Schaufenster Kultur.Region November 2014

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Schaufenster Kultur.Region November 2014
Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . November 2014
schaufenster
KULTUR.REGION
Die Volksgesangsmessen
Musik / Jugendjazzorchester Niederösterreich . Volksliedarchiv / Kriegs- und Soldatenlieder
P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295
Museumsdorf Niedersulz / Wintergemüse
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EinBlick / 3
Mehr als nur Tugenden:
QUALITÄT & REDLICHKEIT!
Im Wettbewerb um Aufmerksamkeit
kann es schon passieren, dass Grenzen überschritten
werden. Da empfiehlt es sich, rechtzeitig die ResetTaste zu drücken, anzuhalten und Vernunft
einkehren zu lassen.
Förderungen der öffentlichen Hand sind nicht selten Zielscheibe für
Kritik. In der Sache selbst sollte es aber, wie so oft im Leben, um eine
differenzierte Betrachtungsweise gehen. Gar nicht so selten erweist
sich das Kritisieren nämlich als oberflächlich, ideologisch motiviert
oder bloß befindlich im Sinne eitler Selbstdarstellung. Da passiert es,
dass aufgeplustert und herablassend über etwas so Unglaubliches wie
eine Förderung der Anschaffung von Trachten berichtet wird. Na
sowas. Dazu und völlig unaufgeregt die Fakten: Setzt man die
Gesamtausgaben, wie sie im jüngsten Kulturbericht des Landes Niederösterreich dargestellt sind, mit den Förderungen für Trachten
einschließlich der Förderung von Herstellungs-Workshops in Beziehung, dann ergibt dies für diese einen Anteil von 0,018 Prozent. Die
Effekte daraus sind nicht nur ideeller, sondern auch nachweislich
wirtschaftlicher Natur, aber das wissen bereits Anfänger im Fach
Volkswirtschaftslehre.
Mag es also das eine oder andere Mal bloß darum gehen, konkrete
Fördermaßnahmen madig zu machen, gibt es auch Steigerungen auf
der nach oben leider offenen Skala an Bosheiten, Gemeinheiten oder
Intrigen. Kennen wir nicht alle Geschichten, die in vorgegaukelter
Vertraulichkeit so oder so ähnlich beginnen: Da habe eine Arbeitskollegin erzählt, sie habe von einem Bekannten erfahren, jemand
Bestimmter hätte dieses oder jenes gesagt oder getan! Solche Gerüchte spielen auf Verwerfliches, Unmoralisches oder gar Verbotenes an
und verbreiten sich wie ein Lauffeuer. Das Ziel derartiger Kampagnen
der Niedertracht ist wohl klar: die Beschädigung von Menschen und
das Andichten irgendwelcher Makel. Zwar lehrt uns die Geschichte,
dass die Wahrheit letztendlich immer ans Licht kommt, leider aber
oft erst sehr spät.
Es ist schon klar, dass die vielen Sendungen, Druckwerke und sozialen Medien mit Bildern, Zeichen, Buchstaben und Gezwitscher
gefüllt werden wollen, doch sollte dabei nicht ganz auf Tugenden wie
Redlichkeit und Qualität vergessen werden. Aber vielleicht ist es
wirklich so, dass es manchen zu gut geht. Wer ohne existenzielle Not,
ohne Hunger, Kriege und Vertreibung oder ohne Krankheit leben
kann, müsste sich doch glücklich schätzen. Woher kommt also die
Freude daran, andere zu sekkieren, ganz nach dem Motto: Was interessiert mich die Welt, Hauptsache ist, dem Nachbarn geht’s schlechter als mir. Das kann es doch nicht sein! Gleich einem Seismograf
gesellschaftlicher Entwicklungen muss engagierte Kulturarbeit reagieren, solchen Tendenzen entgegentreten und jeder Form einer
vorgetäuschten oder verbogenen Realität den Spiegel vorhalten.
Dorli Draxler, Edgar Niemeczek
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Top-Termine / 4
November/Dezember 2014
TOP-TERMINE
MARTINILOBEN
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So, 9. 11. 2014, ab 10.00 Uhr
Brandlhof, 3710 Radlbrunn 24
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Bereits zum fünften Mal laden die Volkskultur Niederösterreich gemeinsam
mit weingueter-weinviertel.at zum
Martiniloben in den Brandlhof ein. Der
Tag beginnt mit einer Feldmesse im
stimmungsvollen Ambiente des Hofs
um 10.00 Uhr. Anschließend stellen die
Winzer den Jungen 2014er vor und bei
der Weinsegnung übernimmt Elisabeth
Pröll, Präsidentin von „Hilfe im eigenen
Land – Katastrophenhilfe Österreich“, die
Weinpatenschaft. Neun Doppelmagnumflaschen, gefüllt mit den besten Weinen
der teilnehmenden Winzerhöfe, mit einer
Weinetikette von Karl Korab werden zu
Gunsten der Hilfsorganisation an diesem
Tag verlost. Entweder mit einer kräftigen
Ganslsuppe oder mit einem Martinigansl aus dem historischen Backofen des
Brandlhofs mit Weinbegleitung klingt das
Martiniloben aus.
Wie im Vorjahr wird der Reinerlös der
Veranstaltung der Organisation „Hilfe im
eigenen Land – Katastrophenhilfe Österreich“ zur Verfügung gestellt.
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Information
Tel. 02956 81222
www.volkskulturnoe.at/brandlhof
JUGENDSINFONIEORCHESTER
NIEDERÖSTERREICH
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So, 16. 11. 2014, 17.00 Uhr
Haus der Musik, 3484 Grafenwörth
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Man nehme 80 der besten Musikschülerinnen und Musikschüler des Landes,
eine Handvoll erfahrener Dozentinnen
und Dozenten aus den Reihen des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich und
Martin Braun als Dirigenten – und fertig
ist das größte Jugendorchesterprojekt
Niederösterreichs. Wer das Jugendsinfonieorchester Niederösterreich live erleben
will, hat am 16. November Gelegenheit
dazu. Auf dem Programm stehen Werke
von A. Borodin, P. I. Tschaikowsky und
J. Strauß Sohn.
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Karten
Gemeindeamt Grafenwörth
Tel. 02738 2212
[email protected]
Information
Musikschulmanagement Niederösterreich
Tel. 0664 84 85 368
[email protected]
www.musikschulmanagement.at
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
NIEDERÖSTERREICHISCHES
ADVENTSINGEN
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So, 7. / Mo, 8. 12. 2014, 19.00 Uhr
Auditorium Grafenegg
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Einige der besten Gesangs- und Instrumentalensembles aus Niederösterreich
lassen das Auditorium Grafenegg mit
stimmungsvollen Liedern, weihnachtlichen
Weisen und besinnlichen Lesungen erklingen. Für heitere und auch besinnliche Zwischentöne sorgt die beliebte Schauspielerin
Chris Pichler.
Musik: Mostviertler BlechMusikanten,
Chor der Chorszene Niederösterreich,
Familienmusik Six, Saitnvakehrt,
Scheibbser3er.
Mit der Konzertkarte erhalten Sie am
Konzerttag einmalig freien Eintritt zum
Grafenegger Advent.
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Karten
Tel. 02735 5500 bzw. 01 5868383
[email protected]
www.grafenegg.com
Inhalt / 5
September 2014
INHALT
Interview
Eva Rossmann
6 /
Weinviertel
Die Geggis –
23 /
ein Kindermusical
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Haus der Regionen
Mostviertel
Jagdhornensemble
8 /
Große Stimmen
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Kamingespräche
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24 /
10 / Prof. Timo Heimerdinger
über Gefühle
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Bräuche
Rund um den hl. Martin
12 /
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Musikschulen
Jugendjazzorchester
Windhag
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Waldviertel
Eine Novembergeschichte
26 /
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Lebenswerk
29 / Ernst Schandl –
Musiker und Komponist
14 /
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Volksliedarchiv
Singen an der Front
Musik
Jazzszene in
16 /
Niederösterreich
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NÖ Kreativakademie
18 / Zehn Jahre Malakademie
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Chorszene NÖ
Die „Volksmessen“
20 /
von Haydn und Schubert
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Singen
Zu Leopoldi und Barbara
22 /
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30 /
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Auslage
Bücher, CDs & feine Ware
32 /
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Ferrum Ybbsitz
Die schwarze Gräfin
40 /
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41 /
Museumsdorf Niedersulz
Kraut & Rüben –
das Wintergemüse
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Essay
25 Jahre Fall des
44 /
Eisernen Vorhangs
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Kultur.Region
46 / Fortbildung
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Kultur.Region
47 / Intern &
Zwischen Himmel und Erde
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Kultur.Region
und Kulturinitiativen
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Weiterbildung
Kulturvermittlungs-
36 /
Hainfeld Museum
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NÖ Kulturpreise 2014
34 / Die Preisträger Volkskultur
38 / Neueröffnung
48 / Nachschau
50 / Die letzte Seite
und Kustodenlehrgang
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IMPRESSUM
Herausgeber: Prof. Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger, Mag. Marion Helmhart, Markus Kiesenhofer, MA, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Mag. Dr. Jürgen Nemec, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Andreas Teufl, Michaela Toifl, Mag. Ulrike
Vitovec, Mag. Eva Zeindl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Mag. Doris Buchmann, Dr. Peter Gretzel, Mag. Alexandra Eichenauer-Knoll, Dr. Franz Oswald, Peter
Planyavsky, Silvia Reiß, MA, Mag. Hildegard Schandl, Josef Schick, Dr. Helga Maria Wolf, Mag. Gottfried Zawichowsky.
Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart.
Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, [email protected],
www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Mag. Dr. Harald Froschauer. Sekretariat: Tina Schmid, Carina Stadler.
Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH.
Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434.
Copyrights: Kultur.Region.Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv der Volkskultur Niederösterreich GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und Kultur und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland Niederösterreich, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise.
Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise
auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln.
Cover: atelier olschinsky
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Interview / 6
Eva Rossmann
IM LEBEN GIBT’S
GENUG MÖRDERISCHES
Eva Rossmann, Krimiautorin und Köchin, über ihren bunten Lebensweg, das Leben im Weinviertel
und das Kochen im Gasthaus „Zur alten Schule“.
für meine Krimis. Es geht immer um ein
kleines Stück Welt und ein kleines Stück
unserer Gesellschaft. Dazu erfinde ich die
Handlung und spitze sie auf ’s Äußerste – auf
Leben und Tod – zu. Dabei muss es in Krimis nicht immer um Tod gehen, denn es gibt
auch im Leben genug Mörderisches. Ich
habe einen Krimi geschrieben, in dem es
tatsächlich keinen Toten gibt.
Wird die Reihe mit der Hauptfigur
Mira Valenksy fortgesetzt?
Rossmann: Solange mir Geschichten einfallen, die zu den Figuren passen, und solange
ich finde, dass ich in diesem Format etwas
erzählen kann, so lange mach ich’s. Was mir
dabei wichtig ist, ist die Sprache. Krimi ist
ein Genre, in dem teilweise zu wenig auf die
Sprache geachtet wird. Ich erzähle auch
straight, aber ich setzte mich mit der Sprache auseinander.
„Dabei muss es in Krimis nicht immer um Tod gehen, denn es gibt auch im Leben genug Mörderisches.“
Frau Rossmann, Gratulation zum Wiener
Krimipreis. Sie waren neben Größen der
österreichischen Krimiszene wie Stefan
Slupetzky oder Anne Goldmann nominiert.
Wie halten Sie es mit Preisen? Schmeicheln
sie oder muss man sie annehmen?
Rossmann: Natürlich schmeicheln Preise
und tun der Seele gut. Allerdings halte ich
nichts von Rankings, bei denen Autorinnen
und Autoren gereiht werden.
Sie sind eine Vielschreiberin, sie waren Journalistin und Autorin von Fachbüchern.
„Alles Rot“ ist Ihr aktueller Kriminalroman.
Sie haben einmal gesagt, dass Sie sich nun
gönnen, einen Krimi zu schreiben. Was
bedeutet Ihnen das Krimigenre?
Rossmann: Ich habe mir jetzt schon 16 Krimis gegönnt! Ich halte den Kriminalroman
für ein sehr schönes Format. Er verbindet
Journalistisches mit der Möglichkeit, eine
Geschichte zu erzählen. Ich recherchiere viel
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Sie sind Juristin, Köchin, Künstlerin. Wie ist
es zu diesem Lebensweg gekommen?
Rossmann: Das ist passiert. Ich habe zweieinhalb Jahre als Verfassungsjuristin im
Bundeskanzleramt gearbeitet und bin dann
in den Journalismus gewechselt – zur politischen Berichterstattung. Ich habe begonnen,
Sachbücher zu schreiben. Und dann habe
ich mir, wie gesagt, einen Krimi gegönnt –
und ab dem ersten Krimi war das Kochen
ein Thema. Da war es naheliegend, einen
Gastronomiekrimi zu machen. Ich wusste
aber nicht, wie es in einer Profiküche zugeht,
und habe Manfred Buchinger, den ich
damals schon gut gekannt habe, gefragt, ob
ich bei ihm kochen könne. Zuerst war es
ihm gar nicht recht, aber dann ist ihm
Interview / 7
Eva Rossmann und Manfred Buchinger in der Küche des
Gasthofs „Zur alten Schule“.
jemand in der Küche ausgefallen. Mir hat
das Kochen so gefallen, dass ich geblieben
bin. Ich habe dann die Lehre nachgemacht.
In die Berufsschule musste ich nicht gehen
– das wird einem ab einem gewissen Alter
nachgesehen, aber die Prüfungen habe ich
natürlich gemacht und den Stoff selber
erlernt. Es gab ja auch Leute, die gesagt
haben, dass die Rossmann als Mediengag
kocht. Es ist alles andere als ein Mediengag,
schon in der Früh in der Küche zu stehen, zu
schneiden, zu schwitzen und dem Stress
ausgesetzt zu sein …
Wie oft kochen Sie im Gasthaus „Zur alten
Schule“?
Rossmann: Wann immer es sich ausgeht –
momentan habe ich viele Lesungen – von
Donnerstag bis Sonntag. Ich brauche das.
Sie kommen aus der Steiermark und haben
lange in Wien gelebt. Wie sind Sie ins Weinviertel gekommen?
Rossmann: Auch das Weinviertel ist mir
passiert. Ich wollte mehr Grün und mehr
Luft. Das erste Haus, das ich mit angeschaut
habe, war das, in dem ich nun lebe. Es ist das
Stückl Heimat, das ich mir selbst gefunden
habe, und ein großes Glück.
Wie würden Sie ihren Ort kurz umreißen?
Rossmann: So wie im Weinviertel üblich
besteht er aus zwei Teilen – dem alten Straßendorf mit der Hauptstraße und der Siedlung. Wenn es bei uns Feste gibt, sind alle da,
da gehen wirklich alle hin. Wenn’s geht, bin
ich dabei. Wir haben auch noch ein richtiges
Wirtshaus mit Wirtsleuten in der ich weiß
nicht wievielten Generation.
„Das Weinviertel ist mir passiert. Es ist das Stückl Heimat,
das ich mir selbst gefunden habe.“
Es muss feste Bräuche geben, lässt Antoine de
Saint-Exupery den Fuchs im „Kleinen Prinzen“ sagen. Wie halten Sie’s mit Bräuchen?
Rossmann: Mir machen Bräuche Freude,
weil sie einen mit Menschen verbinden und
Gemeinsamkeit entstehen lässt. Ich gehe
etwa sehr gerne bei uns in Auersthal zum
Dämmerschoppen. Ich bin ja kein großer
Fan von Blasmusik. Aber wenn sie spielen,
freue ich mich und klatsche mit. Und wenn
sie in Niederösterreich bei „Mein heilig
Land Tirol“ mitsingen und aufstehen, dann
hat das auch etwas Poppiges. Auf der anderen Seite: Begräbnisse hier am Land spenden
echten Trost. Wenn die Gemeinschaft noch
einmal zusammenkommt, um sich von
jemandem zu verabschieden, ist das kein
leeres Ritual. Da bringt Gemeinschaft Kraft.
nicht materiell ist, hat immer weniger Wert.
Es ist fast schon so, dass wir in einer durch
unsere Konsumgesellschaft verordneten
Kulturrevolution leben. Alles, was geistig ist,
ist fast schon verdächtig. Von dem müssen
wir wegkommen. Geistige Arbeit muss wieder Wert bekommen. Denn andere profitieren ja gut von unserer Arbeit – man denke
nur an Amazon. /
Bereichert die Juristin Rossmann die Krimiautorin Rossmann?
Rossmann: Alles, was man gelernt oder
gearbeitet hat, bringt etwas. Doch Strafrecht
explizit hat mich nie interessiert. Ansonsten
würde ich sagen, dass ich als Juristin gelernt
habe, strukturell zu denken, und das kann
ich für meine Kriminalromane anwenden.
Aber es hilft mir ebenso, in der Küche unter
Stress und Action zu stehen. Auch das ist ein
wesentlicher Teil dieses Genres.
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Als Autorin engagieren Sie sich für Urheberrechte. Warum geht vor allem bei der Jugend
das Bewusstsein dafür verloren?
Rossmann: Das hat gar nicht so viel mit den
Jungen zu tun, es ist ein gesellschaftliches
Problem. Die Jungen können technisch besser damit umgehen, aber sie haben es von
der Gesellschaft übernommen. Alles, was
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Freya Martin & Mella Waldstein
Fotos: Dietmar Bodensteiner
EVA ROSSMANN
1962 in Graz geboren, lebt im Weinviertel. Verfassungsjuristin, Journalistin,
Autorin, Köchin, ORF-Moderatorin (Café
Sonntag, Ö1). Sachbücher, Drehbücher,
Kochbuch „Mira kocht“, WeinviertelVerführer „Auf ins Weinviertel“. In ihren
Krimis rund um die Wiener Journalistin
Mira Valensky und ihre bosnischstämmige Putzfrau und Freundin Vesna Krajner
geht es um aktuelle gesellschaftspolitische Themen, um das, was hinter den
Hochglanzfassaden unserer Konsumwelt
lauert. Seit ihrem Krimi „Ausgekocht“
auch Köchin in Buchingers Gasthaus „Zur
Alten Schule“. Auszeichnungen: Österreichischer Buchliebling 2009; Großer
Josef-Krainer-Preis für Literatur 2013;
Leo-Perutz-Preis (Wiener Krimipreis) für
Kriminalliteratur der Stadt Wien 2014.
Haus der Regionen / 8
Bolschoi Don Kosaken
GROSSE STIMMEN
Der Chor der Bolschoi Don Kosaken ist der einzige Kosakenchor, der ausschließlich aus Opernsängern
besteht. Er gastiert am Freitag, den 14. November im Haus der Regionen in Krems.
Bolschoi Don Kosaken. Foto: z. V. g.
Maxim Gorki notierte: „Ich besuchte einige
Male die Kasernen der Kosaken, nicht weil
sie so gut ritten oder schön gekleidet waren,
sondern weil sie sangen und ausgezeichnet
tanzten.“ So auch Sergej Alexeijwitsch Jaroff.
1920 – in Russland tobt ein blutiger Bürgerkrieg. Russische Soldaten, die in der Weißen
Garde gegen die Bolschewisten gekämpft
haben, sind geflohen und in türkischen Internierungslagern. Darunter sind viele Kosaken
aus dem Gebiet am Don. Weihnachten steht
bevor. Heimwehzeit. Sänger aus ehemaligen
Regimentschören schließen sich zusammen,
unter ihnen der junge Kosakenoffizier Ser-
gej A. Jaroff (1896–1985). Er hatte an der
Synodal-Schule in Moskau Chorgesang studiert, über Konstantinopel und Griechenland gelangte er nach Bulgarien, wo er und
seine Männer bei Botschaftsempfängen sangen. Man fand Gelegenheitsarbeit und sich
im vagen Leben eines Emigranten wieder.
Don-Kosaken-Chor geboren. „Sie werden
mit Ihrem Chor nicht nur ein Mal“, hatte der
Wiener Konzertdirektor prophezeit, „Sie werden tausend Mal singen.“ So war es dann
auch: 9.000 Konzerte gab Sergej Jaroff – ab
dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in
den USA beheimatet – auf der ganzen Welt.
Das erste „richtige“ Konzert der Männer
rund um Jaroff fand 1923 in der Wiener Hofburg statt. Das Angebot eines Gönners, in
einer französischen Fabrik zu arbeiten und
als Werkschor zusammenbleiben zu können,
hatte sich in Luft aufgelöst. Dafür war der
Mit dem Erfolg gediehen Kosakenchöre wie
Pilze auf russischer Erde. „Don-Kosaken“,
„Kosaken vom Don“ – manchmal nur mit
einem Bindestrich als feine Unterscheidung.
Allein in Deutschland waren um das Jahre
2000 48 Kosakenchöre am Markt. In den
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Haus der Regionen / 9
PROGRAMM IM
HAUS DER REGIONEN
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Do, 20. 11. 2014, 20.00 Uhr
Christoph Spörk „Ebenholz“
Kabarett & Comedy
Christof Spörks getreueste Gefährtin in
allen Ton- und Lebenslagen ist stets seine
Klarinette, gefertigt aus edlem Ebenholz.
Aus eben jenem Holz, aus dem auch die
gewagte Sprungschanze gezimmert ist,
über die sich Spörk kopfüber in sein neues
kabarettistisches Hauptabendprogramm
stürzt.
Petja Houdjakov (Mitte) und die Bolschoi Don Kosaken. Foto: z. V. g.
Karten sind bei allen Raiffeisenbanken, bei
Ö-Ticket unter www.oeticket.at und im
Bühlcenter Krems erhältlich.
www.kabarettundcomedy.com
_
Niederlanden sind es derzeit vier, das Internet listet von den „Alexandrow Don Kosaken“ bis zu den „Zarewitsch Don Kosaken“
zwei Dutzend Chöre auf. Unter das Russische mischt sich Bulgarisches, Polnisches,
Serbisches. Auch in Russland gibt es bereits
Kosakenchöre wie den „Original Don Kosaken Chor Russland“.
Bolschoi Don Kosaken
In vielen Chören steckt bis heute ein bisschen Original Don Kosaken wie bei den
Bolschoi Don Kosaken. Im Haus der Regionen werden am 14. November die Bolschoi
Don Kosaken auftreten. „Anfang 1980 wurde
Jaroff krank, der Chor war am Zerfallen. Petja
Houdjakov war damals in Berlin und wurde
aufgefordert, die Tournee zu retten, er hat mit
zwölf Mitgliedern begonnen, einige waren
noch aus Jaroffs Chor“, so Valerie Houdjakov,
Ehefrau und Managerin. Später hat Petja
Houdjakov den Chor um Opernsolisten und
professionelle Sänger erweitert. Die großen
(= bolschoi) Don Kosaken geben Konzerte in
ganz Europa, die größte Tournee ist die alljährliche Wintertournee.
Kosaken haben eine reiche Musiktradition.
