EMV-Filter - Anwendungsbeispiele

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EMV-Filter - Anwendungsbeispiele
Anwendungsbeispiele
Seite
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Anforderungen an die Herstellung
elektrischer Betriebsmittel, Geräte
und Anlagen
100
Systeme mit
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen
106
Regenerative Energie
111
Applikationsbeispiele
115
Filter und Drosseln für
Frequenzumrichter
120
Filter für Schaltnetzteile
133
Entstörung von Anlagen
137
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Anwendungsbeispiele
1
Anforderungen an die Herstellung elektrischer Betriebsmittel, Geräte und Anlagen
1.1
Verantwortung für die Nutzung von EMV-Filtern
Hersteller von elektrischen Betriebsmitteln, Geräten oder Anlagen sind verpflichtet, bei der Entwicklung und Fertigung nach dem Stand der Technik sowie geltenden Normen und Gesetzen zu
handeln und ihre Produkte in einem sicheren Zustand an den Kunden zu liefern. Sicher nach der
in der Europa geltenden Niederspannungsrichtlinie (2006/95/EWG) heißt, die Produkte müssen
so konzipiert und beschaffen sein, dass Menschen und Nutztiere vor den Gefahren einer Verletzung durch direkte oder indirekte Berührung geschützt sind. Ebenso sind nichtelektrische Gefährdungen wie mechanische Einwirkungen, Temperatur, Lichtbogen, Strahlung zu berücksichtigen.
Bei vielen Produkten hängt die Sicherheit jedoch weitgehend davon ab, wie Bauteile in das Endprodukt eingebaut sind und welche Gesamtmerkmale das Endprodukt hat. Aus diesem Grund
wurden z. B auch Induktivitäten und Filter bewusst aus dem Geltungsbereich der Niederspannungsrichtlinie ausgenommen.
Der Hersteller von Produkten hat mit der entsprechenden Sorgfalt die Anforderungen an die Bauelemente im konkreten Applikationsfall zu bestimmen und diese entsprechend auszuwählen. Neben den Standardkriterien wie Bemessungsstrom, -spannung, -temperatur, Umgebungsbedingungen und Netzart sind auch mögliche Kurzschlusströme und im System auftretende Überspannungen zu berücksichtigen.
1.2
Bedeutung von Sicherheitsrichtlinien weltweit
Weltweit besteht das Bestreben, einheitliche Standards für Produkte und Anlagen festzulegen
(Harmonisierung von Normen). Dieses geschieht zunehmend in IEC-Normen durch die International Electronical Commission. Diese Normen werden in den meisten Fällen in regionale (z. B. EN
= Europa Normen) sowie nationale Normen mit zum Teil spezifischen Anmerkungen untersetzt.
IEC-Normen legen dabei die Mindestsicherheitsanforderungen der Produkte fest. Technische Details der Umsetzung bleiben meist in der Verantwortung der Hersteller.
Abweichend dazu ist die Verfahrensweise im nordamerikanischen Markt. Hier werden in einem
Sicherheitssystem die Interessen der Behörden, Hersteller, Versicherungen und Endkunden eingeschlossen. Die nationale Gesetzgebung erfolgt durch NEC (National Electrical Code), CEC
(Canadian Electric Code), NFPA (National Fire Protection Association), aber auch durch individuelle Ergänzungen lokaler Behörden. So bedarf es z. B. in den USA einer Zulassung für alle elektrisch gesteuerten Geräte und Systeme. Diese Zulassung kann durch anerkannte Testlabore wie
UL und CSA erfolgen.
EPCOS hat eine hohe Zahl von Produkten mit entsprechenden Approbationen. Bitte sprechen Sie
bei Bedarf mit Ihrer zuständigen Vertriebs- bzw. Verkaufsabteilung. Das auf EPCOS-EMV-Filtern
nach Approbation oft verwendete Symbol ist z. B. das gespiegelte UR-Zeichen.
Bild 1: Prüfzeichen bei Prüfung durch UL-Prüforganisation nach UL- und CSA-Vorschriften
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Anwendungsbeispiele
Dieses gespiegelte UR-Zeichen gilt für Komponenten, die Bestandteil eines Produkts oder Systems sind. Diese sind zum Beispiel Funkentstörfilter in Frequenzumrichtern. Bedingt durch ihre
technische und konstruktive Auslegung haben diese Komponenten Einschränkungen und dürfen
nur von Fachpersonal eingebaut werden.
1.3
Kurzschlussströme
1.3.1
Ursachen und Schutzmöglichkeiten
Seit dem Entstehen von Stromversorgungssystemen wurden Fehlerzustände wie der unbeabsichtigte Kurzschluss in die Betrachtung der Sicherheitssysteme einbezogen. Für den Kurzschlussfall können verschiedene Ursachen wie Isolationsbruch, Isolationsänderung aber auch
menschliches Versagen in Frage kommen. Um die negativen Auswirkungen dieses Fehlers zu
begrenzen, werden üblicherweise Fehlerstromschutzeinrichtungen, wie Sicherungen, Leitungsschutzschalter, Leistungsschalter u. ä., eingesetzt. EPCOS schreibt für den Betrieb der Bauelemente entsprechende Überstromschutzeinrichtungen vor. Diese begrenzen zeitlich die Einwirkung der hohen Kurzschlussströme und damit die Beanspruchung durch thermische Wirkungen
sowie durch elektromagnetische Kräfte.
Die Berechnung der möglichen Kurzschlussströme und die daraus resultierende Auswahl geeigneter Bauelemente und Betriebsmittel stellt seit Jahrzehnten ein übliches Verfahren in europäischen Ländern dar. So beschäftigt sich die IEC 60909 in mehreren Teilen mit Kurzschlussströmen in Drehstromnetzen bzw. die Normenteile der IEC 60865 mit der Berechnung der Wirkung
von Kurzschlussströmen. Ziel ist es, im Fehlerfall „Kurzschluss“ die Anlagenteile möglichst vor einer Schädigung oder Zerstörung zu schützen.
1.3.2
Berechnung und Auswahl von Komponenten
Für eine genaue Berechnung der Kurzschlussströme sind sehr viele Detailkenntnisse der Stromversorgungseinrichtungen einschließlich der Kabel- und Leitungssysteme notwendig. Details sind
unter anderem in den Normen IEC 60909 „Kurzschlussströme in Drehstromnetzen“ zu finden.
Eine überschlägige Berechnung ist bereits mit den Kenntnissen der elektrischen Parameter des
speisenden Transformators möglich. Aus Nennleistung, Kurzschlussspannung, Nennspannung
und Frequenz des Transformators kann der Kurzschlussstrom IK ermittelt werden. Dabei ist IK der
Transformator-Anfangskurzschlusswechselstrom beim Anschluss an ein Netz mit unbegrenzter
Kurzschlussleistung.
Aber auch der Leitungsweg dämpft die Kurzschlussströme. Zur Verbesserung der Genauigkeit
sollten die induktive und ohmsche Komponente der Leitungswege in die Berechnung einbezogen
werden. Der als Ergebnis vorliegende Kurzschlussstrom sollte bei der Auswahl der Komponenten
berücksichtigt werden.
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Anwendungsbeispiele
1.3.3
Begriffsbestimmungen Kurzschlussströme
Die bei einem Kurzschluss auftretenden Ströme werden sehr unterschiedlich definiert. Deshalb
ist in der Kommunikation die Verwendung klar definierter Begriffe notwendig. Diese Definitionen
stehen in den entsprechenden Normen und werden teilweise bevorzugt in Verbindung mit speziellen Fachbereichen verwendet (z. B. Niederspannungs-Schaltgeräte).
Nachstehend die Kurzdefinition einiger wichtiger Kurzschlussströme. Details sind den angegebenen Normen zu entnehmen:
Icw = Bemessungskurzzeitstromfestigkeit
Die Bemessungskurzzeitstromfestigkeit charakterisiert als Effektivwert des Kurzschlussstromes
die thermische Festigkeit eines Stromkreises bei einer kurzzeitigen Belastung; Angabe normalerweise für die Dauer von 1 s; abweichende Zeitwerte sind anzugeben. [IEC 60439-1; 4.3]
Ipk = Bemessungsstoßstromfestigkeit
Die Bemessungsstoßstromfestigkeit charakterisiert als Scheitelwert des Stoßstromes die dynamische Festigkeit eines Stromkreises. [IEC 60439-1; 4.4]
Icc = Bedingter Bemessungskurzschlussstrom
Der bedingte Bemessungskurzschlussstrom ist der unbeeinflusste Kurzschlussstrom, den ein
Stromkreis nach einer Kurzschlussschutzeinrichtung ohne Schaden für eine bestimmte Zeit führen kann. [IEC 60439-1; 4.5]
1.3.4
SCCR
Der Begriff SCCR kommt aus dem nordamerikanischen Sprachraum und steht als Abkürzung für
den Begriff Short Circuit Current Rating. Dieser Begriff entspricht in etwa der IEC-Definition des
Icw-Wertes.
Maschinensteuerungen und Schaltanlagen (Industrial Control Panels) müssen in Nordamerika mit
dem SCCR-Wert für die Kurzschlussfestigkeit gekennzeichnet werden. Zu beachten ist, dass sich
dieser SCCR-Wert nicht nur auf die netzseitige Absicherung sondern auch auf nachgeschaltete
Komponenten bezieht. Ausnahme bildet die schaltschrankinterne Verdrahtung. Der NEC 2008 Artikel 409 beschreibt die Bestimmungen der Kurzschlussfestigkeitsmarkierung unter Berufung auf
UL 508A, SB4.
