frauenbericht 2015 grüner

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alltag
politik und
03
inhalt
inhalt
05
Editorial
50
FRAUEN UND KÖRPER
06
Frauenwelt in Zahlen
52
Gesundheit aus Genderperspektive
10
Glossar
53
5 Fragen an Elisabeth Löffler
12
Interview mit Eva Glawischnig
54
Straffen, spritzen, gesetzlich regeln
14
Wer hat’s gesagt?
55
Schwanger – was nun?
16
Kommentar von Sibylle Hamann
56Europa-Panorama
57
Wir Grüne wollen
18
FRAUEN UND GELD
20
Ich arbeite – also bin ich arm?
58
GEWALT GEGEN FRAUEN
23
Die Diskussion um die Frauenpension
60
Der Weg aus der Gewaltspirale
26
Wie weiblich ist das Budget?
62
Selbstbestimmt und selbstbewusst
28Europa-Panorama
64
Vom Selfie zum Sexting
29
Wir Grüne wollen
66Europa-Panorama
30
FRAUEN UND SICHTBARKEIT
32
34
36
67
Wir Grüne wollen
Gleich, gleicher, Gender
68
Parlamentarische Arbeit
Mama geht arbeiten
70
Grüne Frauenorganisationen
Wie wir – und wie weiblich?
71 Impressum
38Europa-Panorama
39
Wir Grüne wollen
40
FRAUEN UND BILDUNG
42
Wissen ist weiblich
44
Die gläserne Decke hat einen Sprung
46
5 Fragen an Edeltraud Hanappi-Egger
47
Frauen helfen Frauen
48Europa-Panorama
49
Wir Grüne wollen
frauenbericht 2015
04
05
editorial
Liebe Frauen,
liebe Männer,
unser jährlicher Frauenbericht hat ein Anliegen. Wir wollen Frauen und Mädchen
darin bestärken, sich in Gesellschaft und Politik einzumischen. Die einzelnen Kapitel
– „Frauen und Geld“, „Frauen und Sichtbarkeit“, „Frauen und Bildung“, „Frauen und
Körper“ und „Gewalt gegen Frauen“ – liefern Fakten, schildern die Probleme und
zeigen politische und gesellschaftliche Lösungen auf. Unser Ziel ist es, die schiefe
Ebene, auf der sich Frauen bewegen müssen, gerade zu richten.
Frauen finden derzeit nicht die gleichen Rahmenbedingungen vor, um zu
Ressourcen und Macht zu kommen. Überall, wo Geld eine wichtige Rolle spielt, sind
Frauen kaum sichtbar. Solange relevante politische Hebel, wie das jährliche Budget
oder eine Steuerreform, nicht auf diese schiefe Ebene Einfluss nehmen, werden
wir von echter Gleichbehandlung weit entfernt bleiben. Die Entlastung durch die
geplante Steuerreform geht im Übrigen zu zwei Drittel an Männer und nur zu einem
Drittel an Frauen. Das ist ignorant gegenüber den Frauen in Österreich, die immer
noch um ein Viertel weniger verdienen als Männer; ignorant gegenüber den vielen
Frauen, die an der Armutsgrenze leben, ignorant gegenüber den vielen Frauen,
die trotz guter Ausbildung unter ihrem Qualitätsniveau eingesetzt und bezahlt
werden.
Viele Fragen stellen wir schon lange, z.B. warum „Vereinbarkeit von Beruf
und Familie“ Frauen zugeschrieben wird. Oder warum die Pflege von Angehörigen
immer noch vor allem Frauensache ist. Frauen sind aufgrund ihrer Karenzzeit,
Teilzeittätigkeit, Erwerbspausen etc. in der Pension benachteiligt, das darf auch in
Diskussionen um das Frauenpensionsalter nicht einfach weggewischt werden.
Manche alte Fragen stellen sich neu und in unerträglicher Schärfe – man denke
an die Entführung und Versklavung, die Misshandlung, Vergewaltigung und
Ermordung von Tausenden Frauen und Mädchen etwa in Syrien, im Irak oder
in Nigeria – Berivan Aslan ist als kurdisch-stämmige Österreicherin besonders
involviert. Sie versucht unter anderem durch Reisen in die kritischen Gebiete im
Nahen Osten zu verhindern, dass das Schicksal dieser Frauen aus dem Fokus der
Weltöffentlichkeit gerät. Diese brutale Frauenfeindlichkeit darf uns nicht mundtot
machen, ganz im Gegenteil: Sie soll uns alle ermutigen, uns für eine (gewalt)freie
Gesellschaft einzusetzen!
Eva Glawischnig
Grüne Bundessprecherin
Berîvan Aslan
Grüne Frauensprecherin
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6 % In
der österreichischen Gemeinden
gibt es eine Bürgermeisterin!
4,34 Mio. Frauen
leben in Österreich, das sind
51,2 % der Gesamtbevölkerung!
2
Nobelpreisträgerinnen
aus Österreich gibt es:
Bertha von Suttner (Friedensnobelpreis 1905) und Elfriede Jelinek
(Nobelpreis für Literatur 2004).
23 % 7 Rektorinnen
der Alltagswege
legen Frauen in Vorarlberg
zu Fuß zurück (Männer: 15 %).
gibt es in Österreich. D.h.
jede dritte Uni wird von
einer Frau geleitet.
62 Tage müssen
1,4 Kinder
Frauen länger arbeiten,
damit sie auf das gleiche
Gehalt wie Männer im
gleichen Job kommen.
ist die durchschnittliche
Kinderzahl pro Frau.
1961 waren es 2,8 Kinder.
07
29,1 Jahre
ist das durchschnittliche
Alter der Mutter bei der
Geburt des ersten Kindes.
frauenwelt in zahlen
Frauen verdienen
brutto pro Stunde um
23 %
weniger als Männer
(EU-Durschnitt: 16,4 %).
51 % der ProfessorInnen
der Akademie der bildenden Künste sind Frauen.
83,6
Jahre beträgt die
durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen. Die
von Männern beträgt 78,5 Jahre.
55,2 %
der
20–24-jährigen Frauen
leben im Elternhaus, bei
den Männern sind es 70,4 %.
852 Euro Pension
bekommt eine Frau im
Durchschnitt.
1.769 Euro der Mann.
94,5 % beträgt der
Schülerinnen-Anteil
an Pädagogischen
Hochschulen.
145.031 Frauen und 128.249 Männer
studierten 2013/2014 an öffentlichen Universitäten.
08
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In den Studienrichtungen
Maschinenbau und
Elektrotechnik
liegt der Frauenanteil
unter 10 %.
42 %
Frauenquote
gibt es
bei Doktoratsabschlüssen an österr.
Universitäten.
Frauen sind in Österreich
mit einem Anteil von
15,2 % deutlich
weiterbildungsaktiver
als Männer (13,0 %).
Generell waren Frauen
mit Migrationshintergrund
häufiger
überqualifiziert
beschäftigt
als Männer mit Migrationshintergrund (32 % gegenüber 25 %).
70 %
im Alter von 40 und mehr
der Österreicherinnen
Jahren haben sich in den
letzten drei Jahren einer
Mammographie unterzogen.
74,2 % aller Frauen
haben sexuelle Belästigung
erlebt.
Die weibliche Erwerbsbeteiligung von Migrantinnen beträgt
58 % gegenüber 70 % bei Frauen ohne Migrationshintergrund.
09
frauenwelt in zahlen
Von den 183 Abgeordneten des Nationalrats
sind derzeit 56 Frauen (30,6 %).
Weltweit
sind die Abgeordneten
in den Parlamenten etwa
20 % Frauen.
3,08 Stunden
wenden Frauen täglich für
die Haushaltsführung auf
(Männer: 2,10 Stunden).
1918
wurde das Frauenwahlrecht in Österreich
(vergleichsweise früh) eingeführt.
839 Anzeigen
wegen Vergewaltigung
gab es 2014 in Österreich.
668 Fälle konnten geklärt
werden.
41 % der Selbstständigen sind Frauen.
3,23 Stunden Freizeit haben Frauen
durchschnittlich
am
Tag.
(Männer: 3,58 Stunden)
QUELLEN:
Statistik Austria, „Österreichische Prävalenzstudie zur
Gewalt an Frauen und Männern“ des Österreichischen
Instituts Familienforschung (ÖIF), Gender Pay Gap
von Eurostat, Polizeiliche Kriminalstatistik Österreich.
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Binnen-I
Das Binnen-I soll in der deutschen Sprache sichtbar machen, dass sowohl die männliche als auch die
weibliche Form gemeint ist – z. B. LehrerInnen oder MitarbeiterInnen. 1987 verabschiedete die UNESCO
eine Resolution für einen nicht sexistischen Sprachgebrauch, im Zuge derer eine Richtlinie erarbeitet
wurde, die neben Empfehlungen zum Gebrauch der weiblichen Form und des Binnen-I verschiedene
Varianten geschlechtergerechter Sprache vorstellt. Eine aus der Queer-Theorie stammende Alternative
zum Binnen-I ist das sogenannte Gender Gap (z. B. Musiker_innen oder Politiker_innen). Damit sollen
alle sozialen Geschlechter und Geschlechteridentitäten miteinbezogen werden.
Einkommensschere
Im internationalen Fachjargon auch „Gender Pay Gap“ genannt, stellt die Einkommensschere
die geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede zwischen den durchschnittlichen
Bruttostundenverdiensten von Frauen und jenen der Männer dar. Im Vergleich zu anderen
EU-Mitgliedstaaten zählt Österreich zu den Ländern mit den größten geschlechtsspezifischen
Lohn- und Gehaltsunterschieden (23 %) und rangiert an vorletzter Stelle. Noch größere
Unterschiede gibt es nur in Estland (29,9 %). Der EU-Durchschnitt beträgt 16,4 %.
Equal Pay Day
Aus den obigen Zahlen zur Einkommensschere ergeben sich die Berechnungen zum „Equal Pay Day“.
Dieser Stichtag besagt, wann Frauen gleich viel verdient haben, wie männliche Kollegen bereits Ende
des vorangegangenen Jahres in der Tasche hatten. Das überparteiliche internationale Frauennetzwerk
BPW (Business and Professional Women) berechnet diesen Tag für 2015 wie folgt: Bei einer Basis von
260 Arbeitstagen im Jahr, abzüglich des 1. Jänner und des 6. Jänner als Feiertage, ergeben sich aus
den 23 % Einkommensunterschied insgesamt 62 Tage, die Frauen länger arbeiten müssen als Männer.
Daher fiel der Equal Pay Day im Jahr 2015 auf den 31. März. Der Equal Pay Day wird allerdings auch im
Herbst (Anfang/Mitte Oktober) begangen. Dieses Datum verweist auf den Stichtag, ab dem
Frauen statistisch gesehen ohne Lohn weiterarbeiten müssen.
Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming ist eine Strategie für EntscheidungsträgerInnen, zur Gleichstellung von Frauen
und Männern beizutragen. Dabei werden politische Maßnahmen auf eine mögliche benachteiligende
Auswirkung auf Frauen und Männer analysiert, um dem anschließend entgegenzuwirken. Das Prinzip
des Gender Mainstreaming wurde erstmals 1995 auf der Weltfrauenkonferenz in Peking beschlossen.
Die Europäische Union hat das Prinzip aufgegriffen und sich zur Durchführung von Gender
Mainstreaming verpflichtet, ebenso wie die österreichische Regierung –
zumindest auf dem Papier.
11
glossar
Gender Budgeting
Frauen und Männer sollen in allen Bereichen gerecht und fair entlohnt und behandelt werden.
Dafür ist eine Veränderung der Budgetpolitik im Sinne des Gender Mainstreaming notwendig –
Gender Budgeting lautet das Zauberwort. Es bedeutet, dass das Budget auf seine Auswirkungen
auf Männer und Frauen hin analysiert und entsprechend den Gleichstellungszielen verändert wird.
Denn auch „geschlechtsneutral“ erscheinende Änderungen in Bereichen wie z. B. Gesundheit,
Bildung, Verkehr, Arbeitsmarkt etc. können sich aufgrund der Lebensrealitäten von Frauen
und Männern unterschiedlich auswirken.
Quotenregelung
Gut 50 % der Gesamtbevölkerung sind Frauen – allerdings spiegelt sich dieses Verhältnis in den meisten
Institutionen, Gremien, Aufsichtsräten, in der Wissenschaft, in sogenannten Top-Jobs, in der Politik
usw. nicht wider. Eine Möglichkeit, das zu ändern, ist die Quotenregelung. Darunter versteht man eine
Vorgabe, die festlegt, dass ein bestimmter Prozentsatz von MitarbeiterInnen eines Unternehmens oder
Mitgliedern eines Gremiums aus Frauen bestehen muss. Die EU-Kommission hat sich im November
2012 für eine Frauenquote von 40 % in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ausgesprochen.
In Österreich sind Grundlagen für die Frauenquote im Bundes-Verfassungsgesetz festgeschrieben,
verankert ist die Quotenregelung bisher mit 45 % nur im Öffentlichen Dienst.
Revenge Porn
Revenge Porn, übersetzt Racheporno, bezeichnet explizit sexuelle Inhalte (meist Fotos oder Videos),
die – häufig von Expartnern – ohne die Genehmigung der darauf abgebildeten Person im Internet
verbreitet werden, um ihr zu schaden. Oft werden die Bilder mit dem Zusatz des echten Namens,
einem direkten Link zum Facebook-Profil oder auch anderen persönlichen Daten wie Wohnadresse,
Arbeitsplatz oder Telefonnummer hochgeladen. Besonders oft sind Frauen davon betroffen.
Vor allem in Großbritannien sind Rachepornos in den vergangenen Jahren zunehmend außer Kontrolle
geraten, weshalb der Gesetzgeber nun reagiert hat: Der Upload pornografischen Materials ohne
Zustimmung der gezeigten Person wurde im Oktober 2014 unter Strafe gestellt.
Viktimisierung
Wörtlich bedeutet Viktimisierung „Zum-Opfer-Machen“ (lat. victima = Opfer, daraus engl. victim).
Oft wird der Begriff gebraucht, um eine Opfer-Täter-Umkehr zu beschreiben, die etwa dann vorliegt,
wenn einem Opfer sexueller Gewalt vorgeworfen wird, die Gewalt selbst provoziert zu haben.
Viktimisierung liegt auch dann vor, wenn eine Person eine Benachteiligung erfährt, weil sie sich über
eine Diskriminierung beschwert hat oder weil sie eine andere Person, die sich beschwert hat,
unterstützt bzw. unterstützt hat.
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Hat ein Mädchen 2015 in Österreich die gleichen
Zukunftschancen wie ein Bub? Und wie schaut Gleichberechtigung in zehn Jahren aus? Eva Glawischnig,
die Chefin der Grünen, im Interview.
Wenn wir von Feminismus oder Frauenpolitik
sprechen, wird generell davon ausgegangen, dass
das Thema „nur“ Frauen betrifft. Warum ist diese
Annahme falsch?
Eva Glawischnig: Natürlich betrifft Frauenpolitik
auch Männer. Bis 1975 durften Frauen ohne Zustimmung des Mannes nicht arbeiten, über den Wohnsitz
mitentscheiden und den Familiennamen wählen. Da
haben Frauen viel an Selbstständigkeit erkämpft,
und Männer mussten entsprechend Macht abgeben.
Andererseits verändert der Feminismus traditionelle
Rollenerwartungen an Männer.
„Ganze Männer machen halbe-halbe“ – diese
Forderung wurde erstmals 1996 von der damaligen
SPÖ-Frauenministerin Helga Konrad gestellt. Und
sie findet sich u.a. auch in diesem Frauenbericht
wieder. Was hat sich in fast 20 Jahren getan?
Männer gehen immer öfter in Karenz. Im Öffentlichen Dienst gibt es endlich einen Rechtsanspruch
auf einen Papa-Monat. Immerhin 353 Männer haben
von diesem Gebrauch gemacht. Allerdings gehen
Männer deutlich kürzer in Karenz. Mehr Väterbeteiligung wäre notwendig. Die meiste Zeit mit den
Kindern verbringen immer noch die Mütter.
Eine zentrale Forderung der Grünen lautet: gleicher
Lohn für gleiche Arbeit. Oft hört man das Argument, Frauen könnten gar nicht weniger verdienen,
weil es ja Kollektivverträge gibt. Verhandeln Frauen
einfach schlechter?
Erstens gibt es nicht überall Kollektivverträge, und
zweitens sind die „traditionellen Frauenberufe“ viel
schlechter bezahlt. Regina Petrik, unsere burgenländische Spitzenkandidatin, hat ein Jahr lang in
unterschiedlichen Berufen, etwa als Näherin, als
Verkäuferin usw. gearbeitet. Am besten verdient hat
sie als Bauarbeiterin, also in einem „traditionellen
Männerberuf“. Und dann gibt es noch die gläserne
Decke: In europäischen Topunternehmen ist nur eines von sieben (13,7 %) Aufsichtsratsmitgliedern und
nur eine von 30 VorstandschefInnen (3,2 %) weiblich.
Warum käme ein gesetzlicher Mindestlohn von
1.550 Euro vor allem Frauen zugute?
Frauen verdienen in Österreich im Schnitt um 23%
weniger als Männer. Eine Sekretärin bei einem Notar
oder einem Rechtsanwalt, aber auch eine Friseurin
würde daher von einem gesetzlichen Mindestlohn
deutlich profitieren.
13
Frauen verrichten nach wie vor einen großen Teil
der unbezahlten Arbeit, kümmern sich um die
Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen.
Wie können Erwerbsarbeit und unbezahlte Arbeit
in unserer Gesellschaft besser aufgeteilt werden?
Es braucht einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr,
und es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass
Männer gleich lang in Karenz gehen. Pflegebedürftige Menschen haben meist nicht nur Töchter, sondern
auch Söhne, die einen Teil übernehmen könnten.
Notwendig ist ein Rechtsanspruch auf
Pflegekarenz, denn die Gefahr, den
Arbeitsplatz zu verlieren, belastet pflegende Angehörige oft
noch zusätzlich.
Mitte März hat die österreichische Bundesregierung eine Steuerreform
präsentiert, bei der sie
sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner hat einigen können.
BezieherInnen niedriger
Einkommen und Frauen sind
die klaren VerliererInnen dieser
Steuerreform. Was heißt das, und
wo würde das Grüne Modell ansetzen?
Nach unserem Modell würde eine Teilzeitbeschäftigte im Jahr 1.100 Euro mehr im Börserl haben, nach
dem Regierungsmodell bloß 290 Euro. Der Kanzler
würde dagegen fast gar nicht davon profitieren,
während die Regierung ihm 2.300 Euro mehr im
Jahr geben will. Wir würden also niedrige Einkommen deutlich mehr entlasten.
Zu Beginn der Frauenrechtsbewegungen haben
Frauen für ihr politisches Mitspracherecht
gekämpft. Wofür gilt es heute zu kämpfen?
Frauen verdienen immer noch deutlich weniger als
Männer. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist immer
noch zu erkämpfen. Und obwohl Frauen deutlich
interview
besser gebildet sind als früher, sind Führungspositionen immer noch vorwiegend männlich besetzt.
Nicht einmal ein Drittel der Nationalratsabgeordneten sind Frauen. Wir brauchen Gewaltschutzzentren,
Notwohnungen sowie Frauen- und Mädchenberatungsstellen. Jede fünfte Frau in Österreich ist
von Gewalt betroffen. Und wie man angesichts
der Debatte um das Sexualstrafrecht sieht, sehen
manche Männer sexuelle Belästigung immer noch
als Kavaliersdelikt an. Das ist jenseitig!
Hat ein Mädchen 2015 in Österreich die gleichen
Zukunftschancen wie ein Bub?
Ich würde mir das sehr wünschen, aber leider ist dem
nicht so. Obwohl die
Frauenbewegung sehr
erfolgreich ist, sind
vollkommene Chancengleichheit oder gleicher
Lohn für gleiche Arbeit
immer noch hart zu
erkämpfen.
Im Bildungsbereich haben
Mädchen bereits aufgeholt.
Am Arbeitsmarkt, bei der Karriere oder im Geldbeutel sieht das
noch anders aus. Wie schaut Gleichstellung in zehn Jahren aus?
Frauen und Männer werden sich partnerschaftlich
die Kindererziehung gerecht aufteilen, Frauen werden gleich viel verdienen wie Männer, im Parlament
und in Führungsetagen sitzen so viele Frauen wie
Männer, und keine Frau ist mehr von Gewalt oder
sexueller Belästigung betroffen. Das ist die Vision.
Vermutlich werden wir aber länger als zehn Jahre
brauchen, um sie zu verwirklichen.
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Was haben Emma Watson und Andreas Gabalier
gemeinsam? Wohl eher nichts, wie unsere
Zitaten-Sammlung zeigt. Welche Themen wurden
im vergangenen Jahr diskutiert? Die Zitate
des Jahres – zwischen echtem Engagement
und infamer Ignoranz.
>
„Men, I would like to take this opportunity to extend your
formal invitation. Gender equality is your issue too.“
Emma Watson, UN-Sonderbotschafterin für Frauen
In ihrer Rede vor den Vereinten Nationen, 20. 9. 2014
>
„Den Text der österreichischen Bundeshymne
lernte ich mit acht Jahren in der Schule im Sachkundeunterricht, und ich sehe keine Veranlassung,
ihn anders zu singen.“
Andreas Gabalier, Musiker
In einem offenen Brief via APA, 24. 6. 2014
>
„Die brutale Sparpolitik der EU-Troika der letzten Jahre
hat die Armut von Frauen weiter erhöht, prekäre Beschäftigung
wird zunehmend zum Normalarbeitsverhältnis, die ,gläserne Decke‘
im Karriereverlauf ist für viele Frauen nach wie vor aus Beton.“
Monika Vana, Grüne Europaabgeordnete
Anlässlich des Internationalen Frauentags 2015, 4. 3. 2015
>
>
„Die Rache der Frauen wird nicht furchtbar sein.“
Reinhold Entholzer, Oberösterreichs SPÖ-Chef
Zum Aufbegehren der Frauen in der SPÖ im Interview
mit der Tageszeitung „Der Standard“, 25. 8. 2014
„Aber ich gestehe zu, dass die Quote ein hilfreiches Vehikel wäre.“
Hans Jörg Schelling, ÖVP-Finanzminister
Im Interview mit dem Magazin „WOMAN“, Ausgabe 26/2014
15
>
zitate
„Das Binnen-I verstößt gegen alle Usancen der deutschen Sprache
und ist ein artifizielles Minderheitenprogramm.“
Konrad Paul Liessmann, Philosoph
Über seinen Kampf gegen das Binnen-I im Magazin „Profil“, 28. 7. 2014
>
„Es schenkt uns niemand das Binnen-I, sondern
wir haben es uns genommen.“
Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste
Im „ZIB 2“-Interview, 15. 7. 2014
>
„I am Malala, but I am also those 66 million girls who
are deprived of education. I’m not raising my voice. It is
the voice of those 66 million girls.“
Malala Yousafzai, 17-jährige Kinderrechtsaktivistin
Anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises, 10. 10. 2014
>
>
„Auf Frauen verzichten heißt Geld vernichten!“
Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments,
Grüne/EFA-Fraktion, Österreich
Im Interview mit www.phenomenelle.de, 1. 4. 2015
„Sexual assault is neither a ,light‘ nor ,fluffy‘ matter,
and we cannot treat it as if it were.“
Emma Sulkowicz, Studentin und Anti-Vergewaltigungs-Aktivistin
Über ihren Protest „Carry That Weight“ in der Studentenzeitung
der Columbia University, 26. 10. 2014
>
„Es ist nichts Herabsetzendes, wenn die Frau kocht und
auf die Kinder schaut. Der Mann muss es würdigen.“
Herbert Prohaska, ehemaliger Fußballspieler und Trainer
Im Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“, 16. 8. 2014
>
„Gender matters everywhere in the world. And I would like
today to ask that we should begin to dream about and plan for
a different world. A fairer world. A world of happier men and
happier women who are truer to themselves. And this is how
to start: we must raise our daughters differently.
We must also raise our sons differently.“
Chimamanda Ngozi Adichie, nigerianische Schriftstellerin
In ihrem Buch „We Should All Be Feminists“, veröffentlicht im Oktober 2014
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Der Feminismus hat alle ökonomischen Krisen
und ideologischen Konfrontationen der vergangenen
Jahre erstaunlich gut überstanden – und ist sogar
kräftiger denn je. In den wichtigsten Existenzfragen
unserer Gegenwart kann er uns den
Weg weisen.
Zugegeben: Um die Jahrtausendwende, als der
Aktienmarkt noch stabil und der Glaube an das
ewige Wohlstandswachstum ungebrochen war,
machte der Feminismus einen etwas ramponierten
Eindruck. Die Politik hatte ihn erfolgreich in Nischen
zurückgedrängt, die „Frauenförderungsprogramme“,
„Frauenforschungslehrstühle“ oder „Frauenhäuser“
hießen. Dort – so lautete der Auftrag – sollten sich
Feministinnen still miteinander beschäftigen. Dort
kriegten sie ein bisschen Geld und zum Frauentag
jährlich ein bisschen ritualisierte Aufmerksamkeit,
damit sie die Allgemeinheit nicht weiter belästigen
würden. Man stellte Feministinnen damals flächendeckend als schönheits-, lust- und körperfeindliche
Ideologinnen dar, schmähfrei, verbissen und verhärmt. Und irgendwann bald, so hieß es, wenn die
alten Kämpferinnen gebrechlich wären, würde sich
der Feminismus erledigt haben. Denn die jungen,
feschen, sexy, erfolgreichen Alpha-Mädchen –
die brauchen so etwas doch nicht!
Inzwischen sind multiple Krisen über uns hinweggezogen. Europa kämpft mit dem Euro und mit
der Massenarbeitslosigkeit. An den Rändern des
Kontinents herrscht Krieg, wir müssen uns gegen
fundamentalistische Bedrohungen wappnen, innen
und außen. Viele einstige Gewissheiten – der Fortschrittsglaube, die Strahlkraft der liberalen Demokratie – schauen mittlerweile ramponiert aus. Aber,
oh Wunder: Der Feminismus ist immer noch da. Er
hat alle Stürme, die über ihn hinweggefegt sind,
unbeschadet überlebt. Er schaut sogar frischer und
lebendiger aus als zuvor. Und wer weiß – womöglich
eignet er sich inmitten des Durcheinanders sogar
als Wegweiser.
Das ist tatsächlich gut möglich. Man muss nur ein
bisschen genauer hinschauen, um dafür schon jetzt
Indizien zu erkennen. Erstes Beispiel: die globale
Wirtschaft. In den Machtzentren des US-amerikanischen Kapitalismus ist der Feminismus ins Gewand
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des „Diversity Managements“ geschlüpft und zieht
von dort aus um die Welt. Was der Feminismus
schon lange weiß, weiß nämlich inzwischen auch
jedes profitorientierte Unternehmen: dass Vielfalt
von Vorteil ist; dass Entscheidungen qualitativ besser werden, wenn jene, die sie fällen, möglichst viele
unterschiedliche Erfahrungen mitbringen.
Die Quote, einst ein verpöntes Brachialinstrument,
ist dewegen heute in der Mitte des Mainstreams
angekommen. In allen Branchen wird sie mittlerweile
ausprobiert, in Bildung und Wissenschaft, in der
Politik und in den Medien. Sogar in weltanschaulich
konservativen Institutionen gehört es mittlerweile
zum guten Ton, ein Mindestmaß an Vielfalt zur
Schau zu stellen. Nach anfänglichem Heulen und
Zetern stellt sich beinahe überall heraus: Die Quote
ist überraschend effizient. Sie wirkt rasch, wo
Überzeugen und Verhandeln jahrzehntelang nichts bewegt haben. Und man
gewöhnt sich daran.
Zweites Beispiel: die Familien-politik. Hier herrscht Verwirrung und
Angst, abzulesen an stetig sinkenden Kinderzahlen. Das traditionelle
Familienbild vom „Haupternährer“
und der „Zuverdienerin“ hat endgültig
ausgedient, es kracht an allen Ecken und
Enden. Die einen arbeiten zu viel, verausgaben sich
in Dauerüberstunden und schlittern ins Burn-out. Die
anderen arbeiten zu wenig und finden aus Arbeitslosigkeit oder Dauerprekariat nicht mehr heraus.
Dazwischen bleibt für Familien kaum Luft und
eit zum Verschnaufen.
Wie könnte man das menschenwürdiger organisieren? Hier zeigt uns der Feminismus skandinavischer
Prägung die Richtung an. Gleichberechtigte Elternschaft ist die sinnvollste Art, bezahlte und unbezahlte Arbeit unter einen Hut zu bringen, privat ebenso
wie gesamtgesellschaftlich. Männer müssen sich für
Familie, Reproduktion und Vereinbarkeitsfragen glei-
kommentar
chermaßen verantwortlich fühlen – und gleichermaßen verantwortlich gemacht werden. Funktionieren
kann das nur, wenn sich Männer an der Frauenbewegung ein Beispiel nehmen und Rollenzwänge,
Erwartungshaltungen und Geschlechterklischees
hinterfragen. Die Konflikte, mit denen diese Neuverteilung der Rollen einhergeht, kann man derzeit
spüren, vor allem in Obsorgefragen. Doch wir ahnen
bereits: Es wird sich am Ende auszahlen. Für beide
Geschlechter.
Drittes Beispiel ist der Kulturkampf. Die westlichen
Demokratien werden akut bedroht, bedrängt von
fundamentalistischen Kräften, die von Hass und revolutionären Heilsversprechen angetrieben werden.
Was kann man dem entgegensetzen? Was genau
wollen wir verteidigen? Was macht, im Vergleich zu
anderen, das Besondere, Verteidigenswerte
unserer Art zu leben aus? Auch hier hat
sich der Feminismus als großartiger
Kompass erwiesen.
Es ist kein Zufall, dass es in der
Auseinandersetzung mit dem Islamismus immer sehr rasch um Frauenrechte geht. Ob alle Menschen
denselben Anspruch auf Würde,
Respekt und Platz in der Öffentlichkeit haben; ob sie dieselben Chancen
haben, sich zu entfalten – diese Fragen hat
die Frauenbewegung zu stellen gelernt. Und sie sind
ebenso tauglich, um festzustellen, wie ernst es eine
Gesellschaft generell mit ihren Grundwerten meint –
mit den Menschenrechten, mit der Demokratie, mit
dem selbstbestimmten Leben.
Man muss diese Fragen ja nicht immer nur den Fundamentalisten, den „anderen“ stellen. Zum Erkenntnisgewinn helfen sie auch in der unmittelbaren Nähe
ganz gut.
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> Text: Sibylle Hamann / Foto: Godany
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Ein selbstständiges, selbstbestimmtes Leben bedeutet
auch ein ökonomisch unabhängiges Leben. Frauen arbeiten
jedoch besonders oft in prekären Arbeitsverhältnissen, d.h.
in Teilzeit, oder sie sind geringfügig beschäftigt. Und: Die
Einkommensschere zwischen Frauen und Männern
schließt sich nicht. Warum eigentlich?
„Viele Leute fragen mich, wie ich das alles unter einen Hut bekomme … aber irgendwie geht es sich immer
aus.“ Alexandra Simonic ist das, was man gemeinhin als Workaholic bezeichnen könnte: Sie studiert
Musikmanagement und BWL, arbeitet 20 Stunden in der Woche bei einer Rechtsschutzversicherung,
ist DJane aus Leidenschaft und nebenbei auch noch ehrenamtlich tätig. Man könnte aber auch sagen:
Alexandra ist eine von vielen jungen Frauen, die zwischen Lebensplanung und Lebensfinanzierung einfach
eines wollen: leben.
Dabei hat sie schon relativ früh gelernt, auf eigenen Beinen zu stehen: „Ich habe mit 19 die HAK-Matura
gemacht, ein Jahr zuvor bin ich von zuhause ausgezogen. Ab dem Zeitpunkt der Matura habe ich mir mein
Leben selber finanzieren müssen. Im Nachhinein gesehen bin ich nicht unglücklich darüber, dass ich recht
schnell selbstständig sein musste. Das bringt einen in der persönlichen Entwicklung schnell weiter.“
Arbeit ist für Alexandra identitätsstiftend. „Mein Selbstwert hängt schon stark an dem, was und wofür
ich arbeite“, sagt die 29-Jährige. Gerade der Job als DJane verlangt ihr dabei aber oft einiges ab. „Das
Auflegen ist ein purer Nacht-Job. Wenn ich beispielsweise um 1 oder 2 Uhr anfange, arbeite ich bis 5
oder halb 6 in der Früh. Das schlägt sich natürlich auf den Körper nieder.“ Von ihren Jobs als DJane kann
Alexandra aber allein nicht leben. „Dazu brauchst du in Österreich viele Connections und Glück – und
es hilft, wenn man ein Mann ist“, meint sie. Zwar wird über die Höhe der Gagen in der Branche nicht viel
gesprochen, Alexandra ist aber der Meinung, dass männliche DJs zumindest ernster genommen werden,
wenn sie mehr fordern.
Alexandra macht sich viele Gedanken über die Zukunft. Seit einigen Jahren zahlt sie in eine private
Pensionsvorsorge ein. Gibt das Sicherheit? „Es gibt mir zumindest das Gefühl, das, was mir möglich ist,
getan zu haben“, sagt sie. Als sie vor zwei Wochen nach einem DJ-Gig ein Taxi nach Hause genommen hat,
ist ihr aufgefallen, dass der Taxi-Fahrer schon weit über 70 Jahre alt gewesen sein muss. „In dem Moment
hab ich mich gefragt: Wie lange werde ich eigentlich einmal arbeiten müssen? Wir werden immer älter,
die Gesundheitsversorgung wird immer besser. Aber werde ich mir dieses Gesundheitssystem auch noch
leisten können, wenn ich alt bin?“ Bei so großen Fragen vergisst man oft, dass zwischen Lebensplanung
und Lebensfinanzierung ja vor allem eines möglich sein: leben. Mit 29 genau so wie mit 79.
p
19
Alexandra
Simonic, 29
Teilzeit-Angestellte, Studentin, DJane
und ehrenamtliche Mitarbeiterin
in der Rosa Lila Villa
frauen und geld
20
frauenbericht 2015
Ich arbeite –
also bin ich arm?
Gleichstellungspolitik ist noch immer nicht in der JobRealität österreichischer Frauen angekommen. Reden wir
über Einkommensgerechtigkeit, gesetzlichen Mindestlohn,
ein Pensionsmodell für Frauen, das vor Armut schützt, und
ein Steuermodell das echte Chancengleichheit schafft.
Vollzeit beschäftigte Frauen verdienen in der Europäischen Union im Durchschnitt um 16,4 % weniger
als Vollzeit beschäftigte Männer. In Österreich ist
dieser Wert noch weitaus schlechter. Mit 23,4 %
weniger Verdienst für Frauen, liegt Österreich EU-
weit am vorletzten Platz und wird nur von Estland
unterboten.
Trotz guter Ausbildung werden Frauen oft unter
ihrem Qualifikationsniveau eingesetzt und bezahlt.
Unselbständig Erwerbstätige nach Einkommensgruppen und Geschlecht 2013
Frauenanteil insgesamt
Höchstes Viertel
Drittes Viertel
Zweites Viertel
Niedrigstes
Viertel
0
in Prozent
20
Frauen
40
60
80
100
Männer
Quelle: Statistik Austria, 2014. Lohnsteuer- und HV-Daten. Ohne Lehrlinge.
Mittleres Bruttojahreseinkommen der unselbständig Erwerbstätigen 2013
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
0
in Euro
Arbeiter &
Arbeiterinnen
Frauen
Männer
Angestellte
Insgesamt
Quelle: Statistik Austria, 22.12.2014. Lohnsteuerdaten – Sozialstatistische Auswertungen.
Vertragsbedienstete
Beamte &
Beamtinnen
21
frauen und geld
Entwicklung der mittleren Jahreseinkommen (vor Steuern) der ausschließlich selbständig Erwerbstätigen
in Euro
16.000
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
1998
2000
Frauen
2002
Männer
2004
2006
2008
2010*
2012** 2013**
Insgesamt
Quelle: Statistik Austria, 2014. Einkommenssteuerdaten. *) Zeitreihenbruch durch die Einführung des Gewinnfreibetrags.
**) Die Werte für 2012 und 2013 wurden mit einem zeitreihenanalytischen Prognoseprogramm geschätzt.
Die Einkommensschere zwischen Männern und
Frauen schließt sich nicht.
Der Einkommensnachteil von Frauen fällt je nach
sozialer Stellung unterschiedlich stark aus, im öffentlichen Bereich schwächer als in der Privatwirtschaft.
Unter den BeamtInnen verdienen Frauen 95 % des
mittleren Männereinkommens, unter Vertragsbediensteten 77 %. Dagegen kommen weibliche
Angestellte auf 51 % der mittleren Männerverdienste,
Arbeiterinnen nur auf 43 %. Diese Einkommensunterschiede werden auch in der Pension fortgeschrieben.
Mit einer Jahrespension von 13.162 € erhielten Pensionistinnen um 58 % weniger Pension als Männer
(22.860 €).
atypische
beschäftigungsverhältnisse
Ein Teil dieser Einkommensunterschiede ist auf die
höhere Zahl von Teilzeitbeschäftigungen bei den
Frauen zurückzuführen. Frauen sind, unabhängig
von ihrem Qualifikationsniveau, durchwegs stärker
von atypischer Beschäftigung betroffen als Männer.
Zirka vier Fünftel der Beschäftigten in Teilzeit, zwei
Drittel der geringfügig Beschäftigten und etwas
mehr als die Hälfte der freien DienstnehmerInnen
sind Frauen.
Gerade bei Teilzeitjobs in sogenannten traditionellen
Frauenberufen, die schlechter bezahlt werden besteht die Gefahr einer schlechten Absicherung und
Bezahlung, was Auswirkungen bis hin zur Pension
hat. Dass unbezahlte Arbeiten nach wie vor zumeist
von Frauen erledigt, ist keine Neuigkeit.
Frauen tragen dadurch ein ungleich höheres
Armutsrisiko. Lohnschere, Working Poor, ungleiche
Verteilung von Fürsorge,-und betreuungspflichten
und weibliche Gratisarbeit sind kein Mythos, sondern
prägen die wirtschaftlichen, sozialen, ökonomischen
und politischen Strukturen.
einkommenstransparenz
und angabe von mindestentgelt
Einkommensgerechtigkeit befindet sich noch immer
im Stillstand. Im Regierungsübereinkommen wird als
Ziel „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt“ gefordert. Als
frauenbericht 2015
Herausforderung wird dabei genannt: Einkommensunterschiede verringern, Frauen am Arbeitsmarkt
entsprechend ihrer Qualifikationen fördern und
Diskriminierungen beseitigen. Das ist bekanntlich
nichts Neues.
Eine der sechs angeführten Maßnahmen heißt:
Einkommenstransparenz. Am 1. März 2011 trat eine
Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes in Kraft. Die
wohl bekannteste Neuerung ist die Verpflichtung für
Unternehmen, betriebsinterne Einkommensberichte
zu erstellen. Das Problem dabei: Selbst im Vollausbau, der seit 2014 geltend ist, muss nur etwa 1 % der
Betriebe Einkommensberichte erstellen (2.800 von
insgesamt 300.000 Betrieben in ganz Österreich).
Der Einkommensbericht ist dem Betriebsrat im
ersten Quartal des Folgejahres zu übermitteln. Wenn
es keinen Betriebsrat gibt, ist der Einkommensbericht in einem für alle MitarbeiterInnen zugänglichen
Raum aufzulegen. Das bedeutet: Verpflichtung ohne
Konsequenzen.
Der Anspruch auf Erstellung und Übermittlung bzw.
Information kann seitens des Betriebsrates oder
seitens einzelner ArbeitnehmerInnen gerichtlich
geltend gemacht werden. Allerdings gibt es keine
Strafen für die Unternehmen, wenn sie der Erstellung
des Einkommensberichtes nicht nachkommen. Die
Betriebe sind auch nicht dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Verringerung der Einkommensunterschiede
wie die Erstellung von Frauenförderplänen zu ergreifen. MitarbeiterInnen hingegen drohen sehr wohl
Verwaltungsstrafen – und zwar bis zu 360 € –, wenn
sie über die anonymisierten Durchschnittsgehälter in
ihrem Unternehmen sprechen. Unklarheiten gibt es
auch darüber, welche Gehaltsbestandteile in diesen
Berichten bei den Einkommen ausgewiesen werden
müssen. Denn das Gesetz definiert nicht, welche
Einkommensbestandteile (Zulagen, Überstunden,
Sachleistungsbezüge, Jubiläumsgelder etc.) in den
Einkommensberichten anzuführen sind. Ohne Unterstützung und Kontrolle durch eine unabhängige
Stelle ist damit zu rechnen, dass die Einkommensberichte wenig aussagekräftig sind oder gar geschönt
werden.
22
Ebenfalls beschlossen wurde, dass Stellenanzeigen
das Mindestgehalt und einen Hinweis auf eine mögliche Überzahlung beinhalten müssen.
Seit März 2011 muss in jeder Stellenanzeige stehen,
wie viel man im inserierten Job mindestens verdienen kann – selbst dann, wenn nur nach einer geringfügig beschäftigten Aushilfe gesucht wird. Das
Mindestentgelt kann unterschiedlich geregelt sein,
zum Beispiel durch Kollektivvertrag, Gesetz, Satzung
oder Mindestlohntarif. In Bereichen, in denen es
keinen Kollektivvertrag gibt, muss das Entgelt angegeben werden, das als Mindestgrundlage für die
Vertragsverhandlung dienen soll. Wissen ArbeitgeberIn (oder die Arbeitsvermittlungsfirma) bereits
zum Zeitpunkt der Stellenausschreibung, dass für
die ausgeschriebene Position z. B. auch Zulagen
zustehen, muss auch das in den Inseratentext aufgenommen werden.
Von der Bezahlungsinfo nicht erfasst sind arbeitnehmerähnliche Personen (z. B. freie DienstnehmerInnen) sowie ArbeitnehmerInnen in hohen Führungspositionen (z. B. GeschäftsführerInnen). Die Novelle
soll vor allem Diskriminierungen in der Arbeitswelt
abbauen und durch die Verbesserung der Einkommenstransparenz die wirtschaftliche und soziale
Teilhabe fördern sowie einer sozialen Ausgrenzung
entgegenwirken. Gerade für Frauen ist das eine
wichtige Maßnahme.
Die Regierung nimmt sich vor, die Gehaltsangaben in
Stelleninseraten und Einkommensberichte zu evaluieren und gegebenenfalls unter Einbindung der Sozialpartner weiterzuentwickeln (z. B. Maßnahmenplan,
Antragsrecht). Nur: Alle im Regierungsprogramm
genannten Maßnahmen sind 1. nicht budgetiert und
2. sind es alte Forderungen und Ankündigungen
der Frauenministerin, zu denen es keine konkreten
Vorschläge auf Umsetzung gibt.
23
das grüne steuermodell
Geschlechter- und sozialgerechte Steuerreformen
können einen zentralen Beitrag zur Bekämpfung von
Frauenarmut in Österreich leisten. Die im März 2015
von der Regierung präsentierte Einigung ist keine
Reform des Steuersystems, sondern eine Tarifanpassung. BezieherInnen niedriger Einkommen und
vor allem Frauen gehören zu den VerliererInnen,
weil die ohnehin schon weit geöffnete Einkommensschere noch weiter aufgeht. Von der rot-schwarzen
Tarif-Anpassung profitieren Männer wesentlich
stärker als Frauen, auf die nur ein gutes Drittel der
Entlastung fällt. Die Erhöhung des Kinderfreibetrags von 220 auf 400 Euro (100 Mio Euro) kommt
geringverdienenden Familien und vielen Alleinerzie-
frauen und geld
herinnen nicht zugute. Während beim grünen Modell
die Entlastung mit 50 % bei Frauen und 50 Prozent
bei Männern gerecht aufgeteilt ist, sieht das Steuermodell der Regierung bei Frauen ein Entlastungsvolumen von gerade einmal 36 % vor, bei Männern
dagegen stolze 64 %.
