Westallgäuer Zeitung vom 27.03.2015

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Westallgäuer Zeitung vom 27.03.2015
DIE TAGESZEITUNG FÜR DAS WESTLICHE ALLGÄU | GEGRÜNDET 1852
...
Der Westallgäuer
Allgäuer Zeitung
Spätes Begräbnis
König Richard III. findet
seine letzte Ruhe
Feuilleton
FREITAG, 27. MÄRZ 2015
Beziehungsdrama
Ostallgäuerin mit Messer
in den Hals gestochen
Allgäu-Rundschau
Es geht aufwärts
Niederschläge werden im
Lauf des Tages weniger
Wetter
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NR. 72
PREIS ¤ 1,60
Co-Pilot riss Passagiere absichtlich in den Tod
Flugzeugkatastrophe Der 27-Jährige war allein im Cockpit des Airbus. Er hatte den Chefpiloten ausgesperrt. Das Motiv
für die Tat ist unklar. Polizei durchsucht Wohnungen. Jetzt 75 deutsche Opfer. Angehörige trauern in Frankreich
Montabaur/Seyne-les-Alpes Dramatische Wende im Fall der verunglückten Germanwings-Maschine:
Der Co-Pilot hat den Airbus mit insgesamt 150 Menschen an Bord absichtlich in die Katastrophe gesteuert. Diese entsetzliche Erkenntnis
haben die französischen Ermittler
gestern nach Auswertung des Stimmenrekorders an Bord mitgeteilt.
Demnach war der 27-jährige Andreas Lubitz aus Montabaur in
Rheinland-Pfalz zum Zeitpunkt des
Absturzes allein im Cockpit. Der
Chefpilot hatte die Kabine verlassen, um auf die Toilette zu gehen,
und das Kommando seinem Kollegen übergeben. Als er zurück ans
Steuer wollte, habe er die verriegelte
Türe nicht mehr öffnen können,
sagte Staatsanwalt Brice Robin in
Marseille. Auf das mehrfache Hämmern gegen die Tür reagierte Lubitz
ebenso wenig wie auf einen Funkspruch des Towers. Er setzte auch
keinen Notruf ab. Bis zum Aufprall
sei ein „normales Atmen“ in der Kabine zu hören gewesen. Mehrfach
betonte der Staatsanwalt, Lubitz
habe den Sinkflug „bewusst“ und
„mit Absicht“ eingeleitet.
Hochstimmung bei
den Verbrauchern
Wiesbaden/Nürnberg Die Beschäftigten in Deutschland haben dank
Mini-Inflation und kräftiger Lohnabschlüsse mehr im Geldbeutel. Das
beflügelt die Kauflaune der Verbraucher und treibt die Konjunktur
an. „Der Optimismus der Verbraucher nimmt auch im März weiter
zu“, sagte Rolf Bürkl vom Marktforschungsunternehmen GfK. Die
Verbraucherstimmung sei so gut
wie zuletzt im Herbst 2001. „Gestützt auf einen schwachen Euro,
der die Exporte stimuliert, sowie
niedrige Energiekosten sehen die
Konsumenten die deutsche Wirtschaft klar im Aufwärtstrend“, hieß
es. Das zusätzliche Geld geben die
Verbraucher derzeit gerne aus,
nicht zuletzt wegen der niedrigen
Zinsen, die es für Sparbuch und Co.
augenblicklich gibt. (dpa)
Haftstrafe für Drogendealer
Zu fünf Monaten und zwei Wochen
Haft ist ein Dealer aus dem Raum
Amtzell verurteilt worden. Er wurde während einer Bewährungszeit
erneut straffällig.
»Seite 27
Kommentar
VON ANDREA KÜMPFBECK
» [email protected]
Es bleibt das
Risiko Mensch
B
Auf dem Rekorder sind Schreie
der Passagiere zu hören
Schreie von Passagieren seien auf
dem Stimmenrekorder erst in den
letzten Sekunden vor dem Aufprall
zu hören, sagte Robin. Sie seien offensichtlich bis dahin ahnungslos
gewesen. Das Flugzeug war mit
etwa 700 Stundenkilometern gegen
eine Felswand gekracht. Hinweise
auf einen technischen Defekt am
Airbus A 320 gibt es weiterhin nicht,
ebenso wenig wie auf einen Terrorakt, bekräftigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
Das Motiv des Mannes, der seit
2013 als Co-Pilot im Einsatz war,
bleibt jedoch unklar. Man habe keine Verbindung zu einer terroristischen Organisation festgestellt, sagten die Ermittler. Die Düsseldorfer
Bezirksregierung teilte mit, bei den
routinemäßigen Sicherheitsprüfungen habe die Luftaufsicht keine Auffälligkeiten festgestellt. Zuletzt sei
dem Mann Ende Januar bescheinigt
worden, dass keine strafrechtlichen
oder extremistischen Sachverhalte
gegen ihn vorliegen.