Es wird unterschieden zwischen:
Verteilerstromkreis (Feeder Circuit) = Stromkreis vor der ersten Überstromschutzeinrichtung
Abzweigstromkreis (Branch Circuit) = Stromkreis von der ersten Überstromschutzeinrichtung
bis zur Last. Da Filter mit Überstromschutzeinrichtungen zu sichern sind, werden diese dem
„Branch Circuit“ zugeordnet.
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Anwendungsbeispiele
Für Frequenzumrichter werden nach der nordamerikanischen Richtlinie UL 508C (Power Conversion Equipment) folgende Mindestwerte für die SCCR-Werte gefordert:
Leistung1)
hp
15 ... 50
51 ... 200
201 ... 400
401 ... 600
601 ... 900
901 ... 1600
1601
kW
1.1 ... 37.3
39 ... 149
150 ... 298
299 ... 447
448 ... 671
672 ... 1193
1194 ...
Motorstrom dreiphasig bei Spannung2)
360 … 380 V
440 … 480 V
550 … 600 V
A
A
A
3.3 ... 83
3.0 ... 65
2.4 ... 52
... 320
... 240
... 192
... 636
... 477
... 382
... 786 ...3)
... 590 ...3)
... 472 ...3)
... 1290
... 1060
... 850
... 2300
... 1880
... 1500
2301...
1881...
1501 ...
SCCR1)
kA
5
10
18
30
42
85
100
125
200
1) Entsprechend UL 508C Tabelle 45.1
2) Entsprechend UL 508C Tabelle 42.1
3) Angabe Motorstrom für 500 hp
In dem für EMV-Filter zuständigen UL-Standard UL 1283 wird im Kapitel 39 ebenfalls ein Kurzschlusstest festgelegt. Somit gelten alle nach UL 1283 Edition 5 geprüften Filter bezüglich Kurzschluss als geprüft, wobei der Prüfstrom ASCC (Available short-circuit current) von den Vorgaben
der UL 508C abweicht.
Darüber hinaus werden Typenreihen der von EPCOS hergestellten Filter mit den für den Praxiseinsatz notwendigen Kurzschlussströmen bezüglich der thermischen und elektromagnetischen
Beanspruchung geprüft, begleitet von entsprechenden Modellrechnungen und Simulationen. Auf
Wunsch sind über den für Sie zuständigen Vertriebsansprechpartner detaillierte Informationen
verfügbar.
1.4
Überspannungen
1.4.1
Überspannungsschutz elektrischer Betriebsmittel
Überspannungen können elektrische Anlagen und Geräte beschädigen und ihre Funktion beeinträchtigen. Die Ursachen dafür können sein:
Blitz; Blitzstrom- und Überspannungswanderwelle
Induktion bedingt durch induktive Kopplung (Einfluss Magnetfelder)
Influenz bedingt durch kapazitive Kopplung (Einfluss elektrischer Felder)
Elektrostatische Ladungen
Spannungsänderungen aufgrund von Schaltvorgängen
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Anwendungsbeispiele
Dabei ist mit folgenden Auswirkungen zu rechnen:
Brand
Zerstörung des Geräts
Datenverlust
Fehlfunktionen in Anlagen
Auslösung von gefährlichen Betriebszuständen
Bei Entwurf, Planung und Herstellung elektrischer Geräte und Einrichtungen hat der Hersteller die
verwendeten Komponenten so auszuwählen, dass sie für die zu erwartende Beanspruchung in
der Applikation geeignet sind und Gefahren vermieden werden.
1.4.2
Überspannungskategorien und Bemessungsstoßspannungen
Zur Auswahl von Komponenten wird in der Norm IEC 60664-1 dem Hersteller eine Information
über zu erwartende Beanspruchungen mit Angabe der Höhe der Bemessungsstoßspannung in
Abhängigkeit des Stromversorgungssystems und dem Einbauort gegeben. Die Einbauorte werden in Abhängigkeit der Gefährdung in Überspannungskategorien zusammengefasst.
Überspannungskategorie
IV
III
II
I
Beschreibung
An oder in der Nähe der
elektrischen Einspeisung; vor
der Hauptverteilung (in
Stomrichtung gesehen)
Geräte, die Bestandteil der
festen Installation sind oder
Geräte, bei denen eine erhöhte
Verfügbarkeit erwartet wird
Geräte, die zum Anschluss an
die feste Installation eines
Gebäudes bestimmt sind
Betriebsmittel, die an
Stromkreise angeschlossen
werden, für die bereits
Maßnahmen zur Begrenzung
der transienten
Überspannungen getroffen
wurden
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Beispiele
Elektrizitätszähler;
Überstromschutzschalter;
Rundsteuergeräte
Verteilertafeln;
Leistungsschalter;
Verteilerkästen; Geräte für den
industriellen Einsatz; stationäre
Motoren
Haushaltsgeräte; tragbare
Werkzeuge
Elektrische Steuergeräte, die
intern keine Maßnahmen zum
Überspannungsschutz
beinhalten
Anwendungsbeispiele
Den Überspannungskategorien wird in der nachstehenden Tabelle entsprechend dem Stromversorgungssystem eine zu erwartende Bemessungsstoßspannung zugeordnet (in Anlehnung an
IEC 60664-1):
Stromversorgungssystem Spannung Leiter-Erde
dreiphasig
V
einphasig
230/400
277/480
400/690
1000
1.4.3
Überspannungskategorie
I
II
III
IV
Bemessungsstoßspannung
120 ... 240
50
100
150
300
600
1000
330
500
800
1500
2500
4000
500
800
1500
2500
4000
6000
800
1500
2500
4000
6000
8000
1500
2500
4000
6000
8000
12000
Überspannung an EMV-Filtern
Mit Ausnahme weniger Sonderapplikationen entsprechen die EPCOS-EMV-Filter dem Standard
IEC 60939. Somit ist die Verwendung von geeigneten Entstörkondensatoren vorgeschrieben.
Diese Art der Kondensatoren wird für Impulsspannungen im Netz konzipiert und entsprechend
IEC 60384-14 einer Impulsprüfung bei der Bauartzulassung unterzogen (siehe nachstehende Tabelle; auszugsweise).
Klasse
X1
X2
Y2
Spannungsfestigkeit
4.3 x UR
4.3 x UR
1500 V AC
Impulsprüfung4)
4.0 kV
2.5 kV
5.0 kV
Bemerkungen
Einsatz bei hohen Spitzenspannungen
Allgemeine Anforderungen
Basisisolierung oder zusätzliche Isolierung
4) gilt für C ≤ 1.0 µF
Damit ist durch die Reihenschaltung zweier Kondensatoren in vielen Applikationsfällen die ausreichende Spannungsfestigkeit für die notwendige Überspannungskategorie gegeben. Aufgrund unterschiedlicher Kapazitätswerte ergeben sich aber sehr unterschiedliche Spannungsverhältnisse
an den Kondensatoren, die im Einzelfall geprüft werden müssen.
Für den Einsatz in industriellen Geräten mit erhöhter Beanspruchung oder bei erwarteter höherer
Zuverlässigkeit empfehlen wir einen zusätzlichen Überspannungsschutz. Bei kundenspezifischen
Lösungen werden in vielen Fällen Varistoren und Gasableiter in die Filter integriert.
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Anwendungsbeispiele
2
Systeme mit Fehlerstromschutzeinrichtungen
2.1
Begriffserklärung
Ein Fehlerstromschutzschalter trennt beim Überschreiten eines definierten Differenzstroms den
überwachten Stromkreis allpolig (mit Ausnahme des Schutzleiters). Oft wird die englischsprachige Kurzbezeichnung RCD (residual current protective device) für Fehlerstromschutzeinrichtung
bzw. RCCB (residual current operated circuit-breaker) für Fehlerstromschutzschalter bzw. FISchutzschalter auch im deutschen Sprachraum verwendet. Genaue Definitionen sind in der Normengruppe IEC 61008 festgelegt. Darüber hinaus gibt es Differenzstrom-Überwachungsgeräte
RCM (residual current monitor), die jedoch keine eigene Abschalteinheit des Laststromkreises
besitzen.
2.2
Prinzip der Fehlerstromschutzeinrichtung
Das Funktionsprinzip nutzt die Eigenschaft, dass im idealen Stromkreis die Summe der hin- und
zurückfließenden Ströme Null ist. Ein Summenstromwandler über den Leitungen von Phase und
Null erfasst somit die Fehlerströme. Eine zusätzliche Wicklung auf dem Wandler gehört zum Auslösekreis und bewirkt bei Erreichen des Grenzwertes die mechanische Öffnung des Schaltschlosses mit den Kontakten. Nachstehende Skizze zeigt das Prinzip.
