manuskript Darwin-Augsburg korrigiert und layout

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manuskript Darwin-Augsburg korrigiert und layout
 Das Cover zeigt Einblicke in die Ausstellung „Darwin – Reise zur Erkenntnis“, welche vom
12. Februar bis 3. Januar 2010 am Museum für Naturkunde Berlin zu sehen war.
Dargestellt sind überwiegend Objekte von Teil 1 der Ausstellung, welche das
wissenschaftliche Vorgehen auf der Reise der Beagle darstellt. Alle gezeigten Objekte
stammen von Originalschauplätzen, etliche Objekte stammen von Darwin selbst, so etwa das
Röhrchen mit dem Staub der Beagle, welches Darwin (zusammen mit weiteren) zur
Bearbeitung ans Berliner Museum schickte (unten Mitte) oder die runde Schachtel mit einer
Bodenprobe von Galapagos (rechts). Links unten ist ein Originalexemplar der „Origin of
Species“ zu sehen.
Fotos © Museum für Naturkunde Berlin
Online‐Vorabpublikation: erscheint (teils mit anderen Abbildungen) in gedruckter Forum als Leinfelder, R. R. (2010). (R)evolutionär unseres Weltbildes ­ Die Evolutionstheorie im Jahre 200 nach Darwin.­ In: Societas Annensis, Nachrichtenblatt, Augsburg. Online­Version abgelegt unter: http://www.palaeo.de/edu/kreationismus/stellungrl/revolutionaer.pdf bzw. http://tinyurl.com/darwin­revolution (R)evolutionär unseres Weltbildes Die Evolutionstheorie im Jahre 200 nach Darwin
Von Reinhold Leinfelder, Berlin
Schriftliche, teilweise erweiterte Fassung eines Festvortrags, gehalten am 28.6.2009 bei der Jahresversammlung
der Societas Annensis, im Gymnasium bei St. Anna, Augsburg
Einleitung
Lieber Herr Dr. Jerschke, lieber Herr Rektor Schwertschlager, liebe Annenserinnen und
Annenser, sehr geehrte Freunde des Anna-Gymnasiums. Ein Festvortrag in meiner alten
Schule, der ich 1975 mit dem Abitur den Rücken gekehrt habe, noch dazu nicht nur unter
Anwesenheit weiter Teile meiner Abiturklasse, sondern sogar im Beisein unseres vieljährigen
Klassleiters, Herrn Rettenberger ist nicht nur eine ganz besondere Freude für mich, sondern
auch eine große Herausforderung, die ich aber gerne angenommen habe.
Im Darwin-Jahr wurden bereits einige Meter neue Bücher zu Charles Darwin publiziert, so
dass in diesem Beitrag der biographische Anteil an der Person Darwins eher gering ist (>
Darwin-Literatur im Anhang). Vielmehr möchte ich versuchen Ihnen darzustellen, wie die
Evolutionstheorie heute, im Jahr 200 nach Darwins Geburt wahrgenommen wird, welche
gesellschaftlichen Diskussionen es dazu gibt und warum es wichtiger denn je ist, die
Evolutionswissenschaften zu vermitteln.
Vorbehalte rund um Charles Darwin und die Naturwissenschaften
Das Darwin-Jahr startete medienwirksam, die Aufmerksamkeit für das Thema ist bis zum
heutigen Tag hoch. Vielleicht liegt dies auch daran, dass die Polarisierung rund um Darwin
gleich zum Thema gemacht wurde. Schlagzeilen umfassen Titel wie „Darwins narzistische
Kränkung“, „Darwin gegen Gott“, „Gotteslästerer und Pfadfinder“, „Vom Mord am
Schöpfungsglauben“, „Der den Mensch zum Affen machte“ oder „Kaplan des Teufels“.
Darwin wird in die Schuhe geschoben, dass „kein Forscher Geschlechterklischees so geprägt“
habe wie er, aber genauso wird empfohlen, „mit Charles Darwin die Wirtschaftkrise zu
meistern“. Es heißt „Manager lernen von Darwin“, und als heißen Tipp dazu wird empfohlen:
„Werdet zu Käfern“. Letztendlich brauchte Darwin aber offensichtlich auch Hilfestellung,
denn die FAZ konstatiert in einem lesenswerten Artikel folgendes: „Jim Knopf rettet die
Evolutionstheorie1“. Vom neuen Thema „Jim Knopf“ einmal abgesehen, war dies alles (wie
1 Julia Voss, Jim Knopf rettet die Evolutionstheorie, 16.12.2008, FAZ online: http://www.faz.net/s/Rub71E8665493FD4CB29D4E0759DF21C32C/Doc~E63B66F19501A41828F6A
22377304DC05~ATpl~Ecommon~Scontent.html Nick Hazlewood: Der Mann, der für einen Knopf verkauft wurde. Die unglaubliche Geschichte des Jemmy Button, 2003; Lübbe Julia Voss (2009): Darwins Jim Knopf, 176 S., S. Fischer Verlag (Erscheinungsdatum 9. September 2009) das G8-Gymnasium, welches wir am St. Anna schon in den 70er Jahren als Schulversuch
genossen), schon mal da, denn bereits nach der Publikation seines epochalen Werkes „Über
die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl2“ vor 150 Jahren wurde Charles Darwin
ebenfalls vehement angegriffen und in den Medien als Affenmensch oder
Regenwurmverwandter karikiert.
Mir geht es allerdings um einen größeren Kontext: warum gibt es wieder zunehmend
derartige Vorbehalte und Reaktionen zur Akzeptanz bzw. Relevanz naturwissenschaftlicher
Ergebnisse? Schwarz-Weiß-Malereien rund um die Evolutionswissenschaften werden ergänzt
durch ähnliche, oftmals polemische öffentliche Diskussionen zu Klima, Umwelt- und
Energietechnologie (Beispiel: die aktuelle Debatte um die Wüstensolaranlagenpläne
DESERTEC oder die Carbon Capture Storage-Gesetzgebung), aber auch die Biologische
Diversität unterliegt plakativen Verallgemeinerungen („Imperialismus der pharmazeutischen
Industrie“). Ebenfalls aktuell sind Debatten rund um „Genmais“ und „Genkartoffel“, zur
Nanotechnologie, zur Stammzellenforschung und zur Hirnforschung. Derartige, sicherlich
auch teilweise berechtigte, allerdings vielfach undifferenzierte Vorbehalte gegenüber den
Naturwissenschaften und neuen Technologien sind ernst zu nehmen. Sie reflektieren, dass
auch die Wissenschaftler nicht genügend tun, um differenzierten und konstruktiven Diskurs
zu diesen Themen zu erreichen. Das Darwin-Jahr bietet uns die Möglichkeit, am Beispiel der
Evolutionswissenschaften zu den Vorbehalten und Argumentationslinien Erfahrungen zu
erarbeiten und sich dazu konstruktiv, aber wo nötig auch dezidiert einzubringen.
Abb. 1: Die Wand der Artenvielfalt im Museum für Naturkunde Berlin zeigt bereits 3000 verschiedene Arten
und damit etwa ein Zehntausendstel des 30 Millionen Objekte umfassenden Sammlungsbestandes. Foto Volker
Kreidler, © Museum für Naturkunde Berlin
Als Naturwissenschaftler, der noch dazu einem Haus vorsteht, welches – als weltweit
fünftgrößtes seiner Art – allein 30 Millionen Sammlungsobjekte als Belege der Evolution
vorhält und der noch ein Netzwerk naturforschender Museen leitet, welches insgesamt sogar
über 150 Millionen evolutionsrelevante Objekte dokumentiert, ist es natürlich kaum
2 On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life. John Murray, London 1859 (online‐Version: http://darwin‐
online.org.uk/content/frameset?itemID=F373&viewtype=side&pageseq=1) 2 nachvollziehbar, dass die Evolutionstheorie auch heute noch von manchen gesellschaftlichen
Gruppen so vehement angezweifelt, ja sogar angegriffen wird. Aber auch aus den Nachrichten
oder im ganz alltäglichen Leben kann derjenige, der die Augen offenhält, sehen, dass die
Evolution tagtäglich am Wirken ist. Ein Beispiel ist die Überfischung. Hier ist der Mensch der
herausragende Selektionsfaktor. Die Kabeljaubestände sind in weiten Teilen so gut wie
zusammengebrochen, allerdings versuchte sich der Kabeljau evolutionär anzupassen. Die
Geschlechtreife der Tiere tritt nun schon bei jüngeren, kleineren Tieren ein, genauer gesagt,
wurden diese positiv selektiert und dominieren nun3. Allerdings zieht der Mensch die
Fischernetz-Maschen gleich wieder dichter oder fängt mangels Fisch dem Kabeljau die
Nahrung weg – unter anderem sogenannte Schneekrabben, so dass der langsame Prozess der
evolutionären Anpassung hier leider keinen Erfolg verbuchen wird. Erschwerend kam hinzu,
dass die kleineren Kabeljaus die großen Schneekrabben auch nicht mehr ohne weiteres
fressen konnten und damit die Schneekrabben nicht kurzgehalten wurden und nun selbst erst
einmal noch stärker über die Jungfische herfielen, bevor der Mensch auch noch die Krabben
wegfischte – wenn das keine komplexen Zusammenhänge sind! Menschenbedinge Selektion
ist allerdings längst bekannt – nichts anderes ist Haustierzucht. Charles Darwin hat ja seine
Theorie unter anderem auch durch Taubenzucht untermauert. Lactose-Verträglichkeit ist ein
weiteres Beispiel für evolutionäre Anpassung. Der frühere Normalfall war Unverträglichkeit,
da das für die Milchverdauung notwendige Enzym Lactase nur bei Säuglingen vorhanden ist
und nach dem Säuglingsalter das dafür zuständige Gen abgeschaltet wird. Eine Genmutation
vor etwa 7000 Jahren verhinderte diese Abschaltung. Die auf der Norderde kurz zuvor
entstandene Viehzucht ergab eine große Verfügbarkeit von Milchprodukten, die gerade bei
Lactoseverträglichkeit die Alterserwartung sicherlich heraufsetzte, so dass sich die Mutation
vehement ausbreitete. Auf der Südhalbkugel sowie bis Ostasien hat sie sich jedoch bis heute
nicht durchgesetzt4. Heißhunger auf Fettes und Süßes ist vermutlich ein Relikt aus dem
Eiszeitalter. War ein Mammut erlegt oder waren süße Beeren im kurzen Eiszeitsommer reif,
galt es möglichst viel auf einmal zu verzehren, wer weiß, wann es die nächste Chance gab.
Auch der Vortragende beobachtet dieses evolutionäre Erbe an sich selbst, denn
Gummibärchen kann er auch in großen Mengen gelegentlich kaum widerstehen. Und die sich
derzeit ausbreitende Schweinegrippe wird die Menschheit auch insgesamt überstehen, denn
sie trainiert unser Immunsystem auch wieder evolutionär, so dass wir fit bleiben. Als der
große Evolutionsbiologe Theodosius Dobzhansky 1973 schrieb, „Nichts in der Biologie
macht Sinn, außer im Licht der Evolution“ hatte er wirklich recht. Und selbst bei unseren
sonstigen Verhaltensweisen gilt: ist nicht so manches männliche Verhalten in Diskotheken
oder bei anderen gesellschaftlichen Ereignissen nicht doch dem Balzverhalten von Pfauen
recht ähnlich? Problematisch wird es für viele erst, wenn es um unsere eigene Abstammung
geht und wenn alles menschliche Verhalten oder gar Denken biologisch-evolutionär erklärt
werden soll. Außerdem scheinen die Wissenschaftler halt nach wie vor nicht immer
verständlich genug zu reden. Eine Liste möglicher Vorbehalte und Missverständnisse könnte
lauten:
• Ich soll ein Affe sein?
• Ich soll nicht frei denken können?
• Ich soll nur ein Vehikel für meine Gene sein?
• Alles (auch ich) soll Zufall sein?
3 1:0 für den kleinen Kabeljau. Hamburger Abendblatt vom 27.6.2009, http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article1073331/1‐0‐fuer‐den‐kleinen‐Kabeljau.html Evolution unter Zeitdruck. Süddeutsche Zeitung vom 16.4.2007, http://www.sueddeutsche.de/wissen/390/326254/text/ 4 Evolution. Grollen im Darm.‐ DIE ZEIT, 31.7.2007, http://www.zeit.de/online/2007/09/laktose‐
milchzucker‐gewoehnung 3 • Das Recht des Stärkeren ist ein Naturgesetz?