Die Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ warnte davor, den
Blickpunkt Lokales
Ein Blick ins Cockpit der Unglücksmaschine, einem Airbus A 320. Das Foto entstand am Sonntag, nur zwei Tage vor dem Absturz, am Flughafen Düsseldorf. Wer die Person
rechts im Bild auf dem Pilotensitz ist, ist nicht bekannt.
Foto: Marius Palmen, dpa
Absturz der Maschine bereits als
Suizid des Co-Piloten einzustufen.
Dafür seien noch zu viele Fragen offen, sagte Sprecher Jörg Handwerg.
Ob der Tat eine psychische Erkrankung zugrunde liegt, dazu wollte
sich der Vorstandschef der Germanwings-Muttergesellschaft Lufthansa, Carsten Spohr, nicht äußern. Lubitz sei aber „zu 100 Prozent flugtauglich“ gewesen, „ohne Einschränkungen und Auflagen“. Die
Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, Lubitz habe in seiner Ausbildungszeit psychische Probleme
gehabt. Spohr sagte nur, dass der
Mann seine Pilotenausbildung für
mehrere Monate unterbrochen
habe. Ermittler begannen noch am
Nachmittag mit der Durchsuchung
seiner Düsseldorfer Wohnung und
seines Elternhauses in Montabaur.
Die neuen Erkenntnisse lösten
weltweit Entsetzen aus. Kanzlerin
Angela Merkel sagte: „So etwas geht
über jedes Vorstellungsvermögen
hinaus.“ Lufthansa-Chef Spohr
sprach von einem „unglaublich tragischen Einzelfall“. Das habe er sich
in seinen „schlimmsten Albträumen“ nicht vorstellen können. Politiker in Berlin regten an, das Sicherheitskonzept in Passagiermaschinen
zu überprüfen. Bislang ist es hierzulande zulässig, wenn das Cockpit
kurzzeitig nur mit einem Piloten besetzt ist. In den USA muss dann ein
Crew-Mitglied einspringen. Gestern kündigten die größten deutschen Fluggesellschaften an, diese
Zwei-Personen-Regel im Cockpit
auch einzuführen. Das betreffe etwa
den Lufthansa-Konzern, Air Berlin,
Condor und TuiFly.
Die Nummer zwei im Cockpit
Andreas Lubitz vor der Golden Gate
Bridge in Kalifornien.
Foto: afp
● Seit September 2013 arbeitete Andreas Lubitz, 27, als Co-Pilot bei
Germanwings, vorher war er während
einer Wartezeit Flugbegleiter. Als
Absolvent kam Lubitz von der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in
Bremen zum Kölner Unternehmen.
● Lubitz lernte das Fliegen im Luftsportclub Westerwald (Montabaur).
Vom einstigen Segelflugschüler schaffte er es bis zum Piloten auf einem
Airbus A 320. (dpa)
Kann Bayern die Kraft ausgehen?
Studie Die Welt ändert sich rasant. Warum McKinsey die Politik warnt
VON DANIELA HUNGBAUR
Augsburg Bayern zählt zu den
leistungsstärksten Bundesländern. Betriebe wie Audi,
BMW, Siemens, MAN und
Adidas gehören zu den international führenden Unternehmen. Konzerne wie die Baywa, Schaeffler oder KnorrBremse genießen in ihren
Branchen einen ausgezeichneten
Ruf.
Wenn es um den
Arbeitsmarkt geht,
belegt der Freistaat
bundesweit
Bestmarken.
Wer wird da Zweifel an der
Zukunftsfähigkeit des Landes hegen?
McKinsey wagt dies. Die renommierte Unternehmensberatung.
Sie legte gestern eine Studie
mit dem Titel „Bayern 2025
– Alte Stärken, neuer
Mut“ vor. Darin verweist sie auf die vielen
Vorzüge des Freistaates. Aber eben auch
auf die Schwächen.
