Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan - Perspektiven der

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Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan - Perspektiven der
Wirtschaft
Wirtschaftsleitfaden - Afghanistan
- Perspektiven der Zusammenarbeit -
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2 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Inhalt
5
Geschichte, Politik, Sicherheit
5
Geschichte
6
Politisches System
7
Sicherheitslage
9
9
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Wirtschaftsstruktur und -entwicklung
10
Außenhandel
14
Staatsfinanzen
15
Landwirtschaft
15
Allgemeine Lage und Bedeutung
15
Produktion
16
Außenhandel
18
Geschäftschancen für deutsche Firmen
20
Kontaktadressen
21
Bergbau
21
Allgemeine Lage und Bedeutung
22
Gesetzlicher Rahmen
22
Regelung des Vergabeprozesses
23
Chancen und Herausforderungen für deutsche Firmen
24
Investitionen und Projekte
26
Kontaktadressen
27
Infrastruktur
27
Transport / Logistik
28
Elektrizität
28
Wasser
29
Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)
29
Bauwirtschaft
30
Chancen für deutsche Unternehmen
31
Branchenstruktur und Geschäftspraxis
31
Kontaktadressen
32
Rechtliche Rahmenbedingungen
32
Einleitung und Hintergrund
32
Handels- und Gesellschaftsrecht
34
Investitionsrecht
36
Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung
Germany Trade & Invest www.gtai.de 3
38
Zoll und Einfuhrverfahren
38
Einfuhrabgaben, Zolltarif
39
Warenbegleitpapiere
39
Außertarifliche Zollbefreiungen
40
Besondere Zollverfahren
40
Einfuhrverbote und -beschränkungen
41
41
Werte
42
Verhaltensweisen
44
Risiken im Umgang mit staatlichen Einrichtungen
45
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen
45
Bedeutung staatlicher Aufträge
45
Umfang der Entwicklungszusammenarbeit
47
Deutsche Firmen und Entwicklungszusammenarbeit
47
Ausschreibungs-Plattformen
48
Umfang und Verwendung deutscher Entwicklungszusammenarbeit
49
Beschaffung von Zivilgütern
50
Kontaktadressen
51
51
53
Erfahrungen aus der Praxis
Erfahrungen und Einschätzungen deutscher Firmen
Interviews
53
ETC Power
55
Afghanyar Construction Company Limited (ACCL International)
57
Siemens Afghanistan
59
Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
(BGA)
60
4 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Kultureller Hintergrund
Kontaktadressen und Informationsquellen
Geschichte, Politik, Sicherheit
Afghanistan, die Brücke zwischen
West- und Südasien, war immer
„Durchgangsland“. Alexander der
Große und viele andere Herrscher
des Iran und Zentralasiens haben
das Land als Stützpunkt und Brücke
für den Vorstoß nach Indien genutzt.
Seit dem 7. Jahrhundert kam es zur
Verbreitung des Islam, der die vorherigen Religionen und Glaubensrichtungen ablöste.
Anfang des 19. Jahrhunderts versuchten die Kolonialmächte Großbritannien und Russland zunehmend, Afghanistan unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Festlegung
der Durand-Linie als Grenzverlauf
zwischen Afghanistan und BritischIndien waren zwei blutige Kriege
zwischen England und Afghanistan
(1839 bis 1842 und 1878 bis 1890)
vorausgegangen. Diese Grenzziehung, die bis heute gilt, fasste zahlreiche unterschiedliche Ethnien und
Gesellschaftsstrukturen zusammen.
Der dritte Anglo-Afghanische Krieg
führte 1919 schließlich zur Unabhängigkeit Afghanistans, das in den
Folgejahren die Beziehungen zur
UdSSR ausbaute.
Seit Mitte der 1970er-Jahre herrschte ein blutiger Bürgerkrieg zwischen
kommunistischen und religiösen
Milizen. Zwischen 1979 und 1989
besetzten sowjetische Truppen das
Land. Afghanistan wurde durch den
jahrelangen Krieg weitgehend zerstört und fragmentiert, gleichzeitig
erstarkten radikale islamische Kräfte. Der Bürgerkrieg ließ das Land in
Stammesgebiete nach Pakistan
flohen. Im Dezember 2001 wurde
auf der Petersberg-Konferenz eine
Übergangsregierung gebildet, der
Paschtunenführer Hamid Karzai
zum Regierungschef ernannt.
Usbekistan
Tadschikistan
Turkmenistan
China
Kundus
Towraghondi
Kabul
Herat
Jalalabad
Shindand
Iran
Lashkar
Gah
Ghazni
Kandahar
Zaranj
Pakistan
ien
Geschichte
die Einflussbereiche von Warlords
und Stammesfürsten zerfallen, die
Sicherheit im Sinne von Unternehmen verkauften und Gewalt zur
Durchsetzung ihrer ökonomischen
Ziele einsetzten.
In d
Geschichte, Politik,
Sicherheit
Im Jahr 1994 übernahmen die Taliban die Kontrolle über das südliche
Paschtunistan entlang der pakistanischen Grenze. Seit der Grenzziehung im 19. Jahrhundert bestimmt
die Forderung nach einem autonomen Paschtunenstaat Afghanistans
Innenpolitik und die Beziehungen
zu Pakistan. Die Taliban wollen
bis heute einen Gottesstaat nach
frühislamischem Vorbild errichten.
Ihre strenge Sittenmoral entspricht
in vielen Punkten jedoch mehr dem
Ehrbegriff des paschtunischen
Verhaltenskodex (Paschtunwali)
als dem islamischen Recht. Der 11.
September 2001 verdeutlichte die
Rolle Afghanistans als Rückzugsgebiet militanter globaler Netzwerke.
Die Operation „Enduring Freedom“
entmachtete die Taliban, die daraufhin zum Teil in die paschtunischen
Afghanistan setzt sich aus vielen
verschiedenen Ethnien, Sprachen
und Religionen zusammen. Zum
Islam bekennen sich 99% der
Afghanen, die Mehrheit davon sind
Sunniten; Schiiten sind nach groben
Schätzungen 15 bis 30%. Daneben
gibt es nichtmuslimische Minderheiten in den Städten, vor allem
Hindus und Sikhs. In Afghanistan
sind über 30 Sprachen im Gebrauch,
die zu unterschiedlichen Sprachfamilien gehören. Dari und Paschtu
sind die beiden Amtssprachen,
im Norden und Nordwesten sind
außerdem Usbekisch, Turkmenisch
und Tadschikisch verbreitet. Die
unzähligen Ethnien lassen sich oft
schwer voneinander unterscheiden, zumal auf keine offiziellen
Volkszählungen zurückgegriffen
werden kann. Viel wichtiger als die
Germany Trade & Invest www.gtai.de 5
Geschichte, Politik, Sicherheit
ethnische Identität ist den Afghanen
ihre lokale, stammesmäßige und
familiäre Zugehörigkeit.
Die lokalen Machtstrukturen sind
recht facettenreich und umfassen sowohl Ordnungstrupps auf
Dorf- oder Stammesebene als auch
professionelle Milizen und militante
Oppositionsgruppen. In Paktia, im
Südosten des Landes, leben beispielsweise vornehmlich paschtunische Stämme. Die Identität mit dem
Stamm sowie die Einhaltung des
Ehren- und Rechtskodex (Paschtunwali) sind maßgeblich. Entscheidungen werden im Konsens in
der Stammesversammlung (Jirga)
getroffen. Die Stämme verfügen
auch über ihre eigenen Polizeieinheiten, der Einfluss des Staates ist
sehr gering.
Politisches System
Seit der Verabschiedung der bis
heute gültigen Verfassung im Jahr
2004 ist Afghanistan eine Islamische
Republik mit einem präsidialen
Regierungssystem. Die Verfassung
gilt de jure als eine der demokratischsten der islamischen Welt und
sieht die Gleichberechtigung der
Angehörigen aller Religionen und
ethnischen Gruppen sowie der Geschlechter vor. Das Volk wählt den
Präsidenten direkt für eine Dauer
von fünf Jahren. Hamid Karzai ist
seit 2001 Staats- und Regierungsoberhaupt sowie Oberbefehlshaber
des Militärs. Die Nationalversammlung stellt die Legislative
dar, die Judikative setzt sich aus
dem Obersten Gerichtshof, dem
Berufungsgericht und kleineren
Fachgerichten zusammen.
In der Realität allerdings ist das
Vertrauen der Bevölkerung in die
Regierung seit 2004 zunehmend
gesunken, Korruption als Mittel zur
Machtsicherung ist weit verbreitet.
Laut Transparency International
2009 sind Afghanistan und Somalia
die korruptesten Länder weltweit.
Foto: © GIZ
Die Situation in Kundus im Nordosten unterscheidet sich stark davon:
Dort konzentriert sich die Macht
auf die einzelnen Dörfer, bewaffnete Kommandeure sind durch ihre
ethnische Herkunft mit anderen
Kriegsfürsten verbunden. Im südafghanischen Kandahar wiederum
sind die paschtunischen Stämme
in großen Stammesverbänden
organisiert, durch die starke Hierarchisierung bilden sich einzelne
einflussreiche Machthaber heraus.
Die lokalen Machtstrukturen sind
demnach sehr unterschiedlich und
werden durch ökonomische Faktoren beeinflusst, beispielsweise dem
Drogenhandel.
6 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Der afghanische Staat geht noch
nicht ausreichend dagegen vor,
Unterschlagungen sind nur selten
nachweisbar. Die Bevölkerung
bezeichnete die Korruption in einer
aktuellen Umfrage noch vor der
Sicherheitslage und der hohen
Arbeitslosigkeit als das größte Problem des Landes.
Das große Ausmaß an Korruption
wird vor allem der internationalen
Hilfe angelastet. Mehr als zwei Drittel der Afghanen sind überzeugt,
dass ein erheblicher Teil der Gelder
die Bevölkerung nie erreicht. Eine
vermeintliche Involvierung der afghanischen Regierung wird weniger
vermutet. Die afghanische Regierung indes sieht sich immer wieder
mit Vorwürfen der internationalen
Gemeinschaft konfrontiert, die
Bekämpfung der Korruption nicht
angemessen voranzutreiben.
Die Provinzgouverneure besitzen
auf lokaler Ebene mehr Einfluss
als die Zentralregierung in Kabul.
Überhaupt gestaltet sich die
Zentralisierung des Landes nach
Jahrzehnten des Krieges schwierig.
Die einzelnen Gouverneure werden
zudem meist nicht nach Qualifikation, sondern nach Klientelinteressen
eingesetzt.
Dem Aufbau staatlicher Strukturen
steht die Bevölkerung eher skeptisch gegenüber, wie die Bundesregierung im „Fortschrittsbericht
Afghanistan zur Unterrichtung des
Deutschen Bundestages“ vom Dezember 2010 festhält. Verwaltungsund Justizapparat verfügen über
schlecht ausgebildetes Personal
und mangelnde Infrastruktur. Auch
hier beherrschen Eigeninteressen
die Entscheidungen. Vier Fünftel
der Bevölkerung konsultieren nach
wie vor das informelle, traditionell
geprägte Rechtssystem der Stammes- und Dorfräte (Schuren und
Jirgas), vor allem auf dem Land. Der
duale Charakter der Verfassung, der
Demokratie nur unter Vorbehalt der
Scharia zulässt, behindert so in vielen Bereichen immens den Aufbau
von Rechtsstaatlichkeit.
Die Menschenrechte wurden in den
letzten Jahren langsam, aber stetig
besser gewahrt. Besonders Frauen
haben nun besseren Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen sowie
Möglichkeiten zur politischen Partizipation. Auch die Zivilgesellschaft
wächst, zahlreiche nationale und
internationale Organisationen haben
sich im Land etabliert. Die Medienlandschaft hat sich in den vergangenen Jahren ebenso erweitert und
sich pluralistischer ausgestaltet.
Eine kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und
religiösen Themen bleibt allerdings
weiterhin schwierig. Zivilgesellschaftliche Akteure, insbesondere
die Medien, sind auch auf lokaler
Ebene immer wieder Versuchen
der politischen Einflussnahme
ausgesetzt; ihre Arbeit ist zudem
traditionell-religiösen Dogmen
unterworfen. Seit 2001 wurden zwar
wesentliche staatliche Institutionen
neu geschaffen, die Fortschritte bei
„guter Regierungsführung“ bleiben
nach Auffassung der Bundesregierung jedoch gering. Hierzu müsse
auf afghanischer Seite ein Bewusstseinswandel erfolgen.
Im Jahr 2005 fanden die ersten
Parlaments- und Provinzratswahlen seit über 30 Jahren statt.
Trotz Anschlagsdrohungen lag die
Wahlbeteiligung bei 54%. Bei den
Präsidentschaftswahlen 2009 wurde
Karzai im Amt bestätigt, nachdem
es Berichten zufolge im ersten
Wahlgang Manipulationen gegeben
hatte. Die Parlamentswahlen von
2010 wurden von der brisanten
Sicherheitslage überschattet. Im
selben Jahr hat die afghanische
Regierung erste Schritte zu einer
politischen Konfliktlösung mit den
Aufständischen eingeleitet. So
werden Verhandlungen mit Talibanchefs geführt. Dies soll die Gruppe
entradikalisieren und entmilitarisieren, damit sie in den politischen
Aussöhnungsprozess eingegliedert
werden kann. Es bleibt allerdings
abzuwarten, ob und inwieweit mit
diesen Versuchen eine nachhaltige
sicherheitspolitische Stabilisierung
erreicht werden kann.
Sicherheitslage
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes 2001 stimmte der Sicherheitsrat der UN für die Schaffung einer
International Security Assistance
Force (ISAF). Ziel war, einen
souveränen und stabilen Staat zu
schaffen. Dieses Ziel konnte bisher
allerdings nur ansatzweise umgesetzt werden. So hat sich seit 2006
die Sicherheitslage in Afghanistan
deutlich verschlechtert. Als Gründe
gelten ungenügende Kapazitäten
der nationalen und internationalen
Sicherheitskräfte und zunehmende
bewaffnete Aufstände im pakistanischen Grenzgebiet. Die NATO
reagierte auf diese Gewalteskalation mit einer Aufstockung ihres
Truppenkontingents. Ende Juli 2006
übernahm die NATO-geführte ISAF
im unruhigen Süden das Kommando von den US-Truppen.
Neben den Aufständischen bedrohen weitere regierungsfeindliche
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Geschichte, Politik, Sicherheit
Gruppierungen, internationale
Terrornetzwerke, Drogenkriminalität und ethnische Konflikte die
Sicherheit der Bevölkerung und der
internationalen Truppen. Die regierungsfeindlichen Kräfte arbeiten
im Norden laut Fortschrittsbericht
meist mit Kriminellen aus dem Drogenmilieu und lokalen Machthabern
zusammen. Sie wollen die Entwicklung eines starken und durchsetzungsfähigen Staates verhindern,
um ihre eigenen Ziele - oftmals mit
Gewalt - durchzusetzen.
Für die Stabilisierung des afghanischen Staates ist nach Ansicht der
Beteiligten der Ausbau der lokalen
Sicherheitskräfte notwendig. Derzeit sind etwa 150.000 afghanische
Soldaten und 113.000 Polizeikräfte
aufgestellt. Bis Ende 2011 soll die
Präsenz auf 306.000 Mann ausgebaut werden. Deutschland beteiligt
sich an der Ausbildung afghanischer Soldaten und bewegt sich
dabei im Spannungsfeld zwischen
afghanischen und internationalen
Vorstellungen. Beim Aufbau des
afghanischen Polizeiwesens wurden
Fortschritte erzielt. Hierzu zählen
eine erhöhte Ausbildungskapazität
sowie eine bessere Ausstattung der
8 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
lokalen Polizei. Bei Ausbildung und
Finanzierung wird Afghanistan weiterhin auf internationale Unterstützung angewiesen sein. Deutschland
verwendet einen Teil seiner zur
Verfügung gestellten Mittel zur Förderung der Infrastruktur und zum
Ausbau von Trainingszentren.
Heute konzentriert sich das internationale Kontingent nur noch auf den
Bereich der Sicherheit. Die ISAFKräfte waren bis 2003 nur in Kabul
stationiert, bis Ende 2006 wurden
regionale Kommandos geschaffen.
Nachdem 2010 ein Rückgang der
bewaffneten Aufstände zu verzeichnen war und die Lage in der
Hauptstadt Kabul relativ ruhig ist,
sichern die ISAF-Kräfte heute die
Arbeit ziviler Organisation und der
afghanischen Regierung. Ende 2011
soll die schrittweise Übergabe des
Sicherheitsbereiches an die afghanischen Sicherheitskräfte erfolgen.
Deutschland hat auch darüber
hinaus seine Unterstützung bei der
Ausbildung der Sicherheitskräfte
zugesagt.
Was die Sicherheitslage betrifft, gibt
es große regionale sowie saisonale
Unterschiede. Die südliche, süd-
westliche und östliche Region des
Landes ist besonders unsicher. Der
Norden, der im deutschen Verantwortungsbereich liegt, gilt dagegen
als relativ stabil. Jedoch hat sich
auch hier die Zahl der Anschläge seit 2006 deutlich erhöht. Die
vermehrten Attentate in Kundus und
Faryab erklären sich unter anderem
mit der verstärkten Rückführung
paschtunischer Flüchtlinge, die im
Norden eine Minderheit bilden, aus
Pakistan.
Wer nach Afghanistan reist, sollte
daher zuvor beim Auswärtigen Amt
Erkundigungen über die aktuelle
Lage einholen. Im Moment (Ende
Mai 2011) rät das Amt von Reisen
nach Afghanistan ab. „Wer dennoch
reist, muss sich der Gefährdung
durch terroristisch oder kriminell
motivierte Gewaltakte bewusst
sein“ (www.auswaertiges-amt.de/
DE/Laenderinformationen/00-SiHi/
AfghanistanSicherheit.html). Für
die Einreise nach Afghanistan ist
ein Visum erforderlich, das bei der
afghanischen Botschaft in Berlin
beantragt werden kann.
Samira Akrach (Nah- und MittelostVerein)
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Wirtschaftsstruktur
und -entwicklung
Afghanistan gehört zu den ärmsten
Ländern der Welt und belegte beim
Human Development Index von 2009
weltweit den vorletzten Platz. Trotz
erheblicher Fortschritte im wirtschaftlichen und sozialen Bereich
seit 2001 und hoher ökonomischer
Wachstumsraten bleibt die Entwicklung der Wirtschaft stark von der
Sicherheitslage abhängig. Stabilste
Regionen sind der Norden und der
Westen des Landes. Dort konnten
sich in den Städten Mazar-e Sharif
und Herat kleine industrielle Zonen
entwickeln.
Vor dem Hintergrund politischer
Unsicherheiten und fehlender
Rechtsstaatlichkeit spielen sich
über vier Fünftel der Wirtschaft im
informellen Sektor ab. Insofern sind
die offiziellen Zahlen lediglich eine
Annäherung an die Wirklichkeit.
Je nach Quelle differieren einzelne
Daten beträchtlich.
Nach offiziellen Zahlen stieg das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2009
um über 22%. Gründe waren eine
Rekordernte und ein florierender
Dienstleistungssektor, der wiederum von der hohen finanziellen Unterstützung des Auslands gespeist
wird. Für 2010 bis 2012 schätzt
der Internationale Währungsfonds
(IWF) das BIP-Wachstum auf immer
noch 7 bis 8% pro Jahr. Der Wert
des Geldes hat laut IWF 2009 sogar
zugenommen, während die - zuvor
Wirtschaftliche Eckdaten
Indikator
2006
2007
2008
2009
BIP-Wachstum (real, %)
8,2
14,2
3,4
22,5
BIP pro Kopf (gerundet, US$)
300
370
440
500
BIP pro Kopf (Kaufkraftparität,
US$) *)
620
708
724
856
BIP (Mrd. US$)
7,7
9,7
12,0
14,2
.Landwirtschaft
38,8
37,5
31,6
k.A.
.Industrie, Bau
26,6
24,9
26,3
k.A.
.Dienstleistungen
34,5
37,6
42,1
k.A.
.Privatkonsum
98,4
98,1
97,9
k.A.
.Staatskonsum
9,9
10,6
10,0
k.A.
.Bruttoanlageinvestitionen
32,8
30,6
27,6
k.A.
.Exporte
22,9
17,3
17,2
k.A.
.Importe
64,0
56,6
52,7
k.A.
Bevölkerung (Mio.)
25,4
26,3
27,2
28,2
Exporte (fob, Mrd. US$)
0,42
0,45
0,55
0,40
Importe (cif, Mrd. US$)
2,74
3,02
3,02
3,34
5,1
13,0
26,8
-12,2
Entstehung (Anteil in %): *)
Verwendung (Anteil in %) *)
Inflation (%) *)
*) Fiskaljahr (21.3. bis 20.3.)
Quellen: Internationaler Währungsfonds (IWF; BIP nach Kaufkraftparität, Inflation); Asian Development
Bank (ADB; BIP-Zusammensetzung, Außenhandel); Economist Intelligence Unit (EIU; übrige Werte)
sehr hohe - Inflation in den beiden
Folgejahren wieder knapp zweistellig ausfallen dürfte.
Im Laufe der letzten Jahre haben
sich die Anteile der einzelnen Wirtschaftssektoren am BIP verschoben. Die Landwirtschaft bildet nach
wie vor die Haupteinnahmequelle
der vorwiegend ländlichen Bevölkerung. Nach Zahlen der Asian De-
velopment Bank (ADB) waren dort
2004 noch 70% aller Beschäftigten
tätig, und vier von fünf Afghanen leben auf dem Land. Allerdings nahm
der Anteil des primären Sektors am
BIP laut ADB zwischen 2002 und
2008 von 45 auf 32% ab.
Gleichzeitig stieg der Beitrag von
Industrie und Bau von 20 auf 26%.