Bild 2
Prinzip FI-Schutzschalter
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Anwendungsbeispiele
2.3
Beispiel eines elektrischen Antriebssystems
Um Energie effektiv zu nutzen, werden in zunehmender Zahl elektrische Antriebssysteme (PDS =
power drive system) verwendet. Diese besitzen die Möglichkeit, die Motordrehzahl stufenlos zu
verändern. Im Prinzip wird eine Wechselspannung gleichgerichtet, im Zwischenkreis geglättet
und über elektronische Schaltelemente bezüglich der Pulsform und Frequenz umgeformt. Damit
verbunden ist unter anderem eine leitungsgebundene Störaussendung. Entsprechend internationalen Normen sind die Störpegel zu begrenzen, was in der Regel die Verwendung von EMV-Filtern bedingt. Bild 3 zeigt ein solches Antriebssystem im Prinzipschaltbild.
Bild 3
Prinzipschaltbild Antriebssystem
Die Betrachtung des Prinzipschaltbildes zeigt, dass die Ableitströme in diesem Antriebssystem
nicht identisch sind mit der Angabe des Ableitstromes im Datenblatt des EMV-Filters. Diese Angabe wurde in der Norm IEC 60939 im Jahr 2010 als Rechenverfahren vereinheitlicht, berücksichtigt aber nur den Ableitstrom mit Bezug auf die Netzfrequenz beim Anschließen des Filters an
das Versorgungsnetz. Hinzu kommen die Ableitströme durch die zusätzlichen Komponenten wie
Umrichter, Kabel und Motor.
In Abhängigkeit des Gleichrichtungsverfahrens beinhalten diese Ableitströme Frequenzanteile als
Mehrfaches der Netzfrequenz; zum Beispiel eine dreiphasige B6-Schaltung bewirkt typische Anteile von 150 Hz, 450 Hz und 750 Hz. Die oft im Bereich von 1 kHz ... 16 kHz liegenden Taktfrequenzen verursachen besonders in den Leitungs- und Motorkapazitäten deutlich höherfrequente
Ableitströme.
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Anwendungsbeispiele
2.4
Unterscheidung der Differenzströme
Differenzströme sind die Summe der Leiterströme (3 Phasen + Neutral). Der Differenzstrom wird
nach Ursache in Ableitstrom, Schutzleiterstrom, Berührungsstrom und Fehlerstrom unterschieden.
Ableitstrom: Den größten Anteil bilden dabei meist die betriebsbedingten taktfrequenten Störströme. Sie werden von den Schaltimpulsen der IGBT-Taktung angeregt und finden den Stromweg über die parasitären Kapazitäten der Kabel und Motoren. Der netzfrequente Anteil der Ableitströme wird verursacht durch die Gleichrichtung sowie die auf der Netzseite vorhandenen
Entstörkondensatoren.
Schutzleiterstrom: Der Strom durch den Schutzleiter ist aus Sicherheitsgründen zu begrenzen.
Grenzwerte in Abhängigkeit, ob es sich um ein ortsfestes oder ortsveränderliches Betriebsmittel handelt, sind z. B. in der IEC 61140 genannt.
Fehlerstrom: Im Fall einer niederohmigen Verbindung der spannungsführenden Teile mit Erde
fließt ein Fehlerstrom. Ursache könnte Verschmutzung, Feuchtigkeit oder eine defekte Isolierung sein. Zu unterscheiden ist der Fehlerfall auf der Netzseite und auf der Umrichterseite.
Berührungsstrom: Der Berührungsstrom fließt beim Berühren des Gehäuses durch eine Person
bei unterbrochener PE-Verbindung. Ein typischer Grenzwert ist 3.5 mA. Bei Überschreiten des
Wertes sind geeignete Maßnahmen zu treffen, z. B. bei ortsfesten Geräten einen Schutzleiterquerschnitt von mindestens 10 mm² Cu. Der Berührungsstrom ist ebenfalls ein Fehlerstrom,
der Ableitstrom jedoch nicht.
2.5
Schutzziele der FI-Schutzschalter
Der Einsatz von FI-Schutzschaltern5) hat zwei wesentliche Ziele: Die Herabsetzung des Gefährdungspotenzials zum Schutz gegen elektrischen Schlag und zur Brandverhütung.
Der Personenschutz (Schutz gegen elektrischen Schlag) besteht in der Regel aus der Kombination zweier Schutzvorkehrungen. Der Basischutz (Schutz gegen direktes Berühren) verhindert das
Berühren unter Spannung stehender Teile z. B. durch Isolation. Der Fehlerschutz (zusätzlicher
Schutz bei indirektem Berühren) soll im Fehlerfall ein Anstehen einer Spannung innerhalb festgelegter Zeiten verhindern, z. B. durch Abschaltung der Versorgungsspannung.
Die Grenzwerte für den maximal zulässigen Strom ergeben sich aus den Angaben der IEC TS
60479 „Wirkung des elektrischen Stromes auf Menschen und Nutztiere“. Hierbei werden in Abhängigkeit der Frequenz unterschiedliche hohe Stromstärken angegeben, die jedoch einen gleich
hohen Schutzpegel darstellen. Diese Differenzierung ermöglichen „intelligente“ FI-Schutzschalter.
Typisch werden drei Bereiche unterschieden:
0.1 ... 100 Hz mit z. B. 30 mA-Grenze
100 ... 1000 Hz mit z. B. ansteigender Grenze von 30 … 300 mA
1 ... 100 kHz mit z. B. 300 mA-Grenze
Zur Verhütung von Bränden ist in verschiedenen Vorschriften der Grenzwert 300 mA genannt.
Unter Nutzung dieser Grenze können auch Systeme mit Taktfrequenzen im kHz-Bereich über FISchutzschalter geschützt werden.
5) FI = Fehlerstrom
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Anwendungsbeispiele
Bild 4
2.6
Beispiel Auslösecharakteristik RCCB
Typenspektrum FI-Schutzschalter
Typ AC = wechselstromsensitiv: Erfasst nur sinusförmige Wechselfehlerströme!
ACHTUNG! In einigen Ländern nicht für die FI-Schutzmaßnahme zugelassen!
Typ A = pulsstromsensitiv: Erfasst sinusförmige Wechselfehlerströme + pulsierende Gleichfehlerströme.
Anwendung: einphasige Gleichrichter, einphasige Thyristorsteller.
Typ B = allstromsensitiv: Fehlerströme wie Typ A + glatte Gleichfehlerströme.
Anwendung: mehrphasige Systeme und Gleichrichterschaltungen.
Typ B+ = allstromsensitiv: Eigenschaften des Typs B + Auslösebedingungen bis 20 kHz.
Kurzzeitverzögerte Typen: Abschaltzeit geringfügig verzögert (ca. 10 ms).
Anwendung: bei kurzzeitigen Impulsströmen im Rahmen des normalen Betriebs.
Selektive Typen /S/: Definierte Abschaltzeitverzögerung.
Anwendung: Reihenschaltung mehrer Schutzeinrichtungen, um selektive Abschaltreihenfolge
zu gewährleisten.
2.7
Lösungsvorschläge für die Praxis
Da beim Einsatz von Frequenzumrichtern die Unterscheidung von Fehlerströmen und betriebsbedingten Ableitströmen schwierig ist, kann es zum ungewollten Auslösen der Schutzeinrichtung
kommen und somit die Anlagenverfügbarkeit verringert bzw. das Ausfallrisiko erhöht werden.
Lösungsvorschläge:
Messen Sie die Ableitströme im System; Ursachenermittlung erleichtert die Auswahl der Maßnahmen. Benutzen Sie dazu geeignete Messmittel. Die obere Grenzfrequenz der Messeinrichtung sollte für die zu erwartenden nennenswerten Ableitstromanteile ausreichend bemessen
sein.
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Anwendungsbeispiele
Wählen Sie einen geeigneten Typ des FI-Schutzschalter für Ihre Applikation.
Schaltvorgänge in Mehrphasensystemen können durch mechanische Kontakte zeitlich versetzt
schalten und somit Netztransiente verursachen. Nutzen Sie in diesem Fall kurzzeitverzögerte
Fehlerstromschutzeinrichtungen.
Klären Sie mit Ihrem EMV-Experten die richtige Auswahl der EMV-Filter. Bitte beachten Sie,
dass ableitstromarme Filter bei gleichen Dämpfungseigenschaften aufwändiger aufgebaut und
in der Regel teurer sind.
Vergleichen Sie die technischen Daten der eingesetzten Motorkabel besonders bezüglich der
Kapazitäten. Kostengünstigere, aber mit höherem Kapazitätsbelag behaftete Kabel müssen unter Umständen mit teuren Maßnahmen kompensiert werden.
Soweit möglich, sollten Sie eine optimale Schaltfrequenz am Umrichter wählen.
Induktivitäten am Umrichterausgang (Ausgangsdrosseln und Ausgangsfilter) können den Ableitstrom reduzieren; besonders die EPCOS SineFormer-Filterreihe B84143V*R127 hat sich in
der Praxis bereits vielfach bewährt. Bitte beachten Sie die besonderen Anforderungen Ihrer Applikation z. B hinsichtlich der Motordynamik.
Vermeiden Sie unnötige Motorleitungslängen. Legen Sie den Schirm der Motorleitung großflächig und beidseitig auf die Masse von Umrichter und Motor.
Verwenden Sie für jeden Umrichter eine eigene Fehlerstromschutzeinrichtung.
Halten Sie Einschaltströme mit technischen Maßnahmen gering (Einschaltstrombegrenzung).
