filmliste - Medienwissenschaft Universität Bayreuth

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filmliste - Medienwissenschaft Universität Bayreuth
FILMLISTE
Die Liste wurde anhand der Schwerpunkte der Lehrveranstaltungen erstellt und es wird jedem
Studenten des Faches Medienwissenschaft empfohlen, diese repräsentative Auswahl (ohne Anspruch
auf Vollständigkeit) im Laufe seiner Studienzeit anzusehen. Die Filme sind zum Teil in der Bibliothek,
sowie im internen Bestand der Medienwissenschaft ausleihbar.
1. 2001: Odyssee im Weltraum (2001: A SPACE ODYSSEY)
Regie: Stanley Kubrick
Ein geheimnisvoller schwarzer Monolith, der offenbar von Außerirdischen stammt, beeinflusst in grauer Vorzeit die Entstehung von Intelligenz und
den "Aufbruch der Menschheit", wird Jahrtausende später von Wissenschaftlern auf dem Mond entdeckt und lockt ein Forschungsraumschiff in
Richtung Jupiter. Die Mission endet nach dem Versagen des Bordcomputers mit einer Katastrophe; der einzig überlebende Astronaut begegnet
der außerirdischen Macht und erfährt eine kosmische Wiedergeburt. Kubricks fantastisches Kinoabenteuer vereint technische Utopie und
kulturphilosophische Spekulation zu einer Weltraumoper von überwältigendem Ausmaß. Der kühne gedankliche Entwurf des Films eine
Entwicklungsgeschichte der Menschheit voller Skepsis und bitterer Ironie wird mit nicht minder kühnen optischen Effekten und einer revolutionären
Tricktechnik realisiert, die das Genre des Science-Fiction-Films in den folgenden Jahren entscheidend prägten.
GB, 1965
150 Min.
2. Yeah Yeah Yeah (A HARD DAY’S NIGHT)
Regie: Richard Lester
Szenen aus dem Leben der Beatles während einer Konzerttournee in England: eine Kombination aus dokumentarischen Musikmitschnitten ihrer
Bühnenauftritte, eingeflochtenen Slapstick-Gags und rudimentärer Spielhandlung, mit viel Witz, Tempo und dramaturgischem Geschick inszeniert.
Neuartig und richtungsweisend für spätere Musikfilme ist die authentische Wiedergabe von Lebensgefühl und Zeit-Atmosphäre, die weniger durch
protokollarischen Realismus als durch schöpferische Unordnung und parodistische Stilexperimente erreicht wird. Erst 1994 kam die untertitelte
Originalversion unter dem Originaltitel ins Kino, die auch die sprachlichen Witze nachvollziehen ließ.
GB, 1964
90 Min.
3. Nightmare before Christmas (Nightmare before Christmas)
Regie: Henry Selick
Die liebenswert-häßlichen Quälgeister aus dem Halloween-Land entdecken das Weihnachtsfest, dessen eigentlicher Sinn ihnen freilich verborgen
bleibt. Sie entführen den Weihnachtsmann und basteln makabre Geschenke für die damit gar nicht glücklichen Kinder. Ein in ebenso düsterer und
romantischer wie bewegender und komischer Atmosphäre angesiedelter Puppentrickfilm von außergewöhnlich reicher Bildfantasie. Unter Nutzung
aller technischen wie autoriellen Möglichkeiten entstand im Original ein kleines Meisterwerk des surrealen Kinos.
USA, 1993
80 Min.
4. Alles über meine Mutter (TODO SOBRE MI MADRE)
Regie: Pedro Almodóvar
Nach dem Tod ihres Sohns, der an seinem 17. Geburtstag beim Versuch, das Autogramm einer Schauspielerin zu erhalten, unter ein Auto gerät,
bricht seine Mutter zu einer Reise in ihre Vergangenheit auf. In Barcelona trifft sie eine Reihe alter Freundinnen wieder, die alle von nicht
geringeren existenziellen Nöten geplagt sind, und sucht Kontakt zum Vater des Jungen, der inzwischen als weibliche Prostituierte arbeitet. In
gewohnt präziser Weise entwirft Pedro Almodovar eine Reihe plastischer Frauenfiguren, die versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Im
Vergleich zu seinen früheren Werken ist der Film leiser und unspektakulär inszeniert; selbst der Humor wurde den ernsthaften Episoden um
Krankheit und Tod, Liebe und Lebensziele geopfert.
ES/ F, 1999
100 Min.
5. Am Brunnen vor dem Tore
Regie: Hans Wolff
Ein Gemälde-Diebstahl und seine Aufklärung als dürftige Rahmenhandlung für eine sentimentale Liebesgeschichte, in deren Mittelpunkt eine junge
Wirtin steht. Um ihre Gunst werben neben englischen Besatzungsoffizieren auch ein deutscher Tankwart und ehemaliger Fliegeroffizier. Kitschiger
Heimatfilm mit aufgesetzter Scheinmoral.
BRD, 1952
95 Min.
6. American Beauty
Regie: Sam Mendes
Die Geschichte eines Mannes in mittlerem Alter, der aus dem Jenseits die Geschichte seines unbefriedigenden Berufs- und Familienlebens
erzählt. Der ironische Blick hinter die äußerlich glänzende Fassade von Kleinstadt-Amerika wird durch eine komplementäre Erzählebene
anteilnehmend und mit neugieriger Sensibilität zu einem komplexen und hintergründigen Menschen- und Generationsporträt ausgeweitet. Ein
höchst bemerkenswerter Erstlingsfilm, der stilistisch und darstellerisch gleichermaßen überzeugt.
USA, 1999
125 Min.
7. Angst essen Seele auf
Regie: Rainer Werner Fassbinder
An Einsamkeit und gesellschaftlicher Isolierung entzündet sich die Beziehung zwischen einer Witwe und einem 20 Jahre jüngeren marokkanischen
Gastarbeiter. Ihre wahre Belastungsprobe aber erlebt die Verbindung erst, als sie in Form einer bürgerlichen Ehe institutionalisiert werden soll.
Melodram, das mit kühler Brillanz die Mißachtung von Minderheiten und die Mechanismen sozialer Unterdrückung analysiert. Zugleich populär und
bitter-ironisch erzählend, sucht Fassbinder ein breites Publikum, ohne persönliche Obsessionen zu verleugnen und ohne an kritischer Schärfe zu
verlieren.
BRD, 1973
95 Min.
8. Apocalypse Now
Regie: Francis Ford Coppola
Während des Vietnam-Krieges erhält ein amerikanischer Captain den Auftrag, einen Colonel zu liquidieren, der nicht mehr zurechnungsfähig ist
und sich im Dschungel von Kambodscha als Herrscher aufspielt. Die Fahrt auf dem Patrouillenboot konfrontiert ihn fortlaufend mit der gnadenlosen
Härte und dem unsagbaren Schrecken des Krieges, sie nimmt dabei zunehmend irreale, alptraumhafte Züge an. Ein verstörender Film, der
realistisch kraß den Krieg als Zerstörer alles Menschlichen anklagt, in seiner Inszenierung allerdings zu sehr auf Effekte abzielt. Insofern im
Gesamteindruck zwiespältig. Überarbeitete und komplettierte Neufassung: "Apocalypse Now Redux" (2001)
USA, 1976-79
155 Min.
9. Außer Atem (A BOUT DE SOUFFLE)
Regie: Jean-Luc Godard
Godards längst zum Klassiker gewordener Erstlingsfilm ist eine Huldigung an Humphrey Bogart und die "B-Filme" Hollywoods. Er erzählt von dem
kleinen Ganoven Michel Poiccard, der schließlich von seiner Geliebten Patricia an die Polizei verraten wird. Im Mittelpunkt steht dabei bereits der
Tod, ein Lieblingsthema Godards. Der Film wimmelt von inszenatorischen Regelverstößen, die man damals der Unerfahrenheit des Anfängers
zuschrieb und erst später als raffinierte Absicht erkannte, einerseits den Artefaktcharakter des Films hervorzuheben, andererseits das
amerikanische Ideal der "unsichtbaren" Regie zu torpedieren.
F, 1959
90 Min.
10. Ben Hur
Regie: William Wyler
Der 1880 erschienene Roman des amerikanischen Rechtsanwalts und Bürgerkriegsgenerals Lewis Wallace in einer dreieinhalbstündigen
Neuverfilmung, die an kolossalem Aufwand alles bis dahin Gedrehte übertraf. 365 Sprecherrollen, 50000 Komparsen, über 1 Mio. Requisiten, 16,2
Mio. Dollar Kosten. Bewunderter Höhepunkt wie schon des Stummfilms: das Quadrigarennen im Zirkus, mit dem der römische Tribun Messala und
der unterjochte israelische Prinz Ben Hur ihren jahrelangen Kampf zwischen Despotie und Freiheitsgeist beenden.
USA, 1959
215 Min.
11. Berlin - Die Sinfonie der Großstadt
Regie: Walther Ruttmann
Eine klassische Bildreportage über 24 Stunden im Leben der Metropole Berlin des Jahres 1927 - ganz mit den Augen der u.a. in einer Litfaßsäule
versteckten Kamera gesehen. Ein ungemein eindringlicher und informativer Stummfilm von großem zeitdokumentarischem Wert. Bei der
Uraufführung im Tauenzienpalast wurde zur genauen Übereinstimmung von Bild und Musik erstmals das Musik-Chronometer von Carl Robert
Blum verwendet.
D, 1927
70 Min.
12. Blow Up
Regie: Michelangelo Antonioni
Ein junger Londoner Starfotograf entdeckt bei der Vergrößerung einer Aufnahme, daß er vermutlich Zeuge eines Mordes gewesen ist. In
Inszenierung, Fotografie und Darstellung hervorragender Film von Antonioni, der die Faszination des Bildes als Abbild tatsächlicher oder
vermeintlicher Wirklichkeit und die Möglichkeiten der Manipulation aufzuzeigen versucht und zugleich ein Porträt der "Beat-Generation" zeichnet.
GB/ I, 1966
110 Min.
13. Blue Velvet
Regie: David Lynch
Ein in seine Heimatstadt, ein amerikanisches Provinznest, zurückkehrender Student wird durch den Fund eines abgeschnittenen Ohres und die
eigene, immer zwanghafter werdende Neugier in einen kaum vorstellbaren Abgrund von Gewalt undPerversion hineingezogen. Ein doppelbödiger
Film, der sich im krassen Eindringen in finsterste menschliche Abgründe zugleich mit der Fragwürdigkeit traditioneller Weltbilder beschäftigt.
USA, 1985
115 Min.
14. Bonnie & Clyde
Regie: Arthur Penn
Die abenteuerliche und tragisch endende Geschichte eines Gangsterpaares im amerikanischen Südwesten der 20er Jahre, von Arthur Penn mit
formalem Geschick und doppelbödigem Sarkasmus inszeniert: Bonnie und Clyde, zwei einfache junge Leute aus der Provinz, erfüllen sich ihren
Traum von Freiheit und Reichtum, indem sie jenseits von "Recht und Ordnung" einen aussichtslosen Kampf gegen die staatlichen Autoritäten
führen - wodurch sie unversehens zu Volkshelden avancieren. Ausgehend von tatsächlichen Ereignissen, entwickelt Penn seine AußenseiterBallade zum Spiegelbild amerikanischen Bewußtseins in den 60er Jahren; der Mythos des "guten Gangsters" wird beschworen und zugleich einer
kritischen Revision unterzogen.
USA, 1967
110 Min.
15. Bowling for Columbine
Regie: Michael Moore
Ausgangspunkt ist das Massaker, das Schüler in einer US-amerikanischen High School im Jahr 1999 verübten. Darauf aufbauend, berichtet der
Dokumentarfilm von Waffennarren und Sicherheitswahn in den USA, zeigt und konfrontiert Opfer und Täter miteinander und entwirft schließlich
das vielgestaltige Bild einer von paranoider Angst geprägten Gesellschaft. Ein höchst subjektiver und suggestiver, dadurch aber unterhaltsamer
und insgesamt erhellender Blick auf ein Land in einer essenziellen Krise.
USA/ CDN, 2002
120 Min.
16. Bram Stoker’s Dracula (Dracula)
Regie: Francis Ford Coppola
Ein 1462 zum ewigen Leben verdammter transsylvanischer Graf reist 1897 ins viktorianische London und verliebt sich dort in das Ebenbild seiner
früheren Geliebten. Ein Doktor und der Verlobte seines Objektes der Begierde erlösen ihn schließlich von seinem Fluch. Aufwendige
Neuverfilmung eines Literatur- und Filmklassikers, der opernhaft die Topoi des Horror-, Abenteuer- und Splatter-Genres ausbeutet, aber letztlich
zu keiner eigenen Handschrift findet. Kameratechnisch und in der Interpretation der Hauptrolle beeindruckend.
USA, 1992
130 Min.
17. Brazil
Regie: Terry Gilliam
In einem bizarren Überwachungsstaat der Zukunft gerät ein kleiner Angestellter durch einen Tippfehler in Schwierigkeiten und lernt die monströse
Brutalität der Bürokratie kennen, deren Teil er ist. Die Geschichte wird in einer Mischung aus surrealistischenTraumvisionen, rasanten ActionTurbulenzen und bitterböser Satireerzählt: Kino als Geisterbahnfahrt.
GB, 1984
145 Min.
18. Breaking the waves
Regie: Lars von Trier
In einem Dorf an der nordschottischen Küste in den 70er-Jahren: Kurz nach der Heirat mit einer unerfahrenen jungen Frau muss ein Mann für
Monate auf eine Bohrinsel. Als er schwer verletzt zurückkommt, gibt sich die aus einer engen, naiv-gläubigen Gottesbeziehung lebende Frau die
Schuld dafür. Sie lässt sich auf Drängen ihres gelähmten Mannes widerwillig auf Affären ein und wird von der streng protestantischen Gemeinde
verstoßen. Lars von Trier benutzt triviale Handlungsmuster für ein mitreißendes reines Gefühlskino, das seine Unmittelbarkeit sowohl den
überragenden Schauspielern als auch dem reportagehaften Kamerastil verdankt. Außerdem reflektiert der Film theologisch differenziert die
vielfältigen Aspekte der Trias Glaube, Liebe, Hoffnung: Eine Frau, die nur das Gute will, stößt in einer reglementierten Welt auf Mißtrauen und
Ablehnung, so dass ihr Lebensweg zu einer modernen Passionsgeschichte wird.
DK, 1996
160 Min.
19. Casablanca
Regie: Michael Curtiz
Eine Gruppe von Flüchtlingen, Abenteurern, Agenten und Vichy-Polizisten trifft während des Zweiten Weltkriegs in Ricks Bar in Casablanca
aufeinander. In diesem internationalen Halbweltmilieu voller Spannungen, Intrigen und politischer Repressionen sieht der zynische Barbesitzer
unversehens seine große Liebe wieder, die Frau eines ungarischen Widerstandskämpfers. Die Wiederbelebung der Romanze scheitert an der
Notwendigkeit, den Ehemann vor seinen Nazi-Verfolgern zu retten. Das spannende, zuweilen witzige Melodram mit zeitgeschichtlichem
Hintergrund besticht durch optisches Raffinement, darstellerische Präzision, dramaturgisches Timing und dichte Atmosphäre. 1952 gelangte eine
gekürzte und in der Synchronisation verfälschte Fassung in die bundesdeutschen Kinos: Alle Hinweise auf Nationalsozialismus und Vichy-Regime
waren getilgt, die politischen Konflikte zu einer Agentengeschichte vereinfacht und der Widerstandskämpfer in einen norwegischen Atomphysiker
verwandelt. Erst Mitte der 70er Jahre ermöglichte eine Neusynchronisation den Zugang zur authentischen Fassung des inzwischen zum Kultfilm
avancierten Werkes.
USA, 1942
100 Min.
20. Chungking Express (CHONGQING SENLIN)
Regie: Won Kar-Wai
Zwei Liebesgeschichten aus dem Moloch Hongkong: Zunächst begegnet ein melancholischer Polizist, der von seiner Geliebten verlassen wurde,
einer in diverse Verbrechen verstrickten Frau, danach verändert eine in einem Schnellimbiß arbeitende junge Frau heimlich das Leben eines
weiteren Polizisten. Mit außergewöhnlicher Souveränität verwandelt der Film die vage skizzierten Handlungsvorlagen zu seismografisch genauen
Stimmungsbeschreibungen: Momente der Sehnsucht, des Verlorenseins und der Entfremdung fangen einerseits meisterhaft den Charakter der
Stadt ein, verdichten andererseits die Genre- und Lebensbilder zu Szenen von kunstvoller Poesie.
HK, 1994
105 Min.
21. Citizen Kane
Regie: Orson Welles
Die fiktive Lebensgeschichte des Multimillionärs Charles Foster Kane die lebende Vorlage lieferte der Zeitungszar Hearst, erzählt aus der
Perspektive mehrerer Augenzeugen, deren Berichte ein komplexes Persönlichkeitsbild ergeben: Als Kind wird Kane von seinen Eltern in die Obhut
eines Vormundes gegeben, der den jungen Mann später in die Geschäftswelt einführt. Kane engagiert sich mit wechselndem Glück und
wechselnden politischen Überzeugungen, aber mit gleichbleibender Energie in der Zeitungsbranche, in Handel, Politik und Kunst, errichtet ein
einflußreiches Wirtschaftsimperium und stirbt schließlich vereinsamt in seiner festungsähnlichen Traumvilla Xanadu. Der damals 24jährige Orson
Welles, der seinen Debütfilm als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller frei gestalten konnte, entwirft ein geniales Charakter- und
Gesellschaftsporträt, in dem der Mythos des Amerikanischen Traums zugleich beschworen und kritisch befragt wird. Die verschachtelte
Rückblenden-Technik - nach seinem Tod forscht ein Reporter in Kanes Vergangenheit - zersplittert den Charakter in eine Vielzahl
widersprüchlicher Facetten; die Figur des "Bürgers Kane" entsteht erst im Schnittpunkt ihrer öffentlichen und privaten Existenz, im Zusammenspiel
aus Erinnerung, Kommentar und fiktivem Dokument. Welles nutzt virtuos die filmtechnischen Möglichkeiten seiner Zeit; die elliptischen Montagen,
die ausdrucksstarken Bildkompositionen, die raschen Perspektivwechsel wirkten bahnbrechend und setzten neue Maßstäbe; ein kommerzieller
Erfolg blieb jedoch aus.
USA, 1941
120 Min.
22. Dancer in the Dark
Regie: Lars von Trier
Eine junge Fabrikarbeiterin, die aufgrund einer Erbkrankheit ihr Augenlicht verliert, spart ihr Geld, um ihrem Sohn durch eine Augenoperation
dasselbe Schicksal zu ersparen. Als bei einem Streit ein Freund sein Leben verliert, wird sie unter Mordanklage gestellt und zum Tode verurteilt,
weil sie sich weigert, ein Schweigegelübde zu brechen und ihre Ersparnisse für den Anwalt eines Berufungsverfahrens auszugeben. Eine
lückenlos durchbuchstabierte Kombination aus Musical und Melodram, die sich beiden Genres als Hommage und Kritik zugleich verpflichtet fühlt.
Dramaturgisch ausgefeilt, in der Hauptrolle herausragend gespielt, erzählt der Film sowohl von bedingungsloser Mutterliebe als auch von den
sozialen und politischen Gegebenheiten in den USA zu Beginn der 60er-Jahre. Dabei bedient er sich virtuos unterschiedlicher kameratechnischer
Mittel, um die Handlungsebenen voneinander abzugrenzen.
DK, 2000
140 Min.
23. Das Boot
Regie: Wolfgang Petersen
Die Geschichte der letzten Fahrt eines deutschen U-Bootes im Zweiten Weltkrieg: Nachdem es der Besatzung unter immensen Schwierigkeiten
und höchster Lebensgefahr gelungen ist, die stark bewachte Meerenge von Gibraltar zu durchbrechen, wird ihr Boot im "sicheren" Hafen bei einem
Bombenangriff versenkt. Aufwendig und perfekt inszenierter Kriegsfilm. Der schon in der dreiteiligen Fernsehfassung fragwürdige Versuch, dem
authentischen Stoff eine Antikriegstendenz abgewinnen, scheitert in der gekürzten Kinoversion allerdings völlig. Hier bleiben von dem schauspielerisch glänzend interpretierten - Drama nur die martialischen Knalleffekte übrig und verkehren das Anti-Heldentum der Vorlage ins
Gegenteil. Der hohe produktionstechnische Standard bescherte dem Film dennoch einen großen Erfolg.
BRD, 1979/81
150 Min.
24. Das Cabinet des Dr. Caligari
Regie: Robert Wiene
Der Hypnotiseur und Schausteller Caligari läßt durch sein somnambules Medium mehrere Menschen töten. Nachdem ein Student ihn entlarvt hat,
erweist er sich als Insasse der Irrenanstalt, deren Direktor Caligari ist. Der berühmteste deutsche Stummfilm, ein Meisterwerk der provokativen
Bildsprache des Expressionismus, ist einer der wichtigsten Psychiatriefilme. Seine Thematik der erzählerischen Vermischung von Normalität und
Wahnsinn und der Folgeerscheinungen von Autorität, Macht, Tyrannei, Despotismus und Massenbeeinflussung durch Hypnose sowie seine
stilistische Verbindung von moderner Kunst mit Formen des Wahnsinns lassen ihn auch heute noch aktuell und brisant erscheinen. Im Jahr 1997
nahm der Schweizer Armin Brunner eine Neuvertonung des Films vor, unter Verwendung der Bläsersymphonie op. 34 von Ernst Krenek.
D, 1919
60 Min.
25. Das Dschungelbuch (The Jungle Book)
Regie: Wolfgang Reitherman
Der letzte abendfüllende Zeichentrickfilm, der zu Lebzeiten Walt Disneys hergestellt wurde, ist ein Triumph des Geschichtenerzählers Disney. Die
Geschichte des kleinen Menschenkindes Mowgli, das im Dschungel von wilden Tieren großgezogen wird und bis zum abschließenden Zweikampf
mit dem Tiger Shir Khan allerlei Abenteuer erlebt, ist ein zeitlos-spannendes Musical voller Witz und Humor. Man begegnet dem gemütlichen
Bären Balu, der Schlange Kaa, dem Affenkönig Louie, dem Panther Baghira und dem Elefanten-Oberst Colonel Hathi; und man hört einige der
schönsten Disney-Songs, darunter "Versuchs mal mit Gemütlichkeit" und "Ich wäre gern wie du".
USA, 1967
80 Min.
26. Das Fenster zum Hof (Rear Window)
Regie: Alfred Hitchcock
Hitchcocks Versuch über die unersättliche Gier der Augen, über die Wonnen und den Alpdruck des Voyeurismus in Form eines spannenden
Thrillers. Nach einem Unfall ist der Sensationsfotograf Jeffries an den Rollstuhl gefesselt. Neben den gelegentlichen Besuchen seiner Verlobten
bleibt ihm nur der Blick aus dem Fenster in einen Hinterhof als alltägliche Beschäftigung. Aus den - natürlich indiskreten - Einblicken in die Fenster
der gegenüberliegenden Wohnungen ergeben sich Geschichten. Ein Mann komponiert ein Musikstück, ein Paar verlebt Flitterwochen. Ein anderer
Mann beginnt, sich seltsam zu verhalten. Langsam kommt in dem zur Untätigkeit verurteilten Beobachter ein Verdacht auf. Ein Mord könnte
geschehen sein. Die Indizien verdichten sich. Schließlich lockt Jeffries den Mörder aus der Defensive. Mit einer einzigen Szene als Ausnahme
bleibt die Kamera bei James Stewart, mit dem der Zuschauer sich identifizieren soll. Ein sehr spannender, dramaturgisch ausgefeilter Film ohne
Schockeffekte. Einer der stilistisch klarsten und originellsten Filme Hitchcocks voller atemloser Spannung, weil der Zuschauer bald merkt, daß die
Situation Jeffries der seinen gleicht.
USA, 1954
115 Min.
27. Das Fest (Festen)
Regie: Thomas Vinterberg
In dem herrschaftlichen Landgasthof eines dänischen Hoteliers treffen sich dessen Familienangehörige, um seinen 60. Geburtstag zu feiern.
Während des Gastmahls enthüllt der älteste Sohn, dass er und seine Schwester, die wenige Monate zuvor Selbstmord verübte, als Kinder vom
Jubilar sexuell missbraucht wurden. Eine Familientragödie, inszeniert in einem schonungslosen Filmstil und einer betont undurchsichtigen
Erzählstrategie: Durchgängig mit grobkörnigen, verwaschenen Handkamera-Aufnahmen gestaltet, erweist sich diese Ästhetik als brillanter
Ausdruck einer verletzten Seele. Auch das präzise Drehbuch und die ausdrucksstarken Darsteller belegen die kreative Potenz des "Dogma 95"Programms dänischer Nachwuchsregisseure.