Die Bauwirtschaft erlebte in den
Germany Trade & Invest www.gtai.de 9
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
letzten Jahren einen regelrechten
Boom. Sie erbrachte 2008 gut 9%
der Wirtschaftsleistung.
Der Anteil der Dienstleistungen erhöhte sich im genannten Zeitraum
von 35 auf 42%. Besonders rasant
entwickelt sich die Telekommunikation. Mittlerweile gibt es nach Branchenschätzung 17 Mio. MobilfunkNutzer im Land, nachdem 2002
praktisch noch niemand ein Handy
hatte. Bei der Zentralbank sind 14
Geschäftsbanken registriert. Das
größte Kreditinstitut ist die Kabul
Bank, die in jüngerer Zeit wegen
Missmanagements kritisiert worden
ist.
Afghanistan ist reich an Ressourcen, die aber derzeit kaum genutzt
werden - es fehlt an Infrastruktur,
Transportmöglichkeiten, verarbeitender Industrie und nicht zuletzt an
Sicherheit. Großes Potenzial besteht
im Bergbau, speziell in der Förderung von Kupfer und Eisen.
Nach Angaben der deutschen
Botschaft in Kabul lockt Afghanistan immer mehr ausländische
Investoren an, darunter auch eine
Reihe deutscher Unternehmen.
Schwerpunktsektoren ausländischer Unternehmen sind demnach
Bauwirtschaft, Telekommunikation,
Leichtindustrie, Beratungs- und
Dienstleistungen sowie die Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse.
Wichtigster Faktor der afghanischen Schattenwirtschaft bleibt der
Drogenhandel, für den Afghanistan
ein Zentrum ist. Mitte der 2000erJahre ist das Land zum weltweit
10 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
führenden Drogenproduzenten
avanciert. Derzeit beträgt der Anteil
am illegalen Weltmarkt für Opiate
(Opium, Morphin, Heroin) 93%.
Seit kurzem ist Afghanistan nach
Angaben der Stiftung Wissenschaft
und Politik in Berlin auch wieder
zum führenden Produzenten von
Cannabis (Haschisch) geworden.
Mohn und Opium werden zumeist in
den Westen geschmuggelt, der Drogenkonsum hat aber auch immense Probleme für die Bevölkerung
Afghanistans und der umliegenden
Staaten geschaffen.
Afghanistan bleibt auf finanzielle
Unterstützung vom Ausland angewiesen. Die Beiträge der internationalen Entwicklungszusammenarbeit sind zwischen 2001 und 2008
verzehnfacht worden. Innerhalb
der EU ist Deutschland inzwischen
führender Geber. Die KfW Entwicklungsbank und die Deutsche
Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit (GIZ) sind in einer
Vielzahl von Programmen aktiv. Die
daran beteiligten ausländischen Firmen kommen oft aus Deutschland.
Außenhandel
Importe halten manche Wirtschaftsbereiche Afghanistans buchstäblich
am Leben. Viele der eingesetzten
Güter stammen aus dem Ausland,
so muss selbst die Bauwirtschaft
fast allen Zement und den Großteil
der anderen benötigten Materialien
importieren. Die amtlichen Zahlen
zum Außenhandel spiegeln dies nur
im Ansatz wider. Selbst im Statistischen Jahrbuch Afghanistans ist
vermerkt, die aufgeführten Zahlen
umfassten keine geschmuggelten,
reexportierten und Duty-Free-Güter.
Offiziell betrugen die Exporte 2008
dem Jahrbuch zufolge gut 0,5 Mrd.
US$ und die Importe 3 Mrd. US$.
Die Economist Intelligence Unit
(EIU) nennt 2,2 Mrd. beziehungsweise 8,8 Mrd. US$, was in etwa
den Daten der Zahlungsbilanz
entspricht. Die EIU-Werte hätten
2008 immerhin drei Viertel der
Wirtschaftsleistung entsprochen,
bei einem Handelsbilanzdefizit von
stolzen 55% des BIP.
Die geringen, offiziell ausgewiesenen Exporte Afghanistans bestehen
hauptsächlich aus getrocknetem
Obst und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Teppiche als
zweitwichtigste Ausfuhrware gelten
als Industrieprodukt. Bei den Einfuhren entfällt wertmäßig der größte
Einzelposten auf Treibstoffe. Es
folgen Autos und Maschinen, Nahrungsmittel und Haushaltsartikel.
Das Importwachstum wird sich in
den nächsten beiden Jahren nach
Einschätzung der EIU verlangsamen. Kapitalgüter spielen demnach
eine größere Rolle, hauptsächlich
wegen des Aufbaus der Kupfermine Aynak. Bedarf sollte auch die
Erstellung von Infrastruktur mit
ausländischem Geld schaffen. Der
gesamte Außenhandel dürfte von
größerem Transithandel zwischen
Pakistan und den zentralasiatischen
Republiken profitieren. Rückenwind
erhoffen sich die Verantwortlichen
durch das Afghan-Pakistan Transit
Trade Agreement, das im Oktober
2010 unterzeichnet wurde und den
letzten Informationen zufolge Mitte
2011 in Kraft treten sollte.
Exporte (Mio. US$, fob) *)
550
n 2008 n 2009
545
500
450
403
400
350
300
250
245
200
199
181
148
150
50
11
0
Insgesamt
Getrocknetes Obst
Teppiche
41
29
Heilpflanzen
23
Frisches Obst
21
6
Felle, Häute
*) Fiskaljahr (laut Quelle)
Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010
© Germany Trade & Invest
100
Importe (Mio. US$, cif) *)
n 2008 n 2009
3500
3000
3.337
3.020
2500
2000
1500
546
740
576
688
500
594
277
646
500
587
328
433
317
0
Insgesamt
Öl, Treibstoff
Maschinen,
Ausrüstungen
*) Fiskaljahr (laut Quelle)
Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010
Kfz
Medikamente,
Haushaltsartikel
Nahrungsmittel
Metalle
© Germany Trade & Invest
1000
Germany Trade & Invest www.gtai.de 11
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Hauptabnehmerländer (Mio. US$, fob) *)
550
n 2008 n 2009
545
500
450
403
400
350
300
264
250
191
200
150
136
100
50
37
41
18
26
Insgesamt
Pakistan
Indien
17
2
0
Iran
Russland
USA
*) Fiskaljahr (laut Quelle)
Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010
© Germany Trade & Invest
76
Hauptlieferländer (Mio. US$, cif) *)
n 2008 n 2009
3500
3.020
3.337
3000
2500
2000
1500
1000
501
500
430
360
368 337
489
308
165
291
98
198
200 177
0
Insgesamt
Usbekistan
VR China
*) Fiskaljahr (laut Quelle)
Quelle: Afghanistan Statistical Yearbook 2009-2010
12 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Japan
Pakistan
Kasachstan
Russland
Iran
65
145
Deutschland
65
145
Indien
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876
Wichtigste Handelspartner Afghanistans sind die Nachbarländer.
Bedeutendster Kunde ist Pakistan,
führende Lieferländer waren 2009
Usbekistan und die VR China.
Teppiche die Grenzen. Es ist anzunehmen, dass deutsche Exporteure
etliche Lieferungen über die VAE
und andere Drittländer abwickeln.
Euler Hermes wies von 2008 bis
2011 zu keinem Zeitpunkt ein
Deckungsvolumen im AfghanistanGeschäft aus, es hatte also keine
Geschäfte über den Kreditversicherer gegeben. In den Jahren
davor hatte es ebenfalls nur wenige
Transaktionen geben.
Foto: © ACCI
Für Deutschlands Außenhandel hat
Afghanistan kaum Bedeutung. Als
Kunde kam das Land am Hindukusch 2010 mit immerhin 269 Mio.
Euro Exportwert auf den 91.
Rang, hinter den Marshallinseln
und vor Island. Unter den Lieferanten lag Afghanistan mit nur 24 Mio.
Euro abgeschlagen auf dem 136.
Platz, eingerahmt von Jordanien
und Nicaragua.
Deutschland verkauft nach Afghanistan im Wesentlichen Fahrzeuge,
Maschinen, Elektrotechnik und
andere Industriewaren. Umgekehrt
passieren mehrheitlich Obst und
Deutsche Importe aus Afghanistan (Mio. Euro)
Produkt
2008
2009
2010
Genießbare Früchte und Nüsse
0,89
2,19
13,50
Zusammenstellung verschiedener Waren
0,30
0,17
8,55
Teppiche, Fußbodenbelag aus Spinnstoff
0,70
0,37
0,47
Elektrotechnische Erzeugnisse
0,13
0,76
0,01
Pelzfelle, künstliches Pelzwerk
0,39
0,12
0,18
Waren aus Eisen oder Stahl
0,00
0,28
0,27
Maschinen, Apparate, mechanische Geräte
0,04
0,02
0,33
Ölsamen, Heilpflanzen
0,05
0,09
0,22
Ätherische Öle, Riech-, Schönheitsmittel
0,11
0,13
0,00
Insgesamt
2,76
4,24
23,71
Quelle: Statistisches Bundesamt
Germany Trade & Invest www.gtai.de 13
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Deutsche Exporte nach Afghanistan (Mio. Euro)
Produkt
2008
2009
2010
Kraftfahrzeuge
87,2
94,1
104,5
Maschinen, Apparate, mechanische Geräte
38,1
30,3
18,2
Elektrotechnische Erzeugnisse
26,3
16,5
24,2
Möbel, Beleuchtungskörper
19,6
10,1
16,5
Zusammenstellung verschiedener Waren
12,0
4,8
28,4
Verschiedene Lebensmittelzubereitungen
12,1
10,3
9,2
Schienenfahrzeuge
13,7
4,4
8,6
Waren aus Eisen/Stahl
12,1
3,9
5,0
Optische, photographische Erzeugnisse
5,8
7,0
5,4
Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten, Essig
4,7
5,3
5,5
267,5
224,9
269,1
Insgesamt
Quelle: Statistisches Bundesamt
Staatsfinanzen
Afghanistans Staat hängt finanziell am Tropf des Auslands, das
für einen großen Teil des Budgets
aufkommt. Die Staatseinnahmen
aus dem Land selbst erreichten
2009/2010 laut IWF nur gut 10% des
BIP. Dieser Anteil soll im Folgejahr
knapp 11% erreichen, er bleibt damit im weltweiten Vergleich jedoch
einer der niedrigsten.
Im Vergleich zum Beginn des
Wiederaufbaus allerdings haben
sich die Staatsfinanzen positiv
entwickelt, zumal die Einnahmen
2002/2003 nur gut 3% des BIP
erreicht hatten. Grund für die deutlichen Einnahmesteigerungen des
Fiskus in den letzten Jahren waren
ein großes Plus bei den Einkünften
aus Zöllen sowie mehr Zuflüsse aus
der Vergabe von Mobilfunklizenzen
und aus Steuern auf Einkommen,
14 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Gewinne und Umsätze. Reformen des Finanzministeriums mit
Unterstützung der internationalen
Gemeinschaft machten es möglich,
die mit dem IWF vereinbarten Zielmarken sogar zu übertreffen.
Damit konnte der afghanische Staat
zuletzt einen größeren Teil der laufenden Kosten durch eigene Einnahmen decken. Steigende Ausgaben
für die Sicherheit erschweren in
den kommenden Jahren jedoch eine
weitere Zunahme, zumal Afghanistan schrittweise einen größeren
Eigenbeitrag zur Finanzierung
seiner Sicherheitskräfte leisten soll.
Entlastet wurde der Fiskus durch
verschiedene Schuldenerlasse, die
laut IWF insgesamt 96% der 12 Mrd.
US$ Auslandsschulden von 2006
tilgten. Die Bundesregierung hat
sämtliche Altschulden erlassen.
Prüfungen der Weltbank aus den
Jahren 2005 und 2008 haben
ergeben, dass sich das Fiskalwesen verbessert hat. Afghanistan
wurde deutlich besser bewertet als
vergleichbare Länder mit niedrigem
Einkommen. Die Regierung hatte
Verwaltungsvorschriften zu öffentlichen Ausschreibungen erneuert und
die Finanzämter in den Provinzen
reformiert. Dennoch gibt es weiterhin Probleme bei der Umsetzung von Investitionsvorhaben: Im
Haushaltsjahr 2009/10 wurden nur
39% der budgetierten Investitionen
umgesetzt, nachdem es zwei Jahre
zuvor immerhin noch 54% waren.
Als Ursachen sind neben unzureichenden Kenntnissen über die neuen Ausschreibungsverfahren auch
unrealistische Haushaltsansätze
und Verzögerungen durch Probleme
mit der Sicherheit zu nennen.
Samira Akrach (Nah- und MittelostVerein)
Landwirtschaft
Landwirtschaft
Allgemeine Lage und
Bedeutung
Die Landwirtschaft ist mit Abstand
der wichtigste Wirtschaftssektor
Afghanistans. Zusammen mit ihren
Vorstufen und der Weiterverarbeitung sichert sie 85% der Bevölkerung den Lebensunterhalt. Etwa
46% der Landesfläche wird für
Weidewirtschaft genutzt, 39% ist
gebirgig oder bewohnt, 3% besteht
aus Wald und nur 12% ist landwirtschaftlich nutzbar. Davon wiederum
wird laut Afghanistan Statistical
Yearbook derzeit nur die Hälfte kultiviert. Hauptsächlich angebaut wird
Getreide (Weizen, Roggen, Reis),
außerdem Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Obst und Nüsse.
Foto: © ACCI
Die Landwirtschaft beschränkt sich
wegen Topografie und Klima im Wesentlichen auf die Gebirgsfußoasen
am Nord-, West- und Südrand des
zentralen Hochlandes, die Beckenlandschaften der Kabul-Region und
die Flusstäler an der pakistanischen
Grenze. Von entscheidender Bedeutung sind bewässerte Flächen.
Trotz massiver Zerstörungen als
Kriegsfolge liefern sie noch immer
85% der Ernten. Der Rückgang
der Irrigationsfläche um 60% seit
1978 hat Afghanistan von einem
Land, das sich nahezu selbst mit
Nahrungsmitteln versorgt, zu einem
größeren Importeur von Getreide,
Obst und Gemüse gemacht.
Seit 2001 hat der Agrarsektor
seine Produktion durch den Einsatz
verbesserter Anbaumethoden und
Düngemitteln gesteigert. Die Erträge sind aber stark abhängig von
den Witterungsbedingungen; so war
2008 ein Dürrejahr. Hinzu kommen
Wassermangel und unzureichende
Transport- und Lagerkapazitäten.
Das afghanische Ministerium für
ländlichen Wiederaufbau und
Entwicklung gründete 2003 das
National Solidarity Program, das
von afghanischen und internationalen Nichtregierungsorganisationen
umgesetzt wird. Dazu hat das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) bislang 44 Mio. Euro beigesteuert.
Produktion
Sortenvielfalt und Qualität des
afghanischen Obstes sind berühmt.
Wichtige Anbauregionen sind die
Oase von Herat, die SchomaliEbene nördlich von Kabul (Weintrauben), die Oase von Kandahar
(Granatäpfel) sowie das Panjshir-Tal
(Aprikosen).
Mit über 83% des Getreideverbrauchs ist Weizen das wichtigste
Grundnahrungsmittel. Er ist zugleich Hauptanbauprodukt, sowohl
auf bewässertem als auch auf
nicht bewässerten Böden. In den
subtropischen Gebieten des Südens
und Südostens kommen Reis,
Gerste und Hülsenfrüchte hinzu. Im
Zuge der beginnenden agrarischen
Modernisierung im 20. Jahrhundert
wurden nicht heimische Anbaupflanzen wie Mais und Kartoffeln
eingeführt, ebenso Baumwolle als
Rohstoffpflanze für die sich entwickelnde Textilindustrie.
kümmel (Cumin) und Süßholz gehören zu den bekanntesten Wildkräutern des Landes. Gemüse spielt im
Anbau eine untergeordnete Rolle.
Es wird von Kleinbauern für den Eigengebrauch und die Vermarktung
auf dem lokalen Basar produziert.
Unter 10% des bewässerten Landes
wird für die Gemüseproduktion
verwendet. Die Boden- und Klimabedingungen in der Region Herat
sind ideal für die Produktion von
Safran. Seit 2004 verdoppelt sich die
Anbaumenge dort jährlich.
Viehzucht wird in Afghanistan
größtenteils extensiv betrieben. Die
Hauptproduzenten sind paschtunische Nomaden, die hauptsächlich
Schafe halten und in Wanderwirtschaft zwischen den Sommerweiden des zentralen Hochlandes und
den wintermilden Steppen des
Südwestens beziehungsweise der
pakistanischen Indusebene ziehen.
Das ausgedehnte, aber meist karge
Grasland bietet für diese Nutzung
gute Voraussetzungen. Die Zahl der
Nomaden wird auf 1 Mio. geschätzt,
der Anteil der Tierproduktion an der
gesamten (wertmäßigen) Agrarproduktion auf etwa 30%. Lederverarbeitung gehört zu den bedeutenden
ländlichen Einkommensquellen.
Afghanistan gilt weltweit als einer
der Hotspots der Biodiversität:
In dem Land kommen über 4.000
Pflanzenarten vor. Fast ein Drittel
davon ist endemisch, also ausschließlich dort heimisch. Kreuz-
Germany Trade & Invest www.gtai.de 15
Landwirtschaft
gel nach Pakistan stark in Mitleidenschaft gezogen.
Landwirtschaftliche Produktion 2008
Produkt
Wert (Mio. US$) *) Produktion (1.000 t)
Weizen
376,0
2.623,0
Kuhmilch
348,3
1.390,8
Rindfleisch
275,0
132,3
Lammfleisch
171,9
86,9
Trauben
162,4
364,4
Gemüse (frisch), sonstiges
112,6
699,9
Reis
82,9
612,0
Ziegenfleisch
63,3
41,6
Schafsmilch
55,0
162,0
Mandeln mit Schale
43,9
42,0
Beeren, andere
39,2
47,0
Kartoffeln
37,7
280,0
Ziegenmilch
34,0
112,8
Sesamsamen
27,7
32,0
Baumwolle
27,5
18,5
Hähnchen
24,2
20,7
Gerste
23,3
333,0
Mais
22,2
280,0
Wassermelonen
20,9
200,0
Wolle, ungewaschen
16,2
12,8
*) Basis: internationale Preise
Quelle: Food and Agriculture Organization (FAO) (http://faostat.fao.org/site/339/default.aspx)
Fast alle Ziegen sind KaschmirZiegen. Die Qualität der Faser ist
hochwertig und liegt dicht hinter der
aus der Mongolei und China. Afghanistan ist der drittgrößte Produzent
von Kaschmir-Faser. Rinderhaltung
ist häufig als Nebenerwerb bei Kleinbauern der bewässerten Flussoasen
zu finden. Kleinviehhaltung (Hühner,
Ziegen) ist im ganzen Land bis in
städtische Milieus hinein verbreitet.
Forstwirtschaft gibt es kaum noch.
Die ökologischen und ökonomischen
16 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Konsequenzen (Erosion, Mangel an
Brennmaterial und Bauholz) sind
schwer kalkulierbar und machen Wiederaufforstung zu einem
wichtigen Aspekt. Die bestehenden
Waldgebiete liegen im östlichen
Landesteil, in Höhen ab 2.000 bis
4.000 m. Die Bestände, welche die
Food and Agriculture Organization
der Vereinten Nationen (FAO) für
1992 mit 1,9 Mio. ha angegeben hat,
sind durch Raubbau (zur Brennholzgewinnung), Überweidung und
jahrzehntelangen Kantholzschmug-
Außenhandel
Der bedrückende Zustand von
Afghanistans Landwirtschaft und
weiterverarbeitenden Branchen
zeigt sich im Außenhandel. Mit dem
Hauptausfuhrprodukt Obst (getrocknet und frisch) verdiente Afghanistan
2008 im Ausland gerade einmal 286
Mio. US$, so die nationale Statistik.
Gleichzeitig summierten sich die
Nahrungsmittelimporte auf 500
Mio. US$. Die FAO, die ihren Zahlen
andere Berechnungen zugrunde legt
und den illegalen Handel mit Daten
der Partnerländer besser erfasst,
kommt für 2008 gar auf Lebensmittelimporte von über 1,5 Mrd. US$.
Die Daten zeigen auch, dass die Agrargüter bisher kaum weiterverarbeitet werden: Während Afghanistan
viele Nahrungsmittel importieren
muss, stehen auf der Ausfuhrliste
praktisch nur landwirtschaftliche
Roherzeugnisse. Bei Grundnahrungsmitteln ist Afghanistan seit
dem Krieg im Wesentlichen auf
Importe angewiesen. Davor war das
Land in der Lage, sich mit allen wesentlichen Nahrungsmitteln selbst
zu versorgen und in Einzelsegmenten sogar Weltmarktführer zu sein.
Bis in die 1980er-Jahre hatten
afghanische Trockenfrüchte einen
Weltmarktanteil von nahezu 60%.
Stark war das Land vor allem bei
Rosinen, Aprikosen und Mandeln.
Heute scheitert eine Verwertung für
den Export an der unzureichenden
Weiterverarbeitung der Früchte, sodass afghanisches Obst außerhalb
der Landesgrenzen relativ selten
angeboten wird.
Der Agrarsektor war schon immer
der wichtigste Teil der afghanischen
Exportwirtschaft und wird dies
auch auf absehbare Zukunft hin
bleiben. Grund ist der Reichtum an
natürlichen Ressourcen, die ideale
Rahmenbedingungen für die Produktionen von Trockenfrüchten und
Nüssen liefern, sowie die räumliche
Nähe zu stark wachsenden Märkten
(VR China, Indien, Pakistan, Iran), in
denen Afghanistan historisch eine
gute Marktposition hat.
