeübt werden, weil dieser dadurch beschädigt werden kann. Kraftsensor Schlauchöffnung Ablassventil Bügel Ring Abb. 10: Versuchsaufbau Oberflächenspannung. Starten Sie dann das Programm CASSY Lab 2. Es erscheint das in Abb. 12 dargestellte Fenster. Ändern Sie die Einstellungen des Kraftsensors entsprechend der Abbildung. Tarieren Sie schließlich den Sensor auf die aktuelle Nullstellung. Danach starten Sie die Messung mit einem Klick auf das Stoppuhr-Symbol des Fensters. Ist dies geschehen, so ist zunächst etwa 30 sec lang eine Nulllinie aufzunehmen. Erst danach darf das Ablassventil am Schlauch geöffnet werden, wodurch ein langsames und kontinuierliches Absinken des Flüssigkeitsspiegels beginnt. Sobald der dünne Draht des Bügels die Wasseroberfläche durchdringt, bildet sich eine 12 Mechanik der Flüssigkeiten Lamelle aus und die Kraft auf den Bügel steigt an. Ist die Lamelle abgerissen, so ist die Messung durch einen erneuten Klick auf das Stoppuhr-Symbol zu beenden. Das Ablassventil muss nach Ende der Messung sofort wieder geschlossen werden, damit der Pegel kein zu niedriges Niveau erreicht. Die Messdaten können nun abgespeichert werden. Die Messung ist insgesamt fünfmal zu wiederholen. Danach folgen 5 Messungen mit dem Ring nach der gleichen Methode. FHalt. FObfl. Abb. 11: Abb. 12: Schematische Darstellung der Bügelmetho- Einstellungen des Kraftsensors in CASSY Lab 2. de. Bestimmen Sie zunächst die Nullposition der Messapparatur, indem Sie den Mittelwert der aufgenommenen Nulllinie am Anfang der Messung bilden. Falls Sie hierzu CASSY Lab verwenden, steht Ihnen ein entsprechender Eintrag im Menü Graph zur Verfügung, welcher die Nullposition als Linie direkt im Graphen einzeichnet. Lesen Sie anschließend den maximalen Wert der gemessenen Kraft aus dem Graphen ab und errechnen Sie anhand der Nullposition schließlich die real wirkende Kraft. Bilden Sie abschließend den Mittelwert aller Einzelkräfte und berechnen Sie damit nach Gl. (2) den Wert für die Oberflächenspannung. Führen Sie diese Schritte für Ring und Bügel getrennt durch. Die Länge des Bügels beträgt 63,5 mm, der Umfang des Rings 61 mm. Mechanik der Flüssigkeiten 5.2 13 Kapillarwirkung Aufgabe: Bestimmen Sie die spezifische Oberflächenenergie von Wasser, indem Sie die Steighöhe der Flüssigkeit in Kapillaren unterschiedlichen Durchmessers untersuchen. Gehen Sie hierzu nach der im Folgenden beschriebenen Methode vor. Durchführung: Zur Bestimmung der Steighöhe in einer Kapillaren wird die in Abb. 13 dargestellte Apparatur verwendet. Zunächst ist hierzu das am Laborplatz bereitgestellte Becherglas mit destilliertem Wasser zu füllen. Zur Messung der Höhe des Wasserspiegels im Becherglas wird die an der Kapillarhalterung befestigte Schraubspindel bis zur Wasseroberfläche abgesenkt. Dieses Messverfahren ist notwendig, weil aufgrund der Krümmung der Flüssigkeitsoberfläche am Becherglasrand keine direkte Messung von der Seite möglich ist. Um einen korrekten Messwert zu erhalten, wird die Spindel so eingestellt, dass sich ihre untere Spitze und das in der Wasseroberfläche entstehende Spiegelbild gerade berühren. Nun ist das Messfernrohr so einzustellen, dass die obere Spitze der Spindel sich mit dem horizontalen Faden der Optik deckt. Die entsprechende Höhe h1 können Sie nun an der höhenverstellbaren Halterung des Messfernrohres ablesen. Die Messung ist insgesamt dreimal zu wiederholen. Abb. 13: Versuchsaufbau Kapillarwirkung. Im nächsten Schritt ist zunächst eine der vorhandenen Kapillare mit destilliertem Wasser zu spülen. Stellen Sie die Kapillare zum Entleeren mit der unteren Öffnung auf ein Stück saugfähiges Papier und geben Sie dann solange kurze Luftstöße in das obere Ende bis sie vollständig entleert ist. Nun wird die Kapillare in die Halterung der Experimentierplattform eingesetzt. Die Höhe der Halterung ist entsprechend der Länge der verwendeten Kapillaren so einzustellen, dass diese etwa 1 cm in die Flüssigkeit eingetaucht ist. Nach dem Einsetzen der Kapillaren ist zu warten, bis sich der Flüssigkeitspegel im Innern auf eine feste Position eingestellt hat. Stellen Sie nun das Messfernrohr so ein, dass der untere Rand des sich bildenden Menis- 14 Mechanik der Flüssigkeiten kus in der Kapillaren auf Höhe der horizontalen Linie der Optik liegt. An der Skala der Aufhängung des Messfernrohres kann nun die relative Steighöhe h2 der Flüssigkeit abgelesen werden. Notieren sie neben der Höhe auch den entsprechenden Kapillardurchmesser. Die Kapillare ist nach jeder Messung zu entnehmen und nach dem oben beschriebenen Verfahren zu entleeren. Die Messung wird mit jeder der vorhandenen Kapillaren insgesamt fünfmal wiederholt. 5.3 Dynamik des kapillaren Steigens Aufgabe: In diesem Versuchsteil sollen Sie das Zeitgesetz (Gl. (15)) für das kapillare Steigen experimentell bestätigen. Führen Sie hierzu nach der im Folgenden beschriebenen Methode Untersuchungen an porösen Körpern durch. Durchführung: Entnehmen Sie zunächst die Vycorglas-Probe aus dem Aufbewahrungsbehälter und versiegeln Sie die Seitenwände mit Klebestreifen. Dies verhindert einen Flüssigkeitsaustausch mit der Umgebung über die Seitenwände. Die Probe darf aus demselben Grund nur mit Handschuhen angefasst werden. Ansonsten können Flüssigkeit bzw. Fette von den Händen in die Probe gelangen und diese verunreinigen. Hängen Sie die Probe anschließend an der dafür vorgesehenen Halterung mittig und senkrecht auf. Abb. 14: Versuchsaufbau zur Dynamik des kapillaren Steigens. Befüllen Sie nun das kleine Glasschälchen mit destilliertem Wasser und stellen Sie es vorsichtig auf den Hubtisch in der Waage. Bevor Sie die Probenaufhängung im nächsten Schritt auf den Teller der Waage stellen, muss der Hubtisch ganz nach unten gedreht werden. Die Probe darf vor Beginn der Messung auf keinen Fall mit der Flüssigkeit in Berührung kom- Mechanik der Flüssigkeiten 15 men. Des Weiteren muss vermieden werden, dass Flüssigkeit in der Waage verschüttet oder der Teller der Waage zu stark belastet wird. Auf dem Display der Waage sollte nun automatisch das Gewicht der Probe angezeigt werden. Wird hingegen das aktuelle Datum angezeigt, so ist die Waage zunächst am Frontpanel einzuschalten. Ist die Waage bereit, so kann die Messsoftware gestartet werden. Öffnen Sie dazu am Rechner des Laborplatzes das Messprogramm-Waage. Folgen Sie den Anweisungen des Programmes. Zunächst werden Sie aufgefordert die Waage zu tarieren. Ist dies geschehen, so erscheint im Display der Waage zuerst die Anzeige „BEREIT“ und dann das Nettogewicht „0,000 g“. Als Nächstes werden Sie von der Software aufgefordert, die Probe so lange an die Flüssigkeitsoberfläche anzunähern, bis sie diese gerade berührt. Am sprunghaften Ansteigen des angezeigten Gewichtes lässt sich erkennen, dass der Kontakt zwischen Probe und Flüssigkeit hergestellt ist. Drehen sie den Hubtisch hierbei sehr langsam nach oben, weil es sonst passieren kann, dass die Probe zu tief eingetaucht wird. Der dadurch entstehende Auftrieb äußert sich in Form eines negativen Gewichtes. Sie können in diesem Fall die Messung zwar fortsetzen, müssen den Fehler in der Auswertung jedoch entsprechend behandeln. Ist die Probe vollständig gefüllt, so ist die Messung mittels des STOP-Buttons der Messsoftware zu beenden. Nach Beendigung der Messung werden die Messdaten zunächst als Textdatei und dann als Origin-Projekt automatisch abgespeichert. Benennen Sie die Dateien entsprechend der verwendeten Probe um. Zur Auswertung dieses Versuchsteils wird Origin verwendet. Öffnen Sie zunächst die zur Messung gehörende Origin-Projektdatei. Zunächst muss der relevante Teil der Messdaten selektiert werden. Hierzu werden nur die Werte zwischen den konstanten Anfangs- und Endwerten der Messung markiert und in ein neues Worksheet kopiert. Formatieren Sie die Werte der ersten Spalte so, dass sie wieder bei 0 beginnen. Plotten Sie nun den entsprechenden Graphen und führen Sie einen Fit der gesuchten Funktion (Nonlinear-Curve-Fit, Power, Allometric2) durch. Als Nächstes wird eine doppelt logarithmische Auftragung durchgeführt. Legen Sie hierzu zwei neue Spalten an und transformieren die ursprünglichen Werte in eine logarithmische Skala. Plotten Sie den entsprechenden Graphen und führen Sie einen Linear-Fit durch. Als letztes sind die Messdaten gegen t aufzutragen, um den Vorfaktor C zu bestimmen. Legen Sie hierzu erneut eine Spalte an und führen Sie die entsprechende Transformation durch. Plotten Sie den entsprechenden Graphen und führen Sie einen Linear-Fit durch. Alle Graphen sowie die relevanten Faktoren, die daraus abgelesen werden können, sind dem Versuchsprotokoll hinzuzufügen. 5.4 Dynamik des kapillaren Steigens Aufgabe: In diesem Versuchsteil ist eine statische Kontaktwinkelmessung zur Untersuchung des Benetzungsverhaltens verschiedener Oberflächen durchzuführen sowie eine dynamische Messung zur Bestimmung der Oberflächenspannung eines Festkörpers. Durchführung: Zur Beobachtung des Kontaktwinkels wird in diesem Versuchsteil eine Mikroskopkamera verwendet. Mit Hilfe einer speziellen Software können die damit aufgenommenen Bilder am PC ausgewertet werden. Starten Sie zunächst die Aufnahmesoftware am PC des Laborplatzes. Ein Livebild der Kamera wird nun am PC angezeigt. Während des gesamten Versuchsteils sind Handschuhe zu tragen! Statische Messung: Setzen Sie die mit Milli-Q-Wasser gefüllte Spritze in die Dosiereinheit ein und positionieren Sie die Kanüle in der entsprechenden Halterung der Experimentierplattform. Entfernen Sie 16 Mechanik der Flüssigkeiten die Schutzkappe der Kanüle und erzeugen Sie einen Tropfen an deren Spitze. Setzen Sie anschließend eine Oberflächenprobe in die entsprechende Halterung vor der Kamera ein. Nähern Sie die Kanüle nun mittels der Höhenverstellung an die Probe an und lassen Sie den Tropfen auf die Oberfläche ab. Dabei ist darauf zu achten, dass die Oberflächenprobe nicht mit der Kanüle berührt wird und der Tropfen möglichst mittig im Bild sitzt. Fokussieren Sie anschließend die Kamera auf den Tropfen um ein scharfes Bild der Tropfenkontur zu erhalten. Speichern Sie das angezeigte Bild ab. Verfahren Sie nach dieser Vorgehensweise für jede der vorhandenen Proben indem Sie an mindestens 3 unterschiedlichen Stellen Tropfen auf der Oberfläche positionieren. Aufgrund des auf der Probe liegenden Tropfens nennt man diese Art der Kontaktwinkelbestimmung Sessile-Drop-Verfahren. Abb. 15: Versuchsaufbau zur Messung des Kontaktwinkels. Dynamische Messung: Anstatt an vielen verschiedenen Stellen einer Oberfläche einzelne Tropfen abzusetzen, ist die kontinuierliche Vergrößerung des Tropfens eine weitere weit verbreitete Messmethode zur Erfassung einer aussagefähigen Anzahl von Messwerten. Setzen Sie für diesen Teil des Experimentes die mit Hexadekan gefüllte Spritze in die Dosiereinheit sowie die dazugehörige Kanüle in die entsprechende Halterung ein. Im Umgang mit Hexadekan ist das entsprechende Sicherheitsdatenblatt zu beachten. Setzen Sie nun die mit Teflon beschichtete Siliziumprobe in die Probenhalterung ein und nähern Sie die Kanüle der Oberfläche an. Um die Einflüsse der Kanüle auf die Form des Tropfens gering zu halten, ist ein möglichst geringer Abstand zu wählen. Die Kanüle darf die Oberfläche jedoch zu keinem Zeitpunkt berühren. Erzeugen Sie zuerst einen kleinen runden Tropfen und speichern Sie das entsprechende Bild ab. Vergrößern Sie den Tropfen durch eine halbe Umdrehung an der Dosiereinheit und speichern Sie ein wei- Mechanik der Flüssigkeiten 17 teres Bild. Wiederholen Sie diesen Vorgang etwa zehn Mal und verkleinern Sie den Tropfen anschließend nach demselben Schema. Bleibt der Tropfen währenddessen an einer Stelle der Oberfläche hängen, so spricht man von Pinning-Effekten, die aus Unregelmäßigkeiten der Oberfläche resultieren. Treten diese Effekte häufiger während ihrer Messung auf, so ist diese an anderer Stelle der Probe zu wiederholen. Führen Sie die Messung insgesamt zwei Mal durch. Nach Beendigung der Messung sind Spritze und Kanüle wieder im Aufbewahrungsgefäß luftdicht zu lagern. Bestimmen Sie mit Hilfe der Analysesoftware der Kamera für jedes aufgenommene Bild den rechten und linken Kontaktwinkel. Berechnen Sie daraus für jedes Bild den mittleren Kontaktwinkel. Für die statisch gemessenen Werte ist schließlich der mittlere Kontaktwinkel jeder Probe durch Mittelwertbildung der Einzelmessungen zu bestimmen. Die Werte der dynamischen Messung sind graphisch gegen das Volumen des Tropfens aufzutragen, das aus dem jeweiligen Messschritt geschlussfolgert werden kann. Durch Mittelwertbildung über die Winkel der Ausdehnung ist schließlich nach Gl. (9) die Oberflächenspannung des Festkörpers nach dem Model von Good und Girifalco zu berechnen und mit dem Literaturwert zu vergleichen. 5.5 Kugelfall-Viskosimeter Aufgabe: Es liegen mehrere Stahlkugeln für diesen Versuchsteil bereit. Bestimmen Sie zunächst mit Hilfe einer Mikrometerschraube den Durchmesser jeder einzelnen Kugel. Messen Sie den Durchmesser jeder Kugel mehrmals, wobei die Kugeln, um einen repräsentativen Wert zu erhalten, vor jeder Messung etwas zu verdrehen sind. Messen Sie nun die Länge der Fallstrecke zwischen den Markierungen auf der Röhre mit Hilfe eines Maßbandes aus und notieren Sie den Wert für die Auswertung. Schließen Sie danach das obere Kugelventil und geben Sie eine Kugel in den Glastrichter am oberen Ende der Viskosimeter-Röhre. Nehmen Sie die bereitliegende Stoppuhr zur Hand und beobachten Sie die obere Markierung auf der Röhre. Achten Sie dabei, um einen Parallaxenfehler zu vermeiden, darauf, dass der vordere und der hintere Teil der Markierung während der Beobachtung stets deckungsgleich sind. Ihr Partner beobachtet entsprechend die untere Markierung. Wenn Sie bereit sind, öffnen Sie das obere Kugelventil und starten Sie beim Passieren der oberen Markierung durch die Kugel die Stoppuhr. Stoppen Sie die Uhr, wenn Ihr Partner anzeigt, dass die Kugel die untere Markierung passiert hat. Notieren Sie die Zeit und entnehmen Sie die Kugel über das untere Kugelventil. Dabei ist darauf zu achten, dass ein Auffanggefäß unter der Auslassöffnung steht, um die mit der Kugel austretende Flüssigkeit aufzufangen. Entnehmen Sie die Kugel aus dem Auffanggefäß und schütten Sie die ausgetretene Flüssigkeit bei geöffnetem oberen Ventil über den Trichter zurück in die Röhre. Wiederholen Sie die Messung insgesamt fünf mal. Anschließend verfahren Sie mit den restlichen Kugeln in analoger Weise. Zur Auswertung des Versuches ist zunächst für jede Kugel der mittlere Durchmesser zu berechnen. Danach wird die mittlere Fallgeschwindigkeit aus den gemessenen Fallzeiten berechnet und schließlich nach Gl. (17) die Viskosität der Flüssigkeit für jede Kugel bestimmt. Bestimmen Sie abschließend die mittlere Viskosität der Flüssigkeit und führen Sie eine Fehlerrechnung nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz durch. • • Dichte der Stahlkugeln: Dichte des Öls: ρKugel = 7,9×103 kgm-3 ± 0,5% ρÖl = 8,9×102 kgm-3 ± 2% 18 Mechanik der Flüssigkeiten Abb. 16: Versuchsaufbau Kugelfall-Viskosimeter. Literatur [1] L.A. Girifalco and R.J. Good, A theory for estimation of surface and interfacial energies. I Derivation and application to interfacial tension, J. Phys. Chem. 61 (1957) 904 [2] R.J. Good and L.A. Girifalco, A theory for estimation of surface and interfacial energies. III estimation of surface energies of solids from contact angle data, J. Phys. Chem. 64 (1960) 561 Geräteliste • • • • • • • Sensor-CASSY mit Kraftsensor Lenard-Bügel und Noüy-Ring Waage Mettler-Toledo NewClassic MS Mikroskopkamera DigiMicro Scale Kanülen und Dosiereinheit Kugelfallviskosimeter PC Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Alternative Energiequellen WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0 Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 2H ALTERNATIVE ENERGIEQUELLEN Version: 19.03.01 Themengebiet Solarzelle { { { { { Halbleiter Bandermodell und Fermi-Verteilung Diode Gleichstrom Wechselwirkung mit Licht, Photometrie, optische Strahlung Brennstozelle { { { { { Katalyse Elektrolyse Elektronenleitung, Ionenleitung Elektroden, Grenzachen Wirkungsgrade Alternative Energiequellen 1 1 VORBEREITUNG Vorbereitung 1.1 Literatur: Wolfgang Demtroder: Experimentalphysik 2 Elektrizitat und Optik; Springer Lehrbuch 1995 { Kapitel 2.8.5 S. 70 Gerthsen-Kneser-Vogel: Physik 16.Auage (1989) { Kapitel 8.1, 12.3, 14.3, 14.4 C. Kittel: Einfuhrung in die Festkorperphysik Munchen, 1980 { Kapitel 6,7,8 1.2 Fragen: 1. Erklaren Sie den Unterschied zwischen Isolatoren, Halbleitern und Leitern anhand des Bandermodells. Welcher Statistik unterliegen Elektronen? Was versteht man unter Fermienergie bzw. Ferminiveau? Erklaren Sie damit die prinzipiellen Unterschiede bzgl. der Leitfahigkeit von Halbleitern und Metallen. 2. Erlautern Sie die Begrie Eigenleitung, Storstellenleitung, Dotierung, Akzeptor, Donator, Raumladungszone, . . . . Erklaren Sie die physikalischen Eigenschaften eines p-n-U bergangs. Verwenden Sei dazu u.a. das Energiebanderschema. Nennen Sie Beispiele aus der Technik. 3. Skizzieren Sie den prinzipiellen Aufbau einer Solarzelle und erklaren sie ihre Wirkungsweise. Welche Materialien verwendet man und warum. Wie unterscheidet sich die Kennlinie einer Solarzelle von der einer Diode? Leiten Sie die zur Solarzellenkennlinie gehorige Gleichung her. 4. Erklaren Sie den grundlegenden Unterschied zwischen Strahlungsfeldgroen und photometrischen Groen? 5. Skizzieren Sie die spektrale Strahlungsdichte @B=@() der Sonne und einer Gluhlampe. Tragen Sie die spektrale Empndlichkeit des menschlichen Auges sowie diejenigen von Germanium und Silizium mit in die Grak ein. II Alternative Energiequellen 6. Was versteht man unter Tandemsolarzellen und wie sind sie aufgebaut? 7. Skizzieren Sie den Aufbau einer Brennstozelle und erklaren Sie ihre Wirkungsweise. 8. Skizzieren und erklaren Sie die Kennlinie I(U) eines Elektrolyseurs. Was versteht man unter der chemischen Bindungsenergie und der elektrochemischen Spannungsreihe? 9. Skizzieren Sie die Kennlinie U(I) einer Brennstozelle. In welche Bereiche lat sie sich zerlegen und welche physikalischen Eekte dominieren diese Bereiche? 10. Nennen Sie die dominierenden Eekte, die den Wirkungsgrad sowohl fur Solarzelle, als auch fur Brennstozelle/Elektrolyseur mageblich bestimmen. 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Solarzelle 2.1.1 Aufbau und Wirkungsweise einer Solarzelle Eine Solarzelle dient der direkten Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie. Idealerweise sollte eine Solarzelle folgende Bedingungen erfullen: Die Zelle soll Licht absorbieren und in freie Ladungstrager unwandeln. Sie sollte auf das angebotene Lichtspektrum optimiert sein, um bestmogliche Lichtausbeute zu gewahrleisten. Sie soll einen geeigneten Mechanismus besitzen, die erzeugten Ladungstrager auch zu trennen. Zum Aufbau von Solarzellen benutzt man geeignete Halbleiter, die durch Dotierung manipuliert werden, um den geforderten Trennungsmechanismus zu erzielen. Unter Dotierung versteht man den gezielten Einbau von Fremdatomen, in der Regel 3- bzw. 5wertige Elemente (Akzeptoren, z. B. Indium bzw. Donatoren, z. B. Phosphor) wobei das Halbleitermaterial selbst in der Regel 4-wertig ist (z.B. Silizium). Die Folge einer solchen Dotierung ist, da sich das thermische Gleichgewicht der Elektronen und damit das Ferminiveau im Halbleiter anhebt (n-Dotierung) oder absenkt (p-Dotierung). III Alternative Energiequellen 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Bringt man nun einen n- und einen p-dotierten Halbleiter in (innigen) Kontakt, so diffundieren Elektronen nahe der Grenzschicht vom n-Gebiet in das p-Gebiet, wodurch eine Raumladungszone entsteht. Im n-Gebiet bleiben die positiven Donator-Rumpfe, im pGebiet die negativen Akzeptor-Rumpfe zuruck, beide ortsfest. Es entsteht ein elektrisches Feld, das weitere Diusion verhindert. Die dadurch entstandene Potentialdierenz wird Diusionsspannung UD genannt. Sie ist materialabhangig und entspricht der Dierenz der beiden zugrundeliegenden Ferminiveaus. Durch diese Potentialdierenz werden die Energiebander verbogen, da das Ferminiveau des Systems sowohl im p- als auch im n-Gebiet auf gleicher Hohe liegen mu. bergangs. Abbildung 1: Raumladungszone und Potentialverlauf eines p-n-U Fallt Licht genugender Energie auf einen Halbleiter, so entstehen Elektron-Loch-Paare, die normalerweise in kurzester Zeit wieder rekombinieren. Erzeugt Licht nun aber freie bergangs, so konnen die gebildeten ElektronLadungstrager in der Nahe dieses p-n-U Loch-Paare durch die Raumladungszone getrennt werden. In der Technik diundiert man in ein mindestens 200m dickes p-Substrat eine sehr dunne (0:3 0:5m) n-Schicht ein. Diese liegt auf der lichtzugewandten Seite, wird in kammartiger Struktur kontaktiert und in der Regel zusatzlich mit einer antireektierenden Schicht bedampft. Die lichtabgewandte p-Schicht wird gewohnlich auf der Ruckseite mit Metall als Elektrode bedampft. 2.1.2 Kennlinie einer Solarzelle bergang einer Halbleiterdiode treAn einem unbeleuchteten, unbeschalteten p-n-U ten folgende Strome auf: Diusionsstrom I , der mit der Wahrscheinlichkeit exp ( eU =k T ) Locher (p) vom p- ins n-Gebiet transportiert, also abhangig von der Potentialschwelle U ist. Dp D B D IV Feldstrom I aufgrund der Raumladungszone. Locher, die in die Nahe der Raumladungszone gelangen, werden vom n-Gebiet ins p-Gebiet gezogen. Fp Alternative Energiequellen 2.1. Solarzelle Gleiches gilt fur die Elektronen (n) im Leitungsband und die resultierenden partiellen Strome I bzw. I , aber mit umgekehrtem Vorzeichen. Fn Dn In obigem Fall ist der Gesamtstrom Null, der Diusionsstrom und der Feldstrom kompensieren sich. Auerdem sind im stationaren Fall die Locherstrome I( ) gleich den jeweiligen Elektronenstromen I( ) . D;F p D;F n IF p;n =I (1) Dp;n Beleuchtet man nun den p-n-U bergang, so erhoht sich aufgrund der zusatzlich erzeugten Elektron-Loch-Paare der Feldstrom I , und das Gleichgewicht aus (1) verschiebt sich, so da zwei prinzipielle Falle unterschieden werden mussen: Fn;p 1. Ist die Diode kurzgeschlossen, so bleibt der Diusionsstrom I gleich, da sich die Potentialschwelle zunachst nicht andert. Der Uberschu an Feldstrom durch die zusatzlichen freien Ladungstrager iet in Form des sogennannten Photostroms I ab. Dn;p K IF n;p IGes !I Fn;p =I +I F +I K (2) Kn;p ID =I (3) K 2. Im Leerlauall erzeugt das eingestrahlte Licht eine Spannung. Es mu dann namlich I = 0 und somit I =I +I (4) Ges D F K gelten. Eine Erhohung von I bedingt aber eine verminderte Potentialschwelle und somit eine Spannung U0 . D Im Fall eines beliebigen Verbrauchers an der beleuchteten Solarzelle wird sich also ein Photostrom I < I und eine Spannung U < U0 an der Zelle einstellen. Die Kennlinie der Solarzelle ergibt sich also aus derjenigen der idealen Diode, sowie dem Anteil durch den Photostrom I : K K ( )=I IS olar U Diode ( ) = IDiode U (U ) ( IK ( IR exp eU=kB T mit ) 1) (5) (6) Wobei die Groe I proportional ist zu der Ladungstragerkonzentration, der Diusionslange der Ladungstrager sowie deren inverser Lebensdauer. Unter Diusionslange versteht man die mittlere freie Wegstrecke bis zu der Rekombination der Ladungstrager, R V Alternative Energiequellen 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN die Lebensdauer ist durch die mittlere Zeitspanne deniert, in der die Ladungstrager frei sind. Als Ersatzschaltbild einer Solarzelle ergibt sich somit: Abbildung 2: Ersatzschaltbild einer Solarzelle: R ist ein auerer Lastwiderstand, I der durch Licht erzeugte Photostrom (als Stromquelle symbolisiert). Dieser addiert sich mit dem Diodenstrom (die Dierenz von Diusions- und Feldstrom) zum Gesamtstrom I . L K ges Um der Solarzelle maximale Leistung zu entnehmen, mu man denjenigen Punkt auf der Kennlinie nden, der das Produkt P(U ) = U I maximiert. Dies entspricht dem gunstigsten Arbeitspunkt der Solarzelle, d.h. dem Punkt, bei dem die Solarzelle die grote Leistung abgibt. Dieser Punkt ist allerdings von der Strahlungsintensitat abhangig. Man deniert den sogenannten Fullfaktor Ges FF IK U0 = : : IP UP IK U0 max max mit (7) Kurzschlussstrom Leerlaufspannung. der bei guten Solarzellen und denierter Einstrahlungsintensitat ca. 0.8 betragt, bei schlechteren Strahlungsbedingungen jedoch abnimmt. Ziel dieses Versuches ist es, einen Kreislauf zu demonstrieren, der die mit okologischen Mitteln (in diesem Fall der Solarzelle) gewonnene Energie einem Verbraucher zufuhrt. Da dieser Verbraucher i.d.R. ortlich getrennt vom Energieerzeuger fungiert, ist es in der Praxis unabdingbar, diese Energie in transportfahiger Weise zu speichert. Zunehmend von Interesse ist in diesem Zusammenhang die Wasserstowirtschaft, in der der Energietrager H2 als transportfahiges chemisches Speichermedium genutzt wird. Dieser Energietrager kann im Verbraucher mit O2 (zu 16% in Luft enthalten) in der sogenannten Knallgasreaktion zu Wasser oxidieren und die gespeicherte Energie wieder freisetzen. Seinerseits erzeugt wird H2 mittels Elektrolyse, bei der z.B. durch Solarenergie oder andere alternative Energieformen Wasser in Wassersto und Sauersto umgewandelt wird. VI 2.2. Brennstozelle und Elektrolyseur Alternative Energiequellen Abbildung 3: Kennlinie einer Solarzelle. Die Katalyse, d.h. die kontrollierte Oxidation von Wassersto geschieht in der sogenannten Brennstozelle, die den Umkehrprozess bzgl. der im Elektrolyseur ablaufenden Elektrolyse darstellt. 2.2 Brennstozelle und Elektrolyseur 2.2.1 Allgemeine Wirkungsweise der Brennstozelle Brennstozellen sind hocheÆziente elektrochemische Stromerzeuger. Sie haben gegenuber konventionellen Stromerzeugern ein viel einfacheres Funktionsprinzip: Die direkte katalytische Umwandlung des chemischen Energietragers in elektrische Energie, im Gegensatz zu beispielsweise konventionellen Kraftwerken,\ in denen der Umweg uber " Warme und mechanische Energie zu einem wesentlich schlechteren Wirkungsgrad fuhrt. Das Grundprinzip der Brennstozelle ist die direkte Stromerzeugung aus einem Brennsto (z. B. Wassersto) und einem Oxidant (z. B. Sauersto) in einem elektrochemischen Prozess. Die Zelle besteht aus zwei Elektroden und dem Elektrolyten. Die Anode wird mit dem Brennsto und die Kathode mit dem Oxidanten versorgt, der Elektrolyt verbindet die beiden Elektroden miteinander. Er ermoglicht Ionentransport und ist gleichzeitig fur Elektronen ein Isolator. An der Anode wird der Brennsto oxidiert. Die dabei abgegebenen Elektronen ieen uber einen aueren Stromkreis zur Kathode. Hier wird der Oxidant durch Elektronenaufnahme reduziert. Durch den Elektronenuss kann im aueren Stromkreis Arbeit verrichtet werden. Der Ladungstransport in der Brennstozelle wird durch Ionenbewegung im Elektrolyten realisiert. Eine Brennstozelle liefert also wie Batterie und Akkumulator Energie aus einem elektrochemischen Prozess. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass bei der BrennVII Alternative Energiequellen 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN stozelle die Elektroden selbst nicht umgewandelt werden, die Brennstozelle also nicht entladen werden kann. Sie ist vielmehr auf die externe Zufuhr von Brennsto angewiesen. Abbildung 4: Schematisches Funktionsprinzip und grundlegender Aufbau einer Brennstozelle. 2.2.2 Funktionsprinzip der PEM Brennstozelle Die hier vorliegende Brennstozelle ist in der Polymerelektrolyt-Membran-Technologie ausgefuhrt. Der Begri PEM bezieht sich auf die protonenleitende Polymerfolie, die als Elektrolyt dient und bedeutet Proton-Exchange-Membrane,\ im Gegensatz zu z.B. al" kalischen Brennstozellen (6% Kalilauge). Die PEM-Brennstozelle wird mit Wassersto und Sauersto betrieben. Die elektrochemische Umwandlung ist also praktisch der Umkehrprozess der Wasserelektrolyse im Elektrolyseur. Die an der Anode unter Abgabe von Elektronen oxidierten Wasserstoionen diundieren durch die ionenleitende Polymerelektrolytmembran (Elektrolyt) zur Kathode, wo sie mit Sauersto und den aus dem elektrischen Leiter zuruckgefuhrten VIII Alternative Energiequellen 2.2. Brennstozelle und Elektrolyseur Elektronen zu Wasser reagieren. Anode : O2 + 2 ! 4H + 4e Oxidation ! 2H O Reduktion ! 2H O G = 237KJ=mol + 2 + 4H + 4e Gesamtreaktion : 2H + O Kathode : 2H 2 2 2 (8) (bei 25Æ C ) Die theoretisch erreichbare Maximalspannung einer Einzelzelle ergibt sich aus den thermodynamischen Daten der Reaktion von Wassersto und Sauersto zu Wasser. Der Wert fur eine Einzelzelle betragt unter Standardbedingungen U0 = zFG = 1:23V (9) Dabei ist F die Faradaykonstante. Sie gibt die pro Mol eines einwertigen Ions abgegebene Ladung an und betragt 96484 C . z bezeichnet die Zahl der Elektronen, die zur Abscheidung eines Teilchens an der Elektrode ausgetauscht werden. Im Betrieb kommt es berspannungen), z. B. durch Reaktionshemmungen, Innenbei Stromuss zu Verlusten (U widerstande oder eine ungenugende Gasdiusion. Dies fuhrt in der Praxis zu niedrigeren Zellspannungen. Sie betragen in der Regel fur die Einzelzelle 0:4 0:9V. Das Herzstuck einer PEM-Brennstozelle ist die Membran-Elektroden-Einheit. Die Membran wird dabei mit fein verteiltem Platinkatalysator beschichtet (etwa 0:1 0:5mg Platin pro cm2 ). Die so beschichteten Membranen werden anschlieend mit porosen Kohlenstoelektroden in der Brennstozelle verpresst. Dabei entsteht ein elektrischer Kontakt. Die Polymerelektrolytmembran reicht durch den Anpressdruck teilweise in die porosen Elektrodenstrukturen hinein, es bildet sich eine Grenzache Gas/Katalysator/Elektrolyt aus. Der Katalysator mu sowohl zum Gas als auch zu den Protonen-Leitern (Polymerelektrolytmembran) und den Elektronen-Leitern (Elektroden) Kontakt haben. An diesen Stellen laufen die elektrochemischen Reaktionen ab (Abb. 5 rechts). In der Reaktion werden Wassersto und Sauersto katalytisch umgesetzt, die Elektroden werden selbst nicht verandert. Die Platin-Teilchen wirken dabei als katalytische Zentren, die umso wirksamer sind, desto groer ihre Oberache ist. Die Elektrolytmembran selbst arbeitet wie ein Ionentauscher. Die Protonen der in der Membran enthaltenen Sauregruppen sind beweglich. Ist die Membran feucht, so transportiert sie Protonen zwischen Anode und Kathode. Der elektrische Kontakt erfolgt uber Stromableiter, in diesem Fall spezielle Edelstahllochbleche. Die Stromableiter mussen auch bei groen Brennstozellen den Gastransport und den Wasserabtransport gewahrleisten, d. h. gas- und ussigkeitsdurchlassig sein. Der Strom einer Brennstozelle ist proportional zur Flache der Elektroden und erreicht Werte von bis zu 2A=cm2 . IX Alternative Energiequellen 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN Abbildung 5: Schnitt durch eine (Polymerelektrolyt-)Membran-Elektroden-Einheit unter Verdeutlichung der bei der Brennstozellenreaktion ablaufenden Prozesse. 2.2.3 Spannungs-Strom-Kennlinie einer Brennstozelle In Abb. 6 ist die Spannungs-Strom-Kennlinie der Brennstozelle schematisch dargestellt. Sie besteht aus 3 Bereichen, die typisch fur elektrochemische Kennlinien sind. U0 ist die thermodynamisch maximal erreichbare Spannung, die eine Brennstozelle liefern kann. Dieser Wert ergibt sich aus der elektrochemischen Spannungsreihe H2 =H3 O+ ==H2 O=O2 und betragt 1:23V . Die tatsachliche Zellspannung liegt wie gesagt stets darunter. Die Dierenz zwischen gemessener und theoretischer Zellspannung bezeichnet berspannung. Die Groe der U berspannung ist das entscheidende Merkmal man als U fur die Leistungsfahigkeit und Gute einer Brennstozelle. Sie setzt sich aus verschiednen Beitragen zusammen, deren Groe in Abhangigkeit vom Stromu den Verlauf der Kennlinie bestimmt. Die Einzelbeitrage sind: 1. Durchtrittsuberspannung - Einu des Katalysators Bei kleinen Stromen und bei Spannungen nahe der thermodynamischen Spannung bestimmen die katalytischen Vorgange an den Elektroden den Verlauf der Kennlinie. Dieser Verlauf ist in Abb. 6 durch einen exponentiellen Anstieg des Stromes mit der U berspannung gekennzeichnet. Entscheidend fur die Hohe des Stroms ist die Geschwindigkeit der katalytischen Umsetzung der Gase H2 und O2 , d. h. die Geschwindigkeit, mit der die Elektronen durch die Grenzache Platin/Elektrolyt/Gas X 2.2. Brennstozelle und Elektrolyseur Alternative Energiequellen Abbildung 6: Spannungs-Strom-Kennlinie einer Brennstozelle eingeteilt in die drei Bereiche Katalyse, Innenwiderstand und Transport der Reaktanten. berspannung hindurchtreten (in Abb. 5 rechts dargestellt). Die damit verbundene U bezeichnet man als Durchtrittsuberspannung. Die Groe der Oberache des Katalysators bestimmt somit mageblich die Gesamthohe des erreichbaren Stroms. 2. Innenwiderstand - Einu des Aufbaus der Zelle Jede Brennstozelle hat einen Innenwiderstand (Elektrolyt, Stromableiter, innerer Aufbau, externe Verkabelung,. . . ), der sich bei hoheren Stromen zunehmend bemerkbar macht. Die Spannungs-Strom-Kennlinie ist in diesem Fall linear, d. h. die Spannungsabnahme ist proportional der Stromerhohung. Dieser Widerstand mu gerade bei groen Brennstozellen gering gehalten werden, da es sonst zu groen Leistungseinbuen kommt. 3. Diusionsuberspannung - Einu des Stotransportes Bei hoheren Stromen wird der Antransport der Gase durch die porose Elektrodenstruktor bestimmt (Abb. 5 Mitte). Eine Diusionsuberspannung tritt dann auf, wenn die Gase am Katalysator schneller verbraucht werden, als sie dorthin diundieren konnen. Typisches Indiz fur das Auftreten einer Diusionsuberspannung ist das Abknicken\der Spannungs-Strom-Kennlinie nach unten. Die Spannung der " Brennstozelle wird mit zunehmendem Strom dann sehr schnell kleiner, die Zelle verhungert.\ " XI Alternative Energiequellen 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN berspannungsbeitrage zu Ziel jeder Brennstozellenentwicklung ist es also, diese drei U minimieren. Dies erreicht man durch bessere Elektrokatalysatoren, gut leitende Materialien und Kontakte, sowie durch Optimierung der Elektrodenstrukturen und der Gasfuhrungen. 2.3 Der Umkehrprozess - Elektrolyse Der Umkehrprozess, also die Erzeugung von chemischer Energie aus elektrischer Energie geschieht im Elektrolyseur. Dieser ist im Prinzip wieder eine Brennstozelle, jedoch umgekehrt betrieben: Dazu wird dem System, statt es mit Brennsto zu versorgen, das Endprodukt angeboten. Dieses wird unter Stromzufuhr elektrolysiert und zu Brennsto umgewandelt. Abbildung 7: Strom-Spannungs-Kennlinie eines Elektrolyseurs. Die Strom-Spannungs-Kennlinie des Elektrolyseprozesses sieht wie folgt aus: Unterhalb einer gewissen Spannung iet uberhaupt kein Elektrolysestrom, da die notwendige Zersetzungsspannung (im H2 O-Fall U0 = 1:23V ) nicht erreicht wird. Die bei Spannungen U U0 entstehenden Gase werden von den Elektroden zunachst adsorbiert, es entsteht eine galvanische Zelle. Diese galvanische Zelle hat eine bestimmte Zellspannung (Polarisationsspannung), die einen Strom bewirkt. Dieser innere Strom wirkt dem Elektrolysestrom entgegen. Erhoht man die auere Spannung, wird mehr Gas adsorbiert. Ab einem bestimmten Punkt erreicht der Gasdruck an den Elektroden den Wert des aueren Luftdrucks, und an den Elektroden beginnen Gasblasen aufzusteigen. Oberhalb von 1:23V fuhrt eine weitere Steigerung der aueren Spannung dann zu einer kontinuierlichen Gasentwicklung mit einem steilen exponentiellen Anstieg der Stromstarke. XII Alternative Energiequellen 3 Experiment Solarzelle Aufgabe 1: Messen Sie den Kurzschlussstrom einer Solarzelle in Abhangigkeit vom Abstand a der Lichtquelle. In wieweit beeinussen Kontaktwiderstande etc. das Meergebnis? Tragen Sie ln(I ) gegen ln(a) auf und bestimmen Sie die Steigung. Vergleichen Sie ihren Wert mit dem theoretisch zu erwartenden. K Aufgabe 2: Nehmen Sie I (U )-Kennlinien einer Solarzelle auf. Bestimmen Sie dazu zuerst die Diodenkennlinie einer unbestrahlten Solarzelle. Wiederholen Sie die Messung danach fur eine bestrahlte Solarzelle und mindestens zwei verschiedene Abstande zur Lichtquelle. Erklaren Sie die Verschiebung des Stromes I (U ) mit zunehmender Bestrahlung. Bestimmen Sie aus den Mekurven die Leistung P (U ). Wann gibt die Solarzelle die maximale Leistung ab? Wie gro ist bei P ihr Innenwiderstand? Bestimmen Sie den Fullfaktor. max Elektrolyseur & Brennstozelle Achtung!!! Der Strom am Elektrolyseur darf niemals 1A uberschreiten. Das entspricht einer Eingangsspannung von ca. 1.9V. Unbedingt POLUNG der Gerate beachten! Sie haben es mit hochentzundlichem Knallgas zu tun, also Vorsicht! Aufgabe 3: Messen Sie die Kennlinie des Elektrolyseurs, indem Sie die Spannung zwi nderung schen 0 und ca. 1.75V variieren (I < 1A). Beobachten Sie bei A der Spannung stets die Variation des Stromes, um stationares Verhalten der Zelle zu gewahrleisten. Aufgabe 4: Bestimmen Sie den Wirkungsgrad des Elektrolyseurs, indem Sie die erzeugte Gasmenge pro Zeit bestimmen. Stellen Sie dazu am Netzgerat einen konstanten Strom (ca. 500mA) ein und messen Sie das entstandene Wasserstovolumen in Abhangigkeit der Zeit. Dazu mussen Sie mittels der Absperrventile die Gasabfuhr zur Brennstozelle unterbrechen. XIII Alternative Energiequellen 3 EXPERIMENT Aufgabe 5: Sie bestimmen nun den von den Randbedingungen abhangigen Wirkungsgrad des Kreislaufs Elektrolyseur-Brennstozelle. Dazu versorgen Sie den Elektrolyseur mit dem in Aufgabe 4 angelegten Strom und bestimmen die Eingangsleistung. Nun legen Sie einen variablen Lastwiderstand an die Ausgangsseite der Brennstozelle. Zuerst messen Sie den stationaren Wirkungsgrad. Dazu warten Sie bei festem Lastwiderstand solange, bis sich stationares Verhalten eingestellt hat, und bestimmen dann die Ausgangsleistung. Nun messen Sie das Verhalten unter nicht stationaren Bedingungen. Dazu variieren Sie den Lastwiderstand in moglichst aquidistanten und kurzen Zeitintervallen von groen zu kleinen und wieder zu groen Werten. Warten Sie vor Messbeginn und bei groen Widerstanden zunachst das stationare Gleichgewicht ab. Erklaren Sie, wieso es zum Auftreten einer Hysterese kommt. Widerstand R liegt zwischen 0 und 3 Ohm (R = 0:1 ). Aufgabe 6: Bestimmen Sie den Wirkungsgrad des Gesamtsystems Solarzelle-ElektrolysezelleBrennstozelle fue einen an die Brennstozelle optimal angepaten Verbraucher. Ausstattung Rechner, Power-CASSY, Sensor-CASSY Solarzelle Lampe Elektrolyseur Brennstozelle Variabler Widerstand 0:1 Luxmeter XIV 10 UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Fachrichtungen der Physik Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Gleichstrom WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0 Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: p2H [email protected] Telefon: 0681/302-3944 2H GL 2 Gleichstrom 1. Stoffgebiet - Stationäre Ströme und Spannungen - Elektrische Netzwerke - Kirchhoff'sche Regeln - Spannungsquellen - Gleichstrommeßwerke - Ersatzschaltbilder - Elektrische Leistung - Energieumwandlung 2. Literatur - Gerthsen-C. ,Meschede, D. Physik 21. Auflage, Springer-Verlag, 2002 - Bergmann-Schäfer Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 2, Elektromagnetismus 8. Auflage, W. de Gruyter-Verlag, 1999 - CASSY Anleitung ((Auszug) Leybold-Didaktik) Gleichstrom GL 3 3. Fragen 1. Wie sind Strom und Spannung definiert? Man leite das Ohmsche Gesetz aus der G G differentiellen Form j = σ ⋅ E her. 2. Wie ändert sich ein metallischer Widerstand, wie ein Halbleiterwiderstand mit der Temperatur? Wie sieht die Kennlinie einer Glühbirne, eines NTC’s oder PTC’s aus? 3. Welche Wirkungen des elektrischen Stromes können zur Messung der Stromstärke herangezogen werden und wie sind diese Größen mit der Stromstärke verknüpft? Wie nennt man die entsprechenden Meßgeräte? 4. Welche Anforderungen werden an ein ideales Strommeßgerät bezüglich seines Innenwiderstandes gestellt? Erläutern Sie anhand einer Schaltskizze, wie ein Strommeßgerät in den Schaltkreis eingefügt wird. Überlegen Sie sich wie die obigen Anforderungen durch das Power/Sensor Cassys erfüllt wird. 5. Welche Anforderungen werden an einen idealen Spannungsmesser bezüglich seines Innenwiderstandes gestellt? Welche Spannungsmeßgeräte kennen Sie und welches von diesen kommt dem idealen am nächsten? Wie wird die Spannung an einem Widerstand gemessen (Schaltskizze!)? Wie sieht das Ganze beim Power/ Sensor Cassy aus? 6. Was versteht man unter elektrischer Arbeit und elektrischer Leistung? Wie sind diese mit Strom, Spannung und Widerstand verknüpft? Wie läßt sich elektrische Energie in Wärme, Licht, mechanische Energie und in chemische Energie umwandeln (Beispiele)? 7. Wie kann man Gleichspannung erzeugen? Welche Gleichspannungsquellen kennen Sie? 8. Was versteht man unter dem inneren Widerstand einer Spannungsquelle, z.B. eines galvanischen Elementes? 