DK, 1997
105 Min.
28. Das Leben der Anderen
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Die DDR Mitte der 1980er-Jahre: Ein mächtiger Minister, der eine gefeierte Theaterschauspielerin begehrt, will deren Lebensgefährten, einen
renommierten Dramatiker, aus dem Weg schaffen. Ein Abhörspezialist der Stasi soll deshalb in einem "operativen Vorgang" die Loyalität des
Staatsdichters prüfen, verwanzt die Wohnung des Paares und hofft auf regimekritische Äußerungen. Dabei gerät er aber in seinem Glauben ans
System selbst zunehmend ins Wanken. Der eindringlich und intensiv inszenierte, herausragend gespielte Film analysiert über die Einzelschicksale
hinaus die Mechanik eines Unrechtssystems und beschreibt distanziert dessen Funktionsweise. Über die künstlerischen Qualitäten hinaus ein
wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte.
BRD, 2005
140 Min.
29. Das Leben des Brian (Monty Python’s Life of Brian)
Regie: Terry Jones
Ein zur Zeit Christi in Palästina als Nachbar Jesu geborener junger Mann wird von einer wilden Anhängerschar zum Märtyrer gemacht. Die mit
drastischen Anspielungen gespickte Satire des britischen Komiker-Sextetts Monty Python parodiert einschlägige Monumentalverfilmungen des
Lebens Jesu und nimmt Auswüchse des religiösen Fanatismus aufs Korn. Das Wechselbad von kecken Gags, Kalauern und degoutanten Einfällen
wird mitunter jedoch recht zynisch.
GB, 1979
95 Min.
30. Das Mädchen Rosemarie
Regie: Rolf Thiele
1957 wurde in Frankfurt am Main die stadtbekannte "Lebedame" Rosemarie Nitribitt ermordet. Zu ihren Kunden hatten angeblich auch prominente
Industrielle gehört. Die Fall schlug hohe Wellen, blieb aber ungeklärt. Der Journalist Erich Kuby verarbeitete den Stoff zu einem Drehbuchentwurf,
der einen der umstrittensten und erfolgreichsten Filme der 50er Jahre inspirierte. Sorgfältig inszeniert, von satirischen Songs über
Wirtschaftswunder und Remilitarisierung begleitet, glossiert der Film in einer Mischung aus Persiflage, Kabarett und Moritat die Doppelmoral der
bundesdeutschen Gesellschaft der Wiederaufbauzeit, ohne freilich zu den tieferen Wurzeln der attackierten Mißstände vorzudringen.
BRD, 1958
100 Min.
31. Das Schweigen der Lämmer (The Silence of the lambs)
Regie: Jonathan Demme
Eine junge FBI-Anwärterin wird bei der Verfolgung eines krankhaften Frauenmörders auf einen gefährlichen Soziopathen angesetzt, der einst ein
brillanter Psychiater war, aber selbst zum kannibalistischen Mörder wurde. Ihr Ringen mit dem genialen Mörder endet, nachdem ihr
Kindheitstrauma erneut hervorbricht und der Frauenmörder zur Strecke gebracht ist, in einer Patt-Situation. Eine perfekt inszenierte
grauenerregende Geschichte, die weniger auf blutige Effekte als auf einer Atmosphäre bedrückender Angst aufgebaut ist. Im Mittelpunkt steht eine
resolute Frau, deren Mut und Kraft einer extremistischen Männerwelt gegenübergestellt wird. Fesselnde Spannungsunterhaltung; hervorragend
gespielt.
USA, 1990
120 Min.
32. Das zauberhafte Land/ Der Zauberer von Oz (The Wizard of Oz)
Regie: Victor Fleming
Die kleine Dorothy gerät im Traum in das farbenprächtige Land Oz und kann mit ihren Weggefährten, einer Vogelscheuche, einem Zinnmann und
einem ängstlichen Löwen, zum mächtigen Zauberer vordringen, der ihre Wünsche zwar nicht erfüllen kann, sie jedoch zur Selbsthilfe anleitet. Ein
Musical-Klassiker, der einiges an Patina angesetzt hat, heute nur in Einzelszenen gelungen erscheint, aber nach wie vor gute Unterhaltung bietet.
Früherer Kino- und TV-Titel: "Das zauberhafte Land"; Video- und DVD-Titel: "Der Zauberer von Oz"
USA, 1939
110 Min.
33. Der andalusische Hund (UN CHIEN ANDALOU)
Regie: Luis Bunuel
Formal hervorragender Experimental-Stummfilm der surrealistischen Avantgarde, den der damals 28jährige Bunuel gemeinsam mit dem Maler Dali
inszenierte. Am Anfang steht eine der berühmtesten Schocksequenzen der Filmgeschichte: Eine Wolke bewegt sich auf den Vollmond zu, ein
Rasiermesser schneidet durch das Auge einer jungen Frau. Später sieht man eine von Ameisen wimmelnde Menschenhand, Priesterseminaristen,
die an Glockenseilen baumeln, und den Kadaver eines Esels, der aus einem Pianoflügel quillt. Einige Szenen sind bewußt als anarchische
Provokation gedacht, andere lassen sich als poetische Metaphern deuten - insgesamt attackieren die vieldeutigen Bilder nachhaltig die
herkömmlichen Vorstellungen von Ratio und Normalität. An deren Stelle tritt die Logik des Traums, die auflösende Kraft der Fantasie. Der
gleitende Übergang zwischen äußerer Realität und Bewußtseinswirklichkeit und der respektlose Blick auf die Werte der bürgerlichen Kultur finden
sich in den meisten späteren Werken Bunuels wieder.
F, 1928
20 Min.
34. Der blaue Engel
Regie: Josef von Sternberg
Die Tragödie eines pedantischen Gymnasialprofessors am Ende des 19. Jahrhunderts, der sich durch die Leidenschaft für eine TingeltangelSängerin lächerlich macht und sich schließlich zugrunde richtet. Erschütternde Charakterstudie von Emil Jannings und Ausgangspunkt für Marlene
Dietrichs Weltkarriere als Vamp in Sternbergs kongenialer, wenn auch literarisch nicht exakter Verfilmung von Heinrich Manns "Professor Unrat".
D, 1930
110 Min.
35. Der dritte Mann (The third man)
Regie: Carol Reed
Ein amerikanischer Schriftsteller im geteilten Nachkriegs-Wien auf der Spur eines zynischen Freundes, der den eigenen Tod inszenierte, um seine
skrupellosen Schwarzmarktgeschäfte mit lebenswichtigen Medikamenten zu verschleiern. Nach einem Stoff von Graham Greene, stark beeinflußt
durch seinen Star Orson Welles, inszenierte Carol Reed einen subtilen politischen Kriminalthriller, der durch die expressiv gefilmten
Originalschauplätze und Karas weltberühmtes Zither-Thema eine unverwechselbare Stimmung erhielt.
GB, 1949
110 Min.
36. Der Exorzist (The Exorcist)
Regie: William Friedkin
Zur Sensation hochgespielte Verfilmung eines Bestsellers, der sich auf einen tatsächlichen Fall beruft: Ein 12jähriges Mädchen, das ein Dämon
gräßlich verunstaltet und peinigt, wird von zwei Jesuiten, die bei der Teufelsaustreibung ihr Leben verlieren, von seiner Besessenheit befreit. Auf
Angst und Schrecken spekulierender Psychoschocker, der seinem Thema mit den Mitteln des perfekt inszenierten Horrorfilms beizukommen
versucht.
USA, 1973
135 Min.
37. Der grosse Diktator (The great Dictator)
Regie: Charles Chaplin
Der Diktator Hynkel - eine ins grotesk Neurotische verzerrte Karikatur Hitlers - wird nach dem Einmarsch seiner Truppen in das Land Austerlich
Österreich per Zufall mit seinem Doppelgänger, einem aus dem KZ entflohenen jüdischen Barbier, verwechselt. Der verstörte kleine Mann wagt es,
statt der vom Regenten erwarteten Staatsrede einen flammenden Appell für Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Frieden zu sprechen. Chaplins
erster Dialog-Film ist ein persönliches und politisches Bekenntnis. Die Entstehungsgeschichte reicht bis in das Jahr 1935 zurück und zeigt, wie
schwer sich der Regisseur damit tat, eine angemessene Form für seine Botschaft zu finden. Es wurde schließlich ein Film ohne künstlerische
Homogenität: eine traurige Farce, eine hellsichtige Slapstick-Satire. Der Aufruf am Schluß fällt durch seine schlichte Direktheit aus dem Rahmen.
"Der große Diktator" hat genialische, sehr komische und tief bewegende Züge, aber die angestrengte Bemühung, die dahintersteckt, bleibt störend
im Bewußtsein des Zuschauers. Als Zeit- und Charakterzeugnis von bleibendem Interesse.
USA, 1940
130 Min.
38. Der Jazzsänger (The Jazz Singer)
Regie: Alan Crosland
Erster amerikanischer Tonfilm, damit natürlich auch das erste Musical. Obwohl über weite Strecken noch Zwischentitel eingesetzt wurden, um den
Gang der Handlung zu erklären, bedeuteten die wenigen - nach späteren Standards zweifellos hölzernen - Dialogpassagen und die
Gesangsdarbietungen des Variete-Sängers Al Jolson eine Sensation für das Publikum und eine Revolution für die Filmtechnik und -ästhetik. Die
Adaption eines Bühnenstücks schildert den Aufstieg eines armen jüdischen Sängers zum Broadway-Star - gegen den Widerstand der Eltern, die
seine Zukunft als Sänger in der Synagoge gesehen hatten.
USA, 1927
90 Min.
39. Der Kontrakt des Zeichners (THE DRAUGHTSMANS CONTRACT)
Regie: Peter Greenaway
In der Geschichte eines Künstlers aus dem 17. Jahrhundert, der den Landsitz eines Adligen zeichnen soll, werden allgemeine ästhetische Fragen
der Bildkunst gestellt und in einem höfischen Spiel aus Verästelung und Intrige auf ihren wahren gesellschaftlichen Kern zurückgeführt. Ein
ironisch-satirischer Historienfilm; hervorragend komponiert und fotografiert und auf eine entsprechende zeitgenössische Musik abgestimmt.
GB, 1982
110 Min.
40. Der Pate (The Godfather)
Regie: Francis Ford Coppola
Ein gewaltiger Gangsterfilm, der zeitgenössische Probleme der USA transparent macht und in reißerischer Verpackung als perfekte Unterhaltung
anbietet. Im Mittelpunkt das System der Mafia, repräsentiert in der Geschichte eines Familienclans, dessen Haupt Don Corleone gleichsam zwei
Tode sterben wird: den blutig-spektakulären als Gangsterboß und den privaten im sentimental getönten Familienidyll. Der überlange Film ist nicht
ohne detaillierte Grausamkeit, wird aber vornehmlich sehenswert wegen des brillanten Spiels der Hauptdarsteller und interessiert auch als
Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Verhältnissen.
USA, 1971
180 Min.
41. Der unsichtbare Dritte (NORTH BY NORTHWEST)
Regie: Alfred Hitchcock
Ein harmloser New Yorker Werbefachmann wird irrtümlich für einen Spion gehalten, der in Wirklichkeit nur als von der CIA erfundenes Phantom
existiert. Der Geheimdienst benutzt seine Ahnungslosigkeit, um die Gegenseite auf eine falsche Spur zu locken. Eine Verfolgungsjagd quer durch
den nordamerikanischen Kontinent beginnt, während er unfreiwillig zum Helden wird, einen Gentleman-Agenten zur Strecke bringt und die Frau
fürs Leben findet. Ein brillantes Kinostück mit spannungsvollem Suspense, verblüffenden Kehrtwendungen und spielerischen Überraschungen.
Hitchcock vereint auf virtuose, zugleich höchst unterhaltsame Weise alle Qualitäten des Thrillers, des Abenteuerkinos und der Kriminalkomödie
und bietet ganz nebenbei eine doppelbödig-ironische Anthologie US-amerikanischer Landschaften, Mythen und Denkmäler.
USA, 1959
140 Min.
42. Der weiße Hai (Jaws)
Regie: Steven Spielberg
Der Kampf dreier Männer gegen einen riesigen Hai, der einen Badestrand an der amerikanischen Ostküste bedroht. Der Film erweist sich trotz der
überbetonten Schockeffekte vor allem im zweiten Teil als ein atmosphärisch dichter, vorzüglich gespielter Abenteuerfilm im Gefolge Herman
Melvilles.