Geschäftschancen für
deutsche Firmen
Relativ kurzfristige Geschäftsmöglichkeiten bieten in Afghanistan
der Einkauf landwirtschaftlicher
Produkte und der Handel damit.
Häufig fehlt es dafür an den notwendigen Strukturen in Produktion und
Infrastruktur. Deshalb ist auch für
Investitionen in Agribusiness und
Weiterverarbeitung viel Platz.
Das Land ist dem Codex Alimentarius beigetreten, dem internationalen
Hygienestandard der FAO. Es hat die
wesentlichen, international gültigen
Hygienevorschriften für Nahrungsmittel in Kraft gesetzt. Dadurch muss
der gesamte Sektor der Lebensmittelverarbeitung inklusive Transport
und Handel grundlegend erneuert
werden. Vorreiter, die in moderne
Weiterverarbeitungstechnologien
investieren, genießen viele Vorteile.
Dadurch ergeben sich Investitionsund Absatzmöglichkeiten für deutsche Unternehmen.
Importe von landwirtschaftlichen Gütern und Nahrungsmitteln 2008
Güter
Menge (1.000 t)
Wert (Mio. US$) *)
Weizenmehl
865,33
524,62
Weizen
695,63
250,00
Pflanzenöl, ungehärtet
108,29
132,09
Palmöl
102,80
98,00
35,98
90,20
232,46
72,00
8,06
61,53
12,00
51,55
106,89
44,84
Hähnchenfleisch
32,32
35,81
Gebäck
12,42
25,00
Nichtalkoholische Getränke
43,69
21,09
Öl aus Gemüseerzeugnissen
19,52
20,00
Eier in der Schale
17,31
18,63
Süßwaren
9,17
17,49
Tabakprodukte, sonstige
1,70
14,19
Sojaöl
10,90
11,00
Rapsöl
6,00
8,00
15,55
7,80
2,22
7,03
Tee
Zucker, raffiniert
Zigaretten
Lebensmittel, sonstige
Reis
Hülsenfrüchte
Milchpulver
*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Importdaten laut Afghanistan Statistical Yearbook 2009-10 ab
Quelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)
Germany Trade & Invest www.gtai.de 17
Landwirtschaft
Exporte von landwirtschaftlichen Gütern 2008
Güter
Menge (1.000 t )
Wert (Mio. US$)*)
27,13
30,43
Getrocknete Feigen
4,49
28,76
Pistazien
3,26
24,56
Geschälte Mandeln
2,92
14,78
Trockene Aprikosen
3,98
9,67
Baumwolle
8,83
9,50
62,95
7,20
Mandeln mit Schale
3,29
6,44
Geschälte Walnüsse
0,76
3,82
27,30
3,33
8,78
3,02
17,91
2,56
Sesamsamen
4,00
2,50
Anis, Fenchel und Koriander
1,99
1,84
Frisches oder getrocknetes Gemüse
3,27
1,76
Äpfel
10,79
1,40
Melonen, sonstige
20,08
1,39
Trockenfrüchte, sonstige
1,14
1,23
Hülsenfrüchte, sonstige
4,02
0,81
Frisches Gemüse, sonstige
6,64
0,58
Rosinen
Trauben
Aprikosen
Frisches Obst, sonstiges
Kartoffeln
*) Basis: internationale Preise; Werte weichen von Exportdaten laut Afghanistan Statistical Yearbook 2009-10 ab
Quelle: FAO (http://faostat.fao.org/site/342/default.aspx)
18 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Bei der Lebensmittelverarbeitung
gibt es viel Bedarf, um Produkte
kühlen, sortieren, trocknen und
verpacken zu können, sie hygienisch einwandfrei zu machen und
zu graden (mit einem Bildverarbeitungssystem analysieren). Dies gilt
vor allem für Obst, Fleisch, Milch,
Nüsse und Getreideprodukte für den
nationalen Markt.
Gefragt ist besonders die Verarbeitung von Milch, um Käse, Butter,
Joghurt, Milchpulver, Eiscreme etc.
herzustellen. Benötigt ist außerdem
technische Unterstützung beim
Sammeln und Transport, bei der
Aufbewahrung, Pasteurisierung und
der Qualitätskontrolle. Die heutigen
Produzenten sind eher kleine Unternehmer, die nur lokale Märkte
bedienen können. Die Milchproduktion wächst kräftig, der Milchpreis
hat sich in den letzten fünf Jahren
mehr als verdreifacht.
Bei Tomaten existieren technische
Defizite in den Bereichen Sonnentrocknen, Kühllagerhaltung, Qualitätskontrolle sowie Hygiene bei der
Produktion. Gefragt ist die Weiterverarbeitung zu Ketchup, Saucen,
Saft und Paste. Für die Verarbeitung
von Mandeln, die traditionell im
Land sortiert werden, fehlt moderne
Technik etwa zum Entfernen der
Schale. Zudem sind keine Verpackungen erhältlich. Mandeln
wachsen oft wild in den Bergen Afghanistans und sind sehr wertvoll;
besonders Mandelöl erzielt einen
hohen Exportpreis.
Oliven in Kanistern und Gläsern
sowie Olivenöl als Lebensmittel wie
auch als Kosmetikprodukt haben
hohes Marktpotenzial in Europa und
China. Der momentane Preis liegt
zwischen 3,30 und 5,90 US$ pro
Kilo. Investoren sind gesucht, um
aus Sonnenblumenkernen Öl, Kosmetika sowie Biodiesel zu produzieren. Spezielle Notwendigkeit gibt es
für technische Ausrüstungen zum
Entfernen der Schalen sowie zum
Ölpressen, Rösten, Grading und
Verpacken, ebenso bei Marketing,
Transport und Export.
Bei Schnitt- und Topfblumen sowie
Blumenessenzen und Extrakten
werden vielversprechende Investitionen prognostiziert. Möglichkeiten
für technische Verbesserungen
existieren bei der Gewinnung und
Vermarktung von Rosenöl. Ein Kilo
reines Rosenwasser kostet 7.500
US$. Als lohnend sehen Experten
die Kultivierung von Obstbäumen
an. In der Forstwirtschaft gelte dies
für Wiederaufforstungen und die
Produktion von Brennmaterialien.
Kaschmir, Seide, Karakulfell, Yakund Schafwolle lassen sich gewinnbringend spinnen, weben und zu
hochwertigen Textilien in Handarbeit und Manufaktur weiterverarbeiten. Technische Unterstützung wird
benötigt beim Züchten, Wollesammeln und bei der Kaschmirverarbeitung, etwa beim Waschen. Die
heutige Produktion von Kaschmirwolle ließe sich verdoppeln, da nur
30% der Schafe geschoren werden.
Zudem sind Preissteigerungen
möglich.
Für die Verarbeitung von Leder,
das vorwiegend von Ziegen und
Schafen stammt, herrscht Bedarf
bei Pflanzengerbung und Weiterverarbeitung in Manufakturen. Das
Fell des Karakulschafs ist eines der
hochwertigsten Produkte Afghanistans. Investitionsbedarf ist nötig
für den Aufbau von Sammelstellen
sowie das Marketing, namentlich
die Vermarktung im Ausland.
Bei Verpackungen ist das Geschäftspotenzial für die meisten
Produkte riesig. Die Nachfrage nach
landwirtschaftlichen Produkten ist
im Land groß, aber Afghanistans
Verpackungsindustrie liefert bisher
fast nichts, weshalb 20 bis 40% der
Produktion verschwendet werden.
Geschäftschancen gibt es generell
beim Einkauf und Handel von (Heil-)
Kräutern und Gewürzen (Safran,
Cumin, Süßholz), Blumen, Medizinpflanzen, Trockenfrüchten sowie
hochwertigen Pflanzenölen aus
Wildsammlung. Beim Export gilt
dies besonders für Destinationen im
arabischen Raum, Zentralasien und
Europa.
Lohnenswert erscheint der Handel
mit manchen Bioprodukten. Honig
als Lebensmittel oder für Kosmetika sowie Bienenwachsprodukte sind
im Ausland gefragt. Investitionen
sind gefragt im Filtern und Grading,
in der Weiterverarbeitung und bei
Zuchtmethoden. Die Honigproduktion eröffnet in Afghanistan
weiblichen Arbeitskräften einen üblicherweise schwierigen - Zugang
zum Arbeitsmarkt.
In der Landtechnik werden Traktoren und Pflüge nachgefragt. Profitabel zu verkaufen sind außerdem
Germany Trade & Invest www.gtai.de 19
Landwirtschaft
Anlagen für die Getreidesäuberung
sowie Siebausrüstungen für Mehl.
Eine relativ wichtige Branchenmesse war in der Vergangenheit
die AgFair (www.agfair.af), die
jährlich in Kabul und teilweise auch
in anderen Städten stattgefunden
hatte. Allerdings ist nicht bekannt,
ob und wann 2011 und später eine
Veranstaltung geplant ist. International sind die Nürnberger „BioFach“
und die „Grüne Woche“ in Berlin
von Bedeutung für Afghanistans
Landwirtschaft.
Kontaktadressen
Afghanistan Chamber of Commerce & Industries
Export Promotion Agency of
Afghanistan
Internet: www.acci.org.af
Internet: www.epaa.org.af
Landwirtschaftsmesse in Afghanistan: AgFair
Ministry of Agriculture, Irrigation
and Livestock
Internet: www.agfair.af
Internet: www.mail.gov.af
Enterprise Development Program
(AREDP)
Ministry of Rural Rehabilitation
and Development
Internet: www.aredp.org
Internet: www.mrrd.gov.af
Foto: © GIZ
Hermann van Boemmel, Elisaveta
Kostova (Deutsche Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit)
20 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Bergbau
Bergbau
Allgemeine Lage und
Bedeutung
Der Anteil des Bergbaus an Afghanistans Bruttoinlandsprodukt
beträgt derzeit weniger als 0,3%.
Die Bedeutung des Sektors für die
Versorgung des internationalen
Marktes geht damit aktuell gegen
null. Obwohl das Rohstoffpotenzial
Afghanistans schon früh erkannt
wurde, sind deutliche Bemühungen zu dessen Nutzung erst seit
der Invasion und Stabilisierung des
Landes seit 2001 erkennbar. Bisher
gibt es kaum Großprojekte und auch
nur wenige kleine Vorhaben. Gründe
sind die prekäre Sicherheitslage,
schlechte Infrastruktur, weite Entfernungen sowie Fachkräftemangel.
Foto: © GIZ
Mittlerweile prognostizieren Beobachter jedoch, dass der Rohstoffabbau eine der wichtigsten und nachhaltigsten Einkommensquellen für
die afghanische Wirtschaft werden
kann. Die in der Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe
(BGR) angesiedelte Deutsche Rohstoffagentur (DERA) rechnet damit,
dass Afghanistan, angesichts der
langen Vorlaufzeiten in der kapitalintensiven Branche, in fünf bis zehn
Jahren zunehmende Bedeutung als
Rohstoffproduzent erlangen könnte.
Wert und Umfang des Gesamtbestandes von Mineralien können nur
grob geschätzt werden, da in weiten
Teilen des Landes bislang noch
keine Exploration stattgefunden hat.
Die geologischen Studien zeigen
zwei große Mineraliengürtel. Einer
erstreckt sich vom Nordwesten
zum Nordosten (Badakhshan). Er
beinhaltet Eisen, Kupfer, Gold sowie
Ablagerungen von Zinn und Wolfram. Der zweite Gürtel reicht von
Kabul nach Kandahar und umfasst
Kupfer, Gold, Chromit, Edelsteine
sowie Molybdän. Die beiden größten
Mineralien-Lagerstätten sind das
Kupfervorkommen Aynak und das
Eisenerzvorkommen Hajigak.
Produzent werden. Für die Versorgung Europas gälte dies besonders
bei Seltenen Erden, Beryll und
Niob, aber auch bei Graphit, Tantal,
Wolfram, Magnesium und Flussspat. Auch für Baryt könnte sich
Afghanistan zu einem wichtigen
Produzentenland entwickeln.
Eine im September 2010 vorgestellte Analyse der BGR bewertete das
Rohstoffpotenzial von asiatischen
Ländern (ohne GUS und die Türkei)
für die deutsche Wirtschaft. Sie
ergab, dass Afghanistan an siebter
Stelle der insgesamt 24 Länder
liegt, die eine nennenswerte mineralische Rohstoffproduktion in Asien
aufweisen.
Die DERA weist allerdings darauf
hin, dass High-Tech-Rohstoffe in
Afghanistan noch nie speziell exploriert wurden. Der Explorationsstand
für Seltene Erden etwa sei sehr
niedrig. Der U.S. Geological Survey
(USGS) gehe von (ungesicherten)
Ressourcen von rund 1,4 Mio. t Seltenen Erden und 3,5 Mio. t Niob aus.
Afghanistan könnte zumindest bei
Kupfer und Eisen für die Rohstoffversorgung Asiens ein wichtiger
Afghanistans Lithium-Lagerstätten
gehören zu den bedeutendsten der
Welt, und eine Produktion wäre
langfristig möglicherweise relevant
Germany Trade & Invest www.gtai.de 21
Bergbau
für den Weltmarkt. Der Afghan Geological Survey (AGS) berichtet über
zwölf bekannte Pegmatitfelder, die
sich in den Provinzen Laghman,
Nangarhar, Badakhshan und Uruzgan befinden. Das Land ist auch
reich an Rohmaterialien für die
Zementherstellung. Der anhaltende
Bauboom sorgt für eine ausreichende Nachfrage.
Die Edelsteinindustrie Afghanistans war vor 1979 von weltweiter
Bedeutung. Dies gilt besonders für
Lapislazuli, aber auch für Smaragde
und Rubine. Heutzutage werden
laut DERA 95% der Edelsteine
aus dem Land geschmuggelt und
gehen, hauptsächlich zur weiteren
Verarbeitung, nach Pakistan. Die
meisten Edelsteine kommen aus
dem Nordosten. Die Skarn-Lazuritlagerstätte Sary-Sang in der Provinz
Badakhshan enthält den Angaben
zufolge noch rund 1.300 t Lapislazuli, bei einer Jahresproduktion von
derzeit 9 t.
Laut Bergbauministerium gibt es in
Afghanistan folgende Bodenschätze
von wirtschaftlicher Bedeutung:
Bauxit, Blei, Chrom, Eisen, Erdgas,
Gold, Kalkstein, Kohle, Kobalt,
Kupfer, Lithium, Marmor, Molybdän,
Öl, Phosphat, Seltene Erden, Silber,
Uran, Wismut, Wolfram, Zink und
Zinn.
Gesetzlicher Rahmen
Um ein schnelles und effizientes Wachstum des Bergbaus zu
ermöglichen, verabschiedete sich
die afghanische Regierung vom
System der Staatswirtschaft aus
Zeiten der Sowjetherrschaft. Das
Bergbauministerium tritt nunmehr
als Vermittler für Privatinvestitio-
22 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
nen und als Regulierungsbehörde
auf. Allerdings ist die Privatisierung
afghanischer Staatsbetriebe, die
bislang große Teile der natürlichen
Ressourcen kontrollierten, noch
nicht abgeschlossen.
Im Jahr 2006 verabschiedeten die
Behörden neue Gesetze, um den
Abbau von Rohstoffen formal zu
ordnen. Seither regelt das „Minerals
Law of Afghanistan“ die Eigentümerschaft und Verwaltung aller
Rohstoffe außer Kohlenwasserstoffen und Wasser, die in separaten
Gesetzten behandelt werden. Die
Regierung im Allgemeinen und das
Ministry of Mining im Besonderen
sollen dabei den effizienten Aufbau
der Abbauindustrie fördern und
verwalten - nicht jedoch selbst als
Betreiber tätig werden. Das Gesetz
bietet Eigentümern von Abbaurechten Schutz gegen Enteignung. Damit
verpflichtet sich die Regierung, im
gegebenen Fall Kompensationen
entsprechend internationaler Normen zu zahlen.
Die Enteignungsgarantien sind
allerdings sehr gering und dürften
ausländische Investoren kaum beruhigen. Beim milliardenschweren
Kupferprojekt Aynak etwa würde
das chinesische Gewinnerkonsortium nur 16 Mio. US$ Entschädigung
erhalten. Die Höhe der Lizenzgebühr beziffert das Gesetz mit 5%
des Bruttoumsatzes für Mineralien
und 10% für Edelsteine. Eine Revision des Gesetzes ist noch für 2011
geplant.
Im Februar 2010 wurde Afghanistan
als Kandidatenland der RohstoffTransparenzinitiative EITI (Extractive
Industries Transparency Initiative)
akzeptiert. Gemäß der EITI-Standards verpflichtet sich das Land
damit, alle Zahlungen von Rohstoff
explorierenden und gewinnenden
Unternehmen an den Staat, etwa
Steuern und Förderabgaben, zu
veröffentlichen.
Regelung des
Vergabeprozesses
Die Entscheidung, ein Gebiet zum
Abbau von Rohstoffen auszuschreiben, liegt bei der Regierung. Soll
eine Abbaulizenz vergeben werden,
ist eine öffentliche Ausschreibung
Pflicht. Einschränkungen zur
Teilnahme am Ausschreibungsverfahren sind in Artikel 16 des Mineral
Law spezifiziert, Afghanistan ist an
diesem Punkt jedoch vergleichsweise liberal. In jeder Ausschreibung
kann die Teilnahme am Vergabeverfahren konkret eingeschränkt
werden, beispielsweise in Bezug auf
die Mindestgröße teilnehmender
Unternehmen oder die Mindesthöhe
der Investition.
Das Auswahlkomitee ist zu Fairness und Nicht-Diskriminierung
verpflichtet. Es entscheidet laut
Vorgaben auf der Grundlage des
größten Nutzens für Afghanistan
und anhand folgender Kriterien:
n
Arbeitsplan und Investition
technische und finanzielle
Kapazität der Bieter
n Erfahrung der Bieter
n andere sozio-ökonomische Vorteile für den Staat, also etwa
Kompensationen für Umsiedlun gen, Anzahl der Arbeits- und
Ausbildungsplätze für Afghanen,
Ausbau der lokalen Infrastruk tur, Planung zur Umweltverträglichkeit.
n
Ausschreibungen finden in zwei
Runden statt. Zunächst bittet das
Ministerium um Interessensbekundungen (Expression of Interest).
Diese umfassen die Basisdaten
des Unternehmens bezüglich der
finanziellen und technischen Fähigkeiten. Firmen, die als akzeptable
Bieter ausgewählt werden, zahlen
eine Gebühr, deren Höhe sich nach
der Ausschreibung bemisst. Sie
erhalten zudem weitergehende
Informationen zum aktuellen Stand
der Exploration. Auf dieser Grundlage erstellen die Bieter ein Angebot,
von denen das Ministerium eines
auswählt. Gelegentlich wird die zur
Ausschreibung stehende Fläche in
Blöcke unterteilt, sodass Firmen auf
die gesamte Fläche oder bestimmte
Parzellen bieten können.
Die Ausschreibung von Abbaulizenzen wird unter anderem auf
der Website des Ministry of Mines
angekündigt. Hier finden sich auch
weitergehende Informationen zu
jeder Ausschreibung.
Neben dem Ministry of Mines ist
der AGS die wichtigste Behörde für
den Rohstoffabbau. Er erforscht und
kartographiert Rohstoffvorkommen.
Seit 2008 wurden jedoch keine Berichte mehr veröffentlicht. In seinen
Anfängen wurde der AGS durch den
British Geological Survey über das
British Government’s Department
for International Development unterstützt.
Chancen und Herausforderungen für deutsche Firmen
Im Bergbau wurden bisher erst für
einen sehr kleinen Teil der Vorkommen Konzessionen vergeben. Die
Regierung und manche Beobachter gehen aber davon aus, dass es
in den nächsten Jahren zu einer
Vielzahl von Einzelausschreibungen
kommt. Bei den bereits vergebenen
Konzessionen befindet sich der
Bau der zur Förderung benötigten
Infrastruktur noch in den Anfängen,
sofern überhaupt schon investiert
wurde. Die Projekte dürften daher
relativ teuer werden, mit hohen
Ausgaben für Infrastruktur, Abbautechnologie, Maschinen, Material
und Beratung.
Bis März 2010 erteilten die zuständigen Behörden insgesamt 106
Abbaukonzessionen. Der größte Teil
davon war für den Abbau von Baumaterialien (Sand, Schotter etc.) und
Salz. Lediglich acht Konzessionen
beinhalten die Gewinnung international gehandelter Rohstoffe, nämlich
Kohle, Kupfer und Gold. Die mit der
Konzession verbundene Investition
wird nicht veröffentlicht, und der
Lizenznehmer kann mit den zuständigen Ministerien Vertraulichkeit für
die Dauer der Investition vereinbaren
(Artikel 103 des Mineraliengesetzes).
Möglicherweise lässt sich der Investitionswert jedoch von der Enteignungsgarantie ableiten.
Aus dem Ausland zeichnet sich
ein starkes Interesse chinesischer
Staatsfirmen ab. Unter den Bietern
bei bisherigen Konzessionsvergaben
befanden sich auch Unternehmen
aus Australien, Indien, Russland,
den USA, Kanada sowie Zentralasien. Eine deutsche Firma war auf
den vorliegenden Bieterlisten nicht
vertreten.
Laut DERA werden in letzter Zeit
immer mehr industrielle Bergbauprojekte von einheimischen
Investoren verwirklicht. Im Fokus
stünden die Zementindustrie und
der Goldbergbau. Um ausländische
Investitionen in die Zementindustrie
wirbt die Afghanistan Investment
Support Agency (AISA) in ihrem
Bericht „Main Investment Opportunities in Afghanistan“. Die Zementnachfrage aus dem In- und Ausland,
etwa aus der VR China, wird als
sehr hoch eingeschätzt.