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Anwendungsbeispiele
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Regenerative Energie
Damit Volkswirtschaften prosperieren können, ist der Zugang zu Energie eine unverzichtbare Notwendigkeit. Das Vorkommen an fossilen Energieträgern nimmt bei kontinuierlicher Entnahme ab.
Gleichzeitig wächst in den meisten Ländern das Umweltbewusstsein. Zunehmend werden Strategien zur Verringerung der Emission von Treibhausgasen und gegen die globale Erwärmung der
Erde entwickelt und auch bereits in der Praxis umgesetzt. Mit der zeitlichen Verfügbarkeit einiger
erneuerbarer Energien spielen Energiespeicher und intelligenter Stromverbrauch eine zunehmend bedeutendere Rolle. Auch hier hat EPCOS bereits an verschiedenen Projekten mitgearbeitet und Lösungen angeboten. Wir tragen als Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung
und bekennen uns zum Umweltschutz.
3.1
Energieformen
Wasserkraft
Wasserkraft wird allgemein als besonders ökologisch anerkannt. Trotzdem ist der Bau von neuen
Systemen meist mit einem erheblichen Eingriff in die Natur und Landschaft verbunden. In
Deutschland stagniert der Anteil an Wasserkraft in den letzten 10 Jahren bzw. ist sogar leicht
rückläufig.
Windenergie
Windenergie ist die Art der Energieerzeugung, die in Deutschland die höchste Steigerungsrate erzielte und auch prozentual bei den erneuerbaren Energien den höchsten Anteil an der Gesamtenergieerzeugung hat. Um die starken Schwankungen der Windgeschwindigkeiten auszugleichen, wurden in den letzten 10 Jahren sehr viele neue und effizientere Lösungen entwickelt.
Photovoltaik
Mit Förderprogrammen in vielen europäischen Ländern ist im Ergebnis die Effizienz von Solargeneratoren und der Wirkungsgrad der Solarumrichter deutlich verbessert worden. An vielen Stellen
werden Dach- oder Freiflächen für die Energieerzeugung mittels Photovoltaik genutzt.
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Anwendungsbeispiele
Sonstige alternative Energieformen
Weitere alternative Energieformen sind Energie aus Biomasse, wo heute bereits mit gutem Wirkungsgrad die Beseitigung von biologischen Abfällen mit der Erzeugung elektrischer Energie
kombiniert wird. Bei den Steuerungselementen beginnend, ist auch hier ein breites Anwendungsgebiet für EMV-Entstörbauelemente zu finden. Die Aufzählung lässt sich beliebig erweitern, jedoch ist der Anteil anderer Systeme bedeutend geringer. In der Zukunft werden ständig neue
technische Lösungen auf diesem Gebiet auf den Markt kommen. Ein Beispiel dafür sind Brennstoffzellen-Wechselrichter.
3.2
Applikationsbeispiel für Photovoltaik
Für die steigende Anzahl von Photovoltaik-Applikationen bietet EPCOS zahlreiche StandardEMV-Filter aus dem Fertigungsprogramm an. Mit den steigenden Stückzahlen für Solarinverter
werden aber auch viele kundenspezifische Lösungen erarbeitet und diese werden wirksamer Bestandteil des Gesamtkonzepts. Die Entwicklung begann bei Hausanlagen im Bereich 1 ... 5 kW,
führte über mittelgroße Anlagen im Bereich einiger zehn kW zu Zentralwechselrichtern mit Einspeisung in das Mittelspannungsnetz bis in den Bereich von einigen Megawatt.
Wie bei allen Systemen, sind die Produktnormen durch das Gesamtsystem einzuhalten. Für Photovoltaik-Wechselrichter existieren aber zurzeit noch keine EMV-Produkt- bzw. Produktfamiliennormen; entsprechend sind die allgemeinen Fachgrundnormen anzuwenden.
Störaussendung
Störfestigkeit
Wohnbereiche; Geschäfts- und Gewerbebereiche
EN 61000-6-3
EN 61000-6-1
Industriebereich
EN 61000-6-4
EN 61000-6-2
Bei netzgekoppelten Einrichtungen sind somit Forderungen auf der AC-Seite bezüglich Störspannungsgrenzen klar definiert. Abweichend dazu befindet sich auf der DC-Seite die Definition der
Grenzwerte noch in der Phase des Normentwurfs. In der Fachgrundnorm für Störaussendung in
Wohngebieten (EN 61000-6-3) wird die Messung der Störausendung an DC-Anschlüssen unter
bestimmten Umständen vorgeschrieben. In den Ausgaben der Fachgrundnorm ab 2007 werden
AC-Netznachbildungen (Impedanz 50 Ohm || 50 µH) für den Messaufbau vorgeschrieben, deren
große Erdkapazitäten bei trafolosen Geräten Probleme bereiten können.
Aufgrund der oft nicht geringen Leitungslängen zu den Solarpanelen wirken diese Leitungen als
Antenne und abgestrahlte Störfelder können zu Störungen in anderen Systemen, z. B. Rundfunk,
führen. Viele verantwortungsbewusste Solarinverter-Hersteller achten deshalb schon jetzt auf geringe Störpegel, um die Beeinflussung von Nachbarsystemen zu vermeiden. EPCOS-DC-Filter
helfen nicht nur wirksam die Störabstrahlung ausgedehnter Leitungsstrukturen zu den Photovoltaikpanelen zu verringern, sondern reduzieren ebenfalls hochfrequente Stör- und Ableitströme.
Diese Maßnahme hilft auch, die Lebensdauer von PV-Modulen zu erhöhen.
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Anwendungsbeispiele
Bild 5
Beispiel für Photovoltaikanlage
Komponenten der Photovoltaik-Applikation aus Bild 5:
1) EPCOS 4-Leiter-Filter AC
2) EPCOS 2-Leiter-Filter DC
3) EPCOS Überspannungsschutz AC (wahlweise in Filter integriert)
4) EPCOS Überspannungsschutz DC (wahlweise in Filter integriert)
5) Solargenerator (Solarmodule)
6) Solarverkabelung
7) SPD (Surge protective device; Überspannungsableiter) Typ 2 optional
8) Solarwechselrichter mit EPCOS Leistungs-Induktivitäten und Transformatoren
9) Strom-Verteilungssystem (typisch öffentliches Energienetz)
Betreiber von Photovoltaikanlagen sichern in vielen Fällen die Investition durch Versicherung gegen Anlagenausfall. So wird im Zusammenspiel aller Komponenten eine erhöhte Systemzuverlässigkeit erwartet. In diesem Zusammenhang werden auch Filter mit integriertem Überspannungsschutz eingesetzt. Durch den Einsatz von hochwertigen Bauelementen bei der Filterherstellung in
der Kombination mit jahrzehntelangen Erfahrungen auf den Gebieten EMV und Überspannungsschutz sowie einem sorgfältigen Herstellungsprozess werden diese Anforderungen der erhöhten
Systemzuverlässigkeit erfüllt. Auf Wunsch stellt EPCOS Zuverlässigkeits-Erwartungswerte zur
Verfügung.
EMV-Schutzziele und Systemzuverlässigkeit können aber nur im richtigen Zusammenspiel aller
Komponenten erreicht werden. So ist zum Beispiel im Bereich der Solarmodule auf eine flächenBitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
minimierte Leitungsverlegung zu achten. Durch die Vermeidung großer Leiterschleifen und durch
induktionsarme Verlegung werden induzierte Ströme minimiert. Evt. sollten gitterförmige, geschlossene Modultragegestelle mit kompensierend verschalteten Photovoltaikmodulen zum Einsatz kommen.
Die ökonomische Effektivität der Solaranlagen wird wesentlich beeinflusst von dem Gesamtwirkungsgrad der Einrichtung. Hier kann ebenfalls durch ein entsprechendes Design der Filter und
Induktivitäten zur Minimierung der Verlustleistung beigetragen werden. Die geringen Mehrkosten
werden in der Lebensdauer von den Einsparungen überkompensiert. Entsprechend unseren Leitlinien für umweltgerechte Produktgestaltung werden umweltbezogene Kundenwünsche berücksichtigt, die Umweltauswirkungen über den gesamten Produktlebensweg abgeschätzt und daraus
die Entwicklungsziele abgeleitet.
Neben einem umfangreichen Spektrum an Standardkomponenten bietet EPCOS kundenspezifische Filter und Drosseln, die auf die Applikation maßgeschneidert werden. Bitte kontaktieren Sie
hierzu Ihren EPCOS-Vertriebsansprechpartner.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
4
Applikationsbeispiele
4.1
Industrieapplikationen
EPCOS-EMV-Filter werden mit hohen Qualitätsstandards unter Auswahl hochwertiger Bauteile
und Materialien hergestellt. Das Design erfolgt in Übereinstimmung mit den geltenden Standards
und einer Auslegung für Dauerbetrieb unter den spezifizierten Extrembedingungen. So wird gewährleistet, dass die Filter den Lebensdauererwartungen unter Industriebedingungen entsprechen.
Die im Bild dargestellten Antriebe in einem Walzwerk sind ein Beispiel, bei dem es nicht nur auf
die Einhaltung von Normen ankommt, sondern auch Sicherheitsaspekte zu beachten sind. Elektronische Systeme steuern hier große Antriebssysteme, deren Fehlfunktion große Kräfte freisetzen und somit ein erhebliches Gefahrenpotenzial darstellen würde. Elektromagnetische Verträglichkeit war also hier, wie in vielen anderen Einsatzgebieten, auch eine Frage des Arbeitsschutzes der beschäftigten Mitarbeiter.
