Pressemitteilung - Staatliche Museen zu Berlin

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Pressemitteilung - Staatliche Museen zu Berlin
Pressemitteilung
Berlin, den 19.10.2010
Museumsinsel Berlin
Nationalgalerie / Alte Nationalgalerie
Rückerwerbung des „Sämann“
von Constantin Meunier für die Nationalgalerie
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Staatliche Museen
zu Berlin
Generaldirektion
Presse, Kommunikation und
Sponsoring
Stauffenbergstraße 41
10785 Berlin
Presse, Kommunikation
und Sponsoring
Mechtild Kronenberg
kommunikation@
smb.spk-berlin.de
www.smb.museum
Presse
Anne Schäfer-Junker
[email protected]
Fon +49 (0)30 266 42 34 02
Fax +49 (0)30 266 42 34 09
www.smb.museum/presse
Eine bedeutende Bronzeplastik der europäischen Moderne konnte mit
Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hermann Reemtsma
Stiftung für die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin zurück
erworben werden.
Den im Juni 2010 festlich eröffneten Kolonnadenhof der Museumsinsel in
Berlin schmückt seit kurzem eine weitere imposante Plastik – der „Sämann“,
1896, von Constantin Meunier. Vielen Berlinerinnen und Berlinern ist die
Figur vertraut, stand sie doch lange im Umfeld der Nationalgalerie, die sie
seit den fünfziger Jahren bewahrte.
Die zwischenzeitlich an die Erben des Kunstsammlers Dr. Otto Krebs
restituierte und nun zurück erworbene Figur bereichert wesentlich sowohl
die Sammlung der Nationalgalerie wie das Skulpturenprogramm des Hofes,
das wichtige künstlerische Positionen des 19. Jahrhunderts in großen
Bronzearbeiten vereint. Nun kommt mit dem „Sämann“ des Belgiers
Meunier eine große Arbeit des europäischen Naturalismus hinzu. Sie kann
als Allegorisierung der Jahreszeiten wie auch der Arbeit selbst gelesen
werden und war vom Künstler als krönender Abschluß eines „Denkmals der
Arbeit“ konzipiert. Die Nationalgalerie besitzt unter anderem mit dem
„Eisenwalzwerk“ von Adolph Menzel und der „Flachsscheuer“ von Max
Liebermann weitere Spitzenwerke aus diesem zentralen Motivfeld des 19.
Jahrhunderts, das nun um eine starke Variante bereichert ist.
Arbeit war ein wichtiger Begriff im 19. Jahrhundert, bedacht von den
verschiedensten Philosophen und Thema großer Werke in Literatur und
bildender Kunst. Heinrich Heine, der Kunstkritiker, wertete die neuen
monumentalen Arbeitsdarstellungen gar als Andachtsbilder irdischen
Lebens. Gerade so beschrieb er 1831 das Bild von Léopold Robert „Ankunft
der Schnitter in den pontinischen Sümpfen“. Große französische Maler
nahmen das Thema um die Jahrhundertmitte auf, Gustave Courbet vor
allem und Francois Millet, der viele Künstler, Liebermann und Meunier auch
Vincent van Gogh nachhaltig beeinflusste. Darstellungen der Arbeit, seit der
Antike verbreitet, waren nun kein Randmotiv mehr, sondern Ausdruck einer
zentralen Kategorie. Und meist wurde auf die nicht arbeitsteilige, ländliche
Arbeit mit ihren eindrücklichen Bewegungsabläufen zur Symbolisierung
derselben zurückgegriffen. Die Idee eines „Denkmals der Arbeit“, um 1900
von Jules Dalou, Constantin Meunier und Auguste Rodin bedacht, schließt
die Bemühungen darum gleichsam ab.
Die Staatlichen Museen zu Berlin
sind eine Einrichtung der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
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Im nachfolgenden Jahrhundert, in der Kunst des Nationalsozialismus wie im
Kontext des sozialistischen Realismus wurde das Thema Arbeit so oder so
funktionalisiert und ideologisiert, das warf einen Schatten zurück auf die
Kunstwerke des 19. Jahrhunderts. Constantin Meunier (1831 – 1905) war
auf sein Thema während eines Aufenthaltes in dem belgischen Industriegebiet Borinage gestoßen, kurz darauf, 1886, kehrte er, nach einer Phase
als Maler, zur Bildhauerei zurück. Meunier wandte sich als einer der wenigen
Künstler nach Menzel auch dezidiert der Industriearbeit zu: er formte
„Puddler“ (die das geschmolzene Eisen umzurühren haben), eine „Heimkehr
der Bergleute“ und Hafenarbeiter, alle in der Nationalgalerie ebenfalls zu
sehen.
Symbolisieren aber ließ sich die Arbeit und die neue Zeit am eindrücklichsten durch die große Einzelfigur, einen „Sämann“ etwa oder auch ohne
allen Hinweis auf das Tun durch eine Figur wie das „Eherne Zeitalter“ von
Auguste Rodin. Rodin hat die Plastik während seines Aufenthaltes in Brüssel
geformt, wo er auch Meunier kennen und bewundern lernte. Das hoch
industrialisierte Belgien prägte beide Künstler nachhaltig.
Erste Arbeiten des Belgiers Meunier sind unter Hugo von Tschudi in die
Nationalgalerie gelangt. Seine Werke gehörten zu Tschudis Konzept der
Moderne, ebenso wie die Bilder der Impressionisten und die Plastiken und
Skulpturen von Auguste Rodin.
Der „Sämann“ und nicht eine der anderen Arbeiten von Meunier sollte das
geplante Denkmal der Arbeit krönen. Und so kann diese Figur mit Recht als
ein Höhepunkt im Werk von Constantin Meunier angesehen werden, und die
Nationalgalerie schätzt sich glücklich, sie für ihre Sammlung zurück
gewonnen zu haben.
Meuniers Bronzeplastik „Der Sämann“ stammt aus der Kunstsammlung von
Dr. Otto Krebs, die sich im Zweiten Weltkrieg auf dem Rittergut Holzdorf
(Thüringen) befand, das ebenfalls zum Vermögen von Dr. Otto Krebs
gehörte. Nach Kriegsende wurde die Sammlung zum größten Teil durch die
sowjetische Besatzungsmacht abtransportiert. Nur wenige Werke verblieben
in Deutschland. „Der Sämann“ wurde, wie einige weitere Kunstwerke, in
Volkseigentum der DDR überführt und den Staatlichen Museen Berlin
übergeben. Das Thüringische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen hat auf Antrag der Stiftung für Krebs- und Scharlachforschung,
Mannheim, der Erbin von Otto Krebs, 2008 entschieden, dass die
betroffenen Werke von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zurückzugeben
sind. In Abstimmung mit den Berechtigten hatte die Stiftung Preußischer
Kulturbesitz die Objekte 2010 zurückgegeben. Es handelte sich neben der
Bronze von Meunier um „Das eherne Zeitalter“ (Bronzeguss, Auguste
Rodin), „Tänzerin, die Kordel ihres Trikots befestigend“ (Kleinbronze, Edgar
Degas), „Bildnis Renoir mit Hut“ (Bronze, Aristide Maillol), „Frauenkopf“
(vergoldete Bronze, Ernesto de Fiori) und drei Werke von unbekannten
Künstlern. Meuniers „Sämann“ wurde im selben Jahr in einer Auktion für die
Sammlung der Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin –
Preußischer Kulturbesitz zurück erworben.
Die Staatlichen Museen zu Berlin
sind eine Einrichtung der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz.