Hildegard von Bingen - Die Edelsteine

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Hildegard von Bingen - Die Edelsteine
Leseprobe
Reinhard Schiller
Hildegard von Bingen - Die Edelsteine
Das Kompendium
120 Seiten, 20 × 22,5 cm, gebunden, farbig gestaltet, mit
zahlreichen Farbfotos
ISBN 9783746244587
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© St. Benno Verlag GmbH, Leipzig 02015
Reinhard Schiller
Hildegard von
Die
Bingen
Edelsteine
und Metalle
Das Kompendium
Inhalt
Inhalt
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Leben der hl. Hildegard von Bingen 8
Einleitung 12
Die Edelsteine der hl. Hildegard von Bingen 16
Von den Steinen 18
Smaragd 20
Hyazinth 23
Onyx 27
Beryll 32
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Sardonyx 34
Saphir 36
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Sarder 40
Topas 43
ISBN 978-3-7462-4458-7
Chrysolith 46
Jaspis 48
Prasem 53
© St. Benno Verlag GmbH, Leipzig
Umschlaggestaltung: Ulrike Vetter, Leipzig
Gesamtherstellung: Arnold & Domnick, Leipzig (A)
Chalzedon 55
5
Chrysopras 57
Die Metalle der hl. Hildegard von Bingen 84
Karfunkel (Rubin) 60
Über den Ursprung der Metalle 86
Amethyst 63
Gold 87
Achat 66
Silber 90
Diamant 69
Blei 92
Magnet (Magnetit) 72
Stannum (Zinn) 93
Ligurius 73
Kupfer 94
Kristall 74
Messing 97
Flussperlen 76
Eisen 98
Perlen 77
Stahl 99
Karneol 78
Alabaster 80
Register 100
Kalk 81
Literaturhinweise 101
Die übrigen Steine 82
Fotonachweis 104
Ziegelstein 83
6
7
Das Leben
der hl. Hildegard
von Bingen
Das Leben der hl. Hildegard von Bingen
1098
1147/1148
Hildegard wird als zehntes Kind des Edelfreien Hilde­
bert von Bermersheim und seiner Frau Mechthild in
Bermersheim bei Alzey geboren.
Auf der Synode von Trier erkennt Papst Eugen III. offiziell Hildegards Sehergabe an, indem er aus ihrer
Schrift SCIVIAS vorliest und sie zur Fortsetzung ihres
Werkes ermuntert. Eine päpstliche Kommission hatte
im Vorfeld der Synode Hildegards Sehergabe geprüft
und bestätigt.
1106
Mit acht Jahren wird sie von ihren Eltern der Klausnerin Jutta von Sponheim auf dem Disibodenberg zur
Erziehung übergeben. Die Klause war dem Mönchskloster auf dem Disibodenberg angebaut. Hier wird Hildegard im Singen der Psalmen und in den Gesängen
Davids unterwiesen.
1151–1158
ca. 1165
In diesen Jahren erfolgt die Niederschrift der beiden
medizinischen, beziehungsweise naturheilkundlichen
Schriften Hildegards, bekannt als PHYSICA („Heilkraft
der Natur“) und CAUSAE ET CURAE („Ursachen und
Behandlung der Krankheiten – Heilwissen“).
Hildegard gründet das Kloster Eibingen bei Rüdesheim.
1178
Nachdem Hildegard einen exkommunizierten, jedoch
vom Kirchenbann befreiten Adeligen auf dem Friedhof
des Klosters Rupertsberg hatte beerdigen lassen, wird
über Rupertsberg – ungerechtfertigterweise – das Interdikt verhängt.
Es darf kein Gottesdienst
mehr ­gefeiert werden.
1158–1163
1150
Hildegard gründet das Kloster Rupertsberg bei Bingen.
Die klösterliche Gemeinschaft wächst an. Hildegard
wird weit über den Rahmen ihrer Klostergemeinde hinaus bekannt. Viele ersuchen sie um Rat und Hilfe. Sie
unterhält einen umfangreichen Briefwechsel mit bedeutenden Persönlichkeiten aus Reich und Kirche, aber
auch mit einfachen Menschen, die bei ihr Trost
suchen. Hildegard wird zum mahnenden
Gewissen einer Zeit, in der weltliche
und geistliche Macht harte Auseinandersetzungen austragen und
große Bevölkerungsteile religiös
verunsichert sind.
ca. 1113
Hildegard legt die Gelübde ab und wird Benediktinerin.
1136
Nach dem Tode von Jutta von Sponheim wird Hildegard einstimmig
zur Äbtissin des sich entwickelnden Frauenklosters gewählt.
1141
Hildegard verfasst das LIBER VITAE MERITORUM
(„Buch der Lebensverdienste“).
1170
1179
Die vierte Missions- und Predigtreise führt sie nach
Schwaben.
Das Interdikt wird im
Frühjahr aufgehoben.
1158–1163
17.9.1179
Drei Missions- und Predigtreisen führen sie nach
Franken, Lothringen und ins Rheinland. Trotz ihrer
schwachen Gesundheit unternimmt Hildegard diese
beschwerlichen Predigtreisen, um den Glauben in einer Zeit der weitgehenden Orientierungslosigkeit zu
bestärken und zu verbreiten.
Hildegard stirbt im Alter
von 81 Jahren.
1163
Im Alter von 42 Jahren erhält
Hildegard von Gott den Auftrag, alles festzuhalten und zu
verkünden, was ihr in dieser und
in kommenden Visionen geoffenbart wird. Nach anfänglichem Zögern
und furchtsamer Zurückhaltung beginnt
Hildegard mit Hilfe des Mönches Volmar und
der Schwester Richardis von Stade mit der Aufzeichnung ihrer Visionen. Ihr erstes Werk entsteht: SCIVIAS
(„Wisse die Wege“).
Das LIBER DIVINORUM OPERUM („Das Buch der göttlichen Werke“) wird von Hildegard als letzte ihrer großen Visionsschriften begonnen.
10
11
Einleitung
Die Quellen
positiven, Gesundheit fördernden und erhaltenden Eigenschaften, den Tugenden. In diesem Buch ist das hildegardische Fasten begründet. Hildegard von Bingen
sieht im Fasten einzig und allein ein Mittel zur Buße,
um von den Lastern Abstand zu bekommen und sich
mehr und mehr den Tugenden zuzuwenden und diese
zu üben.
Fasten ohne religiösen gedanklichen Hintergrund schädigt – so Hildegard – den Körper des Menschen.
Das Gesamtwerk der hl. Hildegard von Bingen lässt
sich in zwei große Themenbereiche unterteilen: in die
theologischen und die naturheilkundlichen Schriften.
Neben diesen finden wir im Nachlass der hl. Hildegard noch Briefe, Evangelienauslegungen, unbekannte
Schriftzeichen und Lieder.