Wir Grünen haben im Jänner ein von Experten
durchgerechnetes Modell zur umfassenden Reform
des Steuersystems und der Entlastung unterer Einkommen vorgelegt. Damit wären 90 % der Arbeitsund Erwerbseinkommen entlastet, 10 % belastet
worden. Wir wollen eome Entlastung niedriger und
mittlerer Einkommen und die Hälfte des Entlastungsvolumens für Frauen.
p
Die Diskussion
um die Frauenpension
Die Angleichung des Frauenpensionsalters mit dem
Pensionsalter der Männer beginnt mit 2024. Berechnung
zeigen aber: Ein späterer Pensionsantritt von Frauen
entlastet das Pensionssystem so gut wie nicht.
Mit 1. Jänner 1993 ist das „Bundesverfassungsgesetz
über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten“ in Kraft
getreten. Dieses Gesetz wird mit 31. Dezember 2033,
also dem Datum, an dem beide Geschlechter das
gleiche Regelpensionsalter erreicht haben werden,
außer Kraft treten. Dass Frauen fünf Jahre vor den
Männern Anspruch auf das reguläre Regelpensionsalter haben, ist damit zu begründen, dass Frauen in
Gesellschaft und der Arbeitswelt nicht gleichgestellt
sind. Sie leisten den Großteil der unbezahlten Arbeit
im Haushalt, tragen die Verantwortung sowohl für
die Erziehung und Betreuung der Kinder aber auch
pflegebedürftiger Angehöriger. Im Gegensatz dazu
mussten und müssen sie die fehlenden Rahmenbedingungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und
Privatleben mit guter Organisation ausgleichen. Im
Berufsleben waren und sind sie deshalb noch immer
mit schlechterer Bezahlung und fehlenden Chancen
beim Aufstieg und dem Zugang zur Aus- und Wei-
frauenbericht 2015
terbildung konfrontiert. Das sind nur einige Gründe
dafür, dass Frauen aufgrund der Doppel- und Dreifachbelastung mit einem früheren Regelpensionsalter rechnen konnten.
Im Vorfeld des oben angeführten Bundesverfassungsgesetzes wurde von den Frauenpolitikerinnen
im Jahr 1992 ein begleitendes Gleichstellungspaket
beschlossen. Darin enthalten sind die notwendigen
Bedingungen zur Erreichung der Gleichstellung,
unter denen sich die Frauen vorstellen konnten, das
Frauenpensionsalters ab 2024 schrittweise anzuheben. Die Grünen sprechen sich wie alle Frauenorganisationen deshalb für die stufenweise Anpassung
und nicht eine vorzeitige Anpassung aus.
Die meisten Frauen können derzeit um fünf Jahre
früher in Pension gehen als Männer. In der öffentlichen Debatte wird dies als ungerecht dargestellt
und die Anhebung des Pensionsantrittsalters von
Frauen als Einsparungsmöglichkeit im Pensionssystem dargestellt. Die Ungerechtigkeit bestünde,
so Kritiker, darin, dass Frauen zumindest fünf Jahre
länger eine Pension erhielten als Männer und somit
dem System wesentlich höhere Kosten entstünden
als durch Männer.
Beide Argumente sind sachlich falsch, denn
>Frauenpensionen sind deutlich niedriger als
Männerpensionen.
> Sie kommen daher dem Bundesbudget trotz
früheren Pensionsantritts und höherer Lebens erwartung deutlich billiger als Männer.
> Das tatsächliche Antrittsalter von Frauen in der
Alterspension liegt mit 59,3 Jahren wesentlich
näher beim gesetzlichen Pensionsantrittsalter
von 60 Jahren als bei Männern (62,8/65).
Die Anhebung des gesetzlichen Frauenpensionsalters auf 65 Jahre ist bereits gesetzlich vorgesehen
24
und beginnt mit Halbjahresschritten im Jahr 2024.
Im Jahr 2033 werden Frauen und Männer ein gleiches Pensionsantrittsalter haben. Diese Anhebung
ist formal an eine Verbesserung beim Erwerbszugang und der Einkommenshöhe gebunden (vor
allem bei der Einkommenshöhe hat sich allerdings
seit dem Beschluss dieser Regelung 1992 fast nichts
getan – Stichwort Gender Gap).
Eine Vorziehung dieser Anhebung ist aus verfassungsrechtlichen Gründen allerfrühestens mit dem
Jahr 2018 möglich. Eine frühere Anhebung ist aber
auch ökonomisch kontraproduktiv. Zum Beispiel
geht knapp ein Drittel aller Frauen (32,3%) nicht
aus der Erwerbstätigkeit in Pension, sondern aus
der Arbeitslosigkeit oder dem Krankengeldbezug.
Ein späterer Pensionsantritt verwandelt also nur
Einsparungen im Pensionssystem in Mehrausgaben
in der Arbeitslosenversicherung oder der Krankenversicherung.
Die Grünen sind für die Beibehaltung des bereits
im Jahr 1992 beschlossenen „Bundesverfassungsgesetzes über unterschiedliche Altersgrenzen von
männlichen und weiblichen Sozialversicherten“
(BGBl. 1992/832), in dem die Anhebung des Frauenpensionsalters ab 2024 um ein 1/2 Jahr pro Jahr
festgeschrieben ist. Es bedarf aber noch erheblicher
Schritte, um Fraueneinkommen, aber auch die Beschäftigungszeiten (Beitragszeiten) deutlich zu erhöhen, weil andernfalls auch die Anhebung ab 2024
zu ungewünschten Effekten führt. Darüber hinaus
müssen jene noch existierenden Bestimmungen in
Gesetzen, Dienstordnungen, Kollektivverträgen und
Betriebsvereinbarungen, die Frauen dazu zwingen,
mit Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters in
Pension zu gehen, gesetzlich als sittenwidrig deklariert werden.
25
Eine Frau hätte mit Pensionsantritt mit 60 Jahren die
Frauenmedianpension des Jahres 2014 von 838 €
im Monat. Über 23,78 Jahre Bezugszeit „kostet“ ihre
Pension dem Pensionssystem 278.978 €. Arbeitet
sie ein Jahr länger, so erhöht sich ihre Monatspension auf 869 € im Monat, die sie aber nur 22,78
Jahre erhält. In diesen 22,78 Jahren kostet sie dem
Pensionssystem als 277.003 €. Das Pensionssystem
erspart sich also über einen Zeitraum von fast 23
Jahren betrachtet nicht einmal 2.000 € (oder 0,7 %
der Gesamtsumme). Dem gegenüber stehen aber
erhebliche Mehrkosten, da angesichts der Situation
Pension
mit 60
ein
Jahr
Pension neu in €
am Arbeitsmarkt entweder diese Frauen arbeitslos
werden, oder an ihrer Stelle andere Personen keine
Arbeit finden.
Anm.: Bei der Berechnung dieses Beispiels wurde
nicht die durchschnittliche Bezugsdauer einer
Pension (23,9 Jahre), sondern die fernere Lebenserwartung im Alter von 60 Jahren herangezogen
(23,78 Jahre).
p
drei
Jahre
vier
Jahre
2.605,08
–6,6 %
991
2.659,16
–4,7 %
960
930
zwei
Jahre
2.704,67
–3,1 %
2.741,63
–1,7 %
899
2.770,03
869
2.789,87
838
–0,7 %
frauen und geld
fünf
Jahre
Kosten über 23,78 Jahre in 100 €
300.000,00
290.000,00
280.000,00
+18,2%
270.000,00
260.000,00
+10,4%
+14,1%
drei
Jahre
vier
Jahre
+6,8%
+3,3%
250.000,00
240.000,00
230.000,00
Pension
mit 60
Gesamtkosten Pension
ein
Jahr
zwei
Jahre
Gesamtkosten Notstandshilfe
fünf
Jahre
frauenbericht 2015
26
Wie weiblich
ist das Budget?
Die Idee von Gender Budgeting ist die Gleichstellung von
Frauen und Männern als zentraler Bestandteil der Wirtschaftsund Finanzpolitik. Geld hat ja bekanntlich kein Mascherl –
aber ein Geschlecht?
Gender Mainstreaming ist eine Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern, die die klassische
Frauenpolitik ergänzen soll. Dabei werden politische
Maßnahmen auf eine mögliche benachteiligende
Auswirkung auf Frauen und Männer analysiert, damit
Benachteiligungen entgegengewirkt werden kann.
Da Männer und Frauen unterschiedliche Verhaltensweisen, Ressourcen und Bedürfnisse haben
können, können „neutral“ gemeinte Maßnahmen
unterschiedlich stark auf sie wirken. Zumeist werden
die Interessen von Frauen nicht ausreichend wahrgenommen, wodurch Benachteiligungen entstehen.
Gender Mainstreaming soll klassische Frauen- und
Gleichstellungspolitik ergänzen, jedoch keineswegs
ersetzen.
Das Prinzip des Gender Mainstreaming wurde
erstmals auf der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995
beschlossen. Die Staaten wurden aufgefordert, „geschlechterspezifische Belange in die Konzeption aller
Politiken und Programme einzubeziehen, so dass
vor dem Fällen von Entscheidungen die Folgen für
Männer bzw. Frauen analysiert werden“. Die EU hat
das Prinzip aufgegriffen und sich zur Durchführung
von Gender Mainstreaming verpflichtet, ebenso wie
die österreichische Regierung.
Ein zentraler Bereich für Gender Mainstreaming ist
die Steuer- und Budgetpolitik, also Gender Budgeting. Bisher ist die Umsetzung von Gender Mainstreaming und Gender Budgeting in Österreich
noch mangelhaft.
gender budgeting in
der verfassung – und dann?
Gender Budgeting bedeutet, dass das Budget auf
seine Auswirkungen auf Männer und Frauen hin
analysiert und entsprechend der Gleichstellungsziele
verändert wird. Denn auch „geschlechtsneutral“
erscheinende Änderungen in Bereichen wie z.B.
Gesundheit, Bildung, Verkehr, Arbeitsmarkt, etc. können sich aufgrund der Lebensrealitäten von Frauen
und Männern unterschiedlich auswirken.
Im Rahmen der Haushaltsrechtsreform 2007 ist es
nicht zuletzt aufgrund des Engagements der Grünen
zu einer Verankerung von Gender Budgeting in der
Verfassung gekommen. Mit 1. Jänner 2009 wurde
die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und
Männern im öffentlichen Haushaltswesen als Staatszielbestimmung in der Verfassung verankert. Die
Budgetpolitik des Bundes, der Länder und Gemeinden muss sich seit 2013 verpflichtend am Grundsatz
der Gleichstellung der Geschlechter ausrichten. Doch
die Umsetzung des Gender Budgetings größtenteils
noch lässt auf sich warten.
haushaltsführung:
gleichgestellt
Der Budgetdienst, der regierungsunabhängige
Analysen und Fachexpertisen zu budgetrelevanten
Dokumenten erstellt, hält in der Budgetanalyse
2014/2015 fest: „Der Budgetdienst hat im Vorjahr
27
bei den Budgetunterlagen eine aussagekräftige
Gesamtdarstellung zum Thema Gender Budgeting
vermisst, aus der die angestrebten Wirkungen insgesamt abgelesen werden können. Im Budgetbericht
2014/2015 wurden nunmehr zwar für alle Untergliederungen die Genderziele in einer Aufstellung
zusammengefasst, diese beinhaltet jedoch keinerlei
Analyse oder Gesamtaussage zur Ausrichtung der
Zielsetzungen und Maßnahmen oder zur angestrebten Gesamtwirkung.“
Zwar wurden von Bund, Ländern und Gemeinden
Gleichstellungsziele, Gleichstellungsmaßnahmen und
entsprechende Messindikatoren definiert, es gab
jedoch wenige Veränderungen bei den Maßnahmen
und den Wirkungszielen.
Gleichstellungsziele sind meist sehr breit ausgerichtet („Verbesserter Schutz vor Gewalt, insbesondere
gegen Frauen, Minderjährige und SeniorInnen/
Wirksamkeit des Betretungsverbots“, „Sicherstellung
der Gendergerechtigkeit in der Mobilität sowie eines
gleichen Zugangs zu allen Verkehrsdienstleistungen/
Anzahl durchgeführter Genderanalysen“), wesentliche Schwerpunkte liegen auf der Bewusstseinsbildung zu Gleichstellungsfragen, Verbesserung der
Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der
Erhöhung des Frauenanteils in Führungsfunktionen.
Die Erhöhung des Anteils von Frauen an Einzelpersonenförderungen wurde als Zielsetzung im Budget
2014/2015 beispielsweise aber wieder weggelassen.
frauen und geld
So heißt es weiter in der Budgetanalyse: „Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass
die Voranschlagsentwürfe 2014 und 2015 Impulse
zur Gleichstellung von Frauen und Männern schaffen,
die weiterentwickelt werden müssen. Gender-Budgeting-Ansätze als Analyse- und Steuerungsinstrument kommen in den Zielsetzungen und Maßnahmen der Ressorts und Obersten Organe insgesamt
noch wenig zum Einsatz.“
Im Jahr 2014 erhielt das Bundesministerium für Bildung und Frauen (BMBF) laut Budgetentwurf 8,08
Mrd. €, auf die Frauen- und Gleichstellungsagenden
entfielen davon rund 8,5 Mio. €. 2015 schreibt der
Budgetentwurf für das BMBF eine Obergrenze von
7,99 Mrd. € bei den Auszahlungen vor. Das Frauenbudget erhöht sich auf rund 10,15 Mio. €.
Eine Veränderung der Budgetpolitik im Sinne des
Gender Mainstreaming ist essenziell. Dabei muss der
Prozess der Budgeterstellung demokratisiert werden
– etwa durch öffentliche Hearings jedes Ministeriums sowie die Einbeziehung von NGOs in diesen
Prozess. Alle an der Entwicklung und Entscheidung
grüner politischer Konzepte Beteiligten sollten über
Gender-Kompetenz verfügen und die Methodik des
Gender Mainstreaming kennen.
p
frauenbericht 2015
28
Europa-Panorama
Teilzeit, prekäre Beschäftigungssituationen, Armut
trotz Arbeit, im Niedriglohnsektor überdurchschnittlich und in Führungspositionen unterdurchschnittlich
repräsentiert – das ist die Realität für Frauen am
Arbeitsmarkt in Europa. Die brutale Sparpolitik der
EU-Troika der letzten Jahre hat die Situation noch
verschlimmert. Der Grundsatz, wonach Männer
und Frauen für gleichwertige Arbeit Anspruch auf
gleiches Entgelt haben, ist in den EU-Verträgen
verankert. Doch Papier ist geduldig: Mit 23 % ist der
Gender Pay Gap in Österreich über dem EU-Schnitt
von 16 %. Auch die Teilzeitrate von Frauen ist weit
überdurchschnittlich: 46 % im Vergleich zu EUweiten 30 %.
her mit dem
mindestlohn
Wir Grüne fordern europaweit verbindliche soziale
Mindeststandards, gleichen Lohn für gleichwertige
Arbeit, eine Mutterschutz-Richtlinie und den Ausbau
europaweiter ArbeitnehmerInnenrechte, u. a. Mindeststandards bei Löhnen und Arbeitslosenversicherung. Derzeit gibt es in 22 EU-Staaten Mindestlöhne,
in Österreich branchenabhängige Kollektivverträge
(von denen allerdings nicht alle Berufe erfasst sind).
Die Mindestlöhne rangieren von 11,12 Euro in Luxemburg bis 1,06 Euro in Bulgarien. Laut einer Eurofound-Studie würden bei einem EU-weiten Mindestlohn, der mindestens 60 % des länderspezifischen
mittleren Lohns beträgt, ein Fünftel der Frauen und
ein Zehntel der Männer profitieren. Besonders hohe
Effekte gäbe es bei Teilzeit, wo EU-weit jede/r Dritte
betroffen wäre. Es ist klar zu sehen: Frauen profitieren in doppelter Hinsicht von einem europäischen
Mindestlohn! Die nachhaltige Einkommensdiskriminierung von Frauen ist eine Schande für das
21. Jahrhundert.
gender budgeting
In einem Punkt hat Österreich gegenüber der EU zumindest in der Theorie die Nase vorn: beim Gender
Budgeting. Die Berücksichtigung der Geschlechterperspektive bei der Erstellung öffentlicher Haushalte
ist in Österreich in der Verfassung verankert (von
der Umsetzung fehlt allerdings jede Spur). Für das
EU-Budget fehlt eine entsprechende Regelung
bislang. Nichtsdestotrotz gibt es auf europäischer
Ebene Bestrebungen, das Budget als Werkzeug für
die Gleichstellung der Geschlechter einzusetzen. So
haben das Europäische Parlament, der Rat sowie die
Kommission schon im Jahr 2013 in einer gemeinsamen Erklärung verkündet, dass bei der Erstellung
des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) in Zukunft
Gleichstellungsaspekte einbezogen werden sollen.
Dies ist allerdings erst ein Anfang. Wir Grüne fordern
die sofortige Einführung von Gender Budgeting
in allen Stadien der Erstellung des EU-Budgets,
insbesonders auch bei Investitionsentscheidungen.
Zahlreiche Best-Practice-Beispiele auf lokaler Ebene
in der ganzen EU zeigen, wie es gehen kann.
p
> Monika Vana, Grüne EU-Abgeordnete
29
frauen und geld
wir grüne
wo l l e n :
> Eine Lohnpolitik, die sich vor allem für Lohnerhöhungen
in den niedrig bezahlten „Frauenbranchen“ einsetzt
> Einen gesetzlichen Mindestlohn von 1.500 € brutto
> Maßnahmen auf allen Ebenen des Arbeitsmarktes (bei Ausbildung,
Wiedereinstieg, Entlohnung etc.), um die Situation von Frauen
gravierend zu verbessern
> Die Förderung qualifizierter (Teilzeit-)Arbeitsplätze für Frauen
> Verpflichtung zu Frauenförderplänen in der Wirtschaft
> Gesetzliche Verankerung des Rückkehrrechts in eine
Vollzeitanstellung nach Inanspruchnahme von Teilzeitregelungen
(Elternteilzeit, Karenz etc.)
> Gender Budgeting auf allen Ebenen der
Budgeterstellung und Budgetpolitik
> Die Einbeziehung von Frauen-NGOs
in den Prozess der Budgeterstellung
> Die Förderung der Forschung auf dem Gebiet
des Gender Budgetings
> Ausreichende Ressourcenausstattung
für Gender Budgeting in den Ressorts
> Gender Budgeting auf allen Ebenen
der Budgeterstellung und Budgetpolitik
> Beibehaltung des Gender-Checks
bei allen Gesetzen und Verordnungen
> Permanentes Erwerbs-Screening und Einstiegsgehälter-Check
> Förderung für Betriebe nur bei Nachweis
von Gleichbehandlung von Frauen und Männern
frauenbericht 2015
30
Melanie
Schiller, 27
Leiterin der On-air-Promotion bei OKTO
31
frauen und sichtbarkeit
e
i
d
d
n
i
s
wo
n
e
n
o
i
l
l
i
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4,34
f rau e n ?
Wenn die Frage nach
der Sichtbarkeit von
Frauen in der Gesellschaft gestellt wird, ist es gleichzeitig
auch immer eine Frage nach Machtverhältnissen, Hierarchien und der Ökonomie der
Aufmerksamkeit. Wo sind Quoten sinnvoll, und was bewirken
sie (bzw. haben sie schon bewirkt)? Und: Wie werden Frauen
durch sprachliche Gleichstellung sichtbar gemacht?
Warum ist es für dich wichtig, dass in der österreichischen Bundeshymne auch die Töchter vorkommen?
„Ja, weil wir da sind“, antwortet Melanie Schiller auf diese Frage. Es ist ein pragmatisches Argument
– und eines, das sitzt. „Ich finde, man sollte überhaupt einfach ,Menschen‘ schreiben“, fügt Melanie
schmunzelnd hinzu.
Die studierte Kultur- und Sozialanthropologin arbeitet als Leiterin der On-air-Promotion bei OKTO,
einem partizipativen Fernsehsender in Wien. In ihrer Arbeit ist Sichtbarkeit per se ein wichtiges Thema.
Minderheiten und gesellschaftlichen Teilgruppen, Frauen, Männern, LGBTIQ-Personen – allen soll und
wird hier die Möglichkeit gegeben, Fernsehen zu machen. Frauen sind unter den SendungsmacherInnen
auch stark vertreten.
Melanie hat eine klare Botschaft an Mädchen und Frauen: „Take the chance! Du hast viele Möglichkeiten,
nutze die Chancen, die dir das Leben bietet.“ Für die 27-Jährige ist es bedeutend, keine Angst vor der
eigenen Sichtbarkeit zu haben, sich selbst etwas zuzutrauen. „Ganz wichtig ist da das kleine Fünkchen ,Du
schaffst das schon‘, das zum Beispiel Eltern einem Kind mitgeben können“, sagt Melanie. „Meine Kinder
werden auf jeden Fall so aufwachsen.“
Dabei hat es in Melanies Leben auch eine Zeit gegeben, in der sie dachte, dass ein Teil von ihr unsichtbar
sein müsse. Eine junge lesbische Frau, die am Land aufwächst – ihr Coming-out-Prozess war nicht einfach,
aber Melanie hat sich ihren Weg gesucht. Die Kultur- und Sozialanthropologie, die Arbeit und Forschung in
den Bereichen Anti-Rassismus, Migration, Asyl und Queer Studies wurden ihr Zuhause.
An der Universität war Gender-Theorie in ihrer Studienrichtung ein zentrales Thema. „Wo aber Räume mit
Macht gefüllt sind, wie es an der Uni der Fall ist, geht es für Frauen noch immer darum, dass sie sich ihren
Platz hart erkämpfen müssen“, meint Melanie. Strukturelle Gegebenheiten halten alte Machtgefüge hoch –
nicht nur auf der Uni, sondern auch was die Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung von
Frauen generell in Gesellschaften betrifft. Darüber hinaus sind Benachteiligungen, die aufgrund Ethnizität,
Religion etc. existieren, ja auch nicht einfach wegzudenken, Diskriminierung wird gemacht.
