Chance Praxis

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Chance Praxis
Das Fachmagazin für junge Zahnmediziner
Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft – ist doch
egal? (1)
Carina Eckertz · Montag den 7. April 2014
Die selbstständige ärztliche Tätigkeit in Kooperation mit Kollegen ist mittlerweile eine
weit verbreitete Alternative zur Einzelpraxis oder Kliniktätigkeit. Die Entscheidung, in
Kooperation mit anderen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Kollegen
tätig zu werden, wirft die grundlegende Frage auf, in welcher Form dies erfolgen soll.
Die Frage der Kooperationsform
wird gegenüber den anderen
wichtigen zu treffenden
Entscheidungen, wie der Auswahl
der Beteiligten und die
Festlegung der Standorte,
allerdings häufig vernachlässigt,
was insbesondere auch daran
liegen dürfte, dass viele
Zahnärzte die Unterschiede
Die selbstständige ärztliche Tätigkeit inz w i s c h e n d e n e i n z e l n e n
Kooperation mit Kollegen ist mittlerweile eine weitKooperationsformen gar nicht
verbreitete Alternative zur Einzelpraxis oderk e n n e n . D i e s i s t i n s o w e i t
Kliniktätigkeit. Foto: Gerd Altmann / pixelio.de
gefährlich, als dass für die
unterschiedlichen
Kooperationsformen
auch
unterschiedliche Regelungen und
Anforderungen gelten, besonders
im
Hinblick
auf
Abrechnungsfragen,
Personalangelegenheiten,
Gewinnverteilungsfragen und
datenschutzrechtliche
Gesichtspunkte.
Bei Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften drohen berufs-, disziplinar- und
sogar strafrechtliche Konsequenzen. Jeder, der mit dem Gedanken der Gründung
einer ärztlichen Kooperation spielt, sollte sich daher zunächst eingehend über die
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unterschiedlichen Kooperationsformen und deren Vor- und Nachteile informieren.
Aber auch bestehende Kooperationsverträge sollten auf ihre Richtigkeit im Hinblick
auf die ausgewählte Kooperationsform überprüft werden. In der Praxis treffen wir
immer wieder auf Praxisgemeinschaften, die wahrhaftige Gemeinschaftspraxen sind,
oder auf die sogenannten „Schein“-Sozietäten. Die Folgen sind oft verheerend. Die
folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die wichtigsten
Kooperationsmöglichkeiten.
1. Die Praxisgemeinschaft
Die Praxisgemeinschaft ist der Zusammenschluss von zwei oder mehreren Ärzten
gleicher und/oder verschiedener Fachrichtung zwecks gemeinsamer Nutzung von
Personal- und Sachmitteln bei sonst selbstständiger Praxisführung. Die Gründung
einer Praxisgemeinschaft erfolgt in der Regel im Hinblick auf betriebswirtschaftliche
Gesichtspunkte. Wesentliches Ziel ist dabei die Einsparung von Kosten. Teure
medizinische Geräte können gemeinsam angeschafft und genutzt werden.
Aus berufs- und vertragsärztlicher Sicht führt
jeder Partner einer Praxisgemeinschaft eine
Einzelpraxis. Die Zahnärzte üben ihren Beruf
daher nicht gemeinsam, sondern weiterhin
selbstständig aus. Die Zahnärzte nutzen in der
Regel die selben Praxisräume, die selben
Gerätschaften und teilen sich das Personal. Sie
schließen sich aber nicht zur gemeinsamen
Berufsausübung zusammen. Im Gegensatz zur
Gemeinschaftspraxis
hat
bei
der
Praxisgemeinschaft daher jeder Zahnarzt seinen
eigenen Patientenstamm und führt seine eigene
Patientenkartei. Alle an der Praxisgemeinschaft
beteiligten Ärzte handeln selbstständig, sie
schließen also sämtliche Verträge im eigenen
Namen und für die eigene Praxis.
Behandlungsverträge
kommen
d a h e rRA Dr. Karlheinz Schnieder
ausschließlich zwischen dem jeweiligen Arzt und
dem Patienten zustande. Die Gründung einer
Praxisgemeinschaft muss gegenüber der
Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV)
lediglich angezeigt werden. Sämtliche Leistungen
werden durch den einzelnen Zahnarzt auf eigene
Rechnung liquidiert. Die Betriebskosten der
Praxisgemeinschaft werden nach einem
definierten Verteilungsschlüssel auf die einzelnen
Partner verteilt.