Chinesische Firmen können in Afghanistan relativ sorglos investieren. Sie gehören ganz oder großteils
dem Staat, der langfristig kalkuliert
und die Rohstoffsicherung mit
hoher Priorität versehen hat. Im
Zweifelsfall sind chinesische Staatsfirmen bereit Risiken einzugehen,
die private Investoren nicht tragen
wollen oder können. Westlichen
Zulieferern fällt es üblicherweise
schwer, mit chinesischen Abbaufirmen ins Geschäft zu kommen.
Deutsche Investoren treffen in Afghanistans Bergbau auf mindestens
drei Hindernisse. Am wenigsten
Probleme dürfte noch das Mineraliengesetz mit seiner Vorschrift
bereiten, afghanischen Zulieferern
und Dienstleistern bei gleicher
Eignung den Vorzug zu geben. In
Anbetracht der geringen finanziellen und technischen Kapazitäten
afghanischer Firmen scheint dieser
Punkt beherrschbar.
Wesentlich schwerer wiegt zweitens - die weiterhin kritische
Sicherheitslage. Es kann nicht
ausgeschlossen werden, dass weite
Teile des Landes für Ausländer
unzugänglich bleiben oder wieder
unzugänglich werden und bereits
erworbene Konzessionen daher
nicht genutzt werden können. Stören könnten sich westliche Firmen
in Afghanistan drittens an den Rohstoffinteressen asiatischer Staaten,
insbesondere der VR China.
Germany Trade & Invest www.gtai.de 23
Bergbau
Abbaukonzessionen (ohne Baustoffe und Salz, unvollständig) und Enteignungsgarantien
Firma
Fläche (qkm)
MCC
Rohstoff
Enteignungsgarantie
(Mio. US$)
106,30
Kupfer
16,1
Afghan Investment Company
20,45
Kohle
0,50
Brotheran Mohamand
14,00
Kohle
0,10
Madan Kahran
8,20
Kohle
0,10
Mesaq Sharq
1,92
Kohle
0,10
Aslami
1,90
Kohle
0,10
14,00
Gold
0,05
8,00
Kohle
0,04
West Land General Trading
Brotheran Khushak
Quelle: „List of Mining Contracts“, Ministry of Mines, 7.4.10
Investitionen und
Projekte
Kupfer
Das Aynak-Vorkommen ist womöglich eine der größten noch
nicht erschlossenen Kupferminen
weltweit. Dort befinden sich nach
USGS-Schätzungen von 2009 etwa
490 Mio. t Erz mit einem Gehalt von
durchschnittlich 1,84% und mithin
9 Mio. t Kupfer (Jahresverbrauch
2011 weltweit knapp 20 Mio. t). Das
Vorkommen liegt etwa 30 km östlich
von Kabul und wurde 1974 zum
ersten Mal erforscht.
der Mine hat eine Laufzeit von 30
Jahren. Das Erz soll in Afghanistan
selbst weitgehend zu reinem Kupfer
verarbeitet werden. Die Chinesen
planen einen Jahresausstoß von
Mine und Weiterverarbeitung in
Höhe von 220.000 t elektrolytischem
Kupfer, 100.000 t Kupferkonzentrat
und 300.000 t Schwefelsäure pro
Jahr. Für 2012 war der Anlauf der
Förderanlagen und für 2014 die
vollständige Produktion vorgesehen. Danach steht die Errichtung
der Kupferschmelze an. Es wird
erwartet, dass die Mine nach Inbetriebnahme ein Steuervolumen von
jährlich 400 Mio. US$ generiert.
Nach einer internationalen Ausschreibung wurde die Lagerstätte
2008 von einem chinesischen Konsortium erworben. Es besteht aus
dem Staatskonzern China Metallurgical Group Corporation (MCC, 75%
Anteil) und der Jiangxi Copper Co.
Die Konzession zur Ausbeutung
Das Gewinnerkonsortium versprach
Investitionen von 2,9 Mrd. US$,
wovon die afghanische Regierung
bereits gut 800 Mio. US$ für die
Förderrechte erhielt. Die Chinesen
planen nach Firmenangaben aber
insgesamt über 4 Mrd. US$ auszugeben, weil der Vertrag außer der
24 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Kupfergewinnung und -verhüttung
auch Infrastrukturmaßnahmen vorsieht. Geplant sind Straßen sowie
eine neue Eisenbahnstrecke, die von
Hairatan an der Grenze Usbekistans
über Kabul bis nach Torkham an der
pakistanischen Grenze bei Peshawar führt. Strom soll ein neues
400-MW-Kohlekraftwerk in der
Provinz Bamian über eine ebenfalls
zu bauende Hochspannungsleitung
liefern. Die Hälfte der Erzeugerkapazität ist dabei für den Verbrauch
der Bevölkerung vorgesehen. Während der ersten Betriebsjahre bezieht die Mine ihre Energie laut Plan
aus Dieselgeneratoren. Wohnungen,
Schulen und Kliniken haben die
Investoren ebenfalls versprochen.
Das chinesische Angebot beim
Kupferprojekt Aynak war für die
afghanische Regierung konkurrenzlos gut, auch wenn sich westliche
Firmen bei der Vergabe über eine
angebliche Bevorzugung der chinesischen Konkurrenz beschwerten.
Für die Erstellung der zum Abbau
notwendigen Infrastruktur werden
mindestens fünf Jahre veranschlagt.
Gegenwärtig laufen laut MCC Annual Report 2010 die Vorarbeiten zum
Aufbau des Bergwerks. Die Umweltverträglichkeitsstudie ist demnach
bei den Behörden eingereicht, aber
noch nicht genehmigt worden.
Eisenerz
Das Eisenerzvorkommen Hajigak
liegt in der gebirgigen Provinz
Bamian, etwa 130 km westlich
von Kabul und auf großer Meereshöhe in schwer zugänglichem
Gebiet. Hajigak gilt als größte
noch nicht entwickelte Lagerstätte Asiens. Nach Schätzungen aus
der Sowjetzeit taxiert der USGS
das Vorkommen auf 2,2 Mrd. t mit
einem Eisengehalt von 63 bis 69%.
Mit Nutzung der Ressourcen würde
Afghanistan zu einem führenden
Eisenerzproduzenten aufsteigen. Allerdings handelt es sich dabei nicht
um gesicherte Erkenntnisse, da sie
auf Proben aus wenigen Borlöchern
basieren. Sowjetische Studien ergaben, dass Tagebau möglich ist.
Das Ausschreibungsverfahren läuft.
Einsendeschluss der Interessenbekundung war im Januar 2011, über
die Vorrunde soll Anfang August
2011 entschieden werden. Die
Ausschreibung ist in mindestens
drei Blöcke unterteilt. Teilnehmende Unternehmen verpflichten sich
zu einer Mindestinvestitionssumme
über zumindest drei Jahre und mit
jährlichen Mindestinvestitionen.
Nach erfolgreicher Exploration vergibt das Bergbauministerium eine
Abbaulizenz. Die Regierung befürwortet eine phasenweise, vertikale
Ausweitung der Investitionen auf
die Eisen- und Stahlproduktion.
Sie hofft auf Investoren, die finanziell, technisch und unternehmerisch
den Anforderungen gewachsen
sind. Unternehmen mit technischer
Kompetenz in Exploration und Entwicklung können bevorzugt werden.
Von den Investoren wird erwartet,
aktiv an Infrastrukturmaßnahmen
teilzunehmen. Diese umfassen den
Ausbau des Schienenverkehrs und
die Elektrizitätserzeugung auf Basis
von Kohle, Gas oder Wasserkraft
durch öffentlich-private Kooperation, bei denen Explorationsunternehmen als Schlüsselpartner
gesehen werden.
Berichten zufolge haben mindestens 23 Unternehmen Interesse
bekundet, davon 15 aus Indien, mit
teilweise massiver Unterstützung
der indischen Regierung.
Chrom
Ein Explorations- und Abbauvertrag
für die Chromminen bei Gadakhil
wurde am 17.3.11 zwischen dem
Bergbauministerium und der afghanischen Firma Hewad Brothers
unterzeichnet. Die Vertragslaufzeit
beträgt 18 Jahre. Hewad Brothers
hat sich verpflichtet, 30 Mio. US$ zu
investieren und 26% des Werts der
abgebauten Rohstoffe an die afghanische Regierung abzuführen.
Der Abbau beginnt nach Abschluss
der Exploration, spätestens jedoch
innerhalb von drei Jahren. Die Veredelung des geförderten Materials
wird zu 60% in Afghanistan stattfinden, die Maschinen dafür importiert
Hewad den Plänen zufolge aus der
Türkei.
Erdöl, Erdgas
Den Gewinner der laufenden Ausschreibung für das Ölfeld Amu Darya
im Nordosten Afghanistans hofft das
Bergbauministerium Ende Juli 2011
bekanntgeben zu können. Für Exploration und Produktion hatten sich im
April fünf Unternehmen qualifiziert:
Buccaneer (Australien), CNPC (VR
China), Petroleum Exploration (Pakistan), Schlumberger (Frankreich)
und Tethys (Vereinigtes Königreich).
Das Ölfeld ist in drei Blöcke unterteilt und hat geschätzte Ressourcen
von 80 Mio. Barrel. Einer der drei
Blöcke (Kashkari) beinhaltet das
Feld „Angot“, auf dem derzeit schon
produziert wird, sowie zwei weitere
Felder, bei denen die Vorbereitung
zur Förderung schon teilweise
stattgefunden hat. In den anderen
beiden Blöcken wurde bislang nicht
produziert. Es ist wahrscheinlich,
dass sich in allen drei Blöcken noch
weitere, bislang unbekannte Ölund Gasvorkommen befinden. Die
afghanische Regierung hofft nach
Amu Darya auf weitere Ausschreibungen in der Branche.
Wie bei den bisherigen Ausschreibungen werden die Verträge vorsehen, dass ein bestimmter Anteil
am Rohstoffwert an die afghanische
Regierung abzuführen ist. Für
bekannte und unbekannte Vorkommen werden dabei unterschiedliche
Prozentsätze angelegt.
Die AISA sieht daneben Investitionsmöglichkeiten beim „TurkmenistanAfghanistan-Pakistan (TAP) Natural
Gas Project“, das von der Asian
Development Bank unterstützt wird.
Es handelt sich dabei um eine rund
Germany Trade & Invest www.gtai.de 25
Bergbau
1.800 km lange Gas-Pipeline, die
jährlich einmal 33 Mrd. cbm Erdgas
vom südöstlichen Teil Turkmenistans an die Verbraucher in Afghanistan und Pakistan bis hin an die
indische Grenze liefern soll. Nach
derzeitigen Planungen würde die
Pipeline 7,6 Mrd. US$ kosten.
Afghanistan hat laut DERA nur
geringe Reserven an Erdöl in der
Größenordnung von 10 Mio. t in
den weitgehend ausgeförderten
Feldern im Norden. Die Förderung
ist demnach unbedeutend, sie soll
2008 laut USGS rund 20.000 Barrel
betragen haben. Die Erdgasressourcen schätzt die DERA auf 500 Mrd.
cbm, die Reserven auf 85 Mrd. cbm,
Kontaktadressen
Afghanistan Investment Support
Agency
Internet: www.aisa.org.af
Ministry of Mines, The Islamic
Republic of Afghanistan
Veröffentlichung von aktuellen
Ausschreibungen
Internet: www.mom.gov.
af/?page=tenders&lang=en.
Investment Promotion Department (IPD) of the Afghan Ministry
of Mines (Unterstützung der
Investoren)
was halb so viel wie die Deutschlands sei. Erdöl und -gas werden
hauptsächlich in Nordafghanistan
vermutet.
Gold
Ende 2010 billigte die afghanische
Regierung nach Pressemeldungen
ein millionenschweres Abkommen
zur Ausbeutung von Goldminen im
Norden des Landes. Das Projekt
sei das erste in Afghanistan, hinter
dem private westliche Investoren
stünden, die meisten aus den USA
und dem Vereinigten Königreich. Die
etwa zehn Firmen investieren nach
Angaben des Bergbauministeriums
in Kabul schätzungsweise 50 Mio.
US$ in das Projekt, das im Bezirk
In der benachbarten Provinz Thakar
plant nach Informationen der DERA
ein afghanisches Bergbauunternehmen eine Investition von 40 Mio. US$,
um Seifengold zu gewinnen. Dies ist
laut Presseinformationen Afghanistans einzige andere Goldmine.
Steffen Arnold, Liane Hryca und Birgit
Seibel (Deutsche Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit), mit
Zusatz-Informationen der Deutschen
Rohstoffagentur
Informationsquellen
Afghanistan Economic Update,
The World Bank, Dec. 2010
Ministry of Mines, The Islamic
Republic of Afghanistan
Afghanistan Geological Survey
Business Plan 2010 - 2015, Synopsis
Internet: www.bgs.ac.
uk/afghanminerals/
Übersicht über die Vorkommen:
Internet: http://minerals.usgs.
gov/minerals/pubs/country/2006/
myb3-2006-af.pdf
Main Investment Opportunities in
Afghanistan
Afghanistan Investment Support
Agency
Internet: www.aisa.org.af
26 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Dushi in der Provinz Baghlan etwa
130 km nördlich von Kabul liegt.
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
Deutsche Rohstoffagentur
Internet: www.bgr.bund.de, www.
deutsche-rohstoffagentur.de
Infrastruktur
Infrastruktur
Die Entwicklung der Infrastruktur
ist eines der wichtigsten Ziele in der
nationalen Entwicklungsstrategie
Afghanistans. Darunter fallen unter
anderem die Kategorien Transport
und Logistik, Energie, Wasser, Bau
sowie Informations- und Kommunikationswesen. Den Infrastrukturbedarf des Landes schätzt die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) für
2010 bis 2013 auf etwa 4 Mrd. US$.
Transport / Logistik
Straßen
Afghanistan verfügte 2006 nach CIAAngaben über ein Straßennetz von
insgesamt 42.150 km, wovon etwa
12.350 km asphaltiert waren. Das
Fernstraßennetz wird derzeit rundum erneuert, um weite Teile des
Landes wieder zugänglich zu machen und für den Handel zu öffnen.
Das letzte Teilstück einer insgesamt
2.700 km langen Ringstraße, die
die großen Städte Kabul, Kandahar,
Herat und Mazar-e-Sharif verbindet, wird aktuell im Nordwesten des
Landes fertiggestellt.
Flugverkehr
Im Land sind 34 Flughäfen in Betrieb, von denen 19 über asphaltierte Start- und Landebahnen
verfügen. Internationale Flughäfen
befinden sich in Kabul, Kandahar,
Herat, Mazar-e Sharif und Jalalabad. Der größte afghanische Flughafen in Kabul wurde 2008 mit japa-
Foto: © ACCI
Weil Afghanistan zum großen Teil
aus Gebirge oder Wüste besteht,
stellte unzureichende Infrastruktur lange Zeit eines der größten
Hindernisse für die wirtschaftliche
Entwicklung insbesondere des Hinterlands dar. Nach dem 2. Weltkrieg
und bis in die 1970er-Jahre wurde
mit sowjetischer und US-amerikanischer Unterstützung ein Straßennetz
aufgebaut, das die wesentlichen
Handels- und Produktionsstätten
des Landes verband und den Zugang
zu den Nachbarländern sicherstellte.
Während des Bürgerkriegs sind viele
dieser Straßen durch Zerstörung
oder Vernachlässigung unbefahrbar
geworden. Seit Beginn des Wiederaufbaus 2001 wird landesweit mit
internationaler Hilfe daran gearbeitet, wesentliche Straßen und weitere
Infrastruktur wiederherzustellen und
zum Teil neu zu errichten.
Germany Trade & Invest www.gtai.de 27
Infrastruktur
nischer Unterstützung modernisiert
und erweitert. Gemeinsam mit den
Vereinigten Arabischen Emiraten
und Australien trägt das deutsche
Auswärtige Amt (AA) zum Ausbau
des zweitgrößten zivilen Flughafens
Afghanistans in Mazar-e Sharif bei,
was 49 Mio. Euro kostet. Zudem
entsteht dort das landesweit erste
Cargoterminal an einem Flughafen.
Die staatliche Fluggesellschaft ist
Afghan Ariana Airlines. Darüber hinaus operieren verschiedene private
Fluggesellschaften, darunter KAM
Air, Pamir Airways und Safi Airways.
Die Europäische Union verhängte
aufgrund von Sicherheitsbedenken
im November 2010 ein Landeverbot
für alle afghanischen Fluglinien.
Schienenverkehr
Von der Errichtung eines Schienennetzes wurde in Afghanistan aus
Angst vor Missbrauch und Übernahme durch feindliche Mächte lange
Zeit abgesehen. Bis vor kurzem gab
es nur eine kurze Breitspurstrecke
vom usbekischen Termez über den
Grenzfluss Amu Darya bis in das auf
afghanischem Territorium liegende,
zwölf Kilometer entfernte Hairatan.
Im Sommer 2010 kündigte die afghanische Regierung Pläne an, mit
einem Budget von über 6 Mrd. US$
ein Schienennetz von insgesamt
2.000 km aufzubauen. Ein erstes
Teilstück zwischen Hairatan und
Mazar-e Sharif ging Anfang 2010 für
den Güterverkehr zunächst testweise in Betrieb. Der Bau wurde maßgeblich von der ADB finanziert und
von der usbekischen Eisenbahngesellschaft durchgeführt. Geplant
ist eine Verlängerung zum Bin-
28 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
nenhafen Shir Khan Bandar sowie
eine Verbindung zwischen Mazar-e
Sharif und Kabul. Von Kabul aus soll
die Schienenstrecke weiter nach
Herat im Westen führen, wo gerade
eine Verbindung ins Nachbarland
Iran fertiggestellt wird.
Flussschifffahrt
Afghanistan hat keine Küste, und
die einzigen Binnenhäfen des Landes liegen entlang des Amu Darya
im Norden. Der Fluss stellt die
natürliche Grenze zu Turkmenistan,
Usbekistan und Tadschikistan dar.
Die zwei wesentlichen Binnenhäfen befinden sich in Hairatan an
der Grenze zu Usbekistan und in
Shir Khan Bandar an der Grenze zu
Tadschikistan.
Elektrizität
Die Energieversorgung wurde durch
den Krieg stark beeinträchtigt. Das
Land muss 61% seines aktuellen
Strombedarfs importieren, etwa
35% werden durch Wasserkraft
gewonnen und etwa 4% durch
Heizkraftwerke. So erhält Kabul seit
Januar 2009 Strom aus Usbekistan,
und im Februar 2010 wurde mit dem
Bau einer 220-kV-Übertragungsleitung aus Tadschikistan begonnen.
Das Potenzial für Energiegewinnung aus Wasserkraft, der größten
Energieressource des Landes, wird
langfristig auf 25.000 MW geschätzt,
kurzfristig auf 800 MW.
Über die aktuell installierten Kapazitäten gibt es unterschiedliche Angaben. Sie sind von rund 430 MW (2001)
auf 1.028 MW (September 2009)
gewachsen, so der Fortschritts-
bericht der Bundesregierung, der
den US-Sonderinspekteur für den
Wiederaufbau in Afghanistan als
Quelle nennt. Zugang zum öffentlichen Stromnetz hätten 2007/08
knapp 78% der Stadtbewohner, aber
nur 5,8% der ländlichen Bevölkerung
gehabt. Der nationale Durchschnitt
hätte damit bei 19% gelegen, wobei
Branchenvertreter noch niedrigere Zahlen nennen. Zugang zur
Stromversorgung überhaupt hatten
laut Fortschrittsbericht 42% der
Bevölkerung, nachdem es 2005 erst
23% gewesen waren. Über 70%
der gesamten Elektrizität ist für
die urbanen Zentren bestimmt. Die
Städte Kabul, Mazar-e Sharif, Herat
und Kandahar haben durch gezielten
Wiederaufbau seit 2001 mittlerweile
eine relativ stabile Stromversorgung.
Das deutsche Unternehmen Voith
Hydro erhielt Ende 2003 den 13 Mio.
Euro teuren Rehabilitierungsauftrag
für zwei Wasserkraftwerke, die es
in den 1950er- und 1960er-Jahren
aufgebaut hatte.
Die afghanische Regierung verfolgt
das Ziel, die Strom- und Wasserversorgung auf Basis von kommerziellen Prinzipien lokal zu regeln.
Der Wasserpreis beträgt 5 bis 7 Af
(Afghani; etwa 0,10 Euro; 1 Euro
= 66 Af; Stand Ende Mai 2011) pro
Kubikmeter für diejenigen, die an
die städtische Wasserversorgung
angeschlossen sind, und pauschal
100 Af (1,50 Euro) pro Monat für
Nutzer privater Wasserquellen.
Wasser
Auch die Trinkwasserversorgung
wurde bis 2001 stark vernachlässigt
und in großen Teilen zerstört. Die
Bundesregierung hält die gesetzlichen Rahmenbedingungen in ihrem
Fortschrittsbericht Afghanistan für
nicht ausreichend. Auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene gibt es
kaum Betreiberstrukturen und qualifiziertes Personal mit ausreichender
Erfahrung, um die Infrastruktur
instand zu erhalten. Die Bevölkerung
bezieht ihr Trinkwasser deshalb vielfach über traditionelle Vorrichtungen. Wasser ist knapp und vielerorts
verschmutzt und übernutzt.
Laut National Risk and Vulnerability
Assessment hatten 2007/08 nur 19%
der ländlichen Bevölkerung sowie
58% der Städter Zugang zu sauberem Trinkwasser (nationaler Durchschnitt: 27%). Aus Deutschland
helfen AA und Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit
(BMZ) beim Aufbau der Trinkwasserversorgung in einigen ländlichen
Distrikten sowie in Badakhshan, Herat, Kabul und Kundus. Die Arbeiten
in Herat und Kundus sind weitgehend abgeschlossen. Mittlerweile
wurde das Programm auf weitere
Städte im Norden (Faisabad, Imam
Sahib sowie Balkh) ausgeweitet.