9. Man formuliere die Knoten- und die Maschenregel (1. und 2. Kirchhoff'sches Gesetz) und gebe je ein Beispiel an. 10. Wie groß muß man den Widerstand Ra eines Verbrauchers wählen, um aus einer Spannungsquelle mit dem Innenwiderstand Ri a) die größtmögliche Spannung, b) den größtmöglichen Strom, c) die größtmögliche Leistung zu entnehmen? GL 4 Gleichstrom 4. Grundlagen G Wird an einem Stoff ein elektrisches Feld E angelegt, fließt ein Strom (1) G G j = σ⋅E , wobei j die Stromdichte und σ die Leitfähigkeit sind. Die Leitfähigkeit σ hängt mikroskopisch betrachtet von der Ladung e der freien Ladungsträger, deren Anzahl n sowie deren Beweglichkeit μ im Kristallgitter ab: (2) σ = e⋅ n⋅μ . In einem Metall sind freie Ladungsträger stets vorhanden; in einem Halbleiter werden sie durch thermische Energie erzeugt, d.h. die Leitfähigkeit eines Halbleiters wächst stark mit der Temperatur. Aus obiger Gleichung läßt sich leicht das bekannte Ohmsche Gesetz für einen homogenen Leiter, dessen Widerstand R nicht von der Spannung abhängt, herleiten: (3) U = R⋅I, wobei I der elektrische Strom durch den Leiter und U der Spannungsabfall längs des Leiters sind. Sind Spannung und Strom nicht von der Zeit abhängig, spricht man von Gleichspannung. Die im Widerstand erzeugte elektrische Leistung ist (4) U2 . P = U⋅ I = R⋅ I = R 2 Diese wird im Widerstand R komplett in Wärme umgewandelt. Elektrische Energie hat den Vorteil, daß sie sich mit hohem Wirkungsgrad in andere Energiearten umwandeln läßt und einfach und umweltfreundlich zu transportieren ist. Ein entscheidender Nachteil ist die geringe Speichermöglichkeit (Akku, Pumpspeicherwerk). Nachstehend sind die wichtigsten Energieumwandlungs-möglichkeiten aufgeführt: Gleichstrom Umwand mechan. Energie lung von mittels Dynamo, Mikrofon, Reibungselektrizi tät GL 5 Wärme Licht Seebeck-Eff. Photozelle, (indirekt: KKW, (Solarzelle) Kernreaktor) chemischer Energie Galvanisches Element, Brennstoffzelle in elektrische Energie. Umwandlung von elektrischer. Energie mittels Elektromotor, Lautsprecher in mechan. Energie Joule'sche Wärme, Peltiereffekt Wärme Leuchtstoffröhre (indirekt: Glühbirne) Licht Elektrolyse chemische Energie Die Messung eines elektrischen Stromes geschieht durch geeignete Ausnutzung seiner Wirkungen, z.B. durch Messung einer bei Elektrolyse abgeschiedenen Stoffmenge, durch Messung der Temperaturerhöhung infolge Joule'scher Wärme (Thermokreuz, HitzdrahtAmpèremeter), durch seine magnetischen Wirkungen (Drehspulinstrumente) oder durch elektronische Verstärkung und anschließende Digitalisierung der an einem Präzisionswiderstand abfallenden Spannung. Bei der letztgenannten Methode verwendet man ein (leicht abzulesendes) Digitalmultimeter mit einem Operationsverstärker (sehr hoher Eingangswiderstand von 100 MΩ und mehr) und einem Analog-Digital-Wandler (hohe Auflösung und Geschwindigkeit siehe hierzu das Kapitel über AD/DA Wandler). Zur Funktion eines Drehspulmeßwerks sei auf die Literatur bzw. auf den Versuch "Magnetismus" (Teil: Galvanometer) verwiesen. Wir wollen uns im folgenden auf die Schaltung von Meßinstrumenten in Stromkreisen beschränken. Das Meßwerk eines Drehspulinstruments liefert einen dem hindurchfließenden Strom proportionalen Ausschlag. Der Maximalausschlag ist die Grundkonstante Im. Als Amperemeter muß das Instrument direkt in den Stromkreis geschaltet werden. Es ist zu berücksichtigen, daß jedes Meßwerk einen von Null verschiedenen Innenwiderstand (Grundkonstante Ri) besitzt und somit selbst den zu messenden Strom beeinflußt. GL 6 Gleichstrom Meßbereichserweiterung: Ri U R I Abb. 1: Stromkreis mit Meßwerk Durch Änderung des Innenwiderstandes läßt sich der Meßbereich des Ampèremeters erweitern. Schaltet man parallel zum Ampèremeter nochmals den Widerstand Rp= Ri, so fließt durch das Meßwerk nur noch der halbe Strom; d.h. mit dem Parallelwiderstand Ri kann man maximal die Stromstärke 2 ⋅ I m messen. Allgemein ergibt sich für eine Erweiterung des Meßbereichs um den Faktor n für den Parallelwiderstand: (5) Rp = 1 ⋅ Ri n−1 (Strommessung-Meßbereichserweiterung). Rp Ri U R Abb. 2: Meßbereichserweiterung des Amperemeters Gleichstrom GL 7 Als Voltmeter wird das Instrument in den Nebenschluß gelegt (Abb. 3). Rv R U Ri Abb. 3: Meßbereichserweiterung des Voltmeters Die Maximalspannung, die das Meßwerk messen kann, ergibt sich aus den Grundkonstanten zu (6) Um = R i ⋅ I m . Da jetzt ein Strom durch den Nebenschluß fließt, werden die Verhältnisse im Hauptkreis ebenfalls verändert. Man beachte, daß bei Messung von Strom und Spannung mit Drehspulinstrumenten die zu messenden Ströme und Spannungen beeinflußt werden. Um bei Messung von Strom und Spannung die Verhältnisse im Kreis nicht wesentlich zu verändern, muß der Innenwiderstand des Amperemeters klein gegen die Kreiswiderstände sein. Der Innenwiderstand des Voltmeters soll andererseits sehr groß sein. Schaltet man beim Voltmeter den Widerstand RV in Serie zu, so wird der Meßbereich um den Faktor (7) n= Rv + Ri Ri (Spannungsmessung-Meßbereichserweiterung) größer. Mißt man mit einem Voltmeter die Klemmenspannung Uk einer Batterie, so ist folgendes zu beachten: Durch den inneren Widerstand RB der Batterie und den Widerstand Ri des Voltmeters entsteht ein Spannungsteiler. GL 8 Gleichstrom S RB Batterie Ri R V A Uk U0 Abb. 4: Klemmenspannung Uk und Leerlaufspannung U0 einer Batterie Dann ist (8) U0 = Uk + I ⋅ R B , d.h. die Klemmenspannung Uk = U0 − I ⋅ R B ist kleiner als die Leerlaufspannung U0 (auch Urspannung, früher elektromotorische Kraft (EMK) genannt). Ist aber Ri sehr groß, so wird der Strom vernachlässigbar klein und Uk ≈ U 0 . Schließt man in Abb. 4 den Schalter S und mißt mit dem Ampèremeter den Strom, der über R fließt, so ist der innere Widerstand RB bestimmt durch (9) RB = U0 − Uk . I Betrachtet man die Leistungsaufnahme im Verbraucher R (Pel =U k ⋅ I ) , so stellt man fest, daß bei (10) R = Ri die Batterie die maximale Leistung abgibt (Leistungs-Anpassung). Gleichstrom GL 9 Einschaltvorgänge Viele elektronische Schaltungen benötigen nach dem Einschalten eine kurze Zeit, bis sie einen stationären Zustand erreicht haben. Diese Einschalt- bzw. Einschwingzeiten sind auf die Eingangsimpedanz (ohmscher, kapazitiver und induktiver Widerstand) der Schaltung zurückzuführen. Wie sich nun eine Kapazität verhält, wenn man eine Spannung anlegt, soll im folgenden an einem einfachen Beispiel untersucht werden. Dazu betrachte man folgende Schaltung: C RS CASSY C = 2.69 μ F U0 = 39.4 V RS = Eingangswiderstand des CASSY‘s U0 Abb. 5: Meßaufbau zur Bestimmung des Ein- und Ausschaltvorgangs Nach der Maschenregel gilt (11) U0 = Q( t ) + RS ⋅ I ( t ) . C Daraus folgt (12) I ( t ) = I ( 0) ⋅ e− t / RS C . Leiten Sie die Gleichungen (11) und (12) her. Für die Spannung am Widerstand RS ergibt sich dann: (13) UR S ( t ) = URS ( 0) ⋅ e− t / RS C . Welche Spannung UC(t) am Kondensator ergibt sich daraus? GL 10 Gleichstrom 5. Versuchsdurchführung Leiten Sie die Gleichungen (5), (7) und (10) her. Aufgabe 1: Kennlinien Bestimmen Sie die Kennlinie eines ohmschen Widerstands, einer Glühlampe, eines NTC sowie eines PTC Widerstands. Aufgabe 2: Innenwiderstand einer Spannungsquelle Aufgabe 2.1: a) Man bestimme den Innenwiderstand und die Leerlaufspannung U0 der Batterie ohne Zusatzwiderstand für verschiedene Lastwiderstände R = 10, 20, 30, 40, 50, 60 Ω. Messen Sie die Klemmenspannung Uk an R, berechnen Sie daraus den Strom I und tragen Sie die Meßpunkte in einem Uk=Uk(I)-Diagramm auf. Aus der Steigung und dem y-Achsenabschnitt der Bestgeraden erhält man nach Gleichung (8) U0 und RB . b) Bestimmen Sie ebenso den Innenwiderstand und die Leerlaufspannung der Batterie mit Zusatzwiderstand. c) Wie groß sind die Kurzschlußströme der Batterie für a) und b)? Vorsicht: Drücken Sie den Taster stets nur kurzzeitig, um die Batterie nicht zu sehr zu belasten! Aufgabe 2.2: Die Anpassung eines Verbrauchers R an die Spannungsquelle ist experimentell zu bestimmen: Es wird die Batterie mit dem größten Innenwiderstand (Aufgabe 2.1b)) benutzt. Der Lastwiderstand R wird zwischen 10 kΩ und 0 Ω variiert. Man zeichne die Funktion P = P(R). Gleichstrom GL 11 Aufgabe 3: Einschaltvorgänge Aufgabe 3.1: Mit Hilfe des Cassy‘s, welches so geschaltet wird, daß sein Eingangswiderstand den Widerstand RS darstellt, realisiere man die in Abb. 5 angegebene Schaltung und nehme die URS ( t ) -Kennlinie für den Lade- und Entladevorgang auf. Aufgabe 3.2: Aus Gleichung (13) folgt: (14) ln URS ( t ) = − 1 ⋅ t + ln URS ( 0) RS C Man trage ln URS ( t ) gegen t auf und bestimme aus der Steigung den Eingangswiderstand RS des Cassy’s und vergleiche diesen mit der technischen Spezifikation. Aus dem Achsenabschnitt berechne man mittels Interpolation den Einschaltstrom I(0) = URS ( 0) / RS . Aufgabe 3.3: Die folgende Abbildung stellt eine zu Abb. 5 analoge Schaltung für einen Einschaltvorgang mit einer Induktivität L dar. L L = Induktivität RL= 280 Ω (Ohmscher Widerstand der Spule) R = 20 Ω (Vorwiderstand) RL R RS CASSY U0 Abb. 7: Messung des Einschaltvorgangs (Induktivität) Aus Aufgabe 3.2 geht hervor, daß RS>>R ist; daher kann RS vernachlässigt werden. Berechnen Sie aus der Maschenregel den Verlauf der Spannung UR(t) für den Einschaltvorgang! Hinweis: RL+ R = R' bildet einen Spannungsteiler. Man berechne zuerst UR'(t) und mit Hilfe des Teilverhältnisses dann UR(t). Wie groß muß die Induktivität L sein, wenn UR(t) nach 2 Sekunden auf den Wert UR ( t = 2 s) = UR ( 0) ⋅ (1 − 1 / e) angestiegen ist? GL 12 Gleichstrom Aufgabe 3.4: Skizzieren Sie den Verlauf der Spannungen UL(t) bzw. UC(t) an der Spule bzw. am Kondensator als Funktion des Rechtecksignals in Abb. 8. U U0 t Abb. 8: An RC- bzw. RL-Serienschaltung angelegtes Rechtecksignal Was stellt man fest, wenn man UC(t) bzw. UL(t) und die jeweils dazugehörige Funktion UR(t) addiert (grafisch) ? 6. Versuchsausstattung - 1 Batterie mit umschaltbarem Innenwiderstand und Taster - 1 Widerstandsdekade 0. . . 111 Ω - 1 Widerstandsdekade oder 1 veränderlicher Widerstand 0 . . . 10 kΩ - 1 Schaltbrett mit 3 Widerständen - 1 Schaltbrett mit Netzteil, Kondensator und Umschalter - CASSY Lab Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Wechselstrom WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Kontaktadressen der Praktikumsleiter: PD Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Herbert Wolf Zimmer: 1.13, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-2038 2H Version 3 (4/2013 MD) WS 2 Wechselstrom 1. Stoffgebiet - Komplexe Darstellung von Wechselspannungen und -strömen - Komplexe Widerstände (Zeigerdiagramme) - Wechselstromnetzwerke - Elektrische. Resonanzen - Wechselstromleistung - Freie Ladungsträger 2. Literatur - H. Vogel Gerthsen Physik 22., neu berarb. Aufl. 2004, Springer-Verlag - Bergmann/Schäfer Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 2: Elektromagnetismus 8. Auflage 1999, Walter de Gruyter Wechselstrom WS 3 3. Fragen 1. Welche Kräfte wirken auf ein Elektron, das sich in einem elektrischen Feld bewegt? Welche auf ein ruhendes und ein bewegtes geladenes Teilchen in einem magnetischen Feld? Welche kinetische Energie gewinnt es beim Durchlaufen der Felder? 2. Wie kann man mit dem Oszillografen den zeitlichen Verlauf von Spannungen messen. Welche Modifikationen müssen am Oszilloskop erfolgen um Ströme messen zu können? Wie realisiert man solche Messungen mit dem Cassy Lab. 3. Wie kann man Wechselspannungen bzw. -ströme erzeugen? Durch welche physikalischen Größen sind sie bestimmt? Wie ist der Effektivwert Ueff einer Wechselspannung U(t) definiert? Berechnen Sie als Beispiel Ueff der in Abb. 1 gegebenen Sägezahnspannung! Abbildung 1 : Sägezahnspannung 4. Erläutern Sie elektrische Wirk-, Blind- und Scheinleistung anhand der beiden in Aufgabe 1 gegebenen Schaltkreise. Wozu können diese Schaltungen verwendet werden?. 5. Skizzieren Sie Impedanz Z( ω ) und Phasenverschiebung ϕ bei Serien- und Parallelresonanz als Funktion der Kreisfrequenz. Zu welchen Zwecken werden solche Schaltkreise gebraucht? 6. Leiten Sie aus der Parameterdarstellung x = x 0 ⋅ sin(ωt ) , y = y 0 ⋅ sin(ωt + ϕ ) die Ellipsengleichung x2 y2 x y + − 2 ⋅ ⋅ ⋅ cos ϕ − sin 2 ϕ = 0 2 2 x y x0 y0 0 0 explizit her. 7. Bestimmen Sie aus den gegebenen Werten Uxo, Uyo, a und b von Aufgabe 1 die Impedanz |Z( ω )|, den Phasenwinkel ϕ sowie die Wirkleistung Pw an R? WS 4 Wechselstrom 8. Berechnen Sie die Impedanz Z( ω ) des Netzwerkes aus Aufgabe 2. Vernachlässigen Sie dabei R (da R<< R1 ). Berechnen Sie ferner jeweils Z'=Re(Z) und Z''= Im(Z) für die 3 Ext1 remalfälle ω → 0 , ω = und ω → ∞ und tragen Sie die 3 Punkte in der komplexen R2C ⋅ Ebene (|Z''| als Funkion von |Z'|) auf. Welcher Teil einer geschlossenen Kurve (Ortskurve), wird durch die Punkte beschrieben? 9. Berechnen Sie das sogenannte Übertragungsverhältnis Ua/Ue der drei Netzwerke aus Aufgabe 4. Ermitteln Sie Nullstellen, Polstellen und Asymptoten und skizzieren Sie die Funktionen! Speziell: Welche Werte für ω erhält man für die Polstellen mit C=1 µ F und L=13mH? 10. Berechnen Sie das Übertragungsverhältnis Ua/Ue des in Ab. 2 dargestellten Vierpols und diskutieren Sie den Verlauf in Abhängigkeit von ω . Berechnen Sie die Breite ∆ω des Bereiches mit U 2 = U1 / 2 gilt! Wovon hängt ∆ω ab und wozu kann diese Schaltung eingesetzt werden? Abbildung 2: Vierpol 4. Grundlagen 4.1 Aufbau und Funktionsweise eines Zweistrahloszillografen Abbildung 3:Schnittbild einer Oszillografenröhre 1) Kathodenheizung 2) Kathode 3) Fokussiereinrichtung 4) Anode 5) Y-Ablenkplatten 6) X-Ablenkplatten 7) Nachbeschleuniger 8) Leuchtschirm Wechselstrom WS 5 Abbildung 4:Blockschaltbild des Oszillografen und zeitlicher Verlauf der Spannnung U1: T: Eingangssignal (hervorgehoben gezeichnet: Signal, das auf dem Bildschrim erscheint) Strahllaufzeit von Bildschirmrand zu Bildschirmrand Moderne Oszillografen bestehen aus mehreren Baugruppen, deren Bedeutung kurz erläutert werden soll: Um sich den Aufbau der Oszillografenröhre und den zeitlichen Verlauf der verschiedenen Spannungen zu verdeutlichen, betrachte man Abb. 3 und Abb. 4. 1) Der Kern eines Oszillografen ist die Oszillografenröhre. Aus einer geheizten Kathode treten Elektronen aus und bilden eine Raumladungszone um die Kathode. Aus dieser Raum- WS 6 Wechselstrom ladungszone werden die Elektronen durch ein elektrisches Feld zur Anode hin beschleunigt und durch eine Fokussiereinrichtung zu einem dünnen Strahl gebündelt. Dieser Strahl passiert eine Bohrung in der Anode und gelangt in das Ablenksystem. Das Ablenksystem besteht aus zwei um 90° gegeneinander versetzte Plattenkondensatoren. Dort wird der Strahl in jedem Kondensator jeweils um einen Winkel α abgelenkt, zum einen in xRichtung, zum anderen in y-Richtung. (1) UA: l: UB: d: Es gilt: tan α = UA ⋅l . 2 ⋅U B ⋅ d Ablenkspannung an der jeweiligen Kondensatorplatte. Länge der Bahn innerhalb der Kondensatorplatten. Beschleunigungsspannung zwischen Anode und Kathode. Abstand der jeweiligen Ablenkplatten. Moderne Zweistrahloszillografen besitzen entweder zwei getrennte Elektronenstrahlquellen und zwei Ablenkeinheiten, oder die Ablenkeinheit wird abwechselnd den beiden Signalquellen "zugeteilt". Durch die Trägheit des Auges erscheinen dann die beiden Signale als stehende Bilder. Nachdem der Strahl die Ablenkeinheit passiert hat, werden die Elektronen durch eine zweite Anode nachbeschleunigt, wodurch die Auflösung des Bildes verbessert wird. Am Ende treffen sie auf dem Leuchtschirm der Röhre auf. Zum Betrieb der Heizung, der Anode, des Nachbeschleunigers und der Fokussiereinrichtung sind eine Reihe von Baugruppen vorhanden, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. 2) Die an den Eingängen anliegenden Spannungssignale werden zunächst von einem einstellbaren Vorverstärker verstärkt. Zusätzlich wird ihnen eine Gleichspannung (sogenannter Offset) überlagert. Damit läßt sich die Lage der Signale auf dem Bildschirm verändern. Wünscht man einen X-Y-Betrieb, so wird ein Spannungssignal an den YAblenkkondensator gelegt, das andere an den X-Ablenkkondensator. 3) Will man den Oszillografen im x-t-Betrieb nutzen, so wird an den Y-Ablenkkondensator ein verstärktes Spannungseingangssignal gelegt. Um ein stehendes Bild zu erhalten, benötigt man ein zweites Signal, das dieselbe Frequenz oder ein Vielfaches der Frequenz des Eingangssignales besitzt. Dieses Signal liefert der Triggeroszillator (Trigger). Überschreitet das Signal eine einstellbare Amplitude (Trigger-Level) innerhalb einer bestimmten Zeit (die von der Zeitbasis vorgegeben wird), so erzeugt der Triggeroszillator einen kurzen Synchronisationspuls. (Triggerimpuls) 4) Sobald der Triggerimpuls U 2 am Eingang U 3 der Zeitbasis erscheint, beginnt diese, die Spannung am X-Ablenkkondensator linear mit der Zeit zu erhöhen. Die Steigung dieser Sägezahnspannung ist einstellbar und ergibt den Zeitmaßstab auf der x-Achse. Hat die Sägezahnspannung eine bestimmte Amplitude erreicht (d.h. etwa den rechten Bildschirmrand), so geht sie auf null zurück, der Strahl wird dunkelgetastet und läuft unsichtbar zum linken Bildschirmrand zurück. Der Triggeroszillator wird freigegeben und erreicht das Eingangssignal wieder den Trigger-Level, wird die Zeitbasis von neuem getriggert. Dadurch wird gewährleistet, daß auf dem Oszillografenbildschirm immer ein stehendes Bild erscheint, da altes und neues Bild auf dem Bildschirm immer übereinanderliegen. Wechselstrom WS 7 Durch die Trägheit des Auges erscheint dann auf dem Bildschirm eine durchgehende Linie. Im Experiment wird die Kombination Power / Sensor – CASSY verwendet mit digitalem Input / Output. Der Computermonitor stellt ebenfalls eine Braun’sche Röhre dar. Das zum Oszilloskop Gesagte ist wichtig, da es immer noch zur Standardausrüstung im Labor gehört, und gerade für hohe Frequenzen Vorteile gegenüber digitalen Systemen mit sich bringt. Im Übrigen werden auch in anderen Teilen des Grundpraktikums Oszilloskope eingesetzt (Akkustik, Transistor, Digitalelektronik, Franck–Hertz). 4.2 Wechselstromrechnung Bei Wechselstromkreisen gibt es außer ohm'schen Widerständen sogenannte Blindwiderstände, die als Speicher für elektromagnetische Energie dienen und diese mit einer Phasenverschiebung von 90° an die Stromquelle zurückgeben. Mit Hilfe komplexer Zahlen läßt sich die Wirkung dieser Blindwiderstände formal durch ein ohm'sches Gesetz beschreiben. Somit lassen sich selbst komplexe Netzwerke aus Blind- und Wirkwiderständen mit Hilfe der Kirchhoff'schen Regeln berechnen. Man trifft folgende Zuordnung: (2) (3) (4) ohm'scher Widerstand Rω = R induktiver Widerstand RL= i ω L 1 i kapazitiver Widerstand R C = =− ωC iωC Der resultierende komplexe Widerstand eines solchen Netzwerkes ist im allgemeinen eine komplexe Funktion der Kreisfrequenz ω und wird als Impedanz Z( ω ) bezeichnet. Legt man an eine Impedanz eine sinusförmige Wechselspannung der Amplitude Uo an, so fließt durch die Impedanz ein ebenfalls sinusförmiger Wechselstrom, der um einen Phasenwinkel ϕ gegen die Spannung verschoben ist. Teilen wir die Impedanz Z in einen Realteil Z'=Re(Z) und einen Imaginärteil Z''=Im(Z) auf, so daß Z = Z′+ i ⋅ Z′ ′ , gelten folgende Beziehungen: (5) (U 0 / I 0 )2 = Z′ 2 + Z′ ′ 2 , tan ϕ = Z′ ′ / Z′ (6) Z′ = U 0 / I 0 ⋅ cosϕ , Z′ ′ = U 0 / I 0 ⋅ sin ϕ Die mittlere elektrischeLeistung, die in einer solchen Impedanz umgesetzt wird, ergibt sich bei sinusförmigen Wechselspannungen zu : T (7) 1 P = ⋅ ∫ U( t ) ⋅ I( t ) ⋅ dt = U eff ⋅ I eff ⋅ cosϕ T 0 Die Effektivwerte der sinusförmigen Ströme und Spannungen sind: I eff = I 0 / 2 ; U eff = U 0 / 2 WS 8 Wechselstrom 4.3 Dämpfung und Pegel Neben der Darstellung der Größen U, I und Z in ihren physikalischen Einheiten sind auch Darstellungen üblich, bei denen nur Verhältnisse von Größen angegeben werden. Diese Verhältnisse sind dimensionslose Größen, jedoch wird durch eine Bezeichnung gekennzeichnet, auf welche Weise das Verhältnis gebildet wurde. Die Größe im Nenner ist die Bezugsgröße. Ist diese Größe nicht normiert, spricht man von Pegel. Man definiert: Leistungsdämpfung: Spannungsdämpfung: v = 10 log P1/P2, v = 20 log U1/U2, Einheit: dB, Einheit: dB. Bei Pegelangaben (in Form von Spannungen) ist ein absoluter Bezugspunkt von 0.775V (= 0 dBm) üblich. Bei allen derartigen absoluten Pegelangaben wird ein Zusatz "m" an die dBAngabe angehängt. Das "m" rührt daher, daß bei einem Lastwiderstand von 600 Ω ein Leistungsabfall von P2 = 1 mW gerade eine Spannung von 0.775V erfordert. Der Wert für den Lastwiderstand von 600 Ω hat historische Ursprünge. 4.4 Darstellung komplexer Funktionen Betrachten wir eine komplexe Funktion Z( ω ), so sind verschiedene Darstellungsmethoden üblich: 1) 2) 3) Ortskurve (Zeigerdiagramm) Wir schreiben die Impedanz als Z = Z'+ i Z'' und tragen Z' auf der x-Achse ab, Z'' auf der y-Achse. Die Frequenz ist dabei der Parameter, durch dessen Änderung man eine geschlossene Kurve erhält. Frequenzgang Wir schreiben die Impedanz als Z = Z ⋅ e iϕ ; Z ist der Betrag der Impedanz, also die Wurzel aus der Summe der Quadrate von Real- und Imaginärteil. Aufgetragen werden in dieser Darstellung Z und ϕ als Funktion der Kreisfrequenz. Bode-Plot Beim Bode-Plot werden die Dämpfung und der Phasenwinkel einer Größe als Funktion von log( ω ), dem Zehnerlogarithmus der Kreisfrequenz, aufgetragen. Man verwendet zur grafischen Darstellung meist eine semilogarithmische. Darstellung. Welche Auftragungsart man wählt, hängt vom jeweiligen Problem ab, jedoch ist eine logarithmische Auftragung empfehlenswert, wenn eine Größe im betrachteten Bereich sich stark ändert. 4.5 Messungen mit dem Zweistrahloszillografen und CASSY Legt man an die Eingänge eines Zweistrahloszillografen oder CASSY zwei sinusförmige Spannungen mit den Scheitelwerten U1 und U2, der Kreisfrequenz ω 1 und ω 2, die um den Winkel ϕ zeitlich gegeneinander verschoben sind, so lassen sich diese Größen direkt gemäß Abb. 5 vom Oszillografenschirm ablesen. Dazu beachtet man zunächst, daß Zeitbasis und Eingangsverstärkung geeicht sind und liest die entsprechenden Strecken auf dem Bildschirm ab. Wechselstrom WS 9 2π ⋅ l1 , die anderen Größen l2 durch Multiplikation mit den entsprechenden Faktoren. Zu beachten ist vorallem, daß der Nullpunkt beider Kurven bekannt ist und auf dem Bildschirm übereinander liegt. Den Phasenwinkel ϕ im Bogenmaß erhält man dann als ϕ = Abbildung 5: Messung mit dem Zweistrahloszillografen Bemerkungen: Im Gegensatz zum Oszillographen fallen beim Cassy Lab die Eichung weg. Die Auswertemethode ist jedoch identisch. 4.6 Messungen nach der Ellipsenmethode (Oszilloskop / CASSY) Legt man an die Eingänge eines X-Y-Oszillografen oder an die entsprechenden Eingänge des Power/ Sensor Cassys zwei Spannungen mit dem zeitlichen Verlauf U x ( t ) = U x 0 ⋅ sin(ωt ) und U y ( t ) = U y 0 ⋅ sin(ωt + ϕ ) , so entsteht aus der Überlagerung dieser Spannungen auf dem Bildschirm eine Ellipse. Rechnerisch erhält man diese Ellipse, indem man in den obigen Gleichungen die Zeit eliminiert. U 2x U 2y Ux Uy + − 2 ⋅ ⋅ ⋅ cos ϕ − sin 2 ϕ = 0 2 2 Ux0 Uy0 Ux Uy 0 0 Aus dieser Ellipse lassen sich die Amplituden U x 0 , U y 0 und der Phasenwinkel ϕ bestimmen. Zunächst legt man auf dem Oszillografenschirm ein Koordinatensystem fest und eicht die Achsen. Hierbei wähle man die Koordinatenachsen so,daß die Ellipse den Bildschirm möglichst ausfüllt, um mögliche Ablesefehler klein zu halten. Dann bestimmt man die Amplituden U x 0 und U y 0 aus der maximalen X- bzw. Y-Ablenkung. Den Phasenwinkel kann man aus den Schnittpunkten a und b der Ellipse mit den Achsen bestimmen (vgl. Frage 8 und Abb.6). WS 10 Wechselstrom Abbildung 6: Messung nach der Ellipsenmethode Zur Bestimmung von ω schaltet man den Oszillografen in den x-t-Betrieb und liest die Periodendauer T auf der x-Achse ab. 2π . Es gilt folgende Beziehung: ω = T Überlegen Sie sich die Schaltung mit dem Sensor / Power Cassy! 