ta_konsolidierung_20050425

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ta_konsolidierung_20050425
TA
GES
INFO
45 25.04.2005
25.04.05 10:47:09
Tages-Anzeiger · Montag, 25. April 2005
DIGITAL
45
Die Zukunft gehört den Riesen
Opera-Browser in
neuer Version
Der Browser Opera erscheint in der
Version 8. Das zu verschiedenen Betriebssystemen kompatible Programm beherrscht nun auch das Grafikformat SVG. Neu gibts zudem
Sprachsteuerung und die Möglichkeit, Webseiten an einen Bildschirm
beliebiger Grösse anzupassen.
www.opera.com
Der Produktionsaufwand für
Videospiele steigt ständig.
Kleine Hersteller geraten unter
Druck und werden immer öfter
von der Konkurrenz geschluckt.
Adobe kauft
Macromedia
Von Marc Bodmer
«Ein Konkurrenzstudio hat den Videospiel-Hit ‹Boom Baby› gelandet.
Wollen Sie den Konkurrenten
übernehmen, oder versuchen
Sie, sein Hit-Spiel zu kopieren?»
So könnte eine Aufgabe aus dem
«Videogame Tycoon» lauten, einer Wirtschaftssimulation über
die Branche der interaktiven Unterhaltung. Noch gibt es «Videogame
Tycoon» nicht, aber der immer härter geführte Konkurrenzkampf unter
den Videospiel-Herstellern bietet
sich als Szenario für ein Strategiespiel
förmlich an. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein Game-Studio Konkurs geht, namhafte Aktienpakete die
Hand wechseln oder unfreundliche
Übernahmen sich anbahnen. Konsolidierungsphase nennen dies Wirtschaftsexperten, und in einer solchen
befindet sich der Markt der Videospiele.
Grund für diese Marktbereinigung
ist der bevorstehende Generationenwechsel bei den Videospielkonsolen.
Während aktuelle Games mit einer Datenmenge von 3 bis 9 Gigabyte aufwarten (so
viel passt auf eine aktuelle DVD), werden
die Titel für die nächste Konsolengeneration mit 15 bis 30 Gigabyte antreten. Folglich wächst der Produktionsaufwand. Da
die Kosten von einzelnen Titeln bereits
heute die 20-Millionen-Dollar-Grenze erreichen, dürfte in naher Zukunft manches
Produktionsbudget die Ressourcen der
einzelnen Studios übersteigen.
Für mehrere Milliarden beabsichtigt
das Softwarehaus Adobe den Konkurrenten Macromedia zu übernehmen. Beide Firmen sind vorwiegend
im Multimedia- und Webdesign-Bereich tätig. Ob und welche Produkte
von Macromedia weiterhin gepflegt
werden, ist offen.
Intel bringt Breitband
per Funk
Der Chiphersteller Intel hat sein erstes WiMAX-Produkt PRO/Wireless
5116 auf den Markt gebracht. WiMAX
ist eine Drahtlostechnologie. Mit ihr
lassen sich Distanzen bis zu 50 Kilometer überbrücken. WiMAX eignet
sich für Randregionen ohne ADSL.
Suse Linux in neuem
Gewand
Softwarehersteller Novell bringt eine
neue Version des Betriebssystems
Suse Linux auf den Markt. Die Version 9.3 enthält von Browser bis Office-Software eine komplette Auswahl an Desktop-Anwendungen. Neu
sind Produkte für Internettelefonie
und eine Desktop-Suchmaschine enthalten.
Schweizer lieben
Nintendo
Über 20000-mal verkaufte der Generalimporteur Waldmeier AG die portable Spielkonsole Nintendo DS bisher in der Schweiz. In Europa wurden
innerhalb zweier Wochen eine halbe
Million Nintendo DS verkauft.
