Konzept der Montessori Waldgruppe

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Konzept der Montessori Waldgruppe
Das Kind soll in seiner Einzigartigkeit als Mensch anerkannt und geachtet werden.
Gliederung
Vorwort Montessori Würzburg
Vorwort Elterninitiative Naturkinder Würzburg
1. Maria Montessori
1.1 Das Menschenbild und die Pädagogik Montessoris
1.2 Der Lernprozess
1.3 Die Menschen im Montessori-Waldkindergarten
1.4 Das Erzieherbild bei Maria Montessori
1.5 Zur Arbeit mit dem Montessori-Material
1.6 Zum Freien Spiel
1.7 Angebote
2. Waldkindergarten
2.1 Geschichte der Waldkindergärten
2.2 Warum brauchen unsere Kinder Waldkindergärten?
2.3 Das Bild vom Kind
2.4 Die Rolle des Erziehenden
2.5 Örtlichkeit und Ausrüstung
3. Leitsatz
4 Die Eltern im Waldkindergarten
4.1 Elternmitarbeit
4.2 Elternhospitationen
5. Hospitationen
6. Eckdaten und Regeln
6.1 Öffnungszeiten
6.2 Bring- und Abholzeiten
6.3 Allgemeines
7. Tagesstruktur
8. Ausrüstung der Kinder im Wald
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Konzeption
Montessori – Waldkindergarten Würzburg
Der Montessori-Waldkindergarten ist als Außengruppe an das bestehende Kinderhaus in Würzburg
angegliedert. Dieses gehört zusammen mit der Krippe, der Grund- und Hauptschule, dem Hort und der
FOS
zu den
Einrichtungen
des
Montessori-Trägervereins
Würzburg
e.V..
Im
Montessori-
Waldkindergarten werden Kinder nach den Grundsätzen der Pädagogik Maria Montessoris und der
Naturpädagogik betreut.
„Kinder sind Baumeister ihrer selbst“
- im Wald wird die Individualität und die Achtung der
Persönlichkeit jedes Kindes großgeschrieben. Die freie Wahl des Materials überzeugt uns im Wald und
am Nachmittag bei der Arbeit mit dem Montessori-Material. Unsere Kinder lernen im Wald durch ihr
eigenes Tun aufgrund eigener Interessen, durch eigene Erfahrungen und in der Zeit, die für sie richtig ist
– genau so am Nachmittag.
„Hilf mir es selbst zu tun“ - der Erzieher passt sich dem Kind an, beobachtet vorallem und dient als
Vorbild, das dem Kind ermutigend begegnet. Die Kinder lernen durch immer wiederkehrendes
Probieren, ihre Grenzen zu erweitern und schöpfen daraus Selbstvertrauen, z.B. wenn sie es geschafft
haben einen bestimmten Baum zu erklimmen oder ihr Glas selbst einzuschenken. Hier begegnet der
Erzieher dem Kind mit Geduld und nimmt ihm nichts ab. Die Aufgabe der begleitenden Erwachsenen
besteht darin, geeignete Spielräume anzubieten und die Kinder mit Vertrauen in die Möglichkeiten ihrer
individuellen Entwicklung zu begleiten und zu fördern.
„Freispiel“ - Montessori und die Natur- bzw. Waldpädagogik geben den Kindern Zeit zum freien Spiel
und erachten dessen Wert als sehr hoch. Kinder kommen mit der Gabe des Spielens zur Welt, es hat als
Urbedürfnis einen sehr hohen Stellenwert in der Entwicklung des Menschen. Spiel bedeutet
Lebensaneignung, im Spiel erforscht das Kind seine Umgebung, be- und verarbeitet seine Eindrücke und
Erfahrungen und kommuniziert darüber mit Anderen. Im freien Spiel kann es üben, an seine
individuellen Grenzen zu gehen, im selbst gewählten Rollenspiel Verantwortung zu übernehmen,
Spannungen auszugleichen, Konflikte auszutragen, Geduld mit anderen zu haben. Hierbei entdeckt es
seine Anlagen und Interessen und entwickelt sich sozial, emotional, motorisch, sprachlich und
intellektuell. Das Spiel ist die elementare Form des Lernens, freies Spiel beinhaltet immer Lernprozesse,
aus Spielsituationen entstehen moderierte Lernaktivitäten .
„Lernen mit allen Sinnen“ oder „Sinnesschulung“: Im Wald werden gleich bei Betreten alle Sinne
angesprochen. Farben, Geräusche oder Stille, Gerüche, Berührungen regen den kindlichen Geist und
seine Phantasie an. Der Wald bietet eine Vielzahl an Bewegungsmöglichkeiten als auch die Chance,
verweilen zu können. Für Maria Montessori ist die Sinnestätigkeit entscheidend für die Entwicklung der
Persönlichkeit – um die Sinne gezielt zu schulen, entwickelte Montessori entsprechendes
Sinnesmaterial.