Ihre theologischen Schriften lauten:
LIBER DIVINORUM OPERUM – Das Buch
der göttlichen Werke
SCIVIAS – Wisse die Wege
Eine Schau, die dem Menschen auch heute noch die
Grundlage oder zumindest eine Orientierungshilfe in
Glaubensfragen geben kann.
In SCIVIAS werden grundlegende Fragen aus dem religiösen Leben behandelt,
z. B. die Ehelosigkeit
des Priesters, die Aufgaben des Priesters,
die Stellung der Frau
in der Kirche, der Zutritt der Frau zum Altardienst, um nur ein
paar zu nennen.
Die Antworten Hildegards sind gerade heute aktueller denn je!
Hildegard behandelt in einzigartiger Weise die umfassende Schau: der Mensch als Abbild des Kosmos, die
Entsprechungen von Mikro- und Makrokosmos.
Diese Vision zeigt, wie sehr der Mensch mit Körper
und Seele und mit seinen Taten in das Geschehen des
gesamten Kosmos verwoben ist. Sie setzt ihn in Verbindung mit dem ökologischen Gleichgewicht und zeigt,
dass für jeden Aspekt des Menschen eine Entsprechung im großen Weltengebäude zu finden ist.
Ihre naturheilkundlichen Schriften sind:
CAUSAE ET CURAE – Ursachen und
Behandlungen der Krankheiten
In Ursachen und Behandlung der Krankheiten zeigt
Hildegard, wie Krankheiten im Menschen entstehen.
Als erste Ursache aller Krankheiten sieht Hildegard
den Sündenfall, das erste sich Absondern von Gott als
der einzigen Quelle allen Lebens.
In dieser Schrift behandelt Hildegard unter anderem
die Entstehung des Menschen, die Aufgaben der Seele,
den Einfluss des Mondes auf Natur und Mensch, die
Funktion der Verdauung, die Anwendung von Ausleitungsverfahren (Aderlass, Schröpfen, deren Wirkung
LIBER VITAE MERITORUM – Das Buch der
Lebensverdienste
In dieser Vision behandelt Hildegard den ständigen
Kampf in jedem Menschen zwischen negativen, krankmachenden seelischen Eigenschaften – Hildegard bezeichnet sie als Laster – und deren Gegenspielern, den
12
1. Die Handschriften der PHYSICA
auf den Organismus sowie verschiedene Heilmittel zur
Behandlung der von ihr genannten Krankheiten.
Die gesamte Schrift ist immer wieder mit religiösem
Gedankengut durchwoben. Das zeigt auch, wie sehr
Hildegard den Menschen als ein auf die Religion und
auf Gott hin ausgerichtetes, sinnerfülltes Wesen erfährt
und dies in ihre Heilkunde mit einfließen lässt.
Die ältesten uns erhaltenen Handschriften der PHYSICA sind
Abschriften aus dem 14.
und 15. Jahrhundert. In
diesen handgefertigten
Überlieferungen sind
von den verschiedenen
Schreibern vermutlich
einige Textpassagen
hinzugefügt oder weggelassen worden. Man
kann also annehmen, dass
die uns erhaltenen und zur
Verfügung stehenden Schriften
nicht in allen Teilen genau dem bis
heute verschollenen Original entsprechen,
sondern durchaus Zusätze oder Abänderungen enthalten können. Bei dem vorliegenden Buch wurde
allerdings auf eine textkritische Untersuchung der
einzelnen Handschriften verzichtet, um die Benutzerfreundlichkeit dieses Kompendiums zu wahren.
PHYSICA – Heilkraft der Natur
Die PHYSICA besteht aus 9 Büchern.
In diesen Büchern werden – der Reihenfolge nach –
Pflanzen, Elemente (Flüsse), Bäume, Edelsteine, Fische, Vögel, Tiere, Reptilien und Metalle beschrieben.
Hildegard weist uns in dieser Schrift sowohl auf die in
der Subtilität (Feinstofflichkeit) begründete Heilwirkung von Fauna, Flora, Edelsteinen und Metallen hin,
sie zeigt aber auch, wo der Mensch sie vorsichtig handhaben muss, um keinen körperlichen Schaden aus dem
sorglosen Umgang mit ihnen zu erleiden.
Zwei Bücher aus der PHYSICA dienen als Grundlage
für das hier vorliegende Kompendium.
Das sind: „De lapidibus“ – Von den Steinen und
„De metallis“ – Von den Metallen
2. Die Übertragbarkeit der Texte in unsere heutige
Sprache
Ein weiteres Problem ist die Übertragbarkeit der
Begriffe des Originaltextes in unsere heutige Sprache. Einige Namen und fachliche Begriffe sind für
uns heute nicht mehr eindeutig zu identifizieren.
Bezeichnungen und Namen, die zur Zeit Hildegards
gebräuchlich und allgemein verständlich waren, sind
heute in einigen Fällen nicht mehr exakt zuzuordnen
oder teilweise ganz unverständlich.
Es wurde versucht, diese Begriffe aus dem inhaltlichen Zusammenhang heraus einzuordnen, zu interpretieren und in eine uns heute verständliche, nicht
zu sehr vom Original abweichende, anschauliche
Sprache zu übertragen.
Die Textstelle „Über das Schwitzbad“ wurde dem Kapitel über den Ziegelstein aus CAUSAE ET CURAE entnommen.
Originaltext und Abschriften
Gerade bei der naturheilkundlichen Schrift PHYSICA
muss man auf zwei Probleme eingehen, die sich zum
einen aus der Weitergabe des hildegardischen Schrifttums und zum anderen aus dessen Übertragbarkeit in
unsere heutige Sprache und den sich im Laufe der Zeit
veränderten Wortbegriffen und des darauf beruhenden
Wortverständnisses ableiten. Die grundsätzlichen Probleme kann man in zwei Punkten zusammenfassen:
13
Das Kompendium und seine
Zielsetzung
steinen der hl. Hildegard beschäftigen, dazu anregen,
eine Kasuistik der Edelsteine Hildegards zu erstellen,
um eventuell auf diesem Weg die echten Hildegard-Anweisungen von den später hinzugefügten zu scheiden.
Es wurde versucht, den bei Hildegard beschriebenen
Edelsteinen unsere heute gebräuchlichen Bezeichnungen zuzuweisen und sie mineralogisch einzuordnen.
Bei nahezu allen Steinen sind verschiedene Anwendungshinweise (im Text als Rezepte bezeichnet) beispielhaft angeführt, um eine mögliche Anwendung
zu erleichtern. Doch darf man die Steine nur als einen
kleinen Teil aus der Gesamtheit der von Hildegard
überlieferten Heilmittel betrachten. Ebenso muss bei
der Anwendung der gedankliche Zusammenhang zu
dem komplexen Medizinsystem Hildegards gewahrt
bleiben. Es wäre falsch, die Edelsteine aus dem gesamten Medizinwerk Hildegards herauszunehmen und
eine eigenständige Edelsteintherapie daraus zu entwickeln. Die Edelsteine werden in der Therapie nur als
ein möglicher Baustein in einem großen Gebäude verstanden, nicht als ein in sich geschlossenes, eigenständiges Medizinsystem.