5. Versuchsdurchführung Aufgabe 1: Gegeben sind zwei Wechselstromwiderstände in Form der Serienschaltung eines Widerstandes R und eines Kondensators C bzw. einer Spule L: Abbildung 7: RC- und RL- Serienkreis (R=100 Ω, C=1µF, L=13 mH) Messen Sie nach der Ellipsenmethode U x 0 , U y 0 , a und b für mindestens 20 verschiedene Frequenzen zwischen 100 Hz und 4 kHz. Berechnen Sie daraus die Impedanz |Z| und den Phasenwinkel ϕ (siehe Frage 8). Zeichnen Sie den Frequenzgang (|Z| bzw. ϕ als Funktion der Kreisfrequenz ω ). Bestimmen Sie den Pegel der im Widerstand umgesetzten Wirkleistung und tragen Sie ihn als Funktion der Kreisfrequenz ω in der gleichen Grafik auf. Verwenden Sie am besten drei verschiedene Farben! Wechselstrom Hinweis: WS 11 Pegel v= 10 ⋅ l o g Pw 1 mW mit Pw = U eff ⋅ I eff ⋅ cos ϕ = Ux0 2 ⋅ Uy0 2 ⋅R ⋅ cos ϕ Aufgabe 2: Gegeben ist ein Netzwerk der folgenden Form, wobei R1, R2 und C unbekannt sind. (R dient lediglich der Strommessung und kann wegen R<<R1 vernachlässigt werden.) Abbildung 8: Unbekanntes Netzwerk (R= 100 Ω) Messen Sie Ux und Uy sowie den Phasenwinkel ϕ für Frequenzen von 20 Hz bis 2.5 kHz (von 20 Hz bis 200 Hz in 20-Hz- Schritten, von 200 Hz bis 1 kHz in 200-Hz-Schritten und von 1 kHz bis 2.5 kHz in 500-Hz-Schritten.) Achten Sie auf die korrekte Messung von ϕ , da die Winkel nur sehr klein sind. Tragen Sie |Z''| = |Im(Z( ω ))| als Funktion von |Z'| = |Re(Z( ω ))| - komplexe Ebenendarstellung - auf und bestimmen Sie durch Extrapolation ( ω → 0 und ω → ∞ ) R1 und R2 sowie die Relaxationsfrequenz ω 1 und daraus C. (Vgl. Frage 9, R kann wieder vernachlässigt werden!) Aufgabe 3: Realisieren Sie einen Frequenz-Durchlassfilter (Abb. 9), bei dem U 2 / U1 = 1 ist, bei einer Frequenz von etwa f=500 Hz und dessen Frequenzbreite ∆ω ca. 1000 Hz beträgt. Messen Sie den von Ihnen gebaute Filter aus. Abbildung 9: Vierpol WS 12 Wechselstrom Aufgabe 4: Abbildung 10: Tief-, Band und Hochpaß (C= 1µF, L= 13mH) Berechnen Sie für die gezeigten Vierpole das Übertragungsverhältnis |Ua/Ue| sowie die Phasenverschiebung zwischen beiden Spannungen als Funktion der Frequenz. (Hinweis: In vielen Büchern zum Thema Elektronik / E-Technik werden solche Schaltungen unter dem Stichwort „Vierpoltheorie“, „Kettenschaltungen von Vierpolen“ behandelt.) 6. Versuchsausstattung - 1 Sensor CASSY - 1 Power-CASSY - 1 Oszilloskop - 1 Schaltbrett mit Kondensatoren, Widerständen und Spulen - Computer - Drucker - CASSY® Lab Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Magnetismus Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Kontaktadressen der Praktikumsleiter: PD Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Herbert Wolf Zimmer: 1.13, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-2038 2H Version 2 (5/2013 HK, MD) 2 Magnetismus Ziel des Versuchs Einführung in die Grundlagen der Erzeugung von Magnetfeldern und deren Messung durch eine Probespule (Pick-up-Spule). Transformatoren werden in allen Bereichen der Elektrotechnik eingesetzt. Ziel des Versuchs ist es, die grundlegenden Eigenschaften der Spannungsund Stromtransformation kennenzulernen. 1. Fragen 1. Was sind Dia-, Para- und Ferromagnetismus? 2. Welche Kräfte wirken auf ein Elektron, das sich in einem magnetischen Feld bewegt? In welche Richtung wird es abgelenkt und welche Energie gewinnt es dabei? 3. Wie sind die magnetische Feldstärke H , die magnetische Flussdichte B und der magnetische Fluss Φ miteinander verknüpft? Welche Einheiten haben sie? 4. Wie berechnen Sie aus der gegebenen Messgröße I die magnetische Feldstärke und aus H Uind den magnetischen Fluss Φ und die magnetische Flussdichte B ? Wie lässt sich µ0 mit den errechneten Größen darstellen? (Hinweis: Gln. (2), (4), (5), (8) und(9)) 5. Zeichnen Sie das Ersatzschaltbild einer Spule, die an eine Spannungsquelle angeschlossen ist. Leiten Sie aus der Maschenregel die Formel für den Ausschaltvorgang her. 6. Wie transformieren sich beim Transformator Wechselspannungen und Wechselströme? Wie verhält sich der Transformator gegenüber einer Gleichspannung? 7. Was versteht man unter dem Innenwiderstand eines Instrumentes? 8. Diskutieren Sie die Energieverhältnisse auf der Primär- und Sekundärseite eines idealen Transformators. Was versteht man unter einem Wirkungsgrad? 9. Nennen Sie drei Beispiele für Magnetfelder in der Technik. 2. Einführende Literatur • D. Meschede, Gerthsen Physik 24. Auflage (Springer-Verlag, Heidelberg 2010) Kap. 7.7 -7.9 • W. Demtröder, Experimentalphysik 2 Elektrizität und Optik 6. Auflage (Springer-Verlag, Heidelberg 2013) Kap. 3 – 5 Magnetismus 3 3. Grundlagen 3.1 Eigenschaften von Magnetfeldern Nach der 1. Maxwell’schen Gleichung erzeugt jeder elektrische Strom ein Magnetfeld: ∫ jd A = ∫ Hds (1) A Dabei ist j die durch die Fläche dA hindurch tretende Stromdichte und H das Magnetfeld längs des Linienstückes ds . Die Einheit von H ist A/m. Mit dem Magnetfeld H ist die materialabhängige Induktionsflussdichte verknüpft: (2) B = µµ0 H µ ist die magnetische Permeabilität, µ0 = 1/(ε0c2) = 1.2566×10-6 Vs/Am ist die Induktionskonstante. Für dia- und paramagnetische Stoffe ist µ ≈ 1, für ferromagnetische Stoffe ist µ >> 1 und feldabhängig. Dann gilt: (3) B= H µ0 H + M H ( ) ( ) Dieser Zusammenhang spiegelt sich in dem Auftreten einer magnetischen Hystereseschleife B ( H ) wider. Die 2. Maxwell’sche Gleichung liefert nun den Zusammenhang mit der durch eine magnetische Flussänderung induzierten Spannung Uind: U ind = −Φ (4) Die für die Induktion relevante Größe ist der magnetische (Induktions-)Fluss Φ. Er ist defi niert durch die eine Fläche durchsetzende Induktionsflussdichte B (5) Φ =∫Bd A A Man kann also elektrische Spannung erzeugen, indem man das Magnetfeld ändert oder indem man die Fläche ändert, die das Magnetfeld durchsetzt (z.B. Elektromotor). Schließlich erzeugt ein Magnetfeld (genauer eine Induktionsflussdichte) eine Kraft (Lorentzkraft) auf eine bewegte Ladung (d.h. einen elektrischen Strom). Auf ein Elektron wirkt die Kraft (6) F= −ev × B bzw. auf jedes Längenelement dl eines stromdurchflossenen Leiters die Kraft (7) = F Idl × B Dieser Effekt wird in Drehspulinstrumenten ausgenutzt. Eine Leiterschleife erfährt eine Lorentzkraft, wenn sie sich in einem Magnetfeld befindet und von einem Strom I durchflossen wird. Das erzeugte Drehmoment auf die Leiterschleife ist auch bei kleinsten Strömen gut messbar. Drehspulmesswerke gelten auch heute noch als hochempfindliche Instrumente, wenn sie auch wegen ihrer Anfälligkeit gegen unsachgemäßen Gebrauch kaum noch benutzt werden. 3.2 Transformator Bei Transformatoren macht man sich die Eigenschaft zunutze, dass ein Wechselstrom durch eine Spule (Primärspule) ein zeitlich veränderliches Magnetfeld und damit eine Induktions- 4 Magnetismus spannung erzeugt. Bringt man eine zweite Spule (Sekundärspule) in das Feld der ersten, so zu wird in ihr ebenfalls eine Spannung induziert. Um eine größtmögliche Flussänderung Φ erreichen, wählt man ein ferromagnetisches Material, das eine hohe Permeabilität µ besitzt. Dieses bringt man als Kern in die Spule, da dort das B-Feld am größten ist. Die zweite Spule setzt man ebenfalls auf diesen Kern (s. Titelbild). Es soll zunächst der unbelastete Transformator betrachtet werden. Legt man bei offener Sekundärseite an die Primärwicklung eine Spannung U1 (t ) = U1 sin(ωt ) an, dann gilt: B (t ) = µµ0 n1 I (t ) l Φ1 (t ) = B(t ) A mit: n1 : l: A: (8) (9) Windungszahl Länge der Spule Fläche einer Windung (Beachte: eine Spule hat n Windungen!) Infolge dieses Flusses wird in der Primärspule die Spannung 1(t ) U ind (t ) = −n1 Φ (10) induziert. Aus der Maschenregel folgt für die Eingangsseite des unbelasteten Transformators 1(t ) U1 + U ind (t= ) 0 bzw. U= n1 Φ 1 (11) Mit den Gln. (8), (9) und (11) ergibt sich für den Strom I1 also I1 (t ) = − U1 cos(ωt ) ω L1 (12) n12 A l (13) wobei L1 die Induktivität der Spule ist: L1 = µµ0 Beim idealen Transformator ohne Last sind Strom und Spannung um 90° phasenverschoben und die Leistungsentnahme ist Null, da = Peff 1 = U (t ) I (t )dt 0 2∫ (14) Die Flussänderung induziert aber auch in der Sekundärspule mit n2 Windungen eine Spannung 1(t ) U 2 (t ) = −n2 Φ (15) Die Spannungen am unbelasteten Transformator verhalten sich also wie U1 n = − 1 U2 n2 (16) Betreibt man den Transformator jetzt sekundärseitig mit einer Last, so fließt ein Sekundärstrom I2 = U2/RL, der nun seinerseits wieder einen magnetischen Fluss Φ2 im Eisenkern zur Folge hat. Dieser ist zu dem von I1 erzeugten Fluss um 90° phasenverschoben. Er überlagert sich mit Φ1 zu dem Gesamtfluss Φ = Φ1 + Φ2, der eine Phasenverschiebung 0 < ∆ϕ < 90° gegenüber der Eingangsspannung U1 hat. Es fließt ein Wirkstrom und es gilt Magnetismus 5 1 Peff = U1 I12 + I 22 cos(ϕ − ∆ϕ ) mit tan(∆ϕ ) = Φ 2 / Φ1 2 (17) Zur quantitativen Beschreibung des idealen Transformators mit beliebiger Last der Impedanz Z geht man wie folgt vor: Man definiert sich eine gegenseitige Induktivität L12. Diese beschreibt den Einfluss der einen Spule auf die andere. Dazu führt man den Kopplungsgrad = k L12 L1 L2 mit 0 < k < 1 (18) U1 =iω L1 I1 + iω L12 I 2 + Re I1 (19) U2 = ZI 2 = −iω L12 I1 − iω L2 I 2 (20) ein. Damit gilt Dieses Gleichungssystem muss dann für die jeweilige Impedanz Z bzw. die Eingangswiderstände Re berechnet werden. In der Realität kommt noch ein (nichtlinearer) Anteil des Kerns sowie Verluste durch Streufelder und Wirbelströme hinzu. Setzt man den Kopplungsgrad k = 1 und L1 = L2 = L, dann sieht man, dass sich der im unbelasteten Fall allein durch die Primärseite fließende Strom jetzt auf Primär- und Sekundärseite verteilt und für das Verhältnis I1/I2 gilt I1 Z = −1 I 2 iω L (21) Des Weiteren sind die Spannungen auf beiden Seiten betragsgleich, haben aber umgekehrte Vorzeichen. Allgemein gilt für die Spannungen auf Primär- und Sekundärseite U2 L12 = − 2 U1 L1 − iω (k − 1) L1 L2 / Z (22) Die Wirkleistung auf der Primärseite ist beim idealen Transformator gerade so bemessen, dass sie die sekundäre Belastung ausgleicht U1eff I1eff cos(ϕ1 ) = U 2 eff I 2 eff cos(ϕ 2 ) (23) mit ϕ1 , ϕ2 der Phasenverschiebung auf der Primär- bzw. Sekundärseite. Schließt man die Sekundärseite eines Transformators kurz, wird die Belastung sehr groß und es gilt I1 n2 = I 2 n1 (24) 6 Magnetismus 4. Versuchsdurchführung 4.1 Induktionsspule Aufgabe 1: Messen Sie den zeitlichen Verlauf des Stromes I(t) durch die Feldspule. Legen Sie dazu eine asymmetrische Rechteckspannung mit 20 Hz (U0 = 3 V) an die Spule und zeichnen sowohl U(t) als auch I(t) auf. Schätzen Sie das Verhältnis L/R ab, indem Sie den Verlauf von I(t) auswerten und mit dem theoretischen Verlauf (Ein- und Ausschaltvorgang) vergleichen. Aufgabe 2: Messen Sie nun den zeitlichen Verlauf der induzierten Spannung Uind in der Pick-up-Spule, die sich im Inneren der Feldspule befindet. Bestimmen Sie daraus den magnetischen Fluss Φ in der Pick-up-Spule. Aufgabe 3: Bestimmen Sie die magnetische Induktionskonstante µ0. Durch den magnetischen Fluss Φ können Sie B(H) berechnen und gegen H auftragen. Aus der Steigung können Sie dann µ0 bestimmen. Daten der Spulen: Feldspule: Länge l = 20 cm, n1 = 1145 Windungen Pick-up-Spule: Querschnittsfläche A = 3.37 cm2, n2 = 3000 Windungen 4.2 Transformator Aufgabe 4: Messen Sie die Hystereseschleife des Weicheisenkerns eines Transformators, indem Sie den magnetischen Fluss Φ in der Sekundärseite in Abhängigkeit des durch die Primärseite fließenden Stromes I auftragen. Legen Sie dazu eine Dreieckspannung U1 von 7 V und einer Frequenz von 0.1 Hz an die Primärseite des Transformators. Messen Sie die in der Sekundärseite induzierte Spannung U2 und berechnen daraus den magnetischen Fluss Φ. Tragen Sie diesen gegen den durch die Primärseite fließenden Strom I auf. Erhöhen Sie nun die Frequenz der Dreieckspannung bis 10 Hz und fügen Sie diese Messungen unter dem Punkt „Neue Messreihe anhängen„ in denselben Graphen ein. Erklären Sie qualitativ, warum sich die Fläche der Hystereseschleife ändert. Beachten Sie während Ihrer Messung die Messzeit und das Messintervall! Aufgabe 5: Bestimmen Sie die Zusammenhänge von Primärstrom I1 und Sekundärstrom I2, sowie von Primär- und Sekundärspannung U1 bzw. U2 eines Transformators im Leerlauf. Speisen Sie dazu in die Primärseite eine Sinusspannung mit 50 Hz (U0 = 7 V) ein und tragen jeweils I bzw. U gegeneinander auf. Magnetismus 7 Aufgabe 6: Wirkungsgrad eines Transformators. Messen Sie die Energie auf Primär- und Sekundärseite in Abhängigkeit der Last an der Sekundärseite (0 Ω – 200 Ω). Bestimmen Sie hieraus den lastabhängigen Wirkungsgrad des Transformators. Speisen Sie dazu in die Primärseite eine Sinusspannung mit 50 Hz (U0 = 7 V) ein. Tragen Sie den Wirkungsgrad gegen den Lastwiderstand auf und schätzen Sie den Innenwiderstand des Transformators ab. Daten des Transformators: Primärseite: 1000 Windungen, Sekundärseite: 500 Windungen 4.3 Geräteliste • • • • • • Feldspule mit Pick-up-Spule Transformator 2 Drehwiderstände 0 Ω – 100 Ω Sensor-CASSY Power-CASSY PC 8 Magnetismus 5. Anhang: CASSY Lab 2 Tutorial 5.1 Einstellungen Darstellungen Abbildung links: • Wenn eine Darstellung nicht ausreicht, können durch Neu weitere erzeugt werden, die mit ihrem Namen in die Darstellungsseiten einsortiert werden. Dort kann dann mit der Maus bequem zwischen den verschiedenen Darstellungen umgeschaltet werden. • Neue Kurve hinzufügen erstellt eine neue Kurve in der aktuellen Darstellung. Abbildung rechts: • Neu erstellt eine neue Kurve in der aktuellen Darstellung. Es können beliebig viele Kurven in einer Darstellung definiert werden. • Jede Messgröße kann frei auf die x- oder die y-Achse gelegt und im Bedarfsfall dabei noch umgerechnet (x2, 1/x, 1/x2, log x) werden. Für die x-Achse sind drei weitere Größen vordefiniert: n (Tabellenzeile), t (Zeit), f (Frequenz für FFT). • Wenn mehr als eine y-Achse dargestellt wird, kann die sichtbare y-Achsenskalierung im Diagramm durch einen entsprechend bezeichneten Button umgeschaltet werden. • Üblicherweise bekommen alle Kurven automatisch dieselbe x-Achse. Wird dies nicht gewünscht, kann x-Achse für alle Kurven dieser Darstellung ausgeschaltet werden. • Der Stil jeder Kurve kann hier individuell geändert werden. Dazu gehören auch die Farbe der Kurve und die Farbe ihrer Auswertungen. Magnetismus 5.2 9 Einstellungen Rechner Einige Größen können nicht direkt mit CASSY gemessen werden und liegen deshalb nicht als CASSY-Kanal vor. Wenn solche Größen trotzdem in einer Tabelle oder in einem Diagramm angezeigt werden sollen, müssen die Größen hier definiert werden. Neu legt dazu einen neuen Datensatz an, beginnend mit dem Namen dieser Größe. Die neue Größe muss ein Symbol erhalten, unter dem sie angesprochen werden kann. Dieses Symbol sollte aus möglichst wenigen, aber aussagekräftigen Buchstaben bestehen und darf auch aus einem &-Zeichen gefolgt von einem Buchstaben bestehen. Es wird dann der entsprechende griechische Buchstabe angezeigt (z.B. &j=φ, &h=η). Außerdem sind die vorgeschlagenen Werte für den Messbereich und die Achsenskalierung, sowie die Anzahl der signifikanten Nachkommastellen den individuellen Erfordernissen anzupassen. Der Wert bei Dezimalen ist hier auf 9 zu erhöhen. 5.2.1 Formel und Integral Abhängig von bereits bekannten Größen lässt sich über eine mathematische Formel eine neue Messgröße definieren. Die bekannten Größen werden dabei von CASSY Lab 2 über ihre Symbole angesprochen, die in der angezeigten Liste aufgeführt sind. Die eigentliche Formel wird unter Beachtung der korrekten Formelschreibweise eingegeben. Für das zeitliche Integral muss lediglich der zu transformierende Kanal ausgewählt werden Die vollständige Anleitung zu CASSY Lab 2 finden Sie unter http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/scripts/CASSY_Lab_2_Handbuch.pdf Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Elektronik WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ Praktikumsleiter: PD Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 PD Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 Version 1 (5/2009) EL 2 Elektronik 1. Stoffgebiet • • • • • • • Widerstand, Kapazität Auf- und Entladung eines Kondensators, RC-Kreis Transistoren (npn, pnp) Verstärker Oszillator-Schaltung Aufbau und Test einses einfachen Schaltkreises Richtiges Löten von Schaltungen 2. Literatur • Einführung mit Projekten vergleichbar zu diesem Versuch: D. Cutcher Electronic Circuits for the Evil Genius McGraw-Hill, 2004, ISBN: 0071448810 • E. Hering, K. Bressler, J. Gutekunst Elektronik für Ingenieure und Naturwissenschaftler 5. aktualisierte Aufl., 2005, Springer, ISBN: 3-540-24309-7 On-line innerhalb der Universität des Saarlandes: http://www.springerlink.com/content/978-3-540-24309-0 • U. Tietze, C. Schenk Halbleiter-Schaltungstechnik 12. Aufl., 2002, Springer, ISBN: 3-540-42849-6 • Vorlesung Elektronik für Physiker Universität Kiel http://www.ieap.uni-kiel.de/plasma/ag-piel/elektronik/ • Richtiges Löten mit dem Lötkolben AGVS Sektion Berner Oberland http://www.agvs-beo.ch/cmsfiles/loeten_am.pdf • Datenblätter der benutzten Bauelemente und weitere Links zum Thema http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/Physiker_I_BA.htm Elektronik EL 3 3. Ziel des Versuchs Um die Grundlagen einer einfachen elektronischen Schaltung zu verstehen, soll in diesem Versuch ein Klangerzeuger gebastelt werden. Diese Schaltung besteht aus nur drei verschiedenen Bauteiltypen: Widerständen, Kondensatoren und Transistoren. Wenn man diese richtig verschaltet, kann man damit Töne erzeugen. Die Schaltung soll zunächst auf einem Steckbrett („Breadboard“) aufgebaut und getestet werden. Wenn sie funktioniert kann sie auf eine Lochrasterplatine gelötet, in ein Gehäuse eingebaut und mit nach Hause genommen werden. 4. Bauelemente Widerstände Jeder von uns kennt wohl den Widerstand morgens aus dem Bett aufzustehen um zur Uni oder Arbeit zu gehen. Beim elektrischen Widerstand ist es ganz ähnlich, es fällt dem Strom schwer durch Drähte und Bauelemente zu fließen. Die Ladungsträger (Elektronen) stoßen bei der Bewegung durch das Material mit Gitteratomen und werden so in ihrem Fluss gestört. Diesen Effekt nennt man Widerstand. Neben den klassischen Widerständen, die aus Metalloder Kohleschichten bestehen, haben alle elektronischen Bauelemente einen Widerstandswert, der Einfluss auf Spannungen und Ströme in Schaltungen nimmt. Abb. 1: Kohleschicht- und Metallschicht-Widerstände mit festen Werten (rechts) und ihr Schaltsymbol (links). Abb:2: Widerstand R mit angelegter Spannung U (links) und seine I-U-Kennlinie (rechts). In unserem Versuch werden uns verschiedene Arten von Widerständen begegnen. Festwiderstände (Abb. 1), die wie der Name schon sagt einen festen Widerstandswert besitzen, regelbare Widerstände (Potentiometer, kurz: Poti) deren Widerstandswert verändert werden kann und EL 4 Elektronik lichtempfindliche Widerstände, deren Widerstandswert von der einfallenden Lichtintensität abhängt. Festwiderstände sind lineare Widerstände. Lineare Widerstände werden auch Ohmsche Widerstände genannt. Sie haben eine lineare I-U-Kennlinie. Strom und Spannung sind zueinander proportional. Das bedeutet, wenn die Spannung U ansteigt, dann steigt auch die Stromstärke I dazu proportional an. Steigt der Strom steigt dazu linear der Spannungsabfall am Widerstand. Zur Berechnung gilt das Ohmsche Gesetz U = RI. In der Elektronik spielen Widerstände eine große Rolle. Meistens werden sie dazu verwendet um den Strom, der in ein Bauteil fließt, zu begrenzen. In unserem Versuch werden sie auch dazu verwendet eine Spannung in einem bestimmten Verhältnis zu teilen. Dies nennt man Spannungsteiler. Ein Spannungsteiler besteht im einfachsten Fall aus zwei Widerständen, an denen sich die angelegte Gesamtspannung in zwei Teilspannungen aufteilt (Abb. 2): Rges= R1 + R2 = Rges I ⇒ = U ges I U1 = U2 = U ges R1 + R2 R1U ges R1 + R2 R2U ges R1 + R2 Abb.2: Spannungsteiler mit zwei Widerständen. Wie man leicht sieht, sind U1 und U2 gleich groß, also gerade die Hälfte der Gesamtspannung, wenn R1 und R2 gleich groß gewählt werden. Der Widerstandswert ist bei jedem Kohle- oder Metallschichtwiderstand über einen Farbcode abzulesen. Um den Wert zu ermitteln, benötigt man eine Schlüsseltabelle (Abb. 3). Die ersten 3 Ringe werden zusammengenommen und ergeben eine Zahl, welche mit dem Multiplikator (4. Ring) multipliziert werden. Das Ergebnis ist der Widerstand in Ohm (Ω). Der 5.Ring gibt die Toleranz des Widerstandswertes an. Bei „fetten“ Widerständen für hohen Stromfluss und bei Potentiometern sind die Widerstandswerte in Zahlen aufgedruckt. Elektronik Abb. 3: Farbkodierung der Widerstandswerte von Kohle- und Metallschichtwiderständen. EL 5 EL 6 Elektronik Fotowiderstand - LDR Ein Fotowiderstand ist ein Halbleiter, dessen Widerstandswert lichtabhängig ist. Er wird auch LDR (Light Dependent Resistor) genannt. Fallen Photonen auf das lichtempfindliche Halbleitermaterial, dann werden Elektronen in das Leitungsband des Kristalls angeregt. Der LDR wird leitfähiger, d. h. sein Widerstandswert wird kleiner. Je mehr Licht auf das Bauteil fällt, desto kleiner wird der Widerstand und desto größer wird der elektrische Strom durch den Fotowiderstand. Abb. 4 zeigt die typische Kennlinie eines Fotowiderstands. Widerstand (Ω) 10 10 10 10 10 1 10 10 10 10 Beleuchtungsstärke (Lux) Abb. 4: Kennlinie eines Fotowiderstands: Widerstand als Funktion der Beleuchtungsstärke. Dies können wir nutzen, um die Frequenz unseres Oszillators zu verändern, da wir mit der Größe des Widerstands die Ladezeit des Kondensators in unserer Schaltung beeinflussen können. Kondensatoren Kondensatoren (Abb. 5) sind Bauelemente, die elektrische Ladungen bzw. elektrische Energie speichern können. Die einfachste Form eines Kondensators besteht aus zwei gegenüberliegenden Metallplatten. Dazwischen befindet sich ein Dielektrikum, welches keine elektrische Verbindung zwischen den Metallplatten zulässt. Das Dielektrikum ist als Isolator zu verstehen. Legt man an einen Kondensator eine Spannung an, so entsteht zwischen den beiden metallischen Platten ein elektrisches Feld. Eine Platte nimmt positive, die andere Platte negative Ladungsträger auf. Die Verteilung der Ladungsträger ist auf beiden Seiten gleich groß. Abb. 5: Kondensator (rechts) und sein Schaltsymbol (links). Elektronik EL 7 Für einen Plattenkondensator mit Platten der Fläche A im Abstand d, zwischen denen sich ein Isolator mit der Dielektrizitätszahl εr befindet ergibt sich eine Kapazität von C = ε 0ε r A d Ladevorgang eines Kondensators: Im Einschaltaugenblick springt der Strom von Null auf den Maximalwert I0 (Abb. 6). Ab diesem Augenblick fällt der Strom exponentiell ab: I (t ) = I 0 e − t RC Abb. 6: Aufladevorgang eines Kondensators in einem RC-Kreis. Die Spannungsquelle zieht die Elektronen der oberen Kondensatorfläche an und drückt sie auf die untere Kondensatorfläche. Bei diesem Vorgang wird der Kondensator aufgeladen. Die Verschiebung der Elektronen ist der Ladestrom, der sehr hoch ist. Je länger der Ladevorgang dauert, desto weniger Strom fließt. Die Elektronen auf der oberen Fläche werden weniger. Während der Strom in Richtung Null sinkt, steigt die Spannung von Null auf den Maximalwert. Hat die Kondensatorspannung UC die Ladespannung Uges erreicht, fließt kein Strom mehr und der Kondensatorwiderstand ist unendlich groß. Der Kondensator wirkt dann als Sperre für den Gleichstrom. Entladevorgang eines Kondensators Abb. 7: Entladevorgang eines Kondensators in einem RC-Kreis. Der Kondensator wirkt wie eine Spannungsquelle mit einem geringen Innenwiderstand. Ab dem Entladezeitpunkt sinkt die Spannung vom Maximalwert auf Null ab. Der Strom wechselt EL 8 Elektronik seine Flussrichtung (Polarität) und sinkt vom Maximalwert auf Null ab. Er fließt also in entgegengesetzter Richtung zum Ladestrom. Die Spannung UC verhält sich wie der Strom. Sie sinkt vom Maximalwert auf Null. I (t ) = − I 0 e − t RC Zum Berechnen der Lade- bzw. Entladezeit des Kondensators wird der Wert des Widerstands, über den der Kondensator geladen wird, benötigt. Die angelegte Spannung hat dabei keinen Einfluss auf die Ladezeit. Die Aufladung erfolgt umso schneller, je kleiner die Kapazität des Kondensators C und je kleiner der Widerstand R ist. Die Ladezeit ist nur von der Größe des Kondensators C und des Widerstandes R abhängig. Das Produkt aus C und R wird als Zeitkonstante τ bezeichnet: τ = RC Die Frequenz unseres Oszillators f ist gerade das inverse der Zeitkonstanten τ. Wir können über die Wahl von Widerstand und Kondensator die Tonhöhe der ausgegebenen Schwingung festlegen. Da Kondensatoren feste Kapazitäten haben, können wir durch veränderbare Widerstände wie Potis oder lichtempfindliche Widerstände die Tonhöhe beeinflussen. Transistoren Transistoren bieten die Möglichkeit, mit einem kleinen Basisstrom einen erheblich größeren Kollektorstrom zu steuern. Dies können wir uns leicht durch das links in Abb. 8 gezeigte Wassermodell vorstellen. Ein kleiner Strom von B nach E öffnet das kleine Tor, wodurch über den Seilzug das Haupttor geöffnet wird, so dass ein großer Strom von C nach E fließen kann. Die Anschlüsse eines Transistors heißen Basis (B), Emitter (E) und Kollektor (C). Abb. 8: Wassermodell eines Transistors (lins), sein Schaltsymbol (Mitte) und eine typische Bauform (rechts). Mit einem Transistor ist man in der Lage aus einem kleinen Strom einen großen zu erzeugen. Der Transistor ist also ein Verstärker. Damit ein Transistor durchschaltet muss zwischen Basis und Emitter ein Potentialunterschied (Spannung) von typisch 0,7 V herrschen. Je nach Dotierungsfolge im Aufbau unterscheidet man zwischen npn (negativ-positiv-negativ) und pnp-Transistoren (positiv-negativ-positiv). Im Schaltsymbol (Abb. 9) ist der Anschluss Emitter (E) in beiden Fällen mit einem kleinen Pfeil versehen: Bei einem npn-Transistor zeigt dieser vom Bauelement weg, beim pnp-Transistor weist er zu dem Bauelement hin. Der Pfeil beschreibt die elektrische Stromrichtung (Bewegung gedachter positiver Ladungsträger) am Emitter. Elektronik EL 9 Abb. 10: Schaltsymbole für npn- (links) und pnp-Transistoren (rechts). 5. Aufbau eines Impulsgenerators Wenn wir die Funktion der einzelnen Bauteile verstanden haben, können wir uns der eigentlichen Schaltung widmen. Wir wollen ein Oszillator bauen. Ein Oszillator ist eine Baugruppe zur Erzeugung von ungedämpften elektrischen Schwingungen (Abb. 11). Aus der über die Batterie angelegten Gleichspannung von +9 V wird durch die Schaltung eine Wechselspannung erzeugt, die an R4 abgegriffen werden kann. Wenn man statt R4 einen Lautsprecher in die Schaltung setzt, kann man sich die erzeugte Wechselspannung anhören. Ein Oszillator enthält immer frequenzbestimmende Bauteile und eine Schaltung zur Erzeugung von Schwingungen. Abb. 11: Schaltplan des Impulsgenerators. Frequenzbestimmend sind hier Widerstand R3 und Kondensator, und zur Anregung der Schwingung dient die Rückkopplung von T2 in die Basis von T1. Überlegung Sie sich zur Vorbereitung des Versuchs, wie die in Abb. 11 dargestellte Schaltung arbeitet: • • • Welches Potential liegt an Punkt A, dem Mittelpunkt des Spannungsteilers? Ändert sich das Potential an Punkt B? Wenn ja wie? Wann schaltet der Transistor T1? EL 10 • • Elektronik Was passiert dann mit T2? Wieso hört man einen Impuls wenn R4 ein Lautsprecher ist? Aufbau der Schaltung: Zuerst wollen wir die Schaltung auf einer Steckplatine (Breadboard) aufbauen (Abb. 12). Abb. 12: Steckplatine (Breadboard) zum testweisen Aufbau elektronischer Schaltungen. Im Gegensatz zu Leiterplatten werden bei Steckplatinen die Bauteile nicht aufgelötet, sondern nur gesteckt. Dies ist insbesondere für Versuchsaufbauten vorteilhaft, da die Schaltung durch einfaches Umstecken geändert werden kann. Wichtig ist die interne Verschaltung eines Breadboards. Die Anschlüsse der rot und schwarz gezeichneten horizontalen Linien sind miteinander verbunden, ebenso wie die Vertikalen blau markierten Anschlüsse. Dies ist zu beachten und wird am Anfang für einige Verwirrung sorgen. Unsere Oszillatorschaltung kann auf einem solchen Breadboard beispielsweise wie in Abb. 13 aussehen. Abb. 13: Aufbau der Oszillatorschaltung auf dem Breadboard. Elektronik EL 11 Wenn die auf dem Breadboard aufgebaute Schaltung funktioniert, kann man gezielt die frequenzbestimmenden Bauteile verändern, um einen Frequenzbereich zu finden, der einem gefällt. Nun kann die Schaltung auf eine Lochrasterplatine gelötet werden und in ein Gehäuse eingebaut werden. Die Gehäuse stehen zur Verfügung und Sie können Ihr Soundmodul nach eigenem Ermessen fertigbauen und erweitern. Abb. 14: Soundmodul mit Lautsprecher und Batterie in Gehäuse eingebaut. Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Hall-Effekt WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Kontaktadressen der Praktikumsleiter: PD Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H PD Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 2H Version 3 (4/2011) 2 Hall-Effekt 1. Ziel des Versuchs Bestimmung des spezifischen Widerstands bzw. der spezifischen Leitfähigkeit, der HallKonstanten, der Ladungsträgerdichte und der Beweglichkeit der Ladungsträger für Silber. 2. Fragen 1. Was versteht man unter einem Elektronengas? 2. Wie ändert sich die elektrische Leitfähigkeit und die Hall-Konstante mit der Temperatur a) für Metalle? b) für Halbleiter? 3. Warum ist die Hall-Konstante für Halbleiter oft mehrere Größenordnungen größer als für Metalle? 4. Warum benutzt man an der Probe extra Kontakte für den Spannungsabgriff und misst nicht die Spannung direkt an den beiden Stromkontakten? 5. Wozu benötigt man das Potentiometer an der Probe (siehe Abb. 3)? Hall-Effekt 3. 3 Der Hall-Effekt Im Jahr 1879 (fast 20 Jahre vor der Entdeckung des Elektrons!) machte E.H. Hall [1] folgende Beobachtung: Bringt man eine dünne, stromdurchflossene Platte in ein Magnetfeld, so entsteht an zwei symmetrisch gegenüberliegenden Punkten der Platte eine Spannung UH. Abb. 1 zeigt das Prinzip der Messung: Abb. 1: Prinzip der Versuchsanordnung zur Beobachtung des Hall-Effekts. Hall beobachtete folgenden Zusammenhang zwischen dem Magnetfeld B, dem Strom I und dem elektrischen Querfeld: Abb. 2: Formulierung des Hall-Effekts in der Originalarbeit von E.H. Hall [1]. Die von Hall gefundene Beziehung für die Hall-Spannung UH ist damit: U H = RH BI d (1) Die Hall-Konstante RH ist eine Materialkonstante, die durch die Messung der Hall-Spannung bestimmt wird. Der Hall-Effekt ist einer der wichtigsten Effekte für die Aufklärung der Leitungsmechanismen in Metallen und Halbleitern. Er ermöglicht zusammen mit Leitfähigkeitsmessungen Aussagen über das Vorzeichen der überwiegend am Ladungstransport beteiligten Ladungsträger, deren Konzentration und Beweglichkeit. Eine andere wichtige Anwendung des Hall-Effekts ist die Messung von Magnetfeldern. Dabei wird eine Hall-Probe mit bekannter Geometrie und Hall-Konstante zur Messung von UH und damit von B benutzt. 4 Hall-Effekt 4. Grundlagen 4.1 Hall-Effekt Eine elektrisch leitende Platte der Breite b und der Dicke d wird homogen von einem Strom I durchflossen. Gleichzeitig wird senkrecht zur Platte ein Magnetfeld B angelegt. Die Ladungsträger (in Metallen Elektronen mit der Ladung -e) bewegen sich im Leiter mit der Driftge schwindigkeit v in negativer x-Richtung (Abb. 1). Auf diese Elektronen wirkt in einem Mag netfeld B die Lorentzkraft (2) FL = − e(v × B ) mit dem Betrag (3) FL = −evB Die Elektronen werden senkrecht zu v und B (in negativer y-Richtung) abgelenkt, d.h. quer zur Stromrichtung werden sich auf einer Seite der Platte mehr Elektronen befinden als auf der anderen. Dadurch bildet sich zwischen diesen Seiten ein elektrisches Feld aus: E= U b Dieses Feld wirkt der Elektronenbewegung in y-Richtung entgegen und übt die Kraft FE = −eE (4) (5) auf die Elektronen aus. FE wird gerade so groß (mit der Hall-Spannung UH), dass die Lorentzkraft kompensiert wird: U −evB = −e H b (6) Der Strom I durch die Platte entspricht der in der Zeit ∆t durch die Querschnittsfläche ( A = bd) der Platte bewegten Ladung ∆Q mit der Stromdichte j = -nev (n ist die Elektronendichte) I ∆Q I j= = = − nev bzw. − ve = bd bd ∆t bdn (7) Einsetzen von Gleichung (7) in (6) ergibt: UH = − 1 BI ne d (8) Daraus folgt für die Hall-Konstante (Gleichung (1)): RH = − 1 ne (9) Für elektrische Leiter mit Elektronen als dominierende Ladungsträger ergibt sich ein negatives Vorzeichen für die Hall-Spannung und die Hall-Konstante. Positive Ladungsträger (z.B. in Halbleitern) ergeben eine positive Hall-Spannung und Hall-Konstante. Die meisten Metalle haben eine Ladungsträgerdichte in der Größenordnung von 1023 cm-3. Dies ergibt eine Hall-Konstante in der Größenordnung von 10-11 m3/(As). In Halbleitern ist die Ladungsträgerkonzentration oft um viele Größenordnungen niedriger, entsprechend ist die Hall-Effekt 5 Hall-Konstante nach Gleichung (9) viel größer. Was bedeutet dies für die Messung des HallEffekts? 4.2 Beweglichkeit der Ladungsträger Die Driftgeschwindigkeit v der Ladungsträger in einem elektrischen Leiter ist proportional zur angelegten Feldstärke: v = µE (10) Die Proportionalitätskonstante µ ist die Beweglichkeit der Ladungsträger. Für einen Leiter der Länge l gilt E= U l (11) U l (12) und damit folgt: v=µ Einsetzen in Gleichung (7) ergibt: I bd µ = U Il ne ⇒ = µ ne l Ubd (13) Mit der spezifischen Leitfähigkeit l 1 l 1 l I = = A R bd R bd U = σ (14) folgt: = µ σ = σ RH ne cm 2 in Vs (15) Durch Messung der spezifischen Leitfähigkeit und der Hall-Konstanten lässt sich die Ladungsträgerbeweglichkeit berechnen. 6 Hall-Effekt 5. Versuchsdurchführung 5.1 Aufbau Die Messung der Hall-Spannung wird an einem Silber-Band (Dicke d ≈ 50 µm) durchgeführt. Abb. 3 zeigt den Aufbau des Halters für das Silber-Band mit den elektrischen Anschlüssen. Abb. 3: Halter mit Silber-Band zur Messung des Hall-Effekts. Die mit dem Versuchsaufbau erreichbaren Hall-Spannungen betragen nur wenige µV, deshalb muss darauf geachtet werden, dass keine Spannungen durch andere Effekte auftreten, die die Messung verfälschen würden. Luftzirkulationen bei eingeschaltetem Querstrom können zu beträchtlichen Nullpunktschwankungen führen, da durch Temperaturänderungen an den Messkontakten für die Hall-Spannung Thermospannungen entstehen können, die im Bereich von µV/K liegen. Deshalb sollte der Aufbau während der Messung möglichst vor Luftströmungen geschützt werden. Ein weiteres Problem entsteht dadurch, dass es praktisch nicht möglich ist, die beiden Kontakte für die Messung der Hall-Spannung auf einer Äquipotentialfläche anzuordnen. Durch diesen Geometriefehler erzeugt der durch die Probe fließende Strom einen Spannungsabfall zwischen den beiden Kontakten, der eine Hall-Spannung vortäuscht. Diese Spannung ist allerdings auch ohne Magnetfeld vorhanden. Diese Fehlerquelle muss kompensiert werden. Dazu befinden sich auf einer Seite des Silber-Bandes zwei Anschlüsse, die zu dem gegenüberliegenden symmetrisch angeordnet sind (siehe Abb. 3). An diese zwei Anschlüsse ist ein Potentiometer angeschlossen, mit dem eine „elektrische Geometriekorrektur“ möglich wird. Ohne Magnetfeld darf keine Spannung zu messen sein. Bei jeder Änderung des Stroms durch das Silber-Band muss die „Hall-Spannung“ ohne Magnetfeld mit dem Potentiometer auf UH = 0 V eingestellt werden. Der das Magnetfeld erzeugende Strom (maximal 8 A) darf nicht abrupt abgeschaltet werden! Wegen des dabei auftretenden Induktionsspannungsstoßes kann das Stromversorgungsgerät (und eventuell andere im Stromkreis des Magneten angeschlossene Messgeräte) zerstört werden. Das Magnetfeld ist vor dem Ausschalten oder vor einer Umpolung immer auf Null herunterzuregeln. Hall-Effekt 7 Das für Spannungsmessungen benutzte Mikrovoltmeter (Keithley DMM 2000) erreicht seine nominelle Genauigkeit erst nach einer Warmlaufphase. Schalten sie dieses Gerät deshalb sofort zu Beginn des Praktikums ein. Zur Stromversorgung des Magneten und des Silber-Bandes werden zwei Stromversorgungen des Typs Agilent E3633A benutzt. Diese Geräte liefern je nach Einstellung 0 A bis 20 A bei einer maximalen Ausgangsspannung von 8 V oder 0 A bis 10 A bei einer maximalen Ausgangsspannung von 20 V. Die Geräte können (müssen aber nicht) mit LabVIEW über einen PC eingestellt werden (s. Abb. 4). Abb. 4: LabVIEW Front Panel zur Einstellung der Stromversorgungsgeräte für den Magneten bzw. die Hall-Probe. Der Ausgangsstrom wird über die Einstellung „Current Limit“ eingestellt und durch „Behavior Regulate“ geregelt. Nach Setzen aller Werte den Ausgang „Switch Output on“ freischalten und die Einstellungen an das Gerät senden. Für die Einstellungen zur Messung von Gleichspannungen des Multimeters Keithley DMM 2000 kann ebenfalls ein LabVIEW-Programm benutzt werden. Damit ist es insbesondere möglich, das Gerät zur Mittelwertbildung über eine vorgegebene Anzahl von Einzelmessungen zu benutzen. Das Magnetfeld wird mit einer Hall-Sonde gemessen, die an ein Sensor-CASSY angeschlossen ist. 5.2 Elektrischer Widerstand des Silber-Bandes Bestimmen Sie für mehrere Stromstärken (maximaler Strom kurzzeitig 20 A) den elektrischen Widerstand des Silber-Bandes. Messen Sie möglichst genau die geometrischen Abmessungen (Länge und Breite, die Dicke beträgt 50 µm) des Silber-Bandes und berechnen Sie den spezifischen Widerstand bzw. die spezifische Leitfähigkeit von Silber. 8 Hall-Effekt Der elektrische Widerstand des Silber-Bandes ist sehr klein und in der gleichen Größenordnung wie die Widerstände der für die Messung benutzen Zuleitungen. Überlegen Sie sich, wo Sie geschickterweise den Spannungsabfall über das Silberband abgreifen, um den Widerstandsbeitrag der Zuleitungen zu minimieren. Hinweise finden Sie in [2]. 5.3 Eichung des Elektromagneten Messen Sie mit der Hall-Sonde das Magnetfeld B (welcher Polschuh ist der Nordpol?) des verwendeten Elektromagneten in Abhängigkeit vom Strom, der durch die Spulen fließt (maximaler Strom 8 A). Führen Sie die Messung sowohl mit zunehmenden als auch mit abnehmenden Strom aus. Stellen sie das Ergebnis in einem Diagramm dar. Führen Sie außerhalb des Magneten einen Null-Abgleich für das Teslameter durch. Positionieren Sie die Hall-Sonde zwischen den Polschuhen des Magneten möglichst genau an die Stelle, an der sich später auch der Silber-Streifen für die Messung der Hallspannung befindet. Zur Erzeugung des Magnetfeldes werden die beiden Magnetspulen in Reihe geschaltet. 5.4 Messung der Hall-Spannung von Silber Abb. 5: Aufbau für die Messung der Hall-Spannung. Montieren sie das Silber-Band mit seinem Halter möglichst mittig zwischen die Polschuhe des Magneten. Achten Sie besonders darauf, dass das Silber-Band die Polschuhe nicht berührt. Abb. 5 zeigt den Aufbau für diese Messung. Das Silber-Band erwärmt sich bei den hohen Messströmen und der Widerstand wird langsam größer. Warten Sie für die Messung einige Minuten ab, bis sich ein konstanter Strom eingestellt hat und Regeln Sie den Strom eventuell nach. Vor der Messung muss mit eingestelltem Probenstrom (15 A), aber ohne Magnetfeld, eine Fehlspannungs-Kompensation durchgeführt werden (s. Abschnitt 4.1). Erhöhen Sie den Magnetstrom langsam auf 7 A und messen Sie UH. Regeln Sie danach den Magnetstrom in Schritten von etwa 0,5 A herunter und messen Sie jeweils die Hall-Spannung. Hall-Effekt 6. 9 Auswertung • Berechnen Sie aus den Widerstandsmessungen die spezifische Leitfähigkeit von Silber. • Stellen Sie die Hallspannung UH als Funktion des Magnetfelds B graphisch dar und passen Sie eine Ausgleichsgerade an die Messwerte an. • Berechnen Sie aus den Daten der Anpassung die Hall-Konstante RH. • Berechnen Sie die Ladungsträgerdichte n und die Beweglichkeit der Ladungsträger µ. • Führen Sie eine Fehlerrechnung für die Hall-Konstante, die Ladungsträgerdichte und die Beweglichkeit durch. Genauigkeit der benutzten Geräte: Magnetfeldsonde: 2% + 0,5% vom Bereichsendwert Keithley DMM 2000: 0,008% (für DC Messungen) Agilent E3633A: Strom: Spannung: 0,2% + 10 mA 0,05% + 5 mV „Literaturwerte“ für die elektrischen Eigenschaften von Silber (bei 20 °C) [3]: Spez. Widerstand bei 0 °C 0,0147 µΩm Thermokraft bei 20 °C 1,35 µV/K Hall-Konstante –9,0×10-11 m3/C Ladungsträgerdichte 6,9×1028 m-3 Überlegen Sie sich mögliche Ursachen, falls Ihre Messwerte innerhalb des Fehlers nicht mit diesen Werten übereinstimmen. 7. Literatur [1] E.H. Hall, On a New Action of the Magnet on Electric Currents, American Journal of Mathematics 2 (1879) 287 (auch unter http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/) [2] Eine Einführung in die Messprobleme bei sehr kleinen Spannungen, Strömen und Widerständen: Low Level Measurements Handbook - Precision DC Current, Voltage, and Resistance Measurements, 6th Edition (Keithley Instruments, Inc., Cleveland, 2004) (download unter http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/) [3] D.R. Smith and F.R. Fickett, Low-Temperature Properties of Silver, J. Res. Natl. Inst. Stand. Technol. 100 (1995) 119 10 Hall-Effekt 8. Geräteliste • • • • • • • Halter mit Silber-Band Elektromagnet Digitales Multimeter Keithley DMM 2000 (Auflösung 0,1 µV) Stromversorgung Agilent E3633A mit 0 V bis 8 V, 0 A bis 20 A bzw. 0 V bis 20 V, 0 A bis 10 A Sensor-CASSY mit Magnetfeldsonde Standard-Multimeter Shunt (Nebenwiderstand) 60 A, 60 mV Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Bestimmung der spezifischen Elementarladung e/m Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Stoffgebiet Freie Elektronen Elementarladung Glühemission Biot-Savartsches Gesetz Magnetisches Feld Lorentz-Kraft Stoßionisation SPEZIFISCHE ELEKTRONENLADUNG 3 Fragen: 1. Berechnen Sie mit Hilfe des Biot-Savartschen Gesetzes das Magnetfeld eines Kreisstromes ( I, r ) auf der Symmetrieachse als Funktion des Abstandes x von der Kreisebene. 2. Zwei gleiche Kreisströme ( I, r ) werden mit gleicher Symmetrieachse (xAchse) so aufgestellt, daß der Abstand ihrer Ebenen gleich a ist. Berechnen Sie das Magnetfeld auf der x-Achse, und bestimmen Sie den Abstand a der Kreisströme so, daß das Feld auf der Achse möglichst homogen wird ( ∂2 H ∂x2 = 0). 3. Geben Sie weitere Methoden zur Bestimmung von e/m an. 4. Wie wird ein freies Elektron im elektrischen Feld abgelenkt ? 5. Was versteht man unter einer magnetischen Elektronenlinse ? 6. Was versteht man unter einer Helmholtzspule ? 7. Skizzieren Sie den Aufbau eines Elektronenmikroskops. 8. Unter welchen Bedingungen kommt eine Gasentladung zustande ? 9. Wie groß ist die Massenänderung eines Elektrons, das eine Spannung von 2500 V durchlaufen hat ? 