USA, 1974
125 Min.
43. Die 39 Stufen (THE THIRTY-NINE STEPS)
Regie: Alfred Hitchcock
Als eine Agentin in der Londoner Wohnung eines ahnungslosen Kanadiers ermordet wird, gerät dieser in eine Zwickmühle zwischen der Polizei die
ihn verdächtigt und einem Spionagering der verhindern will, daß er die Mission der Ermordeten zu Ende führt. Nach einer atemberaubenden
Verfolgungsjagd durch Schottland kann der Kanadier die Fäden des mysteriösen Falls von militärischem Geheimnisverrat entwirren und eine
hübsche Blondine davon überzeugen, daß er kein Verbrecher ist. Mit einem unrealistischen, aber raffinierten Plot, intelligenten Dialogen und einer
Regie, die alle filmischen Mittel virtuos verwendet, ist der Agententhriller eine glücklich Synthese von hoher Kriminalspannung und absurdem Witz.
Beste Kinounterhaltung.
USA, 1935
90 Min.
44. Die Blechtrommel
Regie: Volker Schlöndorff
An seinem dritten Geburtstag verweigert der 1924 in der Freien Stadt Danzig geborene Oskar Matzerath weiteres Wachstum und Teilnahme an
der Welt der Erwachsenen. Auf seiner Blechtrommel artikuliert das ewige Kind seinen Protest gegen Nazis und Mitläufer, und erst nach
Kriegsende faßt Oskar den Beschluß, wieder zu wachsen, um mitzubestimmen. Schlöndorffs brillant inszenierte, weitgehend werktreue Verfilmung
des Romans von Günter Grass. Eine opulente Bestseller-Verfilmung voller sinnlicher Kraft. Der Film wurde u.a. mit dem "Oscar" für den "besten
nichtenglischsprachigen Film" ausgezeichnet.
BRD, 1978
145 Min.
45. Die Ferien des Herrn Hulot (LES VACANCES DE MONSIEUR HULOT)
Regie: Jacques Tati
Die Abenteuer des Urlaubers Hulot in einer kleinen Badestadt am Atlantik, wo er den alltäglichen Mißgeschicken und Mißverständnissen seiner
Umwelt ausgesetzt wird. Tati der Regisseur glänzt in seinem zweiten Spielfilm mit vielen komischen Einfällen, die durch Tati den Schauspieler
meisterhaft interpretiert werden. Wie eine Perlenschnur sind die Gags aufgereiht, verbunden von einer überaus liebenswerten Intelligenz und
romantischem Charme. Eine zärtlich-erfreuliche Typen-Komödie, die sich gegen jede filmische Einordnung nicht nur im französischen Kino sperrt.
Titel auch: "Die Ferien des Monsieur Hulot"
F, 1953
115 Min.
46. Die Geburt einer Nation (Birth of a Nation)
Regie: David Wark Griffith
Das Schicksal einer Nord- und einer Südstaatenfamilie während und nach dem amerikanischen Bürgerkrieg 1861-1865. Ein Filmwerk von hohem
ästhetischen und politischen Rang. Der Stummfilm, in dem sich David Wark Griffith andererseits als naiver Moralist ausweist und dem "weißen
Süden" der USA seine uneingeschränkte Sympathie zollt, gilt als der erste große Propagandafilm der Kinematografie.
USA, 1915
120 Min.
47. Die Invasion der Barbaren (LES INVASIONS BARBARES)
Regie: Denys Arcand
Als ein überzeugter Sozialist und Schürzenjäger im Sterben liegt, erweist sich sein "abtrünniger" Sohn, ein erfolgreicher Börsenmakler, als größte
Hilfe. Mit seinem Geld, vor allem aber mit großer Hingabe, gelingt es ihm, vor dem Hintergrund des maroden kanadischen Gesundheitssystems
dem Vater die letzten Tage zu erleichtern. 17 Jahre nach dem Film "Der Untergang des amerikanischen Imperiums" versammelt der Regisseur
fast dieselben Figuren erneut, um vor der aktuellen gesellschaftlichen Situation ihre Überzeugungen und Lebenseinstellungen neu zu hinterfragen.
Bei aller Situationskomik, Spott und Sarkasmus spiegelt der Film eine große Lebensfreude, erzählt ohne moralischen Zeigefinger von den
Ängsten, Zweifeln und Hoffnungen eines Menschen im Angesicht des Todes und beschwört die Kraft der Versöhnung.
CDN, 2003
100 Min.
ODER
Der Untergang des amerikanischen Imperiums (LE DECLIN DE L’EMPIRE AMERICAIN)
Regie: Denys Arcand
Die Gespräche einer Gruppe von Männern und Frauen drehen sich ausschließlich um das andere Geschlecht, wobei Liebe weitgehend mit Sex
gleichgesetzt wird, Orientierungslosigkeit und Lebensekel entlarvt werden. Teils zielsicherer und hintergründig-amüsanter, teils grell-verzerrender
Filmessay, der den Zerfall der Werte in der modernen Wohlstandsgesellschaft zum Thema hat. Fragwürdig durch seine sarkastische und zynische
Grundhaltung und seine blinden Attacken gegen Staat und Gesellschaft.
CDN, 1986
105 Min.
48. Die Legende von Paul und Paula
Regie: Heiner Carow
Zwei junge Menschen kämpfen zäh und einfallsreich um ihre Liebe. Sie überwinden individuelle Schwierigkeiten, gesellschaftliche Normen und
Anpassungsideologien. Ein erfrischend unterhaltsamer und offener Film, der Traum und Wirklichkeit, Poesie und banale Alltagsrealität mischt und
mit Spaß, Ironie und Ernst künstlerisch entfaltet. Der schauspielerisch beachtliche Film macht durch seine grotesken Übersteigerungen deutlich,
dass den Menschen auch in der realsozialistischen Gesellschaft das Glück nicht von vornherein in die Wiege gelegt wird. Sowohl das emotionale
als auch das kritische Potential des Films, nicht zuletzt sein Plädoyer für Individualität und die Kraft der Träume, sorgten in der DDR für einen
anhaltenden Publikumserfolg.
DDR, 1973
105 Min.
49. Die Nacht vor der Hochzeit (THE PHILADELPHIA STORY)
Regie: George Cukor
Eine überspannte und gefühlskalte Millionärstochter erhält von einem liebenswert-schnoddrigen Reporter eine Lektion in Herzenstakt und
natürlicher Menschlichkeit. Sie überwindet Eitelkeit und Dünkel und findet zu ihrem humorvollen Exgatten zurück, statt eine neue Konventionsehe
einzugehen. Brillantes Beispiel für die amerikanische "Screwball-Comedy" der 30er Jahre, mit hintergründigem Witz, Gesellschaftskritik,
schlagfertigen Dialogen und glanzvoller Besetzung. Videotitel: "Philadelphia Story - Die Nacht vor der Hochzeit"
USA, 1940
110 Min.
50. Die Reifeprüfung (The Graduate)
Regie: Mike Nichols
Ein unselbständiger junger Mann aus gutbürgerlichem Hause wird von seinen Eltern aufs College geschickt, wo man ihn auf eine künftige Karriere
als Geschäftsmann vorbereiten soll. Er nutzt die Freiheit zu ersten erotischen Abenteuern mit einer älteren Frau, aber erst als er sich in deren
Tochter verliebt, überwindet er seine Schüchternheit und Lethargie. Temporeiche Gesellschaftssatire, die gleichermaßen die verkalkte Moral des
amerikanischen Establishments und die Weltfremdheit der jungen Generation aufs Korn nimmt, die sich aber deutlich auf die Seite der
unangepaßten Söhne und Töchter schlägt. Mit musikalischem Elan, schicken Pop-Elementen und spitzem Humor inszeniert.
USA, 1967
105 Min.
51. Die Reise zum Mond (LE VOYAGE DANS LA LUNE)
Regie: Georges Melies
Eine Gruppe von Wissenschaftlern begibt per aus einer Kanone abgefeuertem "Raumfahrzeug" zum Mond, wo sie es mit einem Schneesturm und
den feindlich gesinnten Bewohnern zu tun bekommen. Die Expeditionsteilnehmer werden verhaftet, können aber fliehen und kehren zur Erde
zurück, wo sie vom Meeresgrund gerettet und schließlich gefeiert werden. Ein Klassiker nicht nur des Science-Fiction-Kinos, den der
"Autorenfilmer" Georges Melies in einer faszinierenden Mischung aus umwerfender Naivität und beeindruckendem tricktechnischen
Erfindungsreichtum realisierte.
F, 1902
15 Min.
52. Die Spur des Falken (THE MALTESE FALCON)
Regie: John Huston
Ein Privatdetektiv und eine Gangsterbande agieren auf der Suche nach einem seltenen, wertvollen Kunstgegenstand teils miteinander, teils
gegeneinander, bis sich das Objekt als Imitation herausstellt.John Hustons Regiedebüt und einer der Filme, die Humphrey Bogarts Popularität
begründeten. Legendärer stilbildender Film der amerikanischen "Schwarzen Serie", die er mitdefinierte, perfekt gebaut, bestechend gespielt,
zynisch, pessimistisch und voller schwärzestem Humor, präzise in den Dialogen, beeindruckend in der Dichte der "schwarzen" Atmosphäre, die
nicht zuletzt durch eine Lichtsetzung in der Tradition des deutschen Expressionismus erreicht wird. Verfilmung des gleichnamigen Romans von
Dashiell Hammett, der bereits vorher zweimal als Drehbuchvorlage diente. Alternativtitel: "Der Malteserfalke"
USA, 1941
100 Min.
53. Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Regie: Volker Schlöndorff
Eine junge Frau wird durch die kurze Bekanntschaft mit einem angeblichen Anarchisten zum wehrlosen Opfer von Polizei, Justiz und
Sensationspresse. Der handwerklich routinierte Film bezieht sich - wie Bölls Buch - auf aktuelle Streitfragen im Zusammenhang mit der
Terrorismus-Debatte der 70er Jahre: Verfilzung staatlicher Institutionen mit privater wirtschaftlicher Macht; Möglichkeiten der Manipulation
auflagenstarker Boulevard-Zeitungen im Dienste politischer Restauration; Machtlosigkeit des einzelnen gegenüber einer zur Massenhysterie
angeheizten öffentlichen Meinung. Der Verzicht auf Differenzierung, die traktathafte Vereinfachung der Handlung, die Überzeichnung der Figuren
sowie der polemische Inszenierungsstil ergänzen sich zu einer effektvollen Inszenierung, die zur Diskussion herausfordert.
BRD, 1975
105 Min.
54. Die Wüste lebt (The living desert)
Regie: James Algar
Dokumentarfilm aus der Sierra Nevada/Arizona über das Leben kleiner Wüstentiere mit großen Aufregungen. Er arrangiert bis dahin nicht
gesehene Aufnahmen aus weithin unbekannten Naturbereichen zu einer ebenso spannenden wie lehrreichen Unterhaltung.
USA, 1954
70 Min.
55. Die zehn Gebote (THE TEN COMMANDMENTS)
Regie: Cecil B. DeMille
Das Leben des Propheten Moses, Israels Befreiung aus ägyptischer Knechtschaft, der Zug durchs Rote Meer und Gottes Gesetzgebung auf dem
Berge Sinai als Stoff für den letzten Film des US-Regisseurs DeMille - in Breitwandformat und über dreieinhalb Stunden lang. Angeblich auf
Wunsch seiner Fans inszenierte DeMille ein Remake seines Stummfilms von 1923, wobei er seiner Vorliebe für kolossale Bauten, Massenszenen
und Pathos freien Lauf ließ. Eine werkgetreue Adaption des Alten Testaments findet nicht statt, war aber auch nicht beabsichtigt. Ein Klassiker des
Hollywood-Monumentalfilms, der einige Szenen enthält, die auch im Rückblick noch durch ihre Effekte beeindrucken.
USA, 1957
225 Min.
56. Doktor Schiwago (DOCTOR ZHIVAGO)
Regie: David Lean
Die wildbewegte Lebensgeschichte des Arztes und Dichters Schiwago vor dem Hintergrund der Russischen Revolution. Das individuelle Schicksal
des Helden berührt sich mit den politischen und militärischen Ereignissen seiner Zeit, wobei freilich anders als in der Romanvorlage von Pasternak
die privaten Leidenschaften deutlich im Vordergrund stehen. David Leans äußerst publikumswirksame Inszenierung schwelgt in monumentalen
Stimmungsbildern und beeindruckt durch ihren langen Atem in der Abfolge lyrischer und dramatischer Momente. Einer der größten Kassenerfolge
der 60er Jahre, der wie kaum ein anderes Kino-Opus die gängigen Vorstellungen vom "alten Rußland" prägte und verfestigte.