Zur Verbesserung der Steuerung technologischer Parameter werden zunehmend drehzahlveränderbare Antriebe in der Industrie eingesetzt. Dabei erschließen immer neue Bauelemente, z. B.
neue IGBT-Entwicklungen, Leistungsbereiche bis in den Megawattbereich von Umrichterantrieben. Neben den technologischen Vorteilen durch veränderbare Drehzahlen ergeben sich auch
deutliche Energieeinsparungen und somit ökologische Vorteile. Die ökonomischen Einsparungen
sind in vielen Fällen so groß, dass eine Rentabilität der Neuinvestitionen oft nach wenigen Nutzungsjahren erreicht wird.
In vielen Firmen von Industrie und Handwerk hat es sich durchgesetzt, ausschließlich Einrichtungen, Anlagen und Geräte mit dem Nachweis der Einhaltung der EMV-Grenzwerte bezüglich
Störaussendung und Störfestigkeit einzusetzen. Dadurch wird die Funktionalität der Maschinen
sichergestellt und die Zuverlässigkeit wesentlich erhöht. Eine Maßnahme, die zwar in der Investitionsphase etwas teurer ist, sich aber in der Summe „rechnet“.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
4.2
Filter für rückspeisefähige Umrichter (AFE = Active Front End)
Im Gegensatz zu herkömmlichen Umrichtern werden bei rückspeisefähigen Umrichtern als
Gleichrichter Halbleiterschalter (z. B. IGBTs6)) anstelle der sonst üblichen Diodenbrücken verwendet. Die Schalter können zu jedem beliebigen Zeitpunkt ein- und ausgeschaltet werden. Erfolgt
die Ansteuerung in geeigneter Weise, reduziert sich die Amplitude der erzeugten Oberschwingungen, und der Strom, der vom Umrichter aufgenommen wird, ist annähernd sinusförmig. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Zwischenkreisspannung bis zum Scheitelwert der Netzspannung variiert werden kann. Zusätzlich sind viele rückspeisefähige Umrichter in der Lage, z. B.
beim Abbremsen eines Motors, Energie aus dem Zwischenkreis ins Netz zurückzuspeisen.
Bild 6
Prinzipschaltbild eines rückspeisefähigen Umrichters
Allerdings macht sich die Taktfrequenz der Halbleiterschalter auf der Netzseite des Frequenzumrichters störend bemerkbar: Es tritt ein erheblicher Spannungsripple zwischen den einzelnen Phasen auf. Zusätzlich fließen asymmetrische Ströme zwischen Umrichter und Netz, deren Größe
von der Gesamtlänge der Motorleitung abhängig ist. Beim Rückspeisebetrieb verstärken sich die
Effekte.
Durch den Einsatz geeigneter Filter und Drosseln von EPCOS werden diese Störungen so bedämpft, dass eine Beeinflussung zwischen Umrichter und benachbarten Geräten ausgeschlossen
wird. Die Einhaltung der Grenzwerte für die Störspannung wird sichergestellt. Für besondere Anforderungen, wie z. B. maximal zulässige asymmetrische Ströme oder max. Ableitströme, hat
EPCOS Lösungen entwickelt, die bereits zum Patent angemeldet sind.
6) IGBT = Insulated Gate Bipolar Transistor
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
4.3
Applikationen im Verkehrswesen
Traktionsanwendungen wie Straßenbahnen, Oberleitungsbusse, Elektrolokomotiven und moderne Triebzüge stellen gegenüber anderen Einsatzgebieten in der Industrie oft deutlich abweichende Anforderungen. Diese Abweichungen betreffen sowohl elektrische Parameter als auch Umweltanforderungen bezüglich Stoß, Vibration, mechanischer Festigkeit, Verschmutzung und Betauung.
EMV-Filter von EPCOS werden als Standardfilter für einige Einsatzgebiete wie z. B. Eingangsfilter für Spannungen bis 1500 V DC und Ströme bis 1600 A angeboten. Darüber hinaus stehen
zahlreiche Sondertypen außerhalb des Datenbuchspektrums zur Verfügung. Falls erforderlich, erarbeiten wir zusammen mit dem Kunden eine angepasste Lösung.
Neue Entwicklungen für moderne Motoren mit geringem Leistungsgewicht und somit großer Volumenleistung sowie neue Techniken für Umrichter wurden inzwischen zum Standard für einige Marine-Applikationen. So zählen dieselelektrische Antriebe zum Komfortmerkmal großer Passagierschiffe und sind bei hohen Anforderungen an die Manövrierfähigkeit, wie z. B. bei Bohrschiffen,
unverzichtbar.
Mit dem jetzigen Stand der Technik wird der Wirkungsgrad bei Teillast deutlich verbessert, eine
gleichmäßige Leistungsabgabe unabhängig von der stufenlos regelbaren Drehzahl erreicht und
ein schnelles Umsteuern für Schubumkehr ermöglicht, um nur einige Beispiele zu nennen.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
Für Schiffs-Bordstromversorgungen gelten in vielen Fällen die Bedingungen für IT-Netze, und somit sollten auch die eingesetzten EMV-Filter den Bedingungen für IT-Netze genügen. EPCOS
bietet aber auch Lösungen für Anwendungen mit extrem geringen Ableitströmen. Diese werden
aufgrund des metallischen Körpers des Schiffes teilweise im Marine-Einsatz für erhöhten Personenschutz gefordert.
4.4
Kundenspezifische Lösungen – Beispiel Telekommunikation
Bei komplexen Anlagen besteht oft die Aufgabe, neben der EMV-Filter-Eigenschaft weitere Funktionen in die Baueinheit zu integrieren. Für kundenspezifische Lösungen, zum Beispiel im Telekommunikationsbereich, sind folgende Zusatzfunktionen als Lieferbestandteil von EPCOS denkbar:
Spezielle Steckverbinder für Stromversorgungseinheit AC und DC mit unterschiedlichen Spannungsebenen
Schalter (Netz-Hauptschalter; Funktionsschalter)
Überspannungsschutz (integrierte Lösungen; Überspannungsschutzmodule wechselbar)
Überlastschutz (Sicherungen; Leistungsschutzschalter)
Anzeigen; Mess- und Überwachungsmodule
Elektrische Schnittstellen in gewünschter Form (Klemmen, Bolzen, Leitungen)
Datenschnittstellen (z. B. LAN mit RJ45-Steckverbindern)
Temperaturüberwachung
Bild 7
Blockschaltbild Telekommunikationsmodul
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Bitte beachten Sie auch die Hinweise unter „Dienstleistungen und EMV-Labor“ im Abschnitt „3
Kundenspezifische Filter- und Drosselanpassung“, Seite 141.
Bild 8
Telekommunikationsmodul
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
5
Drosseln und Ausgangsfilter für Frequenzumrichter
Frequenzumrichter mit IGBT7) werden zunehmend in der Industrie eingesetzt, da sie zusammen
mit Drehstrom-Asynchronmotoren hervorragende, robuste Antriebssysteme ergeben. EPCOS bietet rund um den Frequenzumrichter das komplette Lösungsspektrum sowohl als Standardausführung als auch kundenspezifisch an. Dazu gehören:
EMV-Netzfilter
Netzdrosseln (Kommutierungsdrosseln)
für Standardumrichter mit Gleichrichtereingang
Filterdrosseln
für rückspeisefähige Umrichter
DC-Zwischenkreisdrosseln
du/dt-Drosseln
du/dt-Filter (auf Anfrage)
Sinusfilter
EMV-Sinusfilter (SineFormer)
7) Insulated Gate Bipolar Transistor
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Komplettlösungen rund um den Frequenzumrichter
Netzdrossel
du/dt-Drossel
Netzfilter
Bild 13
Sinusfilter
SineFormer
Blockschaltbild eines Frequenzumrichters mit Kommutierungsdrossel, Eingangsfilter
sowie Ausgangsfilter bzw. -drossel
Ein Umrichter erzeugt aus einer Einspeisung mit konstanter Spannung und Frequenz eine Ausgangsspannung, die in Amplitude und Frequenz in weiten Bereichen verändert werden kann. Dazu wird die Eingangsspannung gleichgerichtet und in einem Zwischenkreis geglättet. Diese Zwischenkreisspannung speist eine Halbleiter-Brückenschaltung. Die Einschaltdauer der Halbleiter
wird von der Regelung des Umrichters so gesteuert, dass in Verbindung mit induktiven Lasten
sich ein sinusförmiger Strom einsstellt (Pulsweitenmodulation = PWM). Auf der Eingangsseite des
Frequenzumrichters ergeben sich beim Kommutierungsvorgang der gleichrichtenden Halbleiter
kleine Kurzschlüsse, die Spannungseinbrüche auf der Netzseite bewirken. Diese Netzrückwirkung kann mit einer Kommutierungsdrossel auf der Eingangsseite des Frequenzumrichters verringert werden.
Auf der Ausgangsseite ist die Ansteuerung der einzelnen Halbbrücken so versetzt, dass man am
Umrichterausgang eine dreiphasige Wechselspannung erhält.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Spannung
Bild 16
Strom
Leiterspannung und Strom am Umrichterausgang ohne Filter
Sind der Umrichter und der Motor zu einer Einheit zusammengebaut, ist dieses im Hinblick auf
das EMV-Verhalten am günstigsten. Meistens sind sie jedoch über eine längere Leitung verbunden.