Trotz aller sprachlichen und begrifflichen Schwierigkeiten bei der Übertragung des Originaltextes in eine
heute verständliche Form sollte man sich dennoch
nicht abhalten lassen, sich den bei Hildegard beschriebenen Edelsteinen und Metallen zuzuwenden.
Gerade eine mögliche Heilanwendung der Steine und
Metalle begründet heute unser Interesse an ihnen. Obwohl Heilungen oder eine Stabilisierung der Gesundheit durch die Anwendung von Edelsteinen bis heute
wissenschaftlich nicht nachprüfbar
sind, konnte ich in der Praxis bisher erstaunliche Linderungen
verschiedenartigster Krankheitszustände durch die zusätzliche Anwendung von
Edelsteinen beobachten.
Das Kompendium soll zudem Behandler, die sich
ebenfalls mit den Edel-
Vor jeder Selbstmedikation von Edelsteinen und Metallen
muss ein Arzt oder
Heilpraktiker im Sinne des HpG zu Rate
gezogen werden, um
Fehldiagnosen
auszuschließen und einem durch
die unkontrollierte Selbstbehandlung möglichen gesundheitlichen Schaden vorzubeugen, oder, um andere, behandlungsbedürftige Krankheiten zu erkennen und medizinisch zu versorgen.
Das Kompendium der Edelsteine und Metalle möchte
aber nicht zuletzt die wunderbare Vielfalt und große
Schönheit der bei Hildegard von Bingen beschriebenen Mineralien aufzeigen, sondern auch den weiteren
Zugang zu den Schriften Hildegards eröffnen und das
Interesse an ihnen wecken.
In „Hildegard Medizin Praxis“ habe ich versucht aufzuzeigen, dass die Hildegard-Heilkunde an sich auf vier
verschiedenen Säulen steht. Das sind:
1. Die Diät (richtige Ernährung, Lebensweise, …)
2. Das Fasten (Rückbesinnung auf Gott)
3. Die
Ausleitungsverfahren (Aderlass, Schröpfen,
Brennkegel)
4. Die
Heilmittel (Fauna, Flora, Metalle, Elemente,
Edelsteine)
Diese vier Säulen halten untereinander die Waage. Jede
muss ihre „discretio“ (das rechte Maß) wahren, um das
gesamte System nicht zu gefährden und um ihm nicht
zu schaden. Die Edelsteine und Metalle sind in dieser
Aufzählung dem Punkt vier, den Heilmitteln, zuzuordnen, und spielen selbst da nur eine untergeordnete
Rolle im Vergleich zu der Fülle der Heilmittel aus dem
Pflanzenreich.
14
15
Saphir
Saphir
Einordnung und Anwendung
Als Saphir bezeichnet man die blaue oder hellblaue, aber auch grünliche oder gelbe
Varietät des Korund.
Für die Anwendung in der Edelsteinmedizin benötigen wir – wie auch bei allen anderen Edelsteinen – keine teuren geschliffenen Steine, sondern es genügt ein gewöhnlicher
Saphir-Kristall, eine Saphir-Scheibe oder sogar ein Bruchstück von einem Saphir, das auch getrommelt sein darf.
Wird der Saphir zur Behandlung verwendet, sollte er auf keinen Fall gefasst sein, weil die Legierung der
Fassung die Heilwirkung negativ beeinflussen oder gar zunichte machen kann.
»
Der Saphir ist warm; er wächst nach der
Mittagszeit, wenn die Sonne in ihrer Glut so
stark brennt, dass die Luft von dieser Hitze etwas
eingeschränkt ist. Dann durchdringt der Glanz der
Sonne wegen der übergroßen Hitze, die sie dann hat,
die Luft nur in dem Maße, dass dieser Glanz nicht
so vollkommen sichtbar ist, wie wenn die Luft etwas
(kühler) gemäßigter ist; deshalb ist der Saphir trüb,
und er ist mehr von feuriger als von luftiger oder
wässriger Art; und er bezeichnet die vollkommene
Verehrung der Weisheit.
werden, oder wenn die Sehkraft schwindet,
nehme er einen Saphir nüchtern in den Mund und
befeuchte ihn mit dem Speichel seines Mundes, und
dann nehme er mit einem Finger ein wenig von dem
Speichel, mit dem der Stein befeuchtet wurde, und
umstreiche damit die Augen so, dass auch etwas die
Augen innen berührt, und sie werden geheilt und
klar werden.
Aber auch ein Mensch, der total vergichtet ist, so
dass er es in seinem Kopf und am übrigen Körper
wegen der übergroßen Bedrückung nicht aushalten
kann, nehme diesen Stein in seinen Mund, und die
Gicht in ihm wird weichen.
Und ein Mensch, der ein Häutlein (vell) im Auge hat,
halte einen Saphir in der Hand und erwärme ihn so
ohne Feuer, befeuchte ihn mit einem Tropfen Wein,
berühre das Häutlein in seinem Auge, mit dem
befeuchteten Stein, und mache das für drei oder
mehr Tage am Morgen und in der Nacht, und das
Häutlein wird zurückgehen und verschwinden.
Und auch ein Mensch, der sich einen guten Verstand
und eine gute Erkenntniskraft wünscht, lege täglich
frühmorgens, wenn er vom Bett aufsteht, nüchtern
diesen Stein in seinen Mund und behalte ihn für
eine kurze Stunde im Mund, nämlich solange,
bis jener genug vom Speichel, mit dem der Stein
angefeuchtet wird, an sich gezogen hat. Und dann
Und wenn sich von jemanden die Augen vor
Schmerz röten und trocken (geschwürig – seregent)
36
erwärme er am Feuer etwas Wein in einem Gefäß
und halte den Stein in den Dunst dieses Weines,
damit sich dieser davon beschlage. Darauf lecke er
diese Feuchtigkeit mit seiner Zunge ab und bringe
also mit dem Wein Speichel, durch welchen der
Stein warm geworden ist, in den Magen dieses
Menschen, und so wird jener Mensch einen klaren
Verstand und ein gutes Erkenntnisvermögen haben,
und auch sein Magen wird gesund werden.
Und wenn ein Mensch von einem bösen Geist
besessen ist, soll ein anderer Mensch dafür sorgen,
dass ein Saphir auf die Erde (in Wachs) gelegt
werde, und diese Erde fülle in einen Lederbeutel
(und dieses Wachs nähe in Leder ein) und hänge
ihn jenem um den Hals und sprich: ‚Oh, du
schändlicher Geist, weiche schnell von diesem
Menschen, so wie bei deinem ersten Sturz der Ruhm
deines Glanzes sofort von dir abfiel.‘ Und dieser
böse Geist wird stark gequält werden und wird von
diesem Menschen weichen, es sei denn, es ist ein
besonders schlimmer und böser Geist; und er wird
Erleichterung finden.