USA, 1965
200 Min.
57. Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (DR. STRANGELOVE OR HOW I
LEARNED TO STOP WORRYING AND LOVE THE BOMB)
Regie: Stanley Kubrick
Der geistesgestörte US-General Jack D. Ripper verschanzt sich in seinem Luftwaffenstützpunkt und setzt die atomare Vernichtungsmaschinerie
gegen Sowjetrußland in Gang. Der Präsident der USA ist vollkommen hilflos, der sowjetische Parteichef am anderen Ende des "heißen Drahts"
wirkt leicht alkoholisiert, die "Falken" im Krisenstab des Weißen Hauses sehen dem Ernstfall eher gelassen entgegen. Als Ripper sich in einem
Anfall von Schwermut das Leben nimmt und das Codewort zum Rückruf der Bomber endlich gefunden wird, ist es zu spät. Während der nukleare
Gegenschlag anrollt, erscheint Dr. Seltsam aus der Versenkung: ein deutscher Wissenschaftler, der dem Pentagon seine makabren Überlebensund Herrenmensch-Theorien darlegt, wobei sich sein Arm immer wieder zwanghaft zum Hitlergruß streckt. Kubricks böse Atomkriegs-Satire zeigt
die militärischen und politischen Umtriebe konsequent als Pandämonium des Irrsinns. Die groteske Stilisierung der Figuren und Schauplätze
entlarvt das "Gleichgewicht des Schreckens" als labiles Konstrukt, das jederzeit durch banale Zufälle und menschliche Schwächen zum Albtraum
werden kann. Einer der radikalsten, bittersten und treffsichersten Filme zum Thema.
USA, 1963
100 Min.
58. Du sollst mein Glücksstern sein (Singin’ in the rain)
Regie: Gene Kelly, Stanley Donen
Als Hollywood sich 1928 auf den Tonfilm umstellen muß, machen ein ehemaliger Heldendarsteller und ein Pianist Karriere, während eine eitle
Stummfilmdiva - auch in Herzensdingen - dem frischen Charme einer Nachwuchstänzerin unterliegt. Mit liebevoller Ironie, musikalischer und
tänzerischer Verve, spielerischem Temperament und technischer Perfektion machten Kelly und Donen aus einem Stück Filmgeschichte einen
absoluten Höhepunkt des Filmmusicals, in dem alle Elemente miteinander harmonieren. Störend allein die veraltete deutsche Synchronisation
auch der Songs der alten Kinofassung. Das Fernsehen sendete eine Fassung mit deutsch untertitelten Originalsongs; Videotitel: "Singin in the
Rain"
USA, 1952
100 Min.
59. E.T. – Der Außerirdische (E.T. - THE EXTRATERRESTRIAL)
Regie: Steven Spielberg
Ein intelligentes koboldartiges Wesen von einem fernen Planeten strandet auf der Erde, freundet sich mit einer Kinderbande an, stürzt einen
amerikanischen Mittelklasse-Vorort in heillose Verwirrung und entschwebt am Ende wieder ins All. Mit großer handwerklicher und dramaturgischer
Raffinesse inszenierte Fantasy-Geschichte vom guten "Alien". Massenunterhaltung, die seinerzeit den Zeitgeist traf: Der Retter aus dem Weltraum
erlöst die Menschheit hier zwar nicht von unseren Problemen, vermag aber zumindest in den Kindern und einigen Erwachsenen Menschlichkeit
und Mitgefühl zu erwecken.
USA, 1981
115 Min.
60. Easy Rider
Regie: Denis Hopper
Zwei junge Männer fahren mit ihren Motorrädern von Los Angeles nach New Orleans, um dort mit dem Verkauf von geschmuggeltem Rauschgift
das große Geld zu machen. Der Weg durch die mythenträchtige Western-Landschaft wird zur tödlich verlaufenden Reise durch ein Amerika, das
seinen Traum von Freiheit und Individualismus an borniertes "law and order"-Denken verraten hat. Ein mit geringen Mitteln produziertes, aber
äußerst populäres Roadmovie, in dem sich die gefährdeten Träume und das rebellische Lebensgefühl der Rock-Generation Ende der 60er Jahre
beispielhaft artikulieren. Zu den Bildern und Bewegungen des Films - die immer auch visionäre Inbilder und Seelenbewegungen der Helden sind gesellt sich die Musik als gleichberechtigter Kommunikations- und Bedeutungsträger. Früherer Titel: "Die wilden jungen Männer"
USA, 1969
95 Min.
61. Einer flog über das Kuckucks Nest (ONE FLEW OVER THE CUCKOOS NEST)
Regie: Milos Forman
Ein gesellschaftlicher Außenseiter, der zur Beobachtung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird, stellt auch hier das System in Frage und
die Klinik auf den Kopf, bis er mit Gewalt "angepaßt" wird. Zweiter Spielfilm des CSSR-Emigranten Forman in den USA: eine unterhaltsame
Tragikomödie, überzeugend in der Schauspielerführung und Milieuzeichnung, zugleich aber fragwürdig in der eher oberflächlichen, auf Lach- und
Schockeffekte spekulierenden Schilderung des "Irrsinns".
USA, 1975
135 Min.
62. Endstation Sehnsucht (A Streetcar named Desire)
Regie: Elia Kazan
Eine neurotische und kapriziöse Frau, die versucht, mit Hilfe des Alkohols ihre schmutzige Vergangenheit zu vergessen, sucht Zuflucht bei ihrer
Schwester. Als der brutale Schwager ihre hoffnungsvolle Freundschaft mit einem schüchternen Mann zerstört und sie vergewaltigt, verwirrt sich ihr
Geist endgültig: sie muss in die Psychiatrie eingeliefert werden. Kazan, der schon die Broadway-Uraufführung des Stücks von Tennessee Williams
inszenierte, führt auch in dieser theaternahen Filmfassung Regie. Ein düsteres psychologisches Drama, sehr effektvoll gespielt.
USA, 1951
130 min.
63. Eyes Wide Shut
Regie: Stanley Kubrick
Ein glücklich verheirateter junger Arzt wird aus seinem scheinbar gesicherten Leben aufgestört, als ihm seine Frau gesteht, dass sie von Fantasien
und realen Erlebnissen oft an die Grenze ehelicher Untreue getrieben wird. Er gerät in eine Reihe sexueller Versuchungen, denen er letztlich mehr
durch zufällige Umstände als durch eigenes Zutun entgeht. In enger Anlehnung an Arthur Schnitzlers "Traumnovelle" 1925 beschwört Stanley
Kubricks letzter Film in suggestiven Szenenfolgen die Zerstörbarkeit erotischer Liebe durch den sich verselbständigenden sexuellen Trieb. Trotz
aller Faszinationskraft der Gestaltung, die Traum und Wirklichkeit auf unentwirrbare Weise mischt, mangelt es der psychoanalytischen
Komponente des Stoffes letztlich aber doch an Glaubwürdigkeit: Die Ansiedlung der Handlung im heutigen New York beraubt die Ereignisse ihrer
motivierenden Einbettung in den Sittenkodex des europäischen Bürgertums zur Zeit des frühen 20. Jahrhunderts.
USA, 1999
155 Min.
64. Final Fantasy – Die Mächte in Dir (FALNARU FANTAJI)
Regie: Hironobu Sakaguchi, Montonori Sakakibara
Menschheit in bunkerähnliche Verbarrikadierungen gezwungen hat. Computergenerierte Darsteller mit fotorealistischen Zügen sind die
Besonderheit des Science-Fiction-Films, der visuell nicht ohne Reiz versucht, die Prinzipien eines populären Videospiels auf die Kinoleinwand zu
übertragen.
J, 2001
105 Min.
65. Gandhi
Regie: Richard Attenborough
Monumentale historische Filmbiografie über Mahatma Gandhi, die seinen Lebensweg in den wichtigsten Stationen in episch ruhiger Erzählweise
und mit sorgfältiger historischer Rekonstruktion des Lokalkolorits detailgetreu aufbereitet. Vor allem dank der herausragenden darstellerischen
Leistung Ben Kingsleys gelingt es dem Film, etwas von der Ausstrahlung Gandhis und seiner Ideale der Gewaltlosigkeit, der Würde des Menschen
und des Friedens auf Erden zu vermitteln. Neben der visuellen Gestaltung macht auch die humanistische Weltsicht den Film zu einem Erlebnis.
GB/ USA/ I, 1981
190 Min.
66. Gegen die Wand
Regie: Fatih Akin
In einem Krankenhaus in Hamburg-Altona lernen sich zwei türkische Selbstmörder kennen: eine junge Frau und ein 40-jähriger
Gelegenheitsarbeiter. Um der Frau ein selbständiges Leben außerhalb ihrer traditionsverhafteten Familie zu ermöglichen, gehen sie eine
Scheinehe ein. Das Zweckbündnis funktioniert so lange, wie keine Gefühle ins Spiel kommen. Als der Mann im Affekt einen ihrer Liebhaber
erschlägt, flieht sie nach Istanbul, wo sie sich Jahre später wiederbegegnen. Vitales, fabulierfreudiges Drama aus dem Umfeld der zweiten und
dritten Generation deutsch-türkischer Immigranten, das zwischen Tragikomödie und Melodram changiert. Von einer waghalsigen Dramaturgie und
hervorragenden Schauspielern getragen, überzeugt der Film durch die erfrischende Verbindung von purem Kino und der Realität abgelauschten
Details.
BRD, 2004
120 Min.
67. James Bond – Goldfinger
Regie: Guy Hamilton
Der englische Geheimagent James Bond "007" im Einsatz gegen den Chef einer mit rotchinesischen Agenten durchsetzten
Verbrecherorganisation, der die in Fort Knox eingelagerten Goldreserven der USA atomisieren will. Der dritte Bond-Film ist ein betont jenseits aller
Glaubwürdigkeit angesiedeltes Kino-Abenteuer in der hinlänglich bekannten, formal nicht ungeschickten Mischung aus Science Fiction, Erotik und
Brutalitäten. Die in ihrer Verschwommenheit und Pauschalität abträgliche machtpolitische Charakterisierung der Konflikte wird durch die Irrealität
der Ereignisse nur bedingt ausgeglichen.
GB, 1964
105 Min.
68. Good Bye, Lenin!
Regie: Wolfgang Becker
In den letzten Tagen der DDR fällt die Mutter eines 21-jährigen Ostberliners ins Koma und wacht erst nach der Wiedervereinigung wieder auf. Um
fortan ihr schwaches Herz zu schonen, gaukeln ihr der Sohn und seine Schwester vor, dass die DDR noch existiere, was beiden aber zunehmend
schwerer fällt. Diese schöne Grundidee führt zu einer tragikomischen Abfolge von Ereignissen, die die DDR trotz aller Makel als verlorene Heimat
zeigt. Eine warmherzige melancholische Komödie mit ansprechenden Ideen und hervorragenden darstellerischen Leistungen, der mitunter etwas
die Konsequenz fehlt, was durch plakative Einfälle wettgemacht werden soll.
BRD, 2002
120 Min.
69. Harry und Sally (When Harry met Sally…)
Regie: Rob Reiner
Im Verlauf von zwölf Jahren begegnen sich in größeren Abständen ein Mann und eine Frau in New York, wobei sich ihre Gespräche und Dispute
um Freundschaft, Liebe und Sex allmählich doch als tragfähige Basis für eine Ehe erweisen. Eine von hervorragenden Darstellern, pointierten
Dialogen und einer behutsam-zurückhaltenden Inszenierung geprägte Komödie, die mit fröhlichem Witz und viel Humor einen ebenso amüsanten
wie hintergründig-besinnlichen Kosmos menschlichen Miteinanders entwirft.
USA, 1989
95 Min.
70. Hitler – Ein Film aus Deutschland [Auszüge]
Regie: Hans Jürgen Syberberg
Volksseele zu nähern. In einer Kompositionsform, die der Musik angenähert ist, entwirft er ein komplexes Gefecht aus wechselnden Perspektiven
und Darbietungsformen, das mit unzähligen Zitaten aus Literatur, Malerei, Musik und Film gespickt ist. Syberbergs positive Mythologie bricht
radikal mit den Gesetzen des narrativen oder rational argumentierenden Kinos. Als monumentales Gesamtkunstwerk konzipiert, polemisiert sein
Film gegen modernen Kulturverfall und gegen die bundesdeutsche "Kulturhölle", die als Fortsetzung der faschistischen Korruption dargestellt wird.