Das BMZ fördert auch die Stärkung
von Management- und Planungskapazitäten bei den Betreibern.
Sehr viel problematischer als beim
Trinkwasser ist laut Fortschrittsbericht die Lage im Bereich der Sanitärversorgung: Nur rund ein Fünftel
der städtischen Bevölkerung könne
auf hygienische sanitäre Anlagen
zurückgreifen, während der Anteil
in der ländlichen Bevölkerung nur
bei knapp über 1% liege (nationaler
Durchschnitt: 5%).
Informations- und
Kommunikationstechnologie (IKT)
Seit 2002 ist der Kommunikationssektor in Afghanistan rasant
gewachsen, insbesondere im Mobilfunkbereich. Das Land verfügte
2009 laut Afghanistan Statistical
Yearbook nur über rund 140.000
Festnetzanschlüsse, die Zahl der
Mobilfunkanschlüsse schätzte
Nokia Siemens Networks (NSN) im
November 2010 aber auf 17 Mio.
Dies kommt einer Durchdringung
von 57% gleich. Zudem wird mit
etwa 1 Mio. aktiven Internetnutzern gerechnet, wobei diese Zahl
aufgrund der immer weiteren
Verbreitung von Internetcafés stetig
ansteigt.
Der größte Telekommunikationsanbieter im Land ist die Firma Roshan
mit 3,8 Mio. aktiven Abonnenten
(Mai 2010). Das private Unternehmen hat von 2004 bis 2010 mit internationaler Unterstützung über 445
Mio. US$ in Afghanistan investiert
und ist der größte Steuerzahler des
Landes. Nach eigenem Bekunden
sollen die nächsten Jahre jeweils
30 Mio. bis 80 Mio. US$ investiert
werden. Als Anbieter mit Schwerpunkt im ländlichen Bereich wolle
man 20 bis 80 zusätzliche Dörfer
und kleinere Städte versorgen.
Ausrüster NSN unterstützt Roshan
durch Beratung sowie Bereitstellung von Netzwerkausrüstung und
Wartungsleistungen. Die beiden
Haupteigner von Roshan sind die
Aga Khan Foundation (51%) und
Monaco Telecom (36,75%).
Ein weiterer Mobilfunkanbieter ist
die Afghan Wireless Communications Company (AWCC). Die Firma
sendet nach Angaben von NSN in
allen Provinzen des Landes und ist
größter privater Investor Afghanistans. Im November 2010 gab
NSN bekannt, für AWCC dessen
2,5G-Netzwerk auszubauen und zu
modernisieren sowie Technik zur
Kunden- und Abrechnungsverwaltung zu liefern. Die Installation der
Technik in den vielfach ländlichen
Regionen übernimmt der Kunde den
Angaben zufolge weitgehend selbst.
Im Jahr 2006 hatte die afghanische
Regierung mit dem chinesischen
Anbieter ZTE ein Abkommen über
64,5 Mio. US$ zur Errichtung eines
landesweiten Glasfasernetzes
unterschrieben. Das Netz soll den
Empfang von Radio und Fernsehen
sowie den Zugang zu Telefonnetz
und Internet erheblich verbessern.
Bauwirtschaft
Die Baubranche stellt einen der
wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des
Landes dar, zumal der Wiederaufbau für viele Aufträge sorgt.
Die Branche wuchs in jüngster
Vergangenheit jedes Jahr um ein
Zehntel und trug 2008 gut 9% zur
Wirtschaftsleistung bei.
Bauprojekte entstehen vor allem
durch den Aufbau der massiven
Militärpräsenz im Land sowie die
großflächigen Wiederaufbauprojekte der afghanischen Regierung.
Darüber hinaus gibt es auch private
Investitionen in größere und kleinere
kommerziell orientierte Projekte,
Germany Trade & Invest www.gtai.de 29
Infrastruktur
zum Beispiel Einkaufszentren und
Wohnanlagen. Wegen der vielfältigen
Bautätigkeit besteht auch eine anhaltend hohe Nachfrage nach Baumaterialien aller Art und Maschinen.
So produzierte das Land 2009 nach
Angaben des U.S. Geological Survey
nur 50.000 t Zement, bei einem Bedarf von geschätzt 2,5 Mio. t pro Jahr.
Chancen für deutsche
Unternehmen
Grundsätzlich birgt Afghanistan ein
hohes Potenzial und geostrategische Vorteile für Investitionen in
die Infrastruktur. Der Wiederaufbau
schafft hohen Bedarf und fördert
zugleich die Stabilität im Land. Dies
wiederum wird die Nachfrage nach
Handels- und Industriegütern im
Land steigern. Durch verbesserte
Infrastruktur und Sicherheit im
Land wird erwartet, dass Afghanistan auch wieder vermehrt als
Umschlagplatz für den Handel mit
Gütern aus dem gesamten zentralasiatischen Raum genutzt wird.
Bei Transport und Logistik erwarten
Beobachter, dass die Nachfrage
nach kommerziellem Personenund Güterverkehrs weiter ansteigt.
Ein besonderer Bedarf im Logistiksektor besteht in der Bereitstellung
von Kühltransporten und Aufbewahrungsanlagen wie Kühlräumen
und Containern. Etwa 20 bis 40%
der geernteten landwirtschaftlichen Produkte im Land verderben
aufgrund mangelnder Aufbewahrung. Laut Afghanistan Investment
Support Agency (AISA) befinden sich
derzeit nur weniger als 50 Kühllaster im Land. Im Bereich Kühlgeräte
engagiert sich vor Ort die deutsche
Firma Viessmann.
Investitionsmöglichkeiten im Energiesektor bestehen in der Gewinnung
und Verteilung von Elektrizität auf
Basis verschiedener Energieträger,
darunter Wasserkraft, Gas, Kohle,
Solar- und Windenergie, Erdwärme
und Bio-Ethanol. Die Regierung
sucht unter anderem private Investoren für die Rehabilitierung und den
Ausbau verschiedener existierender
Wasserkraftwerke und Dämme,
für die zum Teil schon ausführliche
Machbarkeitsstudien durchgeführt
wurden. So soll zum Beispiel das
„Shahtoot Storage Dam“-Projekt für
die Provinz Kabul Wasser für Haushalte und Landwirtschaft bereitstellen. Die Kosten für das Vorhaben
schätzt die AISA auf 120 Mio. US$ bei
einem erwarteten Umsatz von etwa 2
Mio. US$ pro Jahr.
Auch für Anlagen der Solar- und
Windenergie zeichnet sich eine
stabile Nachfrage ab. So finanzieren
unter anderem die Weltbank und die
Asian Development Bank langjährige Programme, um alternative
Energien zu fördern. In dieser Branche ist das deutsche Unternehmen
ETC Power tätig.
Die Bauwirtschaft profitiert davon,
dass Afghanistans Bevölkerung
schnell wächst, besonders in den
Städten. Damit nimmt der Bedarf
an Wohnraum stetig zu. Landesweit
wird die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum auf etwa 1,25 Mio.
Wohneinheiten (2010) beziehungsweise 1,5 Mio. (2014) geschätzt.
Ausgewählte Projekte
Projekt
Zeitraum
Investitionsvolumen
Stand
Ring Road - Bau einer Ringstraße von etwa 2.700 km Länge, die
große Städte verbindet
seit 2002
über 790 Mio. US$
im Bau; Finanzierung für das
letzte Teilstück (340 Mio. US$)
durch ADB zugesagt
Eisenbahnstrecke von Hairatan
(Grenze Usbekistan) nach Mazare Sharif
2010 bis 2011
170 Mio. US$
Teilstück fertig gestellt; Erweiterungen geplant (Ausbau
nach Kabul/Herat)
Kabul New City - Entwicklung
eines neuen Stadtgebiets im
Nordosten Kabuls auf 500 qkm
2009 bis 2040
über 6 Mrd. US$ (Gesamtvolumen)
Ausschreibungen für die erste
Phase angelaufen
30 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Hervorzuheben ist das Projekt
Kabul New City (Dehsabz). Die
Regierung verfolgt dabei einen
Privatsektor-Ansatz, um ein neues
Stadtgebiet nordöstlich der bestehenden Stadt Kabul zu entwickeln,
etwa 20 km entfernt vom aktuellen
Zentrum. Die Pläne beziehen sich
auf eine Fläche von gigantisch
anmutenden 500 qkm, die, auf
20.000 Parzellen aufgeteilt, über
einen Zeitraum von zehn Jahren
durch private Investoren entwickelt
werden soll. Pro Baufläche ist ein
Preis von durchschnittlich 30.000
US$ angesetzt.
In der IKT-Branche soll die staatliche Afghan Telecom Corporation,
die das Telefonfestnetz des Landes
zur Verfügung stellt, bald privatisiert werden. Der Wert des Unternehmens wird auf etwa 200 Mio.
US$ geschätzt, worunter auch das
geplante Glasfasernetz im Wert von
65 Mio. US$ fällt.
Branchenstruktur und
Geschäftspraxis
Bei der Erstellung von Infrastruktur
und für die Bauwirtschaft generell
stellen Projekte im Rahmen der
internationalen (Militär-) Präsenz
sowie die großen Bauprojekte der
afghanischen Regierung mit Abstand
die höchsten Investitionen dar. Es
existieren keine öffentlichen Zahlen
über das Gesamtvolumen der in diesem Zusammenhang geschlossenen
Verträge. Aufträge durch das Militär
und die internationale Gebergemeinschaft wirken sich in besonderem
Maße auf Markt und Konkurrenz aus.
Insgesamt hat diese besondere
Auftragslage zu einer Minimierung
der Akteure im Bausektor geführt.
Zurückzuführen ist dies besonders
auf Sicherheitsbedenken. Internationale Auftragsnehmer vergeben
Verträge an eine immer geringere
Zahl von Subunternehmern zu
immer höheren Auftragswerten.
Die Unternehmer, die von diesem
System profitieren, sind entweder
afghanische Firmen mit guten Verbindungen zur Regierung oder aber
große internationale Baufirmen
überwiegend aus der Türkei, Iran,
Pakistan und der VR China.
Dies führt dazu, dass einige wenige
Firmen sich immer besser an die
Situation im Land anpassen und
daher in der Lage sind, immer mehr
exklusive Aufträge zu akquirieren.
Aufgrund der Konzentration auf nur
wenige Anbieter und der hohen Auftragsvolumina kommt es auch oft zu
undurchsichtigen Vergabeverfahren
im Bausektor.
Darüber hinaus ist zu beobachten,
dass sich die Baubranche zunehmend „militarisiert“. Vor dem
Hintergrund anhaltender Unruhen
in vielen Teilen des Landes lassen
sich viele Aufträge nur unter Einsatz
bewaffneter Sicherheitskräfte
durchführen. Zudem führt der Einsatz von Subunternehmern zum Teil
dazu, dass Baufortschritte nur noch
schwer nachzuverfolgen sind. Dies
wird noch verstärkt durch die unwegsame Geographie des Landes.
Auch um diesen Schwierigkeiten
in der Bauwirtschaft und bei den
Investitionen in die Infrastruktur zu
begegnen, hat die ADB Ende 2010
den Afghanistan Infrastructure
Trust Fund aufgelegt. Der Fonds soll
Finanzierungen für Infrastruktur in
Afghanistan bereitstellen und KoFinanzierungen durch den Privatsektor vermitteln, insbesondere in den
Bereichen Straßenbau, Schienennetz, Flughäfen, Energie und Wasser.
Kontaktadressen
Asian Development Bank
ADB Afghan Infrastructure Trust
Fund
Internet: www.adb.org/Afghanistan/projects.asp?
Ansprechpartner:
ADB: Philip Wood; E-Mail:
[email protected]
Afghanistan Ministry of Finance:
Nasim Ihsan; E-Mail: nasim.
[email protected]
Internet: www.mof.gov.af
Dehsabz City Development Authority
E-Mail: [email protected]; Internet:
www.dcda.gov.af
Ministry of Energy and Water
Internet: mew.gov.af
Ministry of Public Works
Internet: www.mopws.gov.af
Öffentliche Ausschreibungen im
Bausektor
Internet: www.cwctenders.com/
construction_tenders_
afghanistan.htm
http://ausschreibungen.dgmarket.
com
Anna Janus (Deutsche Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit)
Germany Trade & Invest www.gtai.de 31
Rechtliche Rahmenbedingungen
Rechtliche Rahmenbedingungen
Einleitung und
Hintergrund
Wer sich als ausländischer Investor
in Afghanistan niederlassen will,
sollte sich vom Rechtssystem nicht
zu viel versprechen. Er muss sich
innerlich von dem verabschieden,
was er aus Deutschland kennt und
womöglich auch in Afghanistan
erwartet. Allerdings ist dies nicht
notwendigerweise ein Grund, dem
Land gleich den Rücken zu kehren.
Wie in anderen ärmeren Ländern
funktioniert hier der Verkehr auch
ohne Ampeln - wer Geschäfte
betreibt, muss sich eben an das
Rechtssystem gewöhnen.
Rechtssystem und Gerichtswesen
in Afghanistan stecken noch in
den Kinderschuhen. Ihr Zustand
ist selbst im Vergleich mit ähnlich
entwickelten Ländern sehr schlecht.
Dies folgert eine Studie der Millennium Challenge Corporation (MCC),
einem vom US-amerikanischen
Kongress gegründeten Think Tank,
der sich mit Fragen der Entwicklungszusammenarbeit befasst. Die
Einschätzung der MCC dürfte auf
verschiedenen Faktoren beruhen:
Verschiedene Rechtssysteme überlappen sich, nämlich die islamische
Scharia, das auf Traditionen und
Bräuchen beruhende Stammesrecht
sowie das noch neue und lückenhafte, auf der Verfassung von 2004
beruhende kodifizierte Recht.
Wesentliche Gesetze für wirtschaftliche Aktivitäten fehlen, vor allem
ein Vertragsrecht und ein Handelsgesetzbuch (Entwürfe hierzu
existieren bereits).
32 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Es mangelt an juristisch geschulten
Personen, sowohl für Richter- als
auch Anwaltschaft. Es gibt erhebliche Probleme mit Korruption in
Verwaltung und Gerichtswesen.
Für ausländische Investoren spielt
das afghanische Gerichtswesen daher eine eher untergeordnete Rolle.
Streitfälle werden in der Regel
durch Schieds- oder Mediationsverfahren beigelegt. Diese Formen der
Streitbeilegung sind im Investitionsgesetz in Art. 30 ausdrücklich
zugelassen. Dies betrifft sowohl den
Ort der Streitbeilegung als auch das
anwendbare Recht.
Erfahrungswerten zufolge lassen
sich afghanische Unternehmen
durchaus auf solche vertragliche
Vereinbarungen ein. Zwar lässt sich
auf diese Weise die Korruption im
Gerichtswesen zumindest teilweise
umgehen, gleichwohl ist mit einem
gewonnenen Schiedsverfahren
der Anspruch längst noch nicht
durchgesetzt. Außerdem riskiert
der afghanische Geschäftspartner
wohl eher wenig, wenn er sich auf
solch ein Verfahren einlässt, sofern
keine Pfändung von Eigentum des
Geschäftspartners außerhalb von
Afghanistan in Betracht kommt. Der
Schwerpunkt muss insoweit ganz
klar in der gütlichen Streitbeilegung
gesucht werden.
Im Umgang mit der Verwaltung
lässt sich die Korruption wesentlich
schwieriger umgehen. Sie reicht
von der direkten Aufforderung zur
Bestechung bis hin zur aktiven
Behinderung von Geschäften, vor
allem dann, wenn die Interessen
lokaler Wirtschaftsbosse betroffen sind. Im Corruption Perception
Index 2010 von Transparency International steht Afghanistan auf Rang
176 von 178 Ländern. Zwar stehen
gemäß den Artikeln 260 bis 267 des
Strafgesetzbuches hohe Strafen auf
Bestechung und Bestechlichkeit,
die Durchsetzung dieser Strafnormen ist bislang aber vollkommen
ungenügend. Zudem kann sich ein
strafrechtliches Problem auch in
Deutschland ergeben, wie etwa der
Blick auf das Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung
zeigt. Wer in Afghanistan tätig werden will, braucht daher vor allem
Durchhaltevermögen, Kontakte und
Einfallsreichtum.
Handels- und Gesellschaftsrecht
Hintergrund
Ursprünglich waren die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen
im afghanischen Handelsgesetzbuch von 1955 geregelt. Dieses
Gesetz war aufgrund der Verfassung
aus dem Jahr 2004 weiterhin anwendbar, bedurfte aber insbesondere im gesellschaftsrechtlichen Bereich dringend der Überarbeitung.
Eine solche Überarbeitung erfolgte
durch US-amerikanische Juristen
nach US-Vorbild und ist seit 2007
aufgrund präsidialen Erlasses auch
anwendbar. Die so entstandenen
neuen Personengesellschafts- und
Kapitalgesellschaftsgesetze dürften
das Handelsgesetzbuch von 1955
in den entsprechenden Bereichen
ersetzt haben, wobei dies aber nicht
ganz klar ist.
Die vorgesehenen Personengesellschaften sind die Sherkat-Tazamoni,
vergleichbar mit der deutschen
GbR, und die Sherkat-TazamoniMokhtalat, die mit der deutschen
Kommanditgesellschaft vergleichbar ist. Allerdings spielen diese
Gesellschaftsformen für Investoren
kaum eine Rolle.
Wesentlich größere Bedeutung
kommt den Kapitalgesellschaften
und dabei vor allem der Sherkate-Mahdud-ul-Massoliat zu. Dies ist
eine Gesellschaft, in der die Haftung
der Gesellschafter auf ihre Einlage
beschränkt ist. Sie heißt im Folgenden „Limited Liability Company“
(LLC) und ist mit der deutschen
GmbH vergleichbar. Die meisten
Investoren in Afghanistan wählen
diese Gesellschaftsform, die wegen
ihrer herausgehobenen Bedeutung im Folgenden näher erläutert
wird. Die andere mögliche Kapitalgesellschaft, im Folgenden als
Corporation bezeichnet, entspricht
im Wesentlichen der deutschen
Aktiengesellschaft und wird hier nur
am Rande erwähnt.
Darstellung der gesetzlichen
Regelung
Eine LLC muss mindestens zwei
und kann maximal 50 Gesellschafter haben (Art. 3 des Kapitalgesellschaftsgesetzes). Diese haften nur
mit ihrer Einlage. Grundlage der
LLC ist der von den Gesellschaftern
unterschriebene und im afghanischen Handelsregister registrierte
Gesellschaftsvertrag. Nennen muss
dieser Gesellschaftsvertrag insbesondere den Namen der Gesellschaft, den Namen und die Anschrift
der Gesellschafter, die Anschrift
des Sitzes der Gesellschaft, die
Verteilung der Gesellschaftsanteile und - sofern vorhanden - die
angestrebte Dauer der Gesellschaft
(Art. 21). Der Name einer LLC muss
den Zusatz „limited“ oder „ltd.“
enthalten (Art. 26). Ein Mindestkapital ist nicht erforderlich. Rechtlich
existiert die Gesellschaft, sobald
der Gesellschaftsvertrag unter-
schrieben und im Handelsregister
eingetragen ist (Art. 22). Werden vor
diesem Zeitpunkt bereits Geschäftstätigkeiten vorgenommen, so haften
die Gesellschafter dafür grundsätzlich persönlich. Eine Ausnahme von
diesem Grundsatz besteht nur dann,
wenn dem Geschäftspartner bekannt war, dass die LLC noch nicht
bestand (Art. 23).
In Bezug auf die Organe einer Kapitalgesellschaft macht das Gesetz
keinen Unterschied zwischen LLC
und Corporation. Bei beiden Kapitalgesellschaftsformen ist neben
einem Board of Directors (BoD) und
der Gesellschafterversammlung
auch ein Board of Supervisors (BoS)
vorgesehen.
Das BoD entspricht im Wesentlichen dem Vorstand einer deutschen Aktiengesellschaft oder der
Geschäftsführung einer deutschen
GmbH. Es führt die Geschäfte der
Gesellschaft und kann sie rechtlich verpflichten. Die gesetzlichen
Bestimmungen bieten insofern mit
Blick auf die deutschen Regelungen
wenig Ungewöhnliches. Die Mitglieder müssen mindestens 18 Jahre alt
sein und dürfen nicht ihrer zivilen
Rechte durch ein Gericht enthoben
worden sein. Die Mitglieder des BoD
(directors) werden durch die Gesellschafterversammlung für eine
maximale Amtszeit von drei Jahren
bestimmt. Eine Abberufung ist
ebenfalls durch die Gesellschafterversammlung möglich. Die directors
haben im Interesse des Unternehmens und der Gesellschafter zu
handeln. Dabei können sie bei der
Entscheidungsfindung auf Experten
zurückgreifen, sind aber bei der
Auswahl dieser Experten zu einer
besonderen Sorgfalt verpflichtet.
Verletzt ein director seine Pflichten
oder schadet er der Gesellschaft in
sonstiger Weise vorsätzlich, haftet
er gegenüber der Gesellschaft und
den Gesellschaftern persönlich.
Daneben enthält das Gesetz auch
einige Vorschriften zum Thema
Corporate Governance.
Das BoS entspricht in seinen
Funktionen dem von deutschen
Aktiengesellschaften und teilweise
auch GmbHs bekannten Aufsichtsrat. Es besteht aus mindestens zwei
Mitgliedern, die von der Gesellschafterversammlung für maximal
drei Jahre bestimmt werden. Sie
dürfen weder Mitglied des BoD noch
sonst in die Führung der Geschäfte
involviert sein, etwa als leitende Angestellte. Außerdem dürfen sie nicht
mit Mitgliedern des BoD verwandt
sein. Die wichtigsten Pflichten
des BoS sind die Überprüfung des
Jahresabschlusses, die Überprüfung der Bücher der Gesellschaft
zumindest alle sechs Monate, die
unangekündigte Kontrolle des Kassenbestands zumindest einmal im
Quartal und generell die Überwachung der Tätigkeiten des BoD.