Ihre Lieder vereinigen melodische Merkmale von Russen, Ukrainer und Weißrussen. Die Lieder lassen sich in Liebes-,
Schiffs- und Räuberlieder, in Soldaten- und
Kampflieder sowie Familien- und Festlieder
mit allen dazugehörigen Gebräuchen gliedern. Allein die Sammlung der Kosakenlieder des Gebietes am Don umfasst Tausende von Werken. Zwischen 1894 und 1949
schrieb der Volksliedforscher A. Listopadow
mehr als 2.000 Kosakenlieder auf. Auch die
russische Revolution von 1917 konnte die
Popularität der Lieder nicht stoppen. So
hatten die von den Sowjets in den 1930er
Jahren geschaffenen Armee-Ensembles, inklusive des berühmten Alexandrow-Ensembles der Roten Armee, Kosakenlieder und
-tänze in ihrem Repertoire.
Pferdegetrappel & Orgelbässe
Üblicherweise beginnt der Vorsänger, danach setzen die hohen Stimmen ein, während die Bässe ihre Melodie in den niedrigen
Registern verfolgen: rasante Kosakenlieder,
bei dem der Chor das Getrappel der Pferdehufe stimmlich nachahmt, schwermütige
Lieder über die Weite der russischen Steppe
und melancholische Liebeslieder sowie
liturgische Gesänge aus der russisch-orthodoxen Kirche, die einen feierlichen Glanz
verbreiteten, begeistern ungebrochen. /
Fr, 21. 11. 2014, 19.30 Uhr
TRIO FADO
Lissabon – Der Klang der Sehnsucht
Die weiche Stimme von Maria Carvalho
steht im Kontrast zur rauchigen Stimme
von António de Brito. Daniel Pircher
begleitet den Gesang mit der für den Fado
unverzichtbaren Guitarra portuguesa.
Das Cello-Spiel von Benjamin Walbrodt
ergänzt die klassische Fado-Besetzung
perfekt.
Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00
Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00
Tipp: Genießen Sie vor dem Konzert
ein dreigängiges Menü im Restaurant
BLAUENSTEIN inklusive Konzerteintritt
um insgesamt EUR 34,00.
_
Mo, 1. 12. 2014
Die Alpensaga
Teil 4 (18.00 Uhr): Die feindlichen Brüder
Teil 5 (20.15 Uhr): Der deutsche Frühling
BOLSCHOI DON KOSAKEN
Die Teile 4 und 5 des sechsteiligen Fernsehdramas „Die Alpensaga“ von den Drehbuchautoren Peter Turrini und Wilhelm
Pevny (Regie: Dieter Berner) setzen sich
mit den Ereignissen in der Zeit von 1933
bis zum Zweiten Weltkrieg auseinander.
Fr, 14. 11. 2014, 19.30 Uhr
VVK: EUR 8,00, AK: EUR 10,00
Freie Platzwahl
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Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00
Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00
Haus der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 02732 85015
[email protected]
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
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Haus der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 02732 85015
[email protected]
www.volkskultureuropa.org
Kamingespräche / 10
Im Reich der Gefühle
GEFÜHLE
SIND GELERNT
Timo Heimerdinger, Professor für Europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck, im Gespräch über
Gefühle als Kulturphänomen, über Liebe als kommunikativen Code und die Lust am Grausen.
Timo Heimerdinger: „Gefühle sind historisch variabel,
sie verändern sich und sind im Fluss.“ Foto: z. V. g.
Die abendländische Denktradition ging mit
unseren Gefühlen nicht gerade zimperlich
um: Gefühle seien „dunkel und verworren“,
irrational, bloß subjektiv, ohne Anspruch auf
Wahrheit, fern den hehren Idealen von Verstand und Vernunft. Was sagt die moderne
Wissenschaft dazu?
Prof. Heimerdinger: Gefühle sind ein
Wesensmoment unseres Menschseins, sie
durchziehen alle unsere Lebensvollzüge. Das
Anlegen undifferenzierter Schablonen, die
unseren Gefühlen Etiketten der Irrationalität und bloßen Innerlichkeit umhängen,
wird dem Phänomen nicht gerecht. Gefühle
sind unerlässliche Grundbahnen, in denen
wir unserer selbst und unserer Welt zugänglich werden, sie sind mitbestimmend für all
unsere Wirklichkeitsbezüge. Aus kulturwissenschaftlicher Sichtweise ist gerade das
Aufbrechen und Abbauen alltagsgängiger
Vorurteile über Gefühle spannend.
Inwiefern fühlen die modernen Kulturwissenschaften den Verengungen unserer
Gefühlswelten auf den Zahn?
Prof. Heimerdinger: Gefühle werden meist
mit Attributen des Spontanen und Individuellen, des Gegenwärtigen und Unwillkürlichen belegt. Die kulturwissenschaftliche
Forschung tritt diesen zumeist unhinterfragten Zuschreibungen entgegen und
destruiert sie. Sie zeigt, dass Gefühle und
ihre Ausdrucksformen in einem hohen
Maße gelernt werden und damit gerade
nicht der Aura des Unableitbaren entspringen. Der Blick auf Emotionskulturen entschleiert zudem den Nimbus von der individuellen Unteilbarkeit der Gefühle. Gefühle
bewegen sich vielmehr in kulturellen Einrahmungen, sie lassen sich als kollektive
Phänomene entziffern, besonders deutlich
etwa bei Sportereignissen. Gefühle sind
historisch variabel, sie verändern sich und
sind im Fluss. Und schließlich sind Emotionen immer auch ein willentlich Erzeugtes
und damit das Produkt unserer eigenen
Entwürfe..
Sind Gefühle somit das, was uns Menschen
voneinander unterscheidet, oder was uns eint?
Prof. Heimerdinger: In gewisser Weise
beides. Gefühle unterliegen nicht nur einer
jeweiligen kulturspezifischen Prägung, sie
haben auch einen überkulturellen Aspekt.
Alle Menschen kennen unabhängig von
ihrer Herkunft und Geschichte Grundstimmungen wie Traurigkeit und Freude, Überraschung und Angst, Ekel und Wut – und
doch ist der jeweilige emotionale Habitus
und die emotionale Praxis selbst dieser
Grundstimmungen kultur-, geschichts- und
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
gesellschaftsabhängiger, als wir vielleicht auf
den ersten Blick meinen.
Lässt sich also ein Gefühl wie die Liebe als
Produkt kultureller Kontexte entzaubern?
Prof. Heimerdinger: Liebe kann sicher als
ein kultureller und vor allem als ein kommunikativer Code entschlüsselt werden. Ein
aktuelles Forschungsprojekt, das Paare über
die Anfänge ihrer Liebe erzählen lässt, zeigt
das sehr schön auf: Viele sind davon überzeugt, ihre ganz persönliche, unteilbar-individuelle Geschichte einer Liebesbeziehung
zu haben. Und doch liegt ihnen allen ein
analoger romantischer Code, das gleiche
kommunikative Muster und Reservoire an
Narrativen und Metaphern zugrunde, ob
nun Liebe als Gleichklang der Seelen oder
als das Finden der zweiten Hälfte zur Sprache gebracht wird. Liebe erschöpft sich nicht
in biochemischen Abläufen. Das Sich-Verständigen und Sprechen über die Liebe
gehört wesentlich zum Entwurf der Gefühlsausprägung dazu.
Nun hat nicht jedes Gefühl so komplexe Kultur- und Bedeutungsbezüge wie die Liebe.
Lassen sich auch sehr unmittelbare Emotionen wie dem Ekel kommunikative Kulturcodes einschreiben?
Prof. Heimerdinger: Ekel wird tatsächlich
als sehr unmittelbar, direkt und physisch
empfunden. Und doch hat auch der Ekel
seine kulturelle Seite. Dass sich Menschen
ekeln, ist zwar kulturübergreifend, aber das,
wovor sich jemand ekelt, lässt sich anhand
vielfältiger kultureller und historischer
Bezüge erschließen. Nehmen wir das Beispiel Nahrungstabus. Das Verspeisen von
Haus der Regionen / 11
Restaurant Blauenstein
KÜCHENAMBITIONEN
Auszeichnung für das „Blauenstein“ im Haus der Regionen.
Hunden oder von bestimmten Insekten ist
in unseren Kulturkreisen mit Ekelgefühlen
verbunden, und doch anerkennen wir andere, die jene bei uns tabuisierten Lebewesen
am Speiseplan haben, als Menschen an. In
einer globalisierten, medial und touristisch
zunehmend vernetzten und zugänglichen
Welt wird die Kulturrelativität selbst so
basaler Gefühle wie dem Ekel immer deutlicher. Manches, was früher als nicht essbar
galt, etwa roher Fisch, ist zum Bestandteil
der Genusskultur geworden. Umgekehrt
sind ehemals gängige Speisen wie Innereien
mitunter ekelbesetzt oder feiern in der
Haute Cuisine ein Comeback als Luxuskreationen. Wir sehen also: Das Reich der
Gefühle ist dynamisch, erlernt und weitestgehend Teil einer sozialen Übereinkunft.
Auch im Ekel steckt Kultur. /
Das Gespräch führte Jürgen Nemec.
KREMSER KAMINGESPRÄCHE
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Mi, 12. 11. 2014, 18.00 Uhr
Wonne und Schmerz
Beate Schrott, Univ.-Prof. Dr. Martin Nuhr
Mi, 10. 12. 2014, 18.00 Uhr
Leid und Mitleid
Barbara Stöckl, Brigadier Mag. Rudolf
Striedinger
Mi, 14. 1. 2015, 18.00 Uhr
Liebe und Hass
Renate Burtscher, Andreas Radovan
www.volkskultureuropa.org
Modernes Ambiente im historischen Haus an der Steiner Donaulände. Foto: Blauenstein
Im Haus der Regionen spannt das „Blauenstein“ den Begriff der Region durchaus weit,
nämlich bis Japan. „Das liegt an Küchenchef
Marcel Ruhm, der trotz seiner 23 Jahre
schon einen beeindruckenden Werdegang
verweisen kann, der im Landhaus Bacher
begann“, steht es im Wirthausführer 2015 zu
lesen. Das Restaurant Blauenstein wurde
von der Redaktion des „Wirtshausführer
2015“ zum „Aufsteiger des Jahres“ in Niederösterreich gekürt. Damit werden innovative und erfolgreiche Wirte geehrt, die neu
in den „Wirtshausführer Österreich“ aufgenommen wurden oder eine deutlich ansteigende Formkurve erkennen lassen.
Hier an der Donaulände bieten die modern
gestalteten Räume und die schöne Terrasse
an der Donau den passenden Rahmen für
Ruhms hochspannende Küche, die da aufwartet mit: Frühlingssalat mit TempuraGemüse, gebeizter Traisentaler Lachsforelle
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
mit Rettich und Erdnüssen, Lachsforellensashimi, Freilandhuhn in drei Variationen
mit Erdäpfel, Ratatouillegemüse und Teriyakisauce oder mit altmodischen, aber guten
Schneenockerln mit Vanillesauce. Erwähnenswert ist das Angebot, vor bestimmten
Konzerten im Haus der Regionen ein köstliches, der vorgestellten Region entsprechendes Menü im „Blauenstein“ zu genießen. /
BLAUENSTEIN
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Haus der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 0699 19307883
Küchenzeiten: 11.30–14.00 Uhr u.
17.30–21.30 Uhr, Ruhetage: Di, Mi
www.blauenstein.at
www.wirtshausfuehrer.at
Volkskultur / 12
Hl. Martin
DER ASKET
ALS WEINPATRON
„In der heiligen Martininacht wird der Most zum Wein gemacht“, heißt es seit Jahrhunderten.
In den vergangenen Jahrzehnten sind Bräuche wie Weintaufe oder Martiniloben wieder modern geworden.
Hl. Martin.
Martinus (316/17–397) wurde als Sohn
eines römischen Tribunen in Sabaria (Szombathely/Steinamanger, Ungarn) geboren.
Schon als 15-jähriger Soldat in der kaiserlichen Armee, ließ er sich mit 18 Jahren
taufen. Anno 371 rief ihn das Volk zum
Bischof von Tours (Frankreich) aus. Als
Wanderprediger bereiste er Frankreich und
Deutschland und starb auf einer Pastoralreise. Martin wurde als erster Nicht-Märtyrer (Confessor) in die römische Liturgie
aufgenommen. Das Heiligengedächtnis wird
Martinigänse.
seit dem 5. Jahrhundert am 11. November
begangen. Gregor von Tours (538–594), der
siebente Nachfolger Martins als Bischof und
bekannter Geschichtsschreiber der Franken,
berichtete über das Weinpatronat. Martin
hätte einen Wunder wirkenden Weinstock
gepflanzt. Einem armen Fährmann hätte er
Wein geschenkt, damit dieser wie alle anderen am Epiphaniastag feiern konnte. Mit
Wasser, das man auf das Grab des Heiligen
stellte, sollen sich Weinwunder ereignet
haben.
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Vom Asketen zum Zecher
Dennoch wirkt es seltsam, dass ausgerechnet Martin von Tours, der nach dem Zeugnis seiner Biografen asketisch gelebt hat,
nicht nur zum Patron des Weins und der
Winzer, sondern auch der Zecher und
Vaganten geworden ist. Dies hängt wohl
weniger mit seiner Person als mit dem
Datum des Gedenktages zusammen. Martini am 11. November galt als Abschluss der
herbstlichen Erntearbeiten, Zinstermin und
Volkskultur / 13
Tag des Gesindewechsels. Danach kam der
Advent als Fastenzeit. Die ausgelassenen
Feiern am Tag bzw. am Vorabend fanden
ihre Parallele am Faschingdienstag, nach
dem am Aschermittwoch die 40-tägige
vorösterliche Fastenzeit beginnt.
Zinstermin
Martin, so wird überliefert, macht Wasser
und Most zu Wein, den Sturm zum Heurigen und den Heurigen zum Alten. Ab Martini darf man damit anstoßen und „Prost“
sagen. Der langjährige Direktor des Österreichischen Museums für Volkskunde, Leopold Schmidt (1912–1981), verweist auf die
Gebräuche zu den herbstlichen Heiligenfesten, die zugleich alte Zinstermine waren
und vor allem in den Klöstern gefeiert wurden. Darüber hinaus „haben die Bauern
daran Anteil genommen, und bei ihnen sind
wesentliche Züge später noch bewahrt worden. (…) Dazu gehört der festliche Trunk,
das ,Martiniloben‘, das als Erinnerung an
eine alte Martinsminne angesprochen werden darf. (…) In Neusiedl an der Zaya und
im benachbarten Südmähren hat man eine
Zeitlang einen Umzug mit dem Martinslied
,Heint ist die heilige Martininacht / Da wird
der Most zu Wein gemacht‘ durchgeführt.“
Für den Wein geradestehen
1984 – zum 200. Jahrestag der Zirkularverordnung, mit der Kaiser Joseph II. den
Weinhauern erlaubte, Eigenbauwein im
eigenen Haus ohne besondere Lizenz auszuschenken – gab es im „Langen Keller“ von
Friedl Umschaid in Herrnbaumgarten erstmals das Martiniloben. Zum 20. Fest hieß es:
„Bei der Weintaufe dabei zu sein, gilt als eine
der größten Auszeichnungen, die ein Weinhauer aussprechen kann. Die Feier im familiären Kreis wurde und wird bereichert
durch das Einladen der Nachbarschaft, der
Leser, der Abnehmer und der ,Lober‘. Der
Lobspruch auf den jeweils zu lobenden
Wein wird alle Jahre unter dem Namen des
Paten im Kellerbuch vermerkt. Am 1. November 1781 hob Kaiser Joseph II. durch das
,Untertanenpatent‘ in den böhmischen Ländern die Leibeigenschaft auf. Die Bauern
hatten nun das Recht auf eigenen Grund
und Boden und somit auch die Möglichkeit,
eigenen Wein anzubauen und mit diesem zu
handeln. Was den Weinbauern aber noch
Martiniloben.
fehlte, war die nötige Erfahrung des ,Händels mit Wein und Feldfrüchten‘. So mancher Hauer bat nun seinen ehemaligen
Dienstherrn oder auch die hohe Geistlichkeit, für die heurige Ernte ,gradzustehen‘.
Die nun so genannten Weinpaten sorgten
somit auf ihre Art für den Absatz des köstlichen Tropfens. (…) Martini ist, nach wie
vor, der früheste Termin, die Qualität des
neuen – noch namenlosen – Weines zu beurteilen und ihn somit auch beim neuen
Namen zu nennen, ihn zu loben.“
Bei den Weintaufen, die nun vielerorts stattfinden, treten nicht nur – mehr oder minder
prominente – Paten in Aktion, sondern auch
Priester. Sie taufen den Wein nicht, sondern
segnen ihn – wie die mittelalterliche Martinsminne. Die Martinsminne hat mit dem
Minnegesang nichts zu tun. Minne ist das
mittelhochdeutsche Wort für Liebe. Am Tag
des entsprechenden Heiligen (Martin von
Tours, Gertrud von Nivelles, Johannes Evangelist, Johannes der Täufer, Erzengel Michael, Sebastian, Stephan, Urban, Ulrich von
Augsburg) wird der Wein gesegnet. Man
trinkt ihn dann zu seinen Ehren – man
könnte auch sagen: aus Liebe zu ihm. Man
erhoffte sich von dem Getränk Hilfe in
schwierigen Lebenssituationen und einen
guten Tod. Die Minne sollte vor Zauberei,
Vergiftung, Ertrinken und Blitzschlag schüt-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
zen, Männer stark und Frauen schön
machen. Sie war ein Universalmittel für und
gegen alles.
Wo man reichlich Wein trinkt, darf die passende „Unterlage“ nicht fehlen – zu Martini
ist es die Martinigans. Sie hat noch weniger
mit dem Bischof zu tun als der Wein. Die
ätiologische (erklärende) Sage aus der Bretagne, wonach schnatternde Gänse das Versteck des Heiligen verraten hätten, in das er
sich zurückzog, um der Bischofswahl zu
entgehen, ist jünger als der Brauch. Auch
ihm liegen der (nach Michaeli wichtigste)
bäuerliche Zinstermin und das Festmahl
zugrunde. Leopold Schmidt schreibt: „Der
Bauer mit der Zinsgans ist eine stehende
Figur der mittelalterlichen Bildvorstellungen
geblieben (…). Die Martinsgans kam gerade
zur Feier der verschiedenen Herbstfeste
zurecht. Musste schon der Gänsezins entrichtet werden, so aß man den Gänsebraten
bei den Schlussfesten der Lese- wie der
Pressarbeit im Weinbau auch selbst (…).
Solche festliche Gänseessen dürften im klösterlichen Bereich schon seit dem 12. Jahrhundert üblich gewesen sein (…) beispielsweise in Spitz und Krems, wo jeweils von der
,Pressgans‘ berichtet wird.“ /
Text: Helga Maria Wolf
Illustrationen: Magdalena Steiner
Musikschulen / 14
Jugendjazzorchester Niederösterreich
STEIN DES ANSTOSSES
Das Jugendjazzorchester Niederösterreich ist Forum für talentierte junge Jazz- und Popularmusiker aus den
niederösterreichischen Musikschulen. Im November präsentiert die Big Band ihre erste CD.
Orchester bedeutet: sich einordnen, sich einfügen, keinesfalls sich anpassen oder unterordnen.
„Weus a Gaudi is!“ Für Richard Schwarz gibt
es einen eindeutigen Grund, warum es für
ihn etwas Besonderes ist, Mitglied beim
Jugendjazzorchester Niederösterreich zu
sein. Etwas ernsthafter ergänzt Robin Gadermaier: „Jugendjazzorchester Niederösterreich
steht für mich für eine Gruppe junger, talentierter Menschen, die sich gegenseitig inspirieren und vor allem auf der Suche nach
Neuem sind.“ Damit fassen die beiden Musiker das zusammen, was ihnen auch das
Publikum von Konzert zu Konzert mit sei-
ner unmittelbaren Reaktion deutlich macht:
durch tosenden Applaus und Standing
Ovations. Denn die Spielfreude ist echt und
die musikalische Qualität unglaublich hoch:
eine Kombination, die das Jugendjazzorchester Niederösterreich auf eine Ebene
mit den Besten hebt.
Seit nun vier Jahren proben rund 25 talentierte junge Jazz- und Popularmusiker aus
den niederösterreichischen Musikschulen
unter der musikalischen Leitung von Andre-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
as Pranzl, der auch Initiator dieses Projekts
ist. Und schnell wurde klar: Mit dem Jugendjazzorchester hat Niederösterreich eine
wahre Talenteschmiede für den Jazznachwuchs bekommen. Einigen Mitgliedern
gelang bereits der Sprung von Musikschule
zum -studium. Seit dem Schuljahr 2013 wird
das Orchesterprojekt des Musikschulmanagement Niederösterreich in Zusammenarbeit mit der Franz Schmidt Musikschule
Perchtoldsdorf durchgeführt: Das Orchester
gewinnt dadurch einen ständigen Probenort
Musikschulen / 15
Jazz we can: Mit einer CD-Produktion krönte die Big Band ein höchst erfolgreiches Jahr.
und neues Publikum, die Musikschule kann
die Vorbildwirkung des inspirierenden
Klangkörpers zur Motivation für den eigenen Nachwuchs nützen.
Einfügen statt unterordnen
Das Jugendjazzorchester bietet den jungen
Musikern in erster Linie die Möglichkeit,
professionelle Arbeits- und Auftrittserfahrungen zu sammeln. Doch Orchesterarbeit
ist viel mehr als Proben und Auftreten.
„Orchester bedeutet: sich einordnen, sich
einfügen, keinesfalls sich anpassen oder
unterordnen. Musik möchte Aktivität und
Verantwortung von allen – Orchester ist
gemeinsames Gestalten“, so Andreas Pranzl.
„Das Jugendjazzorchester Niederösterreich
bietet dem gemeinsamen Gestalten ebenso
Raum wie der einzelnen Persönlichkeit, der
Solistin, dem Solisten.“ In diesem Sinne
wählt Andreas Pranzl auch das Repertoire
sorgfältig aus, denn es soll herausfordernd,
aber nicht überfordernd sein. In der Stilistik
weist dieses ein breites Spektrum auf: von
poppigen Klängen über Gospel und Latin
bis hin zu Funk ist alles dabei, denn „es soll
greifbar sein, und dennoch ist es wichtig,
den Musikern weniger vertraute Stücke zu
zeigen, die sie auf eine neue Art und Weise
erarbeiten und kennenlernen müssen“. So
steht unter anderem eine Komposition von
Andreas Pranzl selbst am Programm: „Stein
des Anstoßes“ ist auch der Titel des aktuellen Projektes des Jugendjazzorchesters
Niederösterreich.
Genauigkeit und Spontaneität
Mit einer CD-Produktion krönte die Big
Band eine höchst erfolgreiche Frühjahrssaison: Eine Erfahrung, die die Musiker
wohl nicht so oft wieder machen werden, ist
doch die Aufnahme einer Big Band äußerst
selten. Mit Werken von Herbie Hancock bis
Paul Simon zeigen die Musiker eine große
stilistische Bandbreite, die bis zu Eigenkompositionen von aktuellen und ehemaligen
Mitgliedern, wie „Thinking ’bout Irmgard“
von Lukas Schönsgibl, reicht. Der Titel der
CD, „Stein des Anstoßes“, ist Programm:
Der Stein des Anstoßes bringt die Dinge
zum Laufen, er ist der erste Impuls und sorgt
für Unruhe. Er ist kein ständiger Begleiter,
leicht verliert man ihn aus den Augen und
seine Kraft verschwindet. Diesen Impuls zu
nützen und in Energie umzuwandeln, ist das
erklärte Ziel.