Die einfallsreiche Nutzung der Montage zeigt hohes künstlerisches Vermögen, zahlreiche Querverweise und Zitate erschweren aber den Zugang
und machen den sehr intellektuellen Film ebenso reichhaltig wie kontrovers.
BRD, 1976
440 Min.
71. Ice Age
Regie: Chris Wedge, Carlos Saldanha
Drei ungleiche Urzeittiere finden auf der Flucht vor der sich ausbreitenden Eiszeit ein verloren gegangenes Menschenkind und beschließen, es
trotz aller Gefahren zu seinem Clan zu bringen. Während das Mammut und das Faultier in ihrer Mission aufgehen, wittert der Säbelzahntiger
zunächst leichte Beute für seinen martialischen Rudelführer. Computeranimierter, aus bewährten Bestandteilen erfolgreicher Genrevorbilder
zusammengesetzter Trickfilm, der rasant unterhält, ohne dramaturgisch und tricktechnisch an seine Vorbilder heranzureichen. Höhepunkte sind
die sympathischen, sehr unterhaltsamen Nebenfiguren.
USA, 2001
80 Min.
72. Jurassic Park
Regie: Steven Spielberg
Einem reichen Unternehmer ist es gelungen, nach genetischem Code neu geschaffene Dinosaurier zu züchten, für die er auf einer Insel im Pazifik
einen riesigen Freizeit- und Vergnügungspark einrichtet. Als er den Park von einem Archäologen-Paar, einem Mathematiker und seinen beiden
Enkelkindern testen lassen will, setzt ein geldgieriger Mitarbeiter das Sicherheitssystem außer Kraft. In dem computergesteuerten Park kommt es
zum Chaos, und die fleischfressenden Saurier gehen auf Menschenjagd. Steven Spielberg schuf ein gigantisches Kino-Spektakel, das mit viel
Humor, rasanter Action und etwas Sentimentalität spannend unterhält. Die höchste Perfektion der Modell- und Animationstechnik ersetzt freilich
die fehlende Substanz der Handlung, so daß die Geisterbahn der erstaunlichen Spezialeffekte weniger mit Filmkunst als mit Disneyland zu tun hat.
In seiner Konzentration auf realistisch wirkenden Schrecken ist der Film zudem für Kinder zu belastend.
USA, 1993
125 Min.
73. King Kong und die weiße Frau (King Kong)
Regie: Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack
Auf der Suche nach der Kulisse für einen Abenteuerfilm entdeckt ein Filmteam eine Insel, in deren Dschungel Dinosaurier, Riesenlibellen und
andere Urwelttiere hausen. Der König dieser Welt, der Riesen-Gorilla Kong, entführt die schöne Hauptdarstellerin. Nachdem das Mädchen flüchten
konnte, gelingt es, King Kong zu fangen und nach New York zu schaffen. Bei der feierlichen Präsentation in einem Theater reißt er sich los und
flieht mit der Schauspielerin als Gefangene durch die labyrinthische Großstadt. Unter dem Dauerfeuer einer Flugzeug-Armada stürzt er von der
Spitze des Empire State Buildings, nachdem er die Frau mit einer fast zärtlichen Gebärde abgesetzt hat. Der tricktechnisch brillante Monster-Film
ist einer der Klassiker des Genres. Die fantastischen Dekors der heimatlichen Urwelt Kongs sind in Licht und Schatteneffekten den Radierungen
Gustave Dores zu Miltons "Paradise Lost" nachempfunden. Die "Stop Motion"-Sequenzen des "Special Effects"-Künstlers Willis OBrian waren
lange über ihre Entstehungszeit hinaus wegweisend. Das künstlich verlängerte Gebrüll des Affen und der langgezogene Schrei von Fay Wray, der
"weißen Frau" in der Gewalt des Affen, machten Filmgeschichte. Ungeachtet aller Trickeffekte ist "King Kong und die weiße Frau" zugleich ein
anrührender Film, der die Geschichte des Monsters als tragische Liebesromanze erzählt. Titel der deutschen Erstaufführung von 1933: "Die Fabel
von King Kong. Ein amerikanischer Trick- und Sensationsfilm"; SAT 1 sendete 1993 eine rekonstruierte, um vier Minuten längere Fassung.
USA, 1933
100 Min.
74. Lawrence von Arabien (LAWRENCE OF ARABIA)
Regie: David Lean
In epischer Breite wird die Geschichte des englischen Offiziers T.E. Lawrence erzählt, der während des Ersten Weltkrieges den arabischen
Aufstand gegen die türkischen Besatzer anzettelte und anführte. Der von großartigen Darsteller getragene Film, dessen visuelle Bildkraft der
Wüstenszenen überwältigt, legt weniger Wert auf breit ausgespielte Kampfhandlungen, sondern macht die entbehrungsreichen Wüstenritte, die
Einsamkeit und die ungeheure Kraftanstrengung augenfällig. Der Film kam 1990 erneut in die Kinos, diesmal in der von Richard A. Harris
rekonstruierten und von David Lean autorisierten Fassung. Erst in dieser 30 Minuten längeren Version wird die charismatische, aber gebrochene
Führerpersönlichkeit T.E. Lawrence erfahrbar, der mal in die Rolle des Erlösers, mal in die des blindwütigen Rächers schlüpft, unter seiner
homosexuellen Neigung leidet, masochistische Anwandlungen hat und aus seiner Eitelkeit keinen Hehl macht. Der faszinierende Film ist kein
Geschichtsbild, vielmehr eine höchst subjektive Zusammenfassung der historischen Ereignisse.
USA, 1962
220 Min.
75. Lola rennt
Regie: Tom Tykwer
Um ihren kriminell gewordenen Freund aus einer verzweifelten Lage zu retten, muß eine junge Frau in 20 Minuten 100.000 DM auftreiben. Aus
dieser Grundkonstellation entwickelt der Film drei unterschiedlich verlaufende Geschichten, die dann auch zu jeweils anderen Ergebnissen führen.
Unter Einsatz verschiedenster formaler Mittel erzeugt der Regisseur überaus geschickt einen stakkatoartigen Rhythmus, der sich zu einem
mitreißenden, formal brillanten visuellen Feuerwerk verdichtet. Ansätze zur Vertiefung des Stoffes in Richtung Reflexion über Zeit und Zufall sind
durchaus vorhanden, werden aber nicht weitergedacht, da die Geschichte in ihren Dimensionen eng begrenzt und nur wenig übertragbar ist.
BRD, 1998
80 Min.
76. M – Eine Stadt sucht einen Mörder
Regie: Fritz Lang
Berlin 1931: Ein psychopathischer Kindermörder beunruhigt die Bevölkerung, narrt die Polizei und versetzt auch die Unterwelt in Aufregung.
Während ein Kommissar dem Täter durch Indizien auf die Spur kommen will, sendet die Bettler- und Ganovenorganisation ihre Spitzel aus; in die
Enge getrieben, flieht der Mörder in ein Sparkassengebäude, wo er von den Verbrechern gestellt wird. Erst in letzter Minute kann er vor dem
Todesurteil eines makabren Unterwelttribunals bewahrt und der staatlichen Justiz übergeben werden. Langs erster Tonfilm gehört zu den
Meisterwerken des deutschen Vorkriegskinos. Verweise auf das gesellschaftliche Klima der Weimarer Republik am Vorabend des
Nationalsozialismus sind augenfällig: Obrigkeit und Unterwelt erscheinen als gleichartige Organisationen, die den "Abartigen" im Namen des
"gesunden Volksempfindens" gemeinsam zur Strecke bringen. Langs sarkastische Schilderungen von Menschenjagd und Massenhysterie sowie
Peter Lorres geniale Interpretation des Mörders als Täter und Opfer zugleich wurden von den Nationalsozialisten später nicht ohne Grund als
subversiv empfunden. Originaltitel: "M. Mörder unter uns"; Neuaufführung als "M. Dein Mörder sieht dich an". 1996 kam der Film in einer im
Münchner Filmmuseum von Enno Patalas vorgenommenen Rekonstruktion der bis dahin vollständigsten Bildfassung wieder in die Kinos; ebenso
wurde der nun 108-minütige Film einer digitalen Tonrestauration unterzogen, so daß er seitdem in einer völlig neuen Vorführqualität zur Verfügung
steht.
D, 1931
110 Min.
77. M*A*S*H
Regie: Robert Altman
Die Ärzte eines amerikanischen Feldlazaretts in Korea unterminieren als eingefleischte Zivilisten Disziplin und Moral. Sie interessieren sich mehr
für Sex und Zoten als für die Verwundeten. Vorgeblich eine Satire gegen den Krieg, tatsächlich aber ein zynischer, Widerspruch herausfordernder
Film.
USA, 1969
115 Min.
78. Manche mögen’s heiß (Some like it hot)
Regie: Billy Wilder
Zwei mittellose Musiker werden als Mordzeugen von Gangstern verfolgt. Um ihr Leben zu retten, schmuggeln sie sich in eine Damenkapelle ein,
was zu haarsträubenden Verwicklungen führt. Mit herrlichem Witz und spritzigen Dialogen entwickelte, temporeiche und überzeugend besetzte
Komödie; die treffsichere Persiflage auf Gangsterfilme und Melodramen enthält manche Derbheiten, ermöglicht aber auch Einsichten in das
übliche Rollenverhalten.
USA, 1959
120 Min.
79. Manhattan
Regie: Woody Allen
Die Geschichte eines nervösen, zweimal geschiedenen Fernsehautors und seiner fast hoffnungslosen Suche nach Verständnis, Liebe und Wärme
im Dschungel New Yorks. Woody Allen reflektiert und ironisiert in jedem seiner Dialoge Mentalität, Selbstmitleid und Komplexe der Amerikaner.
"Manhattan" karikiert die Lebenskrise eines Intellektuellen, ist zugleich aber auch die poetische Hommage an Allens Geburtsstadt. Die
nostalgische Musik von Gershwin und die stimmungsvolle Schwarzweißfotografie betonen die melancholischen Untertöne in der Komik Allens; die
satirische Schärfe früherer Werke tritt demgegenüber zurück.
USA, 1978
95 Min.
80. Mary Poppins
Regie: Robert Stevenson
Als Kindermädchen Mary Poppins schwebt eine gute Fee in die Familie eines Londoner Bankiers, um alle Griesgrämigkeit aus dem viktorianischen
Haus zu vertreiben. Der märchenhafte Stoff der englischen Kinderbuchautorin Travers wird in der Disney-Produktion zu einem Showmusical in
reicher Ausstattung; effektvolle Tricks, groteske Komik, schwungvolle Tanzeinlagen und einige inzwischen zu Klassikern gewordene Songs sorgen
für gelungene Familienunterhaltung.
USA, 1964
140 Min.
81. Matrix (The Matrix)
Regie: Larry Wachowski, Andy Wachowski
Ein Computerprogrammierer erfährt, dass die Welt nur ein Computerprogramm ist. In Wahrheit werden die Menschen in gigantischen Plantagen
gezüchtet, um intelligenten Maschinen, die die postapokalyptische Erde beherrschen, als Energiequelle zu dienen. Auf den Programmierer setzt
eine Gruppe von "Überlebenden" ihre ganze Hoffnung zur Erlösung der Menschheit. Aufwendig gestalteter Science-Fiction-Film, der das aktuelle
Misstrauen gegenüber der sichtbaren Welt und insbesondere der neuen Computertechniken artikuliert, wobei er sich zahlreicher mythologischer
und religiöser Anspielungen bedient. Das fast ohne Farben und in kahlen Räumen inszenierte Endzeitdrama setzt zugleich auf perfekte
Kampfszenen, in denen das traditionelle Kung-Fu-Kino mit den Möglichkeiten der Digitaltechnik effektvoll übersteigert wird.