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1. Maria Montessori
Bereits um 1900 hatte Maria Montessori die zerstörerische Kraft der erzieherischen Deprivation (Entzug
von Liebe und Zuwendung) bei geistig-behinderten Kindern in einer psychiatrischen Klinik in Rom
beobachtet und beschrieben. Sie hat sich nicht mit der Erkenntnis und Bekanntgabe begnügt, sie hat sie
nicht nur medizinisch betreut, sondern Überlegungen angestellt, wie sie diese Kinder unterstützen
kann. Sie suchte nach entsprechender Literatur und wurde bei Jean Itard und Edouard Seguin fündig.
Die Materialien, die Itard und Seguin verwendeten, übernahm sie zum Teil und entwickelte neues
Material hinzu. Maria Montessori hatte die als nicht entwicklungsfähig geltenden Kinder zum Lesen,
Schreiben und Rechnen gebracht. Ihnen also die „Kulturtechniken“ nahegebracht und an die
Kulturgemeinschaft angeschlossen. Später hatte sie sich mit derselben Intensität dafür interessiert, ob
und wie ihre Pädagogik eines individuellen, selbständigen, sinnes- und handlungsintegrierenden
Lernens für nichtbehinderte, aber sozial benachteiligten Kindern im römischen Stadtteil San Lorenzo,
einem sozialen Brennpunkt, hilfreich sein könnte.
1.1. Das Menschenbild und die Pädagogik Montessoris
Montessori fasste ihre langjährigen akribischen Beobachtungen der Kinder und deren Arbeit mit dem
Material interessanterweise als „Technik der Liebe“ zusammen und übertrug sie danach auf die Arbeit
„mit allen Kindern“, wie sie es nannte. Der Ausdruck „Technik der Liebe“ verweist auf zweierlei, das ihr
wichtig gewesen sein muss: erstens auf präzise analytische wie empathische (sich in Andere hineinversetzen können) Beobachtungen der Kinder und zweitens auf soziale und emotionale Vorgänge in
ihnen. Maria Montessori nahm die geistigen Bedürfnisse der Kinder äußerst ernst – sie sprach vom
„geistigen Hunger“ der Kinder, sah sie aber in Wirklichkeit in einer Einheit verbunden mit den
physischen, emotionalen und sozialen Entwicklungsbedürfnissen. „Der Geist der Kinder muss sich tief
mit dem sozialen und praktischen Leben verbinden.“
Der Schlüssel zum Verständnis der Montessori-Pädagogik liegt in dem Menschenbild von Maria
Montessori, ihrem Verständnis der menschlichen Entwicklung und der Bedeutung, die der Umwelt im
Entwicklungsprozess zukommt.
Die italienische Ärztin und Pädagogin verstand den Menschen als Wesen, das von Anfang an mit einer
aktiv wirkenden geistigen Kraft ausgestattet ist, die seine Entwicklung vorantreibt. Die seelisch-geistige
Entwicklung des Kindes verläuft nach einem „inneren Bauplan“, den jeder Mensch in sich trägt.
Das Kind ist also „Baumeister seiner selbst“.
Es trägt somit jeder Mensch von Geburt an alle Möglichkeiten der Entfaltung bereits in sich. Seine
individuellen Eigenheiten ebenso wie seine Fähigkeiten zu lernen, die Schulung der Sinne und der
Bewegung sind in ihm angelegt –dementsprechend bieten wir jedem Kind – gemäß dem Stand seiner
Entwicklung – die individuellen Angebote, die es zum Vollzug seiner Entwicklung braucht: wir bieten
ihm die Vorbereitete Umgebung an.
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Dadurch kann es in Freier Arbeit, nach dem Grundsatz „Hilf mir es selbst zu Tun“ seine persönlichen
Fähig- und Fertigkeiten entwickeln.
Dies geschieht im Montessori-Waldkindergarten in gemeinschaftlichem Miteinander aller (Kinder,
ErzieherInnen und unter Einbeziehung der Eltern) unter besonderer Achtung des Kindes als solches.
1.2 Der Lernprozess
Maß allen unseres pädagogischen Handelns ist die höchstmögliche Achtung vor dem einzelnen Kind.
Dieses braucht zu seiner individuellen Entwicklung eine Gruppe, in der es aufgehoben ist, damit es
wichtige emotionale und soziale Lernerfahrungen machen kann. Es muss sich geborgen und zugehörig
fühlen. Nur wenn dies gewährleistet ist, wird es bereit sein, sich auch komplexen kognitiven
Lernprozessen zu öffnen. Dabei ist kognitives emotionales und soziales Lernen als eine Einheit zu sehen.
Zitat:
Es ist nicht unsere Aufgabe, dem Kind ein schnelles und zielbewusstes Arbeiten beizubringen. Schon ein
solcher Versuch wäre verlorene Liebesmühe. Ein Kind, das sich in der richtigen Umgebung ungestört
entwickelt, kommt ganz von selbst zu seiner Zeit dazu, zu arbeiten. Dieser Impuls, den man nicht
aufhalten, sondern höchstens auf einen falschen Weg bringen kann, ist für unsere Haltung dem Kind
gegenüber von fundamentaler Wichtigkeit. Wir müssen die spontanen Handlungen des Kindes nicht
belächeln, weil sie keinen Sinn für uns haben, sondern wir müssen sie als wichtige Äußerungen des
Wachstums betrachten.“
(Maria Montessori, Grundlagen meiner Pädagogik, Heidelberg 1985)
1.3 Die Menschen im Montessori -Waldkindergarten
Im Montessori – Waldkindergarten in Würzburg spielen, arbeiten und lernen Kinder mit
Erwachsenen in einer Gruppe zusammen.
Ein gemeinsames Leben und Lernen aller Kinder mit unterschiedlichen Fähig- und Fertigkeiten
bestimmt das alltägliche Geschehen im Montessori-Waldkindergarten
1.4 Das Erzieherbild bei Maria Montessori
Bei der Ausgestaltung einer anregenden, reichhaltigen vorbereiteten Umgebung im Kindergarten hat
sich der Effekt des Voneinander lernen deutlich gezeigt. Nach dem freien Aufenthalt im Wald am
Vormittag können die Kinder auch am Nachmittag während der täglichen Freiarbeit alleine oder
miteinander arbeiten, kommunizieren und in soziale Kontakte treten. Sie beobachten andere Kinder
und orientieren sich auch an ihnen. Sie nehmen ein Kind leichter als Vorbild an, als einen Erwachsenen.
Sie lernen Rücksicht zu nehmen und auch Hilfe zu geben. Sie lernen jeden respektvoll in seiner
Einzigartigkeit zu akzeptieren.
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Der Erziehende, der dafür die Voraussetzung schafft, ist hier der Helfer und Berater. Neben der
Freiarbeitsphase gibt es Phasen des gezielten Angebotes, in dem wir gemeinsam ein Thema er- und
bearbeiten.
Hier vermitteln wir situationsorientiert und kindgerecht durch vielfältige Angebote (z.B. im musischen,
handwerklichen, gestalterischen, kulturellen Bereich, Ansprechen der verschiedenen Sinne oder
anderen Techniken) anschaulich und nachvollziehbar für die Kinder einen Inhalt.
Wir bewegen uns und feiern gemeinsam und auch in der Ruhephase sind wir beisammen und lernen
mit – und voneinander. Geduld und gezielte, einfühlsame Beobachtung spielen in allen Phasen eine
große Rolle.
Der Erziehende bleibt als Beobachter im Hintergrund. Geduld und ein liebevoller Umgang zeichnen die
Beziehung des Erwachsenen zum Kind aus.
Aus Ihren Beobachtungen definierte Maria Montessori die Rolle von Erziehern und Lehrern neu: Im
Selbstbildungsprozess des Kindes soll der Pädagoge Helfer des Aufbaus sein; getreu dem Motto „Hilf
mir, es selbst zu tun.“ Sie zog daraus folgende Konsequenzen für den Erziehenden:
Er muss
• eine vorbereitete Umgebung schaffen und pflegen, die an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet
ist.
• Die freie Wahl der Arbeit ermöglichen;
• Selbsttätigkeit und handelndes Lernen fördern;
• Störungen vom arbeitenden Kind fernhalten
• Den jeweiligen Lernrhytmus achten;
• Bewegungsraum schaffen;
• Helfer und Beobachter des Kindes sein.
In der Montessori-Pädagogik ist der Erwachsene nicht Motor des Erziehungsprozesses, sondern Gehilfe
im Selbstaufbauprozess des Kindes.
Die Betreuer begleiten die Kinder, nehmen Bedürfnisse der Kinder wahr und unterstützen sie wenn
nötig bei der Durchführung ihrer Aktionen.