• Unser ganzes Verhalten soll auf Egoismus beruhen?
• Ich muss mich entscheiden zwischen Wissenschaft und Gläubigkeit?
• Die Wissenschaft hat uns schon viel erzählt, was nicht stimmte.
• Ich kapiere sowieso nicht, was die Wissenschaft da macht. Kann ich auch nur glauben!
Was hat Charles Darwin wirklich postuliert?
In diesem Beitrag soll weder die Evolutionstheorie Charles Darwins im Detail vorgestellt,
noch die Evolutionsmechanismen umfassend rekapituliert werden. An einer Schule wie dem
St. Anna-Gymnasium wird diese sicherlich vorbildlich vermittelt und es gibt eine Fülle von
Literatur dazu. Schauen wir uns aber doch einmal genauer an, was Charles Darwin wirklich
postuliert hat. Seine Evolutionstheorie, die er übrigens gar nicht so nannte (denn Evolution
war damals insbesondere ein teleologischer Begriff aus der Glaubenswelt), bestand aus fünf
Teilen. Ich gebe in Klammer in pointierter Form gleich dazu an, wie heutige gesellschaftliche
Vorbehalte dazu aussehen:
1. Veränderlichkeit der Arten („der Mord am Schöpfungsglauben?“)
2. Abstammung aller Lebewesen von gemeinsamen Vorfahren (Verzweigung) („Macht mich
Darwin wirklich zum Affen“?)
3. Allmählicher Ablauf der Evolution (keine Sprünge, keine Diskontinuitäten) („wie dann
komplexe Strukturen erklärbar?“)
4. Entstehung von Vielfalt („Alles Zufall“ ??)
5. Selektion:
• Natürliche Selektion (durch das „Recht des Stärkeren“??)
• Sexuelle Selektion („typisches Machogehabe!“)
Wie Jim Knopf die Evolutionstheorie rettete: Auf einer ersten Reise des Vermessungsschiffs HMS Beagle 1826‐1830, auf der Charles Darwin noch nicht an Bord war, nahm der Ersatzkapitän Robert Fizroy einige einheimische Feuerländer nach England mit, darunter einen Jemmy Button, der seinen Spitznamen nach einem Perlmuttknopf bekam, für den er eingetauscht wurde und der nach Julia Voss1 auch die Vorlage für Michael Endes Buch Jim Knopf lieferte. Jemmy Button und die anderen erlernten die englische Sprache und englische Umgangsformen. Offensichtlich aber hatte Robert Fizroy ein überaus schlechtes Gewissen, die Feuerländer förmlich entführt zu haben. Er scheint insbesondere deshalb die Admiralität von der Notwendigkeit einer Nachvermessung überzeugt zu haben. Charles Darwin war auf dieser zweiten Reise eher zufällig dabei, da es Usus war, einen Naturalisten auf derartige Vermessungsreisen mitzunehmen. Ohne Jemmy Button wäre also Charles Darwin möglicherweise nie auf Weltreise gegangen und Darwin hätte seine Theorie vielleicht nie aufgestellt. Wie ging die Geschichte weiter? Auf der zweiten Beagle‐Reise von 1831‐1836, an der Charles Darwin teilnahm, wurden die Feuerländer also wieder nach Feuerland zurückgebracht. Nachdem Jemmy Button wieder in Feuerland angekommen war, fuhr die Beagle weiter nach Chile, kam jedoch nach einigen Monaten auf der Rückreise nochmals zurück. Jemmy Button war inzwischen wieder zum „unzivisierten Wilden“ geworden, obwohl er dies selbst offensichtlich bedauerte. Der Gruppenzwang ließ ihm jedoch offensichtlich keine andere Wahl. Die vollständige Geschichte können Sie im neuen Buch von Julia Voss nachlesen (siehe Fußnote 1) 4 Ein bisschen Wissenschaftstheorie
Ich möchte in diesem Artikel auf einen umfassenderen Abriss der Evolutionstheorie
verzichten. Einige Beispiele und Prinzipien folgen im weiteren Text. Angebracht erscheinen
mir jedoch einige wissenschaftstheoretische Erläuterungen.
Warum denn eine Theorie? Im normalen Sprachgebrauch verbinden viele das Wort Theorie
mit „theoretisch“, d.h. vielleicht, könnte so sein, aber vielleicht auch nicht, man weiß es eben
nicht. Eine wissenschaftliche Theorie ist hingegen glasklar definiert: Sie kann nur anhand
wissenschaftlich beobachteter und beobachtbarer Befunde und Fakten aufgestellt werden. Sie
gibt dann die bestmögliche, möglichst einfache, in sich schlüssige Erklärung für das
Zustandekommen diese Befunde. Damit kann eine wissenschaftliche Theorie nie bewiesen,
sondern nur falsifiziert werden. Dieses Prinzip führt oft zu Missverständnissen, was die
Gegner der Evolutionslehre auch gerne nutzen. Wenn es nicht gelingt, eine Theorie über 150
Jahre grundsätzlich zu falsifizieren, wie dies eben für die Evolutionstheorie gilt, zeigt sich,
wie robust und eben auch unstrittig eine solch fundierte wissenschaftliche Theorie ist. Sie
bleibt naturgemäß zwar immer angreifbar, aber der Angriff wäre nur geglückt, wenn dadurch
die Theorie in sich zusammenstürzt. Zur Natur einer Theorie gehört allerdings auch, dass sie
sich durch zusätzliche Erkenntnisse immer weiter verfeinert und ggf. auch in andere als
ursprünglich gedachte Richtungen weiterentwickelt. Teile einer Theorie können aufgegeben
werden und, basierend auf neuen Befunden, wie etwa der Molekularbiologie neu formuliert
werden. So wusste Darwin noch nichts von Genetik. Hätte die Molekularbiologie später
ergeben, dass Selektion überhaupt keine Rolle spielt, hätte sie die Evolutionstheorie zu Fall
gebracht. In den Anfängen der Genetik sah dies fast so aus, die Gene schienen alles und jedes
zu steuern. Erst als die Variabilität der Gene bekannt wurde sowie neu entdeckte
Mechanismen erklärten, wie sich Gene durchsetzen oder auch nicht, war klar, dass die
Molekularbiologie zu einer Schärfung und Untermauerung, nicht etwa zu einer Falsifizierung
der Evolutionstheorie führte.
Abb. 2: Schema des Erkenntniswegs, Bildung und Prüfung von Hypothesen; Hypothese und Theorie. Nach
Linder 1998, verändert.
5 Alles hypothetisch? Etwas anderes als eine wissenschaftliche Theorie ist eine
wissenschaftliche Hypothese. Auch diese sind für die Wissenschaft wesentlich. Eine
Hypothese bietet eine Erklärungsidee, die auf neuen beobachteten oder errechneten Befunden
basiert. Sie ist noch nicht genauer in eine vorhandene Theorie einbaubar, da sie noch nicht
genügend untermauert ist. Aus der Hypothese kann man Schlussfolgerungen hypothetischer
Art ziehen, die durch weitere Befunde untermauert werden müssen. Damit kann die
Hypothese zum Teil einer wissenschaftlichen Theorie werden oder aber sie wird falsifiziert,
hat sich damit als nicht substantiiert herausgestellt und muss verworfen werden.
Wissenschaftliche Theorien entspringen in der Regel verschiedenen Hypothesen zu erst
einmal unverbunden erscheinenden Aspekten, die immer stärker untermauert werden, dadurch
zu eigenen Theorien werden, deren Verbindung dann immer klarer wird, so dass sie zu einer
Gesamtheorie vereint werden. Die oben aufgeführten fünf Hypothesen Darwins, die manche
als eigenständige Untertheorien bezeichnen, wurden durch seine Evolutionstheorie vereinigt.
Diese wurde dann später durch die Molekularbiologie und Zusatzkonzepte zur Bildung von
Arten ergänzt und zur modifizierten Evolutionstheorie, der sogenannten „Synthetischen
Evolutionstheorie“ weiterentwickelt.
Darwins Existenzialismus: „To be (married) or not to be (married), that’s the question Charles Darwin versuchte auch mit wissenschaftlichen Methoden zu entscheiden, ob er heiraten sollte oder nicht. Die emotionale Komponente war jedoch stärker, was in einigen seiner Sätze zum Ausdruck kommt. Er machte auf einem überlieferten Notizblatt folgende Überlegungen, die in einem eher emotionalen als wissenschaftlichen Resumé enden: Marry Not Marry Children — (if it Please God) — Constant No children, (no second life), no one to care companion, (& friend in old age) who will feel for one in old age.— What is the use of interested in one, — object to be beloved & working 'in' without sympathy from near & played with. — —better than a dog anyhow. dear friends—who are near & dear friends to — Home, & someone to take care of house — the old, except relatives Charms of music & female chit‐chat. — These things good for one's health. — Forced to visit Freedom to go where one liked — choice of & receive relations but terrible loss of time. — Society & little of it. — Conversation of clever men at clubs — Not forced to visit relatives, & W My God, it is intolerable to think of to bend in every trifle. — to have the expense spending ones whole life, like a neuter bee, & anxiety of children — perhaps quarelling — working, working, & nothing after all. — No, Loss of time. — cannot read in the Evenings — no won't do. — Imagine living all one's day fatness & idleness — Anxiety & responsibility solitarily in smoky dirty London House. — — less money for books &c — if many Only picture to yourself a nice soft wife on a children forced to gain one's bread. — (But sofa with good fire, & books & music perhaps then it is very bad for ones health to work too — Compare this vision with the dingy reality much) of Grt. Marlbro' St. Perhaps my wife wont like London; then the sentence is banishment & degradation into indolent, idle fool —
Marry — Marry — Marry Q.E.D.5 5 Das q.e.d. (quod erat demonstrandum) darf man also heute nicht mehr mit „was zu beweisen war“ übersetzen, sondern eher mit „was aufgezeigt werden konnte“. Frei nach Karl Popper sollte man aber eher von q.n.e.f. (quod non erat falsificandum) sprechen. 6 Es gibt viele weitere wissenschaftliche Theorien, hierzu gehören zum Beispiel die Theorie der
Plattentektonik, die Theorie des Urknalls, die Relativitätstheorie, die Theorie der
Quantenmechanik oder die Theorie der Elektrizität. Keiner von uns hat je ein Elektron mit
eigenen Augen gesehen, dennoch funktionieren Glühbirnen und Computer. Mit anderen
Worten, es gibt jeden Grund, solche Theorien als gültig anzusehen, sie konnten nicht
falsifiziert werden.
Am Beispiel der Evolutionstheorie kann man ebenfalls besonders gut erläutern, wie eine
Wissenschaftstheorie besonders gut abgesichert werden kann. Dies ist immer dann der Fall,
wenn unterschiedliche methodische Ansätze zu vergleichbaren Interpretationsergebnissen
kommen. Die klassische, vergleichende anatomische Untersuchung besonderer
morphologischer Merkmale von Organismen unter Berücksichtigung ihrer sogenannten
Lagebeziehung zeigt, dass die Extremitäten von Fledermäusen, Robben und Menschen, bei
allen optischen Unterschieden, näher verwandt sind, als ähnlich aussehende Flügel von
Fledermaus, Vogel und Flugsaurier. Dennoch entstammen auch diese besonderen
Entwicklungen den Handknochen und sind damit untereinander wiederum verwandter als
diese Flügel mit den Flügeln von Insekten. Statistische Verfahren, die möglichst viele dieser
Merkmale erfassen (Kladistische Phylogenie) führen genauso wie molekulare
Untersuchungen, Erkennung stratigrafischer Fossilabfolgen sowie paläontologische
Untersuchungen zu den berühmten Missing Links zu identischen Schlussfolgerungen. An
weiteren Beispielen mangelt es fürwahr nicht: Die Gebissentwicklung und Fußentwicklung
der Pferdeartigen, evolutionäre Umänderung bestimmter Kieferknochen zu den
Gehörknöchelchen der Säugetiere, strukturelle Ähnlichkeiten und Verwandschaft von
Haischuppen und Säugetierzähnen, aber auch die vielen Koevolutionsreihen, etwa zwischen
Orchideen und bestimmten Schmetterlingen bezeugen die Evolution. Die Ontogenie, also die
Embryonalentwicklung, reflektiert zwar nicht die Gesamtheit der Evolution im Zeitraffer,
dennoch sind Kiemenspalten- und Schwanzbildung in der Embryonalentwicklung des
Menschen letztendlich deutlicher Hinweis auf unsere evolutionäre Herkunft. Und wie viel
Fisch, ja sogar Amöbe noch in uns steckt, hat Neil Shubin kürzlich in faszinierender Weise
zusammen getragen.6
Abb. 3: links, stark vereinfachte Darstellung der Pferdeevolution, dargestellt sind Größenverhältnisse, Huf- und
Zahnentwicklung (Bild von Mcy jerry, Creative Commons, http://de.wikipedia.org/wiki/Pferde), rechts:
Rekonstruktion des Messeler Urpferdchens aus dem Eozen sowie heutiges Przewalski-Wildpferd, aus dem
Museum für Naturkunde Berlin.