USA, 1999
135 Min.
82. Metropolis
Regie: Fritz Lang
In der Zukunftsstadt Metropolis, deren Glanz und Reichtum von unterirdisch lebenden Proletariermassen geschaffen wird, entfesselt ein
dämonischer Wissenschaftler einen Sklavenaufstand, indem er einen weiblichen Maschinenmenschen als Agitator benutzt. Die Revolte endet in
Maschinenstürmerei, führt jedoch zur Versöhnung von Arbeiterklasse und Oberschicht. Fritz Lang verbindet in seinem Stummfilmepos Motive des
deutschen Expressionismus mit technischer Utopie und politischer Spekulation: filmästhetisch ein virtuos durchkomponiertes Licht- und
Schattenspiel, das durch Montagerhythmus und architektonische Fantasie fesselt; zeitgeschichtlich ein Kommentar zur Sozialpsychologie in der
Weimarer Republik - auch wenn am Ende die gesellschaftlichen Widersprüche mit reaktionärem Pathos zugedeckt werden. Ausgestrahlt wird die
derzeit aktuellste Rekonstreuktionsfassung mit einer Länge von 150 Minuten, für die Bernd Schultheis eine neue Musik komponierte.
D, 1925
Ca. 120 Min.
83. My fair Lady
Regie: George Cukor
Aufwendige Verfilmung des klassischen Musicals nach der Shaw-Komödie "Pygmalion": Ein Blumenmädchen von der Straße, reichlich mit
Mutterwitz, vorlautem Mundwerk und gesundem Selbstbewußtsein ausgestattet, schafft durch die tyrannische Erziehung eines sarkastischen
Sprachprofessors den gesellschaftlichen Aufstieg, ohne seine Würde zu verlieren und sich selbst untreu zu werden. Ein intellektueller Genuß,
beispielhaft in der Geschichte des Genres: die hohe Stilisierung, dem Musical ohnehin eigen, wird witzig, gescheit und romantisch auf die Spitze
getrieben. Erst in der untertitelten Originalversion, in restaurierter Fassung 1994 im Fernsehen, offenbart sich der ganze Reiz des Films.
USA, 1963
175 Min.
84. Nanuk, der Eskimo (NANOOK OF THE NORTH)
Regie: Robert J. Flaherty
Einer der bedeutendsten Dokumentarfilme der Stummfilmära. Flaherty verbrachte mehrere Monate in der Arktis, um den Eskimo Nanuk und seine
Familie bei den alltäglichen Verrichtungen Jagd, Fischfang, Iglubau, Fellhandel, Pflege der Kinder, Betreuung der Schlittenhunde mit der Kamera
zu beobachten. Der Film zeigt die Härte dieses Lebens, die Schönheit der Eislandschaft und die naive Fröhlichkeit der Menschen. Nachdem lange
Zeit nur eine verstümmelte Fassung im Umlauf war, wurde der Film in den 80er Jahren in den USA sorgfältig rekonstruiert.
USA, 1921
65 Min.
85. Network
Regie: Sidney Lumet
Einem älteren Nachrichtensprecher bei einem kommerziellen Fernsehsender wird gekündigt, weil die Einschaltzahlen seiner Sendung rückläufig
sind. In seiner nächsten Sendung sagt er dem "Fernsehvolk" seine Meinung über die amerikanische Gesellschaft, woraufhin die Einschaltquoten
emporschnellen - bis der "Moralprediger", dem Sender unbequem geworden, von einer gedungenen Terroristengruppe vor laufenden Kameras
erschossen wird. Ein hervorragend inszenierter und intensiv gespielter Film, der eine ebenso bestürzende wie schneidend-scharfe satirische
Abrechnung mit dem Kommerzfernsehen ist.
USA, 1976
120 Min.
86. Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Thomas Hutter, Sekretär eines Maklers in Wisborg, reist nach Transsylvanien, um mit dem Grafen Orlok über einen Hauskauf zu verhandeln. Der
Schloßherr erweist sich als "Vampyr", der Pest und Tod nach Wisborg bringt; erst durch die selbstlose Hingabe von Hutters junger Gattin kann das
Unheil gebannt werden. Ein Meisterwerk des deutschen Stummfilmexpressionismus, entstanden nach Motiven des romantischen Schauerromans
von Bram Stoker; genialer Vorläufer und Maßstab späterer "Dracula"-Verfilmungen. Murnau nutzt virtuos die technischen, poetischen und
emotionalen Effekte des Mediums und entwirft - indem er den Einbruch des Dämonischen in die bürgerliche Idylle schildert - ein düsteres
Spiegelbild kollektiver Ängste in der Weimarer Republik. 1988 wurde eine restaurierte und neuvertonte Fassung des Films im ZDF erstaufgeführt,
die auch die ursprünglichen Farb-Viragen wieder herstellte.
D, 1921
85 Min.
87. Paris, Texas
Regie: Wim Wenders
Ein sprach- und erinnerungslos in der texanischen Wüste aufgefundener Mann findet langsam in die Gemeinschaft zurück und macht sich
zusammen mit dem siebenjährigen Sohn auf die Suche nach seiner verschwundenen Frau, nach seiner Vergangenheit und nach neuen Formen
des Zusammenlebens. Wim Wenders resümiert seine Erfahrungen mit dem amerikanischen Kino und dem amerikanischen Traum in einer formal
bestechenden, gefühlsstarken Synthese aus Genrefilm und Autorenkino. Der sanft-elegische Film ist auf vielen Ebenen glaubhaft und faszinierend:
als realistisches Amerikabild, Roadmovie, Liebesgeschichte und mythische Allegorie.
BRD, 1984
145 Min.
88. Passion
Regie: Jean-Luc Godard
Ein polnischer Regisseur dreht in der Schweiz einen Historienfilm. Weil er mit der Arbeit nicht vorankommt und zudem sein Budget zur Neige geht,
nimmt er mehr und mehr an den Ereignissen teil, die sich um ihn herum abspielen. Wieder einmal denkt Godard über das Filmemachen, über
Anpassung und Revolte, über Arbeit und Gefühle nach. Doch das Bemühen, die prominenten Darsteller gebührend in Szene zu setzen, macht den
Film eher episodenhaft als vielschichtig.
F, 1982
90 Min.
89. Pleasantville – Zu schön, um wahr zu sein (Pleasantville)
Regie: Gary Ross
Zwei amerikanische Jugendliche aus den 90er Jahren werden in die aseptische schwarz-weiße Welt einer Fernsehserie der 50er-Jahre
verschlagen, die weder Drogen und Gewalt noch Sexualität kennt. Je mehr sie sich in diese "heile" Welt einmischen, um so mehr Farbe kommt ins
Spiel, und es dauert nicht lange, bis Unfrieden einkehrt. Die Grundidee der farb-technisch effektvollen Geschichte ist durchaus reizvoll. Sie wird
freilich nur in ihren oberflächlichen Strukturen umgesetzt und findet zu keinem dramaturgischen Konzept, das die Entwicklung nachvollziehbar
macht.
USA, 1998
125 Min.
90. Prosperos Bücher (Prospero’s Books)
Regie: Peter Greenaway
Aufwendige Verfilmung von Shakespeares Märchendrama "Der Sturm" um menschliche Selbstfindungsprozesse zwischen Illusion und
Wirklichkeit. Durch die Erweiterung zu einer weit ausgreifenden Kultur- und Zeitenschau gewinnt der Film neben Shakespeares gleichnishaftem
Welttheater zusätzlichen geistigen Gehalt. Dieser ist jedoch durch eine auch die High-Tech-Bildgestaltung nutzende Schaupracht in seiner
Wirkung gefährdet und wird oft nur durch die große Schauspielkunst John Gielguds in der Hauptrolle bewahrt.
GB, 1991
125 Min.
91. Psycho
Regie: Alfred Hitchcock
Eine junge Angestellte hat 40 000 Dollar veruntreut und wird auf der Flucht in einem kleinen Motel brutal ermordet. Nachforschungen führen auf
die Spur eines pathologischen Mörders. Zum Kultfilm gewordenes Meisterwerk von Alfred Hitchcock, das perfekt Atmosphäre, Montage und Musik
zur Erzeugung beklemmenden Horrors einsetzt. In der Hauptrolle brilliert Anthony Perkins (1932-1992), der mit diesem Film zu Weltruhm gelangte.
USA, 1960
110 Min.
92. Pulp Fiction
Regie: Quentin Tarantino
Episoden aus der Unterwelt von Los Angeles: Ein Leibwächter, der auf die junge Frau eines Gangsterbosses aufpassen soll, gerät in Teufels
Küche. Ein alternder Boxer, auf der Flucht vor Gangstern, riskiert sein Leben wegen einer vom Vater ererbten Uhr. Zwei Killer stehen vor dem
Problem, eine Leiche und eine bluttriefende Limousine beseitigen zu müssen. Mit lakonischem Humor zeigt die brillante schwarze Komödie eine
Gesellschaft, die von Brutalität, Dummheit, moralischer Indifferenz und grotesken Zufällen beherrscht wird. Bekannte Muster der Trivialkultur und
des amerikanischen B-Pictures werden auf intelligente Weise variiert und konterkariert. Dabei schreckt der Film auch nicht vor exzessiven, wenn
auch satirisch überspitzten Gewaltszenen zurück, die teilweise nur schwer verdaulich sind.
USA, 1993
155 Min.
93. Romeo und Julia (WILLIAM SHAKESPEARE’S ROMEO AND JULIET)
Regie: Baz Luhrmann
Aus Versatzstücken des aktuellen Actionkinos, der Popmusik-Kultur, einer gehörigen Dosis religiösem Kitsch und dem 400 Jahre alten Originaltext
entstand eine durch die überbordende Fülle der Einfälle die Wahrnehmungsfähigkeiten des Zuschauers herausfordernde fulminante Version der
Shakespeareschen Liebestragödie für die MTV-Generation. Trotz einiger Schwächen ist der Film insgesamt ein spannender Versuch,
Shakespeare in einem aktuellen Kontext der Reflexion über Gewalt und moderne Medienkultur anzusiedeln.
USA, 1996
120 Min.
94. Schindlers Liste (Schindler’s List)
Regie: Steven Spielberg
Die Dramatisierung eines dokumentarischen Romans über den Industriellen Oskar Schindler, der, zunächst Opportunist und Kriegsgewinnler,
später seinen Einfluß bei den Nationalsozialisten Krakaus nutzte, um schließlich mehr als 1100 Juden das Leben zu retten. In zurückhaltendem
Schwarzweiß und vorwiegend an Originalschauplätzen gedreht, überzeugt der Film vor allem in der Darstellung von Personen und Details, die sich
zu einem bewegenden Zeugnis aktiver Menschlichkeit in einer unmenschlichen Umgebung entwickelt. Nicht ohne stilistische Mängel und
stilistische Zugeständnisse an Hollywood, doch insgesamt auf hohem Niveau und von großer Eindringlichkeit.
USA, 1993
195 Min.
95. Shakespeare in love
Regie: John Madden
Der junge William Shakespeare leidet unter einer Schreibblockade, die schlagartig verschwunden ist, als er sich in eine junge Adelige verliebt.
Ebenso tempo- wie geistreiche romantische Komödie, die sich die mangelnden biografischen Kenntnisse über Shakespeares Anfänge zunutze
macht, um eine witzige, anspielungsreiche Spekulation über die Entstehung von "Romeo und Julia" zu entfalten. Herausragende Darsteller, ein
kongeniales Drehbuch und die entschlossene Inszenierung verbinden sich zu einem fulminanten filmischen Feuerwerk, das als augenzwinkernde
Satire auf den Filmbetrieb, aber auch als intelligente Reflexion über den Wirklichkeitsgehalt von Fiktionen gelesen werden kann. Dabei werden
ebenso Fragen nach den fließenden Grenzen der Geschlechteridentität aufgeworfen.
USA, 1998
125 Min.
96. Sonnenallee
Regie: Leander Haussmann
Komödie zum zehnjährigen Jubiläum des Mauerfalls, angesiedelt in einem unmittelbar am Todesstreifen gelegenen Ostberliner Wohngebiet. Die
authentische Ausgangssituation wurde zum gemeingültigen DDR-Mikrokosmos erweitert, in dem sich möglichst viele typische Verhaltensweisen
und Situationen ansiedeln lassen. Doch der Film wird seinem Gegenstand weder ästhetisch noch inhaltlich gerecht: Abgegriffene Gags, die oft auf
Schadenfreude basieren, sowie vorrangig auf oberflächliche Wiedererkennungseffekte hin angelegte Anekdoten machen ihn zum
unzusammenhängenden Nummernprogramm. Hinzu kommt eine fahrlässige politische Unbekümmertheit.