Dies ist geprägt von Respekt und Achtung gegenüber dem Kind. Die Grundeinstellung des respektvollen
und achtsamen Umgangs mit dem Kind basiert natürlich auch auf denselben Verhaltensregeln
gegenüber Eltern, Team und sich selbst. Die Erzieher sprechen mit den Eltern über Beobachtungen und
über konkrete Verhaltensweisen. Dass Einverständnis der Eltern mit den Zielen und dem erzieherischen
Vorgehe ist Voraussetzung für ein vertrauensvolles Miteinander.
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1.5 Zur Arbeit mit dem Montessori-Material
Das Material gliedert sich in fünf Bereiche:
Übungen des täglichen Lebens
Sinnesmaterial
Sprachmaterial
Kosmische Erziehung
Mathematikmaterial
Das Kind wird in die verschiedenen Materialbereiche eingeführt.
Die Kinder bekommen die Möglichkeit, Material selbst auszuwählen und die Dauer der Beschäftigung zu
bestimmen. Das angebotene Material muss ihren individuellen Bedürfnissen und ihrem
Entwicklungsstand entsprechen. Wichtig ist dabei, dass die Kinder gerne an das Material gehen und
Spaß am Tun und Ausprobieren haben.
Die Hauptaufgabe der Materialarbeit ist die Polarisation der Aufmerksamkeit als höchste Stufe
kindlicher Konzentration.
Dem Kind wird das Prinzip der Ordnung vermittelt.
1.6 Zum Freien Spiel
Das freie Spiel, das vorwiegend am Vormittag im Wald stattfindet, ist für die gesamte Entwicklung des
Kindes überaus bedeutsam. Es ermöglicht ihm, Alltagssituationen, Erlebnisse und Konflikte zu
verarbeiten, seine kreativen und phantasievollen Komponenten zu entwickeln und Gemeinschaft mit
Anderen zu finden.
Im Wald können folgende Beschäftigungsmöglichkeiten wahrgenommen werden:
• Werk- und Kreativbereich (Werkbank im Garten)
• Bewegungsbereiche im Wald schaffen, Bäume zum Klettern, Balancieren oder Wippen
• ein Gruppenraum mit den verschiedenen Montessori-Materialien, Tischen und Teppichen
• Mal- und Bastelbereich im Bauwagen oder Hütte
• Leseecke im Bauwagen oder einem gemütlichen Sitzbereich im Freien
1.7 Angebote
Angebote in Form von Einzelbeschäftigungen, Gruppenarbeiten oder längeren Projekten werden von
den Erziehenden und/oder aus Vorschlägen und Ideen der Kinder entwickelt.
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2. Waldkindergarten
2.1Geschichte der Waldkindergärten
Ihre Anfänge haben die Waldkindergärten in Schweden, wo es schon Ende des 19. Jahrhunderts
„Freiluft“-Organisationen gab, die naturpädagogische Aktivitäten für alle Altersstufen anboten und Mitte
der 50er Jahre eine Gruppe für Vorschulkinder ins Leben riefen. Das schwedische Beispiel zog zunächst
seine Kreise nach Dänemark, wo Ella Flatau erst mit ihren eigenen, dann auch mit Kindern aus der
Nachbarschaft in den Wald zog. Die daraufhin entstandene Elterninitiative gründete den ersten
Waldkindergarten.
Erst 1993 eröffnete der erste staatlich anerkannte Waldkindergarten in Flensburg, nachdem sich die
Erzieherinnen Jebsen und Jäger über das dänische Modell schlau gemacht, in Dänemark hospitiert und
ein Konzept erstellt hatten. 1999 wurde der „Landesverband der Natur- und Waldkindergärten in
Bayern e.V.“ in Augsburg gegründet.
Heute gibt es etwa 800 Waldkindergärten in Deutschland.
2.2 Warum brauchen unsere Kinder Waldkindergärten?
In Zeiten zunehmender Umweltzerstörung und einem Voranschreiten der Verknappung von Ressourcen
brauchen wir Menschen, die die Natur kennen, achten und lieben wie ihr Zuhause. Denen ein
Miteinander von Mensch und Natur so am Herzen liegt, dass sie sich für ein funktionierendes
Weiterbestehen einsetzen. Waldkinder lernen durch das intensive Erleben der Jahreszeiten den
Lebenskreislauf kennen und lernen, mit ihm zu leben. Sie entwickeln eine grundsätzliche Ehrfurcht vor
dem Leben. Die Natur schenkt ihnen Raum und Material zum Spielen, Zeit und Ruhe. Sie setzt ihnen
natürliche Grenzen und schreibt ihnen wenig vor. Sie lässt unsere Kinder so sein wie sie sind. Das ist
Grund genug, die Natur zu lieben und zu schätzen wie einen Freund – den man wiederum schützen
möchte.