Die Leitung hat parasitäre Kapazitäten zwischen den Leitern und gegen Erde. Da die Anstiegszeit
der Rechteckimpulse der Umrichterausgangsspannung im Bereich 5 bis 10 kV/µs liegt, fließen bei
jedem Schaltvorgang hochfrequente Ströme in der Leitung. Diese können bei langen Leitungen
so groß werden, dass die Überstromschutzschaltung des Umrichters anspricht. In jedem Fall verringern sie jedoch den dem Motor zur Verfügung stehenden Strom. Der Umrichter muss also größer dimensioniert werden. Außerdem verursachen diese Ströme mit ihrem hohen Schaltfrequenzgehalt Verluste in der Leitung und im Motor.
Da ein Teil der hochfrequenten Ströme gegen Erde fließt, verursachen sie asymmetrische Störungen. Bei Verwendung ungeschirmter Motorleitungen würden unzulässig hohe Störfelder erzeugt.
Diese Störfelder bedingen daher die Verwendung geschirmter Motorleitungen oder es werden Sinus-EMV-Filter der SineFormer-Reihe B84143V*R127 am Umrichterausgang eingesetzt.
Die hohe Flankensteilheit der Umrichterspannung regt parasitäre Schwingkreise bestehend aus
Kabel- und Motorkapazitäten sowie Leitungsinduktivitäten an, deren Ausschwingvorgänge sich
der Umrichterspannung überlagern.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Dies führt vor allem auf der Motorseite zu kurzzeitigen Spannungsüberhöhungen, welche die Motor-Nennspannung weit überschreiten können (Bild 17). Diese Spannungsüberhöhungen belasten
die Motorisolation durch Teilentladungen und führen vor allem bei älteren Motoren zu vorzeitigem
Ausfall.
Bild 17
Spannungsüberhöhung durch eine Leitung
So ergeben sich folgende Effekte beim Betrieb von Umrichtern:
Große hochfrequente Blindströme in der Motorleitung
Überspannung am Motor durch die hohe Spannungssteilheit und die lange Motorleitung
Lagerschäden durch Ableitströme über die Motorlager
Motorgeräusche
EMV-Probleme
Beschädigung der Motorisolation
Um diese Probleme zu verringern, finden je nach Problemstellung vier Lösungsansätze Anwendung:
1. du/dt-Drosseln
2. du/dt-Filter
3. Sinusfilter
4. EMV-Sinusfilter
Hinweis für den Anwender:
Umrichter müssen für den Betrieb mit Ausgangsdrosseln oder -filtern parametriert werden, da sie
unter bestimmten Betriebsbedingungen zu Eigenschwingungen angeregt werden können. Die in
diesem Datenbuch vorgestellten Filter wurden an verschiedenen Umrichtern erprobt. Sie stellen
nur einige Beispiele dar. Weitere Filter sind auf Anfrage erhältlich.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
5.1
Netzdrosseln/ Kommutierungsdrosseln
Die Kommutierungsdrossel ist eine Längsdrossel mit einem uk -Wert8) von typischerweise
1% ... 5 %, die im Versorgungsstrang des Frequenzumrichters liegt. Durch sie fließt der gesamte
Netzstrom. Es gibt sie in zwei Ausführungen:
Umrichter mit einer Diodengleichrichterschaltung:
Hier wirkt sie mit ihrer Induktivität den Spannungseinbrüchen entgegen, die zum Zeitpunkt der
Kommutierung entstehen.
Umrichter, die in der Lage sind, Energie in das Versorgungsnetz zurückzuspeisen:
Anlaufstrombegrenzung
Verringerung von Oberschwingungen
Bild 18
Schaltbild einer
Kommutierungsdrossel
5.2
Ausgangsdrosseln/du/dt-Drosseln
Die du/dt-Drossel ist eine Längsdrossel auf der Motorseite des Frequenzumrichters. Durch sie
fließt der gesamte Motorstrom. Steile Spannungs- und Stromflanken werden durch die Induktivität
etwas abgeflacht. Die parasitären Kapazitäten des angeschlossenen Kabels werden weniger
stark be- und entladen. Gegenüber dem Schutzleiter hat die Drossel praktisch keine Wirkung.
Der Ableitstrom und die gestrahlten Störungen werden nicht verringert.
In der Regel sind Motorleitungen bis 50 m möglich
Eine Abschirmung der Motorleitung ist notwendig
Kaum Verbesserung der EMV-Störungen
Datenblätter zu du/dt Drosseln finden Sie auf Seite 465.
Bild 19
Schaltbild einer du/dt-Drossel
8) Höhe des Spannungsabfalls über der Drossel in Prozent bezogen auf die anliegende Strangspannung
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
5.3
du/dt-Filter
Das du/dt-Filter besteht im Wesentlichen aus einem LC-Tiefpass mit einer Grenzfrequenz, die
größer ist als die Taktfrequenz des Umrichters (Prinzipschaltbild, Bild 20).
Das Filter vergrößert die Anstiegszeit der Spannungsimpulse auf der Leitung, die Spannungsspitzen am Motor werden kleiner, das du/dt der Ausgangsspannung sinkt.
Die Wirkung des Filters beschränkt sich auf die Spannungssteilheit zwischen den Leitern. Gegenüber dem Schutzleiter hat das Filter praktisch keine Wirkung, der Ableitstrom und die gestrahlten
Störungen werden nicht verringert.
Typischerweise sind Motorleitungen bis 100 m Länge möglich
Eine Abschirmung der Motorleitung ist notwendig
Kaum Verbesserung der EMV-Störungen
du/dt-Filter müssen in der Regel an den Umrichter bzw. die Applikation angepasst werden.
EPCOS bietet auf Wunsch kundenspezifische Lösungen an.
Bild 20
Prinzipschaltbild des du/dt-Filters und des Sinusfilters
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
5.4
Sinusfilter
Das Sinusfilter hat die gleiche Prinzipschaltung wie das du/dt-Filter (Bild 20), jedoch wird die
Grenzfrequenz zwischen Ausgangs- und Umrichtertaktfrequenz gelegt. Dadurch werden die Werte für die Induktivitäten und Kapazitäten größer, das Filter hat aber auch eine bessere Wirkung.
Der Anteil der Schaltfrequenz an der Leiterspannung verschwindet fast völlig (Bild 21).
Spannung
Bild 21
Strom
Leiterspannung und Strom nach dem Sinusfilter
Da das Sinusfilter hauptsächlich auf symmetrische Störungen zwischen den Leitungen wirkt, werden Störungen gegen den Schutzleiter kaum verringert (Bild 22).
Motorleitungen von mehr als 100 m Länge sind möglich
Auf eine Abschirmung der Motorleitung kann nicht verzichtet werden
Die Motorgeräusche und Wirbelstromverluste werden reduziert
Eine Reduzierung des netzseitigen Filteraufwands ist möglich
Bild 22
Spannung Leiter gegen
Erde nach dem Sinusfilter
Datenblätter für Sinusfilter siehe Kapitel "Netz- und Ausgangsdrosseln, Ausgangsfilter".
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
5.5
EMV-Sinusfilter SineFormer
Um die asymmetrischen Störungen auf der Motorleitung soweit zu reduzieren, dass auf die Schirmung der Motorleitung verzichtet werden kann, muss ein EMV-Sinusfilter verwendet werden. Dabei wird das Sinusfilter durch eine stromkompensierte Drossel mit Kondensatoren gegen Masse
ergänzt.
Bild 23
Prinzipschaltbild des
EMV-Sinusfilters
SineFormer
Weitere technische Daten der SineFormer-Filter siehe Datenblatt B84143V*R127
Technische Vorteile des EMV-Konzepts mit SineFormer:
Verringerung des du/dt auf <500 V/µs
Reduzierung der Geräuschentwicklung des Motors
Deutliche Verminderung der Wirbelstromverluste
Wesentliche Verringerung der Motorlagerströme
Vermeidung von Kopplungen der Störungen von der Motorleitung zu anderen Netz- und Signalleitungen
Funkstörstrahlung ausgehend von der Motorleitung innerhalb der üblichen normativen Grenzen
Bestmögliche Reduzierung der Störungen (leitungsgebunden und abgestrahlt) im Vergleich zu
anderen Ausgangsfilterlösungen
Keine Rückführung zum Umrichterzwischenkreis notwendig
Wirtschaftliche Vorteile des EMV-Konzepts mit SineFormer:
Ungeschirmte Motorleitungen können eingesetzt werden, wodurch sich der Montageaufwand
verringert, die Lebensdauer erhöht und niedrigere Kabelkosten entstehen
Motorgröße kann reduziert werden
Motorlebensdauer kann deutlich erhöht werden
Längere Motorkabel sind möglich (bis 1000 m ungeschirmt gemessen)
Kein Wartungsaufwand, da die SineFormer ohne Zwangskühlung aufgebaut sind
Kompaktfilter (kein Baukastensystem), dadurch geringeres Volumen und Gewicht
Reduzierte Anforderungen an Netzfilter
Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit
Auch als Nachrüstsatz geeignet
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
SineFormer entstören optimal und senken Systemkosten
Gerade der mögliche Verzicht auf geschirmte Leitungen hat einen besonderen Vorteil, denn abhänging von Querschnitt und Länge der Leitung ist der Einsatz der SineFormer kostengünstiger
als die Verwendung geschirmter Leitungen. Häufig sind die Kosten für das Filter bereits ab einer
Leitungslänge von rund 100 m mit der Verwendung eines ungeschirmten Kabels kompensiert.