Für die Gründung einer Praxisgemeinschaft bietet sich die Rechtsform der GbR
(Gesellschaft bürgerlichen Rechts) in Form der Innengesellschaft an. Die
Gesellschafter haften als Gesamtschuldner für diejenigen Rechtsgeschäfte, die zur
Verwirklichung des Gesellschaftszwecks vorgenommen werden. Dies bedeutet, dass
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sich der Gläubiger aussuchen kann, gegen welchen der Gesellschafter er etwaige
Ansprüche geltend macht. Eine Ausgleichspflicht unter den Gesellschaftern kann
lediglich für das Innenverhältnis vertraglich geregelt werden. Möglich ist auch die
Gründung einer GmbH, die beispielsweise medizinische Geräte ankauft und den
Gesellschaftern diese gegen Bezahlung eines Nutzungsentgelts überlässt.
Die Apparategemeinschaft
Die Apparategemeinschaft ist eine Unterform der Praxisgemeinschaft. Die
Kooperation ist auf die gemeinsame Nutzung von medizinisch-technischen Geräten
und Einrichtungen beschränkt und erfolgt auf betriebswirtschaftlichem Hintergrund.
Durch die gemeinsame Nutzung kann eine optimale Auslastung der Geräte und
Einrichtungen sichergestellt und eine Kostenreduzierung erreicht werden. Die Kosten
werden anhand eines Verteilungsschlüssels auf die einzelnen Gesellschafter umgelegt.
Die Apparategemeinschaft wird meist in der Rechtsform einer GbR betrieben. Es ist
aber auch die Gründung einer Kapitalgesellschaft möglich, da nicht die gemeinsame
Berufsausübung, sondern die gemeinsame Nutzung von Geräten und Einrichtungen im
Vordergrund steht. Die Apparategemeinschaft muss gegenüber der
Kassenzahnärztlichen Vereinigung angezeigt werden.
Die Laborgemeinschaft
Auch die Laborgemeinschaft ist eine Unterform der Praxisgemeinschaft. Sie
bezeichnet einen Zusammenschluss von Ärzten gleicher oder verschiedener
Fachrichtungen zur gemeinsamen Nutzung von Laboreinrichtungen und Personal
innerhalb oder außerhalb der eigenen Praxisräume zwecks Erbringung der in der
eigenen Praxis anfallenden Laboruntersuchungen. Der Betrieb einer
Laborgemeinschaft ist ebenso wie die Apparategemeinschaft betriebswirtschaftlich
motiviert. Durch die höhere Auslastung und die Teilung der Kosten kann eine
Kostenminimierung erreicht werden. Die Laborgemeinschaft ist gegenüber der KZV
ebenfalls anzeigepflichtig.
2.
Die
Berufsausübungsgemeinschaft
(früher Gemeinschaftspraxis)
Die Berufsausübungsgemeinschaft in
Form der Gemeinschaftspraxis ist eine
häufige Form zahnärztlicher
Zusammenarbeit.
Sie
ist
gekennzeichnet durch die gemeinsame
Berufsausübung mehrerer Zahnärzte in
gemeinsamen
Räumen
mit
gemeinsamer
Praxiseinrichtung,
gemeinsamer Patientenkarteiführung
und Abrechnung sowie gemeinsamem
Personal auf gemeinsame Rechnung.
Bei der Berufsausübungsgemeinschaft
schließt der Patient im Gegensatz zur
Auch die Laborgemeinschaft ist eine
Praxisgemeinschaft
keinen
Unterform der Praxisgemeinschaft. Foto: Gerd
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Altmann / pixelio.de
Behandlungsvertrag mit einem
einzelnen Zahnarzt, sondern mit der
Gesellschaft.
Dementsprechend haften alle der Berufsausübungsgemeinschaft angehörenden
Zahnärzte dem Patienten gesamtschuldnerisch für die Erfüllung des
Behandlungsvertrags. Die Berufsausübungsgemeinschaft muss durch den
Zulassungsausschuss bei der zuständigen KZV genehmigt werden. Die Abrechnung
der erbrachten ärztlichen Leistungen erfolgt nicht gegenüber den einzelnen
Zahnärzten, sondern gegenüber der Berufsausübungsgemeinschaft; sie verfügt bei
der KZV daher über eine eigene Abrechnungsnummer. Die
Berufsausübungsgemeinschaft kann in Form einer GbR oder
Partnerschaftsgesellschaft geführt werden.