„Bei einer CD-Produktion ist es sehr wichtig, einen Weg zu finden, möglichst viel an
Qualität, das heißt unter anderem Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit, liefern zu
können, ohne zu überfordern, und andererseits auch die Energie und Spontaneität zu
vermitteln, die bei einem Live-Konzert so
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
deutlich spürbar ist“, erklärt Andreas Pranzl
die großen Herausforderungen bei einer
Tonaufnahme. „Jeder Musiker muss wissen,
wie er sich einfügen kann, denn wenn
jemand ‚nur mitspielt‘, zerfällt das Gefüge.
Dies wäre auf einer CD verstärkt hörbar.“
Demzufolge ist die Aufnahme einer CD
nicht nur ein Kurzprojekt – die Arbeit
beginnt weit vorher und fließt in die ständige Probenarbeit mit ein. Drei Tage intensive, konzentrierte Arbeit in Waidhofen an
der Ybbs waren der Grundstein für ein
musikalisches Ergebnis, das sich hören lassen kann. Die Professionalität, die die jungen Musiker bei der Arbeit an den Tag
legten, beeindruckte Andreas Pranzl und
das Aufnahmeteam mit Roland Baumann
Senior und Junior und Alois Aichberger
besonders. Dass dabei die „Gaudi“ dennoch
nicht zu kurz kam, erklärt sich bei dieser Big
Band wohl von selbst … /
Text: Katharina Heger
STEIN DES ANSTOSSES
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Jugendjazzorchester Niederösterreich
CD: EUR 18,00
Erhältlich über
www.musikschulmanagement.at
Musik / 16
Jazz in Niederösterreich
ZURÜCK
UND NACH VORNE
Eine Bestandsaufnahme mit Überraschungen.
derösterreich – und es gibt sie bei genauerem
Hinsehen – hat Ansätze in beide Blickrichtungen: zurück zur guten alten Zeit und nach
vorne. Niederösterreich muss sich nur entscheiden: Hören wir beim Jazz auf oder fangen wir beim Jazz an.“
Aufbruch in neue Jazz-Stile
Kunzwana Project: Jazz fusioniert mit Musik aus Simbabwe mit Franz Hautzinger (rechts),
Glatt & Verkehrt in Krems, 2014. Foto: Sascha Osaka
Niederösterreichs Jazzszene zu unterschätzen, das wäre leichtfertig und jedenfalls
Ausdruck von Unkenntnis. Anders gesagt:
Diese Szene in Österreichs größtem Bundesland zu erkunden, ist lohnend, Überraschungen inkludiert. Fazit vorweg: Das traditionelle Kultur- und insbesondere auch
Musikland Niederösterreich hat in den letzten rund 30 Jahren einen weiteren Aufbruch
erlebt – auch dort, wo man es a priori nicht
vermuten würde: im Jazz.
Jazz – eine „schöne Leich’“?
Hier stellt sich zunächst die Grundfrage:
Hat das, was man dazu in Niederösterreich
erfährt, tatsächlich noch mit Jazz im klassischen Sinn zu tun? Dazu zwei Aussagen
von Wissenden: Profil-Journalist Sven Gächter spricht vom Jazz als „schöner Leich’“, am
„musealen Ende seiner Geschichte“ stehend.
Er zitiert Altmeister Miles Davis’ Definition
von Jazz als „ungebremstes Musizieren –
ohne Berührungsängste und Dünkel“. Das
lässt Interpretationsspielraum offen. Für
Gottfried Zawichowski, Geschäftsführer der
musikfabrik niederösterreich, einem der profiliertesten Musikmanager des Landes, ist der
Begriff Jazz bereits passé. Freilich sind für ihn
Rhythmik, Harmonik und Improvisationskunst die Voraussetzungen für künftige neue
Musik. Zawichowski: „Die Jazzszene in Nie-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Also doch eine einschlägige Szene in
Niederösterreich?! Einerseits ist sie klassisch
und „traditional“ reproduzierend und reflektierend, andererseits ist ein Aufbruch in neue,
bisherige Jazz-Stile überwindende Ausdrucksformen feststellbar. Mit vorwiegend
eigenen Kompositionen, Stilrichtungen, Persönlichkeiten, Ensembles, Events. Dies auf
bemerkenswert hohem Niveau. Mitverantwortlich dafür ist Niederösterreichs hoch
entwickeltes Musikschulmanagement ebenso
wie eine effiziente Förderkultur. Vor allem
aber Kreativität und Engagement der freischaffenden Musiker der Jazzszene des Landes. Es gibt sie jedenfalls. Im Folgenden soll
ein Überblick über diese spezielle Musikszene in Niederösterreich gegeben werden –
ohne auch nur einen annähernden Anspruch
auf Vollständigkeit. Einzelne Initiativen, Persönlichkeiten, Ensembles treten schon jetzt
stärker in Erscheinung. So rückt diese Facette
der niederösterreichischen Musikszene stärker als bisher in den Fokus.
musikfabrik
und breite Förderstruktur
Doch zurück zur genannten Förderstruktur,
für die hier beispielhaft die musikfabrik niederösterreich als Partner der Kulturabtei-
Musik / 17
Jazzkeller in Drosendorf an der Thaya.
Foto: Franz Krestan
lung des Landes steht. Sie wurde für die
„Szenenutzer“, ihre Ensembles, für Festivals
und Veranstalter geschaffen. Früher hatten
junge, bestens ausgebildete Musiker kaum
Auftrittsmöglichkeiten, haben sie teils auch
heute nur eingeschränkt. Die Kultur-Ära
von Erwin Pröll hat wichtige Weichen
gestellt, so ist die musikfabrik niederösterreich mit Geschäftsführer Gottfried Zawichowski seit 18 Jahren Rechtsträger für eine
ganze Reihe neuer, zeitgenössicher Aktivitäten, namentlich auch im Jazzbereich. Als
spezielle Marke dafür wurde die Initiative
„musik aktuell – neue musik in nö“ eingerichtet. Hier reicht der Bogen von Jazzseminaren im Schloss Zeillern bis zu rund
100 Konzerten pro Jahr mit einem speziellen
Jahresschwerpunkt. Heuer gestaltet diesen
der Musikpädagoge und Leader der LA Bigband, Lois Aichberger aus dem Mostviertel,
mit dem Thema „groove“. 120 Musiker
(Ensembles) haben dazu Projekte eingereicht, 60 wurden von Aichberger ausgewählt. Das erfreuliche Ergebnis: Bis Jahresende finden im ganzen Land über 100 Konzerte mit neuer Musik statt, bei denen Jazz
ganz stark vertreten ist.
Jugend-Jazz und Uni-Angebote
In Österreich einzigartig ist das Musikschulmanagement Niederösterreich mit
128 Musikschulen und 58.000 Musikschülern und Musikschülerinnen. Nicht wenige
Musikschulen bieten das Fach Popularmusik oder Jazzensemble an. Ein ausgesprochenes Highlight dabei ist das Jugendjazzorchester Niederösterreich unter Leitung von
Andreas Pranzl (siehe Seiten 14/15). Es gibt
Hans Strasser am Kontrabass.
Foto: musikfabrik niederösterreich
Festivals wie jenes mit Marianne Mendt
(Mendt: „Jazz ist kein Minderheitenprogramm, es gibt immer mehr Talente“), auch
„Glatt & Verkehrt“ in Krems ist ein Schmelztiegel für innovative Musik. Und „Jazz in
Contemporary Music“ am Zentrum für
Zeitgenössische Musik an der Donau-Uni
Krems ist ein neuer Universitätslehrgang,
der sich an Studierende im Jazzfach und in
zeitgenössischer Musik richtet.
Starke Interpreten –
fehlende Musik-Hauptstadt
Jazz in Niederösterreich lebt natürlich von
Persönlichkeiten, die über das Land hinausstrahlen und hier nur in kleiner Auswahl
genannt werden können: Christian Muthspiel, Walter Grassmann, die Breinschmids,
Gina Schwarz, Viola Falb, Martin Ptak,
Richard Graf, Thomas Gansch, Robert
Michael Weiß, Mic Oechsner, natürlich Lois
Aichberger, Andres Pranzl. An einer Tatsache kommt man bei Beurteilung der Jazzszene in Niederösterreich nicht vorbei: Es gibt
wohl einzelne Szenelokale – sogar in kleineren Gemeinden, wo man sie nicht vermuten
würde. Woran es mangelt, ist der urbane
Schmelztiegel, den eine solche Szene
braucht, es fehlt die echte Musik-Hauptstadt. Die Jazzszene im Land ist gleichsam
regionalisiert, die Entwicklung mit guter
Förderstruktur im Fluss. Ein enormes
Potenzial mit Persönlichkeiten und Talenten
ist vorhanden. So hat Jazz in Niederösterreich Zukunft. /
Text: Franz Oswald
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
JAZZ IN NIEDERÖSTERREICH
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Fr, 14. 11.–So, 16. 11. 2014
Jazzworkshop
vocal jazz:Basic
Schloss Zeillern
Information und Anmeldung:
www.musikfabrik.at
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Fr, 5. 12.–Fr, 8. 12. 2014
Jazzworkshop
BIG:Band
Schloss Zeillern
Information und Anmeldung:
www.musikfabrik.at
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Sa, 8. 11. 2014, 20.30 Uhr
Jazzforum Mödling
„Creme Proleau“ mit Lorenz Raab (tp),
Phillip Nikrin (p),
Herbert Pirker (dr)
2340 Mödling
Kaiserin-Elisabeth-Straße 22
www.jazzforum.eu
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Sa, 22. 11. 2014, 20.00 Uhr
Jazzkeller Drosendorf – Caoba
Die Formation Caoba wurde vom vielseitigen Perkussionisten Anton Mühlhofer
gegründet: Latin-Jazz der besonderen Art.
2095 Drosendorf, Hauptplatz 1
www.jazzclub-drosendorf.at
NÖ Kreativakademie / 18
Zehn Jahre Malakademie
KÖSTLICHE KUNST
In der Werkschau Bild präsentieren die jungen Talente der Niederösterreichischen Malakademie die besten
Werke eines Jahres. Anlässlich der Präsentation des zehnten Jubiläumsbandes wurden zehn Tortenkunstwerke serviert, inspiriert von zehn Werken aus zehn Jahren.
Zum Vernaschen viel zu schön.
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
NÖ Kreativakademie / 19
Zehn Tortenkunstwerke schillerten in allen Farben
des Regenbogens.
Wolken ziehen auf, am Horizont ein schmaler Waldstreifen, ein Strohballen dominiert
die Landschaft. Marten Bergers Werk kann
nicht nur im zehnten Band der Werkschau
Bild der Niederösterreichischen Malakademie bewundert werden, sondern wurde in
Waidhofen an der Ybbs auch als Tortenkunstwerk präsentiert.
„Jahr für Jahr beeindrucken uns die kreativen
Talente der Niederösterreichischen Malakademie in der Werkschau Bild mit der künstlerischen Qualität und Reife ihrer Arbeit. Um
den zehnten Jubiläumsband gebührend zu
feiern, haben wir die Waidhofner Konditorei
Hartner beauftragt, zehn Tortenkunstwerke,
inspiriert von zehn Werken aus zehn Jahren
Werkschau Bild, zu kreieren“, erzählt Mag.
Rafael Ecker, Geschäftsführer der NÖ KREATIV GmbH, unter deren Dach sich die Niederösterreichische Malakademie befindet.
Das Resultat dieser ungewöhnlichen Tortenbestellung war faszinierend. Zehn komplett
unterschiedliche Tortenkunstwerke schillerten beim zehnten Geburtstagsfest der Niederösterreichischen Malakademie im Kristallsaal
des Rothschildschlosses Waidhofen an der
Ybbs in allen Farben des Regenbogens. „Zum
Vernaschen sind die Torten eigentlich viel zu
schön, doch Teil dieser Kunst ist eben auch
der Geschmack – und der ist sagenhaft“,
meint Giuseppe Rizzo, zuständig für Kreativitätsförderung bei der NÖ KREATIV GmbH.
Malakademie setzt
kreative Prozesse in Gang
Der künstlerische Tortenreigen war nicht
der erste kreative Prozess, den die Nieder-
Als Inspiration für diese Torte diente Marten Bergers
Strohballen.
österreichische Malakademie angestoßen
hat. Aus dem Pilotstandort der Malakademie
in Waidhofen an der Ybbs ist die Niederösterreichische Kreativakademie hervorgegangen. Binnen zehn Jahren hat sich ein
weitverzweigtes Netzwerk an Akademien
entwickelt, mittlerweile werden 62 Akademien an 33 Standorten im gesamten Bundesland Nieder-österreich angeboten: Akademie
für Schmuck- und Metallgestaltung, Bilderhauer-, Film-, Foto-, Journalismus-, Mal-,
Musical-, Schauspiel-, Schmiede- und Schreibakademie – die Angebotspalette der Niederösterreichischen Kreativakademie ist genauso
breit gefächert wie die kreativen Talente junger Menschen. An die 6.000 Kinder und
Jugendliche haben die Niederösterreichische
Kreativakademie bis dato absolviert. Jedes
Semester entfalten rund 500 neue Teilnehmer
ihre kreativen Talente in der Niederösterreichischen Kreativakademie.
Leidenschaft,
nicht auf Papier beschränkt
Die Werkschau Bild ist zu Papier gebrachte
Leidenschaft. Mit dem zehnten Jubiläumsband beschreitet die Niederösterreichische
Malakademie neue Wege. Die kreative Leidenschaft der Schüler wird sich nicht mehr
auf Papier beschränken, denn der zehnte
Band der Werkschau Bild erscheint auch
online als E-Magazin. Auf jedem Smartphone
und Tablet – zukünftig womöglich sogar auf
jeder Uhr – kann nun die kreative Leidenschaft der jungen Talente bewundert werden.
„Die Niederösterreichische Kreativakademie ist ein Angebot für 12- bis 19-Jährige“,
erklärt Ecker. „Es ist daher ein logischer
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Das Werk ist in der Malakademie Pressbaum entstanden.
Foto: Marten Berger
Schritt, die Werkschau Bild auch online zur
Verfügung zu stellen. Schließlich wollen wir
die jungen Menschen dort abholen, wo sie
ohnehin schon sind.“. /
Text: Markus Kiesenhofer
Fotos: photo-graphic-art-at
Katharina Stemberger, Moderatorin des Geburtstagsfests, Katharina Heim, Konditormeisterin der
Firma Hartner, und Landeshauptmann-Stellvertreter
Mag. Wolfgang Sobotka, der Initiator der Niederösterreichischen Kreativakademie.
Foto: NLK/Johann Pfeiffer
NÖ MALAKADEMIE
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Die „Werkschau Bild“, Band 10,
ist online zu bewundern:
issuu.com/werkschaubild/docs/
werkschaubild10
Die Niederösterreichische Malakademie
ist ein Angebot der Niederösterreichischen Kreativakademie.
Tel. 02742 9005 16841
[email protected]
noe-kreativakademie.at
Chorszene Niederösterreich / 20
Kirchenmusik
SINGMESSEN
Die historische Entwicklung der „Singmessen“.
adaptieren. Dort findet sich eine Singmesse
von Norbert Hauner mit Texten von Johann
Franz Seraph Edler von Kohlbrenner, die
Vorbild für eine ganze Welle von deutschen
Gesängen zur Messfeier wurde – zur Messe
wohlgemerkt, nicht als Messe; liturgische
Texte durften schließlich nicht durch muttersprachliche Nachdichtungen ersetzt werden. Während also der Priester still das
Gloria betete, sangen die Gläubigen die
Gloria-Strophe der Singmesse. Und so ging
es – nur durch leises Orgelspiel zur Wandlung unterbrochen – bis zum Schluss des
Gottesdienstes weiter.
Joseph Kriehuber: Franz Schubert,
Lithografie von C. Helfert.
Die Gottesdienstgemeinde soll sich beteiligen, sie soll in der Muttersprache singen,
und die Texte sollen wirklich zur Liturgie
passen: Was sich anhört wie Forderungen
am Vorabend des Zweiten Vatikanischen
Konzils, war auch schon Ende des 18. Jahrhunderts auf der Tagesordnung.
Die „katholische Aufklärung“ im süddeutsch-österreichischen Raum traf sich
hier mit den Ideen Josephs II., und nicht
zuletzt war auch der Salzburger Erzbischof
Graf Colloredo auf dieser Linie (er ist vor
allem als vorgeblich antikirchenmusikalischer Dienstherr Mozarts bekannt). Er
führte das „moderne“ Landshuter Gesangbuch von 1777 in seinem Bistum ein und
ließ es zuvor von Michael Haydn überarbeiten bzw. für österreichische Verhältnisse
Zusammenhang
zwischen Gesang und Liturgie
Die Texte – vor allem die der SchubertMesse – sind ja auch weniger als präziser
liturgischer Gesang gedacht, sondern als
Ausdruck der Empfindung des Gläubigen
beim jeweiligen Teil der Messe. Aber immerhin war so ein Zusammenhang zwischen
Gesang und Liturgie geschaffen, der deutlich über die frühere Praxis hinausging – wie
etwa stilles Rosenkranzgebet und hie und da
eine Litanei.
Es gibt zu denken, dass damals „neue geistliche Lieder“ auf Geheiß der kirchlichen
Obrigkeit geschaffen wurden – und auch,
dass sich Meister wie Michael Haydn und
Franz Schubert unter eine Schar von heute
vergessenen Liedermachern eingereiht
haben, um solche Zyklen zu vertonen. Von
den Dutzenden Singmessen haben freilich
nur wenige überlebt, aber die Haydn-Messe
und die Schubert-Messe haben die litur-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
gischen Reformen und mehrere neue
Gesangbücher überdauert und erfreuen sich
einer begrenzten, aber anhaltenden Popularität. Bei einer Umfrage Ende des 20. Jahrhunderts nach den am meisten vermissten
Gesängen im Stammteil des Gotteslob
(1975) wurde die Singmesse von Schubert
am vierthäufigsten genannt. /
Text: Peter Planyavsky
VOLKSGESANGSMESSEN
IM GOTTESLOB
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Haydn 710 (801), Schubert 711 (802)
Original- und Gebrauchsfassungen
(Arrangement Hans-Peter Manser)
CD und Noten erhältlich bei:
Chorszene Niederösterreich
Haus der Regionen
3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Tel. 02732 85015 12
[email protected]
Niederösterreichischer Blasmusikverband
3311 Zeillern, Schlossstraße 1
Tel. 07472 66866
[email protected]
Musikverlag Johann Kliment
1090 Wien, Kolingasse 15
Tel. 01 3175147-0
[email protected]
Ausführliche Informationen
zum neuen Gotteslob:
www.gotteslob.at
Chorszene Niederösterreich / 21
Kirchenmusik
NAHE AM VOLKSTON
Die Neubearbeitungen der „Volksgesangsmessen“ von Michael Haydn und Franz Schubert
im neuen Gotteslob.
Sie gehören zu den wenigen kirchlichen
Volksgesängen der Klassik, die sich bis heute
zu Recht ungebrochener Beliebtheit erfreuen. Seit langem besteht der Wunsch nach
einem Arrangement der beiden Messen mit
Rücksicht auf die tatsächlichen Besetzungsmöglichkeiten unserer Blasmusikkapellen
und auf die Singbarkeit für den Kirchenbesucher. Hans-Peter Manser erhielt in diesem
österreichweit einzigartigen Projekt von der
Chorszene Niederösterreich in Kooperation
mit dem NÖ Blasmusikverband den Auftrag, eine solche Fassung zu erstellen. Die im
Kliment Verlag erschienenen Noten werden
allen Mitgliedskapellen des NÖ Blasmusikverbandes kostenlos zur Verfügung gestellt.
Gotteslob_A4.indd 1
Bei der Neubearbeitung der Messen ist das
Augenmerk auf die gute Singbarkeit sowie die tatsächlichen Besetzungsmöglichkeiten gerichtet.
Das Deutsche Hochamt von Michael Haydn
und die Deutsche Messe von Franz Schubert
sind beides exemplarische Kompositionen
der Klassik, die zum katholischen Gemeingut geworden sind. Beide Werke weisen ihre
Schöpfer als subtile und feinfühlige Komponisten aus, die einerseits praktikable und gut
singbare Messkompositionen schufen, andererseits aber Kunstwerke von tief empfundener Religiosität und ausgeprägtem WortTon-Verhältnis.
Die nun neu aufgelegten Werke (als CD und
als Arrangement für Blaskapellen) gelten zu
Recht als „Kleinod“ und legen berührendes
Zeugnis einer Zeit ab, in der selbstbewusste
bürgerliche Werte aus dem Geist der Aufklärung Eingang in die religiöse Praxis gefunden haben. Bis heute singt man diese Liedfolgen gerne und häufig in unseren Kirchen
– wenngleich sie dort auch oft ein wenig
verstaubt und mit wenig Schwung erklingen.
18.02.14 11:40
Originalfassung
und Neuarrangement
Intention dieses Projektes war es daher,
diese wunderbaren Werke in ihrer ganzen
schlichten Schönheit wieder mehr ins
Bewusstsein der Sänger, Musiker und Gottesdienstbesucher zu rücken und dabei auch
auf den künstlerischen Gehalt hinzuweisen.
Auf der neu erschienenen CD haben wir
beide Werke in ihren Bläseroriginalfas-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
sungen eingespielt – quasi als Referenz vor
den Meistern Franz Schubert und Michael
Haydn. Ebenfalls aufgenommen haben wir
das Neuarrangement für Blasorchester von
Hans-Peter Manser, das sich einerseits möglichst genau an diese Vorlagen hält, anderseits hat er als Arrangeur darauf geachtet,
eine Besetzung vorzugeben, die von möglichst vielen Blaskapellen umsetzbar ist. Der
Tonartenplan beider Werke orientiert sich
an den Möglichkeiten der Instrumentalisten, vor allem aber am Tonumfang des
kirchlichen Volksgesanges.
Die Chorszene Niederösterreich hat in
Zusammenarbeit mit dem NÖ Blasmusikverband und gemeinsam mit dem KlimentVerlag die Neuedition dieser beiden Werke
vorgenommen und damit hoffentlich manche Kapellmeister dazu angeregt, nicht mehr
die schwer singbaren Marschbuchfassungen
zu verwenden, sondern das neue Arrangement. Die Meister Franz Schubert und
Michael Haydn haben es verdient, dass ihre
Werke, die so nahe am Volkston geschrieben
sind und dabei jegliche Banalität vermissen
lassen, wieder mit mehr Wertschätzung und
Freude gesungen werden. Greift man im
neuen Gotteslob zu den Nummern 710 und
711 (im alten Buch waren es die Nummern
801 und 802), so sollte das kräftige Mitsingen mit den Bläsern kein Problem darstellen. /
Text: Gottfried Zawichowski
Industrieviertel / 22
Singen
BARBARASINGEN
Barbarasingen in Mödling zu Gedenken des Ehrenobmanns der Volkskultur Niederösterreich,
Alexander Veigl.