Werden allein die Preise des SineFormer und der ungeschirmten Leitungen mit den Kosten eines
Sinusfilters und geschirmter Leitungen verglichen, kann der Break-even bereits bei Leitungslängen von weniger als 50 m erreicht werden, wobei der höhere Montageaufwand für geschirmte
Leitungen noch nicht berücksichtigt ist.
Bild 24 zeigt die netzseitige Störspannungsmessung an einem Frequenzumrichter mit EMVNetzfilter und 100 m ungeschirmter Motorleitung ohne Ausgangsfilter. (Messergebnisse abhängig
von der Lage der Motorleitung, Bezug auf Grenzwerte nach EN 55011 Klasse A/Gruppe 1 bzw.
EN 61800-3 Kategorie C2.)
Bild 24
Störspannungsmessung
mit ungeschirmter
Leitung
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Bild 25 zeigt im Vergleich zu Bild 24 eindrucksvoll die Wirkungsweise der SineFormerTechnologie. Auch bei gekreuzter Verlegung von Netzleitung, ungeschirmter Motorleitung und
selbst bei Parallelführung über 80 cm entsprechend den Vorgaben der EN 61800-3 werden die
Grenzwerte sicher eingehalten (hier nach EN 55011, Klasse A/Gruppe 1 beziehungsweise
EN 61800-3 Kategorie C2). Dass so gut wie keine Kopplungen auftreten, zeigt eindeutig die optimale Wirksamkeit der neuen Filtertechnologie. Durch die Verwendung von SineFormer-Filtern
kann der Einsatz von geschirmten Leitungen endgültig der Vergangenheit angehören. Somit lassen sich die Systemkosten senken und die Anlagenverfügbarkeit erhöhen.
Bild 25
Störspannungsmessung
am SineFormer
Trotz ungeschirmter
Kabel werden die
zulässigen Grenzwerte
eingehalten.
Gleichtaktstörungen erzeugen durch die parasitären Kapazitäten im Motor Lagerströme. Diese
Lagerströme können die Motorlebensdauer deutlich reduzieren. Durch die SineFormerTechnologie werden die Gleichtaktstörungen unterdrückt und dadurch die Lagerströme im Motor
minimiert. Dies führt zu einer bestmöglichen Erhöhung der Motorlebensdauer.
Bild 26 zeigt typische Messwerte an dem Ausgang eines Frequenzumrichters im Zeitbereich und
im Frequenzbereich. Deutlich sind die hohen asymmetrischen Ströme erkennbar, die hier als Lagerströme gemessen werden.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Bild 26
Lagerströme ohne
Ausgangsfilter
Bild 27 zeigt die asymmetrischen Ströme bei Einsatz eines Sinusfilters. Die Lagerströme werden
nur teilweise reduziert und können zu keiner wesentlichen Lebensdauererhöhung des Motors beitragen. Siehe vergleichend Bild 26.
Bild 27
Reduzierung der
Lagerströme mit
Sinusfilter
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
Bild 28 zeigt nun typische Werte der Lagerströme bei Einsatz eines EMV-Sinusfilters SineFormer.
Im Vergleich mit den Bildern 26 und 27 sind die deutlichen Verbesserungen erkennbar: Nur EMVSinusfilter SineFormer können die Motorlagerströme minimieren. Siehe vergleichend Bild 26.
Bild 28
Minimierung der
Lagerströme mit
EMV-Sinusfilter
SineFormer
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
5.6
Schlussfolgerung
Zusammenfassend kann man feststellen:
Die du/dt-Drossel verringert die Flankensteilheit der Ausgangsspannung (Leiter/Leiter). Damit
wird die Ausfallwahrscheinlichkeit der Motoren gesenkt.
Das du/dt-Filter verringert die Flankensteilheit der Ausgangsspannung (Leiter/Leiter) stärker als
die Drossel. Damit wird die Ausfallwahrscheinlichkeit der Motoren gesenkt.
Das Sinusfilter bietet bei geringem Mehraufwand eine sinusförmige Phasenspannung.
Gleichzeitig wird die erdbezogene hochfrequente Störspannung etwas reduziert.
Der EMV-Sinusfilter SineFormer ist die beste und auf den ersten Blick auch teuerste Lösung,
wenn nur die Komponentenpreise der verschiedenen Ausgangsfilterlösungen verglichen werden. Bei Betrachtung der Systemkosten (Leitung, Filter, Motor) ergeben sich aber dann die eindeutigen Kostenvorteile für die SineFormer-Technologie: Die SineFormer Filterreihe
B84143V*R127 hat das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aller Ausgangsfilter- und Drossellösungen!
Spannung
Leiter/Leiter
Gestrahlte
Störungen
Reduzierung der
Motorlagerströme
du/dt-Filter
Kaum
Verbesserung
Keine
Sinusfilter
Wenig
Verbesserung
Gering
EMV-Sinusfilter
SineFormer
Fast beseitigt
Bestmöglich
Bild 29
Spannung
Leiter/Erdleiter
Zusammenfassung der Filtereigenschaften
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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02/14
Anwendungsbeispiele
6
Filter für Schaltnetzteile
Schaltnetzteile ersetzen in der Elektrotechnik immer mehr konventionelle Stromversorgungen mit
Netztransformatoren und Linearreglern. Diese sind zwar meist kostengünstig, haben aber ein
großes Bauvolumen und einen schlechten Wirkungsgrad.
Beim Schaltnetzteil wird die Eingangsspannung gleichgerichtet und in einem Gleichspannungszwischenkreis geglättet. Mit Hilfe von Halbleiterschaltern wird diese Gleichspannung nun wieder
zerhackt, über einen Transformator übertragen, gleichgerichtet und geglättet. Die Schaltfrequenz
liegt üblicherweise im Bereich von ca. 20 kHz bis zu einigen hundert kHz. Dadurch können Transformatoren und Siebschaltungen sehr klein gehalten werden. Da nur Schalt- und Durchlassverluste auftreten, ist der Wirkungsgrad im Vergleich zu linearen Lösungen sehr hoch.
Man unterscheidet zunächst einmal zwischen primär getakteten und sekundär getakteten Wandlern. Die primär getakteten Wandler teilen sich weiter auf in Sperrwandler, EintaktDurchflusswandler und Gegentakt-Durchflusswandler. Hauptvertreter der sekundär getakteten
Wandler sind der Hochsetzsteller und der Tiefsetzsteller. Alle Wandler haben ein eigenes Schaltverhalten, das sich in unterschiedlichen Spannungs- und Stromverläufen während eines Schaltvorgangs niederschlägt.
Den Vorteilen, die sich durch diese Schaltungstechnik in Größe, Wirkungsgrad und Lastregelung
ergeben, stehen erhöhte EMV-Probleme gegenüber. Hauptstörquellen sind die Halbleiterschalter,
die ein- und ausgangseitigen Gleichrichterschaltungen und nicht zuletzt die Ansteuerschaltungen
mit z. B. Mikrocontroller. Grundstörfrequenz ist die Taktfrequenz des Wandlers.
Ein großer Teil der Verluste entsteht während des Ein- und Ausschaltens der Halbleiterschalter.
Dabei durchlaufen die Halbleiter für kurze Zeit einen linearen Zustand, in dem sowohl hohe Spannungen anliegen als auch Strom fließt. Um diese Zeit klein zu halten, werden die Halbleiterschalter sehr hart geschaltet, d. h. sie gehen in etwa 50 bis 100 ns vom gesperrten in den leitenden
Zustand über.
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02/14
Anwendungsbeispiele
Es ergeben sich Spannungsanstiegsgeschwindigkeiten du/dt von einigen kV/µs. Das HFSpektrum reicht bis zu über 100 MHz.
Wird die Spannung an den Gleichrichterdioden von Durchlass- in Sperrrichtung umgepolt, so
fließt der Diodenstrom bedingt durch den Träger-Speicher-Effekt kurzzeitig weiter, bis er nach Abbau der Ladungsträger in der Sperrschicht plötzlich Null wird. Dieser Stromabriss bei gleichzeitig
anliegender Sperrspannung erzeugt eine Störspannung mit Grundfrequenzen im Bereich von einigen MHz.
Im Bereich bis zu einigen hundert kHz liegen die Störungen meist vor allem als symmetrische
Störungen (differential mode) zwischen den Leitungen vor. Sie werden durch die Streuinduktivitäten der stromkompensierten Drossel des Filters und durch X-Kondensatoren gedämpft.
Reicht die symmetrische Dämpfung im Bereich unter hundert kHz nicht aus, so kann sie durch
Einbau von symmetrisch wirkenden Pulverkerndrosseln erhöht werden (Bild 30).