6 N. Shubin, siehe Anhang. 7 Kreationismus und „Intelligent Design“ – pseudowissenschaftliche Angriffe auf
die Evolutionswissenschaften
Zu diesem Thema lieben viele aktuelle Bücher vor, viele Medienartikel behandelten dies und
auch im Internet kann man dazu sehr viel mehr erfahren (> Anhang). Wir beschränken uns
deshalb auf eine kurze Darstellung, indem wir eine kleine Kategorisierung versuchen:
Evolutionsleugnender Kurzzeitkreationismus: Hier wird, basierend auf einer
außergewöhnlichen Leistung des irischen Bischofs James Ussher (1581-1656) von einem
bibelbegründeten Verständnis des Alters der Erde von 6000-10.000 Jahren ausgegangen. Die
Bibel wird von Kurzzeitkreationisten in allen Bereichen wörtlich ausgelegt und damit als
schriftliches naturwissenschaftliches Protokoll der Erschaffung der Erde gesehen, obwohl
schon in der Bibel zwei Genesis-Beschreibungen vorliegen, die sich sofern
naturwissenschaftlich gedacht, widersprechen würden, in ihrer transzendenten Metaphorik
jedoch aufeinander aufbauen. Arten wurden unveränderlich geschaffen, Lebewesen starben
erst nach dem Sündenfall, Dinosaurier werden den biblischen Drachen zugeordnet, der
Mensch lebte gemeinsam mit Dinosauriern.
Einem Aprilscherz von Bild der Wissenschaft gingen schon 1995 Kreationisten auf den Leim. Hier
wurden angebliche wissenschaftliche Nachweise zum Feuerspucken von Dinosauriern gegeben.
Kreationisten, die damals noch kaum in der Öffentlichkeit bekannt waren, feierten diese „Ergebnisse“
als großen Sieg7.
Neben diesem „biblischen“ Kreationismus gibt es auch Varianten. Der Ingenieur HansJoachim Zillmer, Verfasser vieler Bücher wie „Die Evolutionslüge“, „Darwins Irrtum“ oder
auch ganz harmlos „Das Dinosaurier-Handbuch“ formuliert abstruse Verschwörungstheorien
der Wissenschaftler, ist vom gleichzeitigen Leben von Dinosauriern und Menschen überzeugt
und glaubt, dass der Mensch von außerirdischen Wesen erschaffen wurde, die auf der Erde
landeten. Er schmückt sich mit diversen Mitgliedschaften in akademischen Zirkeln und nahm
auch schon mal an einem vom polnischen kreationismusgläubigen polnischen EUParlamentarier Giertych veranstalteten „Evolutionsworkshop“ als „TV-Experte für
Paläontologie und Evolution sowie Mitglied der New York Academy of Science“ teil. Bei
dieser Akademie kann jeder förderndes Mitglied werden, indem er sich im Internet anmeldet
und einen Mitgliedsbeitrag überweist. 2004 schrieb er einen (inzwischen wieder
verschwundenen) Webartikel in seinem Webportal, wie Dinosaurier möglicherweise
tatsächlich Feuer spucken konnten, er verwandt dazu Analogien zum Bombardierkäfer, der
zur Verteidigung kleine chemische Explosionen generieren kann.
Evolutionsleugnender
Langzeitkreationismus:
Interessant
ist
das
Vorgehen,
naturwissenschaftliche Erkenntnisse außerhalb der Evolution zwar zu bejahen, die Evolution
selbst aber vehement zu bestreiten. Dies ist etwa das Konzept des extrem aggressiven
türkischen Fundamentalkreationisten Adnan Oktar, der meist mit Pseudonym Harun Yahya
auftritt und der Welt unter anderem seinen „Atlas der Schöpfung“ beschert hat. Der türkische
Autor hat bislang über 80 Bücher geschrieben, sein „Atlas der Schöpfung“ ist ein 8 kg
schwerer Hochglanzband mit großformatigen Fotos auf über 800 Seiten, der in eine Vielzahl
verschiedener Sprachen übersetzt wurde. Inzwischen sind bereits mehrere Bände erschienen,
und kostenlos im Internet erhältlich. Band 1 wurde zigtausendfach an Universitäten, Schulen,
7 Näheres zur Geschichte siehe Leinfelder 2007, vgl. Anhang 8 Ministerien, Museen und andere kostenlos verschickt, und zwar über eine Briefkastenfirma,
so dass das Werk nicht einmal zurückgeschickt werden konnte. Vermutlich sollte erreicht
werden, dass in kürzester Zeit Auflagen von mehreren Zehntausend als vergriffen bezeichnet
werden konnten. Laut Presseberichten wurde das Buch in Frankreich verboten8, in
Deutschland wird der Autor vom Verfassungsschutz überwacht9, die Türkei sperrte die
Webblog-Seite worldpress.com, weil dort angeblich Diffamierungen von Harun Yahya
ausgesprochen wurden10. Sucht man im Internet etwa via Google zu Berichten über Harun
Yahya, findet man als Ergebnisse fast ausschließlich Angebote von Harun Yahya selbst, denn
er lässt wohl hunderte unterschiedlicher Domains betreiben, die vielfältigst miteinander
verlinkt sind, so dass damit die Google-Resultate beeinflusst werden.
Abb. 4: S. 616, 617, 619, 620, 621
und 747 aus Harun Yahya (2007, 2.
Aufl.): Atlas der Schöpfung, Global
Publishing, Istanbul. Die zentrale
Aussage links oben wurde der
besseren Lesbarkeit halber nochmals
getrennt im Zentrum der Abbildung
dargestellt.
Die rechts unten abgebildeten
Zeitschriftentitel (S. 747), darunter
American Scientist, Discover und
National Geographic werden als
„Evolutionistische
Propaganda“
bezeichnet.
Yahya bietet hochaggressiven Primitivst-Kreationismus, bei ihm ist die Evolutionstheorie an
Nationalsozialismus, Stalinismus, Terrorismus und wahrscheinlich so ziemlich allen anderen
Übeln dieser Welt Schuld. Er gibt sich dabei selbst als überaus offen für alle Religionen, der
„Clash of cultures“ sei eine Erfindung der Darwinisten. Insgesamt vertritt er einen
Langzeitkreationismus, bei dem er zwar alles geologische naturwissenschaftliche Wissen als
korrekt darstellt, wohl, um sich den Anschein eines wissenschaftlichen Vorgehens zu geben,
bei der aber dann auf hunderten von Seiten auf die angeblichen Unveränderlichkeit der Arten
eingegangen wird. Der Stil ist immer derselbe. Soundo-Art, also etwa „den“ Hering, „den“
Ginkgo, „die“ Ameise gibt es seit soundosoviel Millionen von Jahren, also hat keine
Evolution stattgefunden. Sind Tiere dennoch ausgestorben, wie etwa die Trilobiten, waren sie
ebenfalls unveränderlich, jede Art eigenhändig von Gott geschaffen. Die Abbildungen sind
8 www.ksta.de/html/artikel/1190059904825.shtml , Stand 19.4.08 9 www.stern.de/wissenschaft/natur/:Islamischer‐Kreationismus‐Mit‐Allah‐Darwin/585813.html , Stand 19.4.08 10 www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27605/1.html , Stand 19.4.08
9 von allerbester Qualität und verführen möglicherweise dazu, sie in der Schule, bei Vorträgen
oder gar im Hochschulunterricht zu verwenden. So könnten also schöne Bilder mit der
Quellenangabe „Harun Yahya - Atlas der Schöpfung“ in ungeahnter Weise an
unvorhergesehen Orten auftauchen. Kinder, Jugendliche und wissenschaftlich wenig
vorgebildete Erwachsene werden sicherlich von den Bildern beeindruckt sein. Das Buch
verschärft daneben auch das Vorurteil, das der Islam grundsätzlich kreationistisch sei, ein
überaus bedenklicher Zusatzeffekt.
Neokreationismus: Diese Spielart des Kreationismus wird auch als „Intelligent-DesignTheorie“ bezeichnet. Sie versucht ganz besonders, sich ein wissenschaftliches
Deckmäntelchen zu verschaffen. Lange geologische Zeitalter werden in der Regel akzeptiert
genauso wie eine bestimmte Dosis biologischer Evolution gemäß der Darwinschen
Evolutionstheorie. Nahe verwandte Arten können danach durchaus evolutionär auseinander
hervorgehen, allerdings seien viele größere Schritte unerklärbar. Dies gilt zum einen für den
Übergang zwischen unterschiedlichen Tiergruppen, also etwa zwischen Dinosauriern und
Vögeln, zum anderen für sogenannte hochkomplexe biologische Organe wie Augen, Federn
oder auch rotierende Einzellerflagellen. Diese Übergänge und Strukturen seien durch „Zufall“
nicht erzielbar, die Wahrscheinlichkeiten hierfür seien viel zu gering. Unterschieden wird hier
gerne zwischen akzeptierter „Mikroevolution“ und abgelehnter „Makroevolution“, also
angeblich sprunghafter bzw. stark komplexitätssteigender Entwicklungsschritte, welche nicht
mehr in Einzelschritte auflösbar seien. Anstelle einer „Makroevolution“ sei hieraus ein
intelligenter Planer ableitbar. Dieser Neo-Kreationismus ist eigentlich ein alter Hut, denn er
kopiert die „Naturtheologie“ bzw. „Physikotheologie“, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts
weit verbreitet war. Sie bewirkte damals eine teleologisch ausgerichtet Naturkunde und rückte
damit eine angebliche Zweck- und Zielhaftigkeit der Natur in den Vordergrund der
Untersuchungen. Einer der Hauptvertreter war der englische Theologe und Philosoph William
Paley. In seinem 1802 erschienenen Buch „Natural Theology“ veröffentlichte er seine
„Uhrmacher-Analogie“, die das Wirken eines Schöpfers in der Natur beweisen soll. Charles
Darwin war übrigens stark von Paley beeinflusst und wurde insbesondere deshalb zum
Naturforscher, weil er das Erkennen des Werks Gottes durch Naturstudien weiter untermauern
wollte. Zunehmend bemerkte er jedoch die Unvereinbarkeit dieser Physikotheologie mit den
tatsächlichen naturwissenschaftlichen Befunden.
Dass die „Intelligent-Design-Theorie“ insbesondere in den USA stark propagiert wird, hat jedoch noch
andere Gründe. In den USA ist Religionsunterricht an öffentlichen Schulen verfassungswidrig. Der
Kreationismus war ein Versuch, eine pseudowissenschaftliche, fundamentalreligiöse „Theorie“ in den
Biologieunterricht einzuführen. Dies ist nicht gelungen. Die „Intelligent-Design“-Variante lässt
deshalb „etwas mehr“ etablierte Evolutionstheorie zu und vermeidet ansonsten das Wort „Gott“,
sondern ersetzt dies durch den „intelligenten Designer“. Auch diese Strategie ist jedoch wenig von
Erfolg gekrönt, zumindest an den Schulen. Deshalb wurde in den letzten Jahren verstärkt versucht,
Evolutionswissenschaften als ebenfalls religiös-ideologisch zu brandmarken und dadurch aus dem
Unterricht zu verdrängen. Die eigentlichen Ziele wurden durch Bekanntwerden eines geheimen
Strategiedokuments der Kreationismus-Hochburg „Discovery Institute“ in Seattle bekannt. Im
sogennanten „Wedge-Dokument“ 11 von 1999 stehen zeitlich abgestufte Zielvorgaben:
•
„ Strategische Ziele: Den wissenschaftlichen Materialismus und dessen zerstörerische Moral
und kulturelles sowie politisches Vermächtnis besiegen. Materialistische Erklärungen durch
theistische Schöpfung ersetzen.