Die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft
Bei der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) schließen sich
mindestens zwei an verschiedenen Praxis- bzw. Vertragsarztsitzen tätige Zahnärzte
zur gemeinsamen Berufsausübung zusammen. Eine überörtliche Gemeinschaftspraxis
kann daher auch innerhalb einer Stadt, innerhalb oder auch außerhalb eines KZVBezirks und sogar KZV-bezirksübergreifend gegründet werden. Es handelt sich bei ihr
um einen Unterfall der Berufsausübungsgemeinschaft. Zu ihrer Gründung bedarf es
ebenfalls eines Gesellschaftsvertrags. Als Rechtsformen kommen sowohl die GbR als
auch die Partnerschaftsgesellschaft in Betracht. Aus dem Gesellschaftervertrag muss
ersichtlich sein, dass die Zahnärzte tatsächlich eine gemeinsame Berufsausübung
anstreben.
Scheinzusammenschlüsse sind rechtswidrig. Die Beteiligten der überörtlichen
Berufsausübungsgemeinschaft müssen zudem sicherstellen, dass die Versorgung an
ihrem jeweiligen Vertragszahnarztsitz gewährleistet ist. Der Zahnarzt muss seine
berufliche Tätigkeit zumindest schwerpunktmäßig weiterhin an seinem Hauptsitz
haben. Es ist aber nicht erforderlich, dass jeder Gesellschafter auch an jedem
Praxisstandort tätig wird. Die ÜBAG rechnet ebenfalls unter einer einheitlichen
Abrechnungsnummer gegenüber der KZV ab. Die Gewinnverteilung erfolgt
entsprechend den vereinbarten Regelungen im Gesellschaftsvertrag. Es besteht die
Möglichkeit, die Verteilung der Gewinne unter Berücksichtigung der Umsätze und
Kosten der einzelnen Standorte vorzunehmen. Die ÜBAG wird künftig erheblich an
Bedeutung gewinnen, da es vermehrt „lokale Praxisketten“ geben wird.
Die Teilberufsausübungsgemeinschaft
Die Teilberufsausübungsgemeinschaft zeichnet sich dadurch aus, dass bestimmte
Behandlungsaufträge oder Teile des zahnärztlichen Leistungsspektrums gemeinsam
erbracht werden. Gleichzeitig sind die Ärzte der Teilberufsausübungsgemeinschaft in
den weiteren Bereichen ihrer zahnärztlichen Tätigkeit voneinander unabhängig und
auf eigene Rechnung tätig. Bei der Teilberufsausübungsgemeinschaft handelt es sich
ebenfalls um eine Unterform der Berufsausübungsgemeinschaft. Im zahnärztlichen
Bereich ist die klassische Form eine Kooperation zwischen Zahnarzt und
Implantologen in Form einer Teilberufsausübungsgemeinschaft für implantologische
Leistungen.
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Zu beachten ist allerdings das in Paragraf 33 Absatz 2 Satz 3 der
Zulassungsverordnung für Zahnärzte geregelte Verbot, die
Teilberufsausübungsgemeinschaft zur Erbringung überweisungsgebundener
medizinisch-technischer
Leistungen
mit
überweisungsberechtigten
Leistungserbringern zu bilden (etwa Laborleistungen). Gemäß Paragraf 8 Absatz 5 der
Musterberufsordnung Zahnärzte ist es dem Zahnarzt zudem nicht gestattet, sich für
die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder andere
Vorteile versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu
gewähren. Verboten sind also „Kick-Back“-Konstellationen, bei denen einem Zahnarzt
allein für die Zuweisung von Patienten an einen Kollegen von diesem ein Entgelt
gezahlt wird. Kooperationen, die allein aus dem vorgenannten Zwecken gegründet
werden, sind damit unzulässig und der entsprechende Gesellschaftsvertrag nichtig.
Daneben drohen zudem berufsrechtliche Sanktionen.
Die Teilberufsausübungsgemeinschaft kann ebenfalls entweder als GbR oder als
Partnerschaftsgesellschaft gegründet werden. Sie muss vom Zulassungsausschuss bei
der zuständigen KZV genehmigt werden.
Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder, Münster
(wird fortgesetzt)
Dieser Beitrag wurde publiziert am Montag den 7. April 2014 um 12:43
in der Kategorie: Aktuelles, Kooperationen, Praxisführung, Praxisgründung.
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