Der vorherrschende Leistungsdruck in unserer Gesellschaft schreckt auch vor unseren Kindern nicht
zurück. Unser Land ist angewiesen auf die einzige Ressource, die es wettbewerbstauglich macht – knowhow, gut ausgebildete Menschen, Kreative, Macher. Deswegen wird gefördert, was das Zeug hält:
Englisch hier, musikalische Frühförderung, Ballett und Fußball dort. Es ist jedoch wissenschaftlich
bewiesen, dass gerade das freie Spiel viele Kompetenzen weckt und vorantreibt. Das (Frei-) Spiel birgt
so viele Lernerfahrungen, weil es aus dem inneren Antrieb des Kindes heraus entsteht, Freude bereitet
und nicht von außen aufgezwungen wird.
Im Wald wird den Kindern Raum und Zeit zum Spielen mit Naturmaterialien gegeben - miteinander,
aber auch alleine. Nach der „Urspiel“-Theorie von Naturpädagoge R. Hettich sind das kleine Kind und
die Natur eins, das Kind schöpft aus dieser Einheit mit der Natur. Kinder kommen als Spielexperten zur
Welt und spielen in den ersten sieben Lebensjahren mit dem ganzen Wesen – Seele – Geist – Körper.
Diese Lebensphase der Ganzheit und des Urspiels kann nicht mehr nachgeholt werden, deshalb ist es
für den Spielbegleiter umso wichtiger, den Raum dafür zu geben. Je einfacher die Spielräume und das
Materialien, umso kreativer wird das Spiel sein, je natürlicher die Spielmaterialien, desto natürlicher
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wird das Kind wachsen. Das Kind ist in der Natur immer tätig und jede Tätigkeit hat ihren Sinn. Kind und
Natur leben immer im Hier und Jetzt.
Unser Leben in der heutigen Zeit weist eine große Abhängigkeit von Medien auf. Kaum jemand verlässt
das Haus noch ohne Handy- sogar zuhause bleibt dieses oft an. Wir können schnell kommunizieren und
Kontakte zu vielen Freunden und Bekannten gleichzeitig haben. Es gibt kaum jemanden, der dies nicht
schon als Segen, aber auch als Fluch empfunden hat. Auch unsere Kinder bekommen diese
Erreichbarkeit tagtäglich mit. Sie spüren, dass ihre Eltern oder andere Menschen in ihrer Umgebung
„unter Strom“ stehen und können dann selbst oftmals nicht abschalten.
Wir brauchen daher dringend Entschleunigung in unserer Gesellschaft, um einem allumfassenden
„Burn-out“ zu entgehen. Der Aufenthalt der Kinder im Wald gibt ihnen die Möglichkeit, genau dieses zu
tun: nämlich zu lernen, Ruhe einkehren zu lassen und sich im späteren Leben darauf zu besinnen. Sie
können ihren eigenen Rhythmus wiederfinden und haben Zeit zum „Versinken“ in eine Aktivität. Das
Vorhandensein von Unmengen von Spielzeug kann zu einer Reizüberflutung unserer Kinder führen.
Diese lässt sie unruhig und ängstlich werden. Viele Kinder sind dann auch nicht in der Lage, sich
ausdauernd auf eine begonnene Aktivität zu konzentrieren.
Im Wald spielen die Kinder mit natürlichem Spielmaterial, sie kommen ganz zu sich selbst. Ihrer
Phantasie und ihrem Schaffensdrang sind beinahe keine Grenzen gesetzt. Die Erfahrungen, die die
Kinder durch den Umgang mit Naturmaterialien und den Tieren im Wald machen (z.B. schnitzen,
klettern, balancieren, beobachten) fördern ihr Körperbewusstsein und entfalten vielfältige
Wahrnehmungs -und Bewegungsfähigkeiten.
Der ganzjährige Aufenthalt im Freien über mehrere Stunden unterstützt die körperliche und seelische
Gesundheit der Kinder. Im Wald probieren die Kinder sich und ihren Körper ständig aus, erfahren
Grenzen und erweitern diese. Sie lernen auf ihre Körpersignale zu hören. Dies stärkt Ausdauer,
Koordination, Beweglichkeit, Gleichgewichtssinn, Raum-Lage-Verständnis und Kraft.
2.3 Das Bild vom Kind
Es liegt ein Menschenbild zugrunde, das von der Vorstellung vom Kind als Mängelwesen Abstand nimmt
und Kindheit als eigene Daseinsform betrachtet. Kinder haben eigene Ausdrucksformen, eigene
Empfindungen, ein eigenes Zeit- und Raumgefühl, eigene Konfliktlösungsstrategien, ein eigenes
Bedürfnis nach Unabhängigkeit ebenso wie nach Sicherheit und Orientierung.