Denn so hoch die
Bayern die Lebensqualität ihrer Heimat
zu Recht einschätzen, die
Welt ändert sich rasant. Da ist
nicht nur die Digitalisierung, die
immer neue Möglichkeiten
schafft und die Berufswelt auf
den Kopf stellt. Die Märkte
rücken zusammen. Durch
die Globalisierung wächst die gegenseitige Abhängigkeit, die Krisenanfälligkeit. Eine wachsende
Weltbevölkerung wiederum kann
einerseits neue Kunden bedeuten,
aber sie wirft auch die Frage auf:
Reichen die Rohstoffe für die steigenden Bedürfnisse überhaupt aus?
Und daran knüpft sich eine Reihe
weiterer Fragen für Bayern: Welche
Rolle nimmt die Landwirtschaft des
Freistaates hier ein? Besitzen Bayerns Unternehmen die technologischen Fähigkeiten, um sich den neuen Formen des Wettbewerbs zu
stellen? Hat Bayern genügend gute
Gründer? Mit diesen und anderen
Aspekten beschäftigten sich die Studienautoren. Das Ergebnis ihrer
Analyse lesen Sie auf Bayern.
Die Staatsanwaltschaft in Marseille erhöhte die Zahl der deutschen
Opfer auf 75. Bislang war von 72 die
Rede gewesen. Die Bergung der
sterblichen Überreste am Unglücksort kann nach Angaben der Gendarmerie noch zehn bis 15 Tage dauern.
Mehr als 30 DNA-Spezialisten und
Rechtsmediziner arbeiten an der
Identifizierung. Am Nachmittag
trauerten zahlreiche Familienangehörige der Opfer in der Nähe der
Absturzstelle. (dpa, afp, anf)
»Kommentar „Es bleibt das Risiko
Mensch“ – eine Einschätzung von Andrea Kümpfbeck
»Die Dritte Seite „Die verborgene
Welt des Andreas Lubitz“ von Arne
Bensiek und Barbara Würmseher
»Seite 4 „Wenn die Sicherheitstür
zum Verhängnis wird“ – eine Analyse
von Michael Pohl. Zudem: Ein Psychiater versucht, die Tat zu erklären.
»Seite 5 Eindrücke aus Frankreich.
Und: Wie sicher ist das Fliegen?
Trauer um
Karl Moik
Salzburg Der Erfinder und langjährige Moderator des „Musikantenstadls“, Karl Moik, ist tot. Er wurde
76 Jahre alt. Nach Angaben der
Stadt Salzburg starb er gestern im
dortigen Landeskrankenhaus. Moik
hatte bereits am Rosenmontag 2014
in Köln einen Herzinfarkt erlitten
und war danach über längere Zeit in
einem österreichischen Rehabilitationszentrum in Behandlung gewesen. Der beliebte TV- und Volksmusikstar moderierte von 1981
bis 2005 den
„Stadl“. In den
letzten
Jahren
hatte er sich etwas
von der Showbühne zurückgezogen. (dpa)
Karl Moik
»Panorama
estürzung, Unverständnis, Fassungslosigkeit – und unermessliche Wut: Das sind die Reaktionen,
die die Erkenntnisse der Ermittler
zum Absturz der GermanwingsMaschine auslösen. Wut auf einen
jungen Mann, der seinen Traumberuf gefunden hat – und jetzt 149
Menschen umbrachte, nur weil er
selber nicht mehr leben wollte.
Für die Angehörigen der Opfer
wäre es schwer genug gewesen,
hätte die Technik versagt. Oder
wäre es durch unglückliche Umstände zu dem tragischen Unfall gekommen. Auch mit einem fatalen
Pilotenfehler hätten sie vielleicht leben können. Doch Andreas Lubitz
hat 149 Menschen absichtlich getötet, die einfach nur das Pech hatten, an jenem Vormittag im Flieger
von Barcelona nach Düsseldorf zu
sitzen. Mit dieser irrationalen Tat
werden die Angehörigen nur
schlecht zurechtkommen.
Jetzt wird reflexartig sofort darüber diskutiert, wie man eine derartige Katastrophe künftig verhindern
kann. Die Antwort ist: Es lässt sich
nicht verhindern. Denn keine Technik, keine Sicherheitsvorkehrung,
kein Gesetz kann das Risiko Mensch
ausschalten.
Rechtmäßiger Gurlitt-Erbe
Das Kunstmuseum Bern ist nach
Ansicht des Amtsgerichtes München rechtmäßiger Erbe der Kunstsammlung von Cornelius Gurlitt.
Das Gericht lehnte den Antrag einer
Gurlitt-Cousine auf einen Erbschein ab.
»Feuilleton
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