Aber auch wer dumm ist, so dass ihm jedes
Verständnis fehlt, aber der dennoch klug sein will,
aber nicht klug sein kann, und wer nichts Boshaftes
im Auge hat noch danach strebt, der bestreiche
seine Zunge oft in nüchternem Zustand mit
dem Saphir; weil die Wärme und die Kraft
des Steines mit der warmen
Feuchtigkeit des Speichels
die schlechten Säfte, die
den Verstand des Menschen
unterdrücken, verscheuchen,
und so erhält der Mensch
einen klaren (guten) Verstand.
Und wer von Zorn stark bewegt wird,
lege alsbald einen Saphir in seinen Mund, und
der Zorn wird ausgelöscht und von ihm weichen.
Wenn dieser Stein in einem Ring aus reinstem,
nämlich geläutertem Gold (gebrant golt) ohne
minderwertigen Metallzusatz (blech mal) gefasst
ist, und wenn auch unter diesem Stein nichts
anderes als Gold ist, dann kann ein Mensch diesen
(ohne Legiermetalle gefertigten) Ring, in den der
Stein gefasst ist, als Heilmittel in seinen Mund
nehmen, und dies wird ihm nicht schaden. Wenn
aber irgendetwas anderes als Gold dort (in dem
Ring) ist, dann nützt er nichts, und er nehme ihn
auch nicht in seinen Mund, weil in dem Ring eine
Gegensätzlichkeit ist (wertvolles Gold und wertloses
Blechmaterial).
Wenn aber der Teufel einen Mann zur
Liebe zu irgendeiner Frau belästigt,
jedoch so, dass er ohne magische
Praktiken oder Anrufung von Dämonen
beginnt, von Leidenschaft beherrscht
zu werden, und dies der Frau lästig ist,
gieße diese (Frau) dreimal etwas Wein
über den Saphir und spreche dabei jedes Mal:
‚Ich gieße den Wein mit seinen brennenden Kräften
über dich, so wie Gott dir deinen Glanz genommen
hat, du überheblicher Engel, damit du die Liebe
dieser brennenden Leidenschaft dieses Mannes von
mir nimmst.‘
Und wenn die Frau das nicht machen will, soll es
ein anderer Mensch, dem diese Liebe Iästig ist, für
diese Frau machen, und diesen Wein dem Manne
nüchtern (vor der Mahlzeit) und nach der Mahlzeit
mit oder ohne sein Wissen – drei oder vier Tage lang
– zu trinken geben. Wenn auch eine Frau in Liebe
zu einem Mann entbrannt ist, und das dem Mann
lästig ist, mache dasselbe mit dem Wein und dem
Saphir bei dieser Frau – wie vorhin gesagt –, und
der Liebesbrand wird weichen. «
37
»
Und auch ein Mensch,
der sich einen guten Verstand
und eine gute Erkenntniskraft
wünscht, lege täglich
frühmorgens, wenn er vom Bett
aufsteht, nüchtern diesen Stein
in seinen Mund und behalte ihn
für eine kurze Stunde im Mund,
nämlich solange, bis jener
genug vom Speichel, mit dem
der Stein angefeuchtet wird,
an sich gezogen hat. Und dann
erwärme er am Feuer etwas
Wein in einem Gefäß und halte
den Stein in den Dunst dieses
Weines, damit sich dieser davon
beschlage. Darauf lecke er diese
Feuchtigkeit mit seiner Zunge
ab und bringe also mit dem
Wein Speichel, durch welchen
der Stein warm geworden ist,
in den Magen dieses Menschen,
und so wird jener Mensch einen
klaren Verstand und ein gutes
Erkenntnisvermögen haben,
und auch sein Magen wird
gesund werden. «
Indikation
Zur Stärkung von Verstand und Erkenntniskraft; zum Abbau von Lernschwierigkeiten; unterstützend bei Magenschwäche und anderen Magenbeschwerden.
Rezept
••Saphir-Trommelstein oder
••Saphir-Scheibe oder
••Saphir-Kristall
••250 ml Wein
Saphir
Den Saphir beim Aufstehen in den Mund nehmen und ca. 1/2 bis 3/4 Stunde
im Mund behalten, bis sich der Stein angewärmt hat. Kurz bevor wir den Stein
aus dem Mund nehmen, erwärmen wir ca. 250 ml Wein auf dem Herd, nehmen
den Stein aus dem Mund und halten ihn in den Wein-Dampf, bis sich der Saphir
beschlägt. Diesen Beschlag ablecken und erneut in den Wein-Dampf halten und
wieder ablecken (ca. 3–4-mal).
Danach den Wein von der Feuerstelle nehmen, abkühlen lassen und etwas davon
trinken. Man kann den Stein auch in den Wein legen und dann den Wein trinken.
Diese Saphir-Anwendung kann kurmäßig 6–8 Wochen lang durchgeführt werden. Danach sollte man eine Pause von 2–3 Wochen einlegen und dann erneut
eine 6–8wöchige Kur anschließen.
Für Kinder ungeeignet.
Der Saphir kann auch bei Schulkindern mit Lernschwierigkeiten eingesetzt werden. Dazu wird man aber nicht die Wein-Anwendung heranziehen, sondern zu
folgendem Rezept greifen.
Wichtig für beide Anwendungen ist, dass der Patient nicht böswillig ist, d. h. er
soll keine negativen Gedanken und Gefühle wie z. B. Zorn, Hass usw. hegen, weil
dies den von sich aus labilen Säftehaushalt im Körper nachteilig beeinflussen
kann. Diese Störungen im Säfteverhältnis behindern die regulierende Arbeit des
Saphir. Doch auch dafür bietet der Saphir seine Hilfe an.
Indikation
Gicht, gichtbedingte Kopfschmerzen, Gichtanfälle
Rezept
••Saphir-Trommelstein oder
••Saphir-Scheibe oder
••Saphir-Kristall
Den Stein beim Anfall in den Mund nehmen und im Mund behalten, bis sich die
Beschwerden gebessert haben.
»
Aber auch wer dumm ist,
so dass ihm jedes Verständnis
fehlt, aber der dennoch klug
sein will, aber nicht klug sein
kann, und wer nichts Boshaftes
im Auge hat noch danach strebt,
der bestreiche seine Zunge oft
in nüchternem Zustand mit
dem Saphir; weil die Wärme
und die Kraft des Steines mit
der warmen Feuchtigkeit des
Speichels die schlechten Säfte,
die den Verstand des Menschen
unterdrücken, verscheuchen,
und so erhält der Mensch einen
klaren (guten) Verstand. «
Zorn und Gicht sind bei Hildegard zwei Begriffe, die stets zusammen auftreten. So ist ein zorniger Mensch oft mit der
Anlage zu Gicht behaftet, und ein Mensch, der Gicht (und Rheuma) hat, kann sich seiner Umwelt mit Zornausbrüchen bemerkbar machen. Somit können beide Phänomene mit ein und demselben Heilmittel behandelt werden, weil es im Prinzip
ein und dieselbe Krankheit ist. Sie macht sich nur auf verschiedenen Ebenen bemerkbar. Auf der körperlichen Ebene in
Form der Gicht – auf der seelischen Ebene in Form des Jähzorns. Die Krankheit kann auf beiden Ebenen gleichzeitig auftreten. Bemerkenswert ist bei diesem Textabschnitt auch die Beschreibung des „goldgefassten Saphir“. Dieser soll wirklich nur in reinstes Gold (999) gefasst sein, wenn wir ihn als Schmuckstein zu Heilzwecken verwenden wollen. Allerdings
ist ein aus reinstem Gold gefertigter Ring – aufgrund der Weichheit des Goldes – nicht sehr dauerhaft. Das ist dann kein
Ring für alle Tage, sondern nur für ganz besondere Anlässe und für die Heilkunde.