Die hl. Barbara, deren Fest am 4. Dezember
gefeiert wird, ist eine christliche Märtyrerin
und lebte Ende des dritten Jahrhunderts.
Historisch gesehen ist über sie nur wenig
bekannt, das meiste entstammt lediglich der
Legende. Barbara bildet mit Katharina und
Margareta die Gruppe der drei heiligen
Madeln, der Bauernpatroninnen unter den
14 Nothelfern, und gilt als Schutzpatronin
vor allem der Bergleute.
Bis heute werden am Barbaratag Zweige von
den Obstbäumen geschnitten und ins Wasser
gestellt. Zu Weihnachten werden sie blühen
und den Glanz verdeutlichen, den die Geburt
des Erlösers in die Welt gebracht hat. Noch
vor einiger Zeit erhielt in Niederösterreich
jedes Familienmitglied einen eigenen Zweig,
um daraus sein Glück ableiten zu können.
Beim Schneiden der Zweige sollten bestimmte
Regeln eingehalten werden. In Böhmen durfte man nur mit dem Hemd bekleidet und mit
vom Baum abgewandtem Gesicht schneiden,
woanders durfte nur während des Vesperläutens geschnitten werden. Der Advent wird
von der Lichtsymbolik geprägt. Die Barbarazweige drücken das Licht der Christusnähe
aus, in denen die Heilige gleichfalls zur Lichtbringerin wird. Wenn auch am Barbaratag
die Zweige wie tot aussehen, werden sie in der
Heiligen Nacht blühen und das Leben in seiner Fülle zeigen.
Hl. Barbara, Pfarrkirche St. Stephan in Villanders,
Südtirol. Foto: WikiCommons/Wolfgang Moroder
Die Volkskultur Niederösterreich lädt mit
Gesangs- und Musikgruppen zur Heiligen
Messe mit anschließendem Barbarasingen
ein, um ihrem 2007 verstorbenen Ehrenobmann Alexander Veigl anlässlich seines
Geburtstages am Barbaratag zu gedenken. /
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
BARBARASINGEN
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Fr, 28. 11. 2014
Herz Jesu Kirche
2340 Mödling, Maria-Theresien-Gasse 18
18.15 Uhr: Turmblasen mit dem Bläsergruppe der Trachtenkapelle Perchtoldsdorf
18.30 Uhr: Hl. Messe mit Barbarasingen
(in memoriam Alexander Veigl)
Einleitung: Edgar Niemeczek, Kultur.Region
Niederösterreich
Musikalische Gestaltung: Bläserensemble
Trachtenkapelle Perchtoldsdorf, Ö-streich,
5-G’span Musi, Hainbach Sänger aus Straßwalchen
Information und Anmeldung
Tel. 0664 8223963 (Andreas Teufl)
[email protected]
Eintritt frei!
LEOPOLDISINGEN
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So, 16. 11. 2014, 14.00 Uhr
Pfarrkirche Bruck an der Leitha
Bereits zur Tradition geworden ist das
Leopoldisingen der niederösterreichischen
Bäuerinnensinggruppen, das diesmal in der
Pfarrkirche Bruck an der Leitha erklingt.
Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft
der Bäuerinnen, Landwirtschaftskammer
Niederösterreich und der Chorszene Niederösterreich bittet die Volkskultur Niederösterreich am 16. November Bäuerinnensinggruppen auf die Bühne.
Eintritt frei!
Weinviertel / 23
Gemeinschaftsprojekte
DIE GEGGIS MACHEN MUSIK
In Zusammenarbeit von Musikschule, Kulturverein und Musikgruppe erarbeiten Kinder aus Braitenwaida
ein Musikspiel nach einem Buch von Mira Lobe.
verschiedene Zielgruppen gelegt werden. So
sollen im Sinne der Kulturvermittlung Brücken zwischen Kunst, Künstlern und Publikum gebaut werden. Immer wieder werden
auch Veranstaltungen und Workshops mit
und für junge Menschen stattfinden, mit dem
Ziel, das Bewusstsein für kulturelle Bildung
zu schärfen.
kum wird mit elementaren Bewegungsformen und gemeinsamen Liedern interaktiv in das Geschehen einbezogen, um
zwischendurch mit voller Aufmerksamkeit
zuzuhören und die Instrumente kennenzulernen. /
Text: Silvia Reiß
Volkskultur näherbringen
Die Geggis leben in tiefer Feindschaft, bis zwei
Geggikinder einander begegnen und sich daraus eine
Gemeinschaft entwickelt.
Österreich kann sicher als „Land der Vereine“
bezeichnet werden. Von der Freiwilligen Feuerwehr über Jugendorganisationen und Sportinitiativen bis hin zu kulturellen Vereinen
sind diese für den sozialen Zusammenhalt
und das gesellschaftliche Zusammenleben
vor allem in ländlichen Regionen von großer
Bedeutung. In Breitenwaida hat sich nach
einigen Jahren erfolgreicher Arbeit der Dorfverein Breitenwaida dazu entschieden, in
Zukunft sein Hauptaugenmerk auf die Kulturarbeit zu legen. Unter einem neu strukturierten Vorstand: Obfrau Silvia Reiß hat im
Jänner 2014 die neue „Kulturinitiative Breitenwaida“ etabliert. Diese Gruppe interessierter und engagierter Einwohner Breitenwaidas
hat sich zum Ziel gesetzt, kulturelle Aktivitäten, abseits der urbanen Zentren, unter
Miteinbeziehung der Bevölkerung zu initiieren und dabei auch mit anderen Vereinen,
der Pfarre Breitenwaida sowie Kindergarten,
Volksschule und Musikschule zusammenzuarbeiten. Besonderes Augenmerk soll auf
Traditionelle Veranstaltungen wie Kirtag,
Kathreintanz oder Martiniloben sollen das
Dorfleben im Jahreskreis wieder bereichern.
Der Verein sucht neue Wege, um Kinder
und Jugendliche in einen konstruktiven
Kontakt mit Volkskultur zu bringen. So auch
bei der nächsten Veranstaltung, einer Kooperation der Kulturinitiative Breitenwaida,
der Volksmusikgruppe „Die Saitenhüpfer“
und der Walter-Lehner-Musikschule Hollabrunn, die für ein sehr junges Publikum
konzipiert wurde. Unter dem Titel „Die
Geggis machen Musik“, frei nach dem Kinderbuch „Die Geggis“ von Mira Lobe, versteckt sich ein Projekt, das sowohl den mitwirkenden Kindern, Schülern der Musikschule Hollabrunn, als auch den Kindern im
Publikum die Beschäftigung mit Volksmusik ermöglichen soll. Die spannende
Geschichte der Fels- und Berggeggis wird
musikalisch erzählt, umrahmt und dargestellt. Durch das Geschehen führen die
Volksmusikgruppe „Die Saitenhüpfer“ und
die Tanzpädagogin Angelina Abasolo. Das
Konzept nutzt die ursprüngliche Verbindung von Musik und Bewegung, um Kinder
zu einem aktiven Zuhören, Musikverstehen
und Musikerleben anzuregen. Das Publi-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
DIE GEGGIS MACHEN MUSIK
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So, 16. 11. 2014, 15.00 und 17.00 Uhr
Kulturhaus Breitenwaida
2014 Breitenwaida
Tel. 0650 6721624
Ausführende: Die Saitenhüpfer
Tante Baba: Angelina Abasolo,
Onkel Odumei: Günther Kutyi,
Geggikinder: Schülerinnen und Schüler
der Musikschule Hollabrunn
LITERARISCHES
IM BRANDLHOF
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So, 2. 11. 2014, 17.00 Uhr
3710 Radlbrunn 24
Junge Literatur trifft auf Althergebrachtes. Hermann Jagenteufel liest aus den
Werken der bekannten ui-MundartDichter, dem gegenübergestellt präsentieren junge Autoren der Schreibakademie
Hollabrunn Gedichte und Prosa.
Volkskultur Niederösterreich
Tel. 0664 8208595 (Eva Zeindl)
www.volkskulturnoe.at/brandlhof
Mostviertel / 24
Jagdhornverein Windhag
TRARA
Das Parforcehorn entwickelte sich vom Signal- zum Orchesterinstrument. Der Jagdhornverein Windhag,
der sich dem Parforcehornspiel verschrieben hat, feiert im kommenden Jahr seinen 40. Geburtstag.
Seit 40 Jahren pflegen die Windhager die Tradition des Parforcehorns. Foto: z. V. g.
Das Parforcehorn-Ensemble Windhag aus
Waidhofen an der Ybbs gehört zu den
erfolgreichsten Jagdhornbläsergruppen in
Niederösterreich. 1975 gegründet, wurde
das Ensemble über 35 Jahre von seinem Initiator Hans Wagner geleitet. Seit 2010 steht
das Ensemble unter der musikalischen Leitung von Hornmeister Hermann Maderthaner jun. und Obmann Engelbert Wagner.
Für Organisation und Administration zeich-
net Obmann Engelbert Wagner mit seinem
Vereinsvorstand verantwortlich.
Das Parforcehorn entwickelte sich aus einen
Signalinstrument, das bei Hetzjagden geblasen wurde. Würde man Parforce-Hörner
ausrollen, wären sie etwa 4,25 Meter lang.
Das ursprüngliche Horn zum jagdlichen
Gebrauch hatte nur eine Windung, erst für
den Einsatz im Orchester wurde es mehr-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
windig gebaut. Die große Windung diente
dazu, dass der Reiter das Horn über der
Schulter tragen konnte, indem er Kopf und
Arm hindurchsteckte. So hatte er beide
Hände zum Reiten frei.
Schalltrichter rückwärts
Im Gegensatz zu anderen Instrumenten wie
Klarinette oder Trompete zeigt der Schall-
Mostviertel / 25
bereich des Jagdhornvereins Windhag. Ein
ganz besonderes Erlebnis war der Auftritt
beim Ball vom Grünen Kreuz, dem Jägerball
in der Wiener Hofburg.
Jagdhornverein Windhag bei aufhOHRchen im Festspielhaus St. Pölten.
trichter des Parforcehornes nach hinten. Das
ergab sich daraus, als in Zeiten, in denen die
Jagd mit Meutehunden und zu Pferde hinter
dem Wild durchgeführt wurde, die Signaltöne von vorne nach hinten schallen sollten.
Die Reiter, die dem Wild am nächsten
waren, verständigten die nachfolgende Jagdgesellschaft damit. Daher zeigt der Schalltrichter sinnvollerweise also nach hinten.
Wegen der zum Teil großen Entfernungen
war es notwendig, sich über den Jagdverlauf
zu verständigen. So wurden Jagdhörner entwickelt, die zu Pferde getragen werden
konnten und deren Klang über weite Distanzen (bis zu circa sieben Kilometer) zu hören
war. Ihr Tonumfang war so gestaltet, dass
für die verschiedenen Jagdabläufe spezielle
Melodien (Jagdfanfaren) spielbar waren.
Vom französischen Hof aus verbreitete sich
diese Jagdart über ganz Europa. So wurden
diese Bräuche, Regeln und die Parforcemusik
vor allem nach Österreich, Böhmen und
Deutschland gebracht und hier den Gegebenheiten angepasst. Von der Jagd ausgehend
fanden die Parforcehörner über den Einsatz
bei höfischen Empfängen und Festen ihren
Einzug in die Orchester und gelten als Vorläufer der heutigen Konzert-Waldhörner.
Neue österreichische
Jagdhornmusik
War beim Parforcehorn-Ensemble Windhag
anfänglich das spontane Interesse an Technik und Klang der noch wenig verbreiteten
Parforcehörner die Motivation zum Ensemblespiel, so kam sehr bald die ernsthafte
Auseinandersetzung mit der für Parforce-
hörner im Besonderen geschriebenen Musik
dazu. Heute hat sich das Ensemble der Pflege alter und neuer österreichischer Jagdhornmusik verschrieben und dabei verborgene musikalische Kostbarkeiten neu entdeckt. In gleichen Maßen hat das Ensemble
durch seinen ausgezeichneten Ruf schon
einige Komponisten angeregt, für sie zu
schreiben, sodass die Tradition der Jagdmusiken immer wieder neue musikalische
Impulse erhält.
Zum Repertoire des Ensembles gehören
sowohl traditionelle Musikstücke von
bekannten Komponisten wie Josef Schantl
oder Anton Wunderer als auch Stücke von
Ensemblemitgliedern, unter anderem von
Hans Wagner, Josef Maderthaner oder Hermann Maderthaner jun. Hermann Maderthaner sen. hat über 30 Stücke für Jagdmusik
geschrieben und Kompositionswettbewerbe
des Landesjagdverbandes Niederösterreich
gewonnen. Diese konzertante Jagdmusik
wird von den Windhager Jagdhornbläsern
mit Parforcehörnern in Es gespielt, hingegen
Signale, Todsignale, Jägermärsche oder im
Besonderen Jagdstücke mit Fürst-Pless- und
Parforcehörnern in B-Stimmung.
Hubertusmesse und Hofburg
Höhepunkte im Veranstaltungsreigen der
Windhager Jagdhornbläser sind die Hubertusmesse in Windhag und das alle zwei
Jahre stattfindende Schlosskonzert im Hof
des Rotschildschlosses in Waidhofen an der
Ybbs. Die Umrahmung von jagdlichen Veranstaltungen, Treibjagden und Streckenlegungen gehören ebenfalls zum Aufgaben-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Sehr erfolgreich sind die Windhager bei der
Teilnahme an nationalen und internationalen Bewerben, so haben sie viele Jahre hindurch den 1. Platz beim Niederösterreichischen Landeswettbewerb erzielen können
und ebenso viele erste Plätze bei den internationalen Bewerben in den verschiedensten
Städten Europas – und beim 1. Europäischen Jagdhornwettbewerb 1993 sind die
Windhager Jagdhornbläser Europasieger
geworden.
Alle Ensemblemitglieder sind auch in anderen Vereinen in Windhag musikalisch aktiv,
wie zum Beispiel den Windhager Dorfmusikanten, den Windhager Böhmischen, Ybbsvalley Brass Alphornbläser und der Trachtenmusikkapelle Windhag. Eine Herausforderung waren auch die sieben CD-Produktionen des Jagdhornvereins, eine weitere zum
40-Jahr-Jubiläum ist gerade in Produktion.
Diese CD wird im Rahmen der Feierlichkeiten im Jahr 2015 am 23. Jänner 2015 im
Gasthaus Kerschbaumer in Waidhofen an
der Ybbs präsentiert. /
Text: Claudia Lueger
JUBILÄUMSREIGEN
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Fr, 23. 1. 2015, 19.30 Uhr
CD-Präsentation
Gasthaus Kerschbaumer
3340 Waidhofen an der Ybbs
Unterzeller Straße 85
Fr, 14. 8. 2015, 20.00 Uhr
Schlosskonzert
Hof des Rotschildschlosses
3340 Waidhofen an der Ybbs
Schlossweg 2
13. 9. 2015, 10.00 Uhr
Hubertusmesse mit Festakt
3340 Waidhofen an der Ybbs,
Hubertuskapelle Windhag
Jagdhornverein Windhag
Tel. 0676 3729634 (Engelbert Wagner)
[email protected]
www.jagdmusik.com
Waldviertel / 26
Wetter
LEBEN MIT NEBEL
Das Waldviertel hat mehr Sonnenstunden als das österreichische Mittel. Trotzdem bleibt der Nebel
ein hartnäckiges Markenzeichen der Region. Eine Novembergeschichte.
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Waldviertel / 27
Sonnenblumen im Nebel.
Ein kleiner Tipp vornweg: Wenn Sie an
einem grauen Nebeltag das Wort Nebel
rückwärts lesen, wird es Ihnen gleich besser
gehen – denn im Nebel steckt Leben.
Viele Menschen assoziieren das Waldviertel
oft mit einer mystischen, menschenleeren
und nebeligen Region. In vielen Köpfen ist
das Waldviertel immer noch rückständig,
die Bewohner seien stur und eingezogen.
Und doch haben die Waldviertler alles im
Gepäck, was Appetit auf mehr macht: wunderbare Landschaften, kulinarische Schmankerln, kulturelle Schätze, Musik aus der
Region, Bräuche und viele Möglichkeiten,
um sich oben im Waldviertel Kraft zu holen.
Der Himmel hat im Waldviertel jeden Tag
eine andere Farbe. Die Ruhe, die von diesem
Land und seinen Menschen ausgeht, ist faszinierend.
Doch im November hat das Waldviertel keinen guten Ruf. Es sei nebelig. Nicht tagelang, gar wochenlang versinke es im Nebel.
Der Nebel kriecht aus den Senken, verschluckt die Dörfer, Raureif kristallisiert auf
den Zweigen. Er lässt Krähen und Traktorengeräusche verstummen. Er entzieht dem
Herbst die letzte Farbe, lässt die Ufer der
Teiche zerfließen und macht den ersten
Schnee schmutzig grau. Nur Granitblöcke
und Wälder bleiben als schwarze Schatten
stehen. Der Nebel hängt gleich bleichen
Tüchern zwischen den Tannen.
Morgendlicher Thayanebel in Drosendorf.
Aber Nebel ist nicht Nebel, er hat verschiedene Charaktere, unterschiedliche Konsistenzen, mannigfaltige Gesichter. Er stopft
Münder und legt sich wie eine schwere
Decke aufs Gemüt. Doch ein im Waldviertel
Geborener gesteht seine Liebe zur herben
Schönheit im nördlichen Niederösterreich.
Nebelkunde
Der Nebel und das Waldviertel stehen auf du
und du. Für jene, die damit nicht so vertraut
sind, hier eine kleine Nebelkunde. Der Nebel
entsteht entweder durch Abkühlung der
Atmosphäre oder über dem Erdboden durch
Verdichtung des Luftwasserdampfes. Es gibt
Strahlungsnebel, Advektionsnebel, Bergnebel, Verdunstungsnebel, Eisnebel u. v. m.
Die ersten Nebel sind die Morgennebel. Sie
kommen mit dem Altweibersommer. Vom
klaren Himmel fällt in der Nacht die kalte
Luft herab, während der Boden noch die
Wärme des vergangenen Sommers gespeichert hat. Die Feuchtigkeit der Erde, der Tau
und das warme Wasser der Teiche verdunstet am Morgen, sodass die Sonne erst
mittags sichtbar wird.
Hochnebel ist ein gebräuchliches Wort für
Nebel, der in Form niedrig liegender
Schichtwolken in einigen zehn bis 100 Metern über der Erdoberfläche beginnt und bis
ein oder zwei Kilometer Höhe reichen kann.
Am häufigsten bildet er sich im Herbst,
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
wenn sich die Luft in der Nacht bei hoher
Feuchtigkeit stark abkühlt. Die Herbstnebel
sind zäh und ausdauernd. Drei, vier Wochen
liegen sie über dem Land. Die nebeltechnisch unglückliche Höhenlage des Waldviertler Hochplateaus trägt Schuld an den
langen Grauperioden. Während oben drüber die Sonne scheint und im Flachland der
Hochnebel den Himmel in eine graue Decke
verwandelt, steckt das Land auf 500 Meter
über dem Meeresspiegel in dieser Nebelzone
fest.
2.100 Sonnenstunden
Zwar liegt das Waldviertel durchschnittlich
auf etwa 500 Meter Seehöhe, doch viele
Regionen im südlichen und im oberen
Waldviertel liegen höher. Dort scheint die
Sonne. Und das belegt auch die Statistik.
Das zentrale Waldviertel hat durchschnittlich rund 1.850 bis 2.100 Sonnenstunden.
Der österreichische Durchschnitt liegt bei
1.600 Sonnenstunden.
Wahre Naturliebhaber und Wanderer
schreckt das aber keineswegs ab, denn so ein
Nebeltag im Herbst sorgt für eine ganz zauberhafte Stimmung. Eine Fahrt aus einer im
Nebel gelegenen Ebene in eine höhere Region bedeutet einen Moment, den man erlebt
haben soll. Denn wehrlos beugt sich der
dichte Nebel der kräftigen Morgensonne
und man erblickt einen blauen, wolkenlosen
Himmel.
Waldviertel / 28
Abfischen in Kirchberg am Walde.
Der Nebelstein
Literatur im Nebel
Der Nebelstein mit seinen 1.017 Metern
gehört zu den höchsten Bergen im Waldviertel, er befindet sich im Freiwald nahe der
Staatsgrenze zu Tschechien. Die unweit des
Gipfelkreuzes gelegene Nebelsteinhütte ist
Schnitt- und Ausgangspunkt vieler Wanderwege. Daneben befinden sich eine Amateurfunkanlage und ein Radiosender. Am Südwesthang unterhalb des Talerberges entspringt die Schwarzau.
Literatur im Nebel ist das Lesen eines Buches
im November. „Literatur im Nebel“ ist auch
die größte Literaturveranstaltung des Waldviertels. Das 2006 ins Leben gerufene Literaturfestival in Heidenreichstein hat sich
erfolgreich etabliert. Jedes Jahr werden
Schriftsteller von Weltruhm wie etwa Louis
Begley, Salman Rushdie, Amos Oz oder
Hans Magnus Enzenberger eingeladen, um
aus ihren Werken zu lesen. So wie auch dieses Jahr, wo der britische Autor Ian McEwan
Gast des Literaturfestivals war.
Im Gasthof Nordwald kann man sich noch
an frischen Mohnzelten laben, seine Balance, den Tastsinn und Gleichgewichtsübungen im Motorikpark bei Hirschenwies trainieren, bevor es hinauf zum Nebelstein geht.
Erst über Wiesen entlang des Waldes und
dann in den feuchtwarmen Wald hinein.
Möglicherweise kämpfen Nebel und Sonne
gerade miteinander. Und wenn man das
Licht der Sonne durch leichte Nebelfelder
hindurch beobachtet, meint man, ihre Strahlen sehen zu können. Diese Erscheinung hat
eine Ursache: Die Wassermoleküle in der
Luft sind im Gegensatz zu anderen Molekülen, die in der Luft sind (Sauerstoff, Stickstoff usw.), groß genug, um das Licht zu
reflektieren.
Wer glaubt, dass im angeblich so nebeligen
Herbst im hohen Waldviertel die Menschen
nicht außer Haus gehen, der irrt. Nur ein
Beispiel ist die „Karpfenernte“, die sogenannten Abfischfeste, welche an etlichen
Teichen teils sehr rustikal abgehalten werden, darunter z. B. das Abfischfest an der
Ottensteiner Teichplatte oder in Heidenreichstein, eines der bekanntesten Abfischfeste. /
Text: Andreas Teuf l & Mella Waldstein
Fotos: Manfred Horvath
KATHREINTANZ
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Sa, 29. 11. 2014, 18.30 Uhr
3580 Horn, Vereinshaus
Die VTG Rosenburg Mold wurde vor
35 Jahren gegründet und hat in dieser Zeitspanne so manche Hochs und Tiefs erlebt.
Seit sieben Jahren gibt es wieder eine aktive
und wachsende Gemeinschaft, die Freude
an Tanz, Musik und Gesang hat.