4 SPEZIFISCHE ELEKTRONENLADUNG Eine besonders anschauliche Methode zur Messung der spezifischen Ladung e/m (e = Ladung, m = Masse des Elektrons) der Elektronen ist die Bestimmung aus der Ablenkung eines Fadenstrahls im homogenen Magnetfeld eines Helmholtz-Spulenpaares. Grundlagen: Das Fadenstrahlrohr beruht auf dem Prinzip der Gaskonzentrationsröhre, die, historisch gesehen, eine Zwischenstufe zwischen dem ursprünglichen Braunschen Rohr und der heutigen Glühkathoden-HochvakuumOszillographenröhre darstellt. Die Wirkungsweise einer Gaskonzentrationsröhre ist etwa folgende: Aus einem Strahlerzeugungssystem (bestehend aus der Glühkathode zur Erzeugung freier Elektronen, der Anode zur Beschleunigung der Elektronen und dem Wehnelt-Zylinder zur Bündelung des Elektronenstrahls), tritt ein Elektronenbündel in einen Raum aus, in dem sich ein Edelgas unter einem Druck der Größenordnung 10−3 - 10−2 hPa befindet. Die Elektronen stoßen mit den Gasmolekülen zusammen und ionisieren diese. Bei der Rekombination werden Lichtquanten emittiert, so daß der Weg des Elektronenbündels durch leuchtende Gasmoleküle sichtbar gemacht wird. Die beim Stoß erzeugten Sekundärelektronen fliegen aus dem Strahl heraus, während die trägen positiven Ionen zurückbleiben und wegen ihrer großen Anzahl und ihrer geringen Geschwindigkeit eine starke positive Raumladung bilden. Unter der Wirkung dieser Raumladung werden auf die Elektronen radial zur Strahlenachse Kräfte ausgeübt, die eine Fokussierung der Elektronen zur Folge haben. So kann sich der Fadenstrahl ausbilden. Der Vorteil einer solchen Gaskonzentrationsröhre beruht darin, daß keine sichtbehindernde Elektronenoptik zur Bündelung des Elektronenstrahles erforderlich ist, und daß durch das Vorhandensein von positiven Ionen die Raumladung, die sich im Hochvakuum vor der Kathode ausbildet, kompensiert und damit der Elektronenaustritt erleichtert wird. Als Beschleunigungsspannung wird eine Spannung von 150 - 250 Volt dem Netzanschlußgerät entnommen.Die für den Betrieb des Rohres erforderlichen Schutzwiderstände sind in das Rohr eingebaut. Zur Inbetriebnahme des Fadenstrahlrohres schließt man die für Heizspannung (6.3 Volt), Anodenspannung und Spannung am Wehneltzylinder vorgesehenen Buchsen des Fadenstrahlrohres an das Netzgerät an. Die Regelknöpfe für Anoden- und Wehnelt-Spannung werden vor dem Einschalten des Netzgerätes auf Null gestellt. Die Messung der Anodenspannung erfolgt mit Hilfe eines Universal-DrehspulMeßinstrumentes mit den Meßbereichen 300 V oder 1000 V. SPEZIFISCHE ELEKTRONENLADUNG 5 Um den Fadenstrahl der Wirkung eines homogenen Magnetfeldes aussetzen zu können, wird das Fadenstrahlrohr auf dem Gestell in die Mitte einer Helmholtzspulenanordnung gebracht, die ein besonders homogenes Magnetfeld liefert. Die Anordnung nach Helmholtz-Gaugain zur Erzeugung homogener Magnetfelder ist dadurch gekennzeichnet, daß zwei kreisförmige Leiterspulen mit gleichen Durchmessern, deren Mittelpunkte auf der gemeinsamen Achse im Abstand ihrer mittleren Spulenradien liegen, von demselben Strom durchflossen werden. Die vorliegenden Spulen haben je 129 Windungen. Zur Erregung des Magnetfeldes wird ein gut geglätteter Gleichstrom verwendet, der dem NGU-Netzgerät entnommen wird. An seinem Meßgerät ist die Stromstärke abzulesen. Die magnetische Induktion im inneren Bereich des Helmholtz-Spulensystems läßt sich aus dem mittleren Spulenradius R, der Windungszahl n und der Stromstärke I errechnen. Es ist V ⋅ s µ ⋅ 0.715 ⋅ n B= 0 ⋅I 2 R m (1) wobei die magnetische Feldkonstante µ0 = 1256 ⋅ 10−6 . V⋅s A ⋅ m beträgt. Ordnet man das Fadenstrahlrohr im Magnetfeld der Helmholtz-Spulen so an, daß der Fadenstrahl das Strahlerzeugungssystem senkrecht zur Magnetfeldrichtung verläßt, dann wirkt auf die einzelnen Elektronen des Strahles die Lorentzkraft mit dem Betrag: K = e⋅v ⋅B Diese wirkt senkrecht zur Feldrichtung und zur Bewegungsrichtung. (v = Geschwindigkeit der Elektronen , B = magnetische Induktion). Unter der Einwirkung dieser Kraft wird der Fadenstrahl auf einen Kreisbogen abgelenkt und bei hinreichend starkem Magnetfeld zu einem vollen Kreis mit dem Radius r gebogen. Die auf die Elektronen wirkende magnetische Kraft K muß dann gleich der Zentrifugalkraft m v2 r sein: 6 SPEZIFISCHE ELEKTRONENLADUNG e⋅v⋅B= mv2 r Durch Umformung dieser Gleichung erhält man für die Geschwindigkeit v der Elektronen die Beziehung: (2) v= e ⋅ B⋅ r m Aus dem Energiesatz m v 2 / 2 = e U (U = Beschleunigungsspannung der Elektronen) ergibt sich, wie die Geschwindigkeit der Elektronen von der Größe der Beschleunigungsspannung U abhängt: (3) v = 2⋅ e ⋅U m Fügt man die Beziehung (3) in Gleichung (2) ein, so ergibt sich für die spezifische Ladung der Elektronen (4) e 2⋅ U = 2 2 m r ⋅B C kg V ⋅ s U: [Volt], r: [Meter], B: 2 m Durch Messung von U, I, R und r läßt sich die spezifische Ladung der Elektronen ermitteln. Messung: Zunächst schaltet man das Magnetfeld ein. Der Spulenstrom soll etwa 1 A betragen. Dann schaltet man die Heizspannung (6.3 V) ein. Sobald die Kathode zum Glühen gekommen ist, schaltet man die Anodenspannung von etwa 150 V ein, wobei der aus dem Strahlerzeugungssystem austretende Fadenstrahl sichtbar wird. Die Bündelung des Fadenstrahles erfolgt durch die Spannung am Wehneltzylinder. Durch Variation sowohl der Wehneltspannung als auch der Anodenspannung, läßt sich eine optimale Schärfe und Helligkeit des Strahles erreichen. Durch Veränderung des Magnetspulenstromes kann der Durchmesser des Elektronenstrahl-Kreises variiert werden. SPEZIFISCHE ELEKTRONENLADUNG 7 Man bestimmt durch wiederholte Messungen den Durchmesser des Vollkreises für verschiedene feste Werte des Magnetspulenstromes und der Anodenspannung und errechnet dann unter Verwendung der Formeln (1) und (4) den Wert der spezifischen Ladung e/m. Der Durchmesser wird auf folgende Weise bestimmt: 1) Man wählt seine Blickrichtung so, daß der obere Rand des Kreises mit seinem, durch den hinter der Röhre liegenden Spiegel erzeugten Spiegelbild zur Deckung kommt (Parallaxenfreiheit) und zeichnet mit dem beigegebenen Filzstift (keinen Kugelschreiber verwenden!) einen Strich in dieser Höhe auf die glatte Seite der vor der Röhre aufgestellten Meßplatte aus Plexiglas. 2) Man zeichnet in analoger Weise parallaxenfrei die Höhe des unteren Kreisrandes auf der Meßplatte ein. 3) Der Abstand beider Markierungen liefert direkt den Kreisdurchmesser 2 r. Bei der Bestimmung des Durchmessers des zum Vollkreis gebogenen Fadenstrahles ist zu beachten, daß die Kurve, die der Fadenstrahl beschreibt, in der Nähe des Strahlerzeugungssystems von der idealen Kreisform abweicht und, daß die Leuchterscheinung eine endliche Breite hat. Aufgaben 1.) Für 15 verschiedene Beschleunigungsspannungen U (0...250V) bei konstantem Magnetfeldstrom I=1.00A, sowie 2.) für 15 verschiedene Magnetfelder ( 0.80A ≤ I ≤ 2.00A ) bei konstanter Beschleunigungsspannung U=150V ist der Radius der Elektronenkreisbahnen zu messen und damit nach Gln. (1) und (4) e/m zu berechnen. 3.) Man bilde Mittelwert und Gaußschen Fehler und vergleiche mit dem aus der Fehlerfortpflanzung ermittelten Fehler. Bemerkung: Zur Bestimmung des Fehlers des Kreisbahndurchmessers messe man bei gleichen Srahldurchmesser 10 mal die Lage des obersten bzw. untersten Punktes des Bahndurchmessers und dessen Fehler. Fachrichtungen der Physik UNIVERSITÄT DES SAARLANDES Physikalisches Grundpraktikum für Physiker/innen Teil I Radioaktivität WWW-Adresse Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/ 0H Kontaktadressen der Praktikumsleiter: Dr. Manfred Deicher Zimmer: 1.11, Gebäude E 2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-58198 1H Dr. Patrick Huber Zimmer: 3.23, Gebäude E2.6 e-mail: [email protected] Telefon: 0681/302-3944 2H Version 4 (4/2009 MD) RA 2 Radioaktivität 1. Stoffgebiet • Aufbau der Atomkerne • Nukleonen • (Radio-)Nuklide • Zerfallsfamilie • Zerfallsgesetz • Radioaktive Umwandlungen • Radioaktive Strahlung • Dosimetrie • Natürliche und technische Strahlenbelastung • Schwächung von Strahlung • Compton-Effekt, Paarbildung, Ionisation • Unselbstständige Gasentladung (Geiger-Müller-Zählrohr) • Radiolumineszenz (Szintillationszähler), Photomultiplier 2. Literatur • P.A. Tipler, G. Mosca, Physik 2. Auflage (Elsevier, München 2004) Kap. 40 • A.C. Melissinos, J. Napolitano, Experiments in Modern Physics 2. ed. (Academic Press, Amsterdam 2003) p. 295 • H.-J. Eichler,H.-D. Kronfeldt, J. Sahm, Das Neue Physikalische Grundpraktikum 2. Aufl. (Springer, Berlin 2006) S. 507 • Strahlenschutzverordnung – StrlSchV BGBl. I Nr. 38 S. 1714 und BGBl. I Nr. 55 S. 2618 • Bundesamt für Strahlenschutz, Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung http://www.bfs.de/bfs/druck/uus Radioaktivität RA 3 3. Fragen 1. Was bedeutet die Angabe 226 88 Ra ..? Was ist ein Isotop? Was versteht man unter einer radioaktiven Zerfallsfamilie? Geben Sie dafür jeweils ein Beispiel an. 2. Geben Sie die Masse (SI-Einheiten und atomare Masseneinheiten) und elektrische Ladung (SI) von Elektron, Positron, Neutrino, Proton und Neutron an. 3. Zur Strahlungsmessung (Dosimetrie) werden die Größen ,,Aktivität“, ,,Energiedosis“ und ,,Äquivalentdosis“ benutzt. Wie sind diese Größen definiert und in welchen Einheiten werden sie gemessen? 4. Wie ändert sich die Aktivität eines radioaktiven Präparates mit der Zeit? Was versteht man unter einem ,,radioaktiven Gleichgewicht“? 5. Definieren Sie die Begriffe ,,(elektronische) Anregung eines Atoms“, ,,Ionisation“ und ,,Rekombination“. 6. Mit welcher Geschwindigkeit verlässt ein α-Teilchen einen 226Ra-Kern, wenn ihm dabei infolge der Änderung der Bindungsenergie im Kern eine Energie von 4,7 MeV mitgegeben wird? 7. Wieso erfolgt die Schwächung (monoenergetischer) α-Strahlung nicht nach einem exponentiellen Absorptionsgesetz? 8. Auf welche Weise wird biologisches Gewebe durch radioaktive Strahlung geschädigt? Wie hoch ist die natürlich auftretende Strahlenbelastung eines Menschen in Deutschland? Wodurch ist diese bedingt? 9. Beschreiben Sie den prinzipiellen Aufbau eines Geiger-Müller-Zählers und eines Szintillationszählers. 10. Wieso sind mit dem Szintillationszähler energieaufgelöste Messungen möglich, nicht jedoch mit dem Geiger-Müller-Zähler? RA 4 Radioaktivität 4. Grundlagen Atomkerne bestehen aus Nukleonen, den positiv geladenen Protonen (p) und Neutronen (n), die durch Kernkräfte zusammengehalten werden. Nicht jeder Kern mit einer bestimmten Kombination von Protonenzahl Z und Neutronenzahl N zu einem Kern mit der Massenzahl A = N + Z ist in der Natur allerdings realisiert oder im Labor herstellbar. Vielmehr führen nur ganz bestimmte Kombinationen zu stabilen Kernen, d.h. zu Kernen, die sich ohne äußere Einflüsse im Laufe der Zeit nicht verändern. Aus ihnen und den an sie gebundenen Elektronen ist unsere materielle Umwelt aufgebaut. Daneben kommen in der Natur instabile Kerne vor (natürliche radioaktive Kerne), und darüber hinaus lassen sich im Labor eine große Zahl instabiler Kerne (künstliche radioaktive Kerne) herstellen. Die instabilen Kerne werden auch Radionuklide genannt. Instabil sind sie bezüglich der Zahl Z und/oder der Zahl N im jeweiligen Kern. Diese ändern sich im Laufe der Zeit, indem spontan Teilchen und Energie aus dem Kern emittiert werden (Radioaktivität). Entspricht eine Kombination (Z,N) nicht der eines stabilen Kernes, so kommt es zu nuklearen Umwandlungsvorgängen. Ziel für einen Kern ist dabei immer ein möglichst stabiler Bindungszustand, der durch unterschiedliche Umwandlungsarten erreicht werden kann. Ist auch der durch den Zerfall entstandene Kern selbst instabil, zerfällt dieser seinerseits erneut. Es entsteht im allgemeinen eine ganze Zerfallskette, die letztlich bei einem stabilen Nuklid endet (Radioaktive Zerfallsfamilien). 4.1 Radioaktive Zerfallsarten α-Zerfall Beim α-Zerfall geht ein Mutterkern mit der Ordnungszahl Z und der Massenzahl A unter Emission eines 4He-Kerns, des α-Teilchens (Z=2, A=4), in einen Kern mit der Ordnungszahl Z-2 und der Massenzahl A-4 über (Abb. 1). Der Zerfall lässt sich symbolisch schreiben als A Z X→ A-4 Z-2 Y + 24 He (1) Auf beiden Seiten der Gleichung steht die gleiche Anzahl von Protonen Z und die gleiche Anzahl von Nukleonen A. Dies gilt für alle radioaktiven Zerfälle. Die Zahl der Nukleonen und die Gesamtladung müssen erhalten bleiben. Abb. 1: Der α-Zerfall. Der α-Zerfall ist nur möglich, wenn die Kernmasse m auf der linken Seite von Gl. (1) größer ist als die Summe auf der rechten. Zu den Kernmassen kommen im neutralen Atom noch Z Elektronenmassen m0 hinzu und wir können statt der Kernmassen die Atommassen M(Z,A) = m(Z,A) + Zm0 benutzen. Mit der Einsteinschen Masse-Energie-Äquivalenz (E = mc2) ergibt sich für die Zerfallsenergie Q = M (Z , A) − M ( Z − 2, A − 4) − M ( 42 He) c 2 (2) Nur für den Fall Q > 0 ist ein α-Zerfall möglich. Es zeigt sich, dass nur für Kerne mit A > 150 der α-Zerfall möglich ist. Da die Energie erhalten bleiben muss, verteilt sich Q als kinetische Energie auf die Zerfallsprodukte. E kin (α ) + Ekin (Y) = Q (3) Radioaktivität RA 5 Mit dem Impulssatz ergibt sich dann Ekin (α ) = Q mY mY + mα (4) Das α-Teilchen erhält also beim Zerfall eine diskrete kinetische Energie, die durch den QWert und die Masse des Mutterkerns bestimmt ist. Die α-Strahlung ist deshalb monochromatisch (Abb. 2). Abb. 2: Energiespektrum von α-Teilchen. Wegen ihrer relativ großen Masse und Geschwindigkeit werden α-Teilchen bei der Wechselwirkung mit Materie nur selten wesentlich aus ihrer Bewegungsrichtung abgelenkt. Entlang ihres Weges erfolgen so lange Energieübertragungsprozesse (Stöße, Ionisation) mit Atomen oder Molekülen, bis die Bewegungsenergie aufgebraucht ist. Die Länge dieses Weges nennt man die Reichweite R. Je höher die Anfangsgeschwindigkeit v0 der Teilchen, desto größer ist R: R = Av03 (Geigersches Reichweitengesetz) (5) Gl. (5) ist eine empirische Formel mit A als einer materialabhängigen Konstanten. In Luft gilt A ≈ 10-27 cm-2s3, in Blei ist A um den Faktor 1000 kleiner. β-Zerfall Unter dem β-Zerfall versteht man die Zerfälle eines Kerns, bei denen die Anzahl der Nukleonen, d.h. die Massenzahl A, konstant bleibt, und die Kernladungszahl Z sich um eine Einheit ändert. Es gibt drei verschiedene Arten von β-Zerfällen. Abb. 3: β− (links) und β+-Zerfall (rechts). Beim β−-Zerfall emittiert der Kern bei der Umwandlung eines Neutrons in ein Proton ein Elektron und erhöht seine Kernladungszahl von Z auf Z+1 (Abb. 3 links). Energetisch mög- RA 6 Radioaktivität lich ist dieser Prozess, wenn die Masse des Mutterkerns größer ist als die des Tochterkerns plus eine Elektronenmasse m0. Die Übergangsenergie Q ist die Differenz dieser Massen. Sie kann in Kernmassen m oder in Atommassen M ausgedrückt werden: Q = [ m( Z , A) − m ( Z + 1, A) − m0 ] c 2 = [ M ( Z , A) − M ( Z + 1, A) ] c 2 (6) Beim β +-Zerfall emittiert der Kern bei der Umwandlung eines Protons in ein Neutron ein Positron und erniedrigt seine Kernladungszahl von Z auf Z-1 (Abb. 3 rechts). Das Positron ist ein „Antielektron“ mit allen Eigenschaften des Elektrons bis auf die positive Ladung. Für diesen Zerfall muss die Übergangsenergie Q = [ m( Z , A) − m ( Z − 1, A) − m0 ] c 2 = [ M ( Z , A) − M ( Z − 1, A) − 2 m0 ] c 2 (7) positiv sein. Beim Elektroneneinfang (EC, von „electron capture“) fängt sich der Kern ein Elektron aus der Atomhülle ein und erniedrigt dabei die Kernladungszahl um eine Einheit. Die Übergangsenergie ist durch den Überschuss der Masse des Mutterkerns zuzüglich einer Elektronenmasse über die Masse des Tochterkerns gegeben. Q = [ m( Z , A) − m ( Z − 1, A) + m0 ] c 2 = [ M ( Z , A) − M ( Z − 1, A) ] c 2 (8) Vergleicht man Gl. (8) und Gl. (7), ergibt sich, dass β+ und EC gleichzeitig auftreten können, wenn das Mutteratom mindestens zwei Elektronenmassen schwerer ist als das Tochteratom. Abb. 4: Energiespektrum von β-Teilchen. Misst man die Energie der beim β− oder β+ emittierten Teilchen, stellt man im Unterschied zum α-Zerfall fest, dass ihre Energien über einen weiten Bereich kontinuierlich verteilt sind, obwohl Mutter- und Tochteratom einen energetisch wohldefinierten Zustand darstellen (Abb. 4). Nur ganze wenige Teilchen besitzen eine kinetische Energie, die der Übergangsenergie Q entspricht. Alle anderen Teilchen haben niedrigere Energien. Diese Beobachtung schien die Energieerhaltung zu verletzen. Deshalb hat Pauli in den 30er Jahren postuliert, dass bei den βZerfällen noch ein weiteres Teilchen emittiert wird, dass ungeladen ist und entweder keine oder eine sehr kleine Masse besitzt. Er nannte dieses Teilchen Neutrino. Erst viele Jahre später ist es gelungen, die Existenz des Neutrinos nachzuweisen. Mit dem Neutrino besteht der Endzustand nach dem β-Zerfall aus drei Teilchen, auf die die Übergangsenergie beliebig verteilt werden kann. Damit können Elektronen oder Positronen mit Energien zwischen null bis zur Übergangsenergie emittiert werden. Die jeweils zur Übergangsenergie fehlende Energie wird vom Neutrino aufgenommen. Radioaktivität RA 7 γ-Zerfall Der γ-Zerfall tritt in Verbindung mit dem α- und β-Zerfall auf, falls die Übergänge zu einem angeregten Zustand des Tochterkerns führen. Der Tochterkern gibt dann diese Anregungsenergie durch Emission von γ-Strahlung ab. γ-Strahlung ist elektromagnetische Strahlung (Photonen) wie Licht und Röntgenstrahlung. Über die Beziehung E = hv ist die Energie der Strahlung mit ihrer Frequenz verknüpft. Die Energien dieser Übergänge sind spezifisch für ein bestimmtes Radionuklid, so dass man aus der Bestimmung der γ-Energien Rückschlüsse auf die in einer radioaktiven Probe enthaltenen Isotope ziehen kann. 4.2 Radioaktives Zerfallsgesetz Zu welchem Zeitpunkt ein einzelner Kern eines bestimmten Radionuklides zerfällt, ist nicht vorhersagbar, da diese Zerfälle rein statistisch ablaufen. Für eine genügend große Anzahl n von Kernen jedoch lassen sich Aussagen über die Häufigkeit der Zerfälle machen. Die Zahl dn der sich in einem Präparat im Zeitintervall zwischen t und t+dt umwandelnden Kerne hängt von der Zahl der Kerne eines Radionuklids ab. Je mehr Kerne vorhanden sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass einer davon zerfällt. dn = −λ n(t )dt (9) λ ist die als Zerfallskonstante bezeichnete Proportionalitätskonstante . Ihr Kehrwert τ = 1/λ gibt die mittlere Lebensdauer der instabilen Kerne an. Das negative Vorzeichen steht für die Abnahme der Anzahl der Kerne durch den Zerfall. Hat man zu einem willkürlich mit t = 0 bezeichnetem Zeitpunkt, von dem aus die Zeit gemessen wird, die Zahl n(0) = n0 der Kerne eines radioaktiven Isotops bestimmt, so ist davon zum Zeitpunkt t noch die Zahl n(t) übrig. n(t) ergibt sich aus Gl. (9) durch Integration über die Zeit n(t ) = n0 e − λt = n0 e − t τ (10) Üblicherweise verwendet man nicht die mittlere Lebensdauer τ zur Charakterisierung der Zerfallswahrscheinlichkeit sondern die Halbwertszeit T1/2. Sie gibt die Zeit an, nach der von einer anfänglichen Zahl n0 eines Radionuklids die Hälfte zerfallen ist. n(T1 2 ) = 1 n0 2 (11) Nach Einsetzen in Gl. (10) ergibt sich T1 2 = ln 2 = τ ln 2 λ (12) Die „Stärke“ eines radioaktiven Präparats, d.h. die mittlere Zahl der Zerfälle pro Zeit, wird als Aktivität A bezeichnet und in der Einheit Becquerel (Bq) angegeben. 1 Bq entspricht einem Zerfall pro Sekunde. In Tab. 1 sind einige Radionuklide zusammengestellt. Tab. 1: Zerfallsarten und Halbwertszeiten einiger radioaktiver Isotope. Radionuklid Zerfallsarten Halbwertszeit 14 6 C β−,γ 5730 a 59 26 Fe β−,γ 44,5 d RA 8 Radioaktivität I β−,γ 8d Co β−,γ 5,3 a 131 53 60 27 137 55 Cs β−,γ 30 a 226 88 Ra α,β− 1620 a 24 11 Na β−,γ 0,6 d 22 11 Na β+,γ 2,6 a 90 38 Sr β− 28,8 a 32 15 P β− 14,3 d 239 94 Pu α,γ 24110 a 241 95 Am α,γ 432,2 a 4.3 Poisson-Verteilung Wird der Zerfall eines radioaktiven Präparates beobachtet, so ist leicht zu erkennen, dass dies kein Vorgang ist, der gleichmäßig von statten geht. Mal zerfallen mehr, mal weniger Kerne, und nur im zeitlichen Mittel kann dafür ein Wert angeben werden. Ob ein einzelner Kern zerfällt oder nicht, ist ein zufälliges Ereignis, das unbeeinflusst von der Umgebung eines Kerns eintritt. Der Zerfall eines Kerns hat kausal nichts mit einem vorhergehenden anderen Kernzerfall zu tun. Damit schwankt auch die Anzahl N der vom Messinstrument pro Zeiteinheit registrierten Impulse. Bei genügend großer Anzahl von Messungen ergibt sich eine in Abb. 5 Dargestellte charakteristische Häufigkeitsverteilung, die Poisson-Verteilung. Abb. 5: Histogramm der Zählratenverteilung beim Radioaktiven Zerfall. Die rote Linie zeigt die zugehörige Poisson-Verteilung. Der wahrscheinlichste Wert kann dabei in guter Näherung durch das arithmetische Mittel N ausgedrückt werden. Radioaktivität RA 9 N= 1 n ∑ Ni n i =1 (13) Die Genauigkeit einer Messung wird durch die Varianz σ 2 charakterisiert: σ2 = 2 1 n Ni − N ) ( ∑ n − 1 i =1 (14) Die Wurzel aus der Varianz, die Standardabweichung σ, ist ein Maß für die Streuung der einzelnen Zählergebnisse um den Mittelwert. Die in Abb. 5 als durchgezogene eingezeichnete Häufigkeitsverteilung ist die sogenannte „Poisson-Verteilung“, die praktisch allen Radioaktivitätsmessungen zugrunde liegt. Bei der Poisson-Verteilung ist die Varianz gleich dem Mittelwert. σ 2 = N oder σ = N (15) Für genügend große Zählergebnisse (Mittelwert N > 20 ) lässt sich die Poisson-Verteilung gut durch eine Normal- bzw. Gauß-Verteilung (Gl. (16)) annähern. Die Häufigkeit, P(N), mit der die Ereigniszahl N (Zerfälle pro Intervall) eintritt, ist dann gegeben durch 1 ( N −N ) σ − 1 P( N ) = e 2 σ 2π 2 (16) 4.4 Neutronenaktivierung Neben den Reaktionsprozessen von Atomkernen durch spontane Umwandlung durch α- oder β-Emission gibt es auch Nuklide, die sich mit spontaner Neutronenemission (n) umwandeln. Eine Umkehrung der ersten beiden Prozesse ist wegen der starken abstoßenden CoulombWechselwirkung der Teilchen mit dem positiven Atomkern nur möglich, wenn die Teilchen extrem hohe kinetische Energie mitbringen, wie sie für radioaktive Umwandlungen typisch sind und auch in Beschleunigungsanlagen erzeugt werden können. Anders verhält es sich mit n-Umwandlungen. Da Neutronen ungeladen sind, entfallen Coulomb-Wechselwirkungen, so dass auch langsame n bis zum Kern vordringen können. Nur wenn ihre kinetische Energie niedrig ist, können sie vom Kern leicht eingefangen werden. Infolge der durch den Einfang erhöhten Neutronenzahl entstehen dadurch zumeist instabile Nuklide, die weiteren spontanen Kernprozessen unterworfen sind, insbesondere α- oder β-Zerfällen. Man spricht dann von „neutroneninduzierter Radioaktivität“ oder „Neutronenaktivierung“ und von künstlicher Radioaktivität, da die radioaktiven Nuklide zumeist nicht in natürlichen radioaktiven Zerfallsreihen und damit auch nicht in der Natur vorkommen. Handelt es sich dabei um sehr schwere Kerne mit großer Massenzahl, so können diese durch den Einfang von Neutronen in Bruchstücke auseinanderfallen (Kernspaltung). Beispiele für diesen Prozess sind die in Kernreaktoren zur Energiegewinnung ausgenutzte Spaltung von 235U oder 239Pu. Entstehen durch n-Einfang radioaktive Aktivierungsprodukte, so können diese anhand ihrer charakteristischen Strahlung und Halbwertszeit identifiziert werden und damit auch der ursprüngliche stabile Kern, der das Neutron eingefangen hat. Technisch wird dieser Prozess zur Bestimmung von Spurenelementen und Verunreinigungen in Materialien benutzt (Neutronenaktivierungsanalyse (NAA)). Die NAA ist wesentlich empfindlicher als eine chemische Analyse, je nach nachzuweisendem Element und der eingesetzten Neutronenquelle liegt die Nachweisgrenze zwischen 10-6 g und 10-11 g. Beim Aktivierungsvorgang werden während der Zeit dt RA 10 Radioaktivität dna = adt (17) aktive Kerne erzeugt. a ist eine für die Aktivierungswahrscheinlichkeit charakteristische Konstante. Sie hängt ab von der Anzahl der aktivierbaren Kerne, dem Neutronenstrom (Anzahl einfallender