Die vielfältigen Rollen einer Frau in den unterschiedlichsten sozialen Kontexten wahrzunehmen, zu
akzeptieren und zu unterstützen ist für Melanie ein wesentlicher Schritt, um die Sichtbarkeit von Frauen
in Gesellschaften zu fördern. „Ich bin ja nicht nur Frau, ich bin in manchen Situationen dann auch große
Schwester, Tochter, gute Freundin, Arbeitskollegin oder eine lesbische Frau, die einfordert, dass sie heiraten
oder mit ihrer Partnerin ein Kind bekommen darf, wenn sie das möchte.“ Das kleine Fünkchen Hoffnung
auf eine gleichberechtigte Welt und der Wille, die Gesellschaft positiv mitzugestalten, sind da in
jedem Fall sinnvolle und wichtige Instrumente.
p
frauenbericht 2015
32
Gleich, gleicher,
Gender
Österreich ist im Bereich Gender Equality eindeutig kein
Vorreiter. Doch wenn es um die Sichtbarmachung von Frauen
in Politik und Wirtschaft geht, hat sich die Quote noch keine
FreundInnen gemacht.
Der „Global Gender Gap Report“, den das Schweizer
Weltwirtschaftsforum alljährlich veröffentlicht, liefert
klare Zahlen: 2014 lag Österreich in der weltweiten Gleichstellungsrangliste auf Platz 36 (von 142
Ländern), ein Jahr zuvor immerhin noch auf Platz
19 (von 136 Ländern). Die Top-Plätze im Ranking
nehmen skandinavische Länder wie Island (Platz 1),
Finnland (Platz 2) und Norwegen (Platz 3) ein. Nach
Malawi (34) und den Bahamas (36), jedoch noch vor
Kenia (37) und Lesotho (38) ist also Österreich zu
finden. Syrien, Tschad, Pakistan und Jemen bilden
übrigens die Schlusslichter im „Global Gender Gap
Report“. Nachholbedarf gibt es in Österreich in
vielen Bereichen.
frauen im parlament
Der bisher höchste Frauenanteil im österreichischen
Parlament (33,9 %) wurde 2002 erreicht. Nach der
Nationalratswahl 2006 sank der Frauenanteil im
Nationalrat zunächst auf 31,2 %, nach der Wahl im
Oktober 2008 sogar auf 27,3 %. Von den 183 Abgeordneten des Nationalrats sind derzeit 56 Frauen
(30,6 %). Von den 61 Mitgliedern des Bundesrats sind
derzeit 18 Frauen (29,51 %).
Angesichts des beschämend niedrigen Frauenanteils
im österreichischen Parlament fordern die Grünen
neben einem eigenständigen Frauenministerium
auch klare finanzielle Anreize für mehr Frauen in der
Politik. Konkret soll z. B. ein Teil der Parteienbzw. der Klubfinanzierung an Frauenquoten in den
Parlamentsklubs gebunden werden.
Die Grünen sind die einzige Partei, die ihre eigene
Frauenquote von 50 % einhält (die Grünen haben
einen aktuellen Frauenanteil von 54,17 % bei den
MandatarInnen im Parlament) und glaubwürdig für
eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen
gesellschaftlichen Bereichen eintritt.
frauen in
führungspositionen
Durch mehr Frauen in Führungspositionen würden
sich auch die großen Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern verringern. Die obersten
Führungsebenen, Geschäftsführung und Aufsichtsräte sind jedoch weitgehend von Männern dominiert.
2014 betrug der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der 200 größten bzw. umsatzstärksten
heimischen Unternehmen laut „Frauen.Management.
Report.2014“ der AK Wien 5,6 % (gleich wie 2013), in
den Aufsichtsgremien konnte der Frauenanteil von
13,4 % (2013) marginal auf 13,9 % erhöht werden.
Weiters heißt es in der AK-Studie: „Die besonders im
Fokus der Öffentlichkeit stehenden börsennotierten
Unternehmen, die sich per „Corporate Governance
Kodex“ zu guter Unternehmensführung bekennen,
schneiden mit lediglich sechs Frauen (2013: sieben
Frauen) in den Vorstandsetagen noch schlechter ab.
33
Im Aufsichtsrat liegt der Anteil bei 12,0 % weiblich
besetzten Mandaten und damit ein weiteres Mal
unter dem Ergebnis der Top-200-Unternehmen.
Die staatsnahen Unternehmen machen hingegen
spürbare Fortschritte: Zahlen aus dem Jahr 2013
zeigen, dass unter den 285 vom Bund entsandten Aufsichtsratsmitgliedern 94 Frauen vertreten
sind. Durchschnittlich liegt die Bundesfrauenquote
damit in jenen 55 Unternehmen, an denen der Staat
mit mehr als 50 % beteiligt ist, bei 33 % (2011: 26
Prozent). Öffentliche Unternehmen nehmen so eine
Vorreiterrolle ein, die Privatwirtschaft und dabei
besonders die Kapitalmarktunternehmen hinken bei
der geschlechtergerechten Besetzung von Spitzenpositionen deutlich nach.“
Quotenregelungen sind die effektivste Methode zur
Erhöhung des Frauenanteils in zentralen Positionen.
Deshalb setzen sich die Grünen für gesetzlich verpflichtende Frauenquoten ein. Obwohl es heute so
viele Maturantinnen und Akademikerinnen wie noch
nie gibt, sind Frauen in allen wichtigen Bereichen
(z. B. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Sport, Medien
oder Gewerkschaft) weiterhin unterrepräsentiert.
Gesetzlich verpflichtende Quotenregelungen
würden dafür sorgen, dass die Top-Jobs seltener an
mittelmäßig qualifizierte Männer und öfter an die
bestqualifizierten Frauen gehen würden.
Mittels Frauenquoten soll eine Erhöhung des Frauenanteils in diversen Bereichen erreicht werden,
wobei diese Erhöhung auf verschiedenen Wegen angestrebt werden kann: von unmittelbar verpflichtenden Quotenvorgaben über Zielquoten, die innerhalb
einer bestimmten Zeit erreicht werden müssen, bis
zu Anreizmechanismen, die über finanzielle oder
andere Anreize zur Erhöhung von Frauenquoten motivieren sollen. Begründet werden können Frauenquoten mit der verfassungsrechtlichen Verankerung
der Gleichstellung der Geschlechter sowie mit dem
Anspruch des Staates, in seinem Tätigkeitsbereich
frauen und sichtbarkeit
bzw. auch dort, wo er finanziert, das politische Ziel
der Geschlechtergleichstellung zu verfolgen. In Österreich gibt es derzeit zwei Quotenregelungen:
>Eine gesetzliche Quotenregelung im Bundes gleichbehandlungsgesetz, die eine Bevorzugung
von Frauen bei gleicher Qualifikation vorsieht,
solange der Frauenanteil unter 45 % liegt.
>Für staatsnahe Unternehmen gibt es eine
Ministerratsvereinbarung, die vorsieht, dass der
Frauenanteil unter den von der Regierung entsandten Aufsichtsratsmitgliedern bis 2018 35 %
erreichen soll. Eine gesetzliche Regelung für
private Unternehmen ist nicht geplant, hier setzt
die Regierung auf die „freiwillige Selbstverpflichtung“ der Unternehmen.
Den Grünen ist das zu wenig: Wir fordern eine
50 %-Quote in allen Aufsichtsräten börsennotierter
Unternehmen und Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung.
Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner haben sich am
15. Februar 2011 im Ministerrat darauf verständigt,
dass staatsnahe börsennotierte Unternehmen, an
denen der Bund mindestens 50 % hält, bis 2013 im
Aufsichtsrat 25 % Frauen haben sollen und dieser
Anteil bis 2018 auf 35 % steigen soll. Eine gesetzliche Regelung soll es selbst bei Nichterreichung
des Ziels nicht vor 2018 geben. Für alle anderen
börsennotierten Unternehmen soll einstweilen keine
Quote, sondern nur eine Selbstverpflichtung in Form
einer „Explain or Comply“-Regelung des „Corporate
Governance Kodex“ gelten – statt des derzeitigen
ausschließlichen Empfehlungscharakters (R 42) „zur
Berücksichtigung der Aspekte der Diversität des
Aufsichtsrats auch im Hinblick auf die Vertretung
beider Geschlechter“.
p
frauenbericht 2015
34
Mama
geht arbeiten
Familiäre Pflichten werden noch immer primär Frauen zugeordnet.
Daher sind sie es, die allzu oft vor die Wahl zwischen Familie und
Karriere gestellt werden. Mehr Väterbeteiligung kann Frauen
einen rascheren Wiedereinstieg garantieren.
Die Geburt eines Kindes bedeutet für Frauen noch
immer einen massiven Einschnitt in ihre Erwerbskarriere. Frauen unterbrechen aufgrund einer Elternschaft nicht nur die Erwerbsarbeit, sondern nehmen
eine Arbeit danach auch nur in reduziertem Ausmaß
wieder auf. Auf Männer hat Elternschaft eine völlig
andere Auswirkung. Männliche Biografien werden
durch die Geburt eines Kindes nur unwesentlich
beeinflusst. Das Arbeitspensum von Vätern steigt
durch Familiengründung sogar an.
Die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit durch
den Ausbau der Kinderbetreuung sowie eine gleichmäßigere Verteilung der Betreuungsarbeit auf die
Elternteile – das müssen Ziele moderner Familienpolitik sein, und dazu gehören beispielsweise der
Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen Kinderbetreuungsplatz ab dem vollendeten 1. Lebensjahr des
Kindesund die Anerkennung sozialer Elternschaft
beim Kinderbetreuungsgeldbezug.
Wir Grüne fordern das Recht auf (Eltern-)Teilzeit für
alle mit Recht auf Rückkehr zur Vollzeitarbeit sowie
eine Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz
nach der Karenzzeit auf 26 Wochen. Denn: Nur eine
bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch
eine gute soziale Infrastruktur (ganztägige qualitativ
hochwertige Kinderbetreuung, mehr ambulante und
teilstationäre Dienste in der Altenbetreuung etc.)
hilft Frauen, einem ihrer Qualifikation entsprechenden Beruf nachzugehen.
Nach wie vor gibt es – bedingt durch Mehrfachzuständigkeiten (Bund, Länder, Gemeinden) sowie
jahrzehntelange Versäumnisse im Ausbau – viel zu
wenige Kinderbetreuungsplätze in Österreich. Krippe und Kindergarten sind die ersten und wichtigsten
Stationen auf einem lebenslangen Bildungsweg. D.h.
Bildung beginnt nicht erst mit dem Schuleintritt.
Eine umfassende öffentliche, qualitativ hochwertige
und leistbare Kinderbetreuungsstruktur ist auch eine
zentrale Voraussetzung dafür, dass Eltern tatsächlich
entscheiden können, wann sie nach der Kinderpause
wieder ins Berufsleben einsteigen wollen. Die Kinderbetreuungsquote bei den Drei- bis Fünfjährigen
liegt im Kindergartenjahr 2013/2014 bei 90,8%, bei
den Null- bis Zweijährigen allerdings nur bei 23%.
und die väter?
Derzeit haben lediglich Bundesbedienstete einen
Rechtsanspruch auf einen unbezahlten Papa-Monat.
Erstens sollten davon alle Väter – also auch jene in
der Privatwirtschaft – profitieren können. Zweitens
braucht es natürlich einen vollen Einkommensersatz.
Ein Papa-Monat darf nicht nur gut verdienenden
Vätern vorbehalten sein. Aus Sicht der Grünen muss
das Ziel sein, dass es für beide Elternteile selbstverständlich ist, sich an der Kinderbetreuung zu
beteiligen. Es liegt bestimmt nicht daran, dass Väter
nicht wollen, sondern viele Familien können es sich
nach wie vor aufgrund der Einkommensunterschiede
zwischen Männern und Frauen nicht leisten, dass der
Mann in Karenz geht. Genau hier muss angesetzt
werden, aber nicht mit einem Bonus, sondern mit
einem einkommensabhängigen Karenzgeld.
35
Aus einer von der APA veröffentlichten Aufstellung
des Beamtenressorts geht hervor, dass ungefähr jeder achte Vater den Papa-Monat in Anspruch nimmt.
Seit Jahresbeginn 2011 haben Männer im Öffentlichen Dienst diesen Anspruch auf einen Karenzurlaub
ohne Bezahlung im Ausmaß von bis zu vier Wochen.
Seit 1. Jänner 2011 gingen demnach 1.083 Männer in
den Papa-Monat.
wenn, dann gehen väter
kurz in karenz
frauen und sichtbarkeit
beim KBG. Dabei werden alle abgeschlossenen Fälle
herangezogen. Die Väterbeteiligung ist bei dieser
Betrachtungsweise vergleichsweise hoch, da bei der
Auswertung der abgeschlossenen Fälle nicht berücksichtigt wird, wie lange die Väter jeweils KBG in
Anspruch genommen haben. Bei der „Momentaufnahme“ der monatlichen Statistik ist die Väterbeteiligung deutlich geringer, weil Väter in der Regel nur
für wenige Monate KBG beanspruchen. Bei genauerem Hinsehen heißt das also: Väter beteiligen sich
zwar in steigendem Ausmaß, aber der Zeitraum der
Inanspruchnahme ist nach wie vor deutlich kürzer als
der von Frauen.
p
In der Öffentlichkeit kursieren regelmäßig verschiedene Statistiken zur Väterbeteiligung beim Kinderbetreuungsgeld (KBG). Das Ministerium beruft sich
dabei auf Sonderauswertungen zur Väterbeteiligung
Nicht bezahlte Arbeit Frauen/Männer/insgesamt
Stunden pro Tag ab 19 Jahren
(Montag–Sonntag)
06:00
04:52
04:48
03:59
03:36
03:52
03:08
02:42
02:24
02:10
01:12
00:35
00:00
Haushaltsführung
Gesamt
Frauen
Quelle: Statistik Austria, Zeitverwendungserhebung; erstellt am 1. 10. 2012
00:45
00:22
Kinderbetreuung
Männer
00:09 00:08 00:10
Freiwilligenarbeit
insgesamt
frauenbericht 2015
36
Wie wir –
und wie weiblich?
Unter Österreichs JournalistInnen herrscht annährend
Geschlechterparität. Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf:
Es gibt noch viel zu tun. Auch beim ORF.
Im Journalismus sind immer mehr Frauen tätig.
Netzwerke stärken Autorinnen, Redakteurinnen und
Chefredakteurinnen. Laut „Journalisten-Report“
(2007) liegt Österreich mit einem Frauenanteil von
42 % im Journalismus weit vor der Schweiz (33 %)
und vor Deutschland (37 %).
Im Detail zeichnet sich jedoch ein bereits bekanntes Bild ab: Fast ein Drittel der Frauen (32 %) in
Medienberufen arbeitet in Teilzeit; von den Männern tun dies lediglich 18 %. Ein großer Unterschied
zwischen Journalistinnen und Journalisten zeigt sich
auch noch immer beim Einkommen: Bei den 30- bis
39-Jährigen verdienen 85 % der Frauen unter 3.500
Euro, aber nur 67 % der Männer. Und: Je höher man
in die Führungsetagen kommt, desto weniger werden die Frauen. Während also fast jeder fünfte Mann
(18,5 %) eine leitende Funktion ausübt, tut dies bei
den Frauen nur knapp eine von zehn (9 %)1.
gleichstellung im ORF
Der ORF als öffentlich-rechtlicher Sender ist per
ORF-Gesetz dazu verpflichtet, „nach Maßgabe der
Vorgaben des Gleichstellungsplanes (§ 30b) auf eine
Beseitigung einer bestehenden Unterrepräsentation
von Frauen an der Gesamtzahl der dauernd Beschäftigten und der Funktionen sowie von bestehenden
Benachteiligungen von Frauen im Zusammenhang
mit dem Arbeitsverhältnis hinzuwirken“. Weiters
heißt es in § 30a (2): „Frauen sind unterrepräsentiert, wenn der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl
der dauernd Beschäftigten, einschließlich überlas-
sener Arbeitskräfte, 1. in der betreffenden Verwendungs-, Entlohnungs- oder Funktionsgruppe oder
2. in sonstigen hervorgehobenen Verwendungen
oder Funktionen, welche keine Unterteilung in
Gruppen aufweisen, der Stiftung weniger als 45 vH
beträgt.“
Wie es um die Gleichstellung bei Österreichs größtem Medienanbieter bestellt ist, zeigen die Ergebnisse des von der ORF-Gleichbehandlungskommission
und der internen AG für Gleichstellungsfragen
vorgelegten Berichts:
Zum Stichtag 31. 10. 2014 standen im ORF 1.434
Frauen und 1.933 Männer in einem dauernden
Beschäftigungsverhältnis, das entspricht einem
Frauenanteil von 42,6 % (plus 0,4 Prozentpunkte
gegenüber 2013).
Davon betrug der Frauenanteil
> im Bereich Programm 53,3 %
(plus 0,1 Prozentpunkte)
> im Bereich Administration und Technik 29,9 %
(plus 0,2 Prozentpunkte)
> im Bereich Landesstudios 45,7 %
(plus 1,2 Prozentpunkte)
Betrachtet man den Frauenanteil nach Altersgruppen, wird der ORF zunehmend weiblicher – allerdings zeigt sich bei der Analyse des Frauenanteils in
den einzelnen Verwendungsgruppen, dass durchaus
Handlungsbedarf besteht. Auch wenn die im Zuge
der Umsetzung des Gleichstellungsplans im vergangenen Jahr getroffenen Maßnahmen, insbesondere die „Gleichstellungsmillion“, zu einer weiteren
Verbesserung des Frauenanteils in den höheren
37
Verwendungsgruppen führten – einen Frauenüberhang gibt es nur in den Verwendungsgruppen bis
10 (Sekretariate); in den Redaktionen (bis VG13)
sind 38 % der MitarbeiterInnen weiblich, im mittleren
Management nur 27 %, auf Ebene der AbteilungsleiterInnen und HauptabteilungsleiterInnen 23 %.
Die ORF-Geschäftsführung ist zudem klar männlich
dominiert: Unter den DirektorInnen findet sich mit
Kathrin Zechner als Fernsehdirektorin die einzige
Frau, unter den LandesdirektorInnen sind mit Karin
Bernhard (Kärnten) und Brigitte Wolf (Wien) zwei
von neun Posten mit Frauen besetzt.
Ein Blick auf die Beschäftigungsarten lässt ebenfalls Verbesserungspotenzial erkennen, denn die
befristeten Verträge entfielen auf 46 Männer und
83 Frauen, daraus ergibt sich ein Frauenanteil von
64,3 %. Von den unbefristeten Verträgen entfielen
1.731 auf Männer und 1.296 auf Frauen, woraus
sich ein Frauenanteil von 42,8 % ergibt (plus 0,3
Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr).
Bei der
Mehrzahl der befristeten Verträge handelt es sich
um Karenzvertretungen, die wiederum überwiegend
frauen und geld
auf Frauen entfallen. Der Frauenanteil im Bereich der
Teilzeitbeschäftigung beträgt 71,3 %, der Frauenanteil im Bereich der Vollzeitbeschäftigung 31,5 %.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wurde
währenddessen in New York mit dem „Women’s
Empowerment Principles CEO Leadership Award“
ausgezeichnet, einem internationalen UNO-Preis, der
an ManagerInnen verliehen wird, die sich speziell für
die Gleichstellung von Frauen einsetzen. Dass der
Gleichstellungsplan des ORF bereits international
Beachtung findet, ist natürlich gut. Noch besser
wäre es aber, wenn die angestrebte Quote auch
auf allen Ebenen erfüllt wird.
p
Andy Kaltenbrunner, Matthias Karmasin, Daniela
Kraus, Astrid Zimmermann: Österreichs Medien
und ihre Macher. Eine empirische Erhebung. In: Der
Journalisten-Report. Teil I, Facultas Verlags- und
Buchhandels AG. Wien 2007
1)
ORF-Mitarbeiter-Statistik 2013/2014
Verwendungsgruppe
männerfrauen gesamt
frauenanteil
2014
2013
VG 2–10
466
641
1.107
57,9 %
57,1 %
VG 11–14
1.067
624
1.691
36,9 %
36,4 %
VG 15–18
341
145
486
29,8 %
28,7 %
Quelle: Bericht „Gleichstellung im ORF“, November 2014
frauenbericht 2015
38
Europa-Panorama
Von der Gleichstellung von Frauen und Männern
in der EU sind wir auch im Jahr 2015 weit entfernt.
Werfen wir einen Blick in die Berufswelt: In der EU
sind Frauen in allen Bereichen in Führungspositionen
unterrepräsentiert, durchschnittlich sind nur 17 %
Frauen in Spitzengremien. Die „gläserne Decke“
erweist sich im Karriereverlauf oft aus Beton. Eine
Quote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen wäre ein wichtiger Schritt in Richtung gerechtere Repräsentation von Frauen – so fordert es die
von den Grünen unterstützte „Women on Board“Richtlinie.
die politik als vorbild?
Nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der
Politik sollte Gleichstellung gelebt werden. Derzeit
sieht es allerdings düster aus: Die EU-Kommission
hat nach wie vor eine Frauenquote von nur knapp
einem Drittel, das Europäische Parlament von 37 %.
Die Europäische Grüne Partei (EGP) geht mit gutem
Beispiel voran und hat – ähnlich den Österreichischen Grünen – eine Mindestfrauenquote von 50 %
in allen Gremien verankert.
Der europäische Vergleich zeigt ganz klar: Fortschritte beim Frauenanteil gibt es nur in Ländern, die
verbindliche Regelungen geschaffen haben – selbstverpflichtende und damit unverbindliche Quoten
sind nicht genug. Deshalb braucht es Anreizsysteme:
In Irland beispielsweise verlieren Parteien, die nicht
mindestens 30 % Frauen auf ihren Listen stehen
haben, die Hälfte der staatlichen Parteienförderung.
viele männer wollen nicht
nur ernährer, sondern auch
väter sein
Zahlreiche Studien zeigen, dass ein Großteil der
berufstätigen Väter gerne weniger arbeiten würde.