Aus Anlass der 35-Jahr-Feier der Volkstanzgruppe Rosenburg Mold wird der schon traditionelle Kathreinstanz heuer in größerem
Rahmen durchgeführt. Großer Auftanz,
Landler, einfache Volkstänze, Publikumstänze, Walzer und Polkas ergeben in
Verbindung mit Vorführtänzen ein buntes
Abendprogramm. Es spielen: Gruppen der
Musikschule Horn, Familienmusik Trauner, Spielmusik der VTG Rosenburg Mold.
Tel. 0664 2120114 (Franz Ostermann)
Foto: Volkstanzgruppe Reinprechtspölla
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Lebenswerk / 29
Ernst Schandl
DER WÄCHST NUR
IN DER WACHAU
Er war der Haus- und Hofkomponist der Wachau und ist aus dem Kremser Musikleben
nicht wegzudenken – Prof. Ernst Schandl (1920–1997).
der Musikakademie Wien fortsetzte. Kriegsbedingt konnte er erst nach Ende der Kriegsgefangenschaft in Frankreich das Lehramtsstudium in Krems abschließen und den
Dienst in der Steiner Volksschule, später in
der Hauptschule und im BORG Krems antreten.
Volkslieder im besten Sinn
Ernst Schandl leitete Chöre, Orchester, Blaskapellen
sowie die Wachauer Spielmusik. Foto: Archiv Schandl
Ernst Schandl gilt als einer der populärsten
Wachaulied-Komponisten. In zahlreichen
Liedern besang er die Schönheiten dieser
Landschaft, die Menschen und den Wein.
Weniger bekannt, aber nicht minder liebevoll
sind die Lieder über die Heimat des Komponisten, das Waldviertel, zum Beispiel „Waldviertel“ nach einem Text von Hans Giebisch.
In Hoheneich bei Gmünd wurde Ernst
Schandl 1920 geboren. Bald fiel der Volksschüler, der seine Mutter zum Kirchenchor
begleitete, dem Pfarrer auf, der ihn zu den
Zwettler Sängerknaben vermittelte. Dort
begann seine musikalische Ausbildung, die er
in Melk und danach vielfach durch Selbststudium und das Studium der Kirchenmusik an
Neben der Arbeit als engagierter Pädagoge
begann eine breite musikalische Tätigkeit, die
ihresgleichen sucht: Chöre, Orchester, Blaskapellen sowie ein eigenes Schrammelquartett, die Wachauer Spielmusik, leitete Ernst
Schandl über Jahrzehnte. Lieder wie das
„Wachauer Hauerlied“ oder „Zwischen Krems
und Stein“ sind im besten Sinn des Wortes zu
Volksliedern geworden, die sich bereits über
mehrere Generationen tradieren.
Auch als Organist und Komponist wurde er
in der ganzen Region berühmt. Geistliche
Kompositionen wie deutsche und lateinische
Messordinarien, Motetten und Lieder lagen
dem Komponisten und Kirchenmusiker
besonders am Herzen. Zu erwähnen ist hier
die „St.-Christophorus-Messe“, eine groß
besetzte Orchestermesse aus dem Jahr 1948,
die stilistisch dem Vorbild Anton Bruckner
verpflichtet ist.
Viele Kremser und Wachauer kannten Ernst
Schandl persönlich, waren seine Schüler oder
Mitglieder in verschiedenen musikalischen
Gruppierungen. Zu diesen zählte auch der
Chor der Häftlinge der Justizanstalt Stein,
den Ernst Schandl über 30 Jahre betreute.
Allen ist sein bescheidenes, freundliches und
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
stets hilfsbereites Wesen, sein unerschöpfliches Liedrepertoire und seine Musizierfreude in dankbarer Erinnerung. Seine Musikalität lebt in seinen sieben Kindern, seinen
Enkelkindern und Urenkeln fort. Die Musik
ist auf Tonträgern aller Art, als Bearbeitungen, als Filmmusik und natürlich als Standardrepertoire der Wachauer Chöre und
Blaskapellen zu finden.
Der Stadt Krems hat Ernst Schandl einige
Lieder nach Texten von Kremser Schriftstellerinnen und Schriftstellern – wie Wilma Bartaschek, Via von Severus, Walter Ranzenhofer
und Wilhelm Kremser – gewidmet. Zum
1.000-Jahr-Jubiläum der Stadt 1995 komponierte er eine Festfanfare und einen Jubiläumsmarsch. Zahlreiche Auszeichnungen zeugen von der breiten Anerkennung seiner
Leistungen, neben vielen anderen der vom
Bundespräsidenten verliehene Titel „Professor“, der „Rieslingorden“ der Gemeinde
Weißenkirchen und der „Martin-JohannSchmidt-Kunstpreis“ der Stadt Krems, deren
Ehrenbürger Ernst Schandl ist. /
Text: Hildegard Schandl
INFORMATION
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Die Homepage www.ernstschandl.at
bietet neben biographischen Details und
Bildmaterial auch ein Werkverzeichnis
und Verweise auf Tonträger und
Literatur.
Forschung / 30
Volksliedarchiv
SINGEN AN DER FRONT
Von „hohem vaterländischen Wert“ –
Funktionalisierungen des Volksliedes für den Ersten Weltkrieg.
„Ist uns nicht das Lied ein guter Kamerad
geworden, der uns die Schwere des Tornisters
auf langem Marsch weniger fühlen machte,
der die Müdigkeit verscheuchen half bei kurzer Rast! Und im Ruhequartier abends, da
brach das zurückhaltende Gefühl durch und
fand im Liede seinen Ausdruck.“
(Vizefeldwebel d. R. Max Kuckei in der
Kriegszeitung der 4. Armee)
„Der Mann wurde sangunlustig, der eine
Familie und Wirtschaft verlassen mußte,
abgearbeitet von einem harten Leben zur
Kriegsdienstleistung einrückte, alles hinter
sich, nichts vor sich hatte als ein zerstörtes
Leben oder den Tod. Stellen wir uns nur einen
solchen Menschen vor, wie er nach achtstündigem Marsche mit 35 bis 40 kg Belastung bei
Hitze, Regen oder Nacht dahinkeucht, um am
Ende zu einem Gefecht eingesetzt zu werden:
Studio auf einer Reis, juchheidi, juchheida
(…) es ist lächerlich!“
(Hermann Goja, 1921)
Musik im Schützengraben. Foto: NÖ Landesarchiv
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Max Kuckei und Hermann Goja nahmen
aktiv am Ersten Weltkrieg teil. Ihre Sichtweise
von der Funktion des Liedes aufgrund eigener Erlebnisse im Krieg könnte unterschiedlicher nicht sein. John Meier, Volkskundler
und Gründer des Deutschen Volksliedarchivs,
definierte 1916 die Funktion des Volksliedes
für den einzelnen Soldaten. Seiner Ansicht
nach helfe das Lied dem Soldaten, die außergewöhnliche Situation des Krieges zu bewältigen. Es motiviere ihn zum Durchhalten und
zum Kampf. Der Gesang verbinde den Einzelnen mit der Truppe und verhindere das
Vergessen der Heimat. Gesang fördere ein
Zusammengehörigkeitsgefühl und lenke von
Forschung / 31
Sterben und Tod ab oder helfe diese zu verarbeiten.
Gewohnheitsmäßiger Gesang
Gewohnheitsmäßiger Gesang war auf dem
Marsch, in den Kasernen und an den Lagerfeuern verortet. Wo allerdings das Singen an
der Front verordnet oder als Mittel militärischen Drills eingesetzt wurde, stieß es auf
Widerstand und raubte selbst den leidenschaftlichsten Sängern die Sangeslust. Gelegentlich findet man gestellte fotografische
Aufnahmen, die das Singen und Musizieren
im Schützengraben dokumentieren sollen.
Der Schützengraben war jedoch nicht der Ort
des Singens, sondern des Kampfes. Fotos mit
Musikern und Sängern wollen eher Normalität und Heimatverbundenheit denn gelebte
Singpraxis demonstrieren.
„Zu wenig sangeslustig“
In der Heimat war man sich der Bedeutung
des Soldatenliedes für den Krieg bewusst.
Zeitgenössische Stellungnahmen belegen,
dass es um das Singen der Soldaten keineswegs immer gut bestellt zu sein schien. Hans
Wagner-Schönkirch (1872–1940), Musikpädagoge und 1910 Gründer der ersten Wiener
Kindersingschule, beobachtete 1916 – mitten
im Krieg – in Wien Folgendes: „Ja, das Singen
unserer deutsch-österreichischen Soldaten
läßt im Vergleiche zu dem ihrer reichsdeutschen und ungarischen Kameraden sehr viel
zu wünschen übrig! Namentlich unsere niederösterreichischen Soldaten sind liederarm,
zu wenig sangeslustig, es mangelt ihnen an
Kenntnis der Liedertexte, ihre Gesangkultur
steht hinsichtlich der Tongebung und Aussprache auf der niedrigsten Stufe und in der
Wahl ihrer Lieder offenbart sich häufig ein
Mangel an gutem Geschmack, der auf eine
sehr bedauerliche Verödung, ja sogar Verrohung des Gefühlslebens schließen läßt.“
Wagner-Schönkirch thematisierte außerdem
die mangelnde Verwurzelung des Volksliedes
im „Volk“ und sah die Möglichkeit zu dessen
Wiedererstarkung vor allem in der schulischen Vermittlung. Die von den großen
Volksliedforschern angelegten Sammlungen
müssten Eingang ins Liedrepertoire „des
Volkes“ finden. Trotz der regen Sammeltätigkeit der Volksliedforscher war jedoch das
1904 gegründete „Österreichische Volksliedunternehmen“ immer noch weit von einer
Veröffentlichung des umfangreichen Sammelgutes entfernt. Der „hohe vaterländische
Wert“, den man der Sammlung und Erforschung des Volksliedes beimaß, konnte nicht
ausgeschöpft werden.
Musikhistorische Zentrale
Während das „Österreichische Volksliedunternehmen“ aus Sicht Raimund Zoders in der
Zeit des Ersten Weltkrieges ruhte, nahm sich
die Musikhistorische Zentrale beim k. u. k.
Kriegsministerium, 1916 als „Soldatenliederzentrale“ beim Wissenschaftlichen Komitee
für Kriegswirtschaft ins Leben gerufen, der
monarchieweiten Sammlung von Soldatenliedern an der Front und im Hinterland an.
Bernhard Paumgartner (1887–1971) wurde
vom Kriegspressequartier des Armeeoberkommandos mit der Durchführung betraut.
Paumgartner zufolge hätte die Sammlung das
Ziel, Lieder „aller Zungen, die jetzt, durch das
Ereignis des Krieges angefacht, an allen
Fronten erklingen, so vollkommen als es nur
möglich ist, zu sammeln, zu sichten und in
würdiger Weise einer späteren Zeit zu Dank
aufzubewahren“. Das Sammeln von „echten“
Volksliedern in unterschiedlichen Sprachen
brachte eine Materialfülle hervor, die leider
1945 durch einen Brand vernichtet wurde.
Soldatenvolkslieder
Wie das Österreichische Volksliedunternehmen mit seiner umfangreichen Sammelund Erschließungstätigkeit war auch die
Musikhistorische Zentrale eine staatlich
angeordnete Sammelaktion von Volksliedern. Beide Einrichtungen dienten nicht nur
der Belebung und Erhaltung des Volksliedes,
sondern waren zugleich Instrumente, mithilfe derer man sich des Volksliedes zu politischen Zwecken bedienen wollte. Das Aufsammeln selbst war bereits ein Selektionsverfahren, wobei alles scheinbar „nicht
Dazugehörige“ ausgesondert wurde. Volkslieder waren in der Regel kaum ein Transportmedium für moderne und kritische
Ideen. Die geplante Veröffentlichung von
Soldatenvolksliedern im Ersten Weltkrieg in
mehreren Sprachen kam über bescheidene
Anfänge in deutscher Sprache nicht hinaus.
Das publizierte Material war nur eine dürftige Auswahl aus dem vorhandenen Sammelgut. Unter den veröffentlichten Liedern
wieder durften jene nicht fehlen, die den
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Kaiser als Integrationsfigur bemühten, der
den Zusammenhalt der Monarchie und den
Sieg ihrer Armee gewährleisten solle.
Politisch motivierte
Funktionalisierung
Die Förderer des Volksliedes waren davon
überzeugt, dass das Volkslied „in schwersten
Tagen des Völkerringens die Kämpfer begleitet und die Sorgenvollen daheim getröstet“
hat und „das Volkslied (…) seiner Aufgabe
treu gewesen“ sei. Diese Aufgabe übten
Volkslieder zweifellos aus. Den Bemühungen
einer politisch motivierten Funktionalisierung waren jedoch Grenzen gesetzt. Wie sich
Volkslieder kaum als Plattform für kritische
und moderne Gedanken und Ideen eignen,
eignen sie sich auch nur sehr begrenzt als
Herrschaftsinstrument. Die Adressaten der
Funktionalisierung – die Soldaten ebenso wie
die Bevölkerung im Hinterland – wurden
zwar für Volkslieder sensibilisiert, doch
scheint die Instrumentalisierung des Volksliedes sogar kontraproduktiv gewesen zu
sein: Statt das Zusammengehörigkeitsgefühl
zu festigen, begünstigte die Rückbesinnung
auf die Lieder der verschiedenen Völker das
Auseinanderdriften der Nationalitäten innerhalb der Donaumonarchie. /
Text: Peter Gretzel
FERN DER FRONT –
MITTEN IM KRIEG
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Niederösterreich 1914–1918
NÖ Landesbibliothek
3109 St. Pölten, Kulturbezirk 3
Bis 27. 2. 2015: Mo, Mi–Fr 8.30–16.00 Uhr,
Di 8.30–18.00 Uhr. Eintritt frei!
Der Artikel in voller Länge und mit wissenschaftlichem Apparat ist abgedruckt in:
Fern der Front – mitten im Krieg.
Niederösterreich 1914–1918
(Begleitband zur Ausstellung des
NÖ Landesarchivs und der NÖ Landesbibliothek), hg. v. Achim Doppler, Stefan
Eminger u. Elisabeth Loinig,
St. Pölten/Weitra 2014.
ISBN 978-3-99028-381-3
Erhältlich im Buchhandel und in der
NÖ Landesbibliothek
Bücher, CDs & feine Ware / 32
AUSLAGE
WURZELWERK
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MUSIK EINER LANDSCHAFT
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16er Buam
EUR 18,00 zzgl. Versand
Erhältlich über: [email protected]
Die „16er Buam“, Patrick Rutka und Klaus P.
Steurer, sind aus der Welt des Wienerliedes
nicht mehr wegzudenken. Sie führen behutsam fort, was sie von den Ahnen übernommen haben. Sie erneuern nicht. Sie modernisieren nicht. Die zwei Autodidakten spielen
die alten Lieder, wie sie diese von den Wienern gelernt haben, und die neuen Lieder, wie
sie es für gut und richtig halten. Die „16er
Buam“ lieben die traditionelle, erhaltene ebenso wie die junge, lebendige „echte“ Volksmusik
aus Wien. Und diese spielen sie aus Leidenschaft mit Freude und Verantwortung – und
überdies gekonnt und virtuos. /
MERANER CURMUSIK
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Erika Sieder, Walter Deutsch:
WeXel oder
Die Musik einer Landschaft,
Teil 1: Das
Geistliche Lied
Böhlau Verlag
ISBN 978-3-205-79584-1, EUR 69,00
www.boehlau-verlag.at
Band 22/1 der Enzyklopädie CORPUS MUSICAE POPULARIS AUSTRIACAE „WeXel oder
Die Musik einer Landschaft – Das Geistliche
Lied“ dokumentiert 192 „Leichhüatlieder“, welche im Wechselgebiet zwei Nächte lang im
Hause des Verstorbenen vor dem aufgebahrten
Toten gesungen wurden. Vor dem sozialhistorischen Hintergrund, ergänzt mit drei CDs (PhA,
ÖAW), Melodienregister und Wörterbuch, belegt
die Sammlung diesen bäuerlichen Brauch vom
Jahr 1825 bis heute. Mit verpflichtender Nutzung der ab 1965 errichteten Aufbahrungshallen
sind die Lieder verklungen. /
50 JAHRE MUSIKSCHULE
WAIDHOFEN AN DER YBBS
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EUR 18,10
Erhältlich über: shop.orf.at
In der Donaumonarchie blühten die Kurorchester,
die mit Klängen aus Oper oder Operette zur
Unterhaltung des gutbürgerlichen Publikums aufspielten und mit Walzer und Galopp zum Tanzen
aufforderten. Das Meraner Kurorchester soll Ende
des 19. Jahrhunderts sogar das Beste des Kaiserreichs gewesen sein. Die Mitglieder des Musica
Saeculorum kommen aus den besten Orchestern
Europas. Geleitet wird Musica Saeculorum von
Philipp von Steinaecker, der das in Südtirol residierende Orchester gegründet hat. /
Musikschulverband Waidhofen/Ybbstal
EUR 5,00
Erhältlich über: Tel. 07442 55455
msv-waidhofen.ybbstal.at
„Unser wichtigstes Anliegen ist es, Musik zu vermitteln“ – nach diesem Motto präsentierte sich
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
der Musikschulverband Waidhofen/Ybbstal anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Musikschule
im vergangenen Jahr. Die vorliegende CD zeigt
einen breiten Querschnitt des Unterrichtsangebotes in verschiedenen Besetzungen und Stilen. Zu
hören sind Werke von Georg Philipp Telemann
über Felix Mendelssohn-Bartholdy bis hin zu
traditionellen Volksweisen – interpretiert von
herausragenden Schülern der Musikschule. Mit
dabei sind u. a. zahlreiche Preisträger der Jugendmusikwettbewerbe prima la musica und dem
NÖ Volksmusikwettbewerb. /
EINE MUSIKALISCHE MÄRCHENREISE UM DIE GANZE WELT
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Folke Tegetthoff und Trio Gemärch
edition-o, EUR 14,95
Erhältlich im Buchhandel
www.edition-o.at
Auf eine musikalische Märchenreise um die
ganze Welt begeben sich Roberto Spazzo, der
kleine freche Vogel, und die Kuh, denn sie möchten wissen, ob es irgendwo auf der Welt ein Tier
gibt, das alles kann. Die Abenteuer, die Roberto
und die Kuh bei ihrer Reise erleben, begleitet
Folke Tegetthoff als Erzähler. Die Musik stammt
vom Trio Gemärch: Christian Berg (Kontrabass),
Thomas Maria Monetti (Gitarre) und Hubert
Salmhofer (Bassetthorn), allesamt Lehrer an der
Musikschule der Stadtgemeinde Kirchschlag mit
Filiale Bad Schönau. Unterstützt werden sie
durch den Kinderchor der Volksschule Kirchschlag unter der Leitung von Bernhard Putz. Bei
ihrer Rückkehr stellen Robert und die Kuh fest:
„Niemand kann alles, aber gemeinsam können
wir doch sehr viel!“ Sieger der Buchlieblingwahl
2014 (Kategorie Hörbuch). /
Bücher, CDs & feine Ware / 33
ERINNERUNGEN AN HORN
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Erich Rabl, Roland Gatterwe (Hg.): Erinnerungen an Horn, Band 2
Verlag Museumsverein Horn
ISBN 978-3-902168-02-3, EUR 16,00
Erhältlich über: Museen der Stadt Horn,
[email protected]
Angeregt durch neue Perspektiven in der
Geschichtswissenschaft wie Alltagsgeschichte und
„Geschichte von unten“ erschien im Jahr 2001 der
erste Band. Nun ist der zweite Band erschienen.
Die 30 Beiträge im Buch widmen sich verschiedensten Themen und Aspekten. Ein Schwerpunkt
sind die Museen. Ein zweiter Schwerpunkt sind
Schulen und Konvikt. Eine Besonderheit ist die
Wiedergabe des Tagebuchs des später weltberühmten Künstlers Friedensreich Hundertwasser,
damals noch Friedrich Stowasser. Er hat als Schüler des Gymnasiums Horn von 1945 bis 1947
akribisch Tag für Tag seine Eindrücke aufgezeichnet. Weitere Autoren berichten vom jüdischen
Leben in Horn, das im September 1938 mit der
Vertreibung ein jähes Ende fand. Zwei Autoren
sind in Israel beheimatet, eine Autorin lebt in
England. Ein weiterer Abschnitt handelt von der
Arbeitswelt, den Geschäften und Behörden der
Bezirksstadt. /
DAS FUNDAMENT
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Otto Piper: Die Burgen Niederösterreichs
Edition Winkler-Hermaden
ISBN 978-3-9503151-0-3, EUR 29,90
www.edition-wh.at
Burgenforschung. Für sein Buch „Österreichische
Burgen“, erschienen in den Jahren 1902 bis 1910,
untersuchte er in sieben Jahren 300 Burgen im
cisleithanischen Österreich und schuf ein Standardwerk, das bis heute seine Gültigkeit hat.
„Die Burgen Niederösterreichs“ vereint zum
ersten Mal alle 55 Beschreibungen Otto Pipers
von Burgen auf dem Gebiet des heutigen Niederösterreich. Das Buch wird mit einem Einleitungstext des Burgenforschers Thomas Kühtreiber
vom Institut für Realienkunde in Krems ergänzt.
Der Beitrag behandelt den „Burgenstreit“ und
„Burgen-Bauboom“ um 1900 sowie die Rezeption
des Forschers Otto Piper. Alte Stiche und eigens
angefertigte Illustrationen veranschaulichen den
Text ebenso wie Pläne der jeweiligen Anlage,
Grundrisse und Detailskizzen. /
ZEITMESSER
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WARM UMS HERZ
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Die grauen Tage kommen. Zeit, unser
Herz zu wärmen – und nicht nur dieses.
Dafür eignen sich Strickwesten.
Martina Fink: Keramik Zifferblätter
Aus dem Archiv und den Sammlungen des
Wilhelmsburger Geschirr-Museums
ISBN 978-3-9503128-1-2, EUR 39,00
Erhältlich im Museumsshop und unter
[email protected]
Wenn es in der Küche still wird, macht sie sich
bemerkbar: tick, tack, tick, tack … Die Küchenuhr war in allen Küchen zu Hause, sie ist es heute
noch, doch meist als integraler Bestandteil eines
Hightech-Herdes.
Der guten alten Küchenuhr ist der erste Band
gewidmet und ist der Beginn einer Reihe aus dem
Archiv und den Sammlungen des Wilhelmburger
Geschirr-Museums. Windmühlenmotive aus der
beliebten Delfter Serie, bunte Blumen aus dem
Dekor Alpenland, geometrisches Design im Stile
der Wiener Werkstätte, Spritzdekor der 1930er
Jahre – das Ziffernblatt der Küchenuhren ist aus
Keramik, oft im gleichen Dekor wie das Service,
und mit größter Wahrscheinlichkeit aus der Wilhelmsburger Steingut- und Porzellanfabrik. /
Otto Piper (1841–1921) ist neben August von
Cohausen der Begründer der wissenschaftlichen
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Die Galerie der Regionen hat ausgewählte Modelle von renommierten
Trachten-unternehmen in die Kollektion
aufgenommen. Ihnen gemeinsam ist –
abgesehen von der edlen Wollqualität –
ein klassischer bzw. reduzierter Trachtenstil. Die Strickwesten sind von Geiger
aus Tirol und den Seeshaupter Werkstätten am Starnberger See sowie der
Figur schmeichelnde Strickboleros von
Astrifa, ebenfalls Bayern.