Jedes Kind weiß von Anfang an, was es gerade braucht und was für seine Entwicklung gut und förderlich
ist. Kinder haben einen eigenen Bezug zur Natur. Daher wird in der Pädagogik des Waldkindergartens
die Naturbegegnung als zentrales Element betrachtet.
Die Pädagogik im Waldkindergarten ist ganzheitlich orientiert. Wenn ein Kind lernt, dann lernt immer
das ganze Kind, mit allen Sinnen, Emotionen, Erfahrungen, geistigen Fähigkeiten und Ausdrucksformen.
Entscheidend für nachhaltiges Lernen ist zudem, dass Kinder die Möglichkeit haben eigenaktiv und
selbstständig lernen zu können, dass sie eigenen Ideen und Interessen nachgehen können, dass sie
Fehler machen dürfen, dass sie selbst Entdeckungen machen können und eigenständig Antworten auf
ihre Fragen finden dürfen. Hier kommt folgender Grundsatz von Konfuzius zum Tragen: „Zeige mir und
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ich erinnere. Lass es mich selbst tun und ich verstehe.“ Des Weiteren sind für Kinder gemeinsame
Aktivitäten mit anderen Kindern und Erwachsenen von großer Bedeutung. Kinder konstruieren ihr
Weltverständnis vorrangig dadurch, dass sie sich über Dinge mit Anderen austauschen und deren
Bedeutung und Sinngebung verhandeln. Gemeinsame Aufgaben- und Problemlösung und der
kommunikative Austausch, der hierbei stattfindet, sind wichtig. Bei gemeinsamen Aktivitäten können
die Kinder sich selbst und die Welt schrittweise kennen und verstehen lernen. Kinder lernen demnach
viel von anderen Kindern und auch die Vorbildwirkung von Erwachsenen ist entscheidend. Im
Bildungsgeschehen nehmen Kinder also eine aktive Gestalterrolle bei ihren Lernprozessen ein, sie sind
Akteure mit eigenen Gestaltungsmöglichkeiten.
2.4 Die Rolle des Erziehenden
Der Erziehende ist Begleiter im Sinne eines teilnehmenden Beobachters. Getragen vom Wunsch, die
Kinder zu verstehen, ihre Interessen und subjektiven Bewältigungsformen wahr- und anzunehmen,
begleitet er sie in der Bereitschaft, Zeit und Zuwendung zu geben, wenn ein Kind dies braucht.
Gemeinsam mit den Kindern werden die täglichen Waldplätze ausgesucht und Antworten auf die
auftretenden Fragen zur Flora und Fauna gesucht. Der Erziehende arbeitet meist situationsorientiert
und lässt sich von der Persönlichkeit der Kinder leiten. Er möchte die Erkundungsbereitschaft der Kinder
nicht steigern, sondern im individuellen Fall Hilfestellung leisten. Die Kinder sollen Schwierigkeiten
möglichst selbst oder zusammen mit dem Erziehenden aus dem Weg räumen – dies stärkt das
Vertrauen in die eigenen Kompetenzen. So entsteht ein festes Zusammengehörigkeitsgefühl,
gegenseitige Verlässlichkeit und eine Atmosphäre der Ruhe, die Gelegenheit zur Kommunikation und
zum Gedankenaustausch bietet.
Der Erziehende soll im Umgang mit der Natur als Vorbild dienen, jedoch nicht den moralischen
Zeigefinger hebend, sondern durch den Ausdruck seiner Werte und Gefühle zur Natur.
2.5 Örtlichkeit und Ausrüstung
Das Gebiet unseres Montessori-Waldkindergartens befindet sich im Hinteren Steinbachtal. Dort werden
verschiedene feste Waldplätze angelaufen. Als Schutz bei extremen Witterungsverhältnissen und als
Startpunkt soll uns ein beheizbarer Bauwagen / eine beheizbare Hütte auf dem Gelände der
Erlöserschwestern im Steinbachtal dienen. Um unser Wasser, Erste-Hilfe-Kasten, Bestimmungsbücher
und andere Materialien transportieren zu können, werden wir einen Bollerwagen haben. Welche
Ausrüstung Ihr Kind im Waldkindergarten benötigt, finden Sie im Anhang.
3. Leitsatz
Das Kind soll in seiner Einzigartigkeit als Mensch anerkannt und geachtet werden.
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4. Eltern in der Montessori-Waldgruppe
Oberstes Ziel unserer Zusammenarbeit mit allen Eltern ist eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens,
die es den Beteiligten ermöglicht, offen alle anstehenden Erziehungs- und sonstige Fragen klären zu
können und das gemeinsame Leben und Lernen im Kinderhaus zu fördern.
Regelmäßiger Austausch zwischen Eltern und ErzieherInnen
ist notwendig zur Abklärung der gemeinsamen Erziehungsarbeit:
• Gegenseitiger Austausch über das Verhalten des Kindes im Eltern- und Kinderhaus
• Absprache bei besonderen Vorhaben
Ist möglich durch:
• regelmäßige Elternabende
• Elterngespräche nach Bedarf
4.1 Elternmitarbeit
• Im organisatorischen Bereich
• Mitwirkung bei Gruppenaktivitäten, Festen und Veranstaltungen
• im Wald besonders notwendig zur Entlastung der Erzieher:
täglich in den Wintermonaten : im Wechsel den Wasserkanister aufgefüllt mitbringen (
wöchentlich: den am Ende der Woche angefallenen Müll mitnehmen und zu Hause entsorgen
sowie die Handtücher waschen
wöchentlich/monatlich?: den Bauwagen oder die Hütte putzen, die mit dem Forstamt vereinbarten
Aufgaben zur Verkehrssicherung erledigen (Sicherheit im Wald)
bei Bedarf: evtl. eine Wiese mähen, Holz machen, den Bauwagen instandhalten
Elterninformation: u.a. über Montessori-Waldkindergarten-Info und Aushang
Elternvertretung: wird (entspr. Bayr. Kiga-Gesetz) jährlich für ein Kindergartenjahr gewählt und hat
beratende Funktion. Es gibt 3 Elternbeiräte und 3 StellvertreterInnen.
4.2 Elternhospitationen
Sind als Möglichkeit, umfassenden Einblick in die Arbeit im Montessori-Waldkindergarten zu
bekommen, sehr erwünscht, und nach Terminabsprache von Januar bis Mai möglich.
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5. Hospitationen
Nachdem der Montessori – Waldkindergarten Würzburg eine von nur wenigen Einrichtungen dieser Art
im weiteren Umkreis darstellt, steht es in der besonderen Verpflichtung, für
Praktika und Hospitationen (Montessori-Ausbildung)
zur Verfügung zu stehen.
Zur Vermeidung von Belastungen im pädagogischen Alltag, trifft das Personal-Team entsprechende
Regelungen, zur Einschränkung hinsichtlich Anzahl und Zeitraum nach der jeweiligen aktuellen
Gruppensituation.
6. Eckdaten und Regeln
Die Gesichtspunkte von Maria Montessori und naturpädagogisches Denken sind elementare
Bestandteile unseres täglichen pädagogischen Handelns.
Wir gestalten und leben gemeinsam mit den Kindern unseren Alltag nach diesen Prinzipien.
Ergänzend haben wir die wichtigsten Eckdaten und Regeln für Sie zusammengefasst.
6.1 Öffnungszeiten: Mo. bis Do. 7.30 Uhr bis 15.00 Uhr
Fr. 7.30 Uhr bis 14.00 Uhr
6.2 Bring- und Abholzeiten
• Bis 9.00 Uhr, bitte einhalten (Bauwagen wird dann abgeschlossen)
• Bei Verspätungen aus besonderem Anlass (z.B. Arzttermin o.ä.) rechtzeitig anrufen
• Kinder spielfertig bei einer pädagogischen Fachkraft abgeben
• In der Eingewöhnungszeit (September-Dezember) werden die Bringzeiten individuell auf Eltern und
Kind abgestimmt.
• Tür und Angelgespräche sind erwünscht
• Von 13.00 Uhr bis 13.30 und von 14.30 Uhr bis 15.00 Uhr (Mo-Do)
• Freitags von 13.00 Uhr bis 14.00
• Beim Abholen sollen Kleider und Schuhe aufgeräumt werden, die Garderobenordnung liegt im
Aufgabenbereich der Eltern. Bilder, Spielsachen und Essensbehälter bitte mit nach Hause nehmen.
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6.3 Allgemein
• Elterngespräche : Nach Wunsch, bitte in die aushängende Terminliste eintragen. Bei aktuellem Anlass
bitte kurzfristig auf uns zukommen.
• Hospitationen sind sehr erwünscht und ab Januar möglich.
• Spielsachen mitbringen ist auf eine Sache beschränkt, und werden am gleichen Tag wieder mit nach
Hause genommen, außerdem sollen sie von anderen Kindern mitbenutzt werden dürfen.
• Mitbringen von Süßigkeiten: Pures Zuckerwerk (Bonbons, Schokolade etc.) ist auf Ausnahmen (Feiern)
zu begrenzen.