Hier verfahren wir wie beim Rezept für Gicht.
Indikation
Lernschwierigkeiten, Konzentrationsschwäche
Rezept
••Saphir-Trommelstein oder
••Saphir-Scheibe oder
••Saphir-Kristall
Mit dem Saphir die Zunge vor jeder Mahlzeit mehrmals bestreichen.
Bei älteren Schülern und auch bei Studenten können beide Rezepte für Lern- und
Konzentrationsschwäche miteinander kombiniert werden, indem man morgens
das Saphir-Wein-Rezept anwendet und dann den Tag über vor jeder Mahlzeit die
Zunge mit dem Saphir bestreicht.
38
»
Und wer von Zorn stark bewegt wird, lege alsbald einen Saphir in
seinen Mund, und der Zorn wird ausgelöscht und von ihm weichen. Wenn
dieser Stein in einem Ring aus reinstem, nämlich geläutertem Gold (gebrant
golt) ohne minderwertigen Metallzusatz (blech mal) gefasst ist, und wenn
auch unter diesem Stein nichts anderes als Gold ist, dann kann ein Mensch
diesen (ohne Legiermetalle gefertigten) Ring, in den der Stein gefasst ist,
als Heilmittel in seinen Mund nehmen, und dies wird ihm nicht schaden.
Wenn aber irgendetwas anderes als Gold dort (in dem Ring) ist, dann nützt er
nichts, und er nehme ihn auch nicht in seinen Mund, weil in dem Ring eine
Gegensätzlichkeit ist (wertvolles Gold und wertloses Blechmaterial). «
39
»
Aber auch ein Mensch, der
total vergichtet ist, so dass er es
in seinem Kopf und am übrigen
Körper wegen der übergroßen
Bedrückung nicht aushalten
kann, nehme diesen Stein in
seinen Mund, und die Gicht in
ihm wird weichen. «
Karfunkel
KARFUNKEL
(RUBIN)
Einordnung und Anwendung
dieser Mensch auch nur die geringste Bewegung
(Erregung, Veränderung) in seinem Körper spürt,
nimm diesen Stein sofort weg, denn wenn du ihn
dann noch länger über dem Nabel liegen lässt,
durchdringt die Kraft des Steines den ganzen
Körper und trocknet ihn aus. Und so vertreibt dieser
Stein alle möglichen Krankheiten (quaslibet pestes
= jede beliebige Krankheit) vom Menschen und
besiegt sie. «
Unter dem bei Hildegard beschriebenen „Karfunkel“ verstehen wir heute den Rubin.
Dieser gehört – wie der Saphir in seinen verschiedenen Farben und der orangefarbene
Padparadscha – in die Korund-Gruppe. Der Rubin hat eine hellrote bis dunkelrote, auch
bis ins Violette reichende Farbpalette. Rubine können sowohl in Form von sechseckigen flachen Scheiben als auch als längliche, tonnenförmige, sechseckige Steine kristallisieren. Häufig findet man an einer oder allen Kristall-Endflächen ein – mehr oder weniger deutlich ausgebildetes – Dreieck,
oder mehrere ineinandergeschachtelte, stufenförmig ansteigende Dreiecke. Für die Behandlung genügt ein
unbehandelter Rohstein.
Der Rubin sollte niemals – außer bei der Behandlung – auf der bloßen Haut getragen werden, da er bei
falscher oder unkontrollierter Anwendung dem Menschen auch Schaden zufügen kann, wie wir bei Hildegard lesen. Schmuckstücke aus Rubin oder rubinbesetzten Schmuck deshalb immer nur auf der Kleidung
tragen.
»
Der Karfunkel wächst bei Mondfinsternis. Denn
aus Überdruss möchte er (der Mond) gleichsam
verschwinden, deshalb scheint es, als ob er
erlösche, wenn er auf göttlichen Befehl Hungersnot
oder Seuchen oder Änderungen von Regierungen
anzeigt. Und dann schickt die Sonne all ihre Kräfte
in das Firmament, wärmt den Mond mit ihrer
Hitze und entfacht und richtet ihn mit ihrem Feuer
wieder auf und lässt ihn wieder aufleuchten, wie
jemand, der seine Zunge in den Mund eines anderen
legt, um ihn vom Tode zu erwecken, der bereits
gestorben ist. Und in dieser Stunde entsteht der
Karfunkel. Daher hat er seinen Glanz vom Feuer
der Sonne bei wachsendem Mond, weil er mehr in
der Nacht als am Tag leuchtet. Und so wächst er,
bis die Sonnenhitze ihn auswirft. Und weil eine
Mondfinsternis selten ist, so ist auch der Stein
selten, und auch seine Kraft ist selten und so zu
fürchten, dass sie mit großer Vorsicht und Sorgfalt
anzuwenden (einzusetzen) ist.
Denn wenn bei einem Menschen eine Krankheit
(sucht), ein Fieberanfall (riddo) oder irgendein
Fieber (fiber) oder die Gicht (gicht) oder irgendeine
andere Veränderung im Säftehaushalt auftritt,
lege einen Karfunkel um Mitternacht – weil sich
da seine Kraft besonders gut entfaltet – über dem
Nabel des Kranken. Lasse ihn aber nicht länger
über dem Nabel des Kranken liegen, bis der Mensch
spürt, dass er von dem Stein etwas erwärmt wird,
und entferne ihn dann sofort, weil seine Kraft
dann diesen Menschen und all seine Eingeweide
stärker durchdrungen hat, als dies irgendeine
andere Arznei oder Salbe hätte tun können. Wenn
60
»
Und wenn jemand Kopfschmerzen hat, lege er
einen Karfunkel für eine kurze Stunde auf seinen
Scheitel, nämlich so lange, bis sich sein Fleisch dort
von dem Stein erwärmt hat, und entferne es dann
sofort, weil die Kraft dieses Steines seinen Kopf
schneller und stärker durchdringt, als die kostbarste
Salbe oder ein Balsam das tun könnte, und so wird
er im Kopf Erleichterung finden.