Erhältlich in der Galerie der Regionen,
EUR 120,00–190,00
GALERIE DER REGIONEN
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3504 Krems-Stein, Donaulände 56
Öffnungszeiten:
Di–Fr, 10.00–12.00 und 15.00–18.00 Uhr,
jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und
14.00–17.00 Uhr,
an Konzerttagen bis 21.00 Uhr
Niederösterreichische Kulturpreise 2014 / 34
Volkskultur und Kulturinitiativen
GRENZEN ÜBERWINDEN
Die niederösterreichischen Kulturpreise werden am 7. November im Festspielhaus St. Pölten überreicht.
Schaufenster Kultur.Region stellt die Preisträger der Sparte Volkskultur und Kulturinitiativen vor.
Den Würdigungspreis erhält Kulturaktivist Hannes Wöhrer.
weiterer Meilenstein: Die Sanierung des ehemaligen Café Trofer, einem Jahrhundertwende-Fachwerkbau. Denn damit wurde
erstmals in Fischau ein ehrenamtliches Projekt realisiert. Lange Zeit das Vereinslokal des
Forums, ist das Trofer heute an eine Vinothek
verpachtet, die zahlreiche kulturelle Veranstaltungen anbietet.
Kulturaktivist Hannes Wöhrer, Bad Fischau. Fotos: Helmut Lackinger
Ideen für seine Heimat haben, Partner und
Unterstützer dafür gewinnen, die Umsetzung
vorantreiben, Engagement in überregionalen
Gremien zeigen, sich von Schwierigkeiten,
von Gegnern und Besserwissern nicht verunsichern lassen und unbeirrt die eigenen Ziele
verfolgen – Hannes Wöhrer verkörpert den
Prototyp des engagierten Entwicklers. Von
Beruf Bauingenieur, war er stets an zahlreichen weiteren Themen interessiert. Im
Kern ist er sich dabei immer treu geblieben:
Sein Herzensanliegen ist die Entwicklung
seiner Heimat und seiner Region und ein
hohes Interesse für die Kunst.
Hannes Wöhrer hat den Kulturverein Forum
Bad Fischau 1985 ins Leben gerufen und
25 Jahre als Obmann geführt, hat die Gründung des Regionalverbandes Schneebergland
initiiert, die Blau-Gelbe Viertelsgalerie des
Landes NÖ und das Regionalbüro der Kulturvernetzung in Bad Fischau etabliert, hat
seinen Anteil am Erfolg der LEADER-Region
Schneebergland und war in der Dorferneuerung aktiv, als Obmann vor Ort und als Vorstandsmitglied im Landesverband. Er hat das
Künstlersymposium Art Regia 98 abgewickelt, mit Teilnehmern aus acht europäischen Ländern und einer weltweiten Jury
samt Bewertung per Internet.
Bad Fischau war 2003 ein äußerst erfolgreicher Standort des Viertelfestivals; im darauffolgenden Jahr wurde ein Symposium
mit Künstlern aus Österreich, der Slowakei
und Ungarn organisiert. Gezeigt wurden
dann die Arbeiten in Bad Fischau, Wien,
Bratislava, Budapest, Sopron und Poprad. Ein
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Allen Aktivitäten von Hannes Wöhrer ist
eines gemeinsam: Sie wurden mit einem
hohen Maß an ehrenamtlichem Engagement,
an Spirit und Kreativität umgesetzt und sind
optimal auf die Bedürfnisse des Ortes und
der Region abgestimmt. Allen gemeinsam ist
eine Vision. Nämlich eine Vorstellung davon,
wie das Zusammenleben in einer Region
funktionieren kann. Und diese Aktivitäten
sind so erfolgreich und langfristig, dass man
sich um die Weiterführung keine Sorgen
machen braucht, obwohl sich Hannes Wöhrer nach mehr als 25 Jahren zuletzt als
Obmann des Forum Bad Fischau zurückgezogen hat. „Ich komme aus dem Baugewerbe
und habe in den Gesprächen mit den Künstlern eine ganz andere Lebenseinstellung kennen gelernt. Mit der Kunst kann man Grenzen überwinden.“ In diesem völligen Fehlen
von Scheuklappen und Berührungsängsten,
in der Bereitschaft, sich jederzeit mit neuen
Themen und Aufgabengebieten auseinanderzusetzen, wenn sie nur dem Fortkommen des
Ortes und der Region dienen, liegt vielleicht
die wahre Lebensleistung von Hannes
Wöhrer. Denn die Welt ist voller Bedenkenträger. /
Text: Josef Schick
Niederösterreichische Kulturpreise 2014 / 35
Volkskultur
Kulturinitiativen
KLINGENDE
WALLFAHRT
DIE
ALLESMACHER
Anerkennungspreise für das
Netzwerk Mostviertler Musikanten …
… und den Kulturverein Hirschbach
im Waldviertel.
Christoph Berger (links) und Alfred Luger am Sonntagberg …
... und die Herren vom Kulturverein Hirschbach am Granitstein.
Das Netzwerk Mostviertler Volksmusikanten lädt seit sechs Jahren zur
Volksmusikantenwallfahrt auf den Sonntagberg ein. Um die 250 Musikerinnen und Musiker nehmen daran teil. Damit vereinen sich wichtige
Identifikationen des Mostviertels: allen voran die lebendige Volksmusikszene sowie der Sonntagberg mit der weithin sichtbaren Wallfahrtsbasilika als ein Wahrzeichen der Region. Und auch der Tag – der letzte
Sonntag im April – ist bewusst gewählt. Er wird als „Tag des Mostes“
gefeiert.
Die Idee dazu stammt vom, wie er sich selbst bezeichnet, „spätberufenen Volksmusikanten“ Alfred Luger. „Einerseits sind wir Musikanten
viel unterwegs, oft bis spät in der Nacht. Die Wallfahrt ist in erster Linie
Dank dafür, nach langen Abenden immer wieder gut nach Hause zu
kommen. Andererseits wollen wir die Volksmusik in die Kirche bringen. Wir achten bei der Zusammenstellung auch darauf die Vielfalt zu
präsentieren.“ Durchgeführt wird die Musikantenwallfahrt von Christoph Berger von der „Stubenmusik Berger“ und dem Netzwerk Mostviertler Volksmusikanten. Das Netzwerk entstand durch persönliche
Freundschaften und Kontakte. Neben Informationen, Veranstaltungshinweisen, Feldforschung und Seminaren trägt vor allem die Volksmusikantenwallfahrt auf den Sonntagberg dazu bei, die Volksmusik einem
größeren Publikum näherzubringen. /
Als man 1999 in Hirschbach daran ging, einen bestehenden Vereinssaal
neu auszurichten, waren die Rahmenbedingungen nicht gerade einfach.
Das Objekt war 25 Jahre alt und von beeindruckender Größe. In der
technischen Infrastruktur musste vieles erneuert werden, von der
Bühne über Licht und Ton bis zur Bestuhlung; ein neues Nutzungskonzept wurde ebenfalls benötigt. Heute steht in Hirschbach ein bestens
ausgelastetes Haus, das zugleich eine Heimstatt für mehr als zehn Vereine mit über 600 Aktiven und ein in Stein gefasstes Symbol für eine
vorbildliche Dorfgemeinschaft ist. Hier logiert nicht nur die Kulturwerkstatt, hier proben auch der Männerchor und der Musikverein,
Jugendheim und Kegelbahn sind ebenfalls integriert, die Theatergruppe
spielt regelmäßig, die Kinder studieren jedes Jahr ein neues Stück ein.
Die Veranstaltungen finden wahlweise in der kuscheligen Kellerbühne
oder im großen Saal statt, der Platz für mehr als 600 Menschen bietet
und damit zu den größten Locations im Waldviertel zählt. Inhaltlich
haben die beiden Masterminds Franz Mayer und DI Robert Bruckner
von Anfang an konsequent auf eine Doppelstrategie gesetzt: Neben dem
Engagement von bekannten Profikünstlern sind die Leute vor Ort
immer willkommen, mit Kindertheater, Jugendveranstaltungen, Amateurtheater, Musik und Kabarett. Die Kulturwerkstatt Hirschbach kann
mit Stolz auf 15 höchst erfolgreiche Jahre mit rund 220 Events zurückblicken. Noch heuer wird der 50.000. Gast begrüßt. /
Text: Mella Waldstein
Text: Josef Schick
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Lehrgänge / 36
Museumskustoden / Kulturvermittlung
„EINE BUNTE
GRUPPE FINDEN“
Das Museumsmanagement Niederösterreich bietet profunde Ausbildungslehrgänge an.
Die Absolventen der Lehrgänge für Museumskustoden und Kulturvermittlung 2013/14 erhielten
ihre Zertifikate und sprachen über ihren Erkenntnisgewinn.
vermittlungslehrgang wird in Kooperation
mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems durchgeführt.
Qualitätssiegel
für Museumsmanagement
Die Lehrgänge werden vom Museumsmanagement Niederösterreich organisiert.
Auch das Museumsmanagement Niederösterreich wurde ausgezeichnet. ICOM
(International Council of Museums) verlieh
den Qualitätssiegel „Ausgezeichnet mit dem
ICOM Österreich Qualitätssiegel für Weiterbildungsangebote im Museumsbereich“.
Kulturvermittlung
Die neu aufgestellte Siegfried-Charoux-Sammlung im Langenzersdorf Museum. Hier wurden die Zertifikate
verliehen. Foto: schultz+schultz
„Die beiden wichtigsten Buchstaben in
Ihrem Zertifikat sind das E und das C. Sie
stehen für European Certificate, dieses
ermöglicht den Transfer und die Mobilität
zu europäischen Universitäten“, so Dr. Andreas Weissenbäck, der Leiter der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/
Krems (KPH) bei seiner Rede anlässlich der
Zertifikatsverleihung an die Absolventen
des Lehrgangs für Kulturvermittlung.
Die Absolventen des Lehrgangs für Kulturvermittlung erhielten das Berufskompetenzzertifikat „Zertifizierte/r Kulturvermittler/
in“ nach ISO 17024 und die Hochschulanerkennung von 15 ECs gemäß ECTS. Die
Absolventen des Museumskustodenlehrgangs erhielten ein Zeugnis. Beide Lehrgänge werden in Modulen an Wochenenden
angeboten und eignen sich dadurch als
berufsbegleitende Ausbildung. Der Kultur-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Die Absolventen des Lehrgangs Kulturvermittlung 2013/2014 kamen aus dem Museumsdorf Niedersulz, aus der Kunstmeile
Krems, dem Archäologischen Park Carnuntum und dem Museum Mödling, auch private Interessenten nahmen daran teil.
Mag. Julia Schlager, Kulturvermittlerin aus
Carnuntum, in ihrem Resümee: „Sich bei
jeder Vermittlung auf die Besucher neu einzustellen, das ist der Kern unseres Berufsbildes.“
Der Basislehrgang Kulturvermittlung richtet
sich an Personen, die im Kunst- und Kulturvermittlungsbereich tätig sind sowie an Mitarbeiter von Museen und Sammlungen.
Darüber hinaus an Pädagogen, die sich weiterbilden und qualifizieren möchten, und an
Privatpersonen, die für sich ein neues
Berufsfeld erschließen wollen. So wie für
Mag. Birgit Kolbeck aus Hollenburg an der
Lehrgänge / 37
Bei der Verleihung der Zertifikate im Langenzersdorf Museum. V. l. n. r.: Univ.-Lekt. Dr. Georg Schörner, Mag. Gregor-Anatol Bockstefl, GGR Ingeborg Treitl,
Dr. Helmuth Schwarzjirg, Mag. Stefan Zehetner, BM Mag. Andreas Arbesser, Mag. Ulrike Vitovec, Eva Elisabeth Rath, MMag. Zuzana Ràczovà, Dr. Andreas Weissenbäck,
Mag. Klaus Michael Nedelko, Mag. Julia Schlager, Helga Steinacher, Eva Schafranek, Mag. Birgit Kolbeck, Pia Hasitzka, Beate Trölss, Josef Schick.
Donau, die nun im Rahmen von „Kirchen
am Fluss“ Kirchenführungen anbieten will.
„Ein wichtiger Punkt im Lehrgang war für
mich der Umgang mit der Sprache“, erzählt
Birgit Kolbeck. „Diese kann viel bewirken –
im Positiven und Negativen. Ein einfaches
Beispiel dafür ist nicht immer zu sagen:
‚Hier sehen Sie …‘“
Pia Hasitzka, die im Museumsdorf Niedersulz arbeitet, weiß nun, dass das Hintergrundwissen einen stärkt und selbstbewusster macht. Auch haben die Kulturvermittler von ihrer Referentin Mag. Helga
Steinacher das Werkzeug mitbekommen,
verschiedene Methoden bei Führungen
anzuwenden und diese auch zu wechseln,
wenn man als Kulturvermittler draufkommt,
dass eben diese bei einer Gruppe nicht so
ankommt. Eva Schafranek von der Kunstmeile Krems über die Lerninhalte des
Kurses: „Für mich war die Selbstreflexion
ein wichtiger Aspekt des Lehrgangs.“
Museumskustoden
Der Museumskustodenlehrgang richtet sich
speziell an Betreuer von Lokal- und Regionalmuseen. In Vorträgen und praktischen
Übungen werden grundlegende Kenntnisse
und Fähigkeiten für die tägliche Museumsarbeit vermittelt. Der Lehrgang findet im
Brandlhof in Radlbrunn, wo eine Werkstätte, Seminarräumlichkeiten und eine gemütliche Gaststube zur Verfügung stehen, und
im Haus der Regionen in Krems-Stein statt.
Dr. Georg Schörner, der beeideter Luftgutachter war und an der TU Wien unterrichtet, hat den Museumskustodenlehrgang
abgeschlossen: „Ich komme aus einer museumsaffinen Familie und bin somit vorbelastet. So kam es auch, dass ich für meinen
Großvater Heinrich Zita, der Bildhauer und
Medailleur war, ein Museum einrichten
will.“
bestimmen und zu inventarisieren, sondern
sie auch zu reinigen und eventuell instand
zu setzen – vor allem hat sie nun Kontakte
zu Museen und Museumsmitarbeitern und
mit dem Museumsmanagement eine kompetente Anlaufstelle.
Das Museum für Heinrich Zita – er hat den
österreichischen Schilling entworfen – wird
2015 eröffnet. „Der Anfang des Schillings“
wird das Museum heißen, „denn bei Zita
denkt jeder an die letzte Kaiserin“, so Georg
Schörner. Seine Erfahrungen im Kurs fasst
er zusammen: „Was wir gelernt haben ist,
wie es hinter den Kulissen ausschaut sowie
die Grundlagen der Inventarisierung, der
Betriebsführung und des Marketings.“ Für
ihn war neben den fachlichen Kenntnissen
vor allem das Netzwerk, das sich durch
Kolleginnen und Kollegen sowie bei Exkursionen ergeben hat, der Mehrwert des
Lehrgangs.
Dass die „bunte“ Gruppe, die sich in den
Lehrgängen zusammengefunden hat, sich
dafür eignet, Netzwerke aufzubauen und
Freundschaften zu schließen – darüber sind
sich alle Absolventen einig. /
Für MMag. Zusana Ráczová, die an der Universität Wien als Archivarin arbeitet, bot die
Ausbildung eine Erweiterung ihres Berufsspektrums. „Als Archivarin kommt man mit
Musealobjekten in Berührung, so war der
Kustodenlehrgang eine Möglichkeit, mich
weiterzubilden. Dass er an Wochenenden
stattfindet, war für mich ein ausschlaggebender Faktor.“ Die Slowakin, die in Wien
lebt, arbeitet auch an anderen Projekten. So
hat sie für den Karmeliterorden in Wien das
Archiv geordnet, auch Gemeinden wenden
sich an sie, wenn sie ihr Archiv professionell
aufgestellt haben wollen. Mit der Museumskustodenausbildung hat sie nun die Basis,
die Objekte eines Archivs nicht nur zu
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Text: Mella Waldstein
LEHRGÄNGE
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Lehrgang Museumskustoden 2014/15
Der Lehrgang läuft bereits, doch alle
Module können einzeln gebucht werden.
Lehrgang Kulturvermittlung 2014/15
Der Lehrgang mit vier Modulen und
Anschlussmodulen hat Mitte Oktober
begonnen, doch alle Module können einzeln gebucht werden.
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
3100 St. Pölten, Neue Herrengasse 10/3
Tel. 02742 90666 6116
[email protected]
www.noemuseen.at
Neueröffnung / 38
Hainfeld Museum
STADTGESCHICHTE
LEBENDIG ERZÄHLT
Die Eröffnung des Hainfeld Museums, das mit Bürgerbeteiligung
und hohem Identifikationswert konzipiert wurde.
Wem die Stadt Hainfeld auch außerhalb der
Bezirksgrenzen ein Begriff ist, der verbindet
den Namen entweder mit dem Hainfelder
Bier – die Brauerei befindet sich seit über
200 Jahren in Familienbesitz – oder mit dem
Einigungsparteitag der Sozialdemokratischen Partei 1888/89. Nun bekommt die
Kleinstadt mit weniger als 4.000 Einwohnern, die an den Rändern des Wienerwaldes
und des Mostviertels angesiedelt ist, erstmals ein Museum, das sich näher mit der
Geschichte und Identität der Stadt beschäftigt. Das neue Hainfeld Museum ist im
„Alten Gericht“ neben dem „Museum
Historischer Bierkrüge“, das von dem
Sammler Mag. Johann Hasenauer geleitet
wird, angesiedelt. Als Kuratorin wurde die
in Hainfeld ansässige Historikerin Dr. Margarete Kowall bestellt.
Call for objects
Nach Wiener Neustadt war Hainfeld im
Zweiten Weltkrieg die am zweitmeisten zerstörte Stadt Österreichs – verursacht wurde
der Schaden durch die Flammenwerfer der
abziehenden SS. Daher verfügt das Hainfelder Archiv kaum über Objekte – eine
Tatsache, die für die Ausstellungsmacherin
die große Frage aufwarf, was sie denn eigentlich präsentieren sollte. Mit Aufrufen in
lokalen Medien und facebook versuchte
Margarete Kowall daher Menschen zu erreichen, die bereit wären, private Gegenstände
dem Museum zur Verfügung zu stellen.
Weniger die objektive Wertigkeit, sondern
die Geschichte der Dinge und ihr HainfeldBezug standen dabei im Vordergrund.
Die meisten Ausstellungsgegenstände wurden zum Thema „Bauern und Beständigkeit“ gesammelt –
z. B. dieses Butterfass. Foto: Claus Schindler
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Neueröffnung / 39
Einer der wenigen wirklich alten Ausstellungsgegenstände: ein Glockenkopf aus dem 17. Jahrhundert.
Foto: Claus Schindler
Das Konzept ging auf, es meldeten sich zahlreiche Personen, die mit ihren Gegenständen auch der Ausstellungsgestaltung eine
Richtung gaben. Margarete Kowall: „Natürlich hatten wir ein Grundkonzept für die
Stationen, aber Flexibilität war und ist in
hohem Maße gefragt. Denn noch immer
werden uns interessante neue Gegenstände
angeboten.“ Die Kuratorin weiter: „Das
Museum besteht aus drei Räumen und ist
mit seinen knapp 100 Quadratmetern räumlich bescheiden. Umso behutsamer und kreativer muss mit dem Raum umgegangen
werden, um ihn nicht zu überfrachten und
trotzdem Geschichte möglichst lebendig
und vielseitig darzustellen.“
Im ersten großen Raum des Hainfeld Museums wird die Stadtgeschichte erzählt, wobei
diese in zwei Präsentationskonzepte geteilt
ist. Die Geschichte ab dem 20. Jahrhundert
wird in Form eines Setzkastens erzählt, wo
aneinander gereihte Dinge für wichtige
Stadtereignisse stehen. Ein Radio aus der
Hainfelder Hornyphon-Erzeugerfamilie erzählt beispielsweise über das erste Radiokonzert, ein Tintenfass aus Munitionsteilen
über den Ersten Weltkrieg, ein Geschirrtuch
über den in Hainfeld erfundenen Frischkäse
Picotta.
Puppen erzählen
Großes Interesse in der Bevölkerung haben
schon lange vor der Eröffnung allerdings
jene Stationen ausgelöst, die die Geschichte
bis 1900 erzählen. Es sind dies zehn Themenstationen, die Informationen zu Begriffen wie Bauern, Gerechtigkeit, Verwaltung,
Das Hainfeld Museum ist im „Alten Gericht“
in der Wiener Straße 16 angesiedelt.
Foto: Witzmann
Industrie oder Soziales aufbereiten. Repräsentiert werden diese Themen von historischen Hainfelder Persönlichkeiten, die in
Form einer Puppe dargestellt werden. Dafür
wurde die Wiener Puppenmacherin Zita
Schrott („Zitadoll“) engagiert, die in liebevoller Detailarbeit aus alten Bildern und
Beschreibungen die Figuren quasi zum
Leben erweckt und ihnen Würde und Eleganz verliehen hat. Die Personen haben aber
nicht nur ein Aussehen, sondern auch eine
Stimme bekommen, mit der sie über ihr
Leben und das jeweilige Thema erzählen.
Diese Texte werden von Hainfeldern gesprochen, die ihrerseits eine Verbindung zum
Thema haben. Unternehmer leihen ihre
Stimme den Hammerherren und Industriellen von damals, Gemeinderäte den Ratsherren vergangener Zeiten etc.
Diese intensive Bürgerbeteiligung soll nicht
nur Geschichte lebendig erzählen, sondern
auch neugierig auf Museum und Geschichte
machen, so die Kuratorin. Ein solch aufwändiges Konzept braucht viel Organisation im
Vorfeld. Margarete Kowall: „Ich danke
besonders meiner Mitarbeiterin Mag. Alexandra Eichenauer-Knoll für ihre sprühenden Ideen und dem Stadtarchivar und
Alt-Bürgermeister Karl Jägersberger für
seine zahlreichen Tipps und Hilfestellungen.
Erfreulicherweise konnten für die Stationen
auch Sponsoren gefunden werden, die einen
unternehmerischen Bezug zum Thema
haben. So unterstützt die Stadtapotheke die
Station Soziales, ein Steinbruchbesitzer die
Station Grundherrschaft.“
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Der zweite Raum ist dem Gedenken an den
Einigungsparteitag 1888/89 gewidmet. Geht
es im ersten Raum um die Geschichte der
Stadt und ihrer Bürger, so ist diese Ausstellungsfläche für die Geschichte einer politischen Gruppierung vorgesehen. „Hier ist
uns eine klare Abgrenzung wichtig gewesen“, so die Kuratorin. „Daher haben wir für
dieses Thema auch eine Mutation des Logos
in Rot mit einem anderen Leitspruch entwickelt. Aber eine Idee haben wir auch hier
weiterverfolgt – diese Geschichte sollte
ebenfalls lebendig erzählt werden.“ In diesem Fall geht es um jene Reden und Diskussionen, die damals zur Jahreswende 1888/89
in Hainfeld protokolliert worden waren. In
Lese- und Hörstationen werden Textzitate
näher gebracht, spielerisch kann Wissen
darüber erfahren und dann auch abgetestet
werden. Der komplette Text wurde übrigens
digital erfasst und erscheint in Buchform.