11 Inzwischen dokumentiert durch das National Center for Science Education, siehe http://ncseweb.org/creationism/general/wedge‐document 10 •
•
5-Jahres-Ziele: Neue Debatten sollen an vorderster Stelle auf nationaler Ebene geführt
werden in den Bereich Erziehung, Fragen des Lebens, rechtlicher und persönlicher
Verantwortlichkeiten.
20-Jahres-Ziele:Intelligent Design Theorie wird in der Wissenschaft vorherrschend und findet
Anwendung in Molekularbiologie, Biochemie, Paläontologie, Physik, Kosmologie,
Psychologie, Ethik, Politik, Theologie, Philosophie und Künsten. Design Theorie durchdringt
unser religiöses, kulturelles, moralisches und politisches Leben.“
Kreationismus an deutschen Schulen?
Erklärtes Ziel der Kreationisten ist es insbesondere, in den Schulunterricht zu gelangen. Zwar
dürfte der „Atlas der Schöpfung“, der wohl an die meisten Schulen Deutschlands kostenlos
verschickt wurde, eher geringen Einzug in den Schulunterricht erfahren haben, ein Buch
namens „Evolution – ein kritisches Lehrbuch“ dürfte jedoch sehr viel stärker verbreitet sein,
ist doch einer der Autoren Professor für Mikrobiologie an einer renommierten deutschen
Universität. Außerdem bezeichnet sich der (evangelikale) Verlag als „Lehrmittelverlag“. Das
Buch erhielt dann sogar einen (wie später bekannt wurde, von einer evangelikalen Gruppe
ausgelobten) Schulbuchpreis, der sogar von einem Ministerpräsidenten überreicht wurde.
Das Buch ist das Aushängeschild der evangelikal-kreationistischen Studiengemeinschaft
„Wort und Wissen“ mit Sitz in Baiersbronn. Die Gruppe arbeitet unaggressiv, verwendet aber
dennoch die typischen kreationistischen Argumentationsmuster. Das genannte „kritische
Lehrbuch“ fand unter anderem in Gießen Eingang in den Schulunterricht, was zu
entsprechenden Medienberichten, sowie sehr missverständlichen Äußerungen der damaligen
hessischen Kultusministerin führte, die wiederum einen Sturm der Entrüstung unter manchen
Wissenschaftlern entfachten. Das Buch ist symptomatisch für den Ansatz von „Wort und
Wissen“. Es diskutiert die tatsächlichen oder angeblichen Schwächen und Stärken der
Evolutionstheorie im Vergleich zur selbst von den Autoren aufgestellten, sogenannten
„Grundtypentheorie“. Diese sogenannten Grundtypen können, müssen jedoch nicht, mit
biologischen Arten, Gattungen oder Familien zusammenfallen. Anders ausgedrückt: eine
gewisse Beliebigkeit ist bewusst eingebaut. Diese ist auch notwendig, denn innerhalb der
Grundtypen sei Evolution „erlaubt“. Je nachdem wie benötigt, kann also die Evolution auf
innerartliche Variabilität, oder auch auf zwischenartliche Evolution beschränkt bleiben.
Außerhalb der Grundtypen wird Evolution jedoch bestritten. Die Grundtypen, also etwa
Entenvögel, seien durch einen einmaligen Schöpfungsakt geschaffen. Ganz offen wird auch
betont, dass dies eine Grenzüberschreitung sei, und dass auch hier offene Fragen auftauchten.
Das Ziel des Vorgehens ist damit offensichtlich. Die kreationistische, in der Diktion von
„Wort und Wissen“ „schöpfungsbasierte Grundtypentheorie“ gäbe genauso wie die
„darwinistische“ Evolutionstheorie viele Antworten, hätte aber auch gleichermaßen viele
offene Fragen. Beide seien also wissenschaftlich und müssten deshalb gleichrangig behandelt
werden. Dies ist nichts anderes als der Versuch der US-amerikanischen „Intelligent Design“Bewegung, fundamental-evangelikalen Glauben in den Biologieunterricht zu bringen. In einer
bestimmten Weise ist sogar Harun Yahya wissenschaftlicher. Er lässt nämlich zumindest
geologische Entwicklung zu. „Wort und Wissen“ geht hingegen, wenn auch wolkig
umschrieben, von einem Kurzzeitkreationismus aus, was aber noch weiter getestet werden
müsse, eine „Kritik der Geologie“ stünde noch aus. Dem Buch kann man zwar
Unwissenschaftlichkeit, jedoch keine Diffamierung der Wissenschaft unterstellen.
Viele weitere Beispiele für kreationistische Aktivitäten an Schulen ließen sich anführen. Die
Universität Dortmund schreckte schon 2007 mit einer dort durchgeführten Umfrage auf, nach
der jeder 8. Studienanfänger Darwins Evolutionstheorie für fragwürdig hielt, wobei unter
diesen Zweifler auch etliche Biologie-Lehrer werden wollten. 2008 fanden sich häufige
11 Medienberichte zu Schulverweigerern. Hier lehnten die Eltern aus religiösen Gründen
Schulbesuch ab, sie wollten ihren Kindern weder Evolutionslehre noch Sexualkunde zumuten.
Teilweise wurden sogar Ausnahmegenehmigung zum Betrieb derartiger Schulen (etwa für die
sog. „Zwölf-Stämme-Gruppe) erteilt.
Vergleichen wir einmal zwei Schulen: Das Gymnasium bei St. Anna schreibt in seiner
Schulbroschüre:
„Unser Gymnasium ist aus den Ideen des Renaissance-Humanismus, dem Selbstverständnis
der freien Reichsstadt Augsburg und dem pädagogischen Gedankengut der Reformation
entstanden. Geblieben sind bis heute das Bewusstsein über die Würde des Individuums und
die Auffassung von Welt und Natur als etwas, das es zu entdecken, zu erforschen und zu
bewahren gilt. Die Schule versucht deshalb den Blick auf die Welt zu öffnen und die Achtung
des Anderen zu fördern. Dies soll erkennbar werden durch zahlreiche Kontakte nach außen
und die Art, wie wir – Schüler, Lehrer und Eltern – miteinander umgehen. So bemühen wir
uns immer wieder aufs Neue um Toleranz und Respekt.“
Wie anders etwa die Freie Evangelische „Corry ten Boom“-Realschule in Berlin, die staatlich
anerkannt ist. Ihr Schulkonzept ist frei im Internet zugänglich. In meinem Internet-Blog stellte
ich dies bereits Anfang 2009 vor, Medien griffen das Thema auf, aber am Stand hat sich
nichts geändert (Stand 27.12.2009). In diesem Konzept ist unter anderem zu finden:
„Biologie: Evolutionslehre: Die These von der Evolution vom Einzeller oder gar der leblosen
Materie zum Menschen ist wissenschaftlich nicht verifizierbar. Sie ist vielmehr sowohl aus
wissenschaftlichen als auch aus theologischen Gründen in ihrem Ausschließlichkeitsanspruch
abzulehnen. Die Schüler sollen befähigt werden, den Modellcharakter der Evolutions-, aber
auch der wissenschaftlichen Schöpfungslehre zu erkennen und Vorzüge und Nachteile
wissenschaftlich redlich zu diskutieren, aber auch die Einsicht gewinnen, dass eine
Höherentwicklung im Laufe der Zeit mit der Bibel unvereinbar ist, da nach ihrem gesamten
Zeugnis das erste Menschenpaar unmittelbar aus Gottes Hand hervorging und die
ursprünglich sehr gute Schöpfung erst mit dem Sündenfall schweren Schaden erlitt. "
Meiner Einladung vom März 2009 zu einer Evolutionsführung ins Museum für Naturkunde
Berlin sind weder Lehrer noch Schüler bislang gefolgt (Stand Dezember 2009).
Weitere kreationistische Aktivitäten in Deutschland
Viele weitere Aktivitäten sind in Deutschland vorhanden. Zum Besuch kreationistischer
Vorträge in vielen evangelikalen Gemeinden oder auch in öffentlichen Veranstaltungen hat
jeder Gelegenheit. Selbst an deutschen Universitäten, so bereits mehrfach an der Universität
Hannover, werden Vorlesungssäle für kreationistische Veranstaltungen zur Verfügung
gestellt. Kreationisten sitzen sogar in wissenschaftlichen Bibliotheken und sind dort teilweise
für die Fachbuchauswahl zuständig12. Und nicht nur in den USA sprießen KreationismusMuseen, auch für Deutschland ist ein Genesis-Land geplant. Zu den Höhepunkten soll ein
Garten Eden, ein Schöpfungspavillion, ein Dinopark, ein Sintfluterlebnis, eine Himmel- und
Hölle-Bahn sowie natürlich die Arche Noah gehören. Wer dies belustigt für schlichtweg eine
etwas andere Art von Rummelplatz hält, wird durch die Betreiber eines besseren belehrt. Das
Konzept dieses geplanten „Themenparks“ setzt die biblischen Berichte nämlich als historisch
wahr voraus. In der hierzu ausgearbeiteten Vorstudie steht: „Für die Gestaltung der
12 siehe Leinfelder 2007, sowie die Webseiten des Vortragenden zum Thema: www.palaeo.de/edu/kreationismus sowie www.achdulieberdarwin.blogspot.com 12 Ausstellungen und Attraktionen des Themenparks wird der Text der Bibel wörtlich und ohne
theologische Interpretationen verstanden und dargestellt.“ Der hinter dem Vorhaben stehende
Verein Pro Genesis macht sich für eine wissenschaftliche Lesart des Schöpfungsberichts
stark. Mögliche Standorten wären die Rhein-Neckar-Region, München oder Berlin13. Im Mai
2009 fühlte sich sogar das Goethe-Institut bemüßigt, auf seinen Webseiten darüber zu
berichten und vor derartigen Entwicklungen zu warnen14.
Einige Argumentationslinien der Kreationisten und ihre Entkräftung
Besonders gerne werden von den Kreationisten zwei angebliche Probleme der
Evolutionstheorie herausgegriffen, zum einen das Fehlen evolutionärer Bindeglieder, den
sogenannten Missing Links, zum anderen die angebliche Nicht-Erklärbarkeit sogenannter
komplexer Strukturen. Auch hierauf möchte ich an dieser Stelle nur kurz eingehen. Die
sogenannten Missing-Links gibt es in Hülle und Fülle, laufend werden neue gefunden. So gibt
es unter anderen besonders gut untersuchte Bindeglieder zwischen Fischen und Amphibien,
zwischen Reptilien und Vögeln, zwischen Huftieren und Walen, bei den wirbellosen Tieren
gibt es noch viel mehr. Aber keines dieser Bindeglieder wird als solches akzeptiert. Wo sich
der Paläontologe freut, dass mit einem neuen Bindeglied zwischen A und C durch einen Fund
von B eine Lücke geschlossen wird, sieht der Kreationist sofort das Fehlen von nunmehr zwei
Bindegliedern, nämlich zwischen A und B sowie zwischen B und C. Oder aber er
argumentiert, dass diese Bindeglieder ja doch eher Seitenlinien darstellen, die nie genau auf
dem Verzweigungspunkt einer Art sitzen. Dies ist sogar richtig, denn rein methodisch geht es
nicht anders. Bei heute etwa 6 Milliarden Menschen wäre es, wenn nicht in Urkunden
hinterlegt, unmöglich herauszufinden, welche Verwandtschaftsbeziehung ein beliebiges aus
einem Grab exhumiertes Skelett etwa zu Ihnen hat. Genetische Untersuchungen könnten
helfen, die meisten Fossilien sind jedoch zu alt dafür. Auch bei Missing Link-Funden gibt es
also eine Nullwahrscheinlichkeit, dass genau die gefundene Art oder gar das gefundene
Individuum direktes Zwischenglied zwischen zwei Arten ist. Es geht immer nur darum, die
bis dahin nächst verwandte Art als Zwischenglied zwischen bereits bekannten Arten oder
Gattungen zu definieren. Diese kann sich auf einer eigenen evolutionären Linie vom
unbekannten Bindeglied wegentwickelt haben, ist aber eben immer noch die bis dato
bekannte nächst verwandte Art. Wir stammen nicht vom Schimpansen ab, aber der
Schimpanse ist biologisch unser nächster Verwandter, was bedeutet dass wir gemeinsame
Vorfahren hatten. Sicherlich hat sich der Schimpanse, aber auch der Mensch weiter vom
gemeinsamen Vorfahren wegentwickelt, als etwa der Urvogel Archaeopteryx von den
Dinosauriervorfahren, weswegen wir den Schimpansen auch nicht als Bindeglied zu uns
bezeichnen. Aber auch das Bindeglied Archaeopteryx kann gar nicht ganz exakt auf der
Verbindungslinie zwischen Dinosauriern und Vögeln liegen. Er ist nur der bislang bekannte
nächste Verwandte, der sich ebenfalls von einem gemeinsamen Vorfahren ableitet15. Man
wird also in diesem Puzzle immer wieder neue Bindeglieder finden, was völlig erwartbar ist.