Filter ohne symmetrische Drossel
B84114D*A030
Bild 30
Filter mit zusätzlicher symmetrischer
Drossel B84115E*A030
Vergleich zweier Filter, ohne und mit symmetrischer Drossel (Pulverkerndrossel)
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02/14
Anwendungsbeispiele
Bei höheren Frequenzen ab einigen 100 kHz liegen in der Regel vor allem asymmetrische Störungen (common mode) vor. Dabei fließen die Störströme zwischen den Leitungen und der Bezugsmasse. Große Störquellen sind die Halbleiter, da sie durch die Kühlkörpermontage eine
große Koppelkapazität gegen Erde haben und ein hohes du/dt gegen das Gehäuse aufweisen.
Zur Entstörung werden stromkompensierte Drosseln verwendet. Bei diesen fließt der Nutzstrom
so durch die Wicklungen der Drossel, dass sich die magnetischen Flüsse im Kern kompensieren.
Für die asymmetrische Störung wirkt die volle Induktivität. Hinzu kommen noch Y-Kondensatoren,
um die Störströme gegen Masse kurzzuschließen. Sie werden vorwiegend auf der zur Störquelle
gewandten Seite des Filters gegen die Bezugsmasse geschaltet (Bild 31).
Bild 31
Schaltungsaufbau eines Entstörfilters mit stromkompensierter Drossel
Da in vielen Anwendungen der Ableitstrom des Gerätes durch Normen begrenzt wird (z. B. als
Berührungsstrom auf 0.5 oder 3.5 mA), ist auch die Kapazität der Y-Kondensatoren in diesen Fällen begrenzt. Dann muss die Entstörwirkung durch eine entsprechend größere Drossel erbracht
werden.
Bei Frequenzen von einigen MHz wird ein Teil der Störungen auch durch elektrische und magnetische Felder übertragen. Um eine hohe Dämpfung zu erhalten, sollte das Filter und oft auch die
Stromversorgung geschirmt sein, da die hochfrequenten Störungen am Filter vorbei auf die Eingangsleitung überkoppeln können.
EPCOS bietet mit seinen SIFI-Reihen ein Baukastensystem mit unterschiedlichen Dämpfungen
und Bemessungsströmen an. Kurz gesagt: Standardmäßige Lösungen für nahezu jede Anwendung. (Datenblätter siehe Kapitel "2-Leiter-Filter", Serien B84111A ... B84115E.)
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
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02/14
Anwendungsbeispiele
Damit das Filter bei hohen Frequenzen noch wirkt, muss es für höhere Frequenzen niederinduktiv
mit der Bezugsmasse verbunden werden. Es genügt nicht, den Erdanschluss des Filters über
einen Leiter mit der Bezugsmasse zu verbinden, da das Filter dann bei höheren Frequenzen fast
wirkungslos wird (Bild 32). Anzustreben ist ein flächiger Kontakt des Filtergehäuses mit der Bezugsmasse.
Beispiel:
Masseverbindung: 10 cm Draht
10 cm Draht = 140 nH
140 nH = 17 Ω bei 20 MHz
Cy = 10 nF
10 nF = 1.3 Ω bei 20 MHz
d. h., das Filter ist bei 20 MHz fast
wirkungslos
Bild 32
Auswirkung einer falschen Filtermontage
Für die Auswahl eines Filters ergeben sich somit folgende Punkte:
Die Gesamtanforderungen bestimmt die untere Einsatzfrequenz des Entstörfilters.
Die Spannungssteilheit du/dt der Halbleiterschalter sowie evtl. vorhandene hochgetaktete Mikrocontroller-Schaltungen sind für die Dämpfungsanforderungen bei hohen Frequenzen bestimmend.
EMV-Filter und Gerät müssen als Einheit betrachtet werden. Oft können bereits kleinere Änderungen in der Schaltung (z. B. geänderte Leiterbahnführung, etwas größere Einschaltzeiten)
dazu führen, dass ein kleineres günstigeres EMV-Filter verwendet werden kann.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
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Entstörung von Anlagen
Jedes Gerät, welches elektrische oder elektronische Bauteile beinhaltet, unterliegt EMVAnforderungen auf Grund von EU-Richtlinien wie der EMV-Richtlinie und den nationalen EMVGesetzen. Die EMV-Richtlinie fordert die Einhaltung von Schutzanforderungen, welche aus harmonisierten Normen abgeleitet werden können.
Gibt es zu einem Betriebsmittel keine eigene EMV-Produktnorm, so greift die jeweilige Produktfamiliennorm, die die Grenzwerte und anzuwendenden Messanordungen und -verfahren beschreibt. Betriebsmittel (z. B. große Druckmaschinen, Bearbeitungszentren, etc.), denen man keine Produkt- und Produktfamiliennorm zuordnen kann, unterliegen der Fachgrundnorm (siehe Tabellen auf den Seiten 24 ff).
Betriebsmittel im Sinne der EMV-Richtlinie (2004/108/EG) sind Geräte und ortsfeste Anlagen. Unter Geräten versteht man entsprechend dieser Richtlinie Apparate, die für Endnutzer bestimmt
sind und elektromagnetische Störungen verursachen oder durch solche beeinträchtigt werden
können [Artikel 2, Absatz (1) b)]. Darunter fallen auch Baugruppen, die als Funktionseinheiten dazu bestimmt sind, vom Endnutzer in ein Gerät eingebaut zu werden, sowie bewegliche Anlagen
als Kombination von Geräten und gegebenenfalls weiteren Einrichtungen, die für den Betrieb an
verschiedenen Orten bestimmt sind [Artikel 2, Absatz (2)].
Bei einer ortsfesten Anlage handelt es sich um eine besondere Kombination von Geräten und
weiteren Einrichtungen, die miteinander verbunden oder installiert werden und dazu bestimmt
sind, auf Dauer an einem bestimmten Ort betrieben zu werden [Artikel 2, Absatz (1) c)].
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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Anwendungsbeispiele
Für Betriebsmittel – also Geräte und ortsfeste Anlagen – wird die Einhaltung der grundlegenden
Anforderungen nach Anhang I der EMV-Richtlinie gefordert:
1. Schutzanforderungen
Betriebsmittel müssen nach dem Stand der Technik so konstruiert sein, dass
a) die von ihnen verursachten elektromagnetischen Störungen keinen Pegel erreichen, bei
dem ein bestimmungsgemäßer Betrieb von Funk- und Telekommunikationsgeräten oder
anderen Betriebsmitteln nicht möglich ist;
b) sie gegen die bei bestimmungsgemäßem Betrieb zu erwartende elektromagnetischen
Störungen hinreichend unempfindlich sind, um ohne unzumutbare Beeinträchtigung
bestimmungsgemäß arbeiten zu können.
2. Besondere Anforderungen an ortsfeste Anlagen
Installation und vorgesehene Installation der Komponenten:
Ortsfeste Anlagen sind nach den anerkannten Regeln der Technik zu installieren, und im
Hinblick auf die Erfüllung der Schutzforderungen des Abschnitts 1 sind die Angaben zur
vorgesehenen Verwendung der Komponenten zu berücksichtigen. Diese anerkannten Regeln
der Technik sind zu dokumentieren, und der Verantwortliche/die Verantwortlichen halten die
Unterlagen für die zuständigen Behörden zu Kontrollzwecken zur Einsicht bereit, solange die
ortsfeste Anlage in Betrieb ist.
Ortsfeste Anlagen unterliegen nicht der CE-Kennzeichnungspflicht, jedoch kann die elektromagnetische Verträglichkeit schwerlich anders als durch Prüfungen sichergestellt werden.
Die EMV von Anlagen ist in der Regel schwer zu beurteilen, da die Gerätenormen nur für frei erhältliche Geräte konzipiert wurden und die gesamte elektromagnetische Umgebung einbezieht.
Für Anlagen gibt es keine allgemeingültige Norm. Daher muss die EMV von Fall zu Fall geprüft
und sichergestellt werden. Treten Probleme beim Betrieb der Anlage auf, so wird man versuchen,
den Störer zu ermitteln und zu entstören, bis die Beeinflussung behoben ist.
Anlagenbetreiber sollten grundsätzlich ihre Anlagenlieferanten und diese ihre Gerätelieferanten
dazu bewegen, im Sinne der Funktionssicherheit ihrer Anlagen ausschließlich nur EMV-konforme
Geräte einzusetzen und dies durch Prüfungen belegbar zu dokumentieren.
Vorgaben in Verträgen zur Einhaltung der EMV dienen vorausschauend allen Parteien. Der zu
betreibende Aufwand zur Nachbesserung von problembehafteten Anlagen ist ungleich höher als
die Berücksichtigung der EMV-Komponenten und der Filter bereits in der Planungsphase.
Für eine optimale und kostengünstige EMV-Lösung muss die Anlage vom Hersteller und EMVExperten untersucht, und es müssen geeignete EMV-Maßnahmen (z. B. Filter, Kabelführung,
Wartung) ergriffen werden. Hierfür stehen Filter aus dem Datenbuch und kundenspezifische Filterlösungen zur Verfügung.
Geeignete Filter bei der Entstörung von einzelnen Geräten der Anlage können aus den Auswahltabellen und Applikationshinweisen dieses Datenbuches ausgesucht und eingesetzt werden. Falls
nötig kann ein EMV-Filter kundenspezifisch angepasst werden. Die Filter müssen der jeweiligen
Anforderung der Anwendung entsprechen.
Bitte beachten Sie die Wichtigen Hinweise auf Seite
und die Warn- und Sicherheitshinweise auf Seite 13.
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