Appetit auf mehr
Was tun? – «Die verschiedenen Studios
müssen stärker zusammenarbeiten», sagt
Gerhard Florin, Chef von Electronic Arts
(EA) Europa. Diese Notwendigkeit hat das
1982 vom ehemaligen Apple-Marketingmanager Trip Hawkins gegründete Unternehmen schon lange erkannt. Die Tage der
Einmann-Tüftlerbuden, die im Alleingang
Verkaufsschlager programmieren konnten, waren gezählt. EA ging das SpielspassBusiness mit geschäftigem Ernst an und
professionalisierte das Geschäftsmodell.
«Unsere Vision ist es, die grösste Unterhaltungsfirma überhaupt zu werden», erklärt Gerhard Florin von EA, auf die Zukunft angesprochen.
«Stärker zusammenarbeiten» – das
heisst für EA vor allem: andere Hersteller
aufkaufen. Im Zeichen ihrer aggressiven
Akquisitionsstrategie erfolgreicher Spielstudios wurden unter anderem 1997 Maxis, der «Sims»-Hersteller und Westwood
(«Command & Conquer») geschluckt. Allein 2004 ging Electronic Arts eine Joint
Venture mit dem Musikverlag Cherry
Lane (Black Eyed Peas) ein und kaufte
über 40 Prozent der Aktien des schwedischen Gamestudios DICE und übernahm
für 48 Millionen Dollar das Studio Criterion, dessen «Burnout 3» zu den Bestsellern des letzten Jahres gehörte. Zudem hat
EA nicht nur Hollywood-Streifen adaptiert, sondern gleich ein eigenes Gamestudio in Los Angeles errichtet, wo Oscar-Gewinner wie Mark Lasoff, mitverantwortlich für die visuellen Effekte in «Apollo 13»
und «Titanic», arbeiten.
Die Übernahme kleinerer Studios verärgerte schon manchen Fan, denn beliebte,
Google mit Zuwachs
Die Suchmaschinenbetreiberin Google fuhr im ersten Quartal 2005 einen
Nettogewinn von 369 Millionen Dollar ein. Die Anzahl Mitarbeiter stieg
von 3021 im Dezember 2004 auf aktuell 3482.
TA-MONTAGE/BILDER PD
Spielverlage schenken sich nichts: «Cortez» (vorne, von EA) und «Sam Fischer» (hinten, von Ubisoft).
aber unrentable Titel werden kurzerhand
eingestellt. Im Internet wurde EA deshalb
auch schon mit den assimilierungsfreudigen Aliens aus «Star Trek: Next Generation» verglichen, den Borg.
Für Aufruhr über die Insiderkreise hinaus aber sorgte der Kauf eines Aktienpakets von 20 Prozent des zweitgrössten europäischen Game-Studios Ubisoft. Das
französische Studio zeigte sich überrascht:
«Die Übernahme war ohne Einladung und
unerwünscht erfolgt», führte Ubisoft-Sprecherin Nathalie Balourdet gegenüber der
«New York Times» aus. Gerhard Florin
mochte diesen Schritt nicht kommentieren.
Um die Kostenspirale der immer aufwändigeren Spiele in den Griff zu bekommen, bedarf es nicht nur der kritischen Firmengrösse, sondern verbesserter und vereinfachter Software. So genannte Libraries
– Programmbausteine – bieten standardisierte Lösungen: «Diese müssen von den
verschiedenen Studios gemeinsam erar-
beitet werden», sagt Gerhard Florin. Zudem sollen die Studios ihre Spiele möglichst mit derselben Basissoftware schreiben. Mit dem Kauf von Criterion erwarb
EA nicht nur den Spiele-Hit «Burnout 3»,
sondern die dazugehörende Entwicklungssoftware RenderWare. Diese wird
von allen führenden Studios verwendet
und findet sich derzeit in über 500 Titeln
wieder.
Spielportfolio ist entscheidend
Inzwischen hat der Kauf von Produktionsstätten Vorbildcharakter für die anderen Verlage. Ubisoft hat 2004 Tiwak akquiriert, das britische Softwarehaus SCi
übernimmt wahrscheinlich Eidos, das Studio hinter Videogame-Ikone Lara Croft,
und Activision kaufte Vicarious Visions.