Neutronen pro Querschnittsfläche und Zeit) und der Wahrscheinlichkeit (dem „Wirkungsquerschnitt“) für die Reaktion des Neutrons mit dem Kern. In der gleichen Zeit dt zerfallen nach Gl. (9) dnz = −λ n(t )dt = − n(t ) dt τ (18) Kerne, wobei n(t) die Anzahl der vorhandenen aktivierten Kerne angibt. λ ist die für den Zerfall charakteristische Zerfallskonstante. Damit erhält man nach der Zeit dt n(t ) dn = a − dt τ (19) aktivierte Kerne. Nach der gesamten Aktivierungszeit ta ergibt sich die Gesamtzahl der aktivierten Kerne: t −a N (ta ) = aτ 1 − e τ (20) Mit zunehmendem ta stellt sich ein Gleichgewicht zwischen erzeugten und zerfallenden Kernen ein (siehe Abb. 6). Als Faustregel wird diese Sättigung nach einer Aktivierungsdauer von größer als der sechsfachen Halbwertszeit des erzeugten Isotops erreicht. Abb. 6: Anzahl der durch die Aktivierung erzeugten Kerne als Funktion der Zeit. Zum Zeitpunkt ta wird die Aktivierung beendet. Nach der Aktivierung wird mit einem Detektor die Zahl der zerfallenen Kerne registriert: t − N (t ) = N (ta ) 1 − e τ (21) Radioaktivität RA 11 Gemessen wird die Zerfallsrate R zur Zeit t gemittelt über ein Zeitintervall („Gatezeit“) ∆tg. Durch Differenzieren und Integrieren erhält man dN 1 R= = dt ∆t g t +∆t g ∫ t ∆t g ′ − N (ta ) − τt N (t a ) e dt ′ = 1 − e τ τ ∆t g t −τt − e = R0 e τ (22) Es genügt also, analog zu Gl. (10) die Zerfallsrate R zu messen und eine Exponentialfunktion anzupassen, um ein Maß für die aktivierten Kerne und die Zerfallskonstante des Isotops zu erhalten. Wichtig ist die Wahl einer geeigneten Gatezeit ∆tg. Wählt man ∆tg zu klein, so erhält man große statistische Fehler für R. Ist hingegen ∆tg zu groß, etwa in der Größe von τ, hängen das ermittelte τ bzw. λ scheinbar von ∆tg ab und dies führt zu einem systematischen Fehler der Messung. Die hier benutzte Neutronenquelle ist ein „Radium-Beryllium-Generator“: 226Ra zerfällt zu 222 Rn unter Emission hochenergetischer α-Teilchen. Ein kleiner Teil der emittierten αTeilchen wird von Beryllium-Kernen eingefangen, wobei ein instabiles C-Isotop entsteht. Dieses wandelt sich unter Emission eines Neutrons in das stabile Isotop 12C um: 9 4 Be + 24α → 136 C → 126 C + 01n Dabei entstehen schnelle Neutronen mit einem Energiespektrum von 5 MeV bis 13 MeV. Diese kinetische Energie ist allerdings viel zu hoch, so dass die Neutronen für die Aktivierung abgebremst werden müssen, man spricht von Moderation. Dies geschieht durch Paraffin, das zum größten Teil aus Wasserstoff besteht. Da der Wasserstoffkern eine ähnliche Masse hat wie ein Neutron und der größte Energieübertrag und damit die größte Verlangsamung bei Stößen von Teilchen gleicher Masse erfolgt, ist Wasserstoff ein sehr guter Moderator für Neutronen. Die Neutronen erreichen schließlich thermische Energien von etwa 0,025 eV, dies entspricht einer Geschwindigkeit von etwa 2200 m/s. Abb. 7: Aufbau des Radium-Beryllium-Generators zur Erzeugung thermischer Neutronen. Abb. 7 zeigt den Aufbau der Neutronenquelle. Ein Gemisch von 226Ra (259 Mbq) und 9Be befindet sich im Zentrum des Stahlbehälters innerhalb einer Bleiabschirmung. Das Blei dient zur Abschirmung der bei den Prozessen entstehenden α- und γ-Strahlung, so dass die γDosisleistung außerhalb des Behälters unter die gesetzlich zulässige Grenze reduziert wird. RA 12 Radioaktivität Der Rest des Stahlbehälters ist zur Moderation der Neutronen mit Paraffin gefüllt, in dem sich Bohrungen zur Aufnahme der zu aktivierenden Materialien befinden. Die Quelle liefert rund 100 000 langsame Neutronen pro s. 4.5 Wechselwirkung von Strahlung mit Materie Geladene Teilchen Bei Stößen von geladenen Teilchen mit Materie dominiert die elektromagnetische Wechselwirkung. Es können verschiedene Prozesse dabei auftreten: • Inelastische Streuung an Elektronen: Das geladene Teilchen wird dabei abgebremst und verliert seine kinetische Energie an die Atome oder Moleküle, die dabei angeregt oder ionisiert werden. • Elastische Streuung an Kernen: Die Teilchen werden bei Annäherung an einen positiv geladenen Atomkern durch elastische Stöße gestreut und verlieren dabei an den Kern Rückstoßenergie. Dieser Verlust ist umso kleiner je größer der Massenunterschied der Stoßpartner ist. Die Häufigkeit dieser Stöße ist wesentlich geringer als die inelastischen Stöße in der Elektronenhülle. • Inelastische Streuung an Kernen: In der Häufigkeit vergleichbar mit den elastischen Stößen mit Kernen sind inelastische Prozesse, bei denen ein geladenes Teilchen außer der durch die Kinematik bedingten Rückstoßenergie noch zusätzlich Energie verliert. Solche Prozesse sind z.B. die Erzeugung von Bremsstrahlung oder Anregungen des gestoßenen Kerns. Geladene Teilchen können in hinreichend ausgedehnter Materie ihre gesamte Energie verlieren. Ihre Reichweite hängt von der Anfangsenergie und dem Bremsvermögen des Materials ab und kann nur näherungsweise berechnet werden. Eine empirische Formel für die Reichweite von α-Teilchen ist das Geigersches Reichweitengesetz (Gl. (5)). Falls β+-Teilchen (Positronen) bei einem Zerfall emittiert werden, begegnen die Positronen entweder bereits in der radioaktiven Probe oder im Detektor innerhalb einiger 100 ps normalerweise einem Elektron. Dies führt zu einer „Materie-Antimaterie“-Vernichtung des Elektrons und des Positrons: e+ + e− → 2γ . Dabei entstehen zwei γ-Quanten mit einer Energie von je 512 keV. Diese Energie entspricht gerade der Ruhemasse des Elektrons bzw. des Protons. γ-Strahlung Im Gegensatz zu geladenen Teilchen ionisiert γ-Strahlung Materie nicht direkt. Sie wird nachweisbar durch drei Prozesse der elektromagnetischen Wechselwirkung: den Photoeffekt, die Comptonstreuung und die Paarbildung. Die dabei freigesetzten oder erzeugten Elektronen und Positronen übernehmen kinetische Energie, die sie durch Ionisierung abgeben. Es sind also sekundäre Teilchen, die den Nachweis von γ-Strahlung ermöglichen. Im Unterschied zu geladenen Teilchen verliert γ-Strahlung in Materie Intensität, aber die Photonen, die durchkommen, haben keine Energie verloren. Gegen γ-Strahlung ist keine vollständige Abschirmung möglich, da auch nach großen Schichtdicken noch eine endliche Intensität vorhanden ist. Die Abnahme der Intensität elektromagnetischer Strahlung durch Absorption in Materie der Dicke d wird durch die Beziehung I = I 0e− µ d (23) Radioaktivität RA 13 beschrieben. Die Größe µ, die die Wahrscheinlichkeit der Absorption beschreibt, hat die Dimension einer reziproken Länge und ist der totale lineare Absorptionskoeffizient. Die Größe λ=1/µ ist die mittlere freie Weglänge der Strahlung in Materie, d.h. der mittlere Weg, den ein Photon zurücklegt, bevor es absorbiert wird. 4.6 Strahlenwirkung und Dosis Auf Strahlung reagieren die verschiedenen in einem Organismus vorhandenen Gewebetypen unterschiedlich. Besonders strahlenempfindlich sind die Blutbildungsorgane, die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes und der Luftwege, die Keimdrüsen und embryonales Gewebe. Strahlenexposition bedeutet, das Strahlung im Gewebe absorbiert wird, wodurch es zu Wechselwirkungen auf molekularer Ebene mit dem Körpergewebe kommt. Wenn Strahlung auf Körperzellen einwirkt, können bösartige Mutationen, wie zum Beispiel Krebs, in der strahlenexponierten Person selbst entstehen. Sind Keimzellen betroffen, so kann es zu Mutationen oder zur Veränderung der Erbanlagen, der DNS, kommen. Ionisierende Strahlung kann zelluläre Bestandteile, insbesondere die Erbsubstanz, verändern oder zerstören. Das ist nicht gleichbedeutend mit einem gesundheitlichen Schaden, denn der Organismus ist in der Lage, Zellverluste auszugleichen und sie zu reparieren. Allerdings können die natürlichen Abwehr- und Reparatursysteme der Immunabwehr auch in dieser Hinsicht versagen. Dies ist abhängig von der Höhe der Dosis, der Strahlenart, des Zeitraums der Strahlenexposition und der räumlichen Verteilung der Zellschäden. Energiedosis Für die Beurteilung der Wirkung radioaktiver Strahlung wird die Energiedosis D verwendet, die als absorbierte Strahlungsenergie pro durchstrahlte Masse definiert ist. Die Maßeinheit ist Gray (Gy) mit 1 Gy = 1 J/kg. Äquivalentdosis Die verschiedene biologische Wirksamkeit unterschiedlicher Strahlungsarten wird durch die Äquivalentdosis H berücksichtigt: Äquivalentdosis H = Energiedosis D × Qualitätsfaktor Q Die Äquivalentdosis wird in [H] = 1 Sv = 1 Sievert angegeben. Der Qualitätsfaktor ist 1 für γStrahlung und 20 für α-Strahlung. Äquivalentdosisleistung Da Strahlung mit einer bestimmten Dosis über unterschiedliche Zeiträume einwirken kann, wird noch die Äquivalentdosisleistung benötigt, die Äquivalentdosis pro Bestrahlungsdauer mit Maßeinheit Sv/h (In Deutschland beträgt die mittlere Äquivalentdosisleistung infolge natürlicher Strahlungsquellen etwa 0,27 μSv/h). In Tab. 2 sind einige Beispiele für Äquivalentdosen unterschiedlicher Herkunft und ihre möglichen kurzfristigen Wirkungen aufgezählt. Über möglicherweise Jahre oder Jahrzehnte später auftretende Nachwirkungen sagt diese Tabelle nichts aus. Tab. 2: Äquivalentdosen verschiedener Herkunft und Wirkungen. Äquivalentdosis 2 -4 mSv Herkunft bzw. Wirkung Jährliche natürliche Strahlenbelastung in Deutschland, bestehend aus RA 14 Radioaktivität Höhenstrahlung, Strahlung aus Isotopen in der Erde, der Radonbelastung, der Belastung durch die natürlich entstehenden Isotope 40K und 14 C. 0,1 mSv Interkontinentalflug 0,2-1 mSv Röntgenaufnahme der Lunge ca. 10 mSv Röntgenaufnahme des Beckens 250-500 mSv Blutbildveränderungen, die sich wieder zurückbilden 1000-1200 mSv Haarausfall, Übelkeit 4000-5000 mSv LD50, d.h. 50% der betroffenen Personen sterben 7000 mSv 100% der betroffenen Personen sterben innerhalb von 30 Tagen 50000 mSv 100% der betroffenen Personen sterben innerhalb von 5 Tagen 4.7 Nachweis von Strahlung Die Strahlung, die bei radioaktiven Zerfällen produziert wird, wird vom Menschen mit keinem seiner Sinne wahrgenommen. Zur Messung radioaktiver Strahlung bedarf es technischer Hilfsmittel. Zwei wichtige Arten von Detektor werden nachfolgend besprochen: das GeigerMüller-Zählrohr und der Szintillationszähler. Geiger-Müller-Zählrohr Abb. 8: Schematische Darstellung eines Geiger-Müller-Zählrohres. Beim Geiger-Muller-Zählrohr (GMZ) (Abb. 8) handelt es sich um ein einseitig offenes, meist zylindrisches Gefäß. Die offene Seite, das sog. Fenster, ist mit einem für Strahlung möglichst durchlässigen Material zur Luft hin verschlossen, üblicherweise verwendet man hierfür dünne Plastikfolien oder Glimmer. Dieses Gefäß ist mit einem leicht ionisierbaren Gas (Zählgas) unter niedrigem Druck gefüllt. Die Innenseite des Rohres ist elektrisch leitend, sie bildet einen Pol eines Kondensators (Kathode). Davon isoliert angebracht ist eine Gegenelektrode (Anode), bei zylindrischen Anordnungen befindet sich diese axial innerhalb des Rohres. An diese Elektrodenanordnung wird nun eine Gleichspannung U0 angelegt. Das System verhält sich wie ein Kondensator: es baut sich auf Grund der Potentialdifferenz zwischen den beiden Elektroden ein elektrisches Feld auf. Gelangt ein schnelles, elektrisch geladenes Teilchen, z.B. ein β-Teilchen, in das Zählrohr, so entstehen durch Ionisation des Zählgases längs der Bahn des Teilchens freie Elektronen und positiv geladene Ionen. Die Elektronen werden aufgrund des elektrischen Feldes in Richtung des Anodendrahtes beschleunigt und können Radioaktivität RA 15 durch Stöße weitere Gasmoleküle ionisieren. Die freien Elektronen leiten eine Gasentladung ein, die jedoch bei geeigneter Wahl der Spannung U0 und einem entsprechend dimensionierten Vorwiderstand R nach etwa 10-5 s selbst erlischt. Bei dieser Gasentladung fließt für kurze Zeit ein Strom im Zählrohr, der an dem Widerstand R einen Spannungsimpuls verursacht. Dieser lässt sich elektronisch verstärken und mit einer Zählerschaltung registrieren. Die ionisierende Wirkung, die die Strahlung hat, ist abhängig von der Energie und der Art der Strahlung. α-Teilchen etwa besitzen aufgrund ihrer zweifach positiven Ladung eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Ionisation als etwa Elektronen derselben Energie. Dennoch kann mit einem GMZ keine Aussage zu Art oder Energie der detektierten Teilchen gemacht werden. Das System reagiert ausschließlich darauf, dass es ein Zählereignis gegeben hat, nicht jedoch auf die Art des Ereignisses. Nachdem das GMZ einen Zählimpuls produziert hat, dauert es eine gewisse Zeit t*, bis sich die Spannung auf den Kondensatorelektroden regeneriert hat. Während dieser Zeit ist das elektrische Feld im Inneren schwächer und es ist nicht mehr garantiert, dass durch Strahlung entstehende freie Ionen getrennt werden können, bevor sie mit ihrem/ihren Elektron/en rekombinieren. In dieser Zeit muss daher davon ausgegangen werden, dass das Zählrohr blind ist. t* bezeichnet man als Totzeit. Folgen die Teilchen schneller aufeinander als im Abstand t*, ist das Zählrohr nicht mehr in der Lage, diese getrennt zu registrieren, und es gibt einen einzigen Zählimpuls. Je höher daher die aktuelle Zählrate ist, die mit einem GMZ gemessen wird, umso höher ist die Zahl der Teilchen, die in das Zählrohr eindringen, ohne dass dort für jedes Teilchen ein einzelner Zählimpuls ausgelöst wird. Um dennoch auch bei höheren Zählraten messen zu können, bedient man sich einer statistischen Korrekturformel, um aus der gemessenen Zählrate NZ die wahre Zahl von Teilchen im Zählrohr NW zu bestimmen: NW = NZ 1 − NZ t∗ (24) Die hier verwendeten Zählrohre haben eine Totzeit von ca. 100 µs, so dass sie nur für kleine bis mittlere Zählraten geeignet sind. Sie registrieren α- und β-Strahlung gleichermaßen gut. Die Zählrohre registrieren auch γ-Strahlung, allerdings erzeugt nur etwa jedes hundertste einfallende Photon ein Ionenpaar, woraus sich eine nur geringe Empfindlichkeit für γ-Strahlung ergibt. Szintillationsdetektor Abb. 9: Schematische Darstellung eines Szintillationsdetektors. RA 16 Radioaktivität Die Abnahme der Intensität von γ-Strahlung durch Absorption in Materie wird durch Gl. (23) beschrieben. Die wesentlichen Prozesse dabei sind der Photoeffekt und der Comptoneffekt, die durch die Absorption bzw. Streuung der Photonen freie Elektronen im Material erzeugen. Beim Photoeffekt entspricht die kinetische Energie des Elektrons der Energie des absorbierten Photons. Diese Elektronen verlieren durch Abbremsung im Material ihre kinetische Energie. Dabei kommt es zu elektronischen Anregungen oder Ionisation der Atome. Die Zahl der Anregungen ist proportional zur Energie der abgebremsten Elektronen. In bestimmten Materialien (NaI, ZnS, Anthrazen) rekombinieren die angeregten oder ionisierten Atome unter Aussendung von Licht im sichtbaren Bereich. Dieser Prozess heißt Szintillation. Die Zahl dieser Lichtblitze ist proportional zur Energie der durch das γ-Quant erzeugten freien Elektronen. Solche Szintillatoren können zur Detektion von radioaktiver Strahlung benutzt werden. In einem Szintillationsdetektor werden die erzeugten Lichtblitze mit Hilfe eines Sekundärelektronenvervielfachers („Photomultiplier“) in ein messbares elektrisches Signal umgesetzt. Abb. 9 zeigt den Aufbau eines Szintillationsdetektors, bestehend aus eine mit Tl dotieren NaIKristalls und einem Photomultiplier. Abb. 10: Aufbau des NaI(Tl)-Gamma-Spektrometers. Der durchsichtige NaI(Tl)-Kristall wird auf das Fenster des Photomultipliers gesetzt. Auf der Rückseite dieses Fensters ist die Anode angebracht, die mit einer dünnen Schicht eines Alkalimetalls beschichtet ist. Wird in dem Kristall eine Szintillation ausgelöst, so durchläuft das erzeugte Licht den Kristall und trifft auf die Anode und löst Elektronen aus dem Alkalimetall der Anode aus. Die Anode liegt auf dem negativen Potential U0, so dass die Elektronen in Richtung der 1. Dynode mit dem Potential U0 – ∆U beschleunigt werden und dabei kinetische Energie gewinnen. Treffen die Elektronen auf die Dynode, reicht ihre kinetische Energie aus, um pro einfallendem Elektron mehrere weitere Elektronen herauszuschlagen. Dieser Prozess wird nun über mehrere Dynoden hinweg wiederholt, bis die so erzeugte „Elektronenlawine“ Radioaktivität RA 17 schließlich die sich auf Erdpotential befindliche Anode erreicht. Dabei kann ein ElektronenVerstärkungsfaktor von bis zu 1011 erreicht werden. Der dabei entstehende Strom- bzw. Spannungspuls ist proportional zur Energie des ursprünglich absorbierten γ-Quants (oder auch α- oder β-Teilchens) und kann nun elektronisch verstärkt und analysiert werden. Anders als ein GMZ ist der Szintillationszähler also in der Lage, die Energie eines einfallenden Teilchens zu bestimmen. Die Totzeit des hier verwendeten Szintillations-Zähler-Systems beträgt wenige µs, d.h. es können wesentlich höhere Zählraten im Vergleich zum GMZ verarbeitet werden. Da es sich bei dem Detektionsmedium um einen Festkörper handelt, ist aufgrund der höheren Dichte verglichen mit dem Füllgas des GMZ die Wahrscheinlichkeit zur Detektion von γ-Strahlung wesentlich erhöht. In Abb. 10 ist der Aufbau des kompletten Szintillations-Spektrometers dargestellt. Die „Photomultiplier Base“ beinhaltet den Spannungsteiler und alle Anschlüsse für den Photomultiplier. Der Spannungsteiler wird über die Hochspannungsversorgung mit einer negativen Spannung von -1400 V versorgt. Das Ausgangssignal des Photomultipliers wird mit zwei Verstärkern (Preamplifier und Amplifier) auf eine Signalhöhe im Bereich zwischen 0 V und 10 V verstärkt. Das verstärkte Signal wird dann im „Multichannel Buffer“ mit einem AnalogDigital-Konverter mit einer Auflösung von 13 Bit entsprechend 8192 Spannungsintervallen digitalisiert und in einem Histogrammspeicher abgespeichert. Dieser Speicher enthält nun das „Energiespektrum“ der Messung und kann zu einem PC übertragen und analysiert werden. 3 4x10 Photopeak 3 Ereignisse 3x10 Rückstreupeak 3 2x10 Compton-Kante 3 1x10 0 0 200 400 600 800 1000 Energie (keV) Abb. 11: γ-Spektrum gemessen mit NaI(Tl)-Spektrometer. Abb. 11 zeigt ein mit diesem Spektrometer aufgenommenes Energiespektrum für ein Radionuklid, das γ-Strahlung mit nur einer Energie (662 keV) aussendet. Dieses Spektrum zeigt die verschiedenen Komponenten eines Spektrums: • Der „Photopeak“ entspricht der Energie eines γ-Quants, das vollständig durch Photoeffekt im Szintillations-Kristall absorbiert wurde. Die Breite des Photopeaks ist durch die Energieauflösung des Szintillations-Detektors gegeben. • Zwischen der Energie null und der Energie der „Compton-Kante“ sind Ereignisse registriert, bei denen das einfallende γ-Quant durch Compton-Effekt“ gestreut wurde. Die Lage der Compton-Kante hängt von der Energie der γ-Strahlung ab. RA 18 Radioaktivität • Der „Rückstreupeak“ wird durch γ-Quanten verursacht, die zunächst ohne jede Wechselwirkung den Szintillations-Kristall durchqueren, dann aber an Material in der Umgebung des Detektors gestreut werden (Compton-Streuung) und danach im Detektor absorbiert werden. Raumwinkel Betrachtet man ein typisches Experiment zur Radioaktivität, so hat man es in der Regel mit einer strahlenden Substanz zu tun, die sich in einem definierten Abstand zu einem Detektor befindet. Jeder Zerfall innerhalb des Präparates löst die Emission eines entsprechenden Teilchens aus, das in zufälliger Richtung vom Präparat ausgesendet wird. Ein Detektor registriert einfallende Teilchen und die Zählrate lässt Rückschlüsse auf die Aktivität der Probe zu. Schaut man sich die Verhältnisse genauer an, dann ist es aufgrund der begrenzten Größe der Detektoröffnung verständlich, dass nur der kleinere Teil aller emittierten Teilchen in den Detektor gelangt und gezählt wird (Abb. 12). Abb. 12: Beschränkte Sicht eines Detektors. Nur diejenigen Teilchen können registriert werden, die in den grün markierten Winkelbereich emittiert werden. Um die gesamte Aktivität einer Probe zu messen, müsste man daher die radioaktive Probe in einen Detektor hineinstellen, der Strahlung unabhängig von der Emissionsrichtung erfasst. Solche Geräte gibt es, für die meisten Anwendungen sind diese allerdings zu aufwendig oder zu unhandlich. Wie viel Strahlung von einem Detektor detektiert wird, ist abhängig von der Größe des Detektorfensters und des Abstandes zwischen diesem und der zu messenden Probe. Je weiter entfernt sich der Detektor von dem Präparat befindet, umso kleiner erscheint das Fenster des Detektors, durch das Teilchen einfallen müssen um detektiert zu werden. Da sich bei größeren Abständen die Zahl der emittierten Teilchen auf eine größere Oberfläche verteilt, misst der Detektor eine geringere Zählrate. Um die Detektoreigenschaften ,,Abstand“ und ,,Detektionsfläche“ in nur einer Größe erfassen zu können, bedient man sich in Analogie zum ebenen Winkel im Bogenmaß des sogenannten „Raumwinkels“. Betrachtet man den Einheitskreis (Abb. 13), so hat man neben der Angabe eines Winkels in Grad die Möglichkeit, diesen über die Länge des ausgeschnittenen Kreisbogens zu definieren. Dabei gilt (mit r = 1 im Einheitskreis) b θ θ [°] = ⇒ b [rad] = 2π 2π r 360° 360° (25) Für den räumlichen Fall kann man analog überlegen, welches Flächenstück A einer Kugeloberfläche S mit Radius R (S = 4πR2) von einem Kegel ausgeschnitten wird, dessen Spitze im Mittelpunkt der Kugel liegt. Analog zu Gl. (25) gilt dann Radioaktivität RA 19 Ω A A = bzw. Ω = 2 4π S R (26) Für die Einheitskugel (mit R = 1 ) entspricht der Raumwinkel gerade dem Flächeninhalt des Stückes der Kugelfläche, die den Schnitt zwischen Raumwinkelbereich und Kugeloberfläche darstellt. Für kleine Winkel ist die Krümmung dieses Flächenstückes vernachlässigbar, und es ist näherungsweise zulässig, mit einer ebenen Fläche anstatt einer Kugelkappe zu rechnen. Analog zu Bogen und Sehne beim Kreis (Abb. 13 links) ersetzt man bei der Kugel die Kugelkappe durch deren Grundseite (siehe Abb. 13). Abb. 13: Analogie zwischen dem ebenen Winkel im Bogenmaß (links) und dem Raumwinkel (rechts). Zur genauen Aktivitätsbestimmung einer Probe muss man neben dem Raumwinkel des Detektors auch die Ansprechwahrscheinlichkeit des Detektors für eine bestimmte Art von Strahlung kennen, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass ein in den Detektor eindringendes Teilchen überhaupt ein Zählereignis auslöst. Die Ansprechwahrscheinlichkeit variiert insbesondere für γ-Strahlung stark mit deren Energie und hängt außerdem noch von dem Detektormaterial und dem Detektorvolumen ab. RA 20 Radioaktivität 5. Versuchsdurchführung Die radioaktiven Präparate, die bei diesem Versuch zum Einsatz kommen, besitzen geringe Aktivitäten und sind für den Unterrichtsgebrauch zugelassen. Trotzdem sollten Sie folgende Hinweise beachten: • Vermeiden Sie es, in die unmittelbare Nähe der Öffnung der Halterung zu kommen, aus der die Strahlung austritt. • Versuchen Sie nicht, die Präparate mit den Fingern oder Gegenständen zu berühren (Kontaminationsgefahr). • Ein- und Ausbau der Präparate in die Halterungen ist Sache der Betreuerin/des Betreuers. Sollte ein Präparatewechsel notwendig werden, informieren Sie sie/ihn. Sollten Fragen bezüglich des Strahlenschutzes aufkommen, wenden Sie sich bitte an die/den zuständigen Betreuerin/Betreuer. Abb. 14: Aufbau für Messungen mit einem Geiger-Müller-Zählrohr. Für die Versuche 5.1 bis 5.3 wird der in Abb. 14 dargestellte Aufbau benutzt. Das radioaktive Präparat befindet sich entweder halboffen an der einen Frontseite eines Stabes oder in einem strahlungsdurchlässigen Gefäß. Diese Präparateträger werden vom Betreuer/in in die Halter aus Kunststoff eingesetzt. Diese sind auf einer optischen Bank montiert. Einerseits gewährleistet das einen Schutz gegen Umkippen, andererseits kann die angebrachte Skala direkt für Abstandsmessungen benutzt werden. Durch ein Loch im Halter kann das Präparat Strahlung nach außerhalb abgeben. Auf einem zweiten Halter ist ein GMZ-Detektor angebracht. Die sich gegenüberliegenden Stirnseiten der Halter für das Zählrohr wie auch für das radioaktive Präparat definieren beide nicht genau die Position des Zählrohrfensters bzw. der Präparatoberfläche. Die gemessenen Abstände sind daher entsprechend zu korrigieren. Einen schematischen Überblick verschafft dazu Abb. 15. Nulleffekt Als Nulleffekt (oder Nullrate bezogen auf die Zeit) wird die Anzahl von Zählimpulsen verstanden, die von der Messapparatur auch ohne Vorhandensein eines radioaktiven Präparats registriert wird. Sie rührt von den natürlichen und künstlichen radioaktiven Isotopen in unserer Umwelt und der kosmischen Strahlung her. Der Nulleffekt ist im Zeitablauf zufälligen Radioaktivität RA 21 Schwankungen unterworfen und hängt vom Ort (geographische Lage und Meereshöhe), dem Gebäude (Baustoffe, Abschirmung) ab. Der Nulleffekt sollte vor Beginn jeder Messreihe erfasst werden. Zur Vermeidung von Verfälschungen durch den Nulleffekt ist eventuell eine Korrektur der gemessenen Zählergebnisse N bzw. der Zählrate Z mit Z = N/T (T: Zähldauer) um den Nulleffekt N0 bzw. die Nullrate Z0 nötig. 