Ort des Selbstverständnisses
Für die Kuratorin soll ein Museum nicht nur
ein Ort der Wissensvermittlung sein, sondern auch zu einer Heimat und einem Ort
des Selbstverständnisses werden – und zwar
für alle Schichten und politischen Gruppierungen. Darum war es von Anfang wichtig,
trotz der räumlichen Begrenztheit Platz für
Wechselausstellungen zu bieten, um Themen vertiefend aufbereiten und damit auch
neue Zielgruppen interessieren zu können.
Die erste Sonderausstellung ist aus aktuellem Anlass dem Ersten Weltkrieg gewidmet. Sie wurde von dem Hainfelder Alfred
Kapfenberger gestaltet, der sich seit Jahrzehnten intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und interessante Zeitdokumente
dazu gesammelt hat. /
Text: Alexandra Eichenauer-Knoll
HAINFELD MUSEUM
———————————————————
3170 Hainfeld, Wiener Straße 16
Tel. 0676 842246 288
Öffnungszeiten:
Fr–So und Fei 15.00–19.00 Uhr
Führungen auf Anfrage
www.hainfeldmuseum.at
Ybbsitz / 40
Eisen
ICH HAB’ HALT EISEN
IM BLUT
Eine Sonderausstellung im FeRRUM Ybbsitz zeigt das Porträt einer starken Frau:
Waltraud Welser, Seniorchefin eines eisenverarbeitenden Unternehmens.
Schwarze Gräfin
Waltraud Welser, geb. Link, aus Köln heiratete ins
Mostviertel.
„Schwarze Grafen“ kennt man. So bezeichnete man im Mostviertel die Hammerherren, die durch die Eisenverarbeitung zu
Wohlstand gekommen waren. Sensen und
Pfannen, Nägel, Pflugscharen, Messer,
Schlösser und vieles mehr wurden bis in den
Orient vertrieben. Es entwickelte sich eine
vielteilige Arbeitswelt, vom Köhler bis zum
Proviantträger, vom Messerschleifer bis zum
Hammerherren. Doch „schwarze Grafen“
gibt es nicht mehr, denn die Zeit ist nicht
stehen geblieben. Heute trägt eine Frau diesen Titel.
Waltraud Walser (geb. Link) kommt aus
Nordrhein-Westfalen. Schon die Ur-Urgroßväter waren Hammerherren. Aufgewachsen
ist sie in Köln, sie besucht das Gymnasium,
das in Kriegstagen mit der „Notreife“ abgeschlossen wird. Zum Arbeitsdienst wird die
17-Jährige als Schaffnerin in Bonn eingezogen. Dort lernt sie einen jungen Soldat aus
dem Mostviertel kennen. Man lernt einander näher kennen. Der Krieg geht weiter,
Alte Beschläge aus der Sammlung der Familie Welser.
Fotos: FeRRUM
man verliert sich aus den Augen. Doch Josef
Welser aus der seit 1664 bestehenden
Schmiede Au bei Ybbsitz und Waltraud Link
aus Köln treffen sich wieder. Nach dem
Krieg an der Zonengrenze bei Schärding.
Man beschließt auf der Stelle zu heiraten –
und so kommt die junge Frau aus dem
urbanen, bürgerlichen Milieu in einen
Schmiedebetrieb mit angeschlossener Landwirtschaft: Kühe melken, Ferkel ziehen,
Fuhrwerk lenken, Kinder großziehen. „Ich
hab’ so getan, also ob ich nie etwas anderes
getan hätte.“ Denn die „Deutsche“ lässt sich
nicht unterkriegen.
Die Schmiede, die sich auf Produktion von
Striegeln spezialisiert hat, muss, um zu
überleben, neue Wege gehen. Mit der Produktion von Profilen und einer neuen Verfahrensweise zur Herstellung dieser schafft
der traditionelle Schmiedebetrieb den
Absprung zu einem modernen Technologiebetrieb.
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Die Ausstellung, die der „schwarzen Gräfin“
Waltraud Welser gewidmet ist, zeigt den
Weg von der Pfannenschmiede zu einem
europaweit agierenden Unternehmen mit
etwa 1.800 Mitarbeitern sowie den Lebensweg dieser Frau. Den O-Ton ihrer Erinnerungen liefern die Hörstationen. Frau Welser
hat aber nicht nur gemeinsam mit ihrem
Mann und nach seinem Tod alleine das
Unternehmen gemanagt, sie hat auch große
Verdienste um die Wiederbelebung des
Schmiedehandwerks in Ybbsitz. Nicht
zuletzt hat sie auch das „Schwarze Haus“ in
Ybbsitz gekauft, das nun als Herberge für
Schmiede offen stehen wird. Dem internationalen Netzwerk der Schmiede, das sich um
sie gebildet hat, erschien es selbstverständlich, ein symbolhaftes Zeichen zu setzen –
und den Hut vor der „schwarzen Gräfin“ zu
ziehen. /
Text: Mella Waldstein
DIE SCHWARZE GRÄFIN
———————————————————
Ferrum Ybbsitz
3341 Ybbsitz, Markt 1
Tel. 07443 85300
Öffnungszeiten
bis 31. 12. 2014:
Mo 13.00–17.00 Uhr, Di–So 9.00–17.00 Uhr
ab 1. 1.–31. 3. 2015:
Mo–Fr 13.00–17.00 Uhr, Sa 9.00–13.00 Uhr
www.ferrum-ybbsitz.at
Museumsdorf Niedersulz / 41
Gartenkultur
KRAUT & RÜBEN
Wie man mit Kraut und Rüben durch den Winter kommt.
Der Krautacker im „Hintaus“ mit obligatem „Dodamaun“ im Vordergrund.
Gemüseanbau hatte in früheren Zeiten
ganzjährig Saison. Was für uns heute oft
eine entspannende und befriedigende Freizeitbeschäftigung sein mag, und unter dem
Begriff „Gardening“ zusammengefasst wird,
war früher überlebensnotwendig. Vor allem
der Anbau von Wintergemüse, also Gemüsesorten, die vorwiegend im Winter geerntet
werden und die durch ihre gute Lagerfähigkeit den ganzen Winter verzehrt werden
konnten, hatte große Bedeutung. Im Hausgarten oder im weinviertlerischen „Hintaus“
wurde Gemüse angebaut. Verschiedenste
Sorten von Kraut, Rüben, Bohnen oder
Erdäpfel wuchsen auf eigenen kleinen Feldern hinter den Stadln oder etwas außerhalb
des Dorfes, wo sich Kleinhäusler weniger
wertvolle Gründe von der „Gmoa“ oder
einem wohlhabenden Bauern pachten bzw.
die Pacht erarbeiten konnten.
Dabei war das Hauptaugenmerk vor allem
auf lagerfähiges Gemüse gerichtet, damit
man die oft vielköpfige Familie gut über den
Winter bringen konnte. Über Generationen
tradiert, haben sich bewährte Methoden
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
zum Einlagern der für die jeweilige Gegend
am besten geeigneten Sorten entwickelt. Die
kräftigsten Pflanzen markierte man bereits
am Feld und grub sie mit den Wurzeln aus.
In eine Kiste mit etwas Erde eingeschlagen
überwinterten diese am Dachboden, man
pflanzte sie im sehr zeitigen Frühjahr, sobald
die Erde wieder „offen“ war, im Gartl’ aus.
Die Strünke begannen daraufhin bald zu
blühen und Samen anzusetzen – mit dieser
Methode sicherte man das Überleben der
Sorte, wie sie auch schon zu „Urgroßmutters
Zeiten“ angebaut wurden. Leider hat die
Museumsdorf Niedersulz / 42
Spitzkraut – alte Sorte, zum „Einschneiden“ von Kraut verwendet.
Bedeutung und der regionale Anbau von
Wintergemüse in der heutigen Zeit durch
den globalisierten Handel und die ganzjährige Verfügbarkeit der meisten Gemüsesorten sowie die Intensivierung der Landwirtschaft stetig abgenommen.
Vitamin- und Nährstoffbombe
Sauerkraut
Das „Einschneiden“ oder „Einsalzen“ war
die gebräuchlichste Art, Kraut haltbar zu
machen bzw. zu konservieren. Bei der Herstellung des Sauerkrauts waren in früheren
Zeiten alle Frauen und Kinder der Familie
beschäftigt. Von den Frauen wurde das
Kraut mit riesigen Krauthobeln in Bottiche
geschnitten, wo die Kinder es mit ihren
Füßen traten und stampften, bis es weich
wurde und sich lagenweise in Holzfässer
pressen ließ. Dabei wurde es mit Salz und
Gewürzen wie etwa Lorbeer, Kümmel oder
Wacholder vermischt. Danach wurde es mit
einem Holzdeckel abgedeckt und einem
großen Stein beschwert. Einige Wochen
dauerte es, bis die Milchsäuregärung abgeschlossen war und aus dem frischen Kraut
ein lang haltbares Sauerkraut geworden war.
Wichtig war Sauerkraut vor allem als Vitaminlieferant und zur Vorbeugung gegen
Mangelerscheinungen in der frischgemü-
searmen Winterzeit; denn der Vitamin-CGehalt von Sauerkraut ist im Vergleich zum
frischen Kraut um bis zu 2.000-mal höher
und trug so wesentlich zur Gesundheit der
Familie bei. Und mehr noch: Sauerkraut
präsentiert sich generell als wahre Nährstoffbombe – es ist reich an Milchsäure,
Vitamin A, B, C, K und Mineralstoffen,
zudem ist es kalorienarm (etwa 80 kJ bzw.
19 kcal je 100 g) und praktisch fettlos.
Bereits im 18. Jahrhundert entdeckte man,
dass der Verzehr von rohem Sauerkraut die
Vitaminmangelerkrankung Skorbut verhindert. Deshalb wurde es auch gerne als Proviant bei den Seefahrern eingesetzt, die oft
wochenlang auf den Weltmeeren unterwegs
waren. Bis zur Etablierung neuerer Konservierungsmethoden gehörte Sauerkraut vor
allem in den Wintermonaten in zentraleuropäischen Staaten wie Deutschland oder den
Niederlanden, aber auch in den osteuropäischen Staaten zu den traditionell verarbeiteten Zutaten in der Ernährung. Vielleicht
deshalb wurde während der Zeit des Zweiten Weltkriegs im englischen Sprachraum
häufig die stereotypisierende Bezeichnung
„Kraut“ bzw. „Krauts“ für Deutscher bzw.
die Deutschen verwendet.
Und auch Wilhelm Busch schreibt 1865 in
seinen legendären sieben Streichen der
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Lokale Sorte einer Steckrübe.
Bubengeschichte von „Max und Moritz“:
„Eben geht mit einem Teller / Witwe Polte in
den Keller, / Dass sie von dem Sauerkohle /
Eine Portion sich hole, / Wofür sie besonders schwärmt, / Wenn er wieder aufgewärmt.“
Welches Kraut sich zum Einschneiden am
besten eignete, war von Region zu Region
unterschiedlich. Es gab spitze und flachgedrückte Krautköpfe, manche mit „langem“
Schnitt und großen, festen Köpfen. So entwickelten sich das „Tullner“, „Wagramer“
oder „Znaimer“ Kraut – Sorten, die in keiner offiziellen Sortenliste zu finden sind, da
sie seit jeher selber vermehrt wurden. Seltener waren speziell im Weinviertel die roten
Krautsorten zu finden. Doch durch den
Einfluss mährischer Landwirtschaft und der
Experimentierfreudigkeit einiger Lehrer,
deren Aufgabe es war, neue Sorten auszuprobieren, wuchsen manchmal roter Pflückkohl oder rotes Spitzkraut am Krautacker.
Zum Unterschied von Kohl, der erst dann
gut schmeckt, wenn es gefroren hat, wartet
man mit der Ernte von Weißkraut nicht so
lange. Die Feuchtigkeit des Spätherbstes fördert den Pilzbefall der äußeren Blätter, sie
werden oft fleckig oder schwarz. Daher
schneidet man die Köpfe, sobald sie groß
Museumsdorf Niedersulz / 43
Rotes Spitzkraut.
und fest genug sind. Diejenigen, die nicht
für Sauerkraut verwendet wurden, „mietete“
man ein oder lagerte sie in einem frostfesten
Stadl oder Keller. Für eine Miete hob man
das Erdreich, (optimalerweise im Löß) 40
bis 80 Zentimeter tief aus, kleidete es mit
Laub oder Stroh aus und legte Kraut, aber
auch Wurzelgemüse wie Petersilie, Sellerie
oder Karotten darauf. Die Krautköpfe legte
man mit dem Strunk nach oben und von
den äußeren Hüllblättern befreit hinein,
dabei durften sie sich gegenseitig nicht
berühren. Nur das gesündeste und schönste
Gemüse wurde eingelagert. Auf jede Schicht
kam eine Lage Stroh, es entstand so nach
und nach ein trapezförmiger Hügel, der wiederum mit Stroh abgedeckt wurde. Zum
Abschluss kam das ausgehobene Erdreich
circa zehn Zentimeter dick auf die Miete,
dabei ließ man einen Büschel Stroh zur
Belüftung herausschauen.
Bunte Rübenvielfalt
Neben Kraut spielten Rüben eine wichtige
Rolle in der winterlichen Gemüseversorgung. Die Halm- („Hoim“-) oder Stoppelrübe mit ihrer kurzen Kulturdauer war eine
dankbare Folgefrucht nach der Getreideernte. Sie wurden direkt in die „Stoppeln“,
also ins abgeschnittene Stroh, gesät und
Roter Pflückkohl in den Gartenanlagen des Museumsdorfs.
wuchsen bis zum Winter noch zu beachtlicher Größe heran. Die weißen, oft violett
überhauchten Rüben schnitt man wie Sauerkraut ein, sie kamen als saure Rüben, häufig
zur „Blunzn“, auf den winterlichen Mittagstisch. Aber auch als „einbrennte Ruabn“
kannte man sie. Dafür wurden die im Keller
oder Miete gelagerten Rüben in Streifen
oder kleine Stücke geschnitten und mit einer
Einbrenn aus Schmalz und Mehl angedickt.
Oft mit dem Kohlrabi verwechselt wird die
Kohlrübe. Diese wächst, im Unterschied zu
ihrem zarten Verwandten, gänzlich als Rübe
unter der Erde. Auch sie zeichnet sich durch
eine gute Lagerfähigkeit aus. Die Kulturdauer ist wesentlich länger als bei der Halmrübe, die man bereits nach sechs Wochen
ernten kann. Die Kohlrübe wird zeitig im
Frühjahr angesät und verpflanzt, weshalb sie
auch Steckrübe genannt wird. Sie bleibt bis
zum Spätherbst am Acker, wobei auch die
zarten, jungen Blätter wie Spinat gegessen
wurden.
Während die Halm- und Kohlrübe früher
hauptsächlich als Speiserübe verwendet
wurde, baute man die Runkel- oder Burgunderrübe schon immer als Futterrübe an.
Diese Rüben wachsen zylindrisch und werden besonders groß und schwer, manchmal
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
bis zu 60 Zentimeter lang. Sie haben oft
intensive Farben wie Gelb oder Rotorange.
In Notzeiten, oder wenn der Winter besonders lang und streng war, ernährten sie nicht
nur das Vieh, sondern auch unsere Vorfahren. Solche bezeichneten „Rübenwinter“
blieben in schlechter Erinnerung und trugen
wohl dazu bei, dass in guten Zeiten immer
weniger Rüben gegessen wurden.
Bis in die heutige Zeit als reine Gemüsekultur gebräuchlich ist die Rote Rübe. Verwandt mit Spinat und Mangold gibt es auch
von ihr Farbvarianten in Weiß und Gelb,
manchmal sogar gestreift. Sie schmecken
wesentlich milder als die Kohlrübenarten,
die manchmal eine Schärfe wie Kren oder
Senf entwickeln können. Rote Rüben eignen
sich sehr gut zum Lagern, wurden aber als
der bekannte Rote Rübensalat auch oft in
Gläsern eingelegt und durch Erhitzen haltbar gemacht. /
Text: Ulrike Nehiba & Freya Martin
Essay / 44
25 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs
STRICH PUNKT STRICH
Notizen aus Gegenwart und Geschichte der Grenze.
Punkt-Strich auf den Landkarten vermerkt.
Grenzen waren nicht immer Linien, eine
messerscharfe Trennung zwischen Hier und
Dort. Die Grenze war in ihrer ursprünglichen Wahrnehmung eine Abgrenzung
gegen die Wildnis, gegen Unbekanntes,
gegen Bedrohungen. Eine Abgrenzung vor
dem Nichts. Die Siedlungen der Frühzeit
bildeten die bekannte Welt, die sich von der
unbekannten Welt des Waldes und der Welt
dahinter abschirmte. Die Wälder zu betreten, um zu jagen, Beeren oder Kräuter zu
sammeln, war eine Grenzüberschreitung,
die nur bestimmten Mitgliedern der Gesellschaft erlaubt war. Charakteristische Steine,
Bäume und Quellen in der Wildnis Wald
wurden mit Mehrwert aufgeladen und zu
Kultplätzen, weil sie als „Außenposten“ der
Zivilisation fungierten.
Grenze in der Flussmitte der Thaya. Foto: WikiCommons
Grenze wirkt. M. und G. leben in einem
kleinen niederösterreichischen Dorf. Sie
sind jung. Das Dorf liegt zwischen der Grenze und dem Fluss Thaya. Der Fluss bekam
unlängst eine neue Brücke. Wegen der Bauarbeiten konnten die Dorfbewohner – sie
sind an zwei Händen abzuzählen – nur über
eine lange Umleitung „die Welt“ jenseits der
Thaya erreichen. Als der Brückenbau in die
fünfte Woche ging, erzählte M., dass sie nun
endlich auf die Idee gekommen seien, im
tschechischen Dorf das Frühstücksgebäck
zu kaufen. Jenseits der Grenze – keine drei
Kilometer entfernt – liegt das tschechische
Dorf. Also keine Baustelle und keine Umleitung, aber auch keine Passkontrolle,
keine Grenzöffnungszeiten. Hüben kauft
man Semmeln, drüben Rohlíky. Das ist der
Unterschied.
Seit 25 Jahren ist diese Grenze offen. Nicht,
dass M. und G. nicht gewusst hätten, dass es
jenseits der Grenze ein Dorf und ein
Geschäft gäbe. Nicht, dass die jungen Leute
Vorurteile hätten. Nein, sie sind nicht einmal aus der Gegend gebürtig, wo Kinder mit
der Muttermilch immer noch das kurz und
hart hingeworfene „de Behm“ in sich aufsaugen. Nichts von alldem. Trotzdem wirkt
Grenze gründlich.
Grenze ist eine unsichtbare Linie; als Strich-
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
–·–
Lenka und Otakar B. kauften einen Pfarrhof
in Mähren. Aus den Fenstern wucherten
Büsche. Jeder, der die beiden besucht, kann
die Fotos sehen: vorher eine Ruine, nachher
ein Schmuckkästchen. Die beiden emigrierten in den 1970er Jahren aus der Tschechoslowakei nach Wien. Erfolgreich in ihren
Berufen, suchten sie bald nach der Grenzöffnung ein Haus im Grünen – und hätten
Dutzende gefunden, die vielleicht mehr
Haus und weniger Ruine gewesen wären. Sie
aber wollten das an der Grenze. Durch die
Besetzung der Grenze wurde sie besiegt.
Gleichzeitig bleibt sie unter ständiger Beobachtung, weil die Erfahrung lehrt, dass
Grenzen verschiedene Aggregatzustände annehmen können.
Essay / 45
Für das Kind M. war die Grenze absolut. Es
wuchs an einem Ort auf, an dem nur drei
Himmelsrichtungen existierten – Westen,
Süden, Osten. Im Norden war eine Terra
prohibita. Für die Älteren gab es Erzählungen und Erinnerungen an die Zeit vor
dem Eisernen Vorhang. Für sie waren Änderungen im Grenzsystem denkbar. Für das
Kind nicht. Sein erster Berufswunsch war
durch die Grenze beeinflusst. Es wollte Zöllner werden, „Finanzer“ nannte man sie im
Volksmund, die auf österreichischer Seite
die Grenze bewachten. Sie schritten mit
ihren langen grauen Mänteln stundenlang
den Wald ab.
Achtung! Staatsgrenze verläuft am Wegrand. Foto: WikiCommons
Die Landschaftsinszenierungen des 19. Jahrhunderts wussten mit der Grenze zu kokettieren. Auf den ehemaligen Liechtenstein’schen Besitzungen von Feldsberg/Valtice und Eisgrub/Lednice steht ein Lustbau,
ohne Zweck behaftet und den verspielten
Gedanken der Romantik folgend, die ebenso
verschlungen sind wie der Lauf der Thaya,
die den Landschaftspark von Lednice durchfließt. Das Grenzschlösschen steht exakt auf
der ehemaligen Landesgrenze zwischen
Österreich und Mähren. Die Herrschaft
Feldsberg gehörte bis zu den Verträgen von
St. Germain 1920 zu Österreich, die Herrschaft Eisgrub zu Mähren. „Zwischen Österreich und Mähren“ ist auf der Mittelfront
des Bauwerks zu lesen. Durch die Schlossmitte, aus der Urne einer Nymphe entspringend, floss der Grenzbach in den Teich vor
der Terrasse.
–·–
Der Eishockeyklub Orli Znojmo hat ganz
nebenbei mehr zum beidseitigen Verständnis getan, als viele Förderprogramme es zu
tun vermögen. Er hat eine Menge treuer
österreichischer Fans, aus der Hollabrunner
Gegend, aus Retz und dem Waldviertel, die
alle Spiele ihres Klubs besuchen. „Znojmo
jedeme!“, rufen sie, während sich im Gäste-
sektor die Wiener für die Vienna Capitals
ins Zeug legen.
–·–
Die March ist ein Grenzfluss. Die Möglichkeiten, in das Nachbarland Slowakei zu
fahren, sind 25 Jahre nach dem Fall des
Eisernen Vorhangs eingeschränkt. Bei Hohenau verbindet eine einspurige Brücke
Österreich mit dem Nachbarstaat Slowakei.
In der Nacht herrscht aus Naturschutzgründen ein Fahrverbot. Davor gab es hier eine
Brücke, die nach dem Zweiten Weltkrieg
gesprengt wurde. 1994 ermöglichte eine
behelfsmäßige Pontonbrücke den Übergang,
die dann von der einspurigen Brücke (einer
umgerüsteten Eisenbahnbrücke) abgelöst
wurde.
Bei Schlosshof können seit zwei Jahren Radfahrer und Fußgänger – also die „unbedenklichen“ Grenzgänger – die March auf der
„Brücke der Freiheit“ queren. Bei Angern an
der March quert man den Fluss auf einer
kleinen Fähre. Die Bevölkerung sprach sich
mit einer beinahe Zweidrittelmehrheit gegen
den geplanten Brückenbau aus.