BRD, 1999
95 Min.
97. Spiel mir das Lied vom Tod (CERA UNA VOLTA IL WEST)
Regie: Sergio Leone
Ein namenloser Mundharmonikaspieler greift in die Auseinandersetzung zwischen dem skrupellosen Chef einer Eisenbahngesellschaft und einer
irischen Einwandererfamilie ein und rächt sich für den lange zurückliegenden Mord an seinem Bruder. Sergio Leones barocke Pferdeoper ist
Resümee, Höhepunkt und Apotheose des Italowesterns, wobei klassische Genrevorbilder einer eigenwilligen Neuinterpretation unterzogen
werden. Der Stil des Films huldigt den Mythen der amerikanischen Geschichte und treibt sie zur pessimistischen, oft zynischen Auflösung. In
Dramaturgie, Montage, Ausstattung und musikalischer Untermalung ein Musterbeispiel perfekter Kinounterhaltung. Auf ProSieben erstmals als
"Directors Cut" zu sehen, der rund 15 Minuten länger ist als die Kinoversion.
I/ USA, 1968
170 Min.
98. Star Trek – Der Film (Star Trek – The Motion Picture)
Regie: Robert Wise
Eine kosmische Wolke von ungeheurer Energie bedroht die Erde. Das Raumschiff Enterprise dringt bis in das Zentrum der Wolke vor und
entdeckt, daß es sich um ein Maschinenwesen mit einer ehemaligen NASA-Sonde als Zentrum handelt. Aufwendiger Film nach der erfolgreichen
Fernsehserie "Raumschiff Enterprise" (Star Trek).
USA, 1979
130 Min.
99. Taxi Driver
Regie: Martin Scorsese
Ein einzelgängerischer Taxifahrer in New York, der von der Stadt und seinem Lebensmilieu zugleich fasziniert und abgestoßen wird, steigert sich
in den missionarischen Wahn, etwas gegen die Flut von Schmutz und Niedrigkeit in der Großstadt unternehmen zu müssen. Schwer bewaffnet
beginnt er einen tragischen Kreuzzug durch die nächtlichen Straßen. Mit kühler Eindringlichkeit und analytischer Präzision schildert der ungemein
dichte Film die psychischen Deformationen seines Helden. Zugleich verdeutlicht er, daß der Ausbruch individueller Gewalt mit einem allgemeinen
Klima latenter Brutalität und Abstumpfung korrespondiert. Ein Thriller, der intensive Wirklichkeitsbeobachtung mit den mythischen Qualitäten des
traditionellen Genrefilms verbindet.
USA, 1975
115 Min.
100. Titanic
Regie: James Cameron
Die Neuverfilmung des mythisch besetzten Stoffes vom Untergang des Passagierschiffes "Titanic" schildert an Hand einer Klassenschranken
übergreifenden Liebesgeschichte zwischen einem Maler und einer jungen Frau aus der Upper-Class die viertägige Jungfernfahrt des englischen
Luxusliners. Trotz einer fast manischen Fixierung auf eine möglichst originalgetreue Rekonstruktion des Schiffes und seiner Interieurs sowie des
gigantischen Aufwandes entstand dabei mehr als ein Kostüm- und Katastrophenfilm: Der angenehm ruhige Rhythmus, teilweise herausragende
Schauspieler sowie die kunstvolle Kameraarbeit lassen das Epos zu einer berührenden Love-Story werden.
USA, 1997
190 Min.
101. Ich tanz mich in dein Herz hinein (TOP HAT)
Regie: Mark Sandrich
Vergnügliche Liebes- und Verwechslungsfarce zwischen London, Venedig und der Riviera mit perfekten Tänzen von Astaire/Rogers und
unsterblichen Songs von Irving Berlin "Cheek to Cheek", "Isn’t it a Lovely Day". Mit Charme und Eleganz in Szene gesetztes Musical, das als
Höhepunkt der Zusammenarbeit von Fred Astaire und Ginger Rogers gilt. Videotitel: Top Hat - Ich tanz mich in dein Herz hinein
USA, 1935
100 Min.
102. Trainspotting – Neue Helden (Trainspotting)
Regie: Danny Boyle
Eine Clique schottischer Heroin-Junkies bestreitet ihren Tagesablauf mit der unablässigen Suche nach Betäubungsmitteln, was sich als endloser
Kampf um den nächsten Kick beziehungsweise die Mittel, sich Drogen zu verschaffen, darstellt. Erst als einer ins Gefängnis und ein anderer in den
Entzug wandert, scheint der Teufelskreis durchbrochen zu werden. Eine bittere, mit ungewöhnlichen filmischen Mitteln erzählte Groteske, deren
auf Überraschung und Überrumpelung zielende Dramaturgie gefangen nimmt. Trotz der suggestiven Bebilderung der Drogenerfahrungen ein
zugleich schockierendes und einfühlsames Porträt der Junkie-Szene.
GB, 1995
95 Min.
103. Triumph des Willens
Regie: Leni Riefenstahl
Anfang September 1934, zwei Monate nach der Ermordung des SA-Chefs Röhm, ließ sich Hitler auf dem Parteitag von Nürnberg als
unumschränkter Herrscher feiern. Diesen Triumph hielten in seinem Auftrag die Regisseurin Leni Riefenstahl und 36 Kameraleute in einem
Dokumentarfilm fest, der seine propagandistische Wirksamkeit vor allem seiner Montagekunst verdankt und der nach dem Krieg von der
vorzugsweise amerikanischen und britischen Kritik den großen Dokumenten der Kinoästhetik zugeordnet wurde. Den Titel "Triumph des Willens"
hatte ihm Hitler selbst gegeben.
D, 1935
115 Min.
104. Die Truman Show (The Truman Show)
Regie: Peter Weir
Das Leben des Versicherungsagenten Truman Burbank ist ohne dessen Wissen seit 30 Jahren Gegenstand einer weltweit live übertragenen,
äußerst erfolgreichen Fernseh-"Seifenofer". Satire und Nachdenklichkeit treffen sich in Peter Weirs Film vor dem Hintergrund einer gigantischen
"lebensechten" Fernsehkulisse, und der Zuschauer wird zum Voyeur der Voyeure bei Trumans allmählicher Entdeckung einer alternativen Realität.
Brillant inszeniert und gespielt, nimmt der Film Medienmanipulation, Konformismus und Kommerzialisierung aufs Korn, scheut aber auch vor
existentiellen Fragestellungen nicht zurück.
USA, 1998
105 Min.
105. Uhrwerk Orange (A Clockwork Orange)
Regie: Stanley Kubrick
Der 15jährige Anführer einer bizarren Jungenclique, die des Nachts mordend und vergewaltigend durch die öden Vororte einer englischen
Metropole zieht, gerät in die Mühlen der Polizei und Justiz. Mit der Aussicht auf eine vorzeitige Entlassung unterwirft er sich einer neuartigen
Intensiv-Therapie, die ihn von allen Sex- und Gewaltgelüsten heilt. Wieder in Freiheit, erfährt er das Paradoxe seiner "Besserung": unfähig zur
Gegenwehr, erleidet er die Rache seiner früheren Opfer. Bitterböse Filmfarce, die die Vergewaltigung und Mechanisierung des Individuums in
einer bis zur Leblosigkeit bürokratisierten und technisierten Zivilisation mit grimmiger Konsequenz analysiert. Ein filmisch brillanter Diskurs über
den hysterischen Hedonismus der Konsumkultur, über die perverse Ästhetik der Gewalt und über die Wirkungs- und Manipulationsmöglichkeiten
visueller Medien.
GB, 1970
140 Min.
106. Unheimliche Begegnung der dritten Art (CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND)
Regie: Steven Spielberg
Einige amerikanische Mittelstandsbürger im mittleren Westen treten in direkten Kontakt mit außerirdischen Wesen. Geschildert werden ihre
unterschiedlichen Reaktionen zwischen Unruhe, Neugier, Panik und Faszination, als sie die UFOs entdecken. Ein optisch faszinierendes ScienceFiction-Märchen, ganz aus dem Geiste Walt Disneys, das die Utopie einer von Harmonie und Glückseligkeit erfüllten außerirdischen Welt
umschreibt. Der naive Glaube an die Erlösung aus dem All kann kaum als ernsthafte Antwort auf die Probleme des modernen Menschen
verstanden werden, aber als filmtechnisches Kabinettstück ist der Film dennoch ein fantasievolles Vergnügen. In seinen besten Momenten wird er
zudem zur geistreichen Karikatur einer der technischen Dinge überdrüssigen Erwachsenenwelt.
USA, 1977
135 Min.
107. Verfluchtes Amsterdam (Amsterdamned)
Regie: Dick Maas
Eine unheimliche Mordserie schreckt die Amsterdamer Bevölkerung. Ein psychopathischer Täter mordet als Taucher sinnlos in den Grachten der
holländischen Metropole. Kriminalreißer, der mit einigem Tempo die Versatzstücke des Genres aufbereitet, aber wegen der Brutalität einzelner
Szenen und des aufgesetzten, billig-psychologisierenden Schlusses fragwürdig ist.
NL, 1987
105 Min.
108. Vom Winde verweht (Gone with the wind)
Regie: Victor Fleming
Die aufwendige und sorgfältig inszenierte Monumentalverfilmung des Bestsellers von Margaret Mitchell, die zu einem der größten Kassenerfolge
und zugleich zu einem Stück Mythos der Kinogeschichte wurde. Im Mittelpunkt des breit angelegten Epos steht das Schicksal einer ebenso
schönen wie selbstsüchtigen Frau, die zur Zeit des amerikanischen Sezessionskrieges 1861/65 rücksichtslos ihre Interessen verfolgt und über der
Sorge um die Erhaltung ihres Elterngutes jedes Maß verliert. Trotz mancher bloß äußerlicher Effekte fasziniert der Film immer noch durch
hervorragende schauspielerische Leistungen und die fesselnde Schilderung von Schicksalen vor dem Hintergrund der Bürgerkriegswirren. Störend
bleibt die für spätere Kinoauswertungen und vor allem Fernsehausstrahlungen vorgenommene Breitleinwand-Bearbeitung, die den
bildkompositorischen Eindruck schmälert.
USA, 1939
230 Min.
109. West Side Story
Regie: Robert Wise, Jerome Robbins
Das "Romeo und Julia"-Thema in einem von Puertoricanern bewohnten Armenviertel von New York: die blutige Auseinandersetzung zweier
Halbstarken-Banden, verflochten mit einer pseudotragischen Liebesgeschichte. Als ein Musical mit der faszinierenden Musik von Leonard
Bernstein von bemerkenswerter Qualität, die auf dem Zusammenklang glänzender tänzerischer Leistungen, optischer Einfälle und gelungener
Persiflage des Milieus beruht. In der zweiten Hälfte des Films gewinnen Sentimentalität und reißerische Dramatik die Oberhand.
USA, 1960
150 Min.
110. Wilde Erdbeeren (SMULTRON STÄLLET)
Regie: Ingmar Bergman
Ein Tag im Leben eines 78jährigen Medizinprofessors, der auf dem Weg ins schwedische Lund, wo er eine Auszeichnung entgegennehmen soll,
seine Vergangenheit wiederentdeckt. Die Stationen der Reise werden in Träumen, Visionen und Erinnerungsbildern zu Stationen einer
Lebensbilanz; indem er Orten seiner Kindheit und Verwandten begegnet, erkennt er mit zunehmender Klarheit die Ursache seiner Kälte, Isolation,
seelischen Verhärtung und Todesangst. Ingmar Bergmans sensibel gestaltetes Meisterwerk um Leben, Gott und Tod fasziniert durch die virtuose
Verschränkung von realistischen und surrealen Stilmitteln, von psychologischem Charakterporträt und philosophischem Diskurs. Hervorragend in
der Hauptrolle: der schwedische Theater- und Stummfilmregisseur Victor Sjöström.
S, 1957
90 Min.
111. Zwei Banditen (BUTCH CASSIDY AND THE SUNDANCE KID)
Regie: George Roy Hill
Zwei Banditen werden um 1900 nach einem Eisenbahnüberfall von unbekannten Verfolgern fast zu Tode gejagt, setzen sich mit einer Freundin
nach Bolivien ab, überfallen dort erneut Banken und werden schließlich von der Miliz und ihrem hartnäckigen Verfolger gestellt. Eindrucksvoll
fotografierter tragikomischer Western mit viel Humor, der die tiefer gehenden Möglichkeiten des Themas der erbarmungslosen Jagd und Flucht
nicht nützt, sondern an der Oberfläche gelungener Unterhaltung bleibt. Späterer Titel: "Butch Cassidy und Sundance Kid"
USA, 1968
105 Min.