Und wenn du diesen Stein auf Kleider oder andere
beliebige Gegenstände legst, können diese lange
halten und verfaulen nur schwer. Und wo auch
immer ein Karfunkel ist, können Luftgeister ihr
Blendwerk nicht voll ausführen, weil sie ihn fliehen
und sich von ihm abwenden. «
61
»
Und wenn jemand
Kopfschmerzen hat, lege er
einen Karfunkel für eine
kurze Stunde auf seinen
Scheitel, nämlich so lange,
bis sich sein Fleisch dort von
dem Stein erwärmt hat, und
entferne es dann sofort, weil
die Kraft dieses Steines seinen
Kopf schneller und stärker
durchdringt, als die kostbarste
Salbe oder ein Balsam das tun
könnte, und so wird er im Kopf
Erleichterung finden. «
Amethyst
Amethyst
Indikation
Kopfschmerzen
Rezept
••Rubin-Kristall
Einen Rubin-Kristall auf
den Scheitel auflegen,
bis man eine Erwärmung
an der Auflagestelle bemerkt. Das dürfte –
so der Hildegard-Text – nach 30–45 Minuten der Fall sein. Wenn die Auflagestelle schon früher warm wird, dann muss der Stein entsprechend früher entfernt
werden. Bei starker Wärmeentwicklung den Stein sofort wegnehmen.
Auch wenn sich kein Wärmegefühl einstellt, nimmt man den Rubin nach ca. 45
Minuten vom Kopf.
Die Anwendung kann 1–2-mal täglich durchgeführt werden.
Zur Behandlung von Kopfschmerzen kann man auch Apfelknospen-Öl, Tannensalbe, Birnhonig, Hirschzungenfarnpulver
und den Jaspis einsetzen. Gut bewährt hat sich auch der Aderlass und das Schröpfen in Kombination mit den aufgeführten Heilmitteln.
Einordnung und Anwendung
Der Amethyst gehört – rein wissenschaftlich gesehen – in die Gruppe der Quarze
und ist somit ein naher Verwandter des Bergkristalls, des Zitrin, des Prasem und anderer kristalliner Ausbildungen des Quarzes. Er ist ein hell- bis dunkelviolett gefärbter
und klar durchsichtig bis durchscheinender Edelstein. Seine Farbe kann durch allzu lange
und intensive Sonnenbestrahlung sowie durch intensive Wärmebehandlung nachlassen und bei
Temperaturen über 250°C sogar ganz verschwinden.
Zum Einsatz in der Therapie kann man einen Amethyst-Trommelstein oder einen naturgewachsenen
Amethyst-Kristall verwenden.
»
Der Amethyst wächst, wenn die Sonne ihren
Ring zeigt, als ob sie gekrönt sei, und das geschieht,
wenn sie anzeigt, dass irgendeine Veränderung im
Kleid des Herrn, nämlich in der Kirche, geschehen
soll. Und da er wächst wie ‚flius‘, gibt es so viele von
ihm. Und er ist warm und feurig und etwas luftiger
Natur, weil zu der Zeit, wenn die Sonne ihren Ring
zeigt, wie bereits gesagt wurde, die Luft etwas lau
ist.
so befeuchtet berühre er die Schwellung überall,
und die Schwellung wird kleiner werden und
verschwinden.
Und wo ein Spinnentier einen Menschen am Körper
gestochen hat, streiche den Stein über die Bissstelle,
und er wird geheilt werden. Aber auch die Schlange
und die Viper, das ist die Natter, fliehen diesen Stein
und meiden den Ort, wo sie um seine Anwesenheit
wissen.
Ein Mensch aber, der Flecken in seinem Gesicht hat,
befeuchte den Amethyst mit seinem Speichel, und
so befeuchtet bestreiche er damit seine Flecken;
und er erwärme Wasser am Feuer und halte den
Stein über dieses Wasser, und der Schweiß, der aus
ihm austritt, werde diesem Wasser beigemischt,
und dann lege den Stein in dieses Wasser, und mit
diesem Wasser wasche er sein Gesicht, und das
mache er oft, und er wird eine weiche Haut und eine
schöne Gesichtsfarbe haben.
Und wenn ein Mensch durch eine plötzliche
Schwellung irgendwo an seinem Körper anschwillt,
befeuchte er diesen Stein mit seinem Speichel, und
62
63
Indikation
Plötzliche Anschwellung, z. B. nach Stoß oder Schlag, nach Insektenstichen
Rezept
••Amethyst-Trommelstein oder
••Amethyst-Kristall
Den Amethyst mit Speichel befeuchten und mit dem befeuchteten Stein die
Schwellung ca. 15–30 Minuten lang bestreichen. Der Schmerz lässt nach, und
die Schwellung geht rasch zurück.
Der Amethyst nützt eigentlich jeder Familie mit Kleinkindern, denn diese haben oft mit Beulen oder angeschlagenen Gliedern zu „kämpfen“. Hier kann der
Amethyst eine rasche Linderung bringen.
Ein Mensch, der viele Läuse hat, lege einen
Amethyst für fünf Tage in kaltes Wasser. Am
sechsten Tag nehme er ihn aus dem Wasser heraus
und erwärme das Wasser über dem Feuer und
halte den Stein darüber, dass sich der Schweiß des
Steines diesem Wasser beimische. Dann lege er
auch den Amethyst von neuem für eine Stunde in
das (warme) Wasser und nehme ihn dann wieder
heraus. Dann richte er mit diesem Wasser ein Bad,
und dieser (Mensch) betrete das Bad und übergieße
sich mit dem Wasser, in welches der Stein gelegt
war, und so wird er nach vier oder fünf Wochen
von den Läusen geheilt. Wenn er danach wieder
Läuse in oder an sich spürt, soll er das wiederum
machen, und sie werden verschwinden. Denn die
Läuse entstehen aus schwachem Fett (Speck) und
aus der schwachen Feuchtigkeit des menschlichen
Schweißes, und deshalb muss dieser Stein, der keine
schädliche Feuchtigkeit in sich hat, in Wasser gelegt
werden, damit das Wasser durch die Kraft und die
Wärme dieses Steines gestärkt werde, und darauf
werde dem erhitzten und dampfenden Wasser der
Schweiß des Steines, wie vorher gesagt wurde,
beigemischt, damit das Wasser durch den Schweiß
gestärkt werde. Und wenn ein Mensch diese
schlechten Säfte durch dieses Bad mit dem Wasser,
das durch die Kraft und die Hitze dieses Steines
gemildert wurde, hervorruft, vermindert er in
diesem Menschen die stinkenden Säfte, aus denen
die Läuse hervorkommen. «
64
Und wenn ein Mensch
durch eine plötzliche
Schwellung irgendwo an
seinem Körper anschwillt,
befeuchte er diesen Stein
mit seinem Speichel, und so
befeuchtet berühre er die
Schwellung überall, und die
Schwellung wird kleiner
werden und verschwinden. «
»
Indikation
Amethyst
»
Fleckige Gesichtsfarbe, Hautunreinheiten; als AfterShave – nach der Rasur, wenn die Haut „brennt“
Rezept 1
••Amethyst-Trommelstein oder
••Amethyst-Kristall
Den Amethyst mit Speichel befeuchten und
dann den Speichel auf die fleckige Gesichtshaut auftragen.
Rezept 2
Wir setzen ca. 1 l Wasser auf den Herd und
bringen es zum Kochen. Den Amethyst halten wir in den Wasserdampf, bis er
beschlägt. Dann nehmen wir den Topf vom Herd und legen den Stein in das
heiße Wasser. Dieses lassen wir abkühlen und waschen das Gesicht mit diesem
Amethyst-Wasser.
Die Anwendung – morgens die Speichelbehandlung, tagsüber das AmethystWasser – wiederholen wir so lange, bis die Haut fleckenfrei ist. Als Rasierwasser kann man das Amethyst-Wasser natürlich auch morgens nach der Rasur
verwenden.
Ein Mensch aber, der
Flecken in seinem Gesicht
hat, befeuchte den Amethyst
mit seinem Speichel, und so
befeuchtet bestreiche er damit
seine Flecken; und er erwärme
Wasser am Feuer und halte
den Stein über dieses Wasser,
und der Schweiß, der aus ihm
austritt, werde diesem Wasser
beigemischt, und dann lege
den Stein in dieses Wasser,
und mit diesem Wasser wasche
er sein Gesicht, und das
mache er oft, und er wird eine
weiche Haut und eine schöne
Gesichtsfarbe haben. «
Wichtig! Das Gesicht sollte nicht mit Seife oder anderen „waschaktiven Substanzen“ gewaschen werden, sondern
immer nur mit reinem Leitungswasser. So kann man sich eine schöne Gesichtshaut bis ins hohe Alter bewahren.
65
Die Metalle
der hl. Hildegard
von Bingen
Über den Ursprung der Metalle
»
Als am Anfang der Geist des Herrn über die
Wasser getragen wurde, und als das Wasser die
Erde überflutete, und als die Geister von der Flut
der Überschwemmung verschont blieben, brachte
Gott sie durch seinen Hauch dazu zu fließen.
Und so durchtränkten die Wasser diese Erde und
schickten sie, dass sie sich nicht zerteile. Und als
dort die feurige Kraft, die im Wasser fließt, die
Erde durchdrang, da wandelte das Feuer (-Element)
in dem Wasser diese Erde in die Substanz
des Goldes um. Wo aber die Reinheit
des Wassers die Erde bei dieser
Überschwemmung durchdrang,
dort hat diese Reinheit bei der
Überschwemmung die Erde, die
durch sie durchdrungen wurde, in die Substanz des
Silbers umgewandelt. Wo aber die von den Winden
bewegte Wasserflut die Erde durchdrang, wurde
die Wasserflut in die Substanz des Stahls und
des Eisens mitsamt der Erde, die sie durchdrang,
umgewandelt. Deshalb sind auch Stahl und Eisen
stärker als die übrigen Substanzen, wie auch die
vom Wind bewegte Wasserflut stärker ist als die bei
Windstille. Und wie der Geist des Herrn die Wasser
am Anfang zur Überschwemmung brachte, und den
Kräutern und Bäumen und Steinen ihre Grünkraft
gab, so belebt er auch den Menschen. Betrachten wir die Entstehungsgeschichte der Metalle und der Edelsteine
in der PHYSICA, dann können wir feststellen, dass es keine Gemeinsamkeiten gibt.
Die Metalle haben im Vergleich zu den Edelsteinen einen grundsätzlich anderen Ursprung. Auch haben die Metalle nach der hl. Hildegard von Bingen eine
ganz andere Aufgabe auf der Erde zu erfüllen als die
Edelsteine. Die Metalle wachsen nicht mehr und können ihre Menge oder Masse nicht mehr vermehren.
Die Edelsteine hingegen entstehen und wachsen auch
heute noch – so jedenfalls beschreibt es Hildegard.
Welche Heilwirkungen in den Metallen verborgen sind
und wie wir uns diese nutzbar machen können, das
wird im „Buch über die Metalle“ beschrieben. Aber wir
finden – wie auch im Edelstein-Kapitel – verschiedene
Hinweise, die uns vor dem Gebrauch bestimmter Metalle warnen.
Hier die bei Hildegard in ihrem neunten Buch der
PHYSICA beschriebenen Metalle in der hildegardischen Reihenfolge:
«
•• Das Gold
•• Das Silber
•• Das Blei
•• Das Stannum (Zinn)
•• Das Kupfer
•• Das Messing
•• Das Eisen
•• Der Stahl
86
Gold
Gold
Einordnung und Anwendung
Hildegard schreibt, dass das Gold – bevor es zur Anwendung kommt – gereinigt
werden muss, aber so, dass ihm nichts „abege“. Was dieses „abege“ bedeutet, konnte
bisher noch nicht genau erschlossen werden.
Wenn wir deshalb Nuggetgold für die Anwendungen benützen, dann muss dieses vorher
– in einem Reinigungsprozess – eventuell sogar mehrere Male geglüht oder zum Schmelzen gebracht werden, damit sich das Gold von „Unrat“ befreien kann. Dann erst ist es für den Einsatz als Medikament brauchbar.
In letzter Zeit bin ich auch dazu übergegangen, Feingold, wie wir es in jeder Bank kaufen können, in die
Behandlung mit einzubeziehen. Die Münze oder der Feingoldbarren wird vor der Pulverisierung einmal
zum Glühen gebracht.
Bei diesem Gold kann man außerdem sicher sein, dass es reines Gold ist. Goldnuggets können – je nach
Reinheitsgrad – einen relativ hohen Anteil an „Fremdbestandteilen“ haben.
»
Das Gold ist warm, und es hat eine gewisse
Eigenschaft (Natur) wie die Sonne, und es ist von
der Luft und hat seine Röte vom Feuer.
wurde, hält die Gicht für ein Jahr von ihm fern (in
Schranken). Und dieses Gold bleibt für zwei Monate
in seinem Magen, und es reizt den Magen nicht,
und macht ihn nicht geschwürig, sondern wärmt
und reinigt ihn ohne Gefahr für diesen Menschen,
wenn er kalt und verschleimt ist. Und wenn das ein
gesunder Mensch macht, dann erhält es ihm die
Gesundheit, und wenn er krank ist, wird er wieder
gesund sein.
Aber ein Mensch, der vergichtet ist, nehme Gold
und koche es so, dass kein Unrat in ihm sei und
dass ihm nichts fehle (abege), und so mache er es
zu Pulver, das heißt, er mahle es. Und dann nehme
er etwas feinstes Weizenmehl, soviel wie auf die
Hälfte der Handfläche passt, und verknete das mit
Wasser, und gib diesem Teig von jenem Goldpulver
im Gewicht von einem Obulus bei und iss das
nüchtern am frühen Morgen. Und am nächsten Tag
mache wiederum mit dem Mehl und dem Goldpulver
ein Plätzchen und esse das am selben Tag nüchtern.
(Und auch am dritten Tag bereite er auf dieselbe
Art mit Mehl und Gold ein Küchlein und esse es am
selben Tag morgens nüchtern). Und das Plätzchen,
das auf diese Weise zubereitet und verspeist
Und nimm wiederum reines Gold und bringe es in
einem Topf oder einem Geschirr zum Glühen, und so
erhitzt gebe es in reinen Wein, damit dieser davon
warm werde, und trinke das so warm, und mache
das oft, und die Gicht wird von dir weichen.
Aber auch wer Fieber im Magen hat, erwärme so mit
erhitztem Gold reinen Wein, und trinke ihn, und das
Fieber wird ihn verlassen.
87
Und wenn irgendwo an deinem Körper eine
Geschwulst auffährt, wärme Gold an der Sonne und
streiche so um die Erhebung dieser Geschwulst, und
die Geschwulst verschwindet.
»
Aber ein Mensch, der
vergichtet ist, nehme Gold und
koche es so, dass kein Unrat in
ihm sei und dass ihm nichts
fehle (abege), und so mache
er es zu Pulver, das heißt, er
mahle es. Und dann nehme er
etwas feinstes Weizenmehl,
soviel wie auf die Hälfte der
Handfläche passt, und verknete
das mit Wasser, und gib diesem
Teig von jenem Goldpulver im
Gewicht von einem Obulus bei
und iss das nüchtern am frühen
Morgen. Und am nächsten
Tag mache wiederum mit dem
Mehl und dem Goldpulver ein
Plätzchen und esse das am
selben Tag nüchtern. (Und auch
am dritten Tag bereite er auf
dieselbe Art mit Mehl und Gold
ein Küchlein und esse es am
selben Tag morgens nüchtern).
Und das Plätzchen, das auf
diese Weise zubereitet und
verspeist wurde, hält die Gicht
für ein Jahr von ihm fern (in
Schranken). «
Und wer taube (dumpfe) Ohren hat, der bereite mit
dem gemahlenen Gold und feinem Weizenmehl einen
Teig, wie oben gesagt wurde, und drücke etwas
davon in seine Ohren, damit diese Wärme in sein
Ohr übergeht, und das mache er oft, und er wird sein
Gehör wiedererlangen. «
Indikation
Gicht, Rheuma, Arthritis, Arthrose;
zur Magenreinigung, zur Normalisierung des Hungergefühls (sowie bei Appetitlosigkeit als auch bei „Fresssucht“); Universalmittel zur Erhaltung der Gesundheit und zur Vorbeugung gegen Krankheiten;
unterstützend zur Regulierung des vegetativen Nervensystems,
zur Optimierung des Wärmehaushalts, zur Regulierung und Aktivierung des hormonellen Systems
Die Mehlmenge für die Goldkur gibt Hildegard ganz individuell an.
Ein Mensch mit kleinen Händen – etwa ein Kind – benötigt eine wesentlich kleinere Menge an Feinmehl als z. B. ein erwachsener Mann.
Aufgrund dieser individuellen Mengenangabe halte ich nichts von bereits fertig gebackenen Goldkeksen oder fertigen
Goldmehlmischungen.
Zur Bereitung des Goldmehlteiges ist es von Vorteil, das Mehl in eine kleine Schüssel zu geben, nach und nach das Wasser einzuschütten. Sobald man einen schönen, knetfähigen Teig hat, kann man das Goldpulver entweder in die Schüssel
streuen und unterkneten, oder man macht mit dem Finger eine kleine Mulde in den Teig, füllt das Gold hinein und knetet
es dann kräftig unter.
Gold
Rezept
••2 x 0,6 g Goldpulver
••2 x 1/2 Handvoll Weizen- oder Dinkelfeinmehl
••Wasser
Am ersten Tag:
Die Menge Feinmehl, die auf eine halbe Handfläche passt, mit etwas Wasser zu
einem knetfähigen Teig anrühren. Diesem Teig wird ein Päckchen Goldmehl zu
0,6 g untergeknetet. Den nun fertigen Goldmehl-Teig essen wir am ersten Tag
morgens nüchtern, etwa eine halbe Stunde vor dem Frühstück.
Am zweiten Tag:
Wir bereiten uns denselben Teig auf dieselbe Art und Weise wie am Vortag und
formen aus dem Goldmehlteig einen Keks oder einen Fladen, den wir bei 180°C
ca. 5 bis 10 Minuten lang backen. Den fertigen Goldkeks – wir können es auch
als „Goldbrot“ bezeichnen – essen wir auf nüchternen Magen etwa eine halbe bis
eine Stunde vor dem Frühstück. Fertig ist die Goldkur!
Eine der Abschriften der Physica beschreibt bei der Goldkur noch einen weiteren,
dritten Tag, an dem das Goldplätzchen genommen werden sollte. Bisher hat es
sich jedoch bewährt, die Goldkur an zwei aufeinanderfolgenden Tagen durchzuführen. Wer aber nach den ersten zwei Tagen Goldkur noch keine Besserung
seines Zustandes erfahren hat, kann natürlich noch einen dritten Tag anhängen
und sich am darauffolgenden Tag nochmals ein Goldplätzchen zubereiten und
entsprechend nüchtern verzehren.
88
Indikation
Gicht, Rheuma, Arthritis, Arthrose, „Magenfieber“, Allergieneigung, empfindlicher (nervöser) Magen
Rezept
••Gold (Goldmünze, Goldbarren, Goldnugget)
••1 l Wein
Gold in einen Schmelztiegel geben und am Feuer (in der Glut) oder über einer
Flamme bis zum Glühen des Goldes erhitzen, und anschließend sofort glühend in
den naturreinen Wein legen. Diesen Vorgang wiederholen wir so oft, bis der Wein
warm wird (je nach Größe des Goldstückes 2–3-mal). Von diesem goldgewärmten
Wein trinken wir 3–5-mal täglich je ein bis drei Likörgläser voll. Der Goldwein ist
dabei jedes Mal etwas zu erwärmen.
»
Und nimm wiederum reines
Gold und bringe es in einem
Topf oder einem Geschirr zum
Glühen, und so erhitzt gebe es
in reinen Wein, damit dieser
davon warm werde, und trinke
das so warm, und mache das
oft, und die Gicht wird von dir
weichen.
Aber auch wer Fieber im Magen
hat, erwärme so mit erhitztem
Gold reinen Wein, und trinke
ihn, und das Fieber wird ihn
verlassen. «
Es ist sinnvoll, beide Anwendungen, die Goldkur in Form von Goldmehlteig und Goldmehlplätzchen und den Goldwein
miteinander zu kombinieren, um eine rasche Besserung des Zustandes zu erreichen.
Für die Behandlung von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sollte man Goldkur (in Form von Goldmehlteig
und Goldmehlplätzchen) und Goldwein miteinander kombinieren, um eine raschere Linderung zu erreichen.
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