Interessanterweise impliziert die sog. Grundtypentheorie der Kreationisten um Siegfried
Scherer ebenfalls Bindeglieder, die aber überhaupt nicht bekannt sind. Da aber Bindeglieder
als Beweis für Evolution prinzipiell von Kreationisten abgelehnt werden, da sie ja schon aus
statistischen Gründen nie der exakte Sohn bzw. Vater zwischen zwei Arten sein können, ist
die „Grundtypentheorie“ von „Wort und Wissen“ auch prinzipiell nie methodisch
falsifizierbar, was ihre Unwissenschaftlichkeit besonders unterstreicht.
13 Projektwebseite: www.pro‐genesis.ch 14 http://www.goethe.de/ges/phi/thm/deb/de4495579.htm 15 Wellnhofer, P. (2008) Archaeopteryx. Der Urvogel von Solnofen. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München 13 Abb. 5: Angeblich fehlende Bildeglieder. Wird ein Bindeglied, etwa zwischen Dinosauriern und Vögeln
gefunden, argumentieren Kreationisten gerne damit, dass damit nichts bewiesen sei, da ja noch weitere
Bindeglieder in der Reihe fehlen würden (a) oder, dass die Bildeglieder nicht exakt auf der Entwicklungslinie
säßen (b), was korrekt ist, denn die Wissenschaft behandelt das erstmalige Auftreten von verbindenden
Merkmalen und damit die Abzweigungsreihenfolgen als Kriterium für Bindeglieder (siehe Text für weitere
Erläuterungen). Dank an Andreas Beyer für dieses Beispiel.
Wie abstrus und beliebig der Umgang der Kreationisten mit paläontologischen Bindegliedern ist, zeigt
folgendes Beispiel. In der hochrangigen Wissenschaftszeitschrift Nature wurde 2006 ein Missing Link
zwischen den heutigen Schlangen und den sonstigen Echsen, welche Gliedmaßen haben oder
zumindest Gliedmaßenansätze im Skelett (Schleichen). Diese Schlange aus der Kreidezeit besaß
hintere Gliedmaßen sowie ein Brustbein16.
Die Kreationisten reagierten nun folgendermaßen:
„Die aktuelle Entdeckung entspricht durchaus der Bibel. Denn die Schlange scheint ursprünglich ein
komplexer gebautes Tier gewesen zu sein, als sie es heute ist: ‚Aber die Schlange war listiger als alle
Tiere des Feldes, die Gott der Herr gemacht hatte...’ (1. Moses 3,1). Weil der Teufel in Gestalt einer
Schlange die Menschen zu Fall zu brachte, wurde auch sie von Gott mit einem besonderen Fluch
belegt. ‚Da sprach Gott der Herr zur Schlange: Weil du dies getan hast, so sollst du verflucht sein
mehr als alles Vieh und mehr als alle Tiere des Feldes. Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Staub
sollst du fressen dein Leben lang!’ Offensichtlich besass die Schlange vor dieser Verfluchung einen
anderen Körper. Sie hatte Beine, ging aufrecht und zudem war sie intelligenter. Erst später wurde sie
zu einem kriechenden Tier. Hieraus könnte man auch ableiten: Die Tatsache einer früher höher
entwickelten Schlange spricht gegen die Evolution. Die Entdeckung des Schlangenfossils in
Argentinien deutet eher auf eine Rückentwicklung hin.“ (Zitat Ende)17
Besonders hochgehalten wird die angebliche „nicht reduzierbare Komplexität“ vieler
biologischer Organe und Strukturen von der Gruppe der „Intelligent-Design“-(ID)Kreationisten. Wie erwähnt werden hier Argumente des physikotheologischen
Gottesbeweises ins Feld geführt, welcher spätestens durch Immanuel Kant als methodisch
ungeeignet erkannt ist. So sei eine Mausefalle sehr komplex, weil ja Bügel, Spann- und
Schnappvorrichtung genau aufeinander abgestimmt und damit geplant sind. Die Einzelteile
allein hätten keine Funktion, also müsse alles gezielt zusammengesetzt sein, wie eben auch
bei einer mechanischen Uhr. Federn, Augen, aber auch Geiselzellen werden als Beispiele für
nicht reduzierbare Komplexität angeführt, die Wahrscheinlichkeit der „zufälligen“ Entstehung
dieser komplexen Strukturen sei viel zu gering. Dem letzten Argument kann auch der
Wissenschaftler zustimmen, allerdings sind diese Strukturen eben nicht „zufällig“
zusammengesetzt, sondern haben einen lange, durch positive Selektion bestimmte Evolution
16 Apesteguia, S. & Zaher, H. (2006): A cretaceous terrestrial snake with robust hindlimbs and a sacrum.‐ Nature, 440, 1037 ‐ 1040 17 Zitate aus Factum Magazin vom 13.10.2006
14 hinter sich. Jedes Auge ist so komplex wie es seine Funktion erfordert. Es gibt Pigmentzellen,
Grubenaugen, Lochkamera-artige Augen und eben Linsenaugen, und alle sind durch viele
Zwischenglieder voneinander ableitbar. Auch bei den Federn kennt man alle Zwischenstufen
von einfachen stachelartigen Federn zu komplexen Flugfedern, selbst für die Geiselzellen gibt
es wissenschaftliche Erklärungen der Entwicklungsprozesse, auch wenn noch nicht alles
komplett verstanden ist. Das ist auch bei der Proteinentwicklung deutlich, welche von IDKreationisten ebenfalls oft als Argument gegen die Evolutionstheorie angeführt wird. So
beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein bestimmtes Protein von 100 Aminosäuren
Länge (Auswahlmöglichkeit: 20 verschiedene Aminosäuren) durch Zufall entsteht 1:20100 =
10130. Im Vergleich dazu hätte das gesamte Weltall nur 1080 Atome. Ein Protein kann sich
allerdings gar nicht mit einem Schlag entwickeln, sondern nur in sehr vielen kleinen
Schritten. Eine Formel, welche die Gesamtwahrscheinlichkeit beschreibt, darf deshalb gar
nicht angewendet werden.
Folgendes Beispiel soll dies erläutern (Abb. 6).
Abb. 6: Beispiel zu statistischen
Wahrscheinlichkeiten für Mutationen:
Denken wir uns eine Spielkartenreihe
aus 16 Karten mit jeweils vier Motiven.
Die Wahrscheinlichkeit, exakt dieselbe
Folge der zuerst gelegten Spielreihe
wieder zu legen, beträgt gleich null, da
es etwa 4 Milliarden Möglichkeiten gibt
(Beispiel links oben). Lässt man jedoch
ab dem zweiten Legeversuch jeweils
diejenigen Karten liegen, die von
Position
und
Motiv
mit
der
Originalreihe der Karten zufällig
übereinstimmen, mischt dann nur die
restlichen Karten und legt sie wieder
aus, und wiederholt dies entsprechend,
können nach 10 Versuchen vielleicht
schon alle 16 Treffer möglich sein
(Beispiel links unten). Selbst wenn es
fünfzig oder dreihundert Versuche
dauern
würde,
wäre
die
Wahrscheinlichkeit immer noch extrem
hoch, dieses Muster zu erreichen.
Dank an Prof. Dr. Andreas Beyer,
Gelsenkirchen für dieses Beispiel.
Ähnlich könnten in der Evolution nicht schädliche bzw. positiv selektierte Kleinmutationen
zu einem Gen mit völlig neuen Proteinkodierungseigenschaften zusammengesetzt werden.
Außerdem werden oft ganze Gene und Genteile ausgetauscht, was wiederum neue
15 Möglichkeiten schafft. Insgesamt funktioniert die Evolution also eher wie ein
Baukastensystem. Bildlich gesprochen arbeitet die Evolution eher wie ein Bastler und Tüftler,
der vorhandene Bauteile und Apparate für später aufhebt, ein bisschen anpasst und in anderer
Weise wiederverwendet. Über andere Möglichkeiten verfügt die Evolution nicht. Mit einem
Ingenieur, der alles von vorne bis hinten durchplant, ist sie nicht vergleichbar.
Es kann also kein Zweifel daran bestehen, dass Evolution einen realen, natürlichen Vorgang
darstellt. Dessen angemessene, korrekte, wissenschaftliche Beschreibung findet im Rahmen
der Evolutionstheorie statt. Schöpfungsmythen hingegen sind Legenden bzw. Erzählungen,
die keine nachweisbar reale, sondern theologische Wahrheiten beinhalten. Eine
wissenschaftliche Auseinandersetzung zwischen Evolutionstheorie und Kreationismus kann
es daher gar nicht geben. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man mit Kreationisten
diskutiert. Natürlich müssen Wissenschaftler der Unterstellung, dass viel zu wenig bekannt ist
und schon die Wahrscheinlichkeiten Evolution nicht zulassen, mit Beispielen wie oben
dargestellt begegnen und auch im Schulunterricht sollten solche Beispiele vermittelt werden.
Aber häufig wird nicht gesehen, dass es im Kreationismus darum geht, aus moralischen oder
gesellschaftspolitischen Gründen den Einfluss der Wissenschaft zurückzudrängen und deshalb
Wissenschaftszweifel zu säen bzw. Wissenschaftsfeindlichkeit zu schüren. Dass die
Wissenschaft teilweise selbst zu diesen Zweifeln beiträgt, ist ein weiteres Thema, welches wir
aber erst im nächsten Kapitel behandeln werden.