Doch damit ist es längst nicht getan.
Entscheidend sind nach wie vor die Spiele,
und hier ist eine ausgewogene Mischung
aus breitenwirksamen Lizenztiteln und
starken Eigenbrands das Ziel. Ein festes
Standbein hat Electronic Arts im populären Bereich Sport. Unter EA Sports laufen
die grossen Lizenzen von American Football über Fifa bis zu National Hockey
League. Daneben sprechen Derivate von
Filmen wie «Lord of the Rings», «James
Bond», «Harry Potter» oder Klassiker à la
«The Godfather» (TA vom 14. März 2005)
ein Mainstream-Publikum an. Engagierte
Spieler können auf Originalspieltitel zurückgreifen wie die interaktive Soap
Opera «The Sims», den Zweiten-Weltkrieg-Shooter der «Medal of Honor»-Serie
oder Renntitel wie «Need for Speed».
Einen ähnlichen Mix stellt sich die Nummer 2 auf dem Videospielmarkt zusammen. Activision wartet nebst bekannten
Lizenztiteln wie «Spider-Man» mit Original-Content in Form von «Doom 3» im
Vertrieb auf (siehe auch Grafik).
Dominanter und attraktiver Hecht
Infografik 177 x 90 mm
Dank der konsequent verfolgten Dreifachstrategie – Akquisitionen, Lizenzen
und Original-Content – ist EA weltweit
führend im Unterhaltungssoftware-Business und der Konkurrenz um Jahre voraus.
Der Unterhaltungssoftware-Verlag wirft
eine Marktkapitalisierung von über 15 Milliarden Dollar in den Ring. «EA spielt in einer eigenen Liga», kommentiert denn
auch David Cole der Marktforschungsfirma DFC den Umstand, dass die nächstgrösste
Entertainment-Softwarefirma
Activision fünfmal kleiner ist.
EA mag der Hecht im Videospiel-Teich
sein, in dem letztes Jahr insgesamt 7,3 Milliarden Dollar in den USA und in Europa
6 Milliarden Euro (davon in der Schweiz
110 Millionen Franken) umgesetzt wurden.
Doch nun interessieren sich die Haie von
Medienkonzernen wie Time Warner und
Viacom für den fetten Fisch. Für «Videogame Tycoon 2» stünde damit schon das
Szenario fest: Sie sind die Nummer 1 der
Branche, doch die Konkurrenz schläft
nicht, und sie werden selbst zum potenziellen Übernahmekandidaten.
Kanton Zürich stimmt
elektronisch ab
Diesen Herbst führt der Kanton Zürich in einem Pilotprojekt erste elektronische Abstimmungen durch. 14
verschiedene Gemeinden nehmen
daran teil, als erste die Stadt Bülach.
Die Stimmabgabe wird per Handy
und Internet möglich sein.
Junge Frauen
überholen Männer
Laut einer Studie des Vereins
«Frauen geben Technik neue Impulse» haben junge Frauen bis 19 Jahren die Männer bei der Internetnutzung überholt. Bei beiden Geschlechtern sind die finanziellen Verhältnisse entscheidend: Wer mehr verdient, ist häufiger online.
Mit iPod gegen
Musikindustrie
Die Krise der Musikindustrie ist ein
Grund für den Erfolg des iPods, stellt
das Institut Ahrens & Bimboese fest.
Das Kopieren und Brennen sei bei
iPod-Benutzern eine Protestbewegung gegen die Geschäftspolitik der
Musik-Majors. (TA)
«Digital-Sushi»
Im Gadget-Weblog
des «Tages-Anzeigers» schildern Redaktoren aus verschiedenen
Ressorts ihre Erfahrungen mit diversen
Gadgets. Leserkommentare und Anregungen sind willkommen.
www.tagesanzeiger.ch/
digitalsushi