5.1 Untersuchung der α-Strahlung von 241Am oder 239Pu In diesem Versuchsteil sollen die Eigenschaften von α-Strahlung untersucht werden. Da α-Teilchen feste Materie kaum durchdringen, muss bei dem folgenden Versuch die Schutzkappe vor dem GMZ-Fenster entfernt werden. Dadurch ist dieses aber nicht mehr vor mechanischen Beanspruchungen geschützt. Es ist daher darauf zu achten, das Fenster nicht zu berühren oder sonst irgendwie mechanisch zu belasten. Ein Loch oder Riss hat die Zerstörung des Zählrohres zur Folge (Kosten etwa 350 €). Abb. 15: Abstandsmaße für Messungen mit einem Geiger-Müller-Zählrohr. Messung der statistischen Verteilung Starten sie die Software für die Messwerterfassung „CASSYLab“. Als Messwertquelle wählen sie auf der schematischen Skizze des CASSY, die von dem Programm am Programmstart angezeigt wird, die Zählrohrbox an. Es stehen Ihnen nun zwei Modi zur Verfügung: • Messung der Gesamtzahl N der Zählereignisse: jedes Ansprechen des Zählrohres erhöht den Wert der Größe N um eins. Ein Zurücksetzen auf null muss manuell erfolgen. • Messung der Zählrate R: es wird die Anzahl der Zählereignisse innerhalb eines Zeitintervalls, z.B. einer Sekunde gezählt. Nach der Erfassung dieses Wertes wird der Wert zurückgesetzt auf null und es wird neu gezählt. Wechseln sie die Ansicht der CassyLAB-Software in den Modus „Häufigkeitsverteilung“. Für jede einzelne Messung erhalten Sie hier die Information, wie häufig welcher Messwert innerhalb einer Messreihe vorgekommen ist. Markieren Sie einen maximalen Punkt jeweils in einer dieser Verteilungen bei kleinem (z.B. bei 12 mm) und bei großem Abstand (25 mm). Bestimmen Sie jeweils mit Hilfe der Software die Poisson-Verteilung zu der Messreihe, indem Sie nach Auswahl des entsprechenden Menüpunktes die Messwerte ähnlich wie bei der Mittelwertbildung markieren. Die Anzahl der Messwerte, der Mittelwert sowie die Streuung wer- RA 22 Radioaktivität den nach der Bestimmung der Verteilung im Textfeld als Standardwert eingetragen und sind dort abrufbar. Vergleichen Sie die beiden Ergebnisse miteinander. Bestimmung der Reichweite von α-Strahlung Wie bereits bei den unterschiedlichen Zerfallsarten ausgeführt wurde, besitzen α-Teilchen, die durch denselben Zerfallsprozess entstehen, identische kinetische Energien, sie sind monoenergetisch. Da die Wahrscheinlichkeit für Zusammenstöße mit Molekülen der Luft für alle α-Teilchen ebenfalls identisch ist, ergibt sich daraus eine im Mittel gleiche Entfernung, die die Teilchen durch Luft zurücklegen können. Starten sie die Software für die Messwerterfassung „CASSYLab“. Als Messwertquelle wählen sie auf der schematischen Skizze des CASSY, die von dem Programm am Programmstart angezeigt wird, die Zählrohrbox an. Es stehen Ihnen nun zwei Modi zur Verfügung: • Messung der Gesamtzahl N der Zählereignisse: jedes Ansprechen des Zählrohres erhöht den Wert der Größe N um eins. Ein Zurücksetzen auf null muss manuell erfolgen. • Messung der Zählrate R: es wird die Anzahl der Zählereignisse innerhalb einer Sekunde gezählt. Nach der Erfassung dieses Wertes wird der Wert zurückgesetzt auf null und es wird neu gezählt. Für die hier vorliegende Aufgabe ist der zweite Modus der geeignete. Entfernen Sie die Schutzkappe vor dem Zählrohrfenster. Präparat und Zählrohr werden nun einander gegenüber liegend auf der optischen Bank angeordnet. Unter Messparameter stellen Sie eine Messzeit von 60 s ein. Messen Sie so die Zählrate für einen Abstand von 25 mm. Verkleinern Sie dann den Abstand millimeterweise bis auf 10 mm. Beachten Sie die geometrischen Verhältnisse (siehe Abb. 15). Wie Sie bereits nach der ersten Messung feststellen können, variiert die Zählrate nicht unerheblich, so dass für eine sinnvolle Messung der zeitliche Mittelwert über die 60 s Messzeit ermittelt werden muss (diese Funktion finden Sie im Kontextmenü der CASSYLabSoftware). Notieren Sie sich diesen zeitlichen Mittelwert und den dazugehörigen Abstand. Nachdem Sie die Zählrate für alle Abstände bestimmt haben, werten Sie Ihre Ergebnisse direkt aus, indem Sie die Messdaten in der Software ,,Origin“ erfassen. Tragen Sie die Zählrate gegen den zugehörigen Abstand von Zählrohr und Präparat auf. In der gemessenen Strahlung sind auch γ-Anteile enthalten, deren Schwächung längs der ausgemessenen Abstände vernachlässigt werden kann. Sie liefern einen abstandsunabhängigen Untergrund. Ziehen sie diesen Untergrund, den Sie bei großen Entfernungen (oder durch ein Blatt Papier zwischen Präparat und GMZ) messen können, von ihren Messwerten ab. Man sollte erwarten, dass bei kleinen Abständen die α-Zählrate praktisch konstant ist (die Absorption monoenergetischer α-Strahlung erfolgt ja nicht nach einem Exponentialgesetz). Statt dessen werden Ihre Messwerte eine starke Abnahme zeigen. Dies liegt zum einen daran, dass nicht die Reichweite in Luft sondern im System ,,Luft/Zählrohrfenster“ gemessen wird. Längs ihres Weges sinkt die Geschwindigkeit der α-Teilchen, und da nach dem Reichweitengesetz, Gl. (5), auch die Reichweite im Fenster mit v3 abnimmt, sinkt die Durchlässigkeit der Folie, wodurch bei größerem Abstand die langsamen Teilchen praktisch nicht mehr in das Zählrohr eindringen können. Zum anderen ist die Abstandsabhängigkeit Ihrer Messwerte wesentlich durch den mit zunehmenden Abstand verringerten Raumwinkel, aus dem das Zählrohr Strahlung empfängt, bedingt. Berechnen Sie daher für jeden Abstand den Raumwinkel (wobei sie die Quelle als punktförmig annähern können) und dividieren Sie Ihre Messergebnisse durch diesen Raum- Radioaktivität RA 23 winkel. Die so erhaltenen Werte stellen sie grafisch gegen den Abstand dar. Bestimmen Sie daraus die Reichweite. 5.2 Untersuchung der β-Strahlung von 60Co Bestimmung der Absorptionsskonstanten von β-Strahlung in Polymeren und Aluminium In diesem Teil wird das Schwächung von β-Strahlung durch Materie gemessen. Anders als αTeilchen besitzen β-Teilchen aus einem radioaktiven Zerfall in der Regel alle unterschiedliche kinetische Energien. Daher ist einsichtig, dass die Reichweite von β-Teilchen qualitativ eine andere ist als bei α-Teilchen. Die Absorption polyenergetischer β-Strahlung folgt annähernd einem Exponentialgesetz N ( x) = N (0)e− Kx (27) wobei N(0) und N(x) die Zählraten der β-Teilchen vor und hinter einem Absorber der Dicke x bedeuten. K ist die Absorptions- oder Schwächungskonstante; ihr Kehrwert δ = K−1 wird als mittlere Reichweite bezeichnet. δ gibt die Absorberdicke an, in der N auf den e-ten Teil von N(0) abgefallen ist. Ursachen für das (fast) exponentielle Abklingen sind zum einen die verschiedenen Reichweiten der β-Teilchen unterschiedlicher Energie im Strahl und zum anderen die Ablenkung des β-Teilchen bei Wechselwirkungen mit Absorberatomen aus der geradlinigen Richtung heraus, so dass diese nicht mehr in das Fenster des GMZ einfallen. Aufgrund der geringen Masse der β-Teilchen passiert das viel häufiger als bei den schweren α-Teilchen, deren Flugrichtung sich so gut wie nicht ändert. Co emittiert sowohl β- als auch γ-Strahlung. Die γ-Strahlen werden wesentlich weniger absorbiert als die β-Strahlen. Da die Empfindlichkeit des GMZ für γ-Strahlen wesentlich geringer ist als die für β-Strahlung, stört dieser Anteil die Messung nur in vernachlässigbarem Maße. 60 • Messen Sie die Zählrate bei 2 cm Abstand zwischen Probenhalter und GMZ (Zähldauer: 60 s). • Wiederholen Sie die Messung, platzieren Sie allerdings vor die Austrittsöffnung des Probenhalters eine oder mehrere Plastikfolien. Durch Kombination mehrerer Folien lassen sich unterschiedliche Dicken zwischen 0,1 mm und 2 mm realisieren. • Tragen Sie halblogarithmisch die Anzahl Messereignisse NMess(x) gegen die Dicke der Absorberschicht x auf und ermitteln Sie daraus die Absorptionskonstante für das Plastikmaterial. Verwenden Sie als Messwert jeweils den Mittelwert aus 3 Einzelmessungen und geben Sie eine Fehlerabschätzung an. • Wiederholen sie die Messungen, verwenden Sie als Absorbermaterial nun aber Aluminium (Schichtdicke: 1 mm bis 12 mm). • Vergleichen Sie qualitativ die aus den Schwächungskonstanten folgenden mittleren Reichweiten mit den aus dem Versuch 5.1 ermittelten Reichweiten von α-Strahlung. Was lässt sich daraus bezüglich der Schädlichkeit von β-Strahlung für Organismen folgern? Wie kann man sich gegen von außen kommende β-Strahlung schützen? Wie dick muss eine Plastik-Abschirmung sein, um die β-Strahlung von 60Co bis auf 0,1% abzuschirmen? 5.3 Neutronenaktivierung von 103Rh In diesem Versuch wird stabiles 103Rh durch den Einfang thermische Neutronen aktiviert. Für das Element Rhodium ist 103Rh das einzige stabile Isotop. Durch den Neutroneneinfang werden zwei angeregte Zustände von 104Rh erzeugt, die anschließend zu 99,55% durch β−-Zerfall zu 104Pd zerfallen (Abb. 16): RA 24 Radioaktivität 103 45 90% 104 → 104 45 Rh → 46 Pd + β + ν e Rh + n 104i 104 104 → 45 Rh → 45 Rh + γ → 46 Pd + β + ν e 10% Abb. 16: Mögliche β-Zerfälle von 104Rh nach Neutroneneinfang (nach R.B. Firestone, Table of Isotopes (8th ed., Wiley-Interscience, New York 1996)). 1200 Zerfallsrate 1000 -λ1t e -λ t e -λ t -λ t e +e 800 2 1 600 2 400 200 0 0 200 400 600 800 Zeit (s) Abb. 17: Zerfallskurve von 104Rh und 104iRh mit unterschiedlichen Zerfallskonstanten λ2 << λ1. Der zu 90% erzeugte Zustand von 104Rh zerfällt mit einer Halbwertszeit von 42,3 s, der mit 10% erzeugte isomere Zustand 104iRh zerfällt mit einer Halbwertszeit von 260,4 s durch γZerfall zu 104Pd mit anschließendem β−-Zerfall. Die beiden Zerfälle laufen nebeneinander mit verschiedenen Halbwertszeiten ab. Der beim Experiment verwendete Strahlungsdetektor kann auch die von den 104iRh emittierte niedernergetische γ-Strahlung nachweisen. Die Gesamtaktivität der Probe setzt sich additiv aus den beiden Zerfällen zusammen und die Bestimmung der Halbwertszeiten der beiden Zerfälle ist nur möglich, wenn beide stark genug voneinander verschieden sind. Für die Zerfälle von 104Rh ist dies in Abb. 17 dargestellt. Nach hinreichend langer Zeit (etwa 350 s) wird der kurzlebige Zustand praktisch zerfallen sein und die für grö- Radioaktivität RA 25 ßere Zeiten beobachteten Zerfälle rühren nur noch von 104iRh her. Ganz stimmt dies allerdings nicht; denn das aus 104iRh entstandene 104Rh zerfällt weiter zu 104Pd. Allerdings ist die Zerfallsrate der aus 104iRh entstandenen 104Rh-Kerne vernachlässigbar. Für diese Messungen wird statt des für die vorhergehenden Versuch benutzten Zählrohrs mit Fenster auf der Vorderseite ein zylinderförmiges Zählrohr mit dünner Glaswand benutzt, über das die aktivierten röhrenförmigen Metallzylinder geschoben werden. • Bestimmen Sie den Nulleffekt (Untergrund) des Zählrohres. Der Nulleffekt sollte mit kleinem statistischen Fehler, d.h. hinreichend langer Messzeit bestimmt werden. • Schätzen Sie eine sinnvolle Aktivierungsdauer zum Erreichen der Sättigunsaktivierung ab. • Bereiten Sie im Programm CASSY Lab die Messung vor. Welche Gatezeit (s. Gl. (22)) ist für die Halbwertszeit von 104Rh sinnvoll? • Senken Sie die Rh-Probe mit Hilfe der Probenhalterung in eines der am nächsten Zur Mitte der Neutronenquelle gelegenen Löcher. Messen Sie die Aktivierungsdauer mit einer Stoppuhr. • Nach der Aktivierung nehmen Sie die Probe heraus und stülpen sie möglichst schnell (vorsichtig und mit Schutzhandschuhen) über das Zählrohr und starten Sie die Messung. Zur Auswertung: • Übertragen Sie Ihre Messungen in das Programm Origin. • Ziehen Sie den Nulleffekt (bezogen auf die von Ihnen gewählte Gatezeit) von den Messwerten ab. • Schätzen Sie ab, nach welcher Zeit nach Bestrahlungsende praktisch nur noch das Isotop 104i Rh vorliegt. Von diesem Zeitpunkt an verwendet Sie die Messpunkte für eine Anpassung (Fit) nach Gl. (22) zur Bestimmung der Halbwertszeit von 104iRh. • Mit diesem Ergebnis extrapolieren Sie die Zerfallskurve von 104iRh zurück bis zum Messbeginn und subtrahieren diese Kurve von den Messwerten. Damit erhalten Sie die Zerfallskurve für 104Rh. • Mit der so erhaltenen Zerfallskurve führen Sie ein Anpassung (Fit) nach Gl. (22) durch und bestimmen die kürzere Halbwertszeit von 104Rh. • Alternativ können Sie auch ausgehend von Gl. (22) eine Gleichung aufstellen, die beide Zerfälle beinhaltet und die ursprünglichen (auf den Untergrund korrigierten) Messwerte zur gleichzeitigen Bestimmung beider Halbwertszeiten anpassen. 5.4 Gamma-Spektroskopie Zur Messung von Energiespektren der γ-Strahlung steht ein Gamma-Spektrometer zur Verfügung, das im Abschnitt 4.7 beschrieben ist. Eichung der Energieskala des Gamma-Spektrometers • Lassen Sie sich vom Betreuer die beiden Präparate 22Na und 137Cs vor den Szintillatorkristall einbauen. Stellen Sie den Zähler ca. 5 cm von den Proben entfernt auf. • Stellen Sie sicher, dass folgende Einstellungen der Geräte vorliegen: o Die Hochspannungsversorgung der Photomultiplier-Röhre ist auf -1400 V eingestellt. o Die Eingangskapazität des Vorverstärkers ist auf 0 pF eingestellt. RA 26 Radioaktivität o Der Hauptschalter ganz rechts für die Elektronik des Szintillationszählers in dem Einschubgehäuse ist eingeschaltet. • Starten sie über die Verknüpfung auf dem Desktop die Software ,,MAESTRO for Windows“. Mit dieser Software spricht man die Messgeräte für diesen Versuch an. • Nach dem Öffnen des Programmes sehen Sie gewöhnlich ein Messfenster, das mit ,,Buffer“ betitelt ist. Es handelt sich dabei um die graphische Darstellung der Messwerte, wie sie lokal auf dem Mess-PC in einem Zwischenspeicher liegen. Zu Beginn des Versuchs sollte dieses Fenster leer sein. Ist dies nicht der Fall, so klicken Sie rechts auf das Innere des Fensters und wählen Sie ,,Clear“, um den Inhalt zu löschen. • Klicken Sie im Menü ,,View“ auf ,,Detector/Buffer“, und zwar so oft, bis Sie zwei Messfenster geöffnet haben: o Ein Fenster, welches mit ,,Buffer“ überschrieben ist, und o ein Fenster, welches mit ,,MCB“ überschrieben ist. Dieses zeigt Ihnen den aktuellen Inhalt des Speichers des Spektrometers. • Aktivieren Sie durch einen Linksklick dort hinein das Fenster ,,MCB“. Durch einen Klick auf die Schaltfläche ,,Start Acquisition“ (grüner Kreis mit Aufschrift Go) starten Sie dann die Messung. Jede Spalte innerhalb des Fensters repräsentiert einen von insgesamt 8192 Kanälen, zu deren gleichzeitiger Aufnahme das Spektrometer fähig ist. Jedes Zählereignis wird hinsichtlich der Energie in eine der 8192 Kanäle einsortiert. Die in die Höhe wachsenden, türkisfarbenen Balken repräsentieren die Häufigkeit, mit der Ereignisse in dieses Raster einsortiert werden. Je höher, umso mehr Ereignisse werden innerhalb dieses Energiebereiches registriert. Zunächst besitzt das Spektrometer keine Energieeichung, weil die Lage eines Signals von der Detektorelektronik von zu vielen Variablen abhängt, z.B. von den frei einzustellenden Verstärkerempfindlichkeiten. Daher muss das Spektrometer geeicht werden. Indem gut erkennbare Linien von bekannten γ-Übergängen als Fixpunkte mit ihrer Energie dem Mess-PC mitgeteilt werden, kann das Spektrometer danach auch die Energie von γ-Strahlung einer unbekannten Probe bestimmen. Bei den hier verwendeten Eichlinien handelt es sich um intensive und damit gut identifizierbare γ-Übergänge von 22Na mit 1274 keV und von 137Cs mit 661 keV Energie. • Lassen Sie die Messung etwa 10 Minuten lang laufen, bis Sie ein sauberes Spektrum in dem Messfenster des Detektors sehen. Beenden Sie dann die Aufnahme von Daten durch Klick auf ,,Stop acquisition“. • Bei der stärksten Linie („Peak“) in diesem Spektrum handelt es sich um die 661 keV-Linie von 137Cs. Platzieren Sie den Cursor auf das Zentrum dieses Peaks. Wählen Sie aus dem Menü ,,ROI (Region of Interest)“ den Punkt ,,Mark Peak“. Markieren Sie dann den gesamten Peak per Linksklick und Halten mit dem erscheinenden Kasten. • Aus dem Menü ,,Calculate“ wählen Sie dann den Punkt ,,Calibration“ aus. Wenn der von Ihnen ausgewählte Peak für das Programm gut erkennbar ist, fragt sie das Programm nach der Energie. Geben Sie für die stärkste Linie im Spektrum eine Energie von 661 keV an. • Wiederholen Sie den Vorgang für die weiter rechts gelegene 22Na-Linie. Geben Sie dafür eine Energie von 1274 keV an. Ab zwei definierten Stützstellen kann das Programm näherungsweise die Energie der anderen Kanäle berechnen. Durch Hinzufügen weiterer Stellen kann diese Eichung verbessert werden. Radioaktivität RA 27 • Rechtsklicken Sie auf das Spektrum und wählen Sie die Option ,,Copy to Buffer“. Der aktuelle Inhalt des Detektormessfensters erscheint daraufhin in einem Bufferfenster, d.h. ist in den Speicher des PC übertragen, wo sie das Spektrum weiter bearbeiten und speichern können. Verwenden Sie zum Abspeichern das Integer-CHN-Format. Messung des γ-Energiespektrums von 60Co Mit der geeichten Apparatur kann man nun weitere Messungen vornehmen und Spektren anderer Radionuklide aufnehmen. Das Verfahren ist ähnlich leistungsfähig wie die Bestimmung von Spektrallinien im sichtbaren elektromagnetischen Spektrum, d.h. die Lage und die Intensität der γ-Spektrallinien sind so spezifisch für ein Radionuklid wie atomare Emissions-Linien für ein bestimmtes Element. Anhand der Energie der Spektrallinien kann man also identifizieren, welche Nuklide in einer Probe vorhanden sind. • Löschen Sie den Inhalt des Detektor-Messfensters (Rechtsklick - Clear). • Positionieren Sie das 60Co-Präparat knapp vor den Detektor und starten Sie die Messung. Warten Sie ca. 10 Minuten, bis Sie ein sauberes Spektrum vorliegen haben. • Beenden Sie dann die Messung. Speichern Sie das Spektrum analog zur Eichung ebenfalls im Integer-CHN-Format ab. Um einen genauen Energiewert für die γ-Linien zu bekommen, sollten Sie die einzelnen Linien mit einer Gauß-Kurve annähern und deren Zentrum bestimmen, dessen Wert dann gerade die Energie der Spektrallinie ist. Die Bestimmung der Lage der Peaks bewerkstelligen Sie mit Hilfe des Programmes Origin. Dazu ist eine Import-Makro erstellt worden, die Sie in Origin mit ,,File - Import... - ORTEC Maestro Data“ aufrufen. Nach Angabe ihrer Datei erzeugt das Makro eine graphische Darstellung Ihrer Messergebnisse. Mit Hilfe des ,,Select range of data “-Tools in der Werkzeugleiste links in Fenster können sie knapp links und rechts des zu untersuchenden Peaks jeweils eine Markierung setzen. Unter dem Menüpunkt „Analysis“ finden Sie die Funktion ,,Fit Gaussian“, die Ihnen eine Gausskurve an den zwischen den Markierungen liegenden Peak anpasst. Die im Ergebnisfenster xc genannte Größe ist dann die Position des Peak. RA 28 Radioaktivität 6. Zerfalls-Diagramme der radioaktiven Isotope … und hier das wirklich komplizierte (und nicht mal vollständige) Zerfalls-Diagramm von 241 Am: Alle Energieangaben sind in „keV“. Quelle: R.B. Firestone, Table of Isotopes (8th ed., Wiley-Interscience, New York 1996).