Die Gesellschafter können im Rahmen einer ordentlichen oder einer
außerordentlichen Gesellschafterversammlung zusammentreten.
Die ordentliche Gesellschafterversammlung soll binnen vier Monaten
nach Ablauf des Veranlagungszeitraums abgehalten werden. Den
genauen Ort und Zeitpunkt der
Versammlung bestimmt das BoD.
Notfalls kann sie auch über Fernkommunikationsmittel abgehalten
werden. Eine außerordentliche
Gesellschafterversammlung ist
dann abzuhalten, wenn eine zur
Einberufung aufgrund des Gesellschaftsvertrags befugte Person
dies beantragt oder wenn eine
Germany Trade & Invest www.gtai.de 33
Rechtliche Rahmenbedingungen
Minderheit, die zumindest 10% der
Stimmrechte verkörpert, einen
schriftlichen Antrag darauf stellt.
Wertung
Die Reihe „Doing business in …“ der
Weltbank listet Afghanistan in Bezug auf die Gesellschaftsgründung
für das Jahr 2011auf einem guten
25. Rang (von 183). Demzufolge
kann eine Gesellschaftsgründung
binnen sieben Tagen abgeschlossen werden. Hilfe bietet dabei vor
allem die Afghanistan Investment
Support Agencyv (AISA). Gleichzeitig
allerdings belegt Afghanistan nur
Rang 167 in der Kategorie „ease
of doing business“. Jedoch sollte
man sich von diesem Wert nicht
übermäßig negativ beeinflussen
lassen. Das Maß an Korruption und
bürokratischen Hindernissen ist
zwar erheblich, aber darauf beruht
die schlechte Platzierung allenfalls
indirekt. Viel wichtiger ist, dass
einige Beurteilungskriterien von
„Doing business in...“ Afghanistan
deutlich nach unten ziehen, weil Gesetze fehlen oder der Transport von
Waren aufgrund der Sicherheitslage
sehr teuer ist. Dieser Risiken wird
sich indes jeder bewusst sein, der
in Afghanistan tätig werden will. So
gibt es in Afghanistan kein Insolvenzrecht. Das monetäre Risiko daraus
mag angesichts hoher Gewinnmargen als kalkulierbar erscheinen; als
entscheidend gelten die Auswahl
der Geschäftspartner und das Vertrauen in sie.
Investitionsrecht
Darstellung des Gesetzes
Für politische Grundsatzentscheidungen im Rahmen der Investitionsförderung ist die High Commission
34 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
on Investment zuständig. Mit der
praktischen Ausführung der Investitionsförderung ist die afghanische
Investitionsfördergesellschaft AISA
betraut.
Investitionen in den folgenden
Bereichen sind gemäß Art. 5 (a)
Investitionsgesetz nicht möglich:
n Nukleartechnologie
n Betrieb von Wettspielen (Kasinos
und Wettbüros)
n Produktion von Betäubungs mitteln (Drogen und Alkohol).
Investitionen in einigen ausgewählten Bereichen erfordern zudem gemäß Art. 5 (c) und (d) Investitionsgesetz eine Sondergenehmigung. Dies
kann zusätzliche Zeit und Kosten
benötigen. Betroffen sind:
n Produktion und Verkauf von
Waffen und Sprengstoffen
n Finanzgeschäfte ohne Bankbeteiligungen
nVersicherungen
n Rohstoffe (besonders Bergbau
und Forstwirtschaft)
n Infrastrukturprojekte (besonders
Telekommunikation, Strom- und
Wasserversorgung, Abfallbesei tigung, Gesundheits- und
Ausbildungseinrichtungen).
Bei Investitionen in den Rohstoffbereich und Infrastrukturprojekte sind
Sondergenehmigungen allerdings
nur dann erforderlich, wenn kein
Branchengesetz erlassen wurde.
Bislang existieren ein Telekommunikationsgesetz (Telecommunication Law), ein Versicherungsgesetz
(Insurance Law), ein Bergbaugesetz
(Minerals Law) und ein Öl- und Gasgesetz (Hydrocarbons Law).
Nicht jedes in Afghanistan operierende Unternehmen ist als solches
auch offiziell registriert. Von Ge-
schäftsabschlüssen mit nichtregistrierten Unternehmen ist generell
eher abzuraten. Registrierungsfähig
ist jedes Unternehmen, das nach
afghanischem Recht oder den
Vorschriften eines anderen Staates
gegründet wurde und mittels einer
Zweigstelle in Afghanistan Geschäfte durchführen will. Der Registrierungsprozess sieht in der Regel wie
folgt aus:
n Antragstellung bei der AISA und
Beantragung einer Steueridentifikationsnummer
n Aufnahme der Investition in die
Datenbank der AISA
n Überprüfung der Vereinbarkeit
des Vorhabens mit afghanischen
Gesetzen
n Eintragung im Handelsregister
(geführt von den Handels gerichten) und Veröffentlichung
der Geschäftsaufnahme in einer
afghanischen Zeitung.
Die Registrierungslizenz (certificate
of existence) wird sodann nach Zahlung der Gebühr (je nach Größe der
Investition zwischen 100 und 1.000
US$) ausgestellt.
An registrierten Unternehmen kann
der Investor bis zu 100% der Gesellschaftsanteile halten (vgl. Artikel
10 Investitionsgesetz), es gibt also
keine Beschränkung des Kapitalanteils. Registrierte Unternehmen
müssen die AISA informieren, wenn
sich die Gesellschafterzusammensetzung oder Kapitalstruktur
ändert oder eine Kapitalerhöhung
stattfindet.
Das Investitionsgesetz sieht für
registrierte Unternehmen einen
Diskriminierungsschutz vor staatlichem Handeln und den Zugang
zu afghanischen Banken vor und
ermöglicht damit das Führen von
Konten. Zudem sichert das Investitionsgesetz registrierten ausländischen Unternehmen die Möglichkeit
zu, Grundstücke für einen Zeitraum
von bis zu 50 Jahren zu pachten.
Für die Repatriierung von Gewinnen
gibt es laut Gesetz keine Beschränkungen, vorausgesetzt, dies kollidiert nicht mit den Maßnahmen zur
Verhinderung von Geldwäsche und
der Finanzierung von Terrorismus.
Das Investitionsgesetz sieht in Art.
25 vor, dass der aus dem Verkauf
eines Unternehmens resultierende
Gewinn ebenfalls ohne weitergehende Restriktionen repatriiert
werden kann.
Im Fall eines übergeordneten
öffentlichen Interesses kann gemäß
Art. 27 Investitionsgesetz eine
Enteignung Privater erfolgen. In
diesem Fall sieht Art. 28 eine angemessene Entschädigung „in Übereinstimmung mit internationalem
Recht“ vor. Schutz bietet hier auch
das bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen Afghanistan
und Deutschland vom 19/20.4.05 (in
Kraft seit dem 12.10.07).
Das Investitionsgesetz sieht in
Art. 30 ausdrücklich Streitbeilegungsmethoden vor, die außerhalb
der ordentlichen afghanischen
Gerichtsbarkeit stattfinden. Sowohl
ausländisches Recht als auch ein
ausländisches Schiedsgericht kann
gewählt werden. Entsprechende
Regelungen finden sich auch im
Schieds- und Mediationsgesetz
von 2007. Afghanistan ist dem New
Yorker Übereinkommen über die
Anerkennung und Vollstreckung
ausländischer Schiedssprüche von
1958 beigetreten. Auch bei einer
Streitigkeit zwischen einem Investor
und dem afghanischen Staat ist es
laut Investitionsgesetz möglich,
ein internationales Schiedsgericht
anzurufen. Als Schiedsgericht
vorgesehen ist das Internationale
Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten in Washington
(International Center for Settlement
of Investment Disputes, ICSID), ohne
dass dafür eine weitere Zustimmung des afghanischen Staates
erforderlich wäre. Voraussetzung
ist, dass keine anderweitigen Vereinbarungen geschlossen wurden
und der ausländische Anteil des Unternehmens zumindest 25% beträgt.
Absicherung der Investition
Insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen besteht die
Möglichkeit, die Investition bei der
Afghanistan Investment Guarantee
Facility (AIGF) zu versichern. Die
AIGF ist an die Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) - ein Mitglied der Weltbankgruppe
- angeschlossen. Sie verfügt zur Absicherung also über Weltbank-Kapital. Im Wesentlichen bietet die AIGF
die folgenden Versicherungspolicen
an, die einzeln oder in Kombination
vereinbart werden können:
Transferrestriktion: Sichert das Unternehmen gegen Verluste ab, die
daraus entstehen, dass es Kapital
oder Gewinne nicht in ausländische
Währung zum Transfer ins Ausland
wechseln kann. Währungspreisschwankungen werden allerdings
nicht abgedeckt.
Enteignung: Sichert das Unternehmen gegen Enteignungen oder enteignungsgleiche Maßnahmen von
staatlicher Seite ab, sofern diese
ohne angemessene Entschädigung
und entgegen der gesetzlichen
Regelungen erfolgt.
Krieg und zivile Unruhen: Sichert
das Unternehmen gegen Schäden
durch Kriegshandlungen, Sabotage,
Terrorismus und zivile Unruhen ab.
Vertragsbruch: Sichert das Unternehmen gegen Vertragsbruch durch
den afghanischen Staat ab, sofern
ein Streitbeilegungsverfahren existiert, dieses genutzt wurde und der
Staat der aus dem Streitbeilegungsverfahren resultierende Entscheidung nicht binnen einer gewissen
Frist nachkommt.
Die Absicherung durch die AIGF erfolgt in der Regel für sieben Jahre.
Abgesichert werden das Investitionsvorhaben bis zu einer Höhe
von 90% der Investitionssumme
sowie die mit der Investition direkt
zusammenhängenden Gewinne von
bis zu 450% der Investitionssumme.
Der Teil der Investition, der von der
AIGF nicht versichert wird, muss in
jedem Fall vom Investor getragen
werden, darf also nicht anderweitig
versichert werden.
Wertung
Das Investitionsrecht Afghanistans
wird als eines der investorenfreundlichsten des gesamten Nahen und
Mittleren Ostens beschrieben. Im
Unterschied zu vielen anderen
Investitionsgesetzen der Region
zeichnet es sich insbesondere
dadurch aus, dass ausländische
und inländische Investoren (fast)
die gleichen Rechte haben. Eine
Schlechterstellung ausländischer
Investoren ergibt sich im Grunde
nur daraus, dass diese kein Grundeigentum in Afghanistan erwerben
können, sondern auf langjährige
Pachtverträge beschränkt sind.
Germany Trade & Invest www.gtai.de 35
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die afghanische Regierung bemüht
sich sehr um ausländische Investoren. Um den Sicherheitsbedenken
gerade auch deutscher Investoren
zu begegnen, wurden in der Nähe
der großen Städte sogenannte Industriezonen eingerichtet.
Diese bieten neben besonderen
Schutzmaßnahmen auch eine gute
Infrastruktur. Zudem bieten sie Sicherheit in Bezug auf Rechte Dritter
an einem Grundstück. Gelegentlich
streiten sich Investoren mit Dritten,
die Rechte an Grundstücken geltend
machten. Hintergrund ist, dass es
kein einheitliches - dem deutschen
Grundbuch vergleichbares - Register für Grundstücke und Rechte
an Grundstücken gibt. Außerdem
waren in Kriegswirren Grundstückskonfiszierungen und die Vernichtung von Dokumenten üblich.
Gleichwohl müssen sich Investoren nicht auf diese Industriezonen
beschränken. Viele ausländische
Unternehmen haben ganz normale Büros in den großen Städten.
Allerdings sollte sich der Investor
auf Mietpreise gefasst machen, die
mit denen deutscher Großstädte
vergleichbar sind. In Anbetracht der
nach wie vor kritischen Sicherheitslage ist es auch äußerst empfehlenswert, Sicherheitsvorkehrungen
zu treffen und dafür zusätzliche
Kosten einzuplanen.
Der Zugang zu Krediten ist schwierig. Dies liegt vor allem daran, dass
Regelungen zum Schutz von Kreditgeber und Kreditnehmer bisher
allenfalls ansatzweise existieren.
Trotzdem gibt es, gerade in Kabul,
eine Reihe von Banken. Sofern
lediglich Waren nach Afghanistan
geliefert werden sollen und nicht
beabsichtigt ist, eine dauerhafte
Präsenz vor Ort zu unterhalten, ist,
wie im internationalen Geschäft
36 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
üblich, der L/C (Letter of Credit;
Akkreditiv) das probate Mittel. Vor
Ort kann sich ein Problem daraus
ergeben, dass der Geschäftspartner
kein Konto bei einer registrierten
Bank unterhält. Nach wie vor gibt es
in Afghanistan inoffizielle Finanzierungssysteme (sog. hawala), von
deren Nutzung aber grundsätzlich
abgeraten wird.
Arbeitsrecht / Arbeitnehmerentsendung
Bei einer Arbeitnehmerentsendung
sind vor allem vier Dinge zu berücksichtigen:
n
Anpassung des Arbeitsvertrages
nSozialversicherungsrecht
n Einreisebestimmungen und
Arbeitsvisum
nSteuerrecht.
Üblicherweise wird im Rahmen
einer Entsendung ein sogenannter
Entsendevertrag geschlossen, welcher individuell und auf den Einzelfall abgestimmt zu erstellen ist.
Eine Sozialversicherung existiert in
Afghanistan derzeit nicht. Zu klären
bleibt die Sozialversicherungspflicht
in Deutschland. Ob diese gegeben
ist, hängt ebenfalls vom Einzelfall
ab, insbesondere der Dauer der
Auslandstätigkeit.
In Deutschland sozialversicherungspflichtig bleiben Arbeitnehmer, die im Rahmen eines deutschen Arbeitsvertrags nach Afghanistan geschickt werden, wenn die
Entsendung also befristet ist und in
Deutschland eine Weiterbeschäftigung nach der Rückkehr geplant
ist. Beschränkt sich der Arbeitsvertrag hingegen auf die Tätigkeit in
Afghanistan, erlischt grundsätzlich
die Versicherungspflicht in Deutschland. Allerdings hat diese Regel
Ausnahmen. Zudem können sich
Arbeitnehmer, für die in Deutschland keine Versicherungspflicht gilt,
dort freiwillig versichern.
Die Visumsbeantragung muss vor
der Einreise bei der afghanischen
Botschaft in Berlin erfolgen, kann
also nicht an der Grenze oder am
Flughafen vorgenommen werden.
Einzureichen sind neben dem Antrag
zwei Passbilder, ein Einzahlungsbeleg der Gebühr (keine Barzahlung
oder unerledigte Überweisungsaufträge), der Reisepass samt Kopie
davon, ein Schreiben des Arbeitgebers und, sofern eine postalische
Zusendung erwünscht ist, ein mit
fünf Euro frankierter Rückumschlag.
Ein Visum kann maximal für drei
Monate erteilt werden. Die Gebühr
beträgt pro Monat 30 Euro. Nur die
einmalige Einreise ist gestattet. Bei
einem längerfristigen Aufenthalt
kann vor Ort in Kabul eine Verlängerung beantragt werden.
Für Arbeitnehmer interessant ist,
dass der Auslandstätigkeitserlass
für sie anwendbar ist. Das bedeutet,
dass sie auf ihr afghanisches Einkommen nur in Afghanistan Steuern
zahlen müssen, selbst wenn sie
ihren Wohnsitz in Deutschland nicht
aufgeben.
Steuerrecht
Zwischen Afghanistan und Deutschland besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen. Das bedeutet,
dass allenfalls die unilateralen
Maßnahmen zur Vermeidung einer
Doppelbesteuerung anwendbar
sind. In der Regel wird in Deutschland daher auf die in § 34c Abs.1
EStG beschriebene Anrechnungsmethode zurückzugreifen sein.
Prinzipiell bedeutet dies, dass in Af-
ghanistan gezahlte Steuern bis zur
Höhe des deutschen Steuersatzes
auf die deutsche Steuer angerechnet werden können, sofern aufgrund
unbeschränkter Steuerpflicht in
Deutschland die jeweiligen Gewinne
auch der deutschen Steuerpflicht
unterliegen.
In Afghanistan ist 2009 ein neues
Steuergesetz in Kraft getreten und
hat das vorherige von 2005 ersetzt.
Auch wenn in vielen Punkten mit
dem Gesetz von 2005 vergleichbar,
verfügt das neue Gesetz über einige
vorher nicht vorhandene Konzepte.
Es unterscheidet etwa zwischen
Einkommen aus in- und ausländischer Quelle, zudem änderte es die
Steuersätze.
Anders als in Deutschland geht der
Veranlagungszeitraum grundsätzlich vom 21.3. bis zum 20.3. des
Folgejahres. Wer in Afghanistan
ansässig ist, unterliegt mit seinem weltweiten Einkommen der
afghanischen Steuer (sogenanntes
Welteinkommensprinzip). Ansässig ist insbesondere, wer seinen
Hauptwohnsitz während des Veranlagungszeitraums in Afghanistan
hat oder wer sich innerhalb des Veranlagungszeitraums für mindestens
183 Tage in Afghanistan aufhält. Für
Unternehmen sind der Zeitpunkt
und Ort der Gründung sowie der Sitz
der Verwaltung maßgeblich.
Der Körperschaftsteuersatz in
Afghanistan beträgt 20%. Deutsche
Unternehmen können die von ihren
Zweigstellen in Afghanistan bezahlten Steuern in Deutschland bis zur
Höhe der deutschen Körperschaftsteuer (15%) anrechnen.
Bonuszahlungen und Dienstleistungen einbehalten und innerhalb von
zehn Tagen nach Ablauf des Monats,
in dem der Betrag einbehalten
wurde, als Quellensteuer an das
Finanzamt abführen.
Außerdem müssen Unternehmen
oder Privatpersonen Quellensteuern
für gewerblich veranlasste Mietzahlungen einbehalten. Bei einer
Monatsmiete zwischen 10.000 und
100.000 Af (Afghani; etwa 150 bis
1.500 Euro; 1 Euro = 66 Af) sind 10%
zu zahlen, bei über 100.000 Af fallen
15% an.
Wer an staatliche Einrichtungen
liefert oder Bauaufträge für sie
ausführt, muss 2% des Werts als
Quellensteuer abführen (bei nicht
registrierten Unternehmen 7%). Die
staatliche Einrichtung behält dann
den anwendbaren Prozentsatz ein.
Die Quellensteuer kann, unabhängig
von der Ansässigkeit, nicht auf die
sonstige Steuerlast angerechnet
werden.
Die Lohnsteuer wird wie in Deutschland vom Arbeitgeber einbehalten.
Sie richtet sich nach der Höhe des
jeweils anwendbaren Einkommensteuersatzes, der progressiv
gestaffelt ist.
Einkommensteuer
Einkommen (Af)*)
Steuerstz (%)
bis 5.000
0
5.001 - 12.500
2
12.501 - 100.000
10
über 100.000
20
*) w; rund 15 Euro; 1 Euro = 66 Af; Stand Ende
Afghanische Kapitalgesellschaften
müssen 20% der Zahlungen in Form
von Zinsen, Dividenden, Lizenzgebühren, Preisen, Lotteriegewinnen,
Umsatzsteuer an. Diese Business
Receipts Tax beträgt grundsätzlich
2%. Für Hotels und Restaurants
mit einem Quartalseinkommen von
mehr als 750.000 Af, Betreiber von
Veranstaltungshallen und Klubs
beträgt der Steuersatz 5%; für
Luxushotels und -restaurants sowie
Telekom- und Luftfahrtdienstleistungen sind es 10%.
Die Einkünfte von deutschen Arbeitnehmern in Afghanistan können
gemäß dem Auslandstätigkeitserlass von der deutschen Steuer
befreit werden. Die Arbeitnehmer
unterliegen dann nur der afghanischen Steuer.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Erlasses ist,
n dass es sich um einen inländi schen (also deutschen)
Arbeitgeber handelt,
n dass kein Doppelbesteuerungs abkommen besteht,
n dass die Tätigkeit mehr als drei
Monate dauert sowie
n die Art der Tätigkeit: Der Arbeit nehmer muss Wirtschaftsgüter
erstellen oder instandsetzen,
Bodenschätze suchen oder
gewinnen oder aber Entwick lungszusammenarbeit leisten.
Bedeutsam ist dies besonders für die
Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in
Deutschland nicht aufgeben wollen
oder können. Der Auslandstätigkeitserlass gilt für den Arbeitnehmer auch dann, wenn er für eine
gemeinnützige Organisation handelt,
da nur diese selbst in der Regel von
der Körperschaftsteuer befreit ist,
nicht aber das Gehalt der Angestellten; Ausnahmen können aufgrund
bilateraler Verträge bestehen.
Mai 2011
Niko Sievert (Germany Trade & Invest)
Für Warenlieferungen und Dienstleistungen fällt zudem eine Art
Germany Trade & Invest www.gtai.de 37
Zoll und Einfuhrverfahren
Zoll und Einfuhrverfahren
Indien. Innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO) hält Afghanistan
einen Beobachterstatus.
Afghanistan ist Mitglied der südasiatischen Gemeinschaft für regionale
Zusammenarbeit (South Asian Association für Regional Cooperation),
der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Economic
Cooperation Organization) sowie des
zentralasiatischen Verbundes für
regionale Zusammenarbeit (Central
Asian Regional Economic Cooperation). Darüber hinaus besteht
jeweils bilateral ein Abkommen
über Handel und wirtschaftliche
Zusammenarbeit mit Russland und
der Türkei sowie ein Abkommen
über den präferenziellen Marktzugang für bestimmte Waren mit
Mit Pakistan hat Afghanistan im Oktober 2010 ein neues Transitabkommen (Afghan-Pakistan Transit Trade
Agreement) unterzeichnet. Umgesetzt werden sollte es nach letzten
Informationen und Verschiebungen
ab Mitte Juni 2011. Das Abkommen
vereinfacht den Transit von Gütern
aus und nach Afghanistan über
Pakistan und dessen Hafen Karachi
und lässt mehr Grenzübergänge zu.