Dagegen möchten 20 % der erwerbstätigen Frauen
ihre Wochenstundenzahl erhöhen. Und hier beißt
sich die Katze in den eigenen Schwanz: Männer
möchten gerne weniger arbeiten und auch ihre Rolle
als Vater ausfüllen, doch im Regelfall verdienen
sie besser als Frauen. Frauen möchten gerne mehr
arbeiten, aber verdienen deutlich weniger und/oder
sind in Teilzeitanstellungen gefangen. Um endlich
einen Schritt vorwärts zu machen, muss mit der
Mutterschutzrichtlinie auch eine EU-weite Regelung
für eine Freistellung der Väter unmittelbar nach der
Geburt eines Kindes eingeführt werden. Doch die
Diskussionen dazu sind zermürbend, der Rat der EU
blockiert das Vorhaben, den meisten Mitgliedstaaten ist das zu teuer. Europäischer Fortschritt sieht
anders aus. Derzeit wird lieber in Atomenergie und
Autobahnen investiert statt in Europas Zukunft.
p
> Monika Vana, Grüne EU-Abgeordnete
39
frauen und sichtbarkeit
wir grüne
wo l l e n :
> Eine gesetzlich verpflichtende Geschlechterquote von
mind. 50 % für Aufsichtsratsgremien
> Die Förderung von Arbeitszeitmodellen, die Führungspositionen
in Teilzeit ermöglichen
>
Verpflichtende Frauenquoten bei der Erstellung von KandidatInnenlisten
für Wahlen und die Bindung der Parteienförderung an die Erfüllung dieser
Quoten über ein System einer Basisparteienförderung mit Zusatzprämien
und Zuschlägen je nach erzielter Frauenquote
>
50 %-Frauenquoten bei der Besetzung von Gremien im öffentlichen
Bereich, z. B. bei den von Regierungsstellen zu entsendenden VertreterInnen
in Beiräten (Menschenrechtsbeirat, Gentechnik-Kommission,
ORF-Stiftungsrat etc.)
> Halbe-halbe in der Bundesregierung: Die Besetzung der Ministerien
mindestens zur Hälfte mit Frauen und der Regierung insgesamt zur Hälfte
mit Frauen ist für die Grünen (Selbst-)Verpflichtung
> Ja zu kostenlosen Kindergärten, denn es handelt sich um
Bildungseinrichtungen
>
Bundeseinheitliche Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung
(Bundesrahmengesetz): Öffnungszeiten, Kosten, Raumgröße und
Gruppengröße dürfen nicht von der Postleitzahl abhängen; jedes Kind
in Österreich soll die gleichen Bildungschancen haben.
> Aufwertung des Berufs der KindergartenpädagogIn; adäquate Bezahlung
auch infolge einer reformierten Ausbildung (auf Hochschulniveau)
>
Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige und kostenlose Kinderbetreuung für Kinder ab einem Jahr bei gleichzeitiger Verlängerung und
Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen.
Langfristig soll dieser Rechtsanspruch ab Ende der Mutterschaftsschutzfrist bestehen.
frauenbericht 2015
40
r
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c
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gesch
klischees
t
i
e
h
c
s
’
g
sind nicht
Es gibt sie nach wie vor: die klassischen Frauen- und
Männerdomänen im Bildungsbereich und am Arbeitsmarkt.
Frauen in Führungspositionen? Erfolgreich, aber rar. Frauen in
Technikberufen? Qualifiziert, aber selten. Nur durch ein geschlechtersensibles Bildungssystem kann es echte Chancengleichheit im
Bildungsbereich und am Arbeitsmarkt geben.
Raspberry, also Himbeere. Raspberry Pi, um genauer zu sein – so heißt das kleine blaue Kästchen auf Nele
Schnabls Schreibtisch. Es ist kaum größer als ein Seifenstück, aber ein voll funktionsfähiger Computer, und
es kann alles, was man als angehende EDV-Technikerin zum Programmieren und Experimentieren braucht.
„Hast du schon mal von Linux gehört? Shell Command?“, fragt Nele. „Obwohl … das ist vielleicht schon ein
bisschen nerdig.“ Raspberry Pi wurde vor ein paar Jahren mit dem Ziel entwickelt, jungen Menschen den
Erwerb von Programmier- und Hardwarekenntnissen zu erleichtern. Und Nele ist jetzt eine davon.
Die gebürtige Waldviertlerin hat in der siebten Klasse Gymnasium die Schule abgebrochen. Die angefangene
AugenoptikerInnen-Lehre stellte sich als mäßig interessant heraus, also fragte Nele ihre AMS-Betreuerin, ob
sie beim Programm „Frauen in Handwerk und Technik“, kurz FiT, mitmachen könnte. Sie konnte. Mit dem
Programm wird die Qualifizierung von Frauen in handwerklich-technischen Berufen gefördert. „Ich hab mir
eine Holzwerkstatt angeschaut, den Bereich Elektronik, ich hab überall ein bissl reingeschnuppert.“ In ihrem
jetzigen Lehrbetrieb wurde sie aufgenommen, nachdem sie ein EDV-Praktikum absolviert hatte. „Nele hat
sich im Praktikum sehr bewährt“, meint ihr Lehrlingsbetreuer Oliver. „Auf sie kann man sich verlassen. Sie ist
sehr genau, und das ist in diesem Job das Um und Auf.“ „Ich lern das schnell“, meint Nele. „Ich schau’s mir
an, mach’s einmal, und dann hab ich es mir gemerkt.“
Die EDV-Abteilung, in der Nele arbeitet, ist klein. Neben Oliver hat Nele noch eine Kollegin. „Mädchensein
in dem Beruf war deshalb für mich bisher das Normalste auf der Welt, auch weil meine Schwester EDVTechnikerin ist. Erst in der Berufsschule hab ich mitbekommen, dass der Technikbereich noch immer
männerdominiert ist“, sagt Nele. In ihrer Klasse ist sie das einzige Mädchen. „Es gibt nur männliche Lehrer,
aber wir haben eine Direktorin!“
Nele will auf jeden Fall die Matura nachmachen und hat sich auf Anraten des Klassenvorstands für die
Berufsmatura angemeldet. Die Lehre mit Reifeprüfung machen laut einer Statistik des Bildungsministeriums
übrigens 8,7% aller Lehrlinge, Tendenz: steigend.
„Nach der Lehre will ich ein paar Jahre arbeiten, dann aber vielleicht noch studieren – Kultur- und
Sozialanthropologie würde mich interessieren.“ Die Ausbildung, so Nele, ist für sie die Sicherheit, jederzeit
wieder in den Job zurückkehren zu können. „EDV-TechnikerInnen werden ja immer und überall gesucht.“ Ein
Job mit Zukunft also – und eine Frau, die noch viel vorhat.
p
41
Nele
Schnabl, 19
EDV-Technikerin in Lehre
frauen und bildung
frauenbericht 2015
42
Wissen ist
weiblich
Beim Thema Bildung haben Frauen in den letzten Jahren
„aufholen“ können. Frauen sind top ausgebildet, ab Maturaniveau
überholen sie sogar die Männer. Aber nach wie vor gilt: je höher
der Abschluss, umso geringer der Frauenanteil.
Die gute Nachricht zuerst: Geschlechterspezifische
Unterschiede im Bildungsniveau haben abgenommen. Bezogen auf die Bevölkerung im Alter von 25
bis 64 Jahren haben Frauen zwar immer noch ein
niedrigeres Bildungsniveau als Männer – im Jahr
2012 hatten 23,2 % der Frauen dieses Alters höchstens einen Pflichtschulabschluss, bei den Männern
lag der Anteil bei 14,9 %. Bezüglich der Reifeprüfungsquote haben Frauen ihre männlichen Schulkollegen dagegen bereits Mitte der 1980er-Jahre
überholt. 2012/13 haben 49,7 % der jungen Frauen
(bezogen auf den Durchschnitt der 18- bis 19-Jährigen) die Matura erfolgreich abgelegt. Bei den
Männern waren es hingegen nur 35,5 %. 58,3 % der
Maturaabschlüsse werden von Frauen abgelegt,
bei den Lehrabschlüssen liegt der Frauenanteil bei
44,3 %. An Universitäten haben die Frauen die Männer bereits überholt. Im Studienjahr 2012/13 wurden
58,7 % der Studienabschlüsse von Frauen erworben.
Bei den Doktoraten sind Männer allerdings noch in
der Überzahl. 56,3 % der postgradualen Doktoratsabschlüsse entfielen auf Männer. Bei den Studienabschlüssen an Fachhochschulen ist der Frauenanteil
mit 48,9 % insgesamt noch deutlich niedriger als an
den Universitäten.
gleichstellung im
schul- und bildungswesen
Große geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen nach wie vor in der Fächerwahl, und zwar
sowohl was den Schul- als auch den Hochschulbereich betrifft.
Schon im Kindergarten und in der Volksschule sollte
bei Mädchen das Interesse an Technik und Naturwissenschaften geweckt werden, und Burschen muss
mehr geboten werden als Bauecken. Jedes Kind
braucht Platz zur Entfaltung seiner Persönlichkeit
und zur Erweiterung eigener Handlungskompetenzen. Denn im Bildungssystem wird der Grundstein
für die weitere Berufs- und Bildungswahl gelegt.
Bei der Genderkompetenz der PädagogInnen gibt
es noch großen Verbesserungsbedarf. LehrerInnen
müssen die Kompetenzen für einen geschlechtersensiblen Unterricht im Rahmen der Aus- und
Weiterbildungen erwerben.
Bedauerlich ist, dass es kaum mehr Förderungen
für Projekte zur geschlechtersensiblen Berufs- und
Ausbildungswahl gibt. Ohne diese Projekte fehlen
ExpertInnen, die ihr Wissen über eine geschlechtersensible Berufs- und Ausbildungswahl in die Schulen
tragen. Investitionen in die Verbesserung der
Berufschancen von Mädchen lohnen sich immer und
dürfen daher nicht als Einsparungsposten gesehen
werden.
ich mach eine lehre!
Von den insgesamt 115.068 Lehrlingen in Österreich im Jahr 2014 waren 39.249 Mädchen. Die am
häufigsten von Mädchen gewählten Lehrberufe sind
Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau und Friseurin.
Verglichen mit den Zahlen der Lehrlingsabschlüsse
lässt sich daraus also schlussfolgern, dass mehr
Mädchen die Lehre abschließen als Burschen.
43
Die vor allem von Mädchen gewählten Lehrberufe
sind wesentlich schlechter bezahlt als die männerdominierten Bereiche (Beispiel Friseurin und KFZ-Mechaniker). Unser Bildungssystem fördert Mädchen
und junge Frauen kaum, Technik und Handwerk als
Berufsbild zu wählen. All dies führt dazu, dass Mädchen und junge Frauen in tradierte Rollenklischees
gedrängt werden. Maßnahmen zu Chancengleichheit
und Selbstbestimmung für alle Mädchen und junge
Frauen in Österreich müssen als ein hohes gesellschaftliches Ziel erarbeitet und umgesetzt werden.
ich geh studieren!
An den öffentlichen Universitäten belegen Frauen
in erster Linie verstärkt geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche sowie pädagogische Studien,
während die Männer in der Mehrzahl technische Studienfächer wählen. Betrachtet man die Frauenquote
auf Ebene der einzelnen Studienrichtungen, so sind
Sprachstudien, veterinärmedizinische Studien und
Pädagogik typische „Frauenstudien“. Hier werden
Frauenanteile von über 80 % erreicht. Männliche
Domänen sind die Studienrichtungen Maschinenbau,
Elektrotechnik und Informatik mit Frauenanteilen
von bis zu unter 10 %.
frauen und bildung
Bezogen auf die Studienabschlüsse zeigen sich
im Zeitvergleich jedoch merkbare Veränderungen.
Während 2002/03 nur 16,4 % der Abschlüsse im
Bereich Montanistik von Frauen abgelegt wurden,
waren es 2012/13 schon 25,8 %. In den Rechtswissenschaften stieg der Frauenanteil von 50,2 % auf 53,5 %.
In den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften lag der
Anteil der Frauen 2002/03 bei 49,0 % und 2012/13
bei 52,4 %. Bei den Abschlüssen in Veterinärmedizin
ist der Frauenanteil von 71,6% weiter auf 84,7 % angestiegen. Aber auch in den Naturwissenschaften konnte der Frauenanteil weiter zulegen (2002/03: 57,0 %,
2012/13: 62,4 %). In der Medizin, der bildenden und
angewandten Kunst sowie in der darstellenden Kunst
ist der Frauenanteil allerdings zurückgegangen.
mit wissen zur
führungsposition?
Auch eine gute bzw. höhere Ausbildung garantiert
Frauen allerdings kein existenzsicherndes Einkommen, und Bildung allein führt nicht zwangsläufig zu
mehr Chancengleichheit.
Selbst bei gleichen Bildungsabschlüssen sind Frauen
stärker in mittleren Positionen vertreten, während
Männer häufiger in Führungspositionen aufsteigen.
Die zehn häufigsten Lehrabschlüsse nach Lehrberufen
Einzelhandel ingesamt
Bürokauffrau/-mann
Landwirtschaft
Kraftfahrzeugtechnik
Köchin/Koch
Installateur und Gebäudetechniker
Metalltechnik insgesamt
Friseur und Perückenmacher
Maschinenbautechnik
Maurerin/Maurer
0
Männer
Frauen
Quelle: Statistik Austria, Schulstatistik 2012/2013; erstellt am 12.1.2015
1.000
2.000
3.000
4.000
5.000
6.000
frauenbericht 2015
44
Nach dem Abschluss einer BHS üben beispielsweise
bedeutend mehr Frauen (53,8 %) als Männer (28,6 %)
nur mittlere Tätigkeiten aus, während umgekehrt
mehr Männer (42,3 %) als Frauen (27,6 %) mit
BHS-Abschluss höher und hoch qualifizierte Tätig-
keiten verrichten. Deutlich ist auch der Unterschied
bei Beschäftigten mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss, hier üben 22,3 % der Männer, aber nur
7,0 % der Frauen eine führende Tätigkeit aus.
p
Die gläserne Decke
hat einen Sprung
Die universitäre Forschung wird noch immer klar von Männern
dominiert. Je höher die Karrierestufe, desto weniger Frauen. Das
Potenzial und die Notwendigkeit frauenfördernder Maßnahmen
wurden erkannt – aber sie greifen langsam.
Frauen sind in Österreich in der Forschung stark
unterrepräsentiert. Innerhalb der EU ist Österreich,
was den Anteil von Wissenschafterinnen und
Ingenieurinnen an den Erwerbstätigen betrifft, weit
abgeschlagen. Speziell in der Hochschulforschung
nimmt der Frauenanteil mit jeder Karrierestufe ab
(„leaky pipeline“).
Österreich braucht jedoch dringend NachwuchswissenschafterInnen, um den Anschluss an die
führenden Forschungsnationen nicht zu verlieren.
Die Abwanderung von „High Potentials“ ins Ausland
aufgrund fehlender Karrieremöglichkeiten, starrer
hierarchischer Strukturen und fehlender Commitments zu echter Gleichstellung muss gestoppt
werden.
Zwar sind durch gezielte Maßnahmen der letzten
Jahre gewisse Erfolge sichtbar, doch der Frauenanteil bewegt sich im Vergleich zum vorhandenen
Potenzial weiterhin auf einem niedrigen Niveau.
Während bereits 61,4 % der Erstabschlüsse (an öffentlichen Universitäten und Fachhochschulen nach
Hauptstudienrichtung 2012/13) auf Frauen entfielen,
liegt der Frauenanteil bei den Doktoraten bereits bei
nur mehr 43,7 %, bei den AssistentInnen bei 39% und
bei den ProfessorInnen gar nur bei kümmerlichen
22,2 %. Eine besondere Hürde für Frauen auf dem
Weg zur Professur stellt die Habilitation dar. Dieser
Qualifizierungsschritt ist für Frauen häufig schwer
zu bewältigen, weil er mit der Phase des Elternwerdens zusammenfällt. Die Habilitation ist international
völlig unüblich und nur mehr bei einem Teil der
Berufungen überhaupt relevant. Daher sollte sie
gänzlich abgeschafft werden.
Frauenförderung muss ein integraler Bestandteil
der Leistungsvereinbarungen bleiben. Die Unis
müssen zur Umsetzung konkreter frauenfördernder
Maßnahmen verpflichtet werden. Auch müssen
etwa Laufbahnstellen ausgebaut und ein echtes
Tenure-Track-System (ein aus den USA kommendes Laufbahnmodell für Hochschullehrende mit
hohem Kündigungsschutz) eingeführt werden. Das
Stipendienwesen auf Doktoratsebene ist auszubauen. Dabei ist auch die grundlegende Vereinbarkeit
von Beruf und Privatleben herzustellen. Es müssen
nicht nur Betriebskindergärten eingerichtet, sondern
auch familienfreundliche Beschäftigungsverhältnisse
geschaffen werden. An den chronisch unterfinanzierten Hochschulen wird ein Großteil der Lehre und
Forschung von Personal in befristeten und teilweise
sehr schlecht bezahlten Stellen bestritten. In den
Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften ist die
Situation besonders schwierig. Diese Fächer haben
45
einen hohen Frauenanteil und sind im Vergleich mit
anderen Disziplinen finanziell deutlich schlechter
ausgestattet. Die meisten Forschungsförderungsprogramme sind auf Naturwissenschaft und Technik
ausgerichtet. Aus diesem Grund sind Frauen wesentlich häufiger vom akademischen Prekariat betroffen
als Männer.
frauen und bildung
Im Studienjahr 2013/14 waren an den öffentlichen
Universitäten 36.173 Personen als wissenschaftliches
und künstlerisches Personal tätig. Davon waren
2.356 ProfessorInnen; 33.919 entfielen auf das sonstige wissenschaftliche und künstlerische Personal.
Insgesamt betrug der Frauenanteil 39,5 %.
feministische
forschung
zahlen und fakten
Der sogenannte „Glass Ceiling Index“ im Gender
Monitoring des Wissenschaftsministeriums zeigt,
dass Aufstiegschancen von Frauen v. a. an den
Kunstunis und der Uni Klagenfurt gegeben sind;
am schlechtesten schneiden die Montanuni und die
Veterinärmedizinische Universität ab. Zwar zeigt die
Analyse eine signifikante Verbesserung, andererseits
beweist sie aber auch, dass Männer nach wie vor
bessere Aufstiegschancen haben.
Der Frauenanteil am gesamten wissenschaftlichen
bzw. künstlerischen Personal liegt österreichweit bei
35 %. Den Höchstwert weist die Vetmed auf (57 %),
den niedrigsten wieder die Montanuni (16 %), gefolgt
von der TU Graz (17 %).
In den universitären Führungsgremien sieht es bezüglich Frauenanteil im Regelfall wesentlich besser
aus: In den Universitätsräten gibt es bereits fifty-fifty,
in den Rektoraten (inklusive der Vizerektorate) liegt
der Frauenanteil bei 43 %, in den Berufungskommissionen bei 42 %, in den Habilitationskommissionen
bei 38 % und in den Senaten bei 42 %. Die absoluten
Führungspositionen sind aber weiter eher in Männerhand: Von den derzeit 22 RektorInnen sind nur
sieben Frauen.
Um tatsächliche Gleichstellung zu erreichen, darf
sich feministische Politik nicht nur mit Personalpolitik begnügen. Die Auseinandersetzung mit
den Faktoren der Ungleichheit ist zentral für ihre
Überwindung. Wissenschaft und Forschung waren
jahrhundertelang von Männern geprägt, erst in den
letzten hundert Jahren waren Frauen zum Studium
zugelassen. Die Auswirkungen dieses Ausschlusses
liegen nicht nur in der nach wie vor niedrigen Zahl
an Professorinnen, sondern auch in den Wissenschaften selbst: So beschäftigte sich die Medizin z. B.
lange vornehmlich mit dem männlichen Körper, die
Literaturwissenschaft nur mit männlichen Autoren
etc. In den letzten Jahrzehnten haben sich daher
einerseits interdisziplinäre Gender Studies etabliert,
andererseits gibt es fachspezifische feministische
Forschungsschwerpunkte. Diese feministische Wissenschaft gerät jedoch in Zeiten der Budgetknappheit und eines antifeministischen Backlashs (also Angriffe auf Frauenrechte) zunehmend in Bedrängnis.
Die feministischen Wissenschaften müssen weiterhin
eingefordert und ausgebaut werden, um ihren Beitrag zur Gleichstellung leisten zu können.
p
Lehrpersonal-Verteilung an den öffentlichen Universitäten in Österreich
Personaltyp Personen
Vollzeitäquivalente
ZusammenMänner
Frauen
ZusammenMännerFrauen
Öffentliche Universitäten
Lehrpersonal gesamt
36.173
21.898
20.453
13.105
Professorinnen und Professoren
2.356
1.834
522
2.270
1.766
503
Sonstiges wissensch. u. künstl. Personal
33.919
20.150
13.773
18.183
11.339
6.845
Quelle: Statistik Austria, 2014. Lohnsteuer- und HV-Daten. Ohne Lehrlinge.
14.279
7.348
frauenbericht 2015
46
5 Fragen an …
Edeltraud Hanappi-Egger,
Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien
Sie sind studierte Informatikerin und forschen
seit Anfang der 90er-Jahre u.a. zur Situation von
Frauen in der IT-Branche. Was ist das Spannende
am Forschungsfeld Frauen und Technik?
Edeltraud Hanappi-Egger: Das Spannende im
wahrsten Sinne des Wortes ist, dass gerade der
Technikbereich stark mit Männern und Maskulinitätskonstruktionen in Verbindung gebracht wird
und daher Frauen noch immer als eher exotisch
wahrgenommen werden. Gerade diese Sonderstellung macht es Frauen dann schwer, mit dem
Spannungsverhältnis umzugehen, dass sie einerseits als Expertinnen anerkannt werden wollen,
andererseits das aber immer wieder im
Widerspruch zum Frausein zu stehen
scheint. Wenn sie also versuchen,
„wie Männer“ zu sein, gelten sie
als unweiblich, wenn sie etwas
anders machen, gelten sie als
unprofessionell. Dieses Dilemma
wird in der Literatur als „double
binding“ bezeichnet.
Bei der Anzahl der StudienanfängerInnen und Uni-AbsolventInnen liegen Frauen
inzwischen vorne. Doch im Zuge einer universitären Laufbahn kommen der Wissenschaft die
Frauen abhanden. So liegt der Frauenanteil bei
den AssistentInnenstellen nur noch bei 40 %,
unter den DozentInnen und ProfessorInnen bei
20 %. Wo sind die Frauen?