Überzeugte Kreationisten wird man kaum von ihrem Standpunkt abbringen können, denn sie
verteidigen ja ihre Glaubensvorstellungen und lassen sich deshalb nicht von
wissenschaftlichen Fakten beeindrucken. Aber es gilt einer breiten Öffentlichkeit
klarzumachen, dass Kreationismus wider aller Behauptungen der Kreationisten keinerlei
wissenschaftlichen Ansatz verfolgt. Eine sehr gute aktuelle Übersicht darüber, wie
Kreationisten Fakten wahrnehmen und wiedergeben, gibt Beyer18. Nur einige wenige Aspekte
seien stichwortartig hiervon hervorgehoben: Wenn Kreationisten Recht hätten, würden sich
wohl über 99,9% aller anderen Wissenschaftler irren. Das bezieht sich nicht nur auf die
Biologen, sondern auch die Geologen, Paläontologen, die Physiker, die Kosmologen und
Astrophysiker, ja sogar Linguisten, die uns sagen, dass die Sprachen nicht aus Babylon
stammen, und selbstverständlich auch die Theologen, die die Bibel im Kontext ihrer
Entstehung interpretieren. Der Kreationismus leitet sich aus einer Offenbarung ab, welche im
Unterschied zu wissenschaftlichen Theorien auch nie falsifizierbar ist. Gerne verweisen
Kreationisten darauf, dass die Evolutionstheorie eigentlich vorwissenschaftlich sei, da sie eine
starke historische Komponente aufweise und daher bestenfalls den Status einer Hypothese
verdiene. Für diese „Geschichtsrekonstruktion“ müssten weltanschauliche Aspekte mit
verwendet werden, damit sei sie nicht streng wissenschaftlich, so argumentieren etwa Junker
und Scherer. Damit wären allerdings Forensik, Kriminalistik oder Geschichtswissenschaften
auch weltanschaulich begründet. Dieses Argument ist also keinesfalls haltbar. Genauso wie
ein Mörder aufgrund der umfassenden Indizienlage überführbar ist (Fingerabdrücke,
genetische Fingerprints, von denen wir in der Theorie annehmen, dass sie einmalig sind, was
aber prinzipiell nie beweisbar ist), ist die Evolution auch aufgrund historischer Befunde
(Fossilien und deren Abfolge, Gesteinsalter aufgrund radiometrischer Methoden)
untersuchbar, zumal noch viele weitere Methoden dazu kommen. Auf die sich teilweise
widersprechenden biblische Versionen der Genesis und auch anderer Bibelzitate reagieren
Kreationisten überaus flexibel. Biblische Aussagen werden ganz nach Bedarf und Belieben
als konkret oder metaphorisch interpretiert. So können die sieben Schöpfungstage mal als
18 Beyer, A. (2006): Wissenschaft im Rahmen eines Schöpfungsparadigmas? www.evolutionsbiologen.de/creation&science.pdf 16 echte Tage, mal als Zeitalter gesehen werden. Und dass entweder ein Paar oder sieben Paare
„reiner Tiere“ auf die Arche Noah durften, wird ebenfalls ähnlich flexibel erklärt. Gerne
findet sich auch kategorische Ablehnung oder Ignorieren bzw. das Bestreiten unbequemer
Tatsachen und Befunde. Dies gilt etwa für das Alter von Erde und Kosmos oder für das
messbare Vorhandensein von Plattentektonik. Besonders beliebt ist auch der Rückzug auf
Details. So werden erklärte Phänomene schlichtweg ignoriert, stattdessen verweist man gerne
auf offene Fragen, etwa auf die Entstehung des Lebens, für die es bislang tatsächlich nur
Hypothesen gibt. Auch mit eigenen Hypothesen ist man bei Bedarf nicht zimperlich, wenn
unbequeme Fakten stören. Warum sind die Tiere auf der Arche Noah nicht verhungert? Nun,
sie wurden in Form von Eiern mitgenommen oder hielten Winterschlaf. Oder warum sind
denn die Fakten für die Evolution derart offensichtlich? Gott hat diese nur geschaffen, um
Verwirrung zu stiften und unseren Glauben auf die Probe zu stellen. Andreas Beyer hat noch
weitere instruktive Beispiele zusammengetragen16. So entwickeln Kreationisten Definitionen
nach Bedarf, verwenden Zerrbilder oder wiederholen stereotyp die immer wieder
unzutreffenden Beispiele (z.B. die angebliche Unvereinbarkeit der Evolution mit dem zweiten
Hauptsatz der Thermodynamik, der jedoch nur für geschlossene Systeme gilt). Zitate werden
aus dem Zusammenhang gerissen und in völlig falschem Kontext wiedergegeben, und
Zitatinflation weckt den Anschein der Seriosität.
Evolution gegen Religion? Zwingen die Ergebnisse der Evolutionswissenschaften
zum Atheismus?
Die Kreationismusdebatte wird zunehmend zum Anlass genommen, Religion und Glaube
insgesamt als wissenschaftsfeindlich und im Widerspruch zur Evolutionstheorie stehend
darzustellen. Zu einem gewissen Teil haben sich dies die Kirchen selbst zuzuschreiben. So
waren etwa die Äußerungen, die der Wiener Kardinal Schönborn am 7.6.2005 in der New
York-Times19 gemacht hat, zumindest sehr missverständlich: Schörnborn vertrat in diesem
viel diskutierten Gastkommentar über weite Bereiche einen modifizierten „IntelligentDesign“-Standpunkt. Zwischenzeitlich hat sich der Kardinal mehrfach korrigiert und
akzeptiert nun die evolutionsbiologische Sichtweise innerhalb eines theistischen Weltbildes.
Auch andere kirchliche Würdenträger argumentierten teilweise in wenig differenzierter und
missverständlicher Weise20. Aber es sind insbesondere auch manche Naturwissenschaftler
selbst, die das Kind mit dem Bade ausschütten. Gruppierungen der sogenannten Neuen
Atheisten behaupten zwar, dass sie religiöse Weltbilder tolerieren würden, aber sehen Glaube
und Religion als Relikt einer voraufgeklärten Welt. Besonders befeuert hat diese Richtung der
Oxforder Evolutionsbiologe Richard Dawkins mit seinem Bestseller „Der Gotteswahn“. Kein
kreationistisches Buch wird wohl je diese Auflagenstärke erreichen. Schon in seinem Vorwort
schreibt er, dass sein Buch zum Atheismus bekehren möchte, und Buchpassagen, die etwa
zum Ausdruck bringen, dass religiöse Erziehung von Kindern schlimmer als sexueller
Kindesmissbrauch sein kann, sind populistische, m.E. nicht entschuldbare Entgleisungen.
Harun Yahya und andere Fundamentalkreationisten schreiben, dass so gut wie alles Übel
dieser Welt aus der Evolutionstheorie käme, Dawkins schreibt sinngemäß, dass die Religion
für die großen Übel dieser Welt verantwortlich sei. Eine derartige Kampfschrift muss der
Autor selbst vertreten, dass er allerdings die Evolutionstheorie dazu missbraucht, seinen
Kampf zu führen, muss ihm schwer angelastet werden. Er befördert damit das Klischee,
19 deutsche Übersetzung siehe: www.kath.net/detail.php?id=10972 20 Zur Sprachverwirrung zwischen Theologen und Naturwissenschaftlern um die Begriffe Sinn, Zweck, Zufall und Design siehe auch http://achdulieberdarwin.blogspot.com/2009/03/wir‐sind‐kein‐reiner‐
zufall‐oder‐doch.html 17 welches Kreationisten für Evolutionswissenschaftler aufbauen, nämlich dass sie eine Hetzjagd
auf Religiöse betreiben würden und Evolutionslehre dogmatisch-ideologisch und damit eine
Art Ersatzreligion sei. Wenn man den Kreationisten irgendwo recht geben muss, dann mit
dieser Einschätzung, sofern sie sich auf Dawkins und einige wenige weitere bezieht. In
Deutschland gehen vor allem die Mitglieder der Giordano Bruno-Stiftung dezidiert und
teilweise aggressiv religionskritisch vor. Das so genannte Kinderbuch „Wo bitte geht’s zu
Gott fragte das kleine Ferkel“, welches der Vorsitzende der Giordano Bruno-Stiftung
zusammen mit einem Grafiker publizierte, erregte zu Recht die Gemüter. Das Darstellen der
Hässlichkeit und Bosheit von Vertretern aller Konfessionen ist nun tatsächlich das, was
Dawkins der Religion pauschal vorwirft: ideologische Beeinflussung von Kindern, hier unter
primitivsten Klischees21.
Erfreulicherweise haben sich die großen christlichen Kirchen in Deutschland doch
zunehmend deutlich positioniert. So hat die Katholische Kirche in der Regel kein Problem
damit, Evolution als Faktum anzuerkennen. Sie sieht Evolution als Umsetzung der
Schöpfung. Die Katholische Kirche hat, wie übrigens auch die Evangelische Kirche
Deutschlands, allerdings ein Problem damit, auch den menschlichen Geist und eine
menschliche Seele allein durch biologische Evolution zu erklären. Beide Kirchen akzeptieren
schon längst, dass der Schöpfungsbericht nicht wörtlich genommen werden kann. So meinte
Papst Johannes Paul II (2004) dass die Evolutionslehre nicht der katholischen
Schöpfungslehre widerspreche. Zuvor sagte Papst Johannes Paul II. 1996 über seinen
Vorgänger: „In seiner Enzyklika Humani generis aus dem Jahr 1950 hatte schon mein
Vorgänger Pius XII. dargelegt, dass die Evolution und das, was der Glaube über den
Menschen und seine Berufung lehrt, nicht im Gegensatz zueinander stehen.....“ sowie „Heute,
beinahe ein halbes Jahrhundert nach dem Erscheinen der Enzyklika, geben neue Erkenntnisse
dazu Anlaß, in der Evolutionstheorie mehr als eine Hypothese zu sehen.“ Papst Benedikt
XVI. scheint dieser Linie zu folgen, argumentiert jedoch stärker gegen
„Grenzüberstreitungen“ (als ideologische Weltanschauung). Weiterhin versteht er unter
Vernunft sowohl wissenschaftliche Erkenntnis als auch Glaube, was aber eher eine
philosophische Frage ist.
Die in der EKD zusammengeschlossenen Evangelischen Kirchen Deutschlands haben
diesbezüglich nicht nur eine ähnliche Grundhaltung wie die katholische Kirche. Sie
akzeptieren die Evolutionstheorie als naturwissenschaftliche Erklärung der Entwicklung des
Lebens voll und ganz und positionieren sich zudem aktiv gegen Kreationismus. Eindeutige
Aussagen gibt es nicht nur vom EKD-Vorsitzenden Bischof Wolfgang Huber und von vielen
Landeskirchen, sondern insbesondere auch von der Evangelischen Zentralstelle für
Weltanschauungsfragen. So gibt es etwa eine direkte Handreichung der EKD zu Evolution
und Schöpfung22. Vereinfacht gesagt, hat die EKD die klarste Pro-Haltung bezüglich der
Vereinbarkeit von Evolutionstheorie bzw. Naturwissenschaften allgemein und Glaube,
während viele (jedoch nicht alle) evangelikale Freikirchen dem Kreationismus sehr nahe
stehen bzw. ihn bewusst befördern. Die katholische Kirche sieht die Vereinbarkeit von
Glaube und Naturwissenschaften ebenfalls gegeben, obwohl die Position unter dem
Vorgänger des derzeitigen Papstes klarer erschien. Das „Castelgandolfo“-Buch23 lässt hier
noch manche Frage unbeantwortet. Jedoch distanzierte sich die katholische Kirche unter
21 Machen Sie sich selbst ein Bild unter http://www.sueddeutsche.de/kultur/827/431578/bilder/?img=0.2 22 EKD‐Texte 94 (2008): Weltentstehung, Evolutiontheorie und Schöpfungsglaube in der Schule.‐ www.ekd.de/download/ekd_texte_94.pdf 23 Schöpfung und Evolution. Eine Tagung mit Papst Benedikt XVI. in Castel Gandolfo. St. Ulrich‐Verlag, Augsburg 18 anderem mit einer unter der Schirmherrschaft des Päpstlichen Kulturrat im März 2009
durchgeführten wissenschaftlichen Konferenz an der päpstlichen Universität Gregoriana zu
Rom glasklar von Kreationismus und bekannte sich zur Evolutionstheorie24. Aber auch der
Islam ist selbstverständlich nicht per se wissenschaftsfeindlich. So schreibt der
Religionswissenschaftler Michael Blume im Portal Religionswissenschaften: „Viele Muslime
blicken zu Recht stolz auf jene Jahrhunderte zurück, in denen die islamische Welt führend in
vielen Bereichen der Wissenschaft gewesen ist. Die Vorstellung, dass sich ein recht
verstandener Islam und seriöse, wissenschaftliche Erkenntnis nicht widersprechen könnten,
wird bis heute von den meisten Muslimen vertreten.“25 Allerdings wird derzeit die islamische
Theologie in vielen Ländern politisch gegängelt.
Wichtig erscheint, klar zwischen mit naturwissenschaftlicher Methodik zugänglichen
Naturwissenschaften und Religion/Glaube zu trennen. Wissenschaftler mit generellem
atheistischem Weltbild sind genauso ernstzunehmende Wissenschaftler wie solche mit einem
nicht-fundamentalistischen religiösem Weltbild. Egal, ob atheistischer oder religiöser
Wissenschaftler, die moderne Theologie sollte als guter Verbündeter gegen Kreationismus
gesehen werden, denn Kreationismus ist gleichermaßen ein Angriff auf unser modernes
Verständnis von Naturwissenschaften wie auf eine moderne Theologie26.