Erlaubt ist dann die Nutzung von
zusätzlichen Häfen und Transporteuren, etwa Betreiber afghanischer
Lkws. Heimische Waren sollen über
Pakistan leichter nach Indien ge-
langen, während Afghanistan
selbst zum Durchgangsland für den
Güteraustausch zwischen Pakistan
und den zentralasiatischen Staaten
werden soll.
Einfuhrabgaben,
Zolltarif
Afghanistans Zölle sind relativ
niedrig. Die Weltbank gab den
Durchschnittstarif 2009 mit 5,6% an,
was deutlich weniger ist als in den
Nachbarstaten oder Ländern mit
vergleichbarem Einkommen. Auf
einen Großteil der Waren entfallen
Importzölle von 2,5 bis 5%. Die Zölle
für Industrie- und Landwirtschafts-
Zollsätze laut Zolltarif 2008
HS-Kapitel / HS-Codenummer
Warenbezeichnung
28, 29
Chemische Erzeugnisse
1/5
30
Pharmazeutische Erzeugnisse
2,5
31
Düngemittel
2,5
3304, 3307
Kosmetika
16
4011-4013
Reifen und Schläuche aus Kautschuk
2,5
61-63
Bekleidung
10
72,73
Eisen- und Stahlwaren
2,5/5
82
Werkzeuge und Schneidwaren
5/10
84
Maschinen und Apparate
2,5/5
85
Sonstige elektrotechnische Waren
2,5/5
.8508, 8509
Haushaltsgeräte, Alarmanlagen
5/10
8702, 8704
Busse, Lastkraftwagen
8703
Personenkraftwagen
8708
Kraftfahrzeugteile
9018-9022
Medizinische Geräte und Instrumente
Quelle: Customs Tariff, Afghanistan Customs Department, www.customs.gov.af
38 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Einfuhrregelzollsatz (%)
2,5
16/25
5
2,5
güter sind laut Weltbank weitgehend identisch, wobei es wichtige
Ausnahmen gibt. Höchsttarif ist 40%
Die Nomenklatur des afghanischen
Einfuhrzolltarifs basiert auf dem
internationalen Harmonisierten
System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (HS 2007). Nachfolgend sind einige Produktbereiche
mit den entsprechenden Zollsätzen
aufgeführt.
Der Einführer in Afghanistan muss
eine Geschäftslizenz (Business
Licence) des afghanischen Wirtschaftsministeriums (Ministry of
Commerce and Industry) besitzen
und bei der Handelskammer (Afghanistan Chamber of Commerce
and Industry) registriert sein. Bei
der Abfertigung von Waren zum
zollrechtlich freien Verkehr („for
free circulation“) entstehen die
Einfuhrabgaben (Zoll und Nebenabgaben) zum Zeitpunkt der Abgabe
der Zollanmeldung.
Bemessungsgrundlage für die
Festsetzung des Zolls ist der
Zollwert. Das ist grundsätzlich der
für die Waren gezahlte oder zu
zahlende Preis auf der Basis CIF der
internationalen Lieferbedingungen
(Incoterms).
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Als Einfuhrnebenabgaben werden
erhoben:
n zusätzliche Einfuhrsteuer (fixed
tax): 2% vom Zollwert zuzüglich
Zollbetrag
n Business Receipt Tax (BRT):
2% vom Zollwert zuzüglich
Zollbetrag
n Abgabe an den Roten Halbmond
(Red Crescent, das „islamische
Rote Kreuz“): 2% vom Zollbetrag.
Exportzölle in Höhe von 2,5% vom
Zollwert werden erhoben für Eisenerze und ihre Konzentrate einschließlich Schwefelkiesabbrände
(HS-Codes 2601.11-20).
Warenbegleitpapiere
Für eine ordnungsgemäße Verzollung in Afghanistan sind vom
Exporteur die folgenden Warenbegleitpapiere zu erstellen:
n Handelsrechnung (Commercial
Invoice): in dreifacher Ausferti gung, in englischem Wortlaut mit
sämtlichen handelsüblichen An gaben und Nennung des Ur sprungslandes sowie einer mit
einer Unterschrift versehenen
verbindlichen Erklärung am
Ende der Rechnung, dass sämtli che Angaben korrekt sind. Die
Handelsrechnung ist von der zu ständigen Industrie- und Han delskammer (IHK) zu beglaubigen.
n Ursprungszeugnis (Certificate of
Origin): Das Ursprungszeugnis ist
von der IHK zu beglaubigen.
n Frachtpapiere: Konnossement
oder Luftfrachtbrief
nPackliste.
Außertarifliche
Zollbefreiungen
Das afghanische Zollgesetz sieht
unter anderem für folgende Einfuhren eine Zollbefreiung vor:
n
Wareneinfuhren im Rahmen von
mit Krediten finanzierten Staatsprojekten oder Waren für private
ausländische oder internationale
Hilfsorganisationen, die in Afghanistan registriert sind. Für die
Inanspruchnahme der Zollbefreiung ist eine entsprechende
Bewilligung bei der Zollverwaltung zu beantragen.
n Warenmuster und Werbematerialien
n Substanzen zur Verwendung für
die Qualitätskontrolle von phar mazeutischen Erzeugnissen
n Sendungen mit einem Wert von
1.000 Af (Afghani; rund 15 Euro;
1 Euro = 66 Af; Stand Ende Mai
2011) oder weniger
n Postpakete mit einem Wert von
5.000 Af oder weniger.
Für Lieferungen mit Transport über
Pakistan wird nach Angaben der israelischen Logistik-Firma MultiLog
eine pakistanische Transiterlaubnis
verlangt. Die Anlaufstelle dafür ist
das Central Board of Revenue’s
Customs Division in Islamabad. Auf
dem Konnossement muss demnach
„In Transit to Afghanistan via Pakistan“ vermerkt sein.
Germany Trade & Invest www.gtai.de 39
Zoll und Einfuhrverfahren
Besondere Zollverfahren
Mit Bewilligung der Zollverwaltung
können Waren ohne Festsetzung
und Erhebung von Abgaben in private oder öffentliche Zolllager verbracht werden. Die Höchstlagerfrist
beträgt grundsätzlich zwölf Monate
und kann auf Antrag des Zollanmelders von der Zollverwaltung um
weitere zwölf Monate verlängert
werden. Messewaren und Berufsausrüstungen können im Verfahren
der vorübergehenden Einfuhr unter
Leistung einer Sicherheit abgabenfrei importiert werden. Die von
der Zollverwaltung für diese Waren
festgesetzte Wiederausfuhrfrist ist
einzuhalten.
Für andere Waren der vorübergehenden Einfuhr gilt grundsätzlich
eine teilweise Zollbefreiung. Erhoben werden dabei pro Monat 3% des
Betrags, der bei einer endgültigen
Einfuhr als Zoll anfallen würde. Die
Wiederausfuhrfrist beträgt maximal
zwölf Monate und kann in begründeten Fällen auf Antrag um weitere
zwölf Monate verlängert werden.
Einfuhrverbote und
-beschränkungen
Ein Einfuhrverbot gilt insbesondere
für Schweinefleisch und Schweinefleischerzeugnisse, alkoholische
Getränke, Baumwollsamen, Gips,
Salz, Tafelsalz und Ammoniumnitrat. Für die unten genannten Waren
ist eine Einfuhrgenehmigung der
zuständigen afghanischen Behörde
erforderlich.
Bei der Einfuhr von Nahrungsmitteln führen Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums Qualitätskontrollen an den Grenzposten durch.
Zwingend erforderlich ist hierfür die
Vorlage eines Gesundheitszeugnisses (Sanitary Certificate), das von
der zuständigen Behörde im Exportland ausgestellt wurde.
Jürgen Huster (Germany Trade &
Invest)
Waren mit Einfuhrgenehmigung
Warenbezeichnung
Zuständige Genehmigungsbehörde
Pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische Geräte, Körperpflegemittel und Kosmetika
Ministry of Public Health
Veterinärmedizinische Erzeugnisse und Instrumente
Ministry of Agriculture, Irrigation and Livestock
(MAIL), General Directorate of Animal Health
Pestizide und Agrarchemikalien
MAIL, Directorate for Plant Quarantine
Samen
MAIL, Seeds Agency
Bestimmte Halogenderivate (HS-Codes 2903.41-45)
National Environmental Protection Agency
Druckerzeugnisse und kinematographische Filme
Ministry of Information and Culture
Telekommunikationsausrüstungen
Ministry of Communications and Information Technology
Gepanzerte Fahrzeuge, Waffen, Munition, militärische Ausrüstungen
Ministry of Interior, Ministry of Defence
Betäubungsmittel
Ministry of Counter-Narcotics
Quelle: WTO
40 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Kultureller Hintergrund
Kultureller
Hintergrund
Im Mittelpunkt der afghanischen
Kultur steht die Familie. Ihr ist der
Einzelne verpflichtet. Danach kommen Tradition und Religion, und erst
dann spielen staatliche Regeln und
Gesetze eine Rolle im Leben der
Menschen.
Werte
Foto: © GIZ
Familie, Gemeinschaft
Zur Familie zählen im engeren
Sinne die Eltern, die Brüder mit
Ehefrauen und Kindern sowie die
eigenen Ehefrauen und Kinder. Die
meisten Männer haben nur eine
Ehefrau. Sehr häufig wohnen alle
Mitglieder der Familie zusammen.
Entscheidungen trifft der Vater,
dann der jeweils älteste Bruder.
Weil der Einzelne hinter die
Gemeinschaft zurücktritt, hat in
Afghanistan der Eigentumsbegriff eine andere Bedeutung als in
Deutschland. Das Rasierwasser und
das Shampoo dürfen alle im Haus
benutzen. Im Zweifel gehört auch
das Geld auf dem Konto des Unternehmers allen. Letztendlich wird
erwartet, dass jeder zur Gemeinschaft etwas beiträgt und - ohne
aufzurechnen - etwas erhält.
Ehre, Gastfreundschaft
Eine kulturelle Besonderheit ist
die Ehre, die in vielen Fällen keine
rationale Entscheidung zulässt.
Eine bewusste oder unbewusste
Verletzung der Ehre kann den europäischen Geschäftspartner in ernste
Gefahr bringen.
Insbesondere in den paschtunischen
Gebieten gebietet es die Tradition,
dass ein Gast gut und reichlich bewirtet wird und für seine Sicherheit
gesorgt wird. Arme Familien kann
diese Gastfreundschaft in große
Not bringen. Bei reichen Familien
darf der deutsche Geschäftspartner
die Gastfreundschaft auch, wenn
er möchte, über Nacht und längere
Zeit genießen. Bei Besuchen der
afghanischen Geschäftspartner in
Europa werden üppige Einladungen zum Essen erwartet. Manche
Afghanen essen aber nur Halal,
also Speisen, die nach islamischem
Recht erlaubt oder zulässig sind.
Dann sind nur Einladungen in gute
konservative afghanische Restaurants möglich.
Pünktlichkeit
Von den deutschen Geschäftspartnern wird Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit erwartet. Auf der anderen
Seite hat jeder Verständnis dafür,
Die Familie im weiteren Sinne
besteht aus mehreren Tausend
mehrfach verwandtschaftlich verbundenen Personen. Im Normalfall
wird nur innerhalb dieser Großfamilie geheiratet. Dieser Familie steht
ein Familienoberhaupt vor, das in
einer offiziellen Zeremonie dazu
nach traditionellen Regeln ernannt
wurde. Entscheidungen werden in
letzter Instanz durch diese Person
getroffen - weltweit. Dies kann
dazu führen, dass von deutschen
oder afghanischen Gerichten
getroffene Entscheidungen nicht
umgesetzt werden. Regelmäßig
sitzen Unschuldige in Deutschland,
Afghanistan und anderen Ländern
klaglos Strafen ab, für Straftaten,
die andere begannen haben, weil
das Familienoberhaupt - nach
Diskussion in der Familie - dies so
bestimmt hat.
Germany Trade & Invest www.gtai.de 41
Kultureller Hintergrund
dass die Sicherheitslage oder auch
persönliche Umstände zu einer
Verspätung nicht nur von Stunden,
sondern sogar von Tagen oder Wochen führen können. Eine Erklärung
oder gar eine Entschuldigung wie in
Deutschland ist gänzlich unüblich
und wirkt lächerlich.
Verhaltensweisen
Entscheidungen
Entscheidungen werden niemals
erläutert. Eine verbindliche Entscheidung kann auch durch einen
minderjährigen Sohn der Familie
oder einen Angestellten getroffen
werden, wenn das Familienoberhaupt ihn für fähig hält. Die Frage
nach dem „Warum“ ist in Afghanistan unüblich. Der Europäer, der eine
Begründung für eine Entscheidung
erwartet, stößt auf Unverständnis.
Die wahren Beweggründe werden
ihm nicht mitgeteilt werden.
Umgang mit Verträgen
Schriftliche Verträge sind auch bei
großen Geschäften nicht üblich.
Wichtig ist, dass für beide Seiten
das Geschäft gut ist. Entscheidend
ist das gesprochen Wort und nicht
der unterschriebene Text. Dabei ist
entscheidend, was der Geschäftspartner verstanden hat. Um seinen
Gegenüber nicht zu verletzen, wird
der Partner es vermeiden, „Nein“ zu
sagen. Alles außer einem ausdrücklichen „Ja“ bedeutet eine Ablehnung. Auch ein mit irrationalen
Forderungen verknüpftes „Ja“ ist
ein verklausuliertes „Nein“.
Korrektes Sitzen
Die wohlhabenden Unternehmerfamilien haben ein separates Haus
oder zumindest ein separates
Zimmer, in dem Gäste empfangen
42 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
werden. Üblicherweise sitzen die
Gäste und der Gastgeber auf Kissen
an einer Wand. Eventuell hat der
Gastgeber für seine europäischen
Gäste Tische und Stühle besorgt.
Insbesondere konservative Gastgeber freuen sich über europäische
Gäste, die korrekt auf den Kissen
am Boden sitzen können. Dass die
Räume nicht mit Schuhen betreten
werden dürfen, ist selbstverständlich, gilt aber nicht unbedingt für
Büros.
Niemals - auch nach vielen Stunden
nicht - dürfen die Fußsohlen in
Richtung einer anderen Person
gestreckt werden. Europäer dürfen
aber um eine Decke bitten, mit der
sie ihre Beine und Füße bedecken
können. Seriös ist, die Füße im
Schneidersitz unter dem eigenen
Körper zu verstecken. Erlaubt ist
aber auch, sich eines der Rückenkissen zu nehmen, um sich darauf
seitlich halb liegend abzustützen.
Körperliches Berühren
Männer können sich gegenseitig
auch in der Öffentlichkeit anfassen.
Hand in Hand durch die Stadt zu
gehen ist nicht peinlich. Männer
fassen sich gegenseitig auch an
die Schultern, ja selbst an die
Oberschenkel, ohne dass dies als
Annäherungsversuch interpretiert
wird. Dabei bleiben die Männer aber
bei einem höflichen und förmlichen
„Sie“.
Frauen dürfen durch Männer
niemals berührt oder angesprochen werden. Schon das Anschauen kann gegen die guten Sitten
verstoßen. Nur wenn eine Frau von
sich aus die Hand entgegenstreckt,
darf diese geschüttelt werden.
Auch dann ist es besser, die Frau
nicht anzuschauen und schon gar
nicht anzusprechen. Es gibt auch
selbstbewusste, gebildete und
durchsetzungsstarke afghanische
Geschäftsfrauen. Für einen europäischen Geschäftsmann ist es aber
am sichersten, alle afghanischen
Frauen bewusst zu meiden.
Gespräche und Umgang mit Frauen
Auch wenn sich Geschäftspartner seit vielen Jahren kennen, so
bleiben sie immer förmlich im
Gespräch, um den anderen nicht
zu verletzen. Selbst afghanische
Herrenwitze muten Europäern an
wie Kinderwitze. Afghanen sind
zudem sehr schnell gekränkt. Über
Geschäfte kann erst dann gesprochen werden, nachdem sich die
Geschäftspartner kennengelernt
haben und sich vertrauen. Umgekehrt entwickelt sich der private
Umgang mit Geschäftspartnern nur
langsam.
Der Gesprächspartner erwartet,
dass sich die Partner zu Beginn
eines Treffens ausgiebig nach dem
Befinden erkundigen. Männer sollten
aber niemals nach dem Befinden der
Frauen fragen. Grundsätzlich wird
niemals über die Frauen der Familien gesprochen. Sehr selten werden
Frauen vorgestellt. Auch dann darf
der Geschäftspartner die Frauen
nicht anschauen. Ein falscher Blick
kann zum Abbruch der Geschäftstätigkeiten führen. Auch nach vielen
Jahren erfolgreicher geschäftlicher
Kontakte dürfen die Geschäftspartner die Frauen der Geschäftsfreunde
nicht kennenlernen. Über die Ehefrauen und Töchter zu sprechen ist
nicht angebracht.
Bei Einladungen in Privaträume ist
es sicherer, den Gastraum nicht zu
verlassen. Es wäre ein großes Unglück für die Frauen, aber auch für
die Geschäfte, wenn der männliche
Geschäftspartner eine der Frauen
des Hauses zu Gesicht bekäme.
Der europäische Mann lässt sich
zur Toilette begleiten. Dabei darf er
nicht herumschauen. Er kehrt zügig
auf kürzestem Weg in den Gastraum
zurück.
Viele Afghanen sind aber mit
europäischen Sitten mittlerweile
vertraut. Fehler werden zum Teil
hingenommen. Niemals wird der
Europäer auf Fehler hingewiesen.
Vielmehr ist der Geschäftspartner
plötzlich nicht mehr zu erreichen
und die Ware wird nicht geliefert.
Auch hier wird keine Begründung
gegeben.
Regeln für Frauen
Für europäische Frauen gelten
grundsätzlich andere Regeln. Da
Frauen als nur bedingt geschäftsfähig gelten, werden ihnen Fehler
im Geschäftsgebaren schneller verziehen. Selbstverständlich dürfen
Europäerinnen auch bei den Frauen
sitzen. Sie werden von den Frauen
sicherlich während des Gesprächs
auch mal angefasst. Sichere Geschäfte können Europäerinnen dann
machen, wenn der Geschäftspartner sie mit zu seinem Vermögen
zählt - wie sein Auto, Haus und
seine Ehefrauen. Im Gegenzug wird
erwartet, dass die Europäerin die
Grundregeln des (afghanischen)
Anstands einhält.
Kopftuch ist nicht Pflicht, aber es
erleichtert die Gespräche sehr. Bei
konservativen Gesprächspartnern
reicht das Kopftuch beziehungsweise ein zweites Tuch bis über
die Taille. Sonst reicht ein dünnes, durchscheinendes Tuch, das
aber groß genug ist, um Kopf und
Schulter zu bedecken. Auch müssen
die Arme und Beine bis über die
Knöchel bedeckt sein. Um bei geschäftlichen Gesprächen respektiert zu werden, tragen Frauen am
besten einen guten europäischen
Anzug, dessen Jackett den Po
vollständig bedeckt. Die Bluse muss
hoch geschlossen sein. Toleriert
wird etwas freizügigere Kleidung
bei Mitarbeiterinnen von NGOs und
zum Beispiel deutschen staatlichen
Einrichtungen, weil man sich hier
finanzielle Zuwendungen erhofft.
Bei Gesprächen gilt Lachen, selbst
Lächeln, als erotisch. Es verwirrt
den Geschäftspartner. Frauen zeigen bei ernsten Gesprächen keine
Emotionen. Im Allgemeinen werden
Wünsche, die durch deutsche, aber
auch afghanische Frauen in der Öffentlichkeit geäußert werden, durch
die Männer gern erfüllt.
Selbstverständlich wird kein Mann
einer Frau durch Berührung helfen.
Beim Aussteigen aus dem Auto
muss frau alleine zurechtkommen.
Stolpert sie, werden alle Männer zur
Seite springen oder sich wegdrehen.
Alkohol darf von Frauen nicht
angerührt werden, das gilt auch
für Bier und Wein. Selbst wenn alle
Männer um sie herum trinken und
ihr Alkohol angeboten wird, wird sie
ihr Gesicht verlieren. Frauen sollten
in Afghanistan niemals rauchen.
Geschäftsessen
Eine Einladung zum Essen abzulehnen ist immer unhöflich. Es wird erwartet, dass der Gast reichlich isst.
Der Gast sollte das Essen mehrfach
dankend ablehnen. Der Gastgeber
wird dies ignorieren und als höfli-
ches Verhalten interpretieren. Er
wird es sich nicht nehmen lassen,
den Teller des Gastes persönlich zu
füllen. Nicht von allem reichlich zu
essen ist unhöflich. Der Teller muss
aber nicht leer gegessen werden.
Wer nichts mehr essen oder trinken
möchte, hält die Hände über das
Glas oder den Teller und schaut
grimmig. Die Verhaltensweisen
beim Essen sind entscheidend von
der jeweiligen Familie abhängig.