Das Problem, dass Frauen im Laufe der wissenschaftlichen Karrieren immer weniger werden,
ist ein europaweites. Das liegt wohl daran, dass
die Vorstellung einer wissenschaftlichen Normalbiografie hohe zeitliche und örtliche Flexibilität
inkludiert, die gerade in bestimmten Lebensabschnittsphasen schwer lebbar ist. Das führt
tendenziell zu einem stärkeren Ausschluss und
Selbstausschluss von Frauen. Das bedeutet, dass
wir Frauen dann oft im Drittmittelbereich und/
oder in der Lehre finden. Das Problem kriegen
wir wohl erst in den Griff, wenn sich die Wissenschaftskultur in Summe in Richtung mehr Inklusion
verändert. Dazu gehört z. B. auch, dass sich eine
karriererelevante Leistungsbeurteilung auf
ein breites Leistungsportfolio bezieht.
Werden Ihrer Einschätzung nach Frauen in
Forschung und Lehre benachteiligt? Wenn ja,
wie äußert sich diese Benachteiligung?
Ich meine, es sind nicht die Frauen per se, sondern
es werden bestimmte Lebenskontexte
benachteiligt, nämlich solche, die es
einfach nicht erlauben, den extrem
hohen Ansprüchen in wissenschaftlichen Karrieren zu genügen. Internationale Erfahrungen,
generell Mobilität, eine stark auf
Publikationsoutput in angesehenen Fachjournalen ausgerichtete
Evaluierung, Drittmitteleinwerbungen usw. – das impliziert eine ziemliche
soziale Unabhängigkeit. Alle, die das nicht
leben können oder wollen, haben es in der Wissenschaft schwer – und es sind statistisch gesehen
weitaus mehr Frauen als Männer, die Vereinbarkeitsprobleme haben.
Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die
geringe Zahl von Frauen in leitenden Positionen
in der Wissenschaft, insbesondere in Ihrem Fach?
Führungspositionen werden traditionell noch
immer stark mit sehr spezifischen Männerbildern
in Verbindung gebracht. Ähnlich wie bei Frauen
in der Technik stellt sich auch hier das Problem,
dass Frauen sich an diese Vorstellungen anpassen
oder andere Wege gehen können. Dabei laufen sie
47
Gefahr, entweder als unweiblich oder als unprofessionell zu gelten. Dies erzeugt ambivalente
Haltungen Führungsaufgaben gegenüber. Es fehlt
an Rollenvorbildern, aber auch an sogenannten
Talentemanagement-Projekten, also Karriereprogrammen. Oft liegt es aber auch an der fehlenden
Ermutigung: In der Annahme, dass Frauen „eh
nicht an Führungsaufgaben interessiert sind“, werden sie schlicht nicht gefragt – oder „übersehen“.
Manche FeministInnen halten bisherige Förderinstrumente für unzureichend und plädieren für
eine Frauenquote. Sind Sie persönlich für oder
gegen die Einführung einer Frauenquote in Forschung und Lehre?
frauen und bildung
Quoten sind ohne Frage ein Beschleunigungsinstrument, sie bringen also schneller einen entsprechenden Effekt. Allerdings gebe ich zu bedenken,
dass Quoten immer gleiche Qualifikationen
voraussetzen. Damit wird aber das System, am
Beispiel Wissenschaft mit den sehr spezifischen
karriererelevanten Leistungsbewertungen, nicht infrage gestellt. Es wäre aber meines Erachtens auch
an der Zeit, zum Beispiel die Rolle der Lehre an
den Universitäten wieder aufzuwerten und stärker
bei der Evaluierung und Mittelvergabe einfließen
zu lassen. Daher: Ja, Quoten, wo sie Sinn haben.
Aber auch eine Hinterfragung der Wissenschafts> Foto: Gloria Warmuth
kultur steht an.
p
Frauen
helfen Frauen
Frauenberatungsstellen kämpfen mit einer schwierigen
finanziellen Struktur. Die Politik muss Rahmenbedingungen
schaffen, damit die Mitarbeiterinnen in den Frauenberatungen
noch besser helfen können.
Die Erfahrungen und das Wissen der Expertinnen
über die Situation von Frauen in der Region sind
enorm wichtig. Sie wissen am besten, was Frauen, die sich in schwierigen Situationen befinden,
brauchen.
Österreichweit werden aus dem Budget für Frauen
im Bundesministerium für Bildung und Frauen derzeit 56 Frauenservicestellen mit 13 Außenstellen, die
aufgrund ihres ganzheitlichen Beratungsangebots
jedenfalls geschlechtssensible Berufsorientierung
anbieten, gefördert.
Laut Auskunft der Bundesministerin wurden
2013 aus den Mitteln der Frauenprojektförderung
5.890.961 Euro und 5.874.240 Euro an Förderungen
im Jahr 2014 vergeben. Für das Förderjahr 2015 lagen mit Stand 12. Jänner 2015 207 Anträge vor. Fünf
davon sind abschließend behandelt, alle übrigen in
Bearbeitung.
Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser leisten einen wertvollen Dienst. Dieser Dienst muss honoriert
und weiter entsprechend gefördert werden.
Zu diesem Zweck soll ein eigenes Frauenberatungsförderungsgesetz – analog zum Familienberatungsförderungsgesetz – erlassen werden, das objektive
Kriterien für die Fördervergabe und bei deren Erfüllung einen Rechtsanspruch auf Förderung festlegt.
Rahmenförderverträge mit Fraueneinrichtungen sind
grundsätzlich mindestens auf drei Jahre abzuschließen, und jede Frauenberatungsstelle sowie die Frauenservicestellen sollen eine Basisfinanzierung in der
Höhe von bis zu 100.000 Euro vom Bund erhalten.
Es ist zu prüfen, inwieweit die Leistungs- und
Finanzierungsbedingungen des AMS bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Frauen und
Mädchen Direktvergaben an Frauenberatungsstellen
zulassen, da Frauenberatungsstellen meist nicht
frauenbericht 2015
48
die Overheadkosten zur Beteiligung an öffentlichen
Ausschreibungsverfahren tragen können. Nach
Prüfung einer Optimierung der Förderungen von
Ländern, Städten, AMS und Bund für die Frauenund Mädchenberatungsstellen werden die Mittel des
Bundes für die Förderung von Frauenberatungs-
einrichtungen jährlich um bis zu 10 Mio. Euro höher
angesetzt als derzeit.
Ein konkreter Entwurf für ein Frauenberatungsförderungsgesetz müsste im ExpertInnenkreis ausgearbeitet werden.
p
Europa-Panorama
In den letzten 150 Jahren hat sich in der Entwicklung
des Bildungsgrads von Frauen und Männern einiges
getan: 39,9 % aller Frauen (31,5 % der Männer)
zwischen 30 und 34 Jahren in der EU haben einen
akademischen Abschluss. Spitzenreiter sind Irland
(57,9 %) und die skandinavischen Länder. In der Realität stehen wir vor folgender Situation: Frauen sind
im Schnitt höher qualifiziert, die Spitzenpositionen
besetzen jedoch Männer, Frauen sind öfter in Teilzeitjobs und prekären Beschäftigungsverhältnissen
zu finden.
warum gibt es so wenige
frauen an der spitze?
Ergebnisse aus der „Eliteforschung“ zeigen, dass
begabte Mädchen und junge Frauen bereits in Familie, Schule und Freundeskreis kaum dazu motiviert
werden, ihre vorhandenen Fähigkeiten systematisch auszubauen und in ihre berufliche Zukunft zu
investieren: Häufig bremsen Eltern Mädchen eher
und unterstützen sie darin, bescheiden, artig und
angepasst zu sein. Intelligente, mutige und unangepasste Mädchen, die einen starken Willen und eigene
Ideen für ihre Zukunft haben, gelten als „schwierig“
und „wild“.
Die EU startete 2012 die Kampagne „Wissenschaft
ist Mädchensache“ (Laufzeit: drei Jahre; http://scien-
ce-girl-thing.eu), um mehr Frauen für die Forschung
zu begeistern und sie zu einer wissenschaftlichen
Laufbahn zu motivieren. Solche Kampagnen sind ein
Schritt in die richtige Richtung, doch reichen sie bei
Weitem nicht aus. Bildung, Forschung und Wissen
sind für die Entwicklung einer Gesellschaft unverzichtbar.
Wir Grüne fordern europaweit Investitionen in die
Förderung von Mädchen und jungen Frauen in nicht
traditionellen Berufen (zum Beispiel nach Vorbild
des Wiener Töchtertags). Geschlechtergerechte
Kindergartenpädagogik und geschlechtergerechte
Schulbücher bis hin zur Unterstützung von Nachwuchswissenschafterinnen an den Hochschulen
bilden die Grundlage dafür. Nur wenn wir schon im
Kleinkindalter beginnen, können wir eine tatsächliche Gleichstellung von Frauen im gesamten
Bildungssektor erreichen.
p
> Monika Vana, Grüne EU-Abgeordnete
49
frauen und bildung
wir grüne
wo l l e n :
> Frauenförderung als integralen Bestandteil
der Leistungsvereinbarungen
> Intensivierung von Förderprogrammen und Stipendien für
Nachwuchswissenschafterinnen, insbesondere auf Doktoratsebene
> Veröffentlichung der Evaluierungen
von Frauenförderung an den Hochschulen
> Flexiblere und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle,
Betriebskindergärten an allen Hochschulen
> Etablierung von Mentoringprogrammen
> Wiedereinstiegshilfen nach Auszeiten
> Ein politisches Bekenntnis zur Gleichbehandlung
in F&E bzw. an Hochschulen
> Erhöhung der Gender-Sensibilität der Führungskräfte und Forschenden
> Ausbau der Beratungs- und Betreuungsangebote für Frauen
> Ein eigenes Frauenberatungsförderungsgesetz –
analog zum Familienberatungsförderungsgesetz
frauenbericht 2015
Veronika
Kritzer, 62
Pensionistin
50
51
frauen und körper
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ein ges
Der „kleine Unterschied“ ist vielleicht gar nicht so klein:
Frauen erleben ihren Körper anders als Männer, Frauen werden
anders krank und werden oft anders behandelt. Dabei sind weibliche
Selbstbestimmung in allen gesundheitlichen Belangen sowie
genderspezifische Aspekte der Vorsorge und Versorgung
wichtige Anliegen grüner Gesundheitspolitik.
„Meinem Body geht’s sehr gut!“ – Veronika Kritzer füllt den Raum mit einer Energie, die keinen Zweifel
an dieser Aussage lässt. Es liegen gerade vier Probentage mit der Age Company, einer zeitgenössischen
Tanzperformance-Gruppe für Frauen um und über 50, hinter ihr. „Abgesehen von ein bisschen Muskelkater
funktioniert alles super. Ich kümmere mich halt um das Apparatl, und deswegen versagt es mir den Dienst
auch nicht“, sagt sie.
Über Veronikas Bett hängt eine Aktzeichnung, darauf sind sie und ihr Freund zu sehen. Das Kunstwerk
entstand 2012 im Rahmen eines Projekts anlässlich des „Europäischen Jahres für aktives Altern und
Solidarität zwischen den Generationen“. Es zeigt ein Paar, für das Alter, Körperlichkeit und Sinnlichkeit
Dimensionen sind, die auf jeden Fall zusammengehen. Ihren Freund hat Veronika übrigens vor einigen
Jahren bei einem Nackttanzkurs getroffen. „Das mag schon eine sehr spezielle Art und Weise sein, sich
kennenzulernen. Aber so kam auch die Sexualität wieder in mein Leben. Der körperliche Genuss und das
vielfältige Erleben haben sich im Alter wesentlich verbessert.“ Man merkt schnell: Diese Frau weiß über sich,
über ihren Körper und ihre Bedürfnisse bescheid. Durch ihren früheren Job ist sie natürlich sensibilisiert.
Veronika arbeitete als Physiotherapeutin und merkte schnell: Ich bin selbst dafür verantwortlich, wie ich alt
werde! „Wenn etwas nicht funktioniert, tragen manche Leute ihren Körper einfach irgendwohin und sagen:
,Mach was damit.‘ Sie selber aber kümmern sich nicht darum und fühlen sich einfach nicht zuständig“, erzählt
Veronika von ihren Erfahrungen.
Die Kunst des Zuhörens, das hat sie in ihrer Arbeit gelernt, ist auf dem Weg zur körperlichen
Selbstbestimmtheit eine große Hilfe. Auf den eigenen Körper zu hören – das müssen die meisten aber
erst lernen. Dennoch: „Die Menschen wissen eigentlich selbst am besten, was gut für sie ist und warum
sie etwas tun oder nicht tun.“ Manchmal stünde aber die eigene Angst im Weg – vor allem, wenn es um
gesundheitliche Vorsorge geht. „Meine Erfahrung ist, dass viele Leute keine Untersuchungen machen, weil
sie Angst vor einem negativen Ergebnis haben oder – etwa bei einem psychotherapeutischen Prozess – weil
sie Angst haben, sich selbst zu begegnen.“
Zahnarzt, Tanzen, Gesundenuntersuchung, Mammografie – für Veronika gehört das alles zu einer
ganzheitlichen Gesundheitsvorsorge dazu. Es muss ja nicht für alle gleich Nackttanzen sein …
p
frauenbericht 2015
52
Gesundheit aus
Genderperspektive
Die Diskriminierung von Frauen im Gesundheitsbereich zeigt
sich auf unterschiedlichen Ebenen. Weibliche Lebenszusammenhänge werden vielfach ausgeblendet.
In der Medizin sind Krankheitsbild, Untersuchungsmethoden, Symptombeschreibung und Behandlung
immer noch auf die männliche Norm abgestellt,
obwohl es gravierende geschlechtsspezifische
Unterschiede geben kann. Medikamente werden
fast ausschließlich an Männern erprobt. Ein Beispiel: Die häufigste Todesursache von Frauen sind
Herzerkrankungen; Studien weisen jedoch darauf
hin, dass Frauen in der Kardiologie nachweislich
schlechter behandelt werden als Männer. Ein anderer
Problembereich ist die medikamentöse Versorgung
von Frauen. Frauen bekommen nicht nur doppelt so
oft wie Männer Tranquilizer und Psychopharmaka
verschrieben (man nimmt ihre Symptome weniger
ernst), auch die Wirkungen und Nebenwirkungen
von Medikamenten sind bei Frauen angesichts
mangelnder klinischer Studien oft unzureichend
untersucht.
Der „Gender Medicine“ ist innerhalb des Gesundheitswesens verstärkt Augenmerk zu schenken.
Denn nur wenn Frauen Zugang zu Gesundheitsangeboten und Information haben, kann eine qualitativ
hochwertige medizinische Versorgung garantiert
werden. Grundlegende Bestrebung grüner Gesundheitspolitik ist es, diese Strukturen aufzuzeigen und
zu überwinden. Wie in allen Politikfeldern müssen
auch in der Gesundheitspolitik geschlechtsspezifische Auswirkungen mitgedacht und zur Grundlage
von Entscheidungen werden.
frauen und gesundheitspolitik
Männer dominieren in Führungspositionen des
Gesundheitswesens. Karriereschienen für Frauen
sind nur mangelhaft entwickelt, und frauenspezifi-
sche Lebenssituationen werden in Diagnostik und
Therapie zu wenig berücksichtigt (z.B. Möglichkeiten
eines Kur- oder Spitalsaufenthalts für Frauen mit
Kleinkindern etc.).
Darüber hinaus zeigen wissenschaftliche Arbeiten
einen deutlichen Einfluss der Geschlechtszugehörigkeit von BehandlerInnen und PatientInnen auf
den Therapieerfolg. Die Wahlmöglichkeit zwischen
weiblichen und männlichen TherapeutInnen ist daher
zu verbessern.
Eine geschlechterdifferenzierte Sichtweise ist also
ein wesentliches Qualitätskriterium, welches im
Gesundheitswesen von der Datenerhebung über
die medizinische Behandlung bis hin zur stärkeren
Verankerung von Frauen und ihren Interessen in
Forschung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und in
Führungsebenen Berücksichtigung finden muss.
Die Repräsentanz von Frauen ist daher in allen
Verwendungs- und Führungspositionen zu erhöhen.
Eine geschlechtsdifferenzierte Sichtweise trägt
zur geschlechtsadäquaten Gesundheitsförderung
und Prävention bei, ermöglicht eine differenzierte
Diagnostik, erhöht die Qualität der Behandlung für
Frauen sowie Männer und trägt zur Identifikation
spezifischer Ressourcen bei.
gesundes körpergefühl
kann man lernen
Gerade in der Pubertät finden gravierende Veränderungen statt, die dazu führen, dass Jugendliche ihren
Körper mit gesteigerter Aufmerksamkeit beobachten. Vor allem bei Mädchen sind diese pubertären
Veränderungen häufig mit einer erhöhten Unzufriedenheit mit ihrem Körper und ihrem Erscheinungs-
53
bild verbunden, während sich Burschen meist eine
eher positive Einstellung zu ihrem Körper bewahren
können.
Ein positives Selbstbild, eine wertschätzende
Umwelt, gesunde Ernährung und ausreichend
Bewegung sind die Schlüssel zu einem gesunden
Körpergewicht und Essverhalten. Die Schule hat die
Aufgabe, ein Ort zu sein, an dem alle Kinder und
Jugendliche geschätzt und in ihrem Selbstbild gestärkt werden. Darüber hinaus kann die Schule auch
zur gesunden Ernährung beitragen. Die Einführung
eines Unterrichtsfachs „Gesunde Ernährung“ ist nicht
sinnvoll. Wichtig ist das täglich gelebte gesunde Es-
frauen und körper
sen. Dazu gehören ein gemeinsames abwechslungsreiches Frühstück, eine gesunde Zwischenmahlzeit
und eine warme Mahlzeit, bei deren Zubereitung
die SchülerInnen regelmäßig eingebunden werden.
Zudem müssen LehrerInnen und SchulärztInnen
geschult werden, problematisches Essverhalten
frühzeitig zu erkennen. Der Kontakt zu den Eltern
der betroffenen SchülerInnen muss gesucht werden,
um die Ursachen und mögliche Auswege rasch
zu finden. Vielleicht benötigen die Eltern nur eine
Ernährungsberatung, damit zu Hause gesunde
Nahrung angeboten wird. Möglicherweise muss
eine Psychotherapie ins Auge gefasst werden.
p
5 Fragen an …
Elisabeth Löffler, Performancekünstlerin und Lebensund Sozialberaterin mit Schwerpunkt Sexualität
Frau Löffler, wie definieren Sie für sich den
Begriff „Frauengesundheit“?
Elisabeth Löffler: Ich denke dabei an Aufklärung
in Schulen und Kindergärten – auch für Mädchen
mit Behinderung. Die Zugänglichkeit zu Ärzten
muss gegeben sein, und in Gesundheitseinrichtungen sollte es zur Normalität gehören, dass auch
Frauen mit Behinderung als Patientinnen
kommen können. Ich denke dabei
aber auch an Schutz für Frauen
mit Behinderung von Gewalt und
die Rahmenbedingungen, die
es braucht, damit dieser Schutz
gegeben ist. Frauengesundheit
bedeutet für mich auch, dass
ich mich nicht fürchten muss vor
Übergriffen und vor struktureller
Gewalt, die Frauen mit Behinderung ja
sehr stark erleben.
Menschen mit Behinderung beobachten oft, dass
die Behinderung als entscheidendes Merkmal
von außen wahrgenommen wird, während die
Geschlechtsidentität in den Hintergrund rückt.
Was bedeutet das für den Lebensalltag einer
behinderten Frau?
Die Antwortmöglichkeiten auf diese Fragen sind
so unterschiedlich wie die Frauen selbst. Aber allgemein bedeutet es, dass man sehr lange als Kind
wahrgenommen und behandelt wird – und man
sich selbst auch so sieht. All die Erfahrungen, die
man als Jugendliche/r macht, erleben
Frauen mit Behinderung oft erst 10
bis 15 Jahre später.
In welchen Bereichen brauchen
Frauen mit Behinderung mehr
Unterstützung?
Das Thema Körpergefühl ist wichtig. Frauen mit Behinderung kennen Berührung oft als etwas, das sie
über sich ergehen lassen müssen, etwa
im Spital oder von Therapeuten. Wann und
wie lernt man dann, dass eine Berührung gut und
eine andere Berührung nicht gut ist? Auch beim
Thema Schwangerschaft fehlt noch vieles. Wenn
eine Frau mit Behinderung ein Kind bekommt,
wird sie oft psychologisiert. Willst du wirklich ein
frauenbericht 2015
54
Kind? Wofür ist das ein Ersatz in deinem Leben?
Was willst du sublimieren? Es wird total genau
analysiert, und ich glaube nicht, dass das so einer
nicht behinderten Frau passiert.
Studien besagen, dass Frauen mit Behinderung
nur äußerst selten zum Frauenarzt gehen. Wo
muss angesetzt werden, damit sich das ändert?
Ist die Praxis barrierefrei? Wie groß ist die Kabine?
Darf mein Assistent mitkommen? Das sind alles
Fragen, die ich mir als Frau mit Behinderung stelle.
Es wäre wichtig, dass ÄrztInnen von vornherein
kommunizieren, was sie anbieten oder eben nicht
anbieten bzw. wo sie bereit sind zu unterstützen.
Wenn auf der Website einer Praxis steht „Wir sind
barrierefrei zugänglich“ oder wenn ein Folder in
leicht verständlicher Sprache angeboten wird,
dann merken die Frauen, dass sie mitgedacht,
gemeint und eingeladen sind zu kommen – und
es spricht sich sicher ganz schnell herum.
Frausein und Behindertsein – das sind gleich zwei
Dimensionen, die mit gesellschaftlicher Ungleichheit verbunden sind. Wo muss die Politik konkret
ansetzen, um das zu ändern?
Ein wichtiger Schritt wäre das Recht auf Persönliche Assistenz. Weiters sollten in Entscheidungsgremien zur Frauengesundheit auch Frauen mit
Behinderung vertreten sein. Es braucht barrierefreie Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen
– und dafür muss es ein Extrabudget geben, denn
für die Kosten sollen nicht die Frauenhäuser aufkommen müssen. Es muss ein politisches
Anliegen sein, dass Frauen mit Behinderung
sichtbar werden. Frauen mit Behinderung sind
da – es ist nicht ein großes Leid, es ist eine Form
> Foto: Ernst Spiessberger
zu leben.
p
Straffen, spritzen –
gesetzlich regeln
Schönheit liegt bekanntlich im Auge des/der BetrachterIn.