Szientismus und Biologismus
Auf der anderen Seite beschädigen Szientismus und Biologismus, welche einen alleinigen,
teils sogar ideologisierenden Erklärungsanspruch der biologischen Evolutionstheorie auch für
Verhaltensmuster und gesellschaftliche Phänomene annehmen, die Akzeptanz der
Evolutionswissenschaften. Beispiele, die allerdings in den Medien oftmals überspitzt
dargestellt werden umfassen Aussagen wie: „dauerhaftes Glück ist in der Biologie nicht
vorgesehen“, „die monogame Ehe ist aus biologischer Sicht ein besonders
erklärungsbedürftiges Konzept“, „Angeberei ist uns angeboren“, „Kinder werden auch
innerhalb einer Familie aus biologischen Gründen nicht gleichbehandelt“, „Selbstlosigkeit ist
biologisch betrachtet ebenfalls Egoismus“ oder „Menschen sind im Vergleich mit
Schimpansen eher eine monogame Art mit Tendenz zur Promiskuität.“ Der
Allerklärungsanspruch mancher Biologen auch für andere gesellschaftliche Probleme gipfelt
in Anlehnung an den schon erwähnten berühmten Ausspruch Dobzhanskys („Nichts in der
Biologie macht Sinn außer im Lichte der Evolution“) im Satz eines deutschen
Evolutionsbiologen: „Nichts in den Geisteswissenschaften macht Sinn außer im Lichte der
Biologie“.27
Kulturell-gesellschaftliche Phänomene und Entwicklungen laufen meiner Überzeugung nach
nicht ausschließlich nach den Prinzipien biologischer Evolution ab und sind nicht zwingend
und komplett durch die biologische Evolution determiniert. Wir haben, trotz der biologischen
Bedingtheit unseres Gehirns eine hohe Eigenständigkeit des Geistes, was man biologisch
betrachtet vielleicht als emergentes Phänomen bezeichnen könnte. Natürlich sind unsere
Verhaltensweisen auch biologisch beeinflusst, wobei man jedoch Verhaltenskategorien und
Situationen berücksichtigen muss. Keinesfalls lehne ich aber evolutionärpsychologische
Beiträge per se ab. Eines der spannendsten Forschungsfelder ist hierbei die Beziehung
24 siehe z.B. hier für weitere Infos: http://achdulieberdarwin.blogspot.com/2009/03/evolution‐in‐rom‐
im‐planckton‐blog.html 25 http://religionswissenschaft.twoday.net/stories/4030324/ 26 Bischof Wolfgang Huber warnt vor dem Kreationismus. Keine Angst vor Käfern. Frankfurter Allgemeine Zeitung / Sonntagszeitung vom 27.8.2007, S. 35, sowie http://www.faz.net/print/Feuilleton/Keine‐
Angst‐vor‐Kaefern 27 Angriff auf den "Verbalwissenschaftler", Süddeutsche Zeitung vom 7.7.2008, http://www.sueddeutsche.de/kultur/741/319613/text/ 19 zwischen biologischer Evolution und kulturellem Überbau. Wann ist die Kultur ein
verlängerter Arm der biologischen Evolution, wann hat sie eine Eindämmungsfunktion, wo ist
sie komplett vom biologischen Erbe emanzipiert und in welcher Weise ist dies alles
situationsabhängig ? Nur mit einem Verständnis der Dynamik beider Ebenen werden wir auch
einen wesentlichen Schritt weiter kommen, um gesellschaftliche Prozesse zu verstehen und
damit friedlich und sinnvoll gestalten zu können. Ethische Normen sollten durchaus bei ihrer
Erstellung biologische Prädispositionen mit ins Kalkül ziehen - eine ethische Norm welche
das nächtliche Schlafen stigmatisiert, würde sicherlich nie befolgt werden. Allerdings können
sie meiner Überzeugung nach keineswegs dominant oder gar ausschließlich aus der
Evolutionsbiologie abgeleitet werden. Die ausschließliche Berücksichtung biologisch
angelegter Verhaltensmuster zur Erstellung von Normen würde nicht zu einem
„evolutionsethischen Humanismus“, sondern nur zu einem nichtethischen „Biologismus“
führen. Aber das wissen sogar diejenigen, die einen „evolutionären Humanismus“ fordern.
Die oft kontroverse Diskussion bewegt sich darum, wie stark oder schwach unsere eigenen
biologischen Dispositionen in ethische und sogar juristische Konzepte einzubringen sind, und
da bin ich der Auffassung, dass Menschsein und Humanismus gerade auch darin besteht, sich
in weiten Teilen von rein biologischen Verhaltensmustern emanzipieren zu können,
zumindest dort, wo es im Sinne eines friedlichen und gerechten Zusammenlebens angebracht
erscheint.
Fazit: Selbstbeschränkung und Kooperation
Aus den Diskussionen und Debatten im Darwin-Jahr 2009 kann man vieles lernen. Den
Naturwissenschaften ist dringend eine notwendige Selbstbeschränkung anzuraten:
Naturwissenschaften sind zuständig für das Verständnis des „Wie funktioniert die Natur“?
Wenn sie vom „Zweck“ reden, machen sie keine existenziell sinnhaften Aussagen, sondern
sprechen über biologische Funktionen. Naturwissenschaftler sollten auch akzeptieren, dass es
noch offene, vielleicht sogar wissenschaftlich nie lösbare Fragen gibt. Aber auch die
Religionen sollten Selbstbeschränkung üben. Wo nachgefragt sind sie zuständig für
Sinnfragen und „Metaphysik“. Religionen liegen für mich auf anderen Ebenen als
Naturwissenschaften und kommen sich deshalb in aller Regel mit den Naturwissenschaften
nicht in die Quere. Naturgemäß sind die Antworten der Religionen nichtwissenschaftlich
(wobei ich hier nicht die Religionswissenschaften meine), sondern stellen Glaubensaussagen
dar, man kann diese glaubhaft oder gar vernünftig finden oder auch nicht. Ein
naturwissenschaftliches Weltbild kann als solches philosophisch reflektiert werden und zu
einer persönlichen agnostischen oder atheistischen Weltanschauung erweitert werden, es kann
aber auch um ein religiöses Weltbild zur Sinnhaftigkeit der Welt ergänzt werden und dann in
eine wissenschaftsoffene, religiöse Weltanschauung münden. Beides ist weder zwingend noch
allgemeingültig, sondern eine rein persönliche Entscheidung. Weltanschauliches Missionieren
lehne ich von allen Seiten ab, sofern nicht nur ein Überzeugen durch Beispiel und Diskurs
damit gemeint ist. Religiöse Traditionen sind allerdings auch Teil unseres
Kulturverständnisses. Kulturelle Traditionen sind jedoch nicht sakrosankt, sie müssen
natürlich hinterfragbar sein. Speziell für den Schulunterricht wären vielleicht modernisierte
Bibelexegesen als Grundlagen für den Religionsunterricht wünschenswert. Es sollte auch
durchaus Diskussionen zwischen Religion und Biologie geben, allerdings bei Wahrung der
inhaltlichen Abgrenzung. Das Beispiel Kreationismus ist als Thema für entsprechende
transdisziplinäre Module geeignet, um gemeinsam sowohl korrektes wissenschaftstheorisches
Arbeiten als auch die Metaphysik der Religionen zu behandeln. Insgesamt muss die
Evolutionstheorie auch möglichst authentisch vermittelt werden. Hierzu eignen sich
Versuche und Beobachtungsreihen im Schulunterricht, Besuche in Universitätslabors sowie
Integration von thematischen Schulausflügen in Zoos, botanische Gärten und
Naturkundemuseen.
20 Abb. 6: Hypothetisches Schema der Situationsbezogenheit von Wechselwirkungen zwischen evolutionsbiologischem Erbe und kultureller Evolution. Grün: biologisches Anteile, Orange: kulturelle Erweiterung,
Orange um Grün: Kulturelle Überprägung des biologischen Anteils. Hellblau: gesellschaftliche normative
„Kontrollkappe“.
a. wesentliche Grundbedürfnisse des Menschen, wie Essen und Schlafen sind selbstverständlich
biologisch dominiert. Sie können in einem gewissen Umfang kulturell kontrolliert werden (Verteilung
der Nahrungsaufnahme auf Frühstück-, Mittags-, und Abendessen, vegetarische Ernährung; teilweise
Nachtarbeit ohne Schlaf), eine normative Kontrolle (z.B. Erwerb statt Raub von Nahrung) ist ebenfalls
vorhanden.
b. Wissenschaft und Technik sind stark kulturell dominiert. Zwar verwenden bereits viele Tiere
Werkzeuge, diese werden jedoch in der Regel nicht extra hergestellt. Auch ist die wissenschaftliche
Neugier sicherlich zum Teil biologisch begründet. Wissenschaft und Technik können als
Kulturtechniken in gewisser Weise als verlängerter Arm der biologischen Evolution gesehen werden,
denn sie erlauben dem Menschen eine enorme Anpassung an seine Umwelt, auch an sich ändernde
Bedingungen. Da die Fortschritte jedoch nicht genetisch, sondern kulturell tradiert werden, stellt diese
Form gleichzeitig eine starke Emanzipation von unserem biologischen Erbe dar. Die starke
Eigenständigkeit solcher kultureller Prozesse, darunter auch die Forschung benötigt jedoch eine
besonders starke normative „Kontrollkappe“. Nicht alles Machbare ist gesellschaftlich sowie für das
Überleben der Menschheit sinnvoll.
c. Unser sonstiges zwischenmenschliches und gesellschaftliches Verhalten setzt sich, sicherlich zu
unterschiedlichen Anteilen aus biologisch ererbten Grundmustern und deren kulturellen Überprägung
zusammen, wobei die kulturelle Überprägung eine stark regulative Wirkung besitzt. Eine normative
Kontrollkappe (Gesetze, gesellschaftliche Regeln, ggf. auch religiöse Regeln) ist auch hier notwendig.
d. In speziellen, insbesondere Stresssituationen kann sich das biologische Erbe dominant in den
Vordergrund schieben (etwa Aggressivität). Eine normative Kontrollkappe ist sicherlich gerade auch
hier notwenig, dennoch erscheint es gerade hier sinnvoll, auch, normativ kontrolliert „Dampf ablassen“
zu können.
Abbildung und Abbildungserläuterung aus Leinfelder (im Druck)
21 Ausblick: Quo Vadis?
Die Menschheit hat sich durch die menschengemachte Klima- und Umweltkrise den größten
Selektionsversuch selbst auferlegt. Das Sterben der Korallenriffe, steigender Meeresspiegel,
veränderte Niederschlagsmuster, immense Überfischung und Verlust der genetischen
Ressourcen können Milliarden von Menschen bedrohen. Auch zur Bewältigung dieser Krise
bedarf es evolutionären Wissens. Zum einen sind Biodiversität, Evolution, Umwelt und Klima
eng miteinander vernetzt. Hier gilt es insbesondere, die dynamischen Prozesse von
Biodiversitätsänderungen besser erkennen und möglicherweise sogar vorhersagen zu können.
Dabei ist das Verständnis auch heute ablaufender Evolutionsprozesse wesentlich, um
Reaktionen der belebten Natur auf Klima- und Umweltänderungen sowie mögliche natürliche
und kulturelle Anpassungswege prognostizieren und bewerten zu können. Zum anderen
benötigen wir für die Bewältigung der Umweltkrise auch eine weitere kulturelle (R)evolution.
Seit der Industrialisierung pumpt die Menschheit ungezügelt alle fossilen Energieträger
wieder in die Atmosphäre zurück. Kohlendioxid, welches über mehrere hunderte Millionen
von Jahren entzogen wurde, wird nun - geologisch gesehen – sozusagen auf einmal als CO2
wieder in die Atmosphäre zurückgeführt. Zusätzlich werden biologische Kohlenstoffspeicher,
wie Wälder oder Moore durch uns selbst vernichtet. Der Mensch muss, um die Erde weiterhin
auch für die nachfolgenden Generationen nutzen zu können, radikal umdenken. Dazu
benötigen wir mehr denn je unseren kulturellen Verstand, für den die biologische Evolution
unseres Gehirns die Grundlage geliefert hat: Vor etwa 2,5 Millionen Jahren begann der
Urmensch einfachste Steinwerkzeuge zu verwenden, was ihn jedoch kulturell noch nicht sehr
vom Tier unterschied. Die erste kulturelle Revolution des Jägers und Sammlers fand vor etwa
600.000 Jahren mit der Bearbeitung von Faustkeilen und Feuergebrauch statt. Vor etwa
10.000 Jahren v. Chr. begann die neolithische Revolution, die uns Ackerbau und Viehzucht
sowie im Gefolge den Hausbau brachte. Seit etwa 8000 Jahren v.Chr. breiteten sich
Stadtkulturen und mit ihnen das Handwerk und Dienstleistungen, also umfassende
Arbeitsteilung aus. Im späten 18. und 19. Jahrhundert erfolgte die Industrielle Revolution.
Bleibt nur zu hoffen, dass die nächste, notwendige (R)evolution, eine „KohlenstoffAbrüstung“ und mit ihr der Eintritt in ein „postkarbones“, nachhaltiges Industriezeitalter nicht
mehr lange auf sich warten lässt28.
Was nützt unser Wissen über die Evolutionsvorgänge, welche zu Biodiversitätsverlust führen,
was nützt es, wenn wir über die Klimaprozesse Bescheid wissen und wissenschaftlich
abgesicherte Wahrscheinlichkeitsszenarien zur klimatischen Entwicklung machen können,
was nützt es, wenn wir sogar die richtigen Handlungsweisen und Technologien zur
Vermeidung beschreiben können, aber diese nicht umsetzen können? Diese Umsetzung muss
demokratisch geschehen, aber sie kann damit nur erreicht werden, wenn wir die
Auswirkungen unseres Handeln auch über die Generationen hinweg verstehen und dies
entsprechend berücksichtigen. Dieser hohe Anspruch kann nur mit Hilfe einer kulturellen
Transformation erfüllt werden. Prinzipiell sollten wir dazu fähig sein. Der Mensch ist zwar
biologisch ein Tier (bzw. chemisch ein Molekülcocktail), das ist jedoch nur eine Seite der
Medaille. Der Mensch ist zusätzlich eben gerade auch ein Kulturwesen. Die berühmte
Menschenaffenforscherin Jane Goodall brachte es zum Eingang des Darwin-Jahrs in einem
Cicero-Interview auf den Punkt: „Die Sprache, mit der wir moralische Entscheidungen treffen
können, macht uns zum Menschen. Damit überlassen wir uns nicht dem bloßen Instinkt. Es ist
die Fähigkeit, diskutieren und über abstrakte Dinge sprechen zu können, die nicht real
existieren, sondern vor unserem geistigen Auge stehen. Diese Befähigung ist es, durch die
28 siehe hierzu auch: Schellnhuber, H.‐J.,, Messner, D., Leggewie, C., Leinfelder, R.R., Nakicenovik, N., Rahmstorf, S., Schlacke, S., Schmid, J. & Schubert, R. (2009): Kassensturz für den Weltklimavertrag.‐ Sondergutachten, 58 S., Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung, Globale Umweltveränderungen (WBGU), Berlin. http://www.wbgu.de/wbgu_sn2009.html 22 sich unser Intellekt so explosionsartig weiterentwickelt hat“29. Und der leider noch vor dem
Darwin-Jahr im August 2008 verstorbene Neurobiologe und Tierphysiologe Gerhard
Neuweiler sieht im Menschen eben doch die Krone der Evolution. Allerdings gilt dies nur,
wenn wir es auf die Komplexität unseres Gehirns und seiner Fähigkeiten beziehen, denn der
Mensch kann weder ohne Hilfsmittel fliegen noch lange tauchen, viele Tiere hören und
riechen besser, oder laufen schneller. Aber unser höchst erhobenes Körperteil erlaubte uns die
kulturelle Evolution. Neuweiler schreibt: „Im Menschen emanzipiert sich die Evolution, denn
er ist das einzige Lebewesen, das die Werkzeuge der natürlichen Evolution in die Hände
nehmen und ihr eine eigene humane Welt entgegensetzen kann“30.
Diese humane Welt hat nichts mit einem „Neo-Humanismus“ bzw. „evolutionären
Humanismus“ der Szientisten und Biologisten zu tun, welche allen Ernstes als „erklärtes Ziel“
fordern, „ den Eigennutz in den Dienst der Humanität zu stellen“. Außerdem soll man zwar
nicht lügen, betrügen, stehlen oder töten, „es sei denn es gibt im Notfall keine anderen
Möglichkeiten die Ideale der Humanität durchzusetzen.“31 Wenn zur Durchsetzung der Ideale
eines „Neo-Humanismus“ davon gebraucht gemacht werden sollte, dann rette sich wer kann
vor diesem Humanismus.
Wie wunderbar hingegen, aus einer Stadt zu stammen und von einer Schule zu kommen, die
sich echtem Humanismus verpflichtet fühlt. So wurde schon am 25. September 1555 im
Augsburger Reichs- und Religionsfrieden folgendes festgelegt: „Setzen demnach, ordnen,
wollen und gebieten, daß fernerhin niemand, welcher Würde, Standes oder Wesens er auch
sei, den anderen befehden, bekriegen, fangen, überziehen, belagern, […] [möchte], sondern
ein jeder den anderen mit rechter Freundschaft und christlicher Liebe entgegentreten soll“32.
Dies schließt sich im aktuellen Schulkonzept des Gymnasiums bei St. Anna, welches ich
weiter oben auszugsweise zitiert habe und welches auf Humanismus, Bewusstsein über die
Würde des Individuums, auf Notwendigkeit zur Erforschung der Welt, auf Offenheit,
Achtung, Toleranz und Respekt des Anderen fokussiert. Hier finden sich Aristoteles, Charles
Darwin, Albert Einstein, Jürgen Habermas und Hans Jonas gleichermaßen: Der biblische
Auftrag, sich die Erde untertan zu machen schließt sich hier zum „Ökologische Imperativ“
von Hans Jonas (1979): „ Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind
mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden“33. Gerade als
Naturwissenschaftler bin ich überzeugt, dass uns hier unser evolutionäres Erbe nicht
weiterhelfen kann. Wir müssen hier gegen unseren biologisch-evolutionäres Eigennutz-Erbe
handeln, denn biologische Evolution und biologisches Eigennutzverhalten können eben nicht
weit vorausplanen. Unsere Welt weiter lebenswert zu machen und dabei über Generationen
und über die eigenen Gene hinweg vorauszuschauen, ist eine kulturelle Herausforderung, in
die unser gesamtes naturwissenschaftliches und kulturwissenschaftliches Wissen mit
einfließen muss. Die Aufgabe kann nur gelingen, wenn Schulen wie das Gymnasium bei St.
Anna hier die notwendigen Grundsteine legen.
29 http://www.cicero.de/97.php?ress_id=7&item=3057 30 Neuweiler, G. (2008): siehe Anhang 31 Schmidt‐Salomon, M. (2006): siehe Anhang 32 Fide http://de.wikipedia.org/wiki/Augsburger_Reichs‐_und_Religionsfrieden , Stand 17.7.2009 33 Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung: Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation. Frankfurt/M., 1979. Neuauflage als Suhrkamp Taschenbuch, 1984 23 Reinhold Leinfelder, geboren 1957 in Augsburg, ist Abiturient des Jahrgangs 1975. Er ist Professor
für Geologie und Paläontologie, Generaldirektor des Museum für Naturkunde Berlin, Vorsitzender des
Konsortiums „Deutsche Naturwissenschaftliche Forschungssammlungen“ sowie Mitglied des
„Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen“ (WBGU).
Adresse:
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der
Humboldt-Universität zu Berlin
Invalidenstr. 43
10115 Berlin
[email protected]
www.reinhold-leinfelder.de
24 Anhang
Direkt im Text verwendete Literatur und sonstige Hinweise wurden in Form von Fußnoten
angegeben. Nachfolgend finden Sie einige Beispiele zu vertiefender Literatur und weiterer
Ressourcen. Wegen der Fülle der Literatur kann nur eine kleine Auswahl angegeben werden, diese ist
nicht unbedingt repräsentativ.
Charles Darwin:
Brownie, Janet (2007): Über Charles Darwin. Die Entstehung der Arten. 152 S., DTV.
Darwin, Charles, mit Kommentar von Uwe Hoßfeld und Lennart Olsson (2009): Zur Evolutio der Arten und zur Entwicklung
der Erde. Frühe Schriften zur Evolutionstheorie. 287 S., Suhrkamp-Studienbibliothek.
Eldredge, Niles (2005): Discovering the Tree of Life. 256 S., Norton & Co., New York, London.
Engels, Eve-Marie (2007): Charles Darwin. 256 S., C.H.Beck-Verlag, München.
Glaubrecht, Matthias (2009): „Es ist als ob man einen Mord gesteht“ – ein Tag im Leben des Charles Darwin. Ein
biografisches Portrait. 272 S., Herder-Verlag, Freiburg.
Voss, Julia (2008): Charles Darwin zur Einführung. 215 S. Junius-Verlag, Hamburg.
Voss, Julia (2008): Darwins Bilder. Ansichten der Evolutionstheorie 1837-1874. 374 S. S.Fischer-Verlag, Frankfurt am Main
Werner, Petra (2009): Darwin. Die Entdeckung des Zweifels. 325 S., Osburg-Verlag, Berlin.
Neuere Übersichtsarbeiten zur Evolutionstheorie:
Carroll, Sean (2008): Die Darwin-DNA. Wie die neueste Forschung die Evolutionstheorie bestätigt. 331 S., S.Fischer-Verlag,
Frankfurt am Main.
Dawkins, Richard (2008): Geschichten vom Ursprung des Lebens. Eine Zeitreise auf Darwins Spuren. 928 S., UllsteinVerlag, Berlin.
Kirschner, Marc W. & Gerhart, J.C. (2007): Die Lösung von Darwins Dilemma. Wie die Evolution komplexes Leben schafft.
415 S., rororo-science.
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Kull, Ulrich (2007): Evolution in Stichworten. 402 S., Borntraeger, Berlin, Stuttgart.
Neuweiler, Gerhard (2008): Und wir sind es doch - die Krone der Evolution. 253 S., Wagenbach-Verlag, Berlin.
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verdanken. 237 S., Bloomsbury Kinder- und Jugendbücher, Berlin-Verlag.
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(Geowissenschaftliche Mitteilungen), 21, 79-82, September 2005
Leinfelder, R.R. (2006): Kreationismus in Deutschland: Volle Kraft voraus ins Mittelalter? - GfBS-News, Newsletter der
Gesellschaft für Biologische Systematik, 16/2006, S. 47-51 (GfBS/Ulm)
Leinfelder, R. (2007): Der deutsche Kreationismus und seine Rahmenbedingungen aus der Sicht eines Paläontologen, S. 277326, in: Kutschera, U. (ed.), Kreationismus in Deutschland. Fakten und Analysen, Reihe Naturwissenschaft und Glaube
Bd. 1, 372 S., ISBN 3-8258-9684-6, Berlin, Münster (LIT-Verlag).
(http://www.palaeo.de/leinfelder/pdfs/leinfelder07kreaD.pdf)
Leinfelder, R. (2009): Leitartikel: Revolutionär unseres Weltbilds. Die Evolutionstheorie im Jahr 200 nach Darwin.- Politik
und Kultur. Zeitung des Deutschen Kulturrates, 02/2009 (März-April 2009), S. 1-2. Auch online unter
www.kulturrat.de/puk/puk02‐09.pdf
Leinfelder, R. R. (im Druck): Epilog: Darwins Erbe für die Zukunft, in: Charles Darwin Die Entstehung der Arten, mit zwei
Beiträgen von Alfred Russel Wallace, illustriert, kommentiert und herausgegeben von Paul Wrede und Saskia Wrede,
VCH- Wiley Weinheim.
Weitere Zeitungsartikel, Interviews, ausgewählte Medienbeiträge von Reinhold Leinfelder unter
http://www.palaeo.de/edu/kreationismus/stellungrl
Reinhold Leinfelders Blog zum Darwin-Jahr: Ach Du lieber Darwin! http://achdulieberdarwin.blogspot.com
Darwin-Jahr-Veranstaltungskalender der Deutschen Naturwissenschaftlichen Forschungssammlungen:
http://www.darwinjahr2009.de
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