–·–
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Die Grenze erzeugt einen Rand, aber für das
Kind war sie ein Mittelpunkt, um den die
Gedanken kreisten. Die Grenzen musste
durchbrochen werden. Seinen ersten Grenzübertritt unternahm es mit neun Jahren. Die
Grenze verläuft streckenweise neben der
Straße. „Achtung Staatsgrenze“: Die Schilder stehen heute ebenso dort wie damals.
Diese Stelle wählte es für die erste Grenzüberschreitung. Das Mädchen fuhr mit dem
Rad. Dann fingierte es einen Sturz. Warf
sich in den Straßengraben hinter dem
Staatsgrenze-Warnschild. Blieb dort einige
Minuten – oder waren es nur Sekunden? –
regungslos liegen. Und nichts geschah. Stieg
aufs Rad und fuhr als Heldin nach Hause.
–·–
Im Taumel der ersten Tage nach der Grenzöffnung ging ich zu Fuß und immer wieder
zu Fuß über die Grenze. Und ich war nicht
allein, scharenweise zogen die Menschen
hin und her. Dieses Gefühl musste hautnah
gespürt werden. In den weiteren 25 Jahren
sind grenzüberschreitende Projekte ein
Schwerpunkt meiner Arbeit. Reisen führen
fast zwangsweise hinter den ehemaligen
Eisernen Vorhang. Die Grenze zieht sich
Strich-Punkt-Strich durchs Leben. /
Text: Mella Waldstein
Kultur.Region / 46
FORTBILDUNG
EIN SPAGAT IST DOCH KEIN
KUNSTSTÜCK
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Do, 6. 11. 2014, 18.00 Uhr
Haus der Regionen, 3504 Krems-Stein,
Donaulände 56
Referentin: Aurelia Staub
Wenn wir von Tanz sprechen, müssen wir uns
einigen, worüber wir reden. Es gibt unzählige
Richtungen, Stile und Formen. Kann die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und
der eigener Beweglichkeit den Blick auf den
Bühnentanz schärfen? Wie lassen sich das
Grundbedürfnis nach Bewegung und die künstlerische Ausdrucksform Tanz zusammenbringen? Und welche anderen Methoden stehen
Kulturvermittlern heute zur Verfügung?
Kennenlernen der Facetten der Kommunikation. Kommunikation bedeutet den Austausch
von Nachrichten (Ideen, Botschaften, Informationen) mit dem Ziel, etwas beim Gesprächspartner zu bewirken. Die vorgestellten Kommunikationstheorien lassen verschiedenste
Abläufe besser verstehen und zeigen, wie
zukünftig bestimmte Fehler in der Kommunikation vermieden werden können.
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02742 90 666 6123
www.noemuseen.at/fortbildung
_
AUFBEWAHRUNG UND
HANDHABUNG VON KUNST- UND
KULTURGUT
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02742 90 666 6123
www.noemuseen.at/fortbildung
_
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KÖRPERSPRACHE
Präventive Konservierung in Depot und
Ausstellung, Leihverkehr, Transport und Verpackung; Objektsicherheit und Notfallplanung.
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Fr, 14. 11. 2014
Haus der Regionen, 3504 Krems-Stein,
Donaulände 56
Referentin: Helga Steinacher
Eine authentische Körperhaltung sagt einiges
über die innere Haltung aus. So wird vor allem
das „Wie“ in der Vermittlungsarbeit in den
Fokus gerückt. Dabei werden Außenwirkung,
Status und Präsenz überprüft sowie Erkenntnisse über das „Bauen von Brücken“ und das
„Setzen von Grenzen“ gewonnen.
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02742 90 666 6123
www.noemuseen.at/fortbildung
_
WER SPRICHT?
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Sa, 15. 11. 2014
Haus der Regionen, 3504 Krems-Stein,
Donaulände 56
Referent: Mag. Erich Kremsmair
Fr, 21.–Sa, 22. 11. 2014
Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24
Referenten: Mag. Barbara Schönhart und
Dipl.-Restaurator Valentin Delić
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02742 90 666 6123
www.noemuseen.at/fortbildung
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TEAMS UND MOTIVATION
MUSIK UND MONETEN
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Di, 11. 11. 2014, 9.00–18.00 Uhr
Hotel Römerhof, 3430 Tulln, Hafenstraße 3
Referent: Mag. (FH) Christian Wagner
Vielen Musikern, Labels und Tonstudios fehlt
das Wissen über die Zusammenhänge und
Mechanismen in der Musikindustrie. Dieser
Workshop soll einen Überblick über eine Branche geben, die seit Jahren in der Krise steckt
und trotzdem kaum an Anziehungskraft verloren hat. Wie kann man (heute) in der Musikbranche Geld verdienen? Was bedeuten Begriffe
wie Urheber, Leistungsschutz, Lizenzen, Tantiemen …? Was sind Verwertungsgesellschaften
und welche Rolle spielen sie? Was ist der Unterschied zwischen einem Label und einem Verlag? Wie komme ich zu Förderungen?
Anmeldung & Information
Kulturvernetzung NÖ
Tel. 02639 2552
[email protected]
_
TANZMUSIKANTENSCHULUNG
2014/II
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Sa, 22. 11.–So, 23. 11. 2014
Bildungswerkstatt Mold, 3508 Horn
Für alle die ein beliebiges Volksmusikinstrument
schon halbwegs beherrschen, auch wenn sie noch
nie Volksmusik gespielt haben.
——————————————————————
Anmeldeschluss: Sa, 15. 11. 2014
Fr, 28.–Sa, 29. 11. 2014
Haus der Regionen, 3504 Krems-Stein,
Donaulände 56
Anmeldung & Information
Franz Fuchs
Tel. 0664 9804315
[email protected]
www.volksmusik.cc
_
Referent: Dr. Leo Hemetsberger
Themen: Grundlagen erfolgreicher Teamführung, Arbeitsfelder und Kompetenzen,
Arbeit mit Freiwilligen, Arbeitsbeziehungen
und Konfliktlösung, Umgang mit Feedback
und Kritik.
Anmeldung & Information
Museumsmanagement Niederösterreich
Tel. 02742 90 666 6123
www.noemuseen.at/fortbildung
_
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Dem Schaufenster Kultur.Region ist ein
Erlagschein beigelegt. Wir danken Ihnen
herzlich, dass Sie damit unser Magazin
unterstützen.
Kultur.Region / 47
Zwischen Himmel und Erde
Kultur.Region
INTERN
WIR GRATULIEREN!
Ihren runden Geburtstag feiern unsere Ehrenmitglieder:
Gottfried Kloimwieder (80), Ybbsitz, 2. November
Anton Oezelt (65), Hafnerbach, 4. November
Prof. Hermann Jagenteufel (75), Zellerndorf, 5. November
Hubert Jobst (65), Straß im Straßertal, 16. November
Ihren besonderen Geburtstag feiert unser Ehrenmitglied:
OSR Isolde Kerndl, Langschlag, 1. November
Ihren besonderen Geburtstag feiern unsere Mitglieder:
Maria Knöpfl, Heiligeneich, 1. November
Christiana Hutterer, Loimersdorf, 10. November
Zur Sponsion zum Magister Artium (MA) gratulieren wir:
Rainer Maria Kalchhauser
Zur Verleihung des Großen Goldenen Ehrenzeichens des
Bundeslandes Niederösterreich gratulieren wir:
Prof. Dr. iur. Rotraud Perner, BTh
NEUE MITGLIEDER
Unterstützende Mitglieder: Hans Svoboda, Wien; Patricia
Bustos, Wien; Margot Lederbauer, Mank; Herta Rothbauer,
Tulln; Nadia Pinzini, Wr. Neustadt
AUFRUF – WIR BITTEN UM IHRE MITHILFE!
1912 veröffentlichte Arthur Halberstadt (1874–1950) mit
seinem Buch „Eine originelle Bauernwelt. Das Volksleben
im Semmeringgebiete“ die erste volkskundlich-musikalische
Gesamtdarstellung einer geschlossenen Landschaft. Hierin
beschreibt er das Leben, die Bräuche und die Volkspoesie der
Kreuzberger. Auch Lieder, Jodler und Weisen zeichnete er
darin auf. Darüber hinaus überlieferte er in verschiedenen
Zeitschriften, was er selbst gehört hatte. Um 1935 hielt er
volkskundliche Vorträge im Semmeringgebiet. Dabei wurde er
von den Kreuzbergsängern und einigen Musikanten aus der
Umgebung begleitet. Die Volkskultur Niederösterreich und
das Steirische Volksliedwerk arbeiten derzeit an der Erforschung und Dokumentation des Lebens und Wirkens Arthur
Halberstadts. Falls Sie einen Beitrag zur Person Halberstadt
oder zur Region des Semmering leisten können (Fotos, Erzählungen, Noten, Hinweise zu erwähnten Personen), kontaktieren Sie uns bitte. Jeder kleinste Hinweis hilft!
NÖ Volksliedarchiv
Tel. 0664 8485386 (Dr. Peter Gretzel)
[email protected]
PFLANZE DER
HOFFNUNG
Wir weigern uns, Feinde zu sein.
Zwischen Himmel und Erde ist Bethlehem ein ganz besonderer Ort. Neben
der Geburtskirche von Jesus habe ich
vor wenigen Tagen ungefähr neuen
Kilometer südwestlich von Bethlehem
einen anderen beeindruckenden Ort
kennen gelernt. Dort lebt auf einem
42 Hektar großen Grundstück, auf dem
Weinstöcke und Obstbäume gepflanzt
sind, Daoud Nassar, ein palästinensischer Christ. Den Grund hatte sein
Großvater im Jahr 1916 von den damaligen Machthabern erworben. Seit 23 Jahren setzt sich die Familie vor
israelischen Gerichten gewaltlos für die durch osmanische, britische,
jordanische und israelische Dokumente verbrieften Besitzrechte ein.
Rund um sein Grundstück in dem von Israel besetzten palästinensischen Gebiet des Westjordanlands sind sechs israelische Siedlungen
entstanden, manche mit bis zu 40.000 Einwohnern. Weitere werden
gebaut. Schikanen bestimmen das tägliche Leben der Familie Nassar.
Da werden über Nacht mit Bulldozern 200 Olivenbäume zerstört, weil
sie angeblich auf öffentlichem Grund standen. Da sind eines Morgens
hunderte Weinstöcke vernichtet. Da wird die direkte Zufahrtsstraße mit
riesigen Steinen unpassierbar gemacht. Den letzten Kilometer zu seinem Grundstück kommt man bis heute nur zu Fuß.
Bei seinem Eingangstor aber liegt ein großer Stein, auf dem mit bunter
Farbe steht: „Wir weigern uns Feinde zu sein.“ In beeindruckender
Weise schildert Daoud Nassar, dass in diesem Gebiet, in dem die politischen Mächte der ganzen Welt rat- und hilflos sind, die Lösung nur in
einem gerechten und gewaltlosen Miteinander von Israelis und Palästinensern, von Moslems, Juden und Christen liegen kann. Jeder Gewalteinsatz kenne nur einen Sieger, die Radikalen. Daoud Nassar redet nicht
nur, er handelt auch danach, ohne Rücksicht auf seine persönlichen
Nachteile. Und auf einmal kommen Menschen, auch Juden und Moslems, die ihm Olivenbäume und Weinstöcke bringen, um wieder aufpflanzen zu können. Der Weinberg nahe Bethlehem ist eine Pflanze der
Hoffnung inmitten der Resignation und der Mutlosigkeit. Hoffentlich
wird sie nicht zertreten. /
Superintendent Paul Weiland
Kultur.Region / 48
Kultur.Region.Niederösterreich
NACHSCHAU
HERBSTFEST IN NIEDERSULZ
DIRNDLGWANDSONNTAG
Bereits zum vierten Mal rief Präsidentin Sissi Pröll (3.v. r.) zum
Herbstfest auf – und viele prominente Gäste aus Medien, Wirtschaft, Kultur und Politik folgten der Einladung: LH Erwin Pröll
(3. v. l.), Moderator Wolfram Pirchner, TV-Talkerin Vera Russwurm,
Metropol-Wien-Chef Peter Hofbauer, die beiden Kultur.Region.
Niederösterreich-Geschäftsführer Dorli Draxler (2. v. r.) und Edgar
Niemeczek (l.) und NÖ Militärkommandant Rudolf Striedinger
(re.) stellten sich in den Dienst der guten Sache und kauften eifrig
Lose. Die Einnahmen kamen direkt der Initiative „Hilfe im eigenen
Land“ zugute. Auch Moderatorin Barbara Stöckl (2. v. l.) oder das
Ensemble der Militärmusik Niederösterreich stellten ihre Leistungen
– ganz im Sinne des Benefizgedankens – selbstverständlich gratis
zur Verfügung.
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Von Atzenbrugg bis Zwettl, von
Sierndorf bis Reinsberg – ganz
Niederösterreich feierte den landesweiten Dirndlgwandsonntag am
14. September. Epizentrum des
Dirndlgwandsonntags war dieses
Jahr Reinsberg. Als Ehrengäste
begrüßte Dorli Draxler u. a. Vorstandsdirektor der EVN, Dipl.-Ing.
Dr. Peter Layr, und den Gen.-Dir.
NÖ Versicherung, Dr. Hubert Schultes, sowie den 2. Landtagspräsident
Mag. Johann Heuras (v. l. n. r.).
Nach dem ORF Radio NÖ Frühschoppen in der Burgarena Reinsberg unterhielten noch zahlreiche
Volkstanz- und Volksmusikgruppen der Region die Gäste mit ihren
Vorführungen.
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60 JAHRE ATZENBRUGG
NIEDERÖSTERREICHERIN DES JAHRES
Für das soziale Engagement als Präsidentin der
„Hilfe im eigenen Land“
wurde Sissi Pröll als Niederösterreicherin des Jahres
2014 geehrt. Das Magazin
die „Niederösterreicherin“
verlieh den Award an
die Siegerinnen in sechs
Kategorien. V. l. n. r.: Claudia Kloihofer (Aufsteigerin des Jahres),
Michaela Koblmüller (Kunst & Kultur), Mag. Claudia Tanner (Wirtschaft), NÖ-Herausgeber Josef Rumer, „Die Niederösterreicherin“Chefredakteurin Dr. Angelica Pral-Haidbauer, Sissi Pröll (Soziales
Engagement), Gundula Prüller (Kind & Karriere), Mag. Sybille
Rasinger in Vertretung Dr. Karin Haider (Gesundheit). Foto: Caro
Strasnik
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Strömender Regen tat der Stimmung keinen Abbruch. Die Marktgemeinde feierte und verlieh Ehrenbürgerschaften an LH Dr. Erwin
Pröll und an den Geschäftsführer der Kultur.Region NÖ,
Dr. Edgar Niemeczek. V. l. n. r.:Vizebürgermeister Franz Mandl,
Sissi Pröll, LH Dr. Erwin Pröll, Dr. Edgar Niemeczek, Geschäftsführende Gemeinderätin Mag. Edith Mandl, Bürgermeister Ferdinand
Ziegler.
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schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Kultur.Region / 49
DAS GLÜCK LIEGT SO NAH
Vorschau
TOP-TERMINE
2015
Das neue Buch von Sepp Forcher („Das Glück liegt so nah.
Warum wir auf Österreich stolz sein können“, erschienen im
Brandstätter Verlag) wurde am 30. September im Festsaal im
Haus der Regionen in Krems-Stein vorgestellt. LH Dr. Erwin
Pröll betonte, wie wichtig es für unsere schnelllebige Gesellschaft ist, dass es Menschen wie Sepp Forcher gibt, die mit ihrer
Authentizität und Bodenhaftung Orientierung bieten.
V. l. n. r.: Vorstandsdirektor EVN Peter Layr, Gen.-Dir. NV
Hubert Schultes, LH Dr. Erwin Pröll, Autor Sepp Forcher,
Dorli Draxler, GF Volkskultur NÖ, NÖ Militärkommandant
Rudolf Striedinger. Foto: Helmut Lackinger
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ZEHN JAHRE ZINNFIGURENWELT KATZELSDORF
Fr, 30. 1. 2015 , Eröffnung: 20.30 Uhr
NÖ Trachtenball, Grafenegg
Sa, 14. 3. 2015, 19.30 Uhr
aufhOHRchen im Festspielhaus, Festspielhaus St. Pölten
So, 22. 3. 2015, 9.30 Uhr
NÖ Museumstag, Stift Seitenstetten
Mi, 15. 4. 2015
Saisoneröffnung Museumsdorf Niedersulz
Sa, 25. 4. 2015, 14.00 Uhr
Landespreisträgerkonzert prima la musica,
Festspielhaus St. Pölten
Fr, 1. 5. 2015
Familienfest NÖ Kreativ
Fr, 8. 5. 2015
Tag der Musikschulen
Do, 14. 5. 2015 (Christi Himmelfahrt), 9.30 Uhr
Zehn Jahre Brandlhof, Radlbrunn
So, 17. 5. 2015
Internationaler Museumstag
Sa, 6. 6. 2015, 19.00 Uhr
Zehn Jahre Chorszene Niederösterreich, Grafenegg
Zum 10-jährigen Bestehen der Zinnfigurenwelt am 16. September kamen Besucher aus Nah und Fern, 75 Gäste aus
Deutschland scheuten nicht die weite Anreise, um mit dem
Museumsteam das Jubiläum zu feiern. Beim Festakt konnten
Bürgermeisterin Hannelore Handler-Woltran und Museumsleiter Franz Rieder u. a. begrüßen: LAbg. Ing. Franz Rennhofer,
Bezirkshauptmann Andreas Strobl sowie Dr. Edgar Niemeczek,
Geschäftsführer Kultur.Region NÖ, und Mag. Ulrike Vitovec,
Geschäftsführerin des Museumsmanagement Niederösterreich.
Prof. Gerhard Tötschinger, ein großer Freund der kleinen Figuren, unterhielt das Publikum mit einer launigen Rede, der auch
unser Gönner, Kammersänger Heinz Zednik, lauschte.
V. l. n. r.: Zinngießer, Franz Rieder, Dr. Edgar Niemeczek,
Hannelore Handler-Woltran, Mag. Ulrike Vitovec, LAbg. Ing.
Franz Rennhofer. Foto: Paul Draxler
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So, 7. 6. 2015, 13.00 Uhr
Kinder- und Spielefest, Museumsdorf Niedersulz
Do, 11. 6.–So, 14. 6. 2015
aufhOHRchen 2015, Region um Allentsteig
So, 15. 8. 2015, Gaming
Goldhaubenwallfahrt, Gaming
Sa, 12. 9. 2015, 10.00 Uhr
Naturgartenfest, Museumsdorf Niedersulz
So, 13. 9. 2015
Dirndlgwandsonntag
So, 4. 10. 2015
Handwerksmarkt, Brandlhof, Radlbrunn
Mo/Di, 7. und 8. 12. 2015, 19.00 Uhr
NÖ Adventsingen, Grafenegg (Auditorium)
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schaufenster / Kultur.Region / November 2014
Die letzte Seite / 50
2nd LIFE
Die gute alte Küchenkredenz – Rundholzmöbel mit Schleiflack, Glasschiebetüren
und dazwischen geklemmt bunte Ansichtskarten. Experten aus dem angewandten
Pflegebereich haben gemeinsam mit Kura-
toren von section.a und Architekten von
gaupenraub die Küchenkredenz als „Memobil“ umgebaut, um sie als Brücke in der
Kommunikation mit Demenzkranken einzusetzen.
Das Vermögen und die Bereitschaft zur
Kontaktaufnahme ist stark eingeschränkt,
Kommunikation funktioniert oft nur schwer.
Anreize und Werkzeuge für eine gelungene
Kommunikation fehlen. Da soll das „Memobil“ helfen, denn in der Betreuung demenzkranker Menschen nimmt die Beschäftigung mit den Gewohnheiten der Betroffenen, ihrer Lebensgeschichte und Kultur
einen besonderen Stellenwert ein. /
www.memobil.at
Landeinwärts
LIEBE HORCHER!
Der Jubilar ist 90. Wiewohl hochbetagt,
immer up to date und Tag und Nacht auf
den Beinen. Kaum ein Jahr alt, hatte er
bereits 100.000 Menschen, die ihm zuhörten.
Diese begrüßte er mit „Liebe Horcher und
Horcherinnen“. Er ist zuverlässig, in jeder
Lebenslage ist auf ihn zu zählen. Er ist unsere Homebase. Sein Wecker lässt uns gut
gelaunt den Tag beginnen. Und wem das zu
gut gelaunt daherkommt, startet mit einem
Guten Morgen Niederösterreich in den Tag
oder wartet lieber gleich auf Sonntag, wo er
uns seit dem Jahre 1945 mit Gedichten aus
den Betten holt und uns zuflötet: Du holde
Kunst! Früher servierte er dazu einen launigen Gugelhupf. Um uns international ein
bisserl fit zu machen, gab’s auch Continental
Breakfast. Auch jetzt lässt er uns nicht verhungern und lädt zum Frühstück bei mir. Er
ist nicht nur Von Tag zu Tag zuverlässig, er es
auch blitzgescheit und eröffnet uns mit
Dimensionen die Welt der Wissenschaft. Da
er mittlerweile 90 Jahre alt ist, möge es ihm
verziehen sein, dass er uns nicht mehr zu
einem Fit mach mit animiert. Mag man sich
heute nicht mehr andächtig um ihn herum
versammeln – als er zum Turnier auf der
Schallaburg einlud, tat man es noch. Autofahrer unterwegs begleitete er 15.153 Mal
schaufenster / Kultur.Region / November 2014
just zu einer Uhrzeit, als wir Österreicher
nicht so sehr im Auto, sondern vielmehr
pünktlich am Mittagstisch saßen. Heute
lässt er dafür Ö3ver arbeiten. Nächtens
erschloss er uns mit Melodie exklusiv Musikwelten – und das tut er heute noch mit in
seinen Spielräumen aus allen Richtungen.
Apropos Klassik – er ist in der Opernwerkstatt ebenso zu Hause wie er uns wöchentlich mit Solid Gold beschenkt und dienstags
immer wieder aufhOHRchen lässt. Für
Generationen von Kindern war er als
Traummännlein unterwegs, heute erklärt er
ihnen als Rudi! ein kleines Stückchen Welt.
Schonungslos setzte er uns den Schalldämpfer an die Schläfe. Diesen vermissen wir
ebenso wie Trost und Rat, den er uns an
Sonntagabenden spendete. An diesen landen wir dafür manchmal Im Sumpf.
Happy Birthday, Rundfunk! /
Mella Waldstein
Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen
viele Kulturveranstaltungen durch seine regionalen und
lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von
Kulturinitiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch
von finanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach
stärker. www.raiffeisen.at
Foto: © Grafenegg
7. und 8. Dezember 2014 · 19.00 Uhr
Auditorium Schloss Grafenegg
NIEDERÖSTERREICHISCHES
ADVENTSINGEN
Karten und Information
Auditorium Grafenegg · T. 02735 5500 · www.grafenegg.com
Tonkünstler-Kartenbüro · T. 01 586 83 83
Karten: EUR 15,00 bis EUR 25,00
In
grat klusive
is Ei
n
zum tritt
Gra
fen
Adv egger
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