Schönheitsoperationen sind jedoch hochkomplexe medizinische Eingriffe. Dieser Tatsache muss auch die Gesetzgebung Rechnung tragen.
Schönheitsoperationen scheinen immer beliebter,
„normaler“, aber auch ausgefallener zu werden. Diesen Eindruck erwecken jedenfalls Werbung und Medien. Neben den häufigsten Eingriffen wie Lidkorrekturen, Brustvergrößerungen, Fettabsaugungen und
Botox-Behandlungen sind in den letzten Jahren auch
Eingriffe in die weibliche Intimzone wie „Schamlippenkorrekturen“ oder „vaginale Verjüngungen“ auf
dem OP-Tisch in Mode gekommen. Schätzungen
gehen von 30.000 bis 50.000 Operationen jährlich
aus, die ohne medizinische Notwendigkeit erfolgen.
Etwa 80 bis 90 % dieser medizinisch nicht indizierten
Eingriffe werden an Frauen durchgeführt.
Medizinische Eingriffe müssen besser heute als morgen strengeren Qualitätsanforderungen unterliegen,
denn jede Schönheitsoperation ist für die PatientInnen auch mit Risiken verbunden. Eine qualitätsgesicherte Ausbildung der SchönheitschirurgInnen
ist daher ebenso unerlässlich wie eine umfassende
Aufklärung und Dokumentation über die Operationen selbst.
ein grüner erfolg
Nach einer Reihe von Anfragen an Gesundheitsminister Stöger und einem Antrag der Grünen für eine
bessere gesetzliche Regelung zum Thema Schönheitsoperationen wurde im Juli 2012 das Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen
55
Behandlungen und Operationen (ÄsthOPG), das mit
1. 1. 2013 in Kraft getreten ist, im Parlament beschlossen. Als „SchönheitschirurgIn“ dürfen sich in Österreich seither nicht mehr alle ÄrztInnen bezeichnen.
Das Gesundheitsministerium hat gemeinsam mit der
Ärztekammer Mindestausbildungsstandards festgelegt, welche ÄrztInnen neben den FachärztInnen
für plastische Chirurgie berechtigt sind, ästhetische
Operationen durchzuführen (z. B. Nasenkorrekturen
durch HNO-ÄrztInnen oder AllgemeinmedizinerInnen mit entsprechender Fortbildung und langjähriger Erfahrung).
Außerdem sind die MedizinerInnen verpflichtet,
PatientInnen vor einem Eingriff umfassend aufzuklären, einen schriftlichen Kostenplan vorzulegen, eine
frauen und körper
Fotodokumentation zu erstellen und einen Operationspass mit allen relevanten Daten auszustellen.
Zwischen nachweislicher Aufklärung und Einwilligung zur Operation muss in der Regel überdies ein
Zeitraum von 14 Tagen verstreichen. Das Gesetz
enthält außerdem verschärfte Werbebeschränkungen sowie ein Provisionsverbot.
Unzulässig sind ästhetische Behandlungen und Operationen an Personen, die das 16. Lebensjahr noch
nicht vollendet haben. Bis zum 18. Lebensjahr ist die
Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforderlich. Bei Gesetzesverstößen drohen Geldstrafen von
bis zu 25.000 Euro. Das Verbot von Schönheitsoperationen sollte jedoch für alle Jugendlichen unter 18
Jahren gelten.
p
Schwanger,
was nun?
Wenn sich Frauen für einen Schwangerschaftsabbruch
entscheiden, müssen sie in ihrem Selbstbestimmungsrecht
gestärkt werden, damit sie eine solche Entscheidung so einfach
und so risikofrei wie möglich umsetzen können.
Die gesetzlichen Regelungen bezüglich Schwangerschaftsabbruch unterscheiden sich in Europa erheblich. Vom Totalverbot bis zur relativ autonomen
Entscheidungsfreiheit der Frau gibt es zahlreiche
Varianten, den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch zu reglementieren. In Österreich ist er seit
dem 1. Jänner 1975 mit der „Fristenlösung“ geregelt.
Dies bedeutet, der Abbruch ist straffrei, wenn er bis
zum dritten Schwangerschaftsmonat von einer/m
Ärztin/Arzt nach vorheriger Beratung durchgeführt
wird. Wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten
Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens
für die körperliche oder seelische Gesundheit der
Schwangeren erforderlich ist oder die Schwangere
zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen ist,
kann die dreimonatige Frist überschritten werden.
Es gibt keine näheren Durchführungsbestimmungen
und keine Regelungen für eine Kostenübernahme. In
Österreich sind ÄrztInnen nicht verpflichtet, Abtreibungen vorzunehmen. Außerhalb Wiens gibt es nur
wenige ÄrztInnen oder Krankenhäuser, die auch öffentlich die Durchführung von Abbrüchen anbieten.
Dies bedeutet, dass Frauen außerhalb der Großstadt
oft nicht die Möglichkeit haben, den Eingriff in der
Nähe ihres Wohnorts vornehmen zu lassen.
Die Grünen fordern die Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch in allen öffentlichen Spitälern und
auf Krankenschein. Darüber hinaus sollen – nach
französischem Vorbild – Kliniken durch Demonstrationsbannmeilen vor Belästigung und Agitation
geschützt werden. Gleichzeitig ist jedoch auch eine
verstärkte Verhütungsinformation erforderlich. Die
Übernahme der Kosten für die Verhütungsmittel
frauenbericht 2015
56
durch die Kassen, wie es in einigen europäischen
Ländern der Fall ist, würde viele unerwünschte
Schwangerschaften und damit viel Not verhindern.
Ein Grüner Erfolg: Mit der Rezeptfreistellung der
„Pille danach“ wurde 2009 eine unserer langjährigen
Forderungen umgesetzt, die Niederschlag in der
parlamentarischen Arbeit fand. Das war eine wichtige Maßnahme, mit der Frauen einen barrierefreien
Zugang zu einem Notfallsverhütungsmittel erhalten
haben.
meine entscheidung,
meine kosten
Europaweit verglichene Zahlen über vorgenommene
Schwangerschaftsabbrüche lassen laut ExpertInnen
einen Schluss auf die Versorgung mit schwangerschaftsverhütenden Mitteln zu. Soll heißen: In den
Ländern, in denen weniger Abtreibungen vorgenommen werden, ist der Zugang zur Verhütung besser,
leistbar und gesellschaftlich akzeptiert. Ein Schwangerschaftsabbruch wird in Österreich nicht wie in
fast allen anderen westeuropäischen Ländern von
der Krankenkasse bezahlt, d.h. in Österreich müssen
Frauen den Abbruch selbst bezahlen, außer es
gibt einen medizinischen Grund für einen Abbruch
(Indikation).
schwangerschaftsabbruch
und strafrecht
Der Schwangerschaftsabbruch war, ist und bleibt
ein heiß umkämpftes Thema: In den USA, in Europa,
derzeit aktuell in Spanien – überall herrscht der
Glaubenskrieg zwischen BefürworterInnen – ProChoice – und GegnerInnen – Pro-Life. In Österreich
gibt es nach wie vor den vor 40 Jahren erzielten
Kompromiss der Fristenlösung, also das strafrechtliche Verbot des Abbruchs, in Verbindung mit
der Straffreiheit innerhalb der ersten drei Monate.
Frauen, die sich dafür entscheiden, ihr Kind nicht zu
bekommen, machen sich also, wie oben erwähnt,
nicht strafbar, wenn „der Schwangerschaftsabbruch
innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der
Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher
Beratung von einem Arzt vorgenommen wird“ (§ 97
StGB). Die Rahmenbedingungen im Vorfeld eines
Schwangerschaftsabbruchs sowie bei der Durchführung sind jedoch kaum bis gar nicht an den Bedürfnissen der betroffenen Frauen ausgerichtet, dabei
belegen viele Studien, dass die Kostenübernahme
von Verhütung und Schwangerschaftsabbruch ein
Kennzeichen und eine Basis für den hohen Stellenwert der sexuellen und reproduktiven Gesundheit
in der Gesellschaft ist.
p
Europa-Panorama
Das EU-Parlament stimmte Mitte März 2015 über
den sogenannten Tarabella-Bericht ab. In dem
Papier zur Gleichstellung von Frauen und Männern
geht es u.a. darum, dass Frauen insbesondere durch
den einfachen Zugang zu Empfängnisverhütung und
Abtreibung die Kontrolle über ihre sexuellen und
reproduktiven Rechte haben müssen. Unterstützt
werden daher Maßnahmen und Strategien zur Verbesserung des Zugangs von Frauen zu Dienstleistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit
und zu besserer Information über ihre Rechte und
über die verfügbaren Dienstleistungen.
Die gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch in Europa divergieren derzeit er-
heblich und reichen vom Totalverbot (z. B. in Malta)
bis zur relativ autonomen Entscheidungsfreiheit.
Auch die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch variieren innerhalb Europas und bewegen sich
zwischen 0 und 517 Euro, wobei die meisten Länder
in Westeuropa die teilweise oder vollständige Kostenübernahme unterstützen.
Die Grüne Fraktion im Europaparlament spricht sich
mit Nachdruck für das Selbstbestimmungsrecht
von Frauen und ihre sexuellen sowie reproduktiven
Rechte aus und hat sich dafür eingesetzt, diese auch
im Tarabella-Bericht zu verankern. Die Unterstützung sexueller und reproduktiver Gesundheit und
57
die damit verbundenen Rechte (SRHR, Sexual and
Reproductive Health and Rights) sind in zahlreichen internationalen Verträgen und Konferenzen
festgeschrieben (u.a. CEDAW, UNO-Bevölkerungskonferenz 1994 und UNO-Frauenkonferenz 1995)
und von zentraler gesellschaftlicher wie individueller
Bedeutung.
Das Thema darf allerdings nicht auf den zweifellos
wichtigen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen
reduziert werden, sondern hier geht es um das
frauen und körper
körperliche und seelische Wohlbefinden in Bezug
auf alle Bereiche der Sexualität und Fortpflanzung;
und dazu kann und soll das Europaparlament klar
Stellung beziehen. Die EU kann den höchstmöglichen Gesundheitsstandard nur dann erreichen, wenn
die reproduktive und sexuelle Gesundheit sowie die
damit verbundenen Rechte uneingeschränkt geachtet und gefördert werden.
p
> Monika Vana, Grüne EU-Abgeordnete
wir grüne
wo l l e n :
> Verpflichtende und regelmäßige Dokumentation
in Form eines Frauengesundheitsberichts
> Umsetzung der Gleichbehandlung von Frauen in sämtlichen
Wirkungsbereichen – sowohl als Partnerinnen und als Verantwortliche –
des Gesundheitssystems
> Ganzheitliche Gesundheitsförderung durch z. B. Untersuchungen zur
Prävalenz und Versorgungsstruktur frauenspezifischer Erkrankungsbilder
> Kostenlose bzw. leistbare Verhütungsmittel
> Die Entwicklung von risikoarmen Verhütungsmethoden für Männer
und Frauen als Gegenstand innovativer Forschung
> Einen offenen Sexualkundeunterricht an Schulen
> Eine bessere Aufklärung von Frauen über die mit einem Kaiserschnitt
verbundenen Risiken und eine Aufwertung der Hebammentätigkeit
sowie deren bessere Finanzierung durch die Krankenkassen
> Keine Schönheitsoperationen für unter 18-Jährige sowie strengere
Werbebeschränkungen und höhere Strafen bei Verstößen
frauenbericht 2015
58
es tut
weh
Es kann überall passieren. Es kann Frauen aller Altersstufen, jeder
Herkunft und Sozialisation passieren. Gewalt an Frauen ist kein
individuelles, sondern ein politisches und gesellschaftliches Problem.
Wie finden betroffene Frauen – und Kinder – einen Weg aus der
Gewalt? Und welche Gesetze und Institutionen schützen Frauen vor
physischen und psychischen Übergriffen?
„Manchmal sieht man es erst auf den zweiten Blick“ – dieser Satz steht auf einem Plakat in Maria
Rösslhumers Büro, und es stimmt: Erst der zweite Blick offenbart die geballten Fäuste, die sich schemenhaft
in das Tapetenmuster der auf den ersten Blick gediegenen Wohnzimmeridylle einordnen. „Jede fünfte Frau
ist zumindest einmal in ihrem Leben von häuslicher Gewalt betroffen, und dabei ist die Dunkelziffer noch gar
nicht erfasst“, sagt Maria Rösslhumer.
1985 gründet sie, unterstützt von der Caritas, die erste Wohngemeinschaft für Frauen mit Behinderung in
Wien. Ihre Vision: den Frauen die Möglichkeit geben, sich in kleinstrukturierten Betreuungseinrichtungen zu
entfalten, einen Weg in die Selbstbestimmung und Selbstständigkeit zu finden.
Maria holt die Matura nach, beginnt mit Anfang 30 ein Studium und setzt sich intensiv mit dem Thema
Frauenpolitik auseinander. In dieser Zeit lernt sie auch den Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
kennen, wird Mitarbeiterin, später Geschäftsführerin und etabliert die Frauenhelpline gegen Gewalt
0800/222 555.
Das erste Frauenhaus wurde 1978 in Wien gegründet. Insgesamt gibt es derzeit 30 Frauenhäuser in
Österreich, die meisten von ihnen sind im 1988 gegründeten Verein organisiert. „Frauenhäuser sind in
erster Linie Schutzeinrichtungen für von Gewalt betroffene Frauen. Wir bieten aber auch umfassende
Unterstützung, psychologische und juristische Beratung, Begleitung zum Gericht, zur Polizei oder zu
medizinischer Versorgung. Wir vermitteln Jobs und helfen bei der Suche nach leistbaren Wohnungen. Und
ganz wichtig: Frauenhäuser sind auch Kinderschutzeinrichtungen“, sagt Maria. Darüber hinaus definieren
sich die Frauenhäuser auch als frauenpolitische Einrichtung mit feministischen Prinzipien, gehen hinaus,
führen Seminare mit PolizistInnen, Schulungen mit Berufsgruppen wie LehrerInnen oder RichterInnen durch.
„In Österreich ist vergleichsweise schon viel passiert“, sagt Maria. „Die Gesetze werden laufend verbessert,
das Betretungsverbot wurde verlängert und es gibt die kostenlose Prozessbegleitung von der Anzeige bis
zum Ende des Gerichtsverfahrens – das haben andere Länder nicht.“ Auch auf europäischer Ebene wurde
nicht zuletzt aufgrund der Zusammenarbeit der Frauenhäuser im europäischen Netzwerk WAVE (Women
Against Violence Europe) viel erreicht. Und trotzdem: Die Gewalt gegen Frauen ist nicht weniger geworden.
„Wenn man sich die Zahlen anschaut, weiß man: Wir müssen noch viel tun!“, sagt Maria. Dabei ist vor allem
auch wichtig, über die Anliegen und Angebote der Frauenhäuser zu berichten. Und das ist hiermit wieder
einmal geschehen.
p
59
Maria
Rösslhumer, 54
Geschäftsführerin des Vereins Autonome
Österreichische Frauenhäuser (AÖF) und von
WAVE (Women Against Violence Europe),
www.aoef.at
frauen gegen gewalt
frauenbericht 2015
60
Der Weg
aus der Gewaltspirale
Die Auswirkungen von Gewalt betreffen nicht nur die Frauen,
die Opfer von Gewalt werden, sondern auch ihre Familien,
FreundInnen und die Gesellschaft insgesamt. Nur wenn sich
Frauen sicher fühlen, können sie selbstbestimmt leben.
Die 2011 veröffentlichte „Österreichische Prävalenzstudie zur Gewalt an Frauen und Männern“ des
Österreichischen Instituts für Familienforschung
(ÖIF) liefert folgende Zahlen: Drei Viertel aller
Frauen haben sexuelle Belästigung erlebt (74,2 %),
nahezu ein Drittel aller Frauen hat sexuelle Gewalt
erfahren (29,5 %). 90,3 % der von sexueller Gewalt
betroffenen Frauen erlebten diese ausschließlich von
Männern, weitere 8,6 % überwiegend von Männern.
In ihrer Kindheit – also bis zum Alter von 16 Jahren
– haben etwa drei Viertel der befragten Personen
psychische und/oder körperliche Gewalterfahrungen
gemacht. Dabei zeigen sich kaum Unterschiede
zwischen Frauen und Männern. Frauen waren in ihrer
Kindheit zu 74,8 % von psychischer und zu 72,6 %
von körperlicher Gewalt betroffen. Bei der sexuellen Gewalt existieren klare geschlechterspezifische
Unterschiede: Mit 27,7 % Nennungen waren mehr als
doppelt so viele Frauen in ihrer Kindheit sexuellen
Übergriffen ausgesetzt wie Männer (12 %).
dieser Altersgruppe bei 6,4 % liegen, was eine Halbierung der Übergriffe bzw. sogar einen Rückgang
um zwei Drittel bedeutet.
Die sexuelle Belästigung ist jene Gewaltform, die
am häufigsten an öffentlichen Orten erfahren wird
(Frauen: 51,3 %, Männer: 12,5 %).
Gewalt gegen Frauen – darunter fallen sexuelle
Übergriffe, Vergewaltigung und „häusliche Gewalt“ –
ist ein Verstoß gegen die Grundrechte von Frauen in
Bezug auf Würde, Gleichheit und Zugang zur Justiz.
78 Millionen Euro betragen die Kosten, die pro Jahr
in Österreich durch familiäre Gewalt entstehen –
sowohl durch Gewalt von Männern gegen Frauen
als auch durch häusliche Gewalt gegen Kinder und
Jugendliche.
Die altersspezifische Betrachtung zeigt, dass die
ältere Generation in ihrer Kindheit signifikant
häufiger Gewalt erlebt hat als die Jüngeren. Ein
ebenso signifikanter Rückgang an in der Kindheit
erlebten Gewalthandlungen ist bei der sexuellen
Gewalt zu beobachten – und zwar sowohl bei Frauen
als auch bei Männern. So geben 40,8 % der 51- bis
60-jährigen Frauen und 19,9 % der Männer in dieser
Altersgruppe an, in ihrer Kindheit sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen zu sein, wohingegen die
Nennungen in der Altersgruppe der heutigen 16- bis
20-jährigen Frauen bei 19,6% und die der Männer in
Da personale und strukturelle Gewalt eng miteinander verschränkt sind und einander oft ergänzen,
setzt eine wirksame Bekämpfung von Gewalt
Maßnahmen voraus, die sowohl bei den TäterInnen
ansetzen und das Opfer unterstützen, als auch die
Veränderungen der gesellschaftlichen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zum Ziel haben.
Es muss auf allen Ebenen angesetzt werden: Justiz,
Medizin, Kinder, familiäres Umfeld und Männer- bzw.
TäterInnenarbeit. Viele Erhebungen weisen darauf
hin, dass Gewalt gegen Frauen eines der weltweit
größten Gesundheitsrisiken darstellt. Interessante
prävention
und täterarbeit
61
Ergebnisse zeigt auch eine Studie im Gesundheitsbereich: 82 % der Frauen in Österreich wünschen
sich, dass ÄrztInnen einen Verdacht auf Gewaltbetroffenheit adäquat ansprechen.
Auch Männerarbeit ist in der Gewaltprävention ein
zentraler Schlüsselfaktor: eine gesetzlich verankerte
verpflichtende Teilnahme an Täterarbeitsprogrammen für Männer, gegen die eine Wegweisung/einstweilige Verfügung ausgesprochen wurde, und eine
Finanzierung zum Auf- und Ausbau der Täterarbeit
in ganz Österreich. Es sollte eine enge Kooperation
bei der Täterarbeit mit den Interventionsstellen,
Gewaltschutzzentren und Frauenhäusern gegeben
sein, damit alle Maßnahmen einen maximalen Opferschutz gewährleisten können.
ökonomische gewalt
Gewalt wird nicht nur körperlich ausgeübt, sondern
auch psychisch und ökonomisch. Von ökonomischer
oder finanzieller Gewalt sind in erster Linie Frauen,
aber auch alte und pflegebedürftige Menschen
betroffen. Wenn Frauen über kein eigenes Einkom-
frauen gegen gewalt
men verfügen oder das Einkommen vom Partner
kontrolliert wird, kann diese Situation vom Partner
ausgenützt werden.
Diese finanzielle Abhängigkeit gefährdet Frauen, in
einer Beziehung Gewalt zu erleiden. Ökonomische
Abhängigkeit vom Gewalttäter aufgrund geringen
Einkommens trifft berufstätige ebenso wie nicht
berufstätige Frauen. Vor allem für Alleinerzieherinnen und Migrantinnen ist die Situation am Arbeitsund Wohnungsmarkt denkbar schlecht. Sie zählen
zu den besonders armutsgefährdeten Gruppen.
Migrantinnen, die von Gewalt betroffen sind, und vor
allem Nicht-EU-Bürgerinnen sehen sich mit besonderen Hürden konfrontiert. Sie haben in manchen
Bundesländern wie in Niederösterreich nur verminderten Anspruch auf Mindestsicherung. In anderen
Bundesländern ist der Bezug der Mindestsicherung
zwar möglich, kann aber ebenso wie ein Einkommen
unter dem ASVG-Richtsatz zum Verlust der Niederlassungsbewilligung führen.
Ökonomische Gewalt wird bisweilen auch gesetzlich
verstärkt: Bei der Berechnung der Notstandshilfe
etwa wird das PartnerInneneinkommen mitberücksichtigt, die Notstandshilfe infolgedessen häufig
gekürzt. Solche Kürzungen betreffen zu 54 %
Frauen, die seit dem 15. Lebensjahr und in den 12 Monaten vor der Befragung
körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren haben, EU-28 (%)
Keine körperliche
und/oder sexuelle
Gewalt seit dem
Alter von 15 Jahren
67%
33%
25%
Ja, Gewalterfahrung
vor mehr als
12 Monaten
Ja, Gewalterfahrung
in den letzten
12 Monaten
8%
Anmerkung: Auf der Grundlage aller Befragten (N=42.002) / Quelle: FRA-Erhebnung zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen, 2012
frauenbericht 2015
Frauen, obwohl nur 42 % aller Arbeitslosen Frauen
sind. Besonders dramatisch zeigt sich die strukturelle Benachteiligung von Frauen in den Fällen, in
denen aufgrund eines PartnerInneneinkommens die
gesamte Notstandshilfe gestrichen wird: 82% aller
Streichungen betreffen Frauen.
frauen als ware
Frauenhandel ist jede Art von Geschäftemacherei,
mit der in der Regel die Migrationsbestrebungen
von Frauen ausgenutzt und missbraucht werden.