7.Tagesstruktur
Von 7.30 bis 9.00 Uhr ist Bringzeit an den Bauwagen
Um 9.00 Uhr laufen die Kinder und die ErzieherInnen gemeinsam zum Waldplatz, wo im Anschluss ein
gemeinsamer Morgenkreis stattfindet. Hier werden die Kinder durchgezählt, das Datum besprochen,
gesungen, eine Übung der Stille durchgeführt und/ oder ein naturpädagogisches Thema besprochen
(beispielhafte Auswahl).
Im Anschluss haben die Kinder Zeit, frei zu spielen. Es werden beispielsweise Zwergenhäuser gebaut,
mit Matsch und Blättern leckere Suppen gekocht, Matschkugeln gerollt oder Prinzessin und Pirat
gespielt. Wer möchte, kann an einem offenem Angebot teilnehmen – hier wird z.B. gemeinsam
geschnitzt, ein Insektenhotel gebaut, Blumenkränze gebastelt, geturnt oder sich auf die Spuren der
Tiere begeben.
Um ca. 10 – 10.30 Uhr setzen wir uns zur gemeinsamen Brotzeit ins Waldsofa. Dazu waschen wir zuvor
unsere Hände mit Lavaerde und frisch mitgebrachtem Wasser aus dem Kanister.
Von 10.30 bis ca. 12 Uhr können die Kinder weiter matschen, spielen, basteln, werkeln...
Es ist nochmals Zeit für freies Spiel oder für die Weiterführung des offenen Angebots.
Anschließend laufen alle gemeinsam zurück zum Bauwagen.
Von 12.30 bis 13.30 Uhr gibt es ein gemeinsames Mittagessen im Bauwagen auf dem Areal der
Erlöserschwestern.
Von 13.30 bis 15.00 Uhr findet die Freiarbeit im Bauwagen mit den Montessori-Materialien statt.
8.Ausrüstung der Kinder im Wald
Die wichtigste Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf ist eine geeignete, bequeme und
wetterfeste Kleidung, die der jeweiligen Witterung und Jahreszeit angepasst ist. Ein mittlerweile
reichliches
Angebot
an
guter
Wetterbekleidung
erleichtert
dies.
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Außerdem sind die Kinder ausgerüstet mit einem Rucksack mit Isomatte, einer kräftigen Brotzeit und
einer Tasse oder Trinkflasche für Wasser oder warmen Tee. Ergänzt wird das Ganze durch die
Ausrüstung, die die ErzieherInnen mit sich führen. Im Bollerwagen befindet sich:
•Wasserkanister und Lavaerde (ein biologisch abbaubarer Seifenersatz) oder Out-door-Seife
•Toilettenpapier und eine kleine Schaufel
•Erste-Hilfe-Ausrüstung
•Handy
•Handtuch und Ersatzkleidung
•Lupe, Feldstecher, Fotoapparat
•Schnüre, Werkzeug, Taschenmesser
•Bestimmungsbücher und sonstigen Arbeitsmaterialen
Risiken und Gefahren im Wald
Unfallrisiken
Die Unfallrisiken im Wald sind - entgegen mancher Befürchtungen und Annnahmen – nicht höher als in
jedem anderen Kindergarten. Die Einhaltung von Regeln hilft, Unfälle zu vermeiden. Das Team kennt die
Gegebenheiten des Waldgeländes genau, um das Gefahrenpotential gut einschätzen zu können
Zecken
Das Tragen einer Kopfbedeckung, langer Hosen und langärmeliger Oberbekleidung hat sich bewährt. Es
wird den Eltern empfohlen, die Kinder nach der Rückkehr aus dem Wald nach Zecken abzusuchen. Die
Entscheidung über eine etwaige Impfung liegt im alleinigen Ermessen der Eltern (Würzburg zählt zu den
offiziellen FSME-Risikogebieten).
Fuchsbandwurm
Der Verzehr roher Waldfrüchte ist grundsätzlich nicht erlaubt. Alternativ können die Beeren und Früchte
gemeinsam mit den Kindern gekocht werden.
Hantaviren
als Vorsorgemaßnahme ist der Kontakt zu Mäusen und deren Ausscheidung zu meiden
Auf gründliche Händehygiene ist zu achten.
Keine Abfalllagerung im Bereich des Bauwagens.
Bei Holzarbeiten bzw. bei Umschichten von Scheitholz besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko.
Hygiene
Handwaschwasser und Lavaerde werden täglich mitgeführt, vor der Brotzeit werden generell die Hände
gewaschen. Die Kinder nutzen einen bestimmten Toilettenplatz, Toilettenpapier und Schaufel stehen zur
Verfügung. Das pädagogische Personal gibt den Kindern Anleitung und Hilfestellung.
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