Gemeinsam mit Drogen- und Waffenhandel gehört
Menschen- bzw. Frauenhandel zu den drei „ertragreichsten Geschäften“ des organisierten Verbrechens. Herkunftsländer sind vor allem lateinamerikanische, asiatische und afrikanische Staaten, aber
auch osteuropäische Länder. Betroffen sind neben
Sexarbeiterinnen vor allem Hausangestellte und
Frauen, die „per Katalog“ verheiratet werden.
Österreich ist zwar auch Transitland für gehandelte
Frauen, in erster Linie aber Zielland. In Österreich,
wie in den anderen Industrieländern, werden Frauen
62
für reproduktive Tätigkeiten wie Hausarbeit, für Heirat und Sexarbeit nachgefragt. Damit ist Österreich
am Handel mit Menschen mitbeteiligt. Die restriktiven Fremdengesetze in Österreich begünstigen
diese Menschenrechtsverletzung von Frauen, wie
auch UNO-Menschenhandelsberichte hervorheben.
Strafen haben nämlich anstatt der Täter die Opfer zu
befürchten: Verwaltungsstrafen wegen illegaler Prostitution, vor allem aber die Abschiebung. Damit wird
wiederum die Verfolgung der Frauenhändler verunmöglicht, da die gehandelten Frauen zum Zeitpunkt
eines Prozesses häufig bereits abgeschoben wurden
und daher nicht mehr aussagen können. Generell
fehlt es in Österreich an ausreichenden Opferschutzmaßnahmen. Auch gibt es hierzulande derzeit nur
eine einzige Opferschutzeinrichtung, die ausdrücklich für Opfer von Frauenhandel zuständig ist – die
Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels
(IBF) in Wien; notwendig wäre eine verbesserte
Zusammenarbeit von NGOs und Behörden in Fragen
der Opferidentifizierung.
Die Grünen treten – neben einer verstärkten internationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung von
Frauenhandel bereits im Vorfeld – insbesondere
für eine Verbesserung des Schutzes für Opfer von
Frauenhandel ein.
p
Selbstbestimmt
und selbstbewusst
Frauen mit Behinderung sind in weit höherem Ausmaß
von sexualisierter Gewalt betroffen als nicht behinderte Frauen.
Der Schutz vor Gewalt weist allerdings große Lücken auf.
Frauen mit Behinderungen sind in Belangen der
Ausbildung, am Arbeitsmarkt sowie im Privatbereich, wie zum Beispiel bei der Führung eines
selbstbestimmten Sexual- und Familienlebens oder
der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, besonders
benachteiligt. Ein Leben mit Behinderung bedeutet
auch heutzutage größtenteils ein Leben in institutionellen Abläufen. Je isolierter, größer und je stärker
eine Einrichtung von institutionellen Abläufen abhängig ist, desto gewaltanfälliger ist sie.
Frauen und Mädchen mit Behinderungen sind besonders gefährdet, Opfer von Gewalt und sexuellem
63
Missbrauch zu werden. Frauen, deren Behinderung
mit einer Kommunikationsbeeinträchtigung einhergeht, wie z.B. bei einer Lernbehinderung oder bei
Gehörlosigkeit, bilden eine besonders gefährdete
Risikogruppe.
Es gibt eine Vielzahl an Hindernissen für Frauen mit
Behinderungen. Neben baulichen Barrieren ist oft
der Zugang zu Informationen nicht möglich. Dazu
kommt, dass die meisten Unterstützungsangebote
nicht an die Lebensbedürfnisse der Frauen mit Behinderungen angepasst sind. Dies widerspricht dem
Artikel 6 der Behindertenrechtskonvention, der die
Mehrfachdiskriminierung von Frauen mit Behinderungen anspricht und Maßnahmen zur Stärkung von
Autonomie und Selbstbestimmung fordert. Denn:
Der wirksamste Schutz gegen sexuelle Gewalt und
Missbrauch sind Aufklärung und Selbstbestimmung
durch Persönliche Assistenz und unterstützte Entscheidungsfindung.
frauen gegen gewalt
Die AutorInnen der Studie formulieren sechs konkrete Empfehlungen, die Frauen mit Behinderung
unterstützen sollen:
1.Barrierefreier Zugang zu Information
sowie zu Unterstützungsangeboten
und verbesserter Zugang zu Recht und
Strafverfolgung
2. Schulungen für MitarbeiterInnen in den
Bereichen Gewalt und Lebenssituation von Frauen mit Behinderungen
3. Stärkere Vernetzung zwischen
Opferschutz- und Unterstützungs einrichtungen und Organisationen für
Menschen mit Behinderungen sowie
Selbstvertretungsorganisationen
4. Öffentliche Sensibilisierung für Gewalt
gegen Frauen mit Behinderungen
das wissen um die
eigenen rechte
Zwischen 2013 und 2015 wurde ein EU-Projekt mit
dem Thema „Zugang von Frauen mit Behinderung
zu Opferschutz- und Unterstützungseinrichtungen
bei Gewalterfahrungen“ (Daphne III) durchgeführt.
Im Mittelpunkt des Projekts stand die Verbesserung
der Zugänglichkeit von Opferschutzeinrichtungen,
die mithilfe und aus der Sicht der betroffenen Frauen analysiert wurde.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass in den an der
Studie beteiligten Ländern (Deutschland, Großbritannien, Island und Österreich) zwar eine Vielzahl
nationaler Gesetze existiert, die darauf abzielen,
Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt und Personen mit Behinderungen vor Rechtsverletzungen
und Diskriminierung zu schützen. Allerdings zeigen
sich Lücken im System, wenn es darum geht, Frauen
mit Behinderung entsprechende Unterstützungsleistungen zu gewähren, die den Zugang zu Behörden
und das Einfordern von Rechten ermöglichen.
5. Gesellschaftliche Inklusion von Frauen
mit Behinderungen
6.Einen politischen Willen und mehr
finanzielle Mittel zur Umsetzung von
Barrierefreiheit und Inklusion auf allen
Ebenen
frauenbericht 2015
64
Vom Selfie
zum Sexting
Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft, und sie
verändert auch die Formen von Gewalt, denen Frauen heute
ausgesetzt sind. Digitale Gewalt überschreitet in vielen
Fällen deutlich die Grenzen zur Straftat.
11% der Frauen haben bereits unangemessene
Annäherungsversuche in sozialen Medien erlebt
oder erhielten E-Mails oder SMS-Nachrichten mit
eindeutig sexuellem Inhalt. Unter den jungen Frauen
(18–29 Jahre) waren es 20 %, die bereits Opfer von
solchen Formen der Online-Belästigung wurden –
diese Zahlen liefert der 2014 veröffentlichte Bericht
der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA).
virtuelle gewalt
ist auch echt
Cyber-Mobbing und Cyber-Bullying meinen das
bewusste Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder
Belästigen mit elektronischen Kommunikationsmitteln wie dem Handy oder im Internet. Im Internet
werden vor allem Foto- und Videoplattformen
(z. B. Flickr oder YouTube) und soziale Netzwerke
(z. B. Facebook) für diese Angriffe missbraucht, die
Hemmschwelle sinkt durch die Anonymität und die
räumliche Distanz.
Beim Cyber-Stalking werden das Internet oder
andere Kommunikationstechnologien wie z. B. das
Handy benutzt, um andere Personen beharrlich zu
verfolgen. Beharrliche Verfolgung, das sogenannte
Stalking, ist seit 1. Juli 2006 strafbar.
Justizminister Brandstetter will aktuell einen neuen
Tatbestand bei Cyber-Mobbing schaffen. Der vorgeschlagene Gesetzestext lautet: „Wer eine Person im
Wege der Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems längere Zeit in ihrer
Privatsphäre verletzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu
einem Jahr zu bestrafen.“
Brandstetter will bis Mitte 2015 im Strafrecht die
gesetzliche Lücke schließen, weil virtuelles Mobbing
bisher kaum verfolgbar ist. Die Frage des Stalkingzeitraums wird seiner Meinung nach letztlich die
Judikatur auslegen, und das wird auch von Fall zu
Fall individuell sein, unter Umständen könnten für
eine Verurteilung aber schon wenige Vorfälle etwa
über zwei bis drei Wochen hinweg ausreichen. Bei
den Ermittlungsmöglichkeiten gegen sogenannte
Hassposter und ihre verhetzenden Äußerungen wird
sich nicht viel ändern. Schon jetzt kann man bei entsprechendem RichterInnen-Beschluss ja die Daten
der betreffenden Personen ausheben lassen.
sexting und
revenge porn
Sexting, der Begriff setzt sich aus „Sex“ und „Texting“ (engl. für das Senden von SMS) zusammen,
meint das Verschicken und Tauschen von eigenen
Nacktaufnahmen über Internet und Handy. Revenge
Porn, also Racheporno, bezeichnet das Hochladen
von Nacktbildern auf öffentlich zugänglichen Websites ohne die Zustimmung und das Wissen der
darauf abgebildeten Person, meist in Verbindung mit
deren Kontaktdaten.
Eine Studie aus England (National Society for the
Prevention of Cruelty to Children, 2012) zeigt, dass
der Großteil der weiblichen Jugendlichen von den
männlichen Jugendlichen unter Druck gesetzt wird,
65
eigene Bilder zur Verfügung zu stellen. Eine Erhebung unter Schweizer Jugendlichen (JAMES-Studie,
2012) ergab, dass nur 6 % der Befragten Daten mit
erotischem Inhalt von sich selbst versenden. 2012
lancierte die Schweizer Stiftung Pro Juventute eine
Aufklärungskampagne gegen Sexting. In Deutschland kann Sexting bei Minderjährigen einen Verstoß
gegen § 184b oder § 184c StGB begründen.
Erstmals in Österreich hat die Initiative Saferinternet.
at im Februar 2015 eine Studie zum Thema Sexting
präsentiert. Bei einer repräsentativen Online-Umfrage wurden 500 Jugendliche zwischen 14 und 18
Jahren zu Erfahrungen und Motiven rund um das
Thema Sexting befragt.
Die Studienergebnisse zeigen sehr deutlich, dass
Sexting eine häufige Facette des Beziehungs- und
Sexuallebens von Jugendlichen geworden ist: 51%
der Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren kennen
jemanden, der oder die schon einmal Nacktaufnahmen von sich selbst an andere geschickt hat. Ein
Drittel (33 %) hat selbst schon Fotos oder Videos
erhalten, auf denen die oder der Abgebildete fast
nackt oder nackt zu sehen ist. 16% der Jugendlichen gaben an, schon einmal Nacktaufnahmen von
sich selbst erstellt und diese dann meistens auch
verschickt zu haben.
frauen gegen gewalt
Die weite Verbreitung von Sexting im Alltag zeigt
sich auch daran, dass es 31 % als „normal“ empfinden, ihren PartnerInnen Nacktaufnahmen zu
schicken. Jede/r Zehnte (9 %) sagt auch, dass es
„normal“ sei, Nacktaufnahmen von der besten
Freundin oder vom besten Freund zu kennen.
Mit der Zunahme von Sexting im Leben von Jugendlichen steigt auch die Anzahl der Probleme. Knapp
die Hälfte aller Jugendlichen (46 %) kennt jemanden,
die oder der schon einmal Probleme mit Sexting
hatte. Sexting geht zwar in den meisten Fällen gut,
wenn aber etwas passiert, dann ist das oft mit sehr
unangenehmen Erfahrungen für die Betroffenen
verbunden. Die häufigsten Folgen im Bekanntenkreis
der Befragten: Die Aufnahmen wurden im Freundeskreis verbreitet (81 %), die Abgebildeten wurden
verspottet (55%), die Aufnahmen wurden öffentlich
gemacht (49 %), sie wurden Eltern oder Lehrenden
gezeigt (21 %) oder man wurde damit erpresst (14 %).
Die aktuelle Rechtslage in Österreich führt dazu,
dass Sexting von Jugendlichen in vielen Fällen
strafbar ist (zum Beispiel dann, wenn pornografische
Aufnahmen weitergegeben werden). Es gelangen
Bestimmungen zum Kampf gegen Kinderpornografie (§ 207a StGB) zur Anwendung.
p
Formen von sexueller Online-Belästigung seit dem 15. Lebensjahr und in den 12 Monaten vor der
Befragung – einschließlich ungewollter E-Mails oder SMS-Nachrichten mit eindeutig sexuellem und
beleidigendem Inhalt, nach Altersgruppen, EU-28 (%)
25 %
20 %
20
15 %
11
13
11
11
10 %
6
5
5 %
0 %
18–29 Jahre
30–39 Jahre
Seit dem 15. Lebensjahr
40–49 Jahre
6
3
50–59 Jahre
3
60 Jahre und
darüber
In den letzten 12 Monaten
Hinweise: Auf Grundlage aller Frauen mit gültigen Antworten auf beide Fragen zu Online-Belästigung (n=35.820).
6.084 Befragte gaben bei beiden Fragen die Kategorie „nicht zutreffend“ an; in 98 Fällen fehlte die Information zum Alter.
Quelle: FRA-Erhebung zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen, 2012
5
2
Gesamt
frauenbericht 2015
66
Europa-Panorama
Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) führte in den vergangenen Jahren
eine großangelegte Studie zu Gewalt gegen Frauen
durch. Es handelt sich dabei um die größte repräsentative Studie, die jemals international zu diesem
Thema erstellt wurde. Die Ergebnisse basieren auf
Interviews mit 42.000 Frauen in den Mitgliedsstaaten der EU. Laut dieser Studie sind 62 Millionen
Frauen in der EU – also jede dritte Frau – bereits
Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt. Auch
andere Studien zeigen, dass in der EU 20 bis 25 %
aller Frauen mindestens einmal in ihrem Leben Opfer
physischer Gewalt werden.
Bei der Erhebung wurden Frauen zu ihren Erfahrungen mit körperlicher, sexueller und psychischer
Gewalt einschließlich häuslicher Gewalt befragt.
Thema der Befragung waren auch Stalking, sexuelle
Belästigung und die Rolle, die neue Technologien
bei Missbrauchserfahrungen spielen. Die Erhebung
enthielt auch Fragen zu Gewalterfahrungen in der
Kindheit.
> 33 % der Frauen haben seit dem 15. Lebensjahr
körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren;
eine von 20 Frauen (5 %) ist seit ihrem
15. Lebensjahr vergewaltigt worden.
> Von den Frauen, die derzeit mit einem Partner/
einer Partnerin zusammenleben (oder früher mit
einem Partner/einer Partnerin zusammengelebt
haben), waren seit dem 15. Lebensjahr 22 % körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch den/
die PartnerIn ausgesetzt.
> 20 % der Frauen haben seit ihrem 15. Lebensjahr
körperliche Gewalt außerhalb der Partnerschaft
erfahren.
>
Lediglich 33 % der Opfer von Gewalt in einer
Partnerschaft und 26 % der Opfer von Gewalt
außerhalb einer Partnerschaft wandten sich
nach dem schwerwiegendsten Vorfall an die
Polizei oder eine andere Organisation (z. B.
eine Opferhilfe-Einrichtung).
Die Istanbul-Konvention des Europarats, die 2011
angenommen wurde und am 1. August 2014 in Kraft
getreten ist, wurde bisher von 16 Ländern – darunter
Österreich – ratifiziert. Das Übereinkommen sieht
Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen sowie zum Schutz aller anderen
Opfer häuslicher Gewalt vor. Die EU-Kommission
muss, so wie vom Europaparlament in einer Resolution im Februar dieses Jahres gefordert, endlich
eine umfassende Strategie für die Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen erarbeiten.
Gewalt gegen Frauen verursacht in der EU jährlich
schätzungsweise 226 Milliarden Euro an direkten
und indirekten Kosten, wie eine Studie der britischen
Soziologinnen Sylvia Walby und Philippa Olive zeigt.
Präventionsmaßnahmen kosten bedeutend weniger.
Da die gesetzlichen Regelungen zu Verhinderung
von Gewalt und Unterstützung von Opfern in den
EU-Ländern unterschiedlich sind, ist ein umfassender
gesetzlicher Rahmen notwendig.
p
> Monika Vana, Grüne EU-Abgeordnete
67
frauen gegen gewalt
wir grüne
wo l l e n :
> Ausbau der Beratungs- und Betreuungsangebote für Frauen
(z. B. Gewaltschutzzentren, Notwohnungen sowie Frauen- und
Mädchenberatungsstellen)
>
Verstärkten Gewaltschutz für Frauen, Kinder und Jugendliche sowie
einen Ausbau der Interventionsstellen durch Regionalisierung und
Spezialisierung bei gleichzeitiger Sensibilisierung von Polizei, Justiz
sowie PädagogInnen und im Gesundheitsbereich
>
Ausbau von Schulungen, Schulungsmaßnahmen und Seminaren
bzw. Informations- und Sensibilisierungsarbeit besonders im Gesundheitsbereich, in der pflegerischen und medizinischen Ausbildung
und im Justizbereich sowie die Implementierung von Opferschutzgruppen
in den Spitälern
> Fixe Verankerung des Themas „Gewalt in der Familie“ in der Ausbildung
aller Berufsgruppen, die täglich mit Gewalt in der Familie konfrontiert sind,
sowie verpflichtende Fortbildungen
>
Verbesserungen zum Schutz des Kindes: Alle Einrichtungen und
Institutionen, die mit Betroffenen arbeiten, müssen über die Auswirkungen
von Gewalt an Kindern Bescheid wissen und anerkennen, dass Kinder
in jedem Fall von der Gewalt mitbetroffen sind
> Keine gemeinsame Obsorge für Gewalt ausübende Väter im Falle einer
Scheidung/Trennung der Eltern; Kontaktverbot für einen Gewalttäter bei
der Schule, beim Kindergarten, beim Hort und bei der Arbeitsstelle
>
Gewaltpräventionsangebote im Bildungsbereich: flächendeckender
Ausbau an Gewaltpräventionsarbeit in Schulen, um Kinder und
Jugendliche vor Gewalt in der Familie zu schützen, sie zu informieren,
zu stärken und zu unterstützen
> Anonymität der Opfer von Frauenhandel im Strafverfahren
> Rechtsanspruch auf Aufenthalt für alle Opfer von Frauenhandel
> Ausreichender Versicherungsschutz und Zugang zu Gesundheits
einrichtungen in Österreich für Opfer von Frauenhandel
frauenbericht 2015
68
e
h
c
s
i
r
a
t
pa r l a m e n
arbeit
Frauenpolitische Anfragen (Auszug)
Förderung der Gleichstellung im Schul- und Bildungswesen:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03400/imfname_380127.pdf
Förderung von Frauenorganisationen:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03399/imfname_380124.pdf
Ausschluss von Frauen beim Techniker-Cercle:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03635/imfname_383606.pdf
Gewalt an Frauen:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03618/imfname_383125.pdf
Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung bei Kreditvergaben:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03402/imfname_380133.pdf
Maßnahmen zum Abbau der Einkommensschere:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03403/imfname_380136.pdf
Mädchenförderung (Mädchen und Frauen in nicht traditionellen Berufen):
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03401/imfname_380130.pdf
Auslegung einer Vergewaltigungsdrohung als Unmutsäußerung:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_04210/imfname_390615.pdf
Frauenpolitische Anträge (Auszug)
Frauenquoten in Aufsichtsräten:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00998/imfname_393654.pdf
Cybermobbing, Sexting:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01003/imfname_393676.pdf
Gendermedizin:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01004/imfname_393687.pdf
Genderspezifische Gesundheitsförderung:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01005/imfname_393691.pdf
Gendergesundheit und Gesundheitsbericht:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01006/imfname_393695.pdf
Stärkere Beachtung von Genderunterschieden in der medizinischen Praxis:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01001/imfname_393668.pdf
Grüne Anträge im Pflegebereich (Auszug)
Studie zur Situation pflegender Angehöriger:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00775/index.shtml#tab-Uebersicht
Selbstversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00536/index.shtml
Rechtsanspruch auf Pflegekarenz und Pflegeteilzeit
(durch Novellierung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes):
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00392/index.shtml#tab-Uebersicht
69
parlamentarische arbeit
Bundespflegegeldgesetz (BPGG):
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00243/index.shtml#tab-Uebersicht
Gewerberechtliche Trennung von Vermittlungsagenturen
und PersonenbetreuerInnen in der 24-Stunden-Betreuung:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00867/index.shtml
Grüne Anfragen im Pflegebereich (Auszug)
Finanzielle Unterstützung von pflegenden Angehörigen für Ersatzpflege:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_00430/index.shtml
Rückstufungen Pflegegeld:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_00431/index.shtml
Selbstversicherung für pflegende Angehörige:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_01264/index.shtml
Selbstversicherung zur Pflege eines behinderten Kindes:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_01693/index.shtml
Inanspruchnahme von Pflegekarenz und Pflegeteilzeit:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_02070/index.shtml
Pflegefonds:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_02251/index.shtml
24-Stunden-Betreuung:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_02735/index.shtml
Steigende Inanspruchnahme der 24-Stunden-Betreuung:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_03705/index.shtml
Selbstversicherung für pflegende Angehörige:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_04518/index.shtml
Grüne Anträge und Anfragen im Bereich
Soziales/Familie/Gesundheit (Auszug)
Keine Verluste für ehemalige KinderbetreuungsgeldbezieherInnen
im Arbeitslosenversicherungsrecht:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00610/index.shtml
Bundes-Verfassungsgesetz, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Änderung:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00022/index.shtml
Selbstversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00536/index.shtml
Stärkere Beachtung von Genderunterschieden in der medizinischen Praxis:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01001/index.shtml
Maßnahmen gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Menschen mit Behinderungen:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00094/index.shtml
Elternteilzeit parallel zur Karenz:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_00684/fnameorig_369177.html
Kinderbetreuungsgeld für Pflegeeltern:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_01002/fnameorig_393704.html
Väterbeteiligung beim Kinderbetreuungsgeld:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_04148/fnameorig_389482.html
Verlängerung des kostenlosen verpflichtenden Kindergartenjahrs:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/J/J_04099/fnameorig_388341.html
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