Die Hände werden vor dem Essen
gründlich gewaschen. Eventuell
kommt vor dem Essen einer der
Jugendlichen des Hauses und
reicht Wasser, Seife und Handtuch. Üblicherweise wird auf dem
Boden sitzend mit der rechten
Hand gegessen. Die linke Hand
wird nur selten wie zum Beispiel
beim Auseinanderreißen des Brotes
genutzt. Der Reis wird mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger vom
Rand des Tellers genommen. Der
Daumen schiebt den Reis über die
Finger in den Mund. Gegessen wird
sehr ordentlich und sauber, zumal
manchmal bis zu drei Personen
von einem Teller essen. Jeder isst
vom Rand zur Mitte hin. Auch der
Pudding oder Milchreis wird so
gegessen. Der Gast darf sich nicht
am Tischdecken oder am Abräumen
nach dem Essen beteiligen.
In Afghanistan wird viel Alkohol
getrunken, besonders von liberal
eingestellten Personen in leitender
Funktion. Alkohol zu trinken ist aber
riskant, weil es viele strikte Gegner
gibt. Im Zweifel kann jeder Alkohol
ablehnen, sein Ansehen wird damit
steigen. Rauchen - auch Zigaretten in Räumen oder in Anwesenheit des
Gastgebers ist gesellschaftlich nicht
toleriert. Auch erwachsene Söhne
Germany Trade & Invest www.gtai.de 43
Kultureller Hintergrund
rauchen nicht vor ihrem Vater. Rauchen in Anwesenheit von Respektpersonen ist eine Beleidigung.
In allen großen Städten gibt es
Restaurants, die auch in Hamburg
oder München so stehen könnten.
Die Preise sind dort mit denen in
guten Restaurants in Deutschland
vergleichbar. Die Bedienung stammt
oft aus dem Ausland und ist für
afghanische Verhältnisse freizügig
angezogen. An dem einen Nachbartisch sitzen vielleicht Mitglieder
des Königshauses, am nächsten
europäisches Sicherheitspersonal
und am dritten Tisch vielleicht Sympathisanten der Taliban. Alkohol
trinken, rauchen, laut sprechen
oder lachen ist nicht angebracht.
Auch wenn der Geschäftspartner
protestiert - es wird erwartet, dass
bei längeren Besuchen auch der
Gast Kosten übernimmt. Nur durch
gute Planung kann der Europäer
die Rechnung begleichen. Er darf es
nicht zu einer Diskussion kommen
lassen, sondern muss die Rechnung
diskret rechtzeitig verlangen. Die
Rechnung wie in Deutschland zu
teilen ist unter keinen Umständen
möglich.
Original afghanische Restaurants
haben häufig einen Frauenraum,
den Männer nur in Begleitung von
Frauen betreten dürfen. Überwiegend stehen in den Restaurants in
Kabul Tische und Stühle. Außerhalb
Kabuls haben viele Restaurants
nur „Tische“. Auf diesen Tischen
sitzt man im Schneidersitz mit dem
Rücken zum Gang und isst vom
Plastikläufer in der Tischmitte.
44 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Kleidungsregeln
Männer und Frauen tragen zu geschäftlichen Treffen Anzüge, wie sie
auch in Europa üblich sind. Afghanische Kleidung wird von Europäern
nur in der Freizeit getragen. Männer
können sich einen Vollbart wachsen
lassen. In Privaträumen und manchen Büros wird auf Socken oder
barfuß gelaufen.
Umgang mit Technik
Fernseher und Handys sind in
Afghanistan sehr weit verbreitet.
Handys werden mit Prepaidkarten
betrieben. Festnetzanschlüsse
sind nicht üblich. In Kabul gibt es
mobiles Internet in guter Qualität.
Überall gibt es Internetcafés, die
einen passablen Zugang samt Skype
bieten.
Risiken im Umgang
mit staatlichen
Einrichtungen
Europäische Geschäftsleute sollten
jegliche illegalen Forderungen
ablehnen. Für eine Problemlösung
kann man seinen erfahrenen afghanischen Geschäftspartner um Hilfe
bitten. In Afghanistan gibt es keine
Geheimnisse, da sehr viel geredet
wird. Schnell ist im ganzen Land bekannt, wer bereit ist, Bestechungsgelder zu zahlen.
Insbesondere außerhalb Kabuls
wird auf Basis der jeweiligen
Tradition entschieden und nicht
nach staatlichen Gesetzen. In ganz
Afghanistan aber führen Verhaltensweisen, die der Bevölkerung
schaden können, zu Gefängnisstra-
fen. Beispiel: Mitarbeiter sind auf
ihre Gehälter angewiesen, auch
wenn sie keinen schriftlichen Arbeitsvertrag haben. Die verspätete
Auszahlung von Gehältern bringt
den für die Gehaltszahlung zuständigen afghanischen Mitarbeiter
sofort ins Gefängnis.
Besser gefeit gegen den etwaigen
Verstoß gegen Gesetze ist, wer mit
afghanischen Behördenmitarbeitern
oder Geschäftspartnern vorsichtig
freundlich und nicht ungeduldig
umgeht. Sie helfen dem Ausländer
dann gerne, nicht unwissentlich ein
Gesetz zu übertreten.
Gerichtliche Entscheidungen
können häufig nicht durchgesetzt
werden. Der bedrängte unterlegene Gegner vor Gericht wehrt sich
oft mit Waffengewalt. Afghanische
Geschäftsleute sind häufig mit einer
Pistole unter dem Jackett bewaffnet. Einflussreiche Personen kommen selbst nach Kapitalverbrechen
manchmal nach nur wenigen Tagen
aus dem Gefängnis frei.
Nicht immer werden Leistungen
an den afghanischen Staat zügig
bezahlt, Schwierigkeiten sind hier
die Regel. Wer hier ohne seriöse,
kompetente und durchsetzungsstarke afghanische Partner arbeitet,
erhält sein Geld vielleicht nie.
Cornelia H. Lehmann (advisa Unternehmensberatung)
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen
Auslandsfinanzierte
Projekte und
Ausschreibungen
Bedeutung staatlicher
Aufträge
Etliche der in Afghanistan engagierten deutschen Unternehmen
arbeiten direkt oder indirekt im
Bereich des Wiederaufbaus. Er
wird finanziert von ausländischen
Organisationen und, zu einem
kleineren, aber zunehmenden Teil,
von der afghanischen Regierung.
Dies spiegelt sich in den Schwerpunktsektoren der Firmen wider
(Bauwirtschaft, Beratung, Gesundheitssektor, Handel). Leistungen
werden sowohl bei Vorhaben der
Entwicklungszusammenarbeit (EZ)
nachgefragt als auch von internationalen Streitkräften und für den
Aufbau der afghanischen Polizei.
Die Anzahl westlicher Unternehmen
in Afghanistan ist angesichts der
prekären Sicherheitslage begrenzt.
Manche wundern sich über Grundstückspreise, die in den Innenstädten europäisches Niveau erreichen
können. Ohne Kooperationspartner
mit guten Afghanistankenntnissen
ist es sehr schwierig, auf dem Markt
Fuß zu fassen.
Derzeit sind bei der Investitionsförderagentur AISA 45 Unternehmen
als „deutsch“ oder „deutsch-afghanisch“ registriert. Im Mai 2011
waren laut Homepage des Verbands
Beratender Ingenieure in Berlin
16 Branchenfirmen in Afghanistan
tätig. Hinzu kommen nach Auskunft
der Deutschen Botschaft in Kabul
zahlreiche deutsche Firmen, die
Afghanistan aus Pakistan, Indien
oder anderen Ländern bedienen.
Viele der in Afghanistan ansässigen
Firmen sind klein und werden von
Deutsch-Afghanen betrieben.
Umfang der Entwicklungszusammenarbeit
Afghanistan war 2009 nach Zahlen
der OECD weltweit das größte
Empfängerland für offizielle Entwicklungszusammenarbeit (Official
Development Assistance, ODA). Die
Netto-Zuflüsse stiegen von 0,4 Mrd.
US$ (2001) kontinuierlich auf 6,1
Mrd. US$ (2009). Die Entwicklungszusammenarbeit erreichte damit
42% der gesamten offiziell erfassten
Wirtschaftsleistung Afghanistans.
Von den Entwicklungsausgaben des
Landes finanzierten internationale
Geber im Haushaltsjahr 2009-2010
fast drei Viertel.
Für 2010, die OECD hat für 2011
noch keine Zahlen veröffentlicht,
summiert das britische Department
for International Development die
ODA-Ausgaben der wichtigsten
Geber auf 5,1 Mrd. US$. Für die USA
alleine, den mit Abstand größten
Geber, bewilligte der US-Kongress
für das Finanzjahr 2010 zivile
Afghanistan-Hilfen von 4,2 Mrd. US$
und damit die Hälfte mehr als im
Vorjahr.
Das afghanische Finanzministerium
kommt für 2010 auf Gesamt-Zuflüsse von 10,9 Mrd. US$, was 71%
der offiziellen Wirtschaftsleistung
entsprochen hätte. Das Ministerium
wies allerdings für die vergangenen
Jahre (außer für 2009) jeweils einen
etwa doppelt so hohen ODA-Wert
aus wie die OECD. Die afghanische
ODA-Definition umfasst mehr
Offizielle Entwicklungszusammenarbeit (ODA, Mio. US$)
Empfänger/Geber
2005
2007
2008
2009 2001-2009
2.818
3.965
4.865
6.070
26.272
2,6
3,7
3,8
4,8
k.A.
22.046
9.185
9.880
2.791
k.A.
1.607
2.244
1.539
2.781
k.A.
35.704
39.305
43.926
47.609
k.A.
1.318
1.514
2.112
2.987
10.974
99
217
294
338
1.360
Empfänger
.Afghanistan
.Anteil Afghanistans an
ODA für alle Entwicklungsländer (%)
Irak
Pakistan
Afrika
Geber Afghanistans
.USA
.Deutschland
Quellen: OECD, Statistics on Resource Flows to Developing Countries; Fortschrittsbericht Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags, Dezember 2010
Germany Trade & Invest www.gtai.de 45
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen
ausländische Unterstützung für
die Sicherheit. Aber auch manche
Regierungen ausländischer Geber
versuchen nach Meinung von Beobachtern, einige eher militärbezogene
Ausgaben zivilen Zwecken zuzurechnen, weil diese der Öffentlichkeit
im Heimatland besser vermittelbar
seien.
Aus den USA kamen 2001 bis 2009
gut zwei Fünftel der gesamten ODA.
Deutschland steuerte in diesem
Zeitraum 5,2% bei und wurde
2010 zum drittgrößten Geber nach
den USA und Japan. Ein aktueller
Bericht des US-Senats („Evaluating
U.S. Foreign Assistance To Afghanistan“) beziffert die zivile US-Hilfe
für Afghanistan 2002 bis 2010 auf
18,8 Mrd. US$.
Etwa ein Sechstel der ODA für
Afghanistan floss in den letzten
Jahren über multilaterale Kanäle.
Wichtige Geber sind die Weltbank,
die Asiatische Entwicklungsbank
(ADB) und verschiedene UN-Organisationen. Es gibt eine Vielzahl
von Fonds. Der Weltbank-geführte
Afghanistan Reconstruction Trust
Fund (ARTF) sammelte seit seiner
Einrichtung 2002 etwa 3,7 Mrd. US$
ein, wozu Deutschland 203 Mio.
Euro beisteuerte. Das aktive Investitionsportfolio des ARTF betrug im
Juni 2010 gut 1 Mrd. US$. Deutschland hatte für 2010 rund 48 Mio.
US$ zugesagt und die Hälfte davon
für nationale Investitionsprogramme zweckgebunden.
Sektoral flossen von 2002 bis 2008
rund 44% der gesamten ODA in
soziale Dienstleistungen und Infrastruktur, vor allem Gesundheit,
Bildung und Wasserversorgung.
Etwa 21% gingen in den Bereich
Wirtschaftsentwicklung, unter
46 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
anderem in die Energieversorgung,
den Transport und das Finanzwesen, 17% in die humanitäre Hilfe.
Der Großteil der ODA, nämlich 82%
im Zeitraum 2002 bis 2010, umging
laut afghanischem Finanzministerium den Staatshaushalt. Diese
Mittel wickelten die Geber über ihre
eigenen Organisationen ab. Die Verwendung der anderen 18% managte
die Regierung, verwaltet überwiegend durch Fonds, die von multilateralen Agenturen geführt sind:
ARTF, Law and Order Trust Fund for
Afghanistan und Afghanistan Peace
and Reintegration Trust Fund.
Zusätzliche Hilfe leisten Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Deren
finanzieller Beitrag ist allerdings
schwer zu erfassen, und ein Teil
ihrer Mittel stammt aus staatlichen Fonds, die wiederum zur ODA
zählen. Deutschland unterstützte
NGOs laut Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) von 2002
bis 2010 mit 170 Mio. Euro. Das war
knapp ein Zehntel der gesamten
Afghanistan-Hilfe Deutschlands in
diesem Zeitraum.
Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
in Afghanistan sind ausländische
Finanzmittel, die jenseits der Entwicklungszusammenarbeit ins Land
fließen, und das in großem Umfang.
Alleine das US-Verteidigungsministerium hatte im Fiskaljahr 2010 laut
US Congressional Research Service
seinen Vertragspartnern in Afghanistan 11,8 Mrd. US$ zu zahlen. Dies
war nicht viel weniger als die gesamte offizielle Wirtschaftsleistung
des Landes 2009 (14,2 Mrd. US$).
Bei diesen US-Vertragspartnern
standen im März 2011 etwa 90.000
Personen in Lohn und Brot, wovon
die Hälfte Afghanen waren. Außer
mit Sicherheitsdiensten befassten
sich die Firmen vor allem mit Bau,
Logistik und Transport sowie Übersetzungen.
Zu nennen ist auch der Schuldenerlass seitens ausländischer Gläubiger. Das afghanische Finanzministerium beziffert den Erlass nach
der 1996 beschlossenen Heavily
Indebted Poor Countries Debt Initiative auf 10,5 Mrd. US$.
Viele Beobachter bezweifeln Sinn
und Nachhaltigkeit der ausländischen Afghanistan-Hilfe, zumindest
von Teilen davon. Ausdruck findet
dies in dem aktuellen Bericht des
US-Senats. Der massive Zufluss von
US-Mitteln fördert demnach Korruption und schafft kontraproduktive
Anreize. Etliche Hilfsprogramme
würden nach Beendigung der ausländischen Unterstützung wieder
eingehen, weil sie zu kurzfristig angelegt oder nicht mit den Strukturen
in Afghanistan vereinbar seien.
Auch die Geschäfte deutscher
Firmen dürften deutlich schlechter
laufen, sollten Truppen und möglicherweise Unterstützung aus dem
Ausland ab 2014 oder früher tatsächlich nach und nach abgezogen
werden. Mit dem Austrocknen der
EZ-Landschaft fiele für etliche deutsche Unternehmen die Geschäftsgrundlage weg. Die verbliebenen
Firmen müssten sich auf einen
Einbruch der restlichen Wirtschaft
einstellen, wenn die Einschätzung
der Weltbank zutrifft: Demnach
basiert praktisch das gesamte
afghanische Bruttoinlandsprodukt
(97%) auf Zahlungen ausländischer
Truppen und Helfer.
Deutsche Firmen und
Entwicklungszusammenarbeit
Die wesentlichen staatlichen
Entwicklungsorganisationen
Deutschlands und damit potenzielle
Partner für deutsche Firmen sind in
Afghanistan die KfW Entwicklungsbank und die Deutsche Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit
(GIZ). Die KfW hilft in Zusammenarbeit mit Consultants mit günstigen Krediten und Zuschüssen, die
GIZ leistet mit Fachkräften vor Ort
technische Hilfe und Beratung. Die
Mittel dafür stammen hauptsächlich
von der Bundesregierung (BMZ und
Auswärtiges Amt, AA), aber auch
von internationalen Gebern. Kunden
deutscher Unternehmen sind in Afghanistan auch die Bundeswehr und
das Bundesinnenministerium (BMI),
das für die Hilfe beim Polizeiaufbau
zuständig ist.
Ausländische Firmen bekommen
EZ-Aufträge offensichtlich überproportional bei Vorhaben, die vom
jeweiligen Heimatland finanziert
werden. „An Projekte der Amerikaner ist für deutsche Unternehmen
schwer heranzukommen“, meint
etwa ein deutscher Beobachter.
Aber auch für den umgekehrten
Fall gibt es Indizien. Dies zeigt eine
Zusammenstellung des BMZ zur
deutsch-afghanischen Entwicklungszusammenarbeit vom April
2010. Bei 20 laufenden Verträgen
mit internationalen Consultants
entfielen etwa 90% des Vertragswerts von insgesamt 34 Mio. Euro
auf deutsche Firmen, der Rest ganz
überwiegend auf ein Schweizer Unternehmen. Andererseits wird zum
Beispiel ein laufendes KfW-Vorhaben, das in der BMZ-Aufstellung
nicht enthalten ist, von Thales aus
Frankreich umgesetzt, ein weiteres führt eine türkische Baufirma
durch.
Dabei verweisen KfW und GIZ darauf, die Beschaffung von Gütern und
Dienstleistungen den Regeln gemäß
so auszuschreiben, dass sich auch
ausländische Firmen bewerben
können. Die GIZ etwa beschafft nur
Sachgüter in „freihändiger Vergabe
mit Wettbewerb“ bis zu einem Wert
von 20.000 Euro. Wird diese Grenze
überschritten, sind verschiedene
Formen der Ausschreibung vorgesehen. Ab einem Wert von 193.000
Euro müssen die Tender für Waren
und Dienstleistungen normalerweise europaweit ausgeschrieben
werden.
Ein typisches Afghanistan-Projekt
der KfW etwa in der Wasserversorgung entsteht, nachdem die
grundsätzliche Finanzierung aus
Deutschland für den Bereich
gesichert ist und Experten einen
bestimmten Bedarf festgestellt
haben. Grundlage des Vorhabens
ist dann eine Machbarkeitsstudie.
Übersteigen die Kosten dieser Studie einen bestimmten Betrag, wird
ihre Erstellung ausgeschrieben,
mit der GIZ oder einem (anderen)
Consultant als Gewinner. Die Ausschreibungen für das Projekt selbst
erfolgen dann auf der Grundlage
der Machbarkeitsstudie.
AusschreibungsPlattformen
KfW und GIZ veröffentlichen auf
ihren Internetseiten detaillierte Informationen zu ihrem Vorgehen bei
Beschaffungen und Ausschreibungen allgemein sowie den Vorhaben
in Afghanistan. KfW-Ausschreibungen werden in den „Nachrichten für
Außenhandel“ (NfA) veröffentlicht.
Das zentrale deutsche Internetportal für Tender im Ausland betreibt
Germany Trade & Invest (gtai) unter
www.gtai.de. Aufgeführt sind dort
Ausschreibungen von KfW, GIZ und
anderen Organisationen weltweit.
Weitere Ausschreibungen veröffentlicht der Tenders Electronic Daily
(http://ted.europa.eu), ein OnlineDienst der Europäischen Union.
Foto: © GIZ
Germany Trade & Invest www.gtai.de 47
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen
Die gtai veröffentlichte 2010 zu
Afghanistan 162 öffentliche Ausschreibungen. Knapp zwei Fünftel
davon waren von der Weltbank
finanziert, und bei über der Hälfte
ging es um Beratungsprojekte.
Darüber hinaus publizierte die gtai
2010 zu Afghanistan 25 Projekthinweise der KfW und internationaler
Organisationen. Dies sind Vorab-Informationen über Vorhaben, die erst
später - voraussichtlich - zur
Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu
Afghanistan 2010 nach Finanzierung
Finanzierung
Anzahl
Weltbank-Gruppe
63
GIZ
22
Asiatische Entwicklungsbank (ADB)
18
United Nations Office for Project Services (UNOPS)
16
KfW
12
EU-Kommission/Europäische Union
11
United Nations Development Programme (UNDP)
Andere
Insgesamt
9
11
162
Quelle: Germany Trade & Invest
Ausschreibungshinweise internationaler Organisationen zu
Afghanistan 2010 nach Branche
Branche
Anzahl
Consulting
88
Wasser/Abwasser
12
Stromerzeugung, -verteilung
11
Fahrzeugbau
8
EDV, Telekommunikation
7
Verkehrsinfrastruktur
7
Bauwirtschaft
6
Maschinen- und Anlagenbau
5
Messtechnik, Feinmechanik
5
Andere
Insgesamt
Quelle: Germany Trade & Invest
48 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
13
162
Ausschreibung gelangen. Auch
bei der Mehrzahl dieser ProjektFrühinformationen (14) war eine
Finanzierung durch die Weltbank
geplant. Bei sechs Vorhaben ging es
um Landwirtschaft oder Viehzucht,
bei fünf um öffentliche Verwaltung
und bei vier um Energiewirtschaft.
In Afghanistan informiert der
Afghanistan Reconstruction & Development Services über staatliche
Ausschreibungen (www.ards.gov.af).
Die Behörde ist im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Die eigentliche Auftragsvergabe findet meist in
den Ministerien unter Einbeziehung
des Finanzministers statt.
Umfang und Verwendung deutscher
Entwicklungszusammenarbeit
Deutschland leistete von 2002 bis
2009 etwa 1,5 Mrd. Euro für die
Entwicklungszusammenarbeit in
Afghanistan, mit zunehmender
Tendenz. Im Jahr 2010 waren es
mit 430 Mio. Euro fast doppelt so
viel wie im Vorjahr. Diesen Betrag
will die Bundesregierung bis 2013
jährlich aufbringen. Davon stammen
250 Mio. vom BMZ und 180 Mio. vom
AA.
Schwerpunktmäßig förderte das
BMZ von 2002 bis 2010 mit 162 Mio.
Euro die „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“. Davon gingen 56 Mio.
Euro in den Bau von Straßen und
Brücken. Für die Trinkwasserversorgung gab das Ministerium im
gleichen Zeitraum 83 Mio. Euro aus,
für die Energieversorgung 122 Mio.,
für die Grund- und Berufsbildung
100 Mio. Mit einigen Millionen Euro
förderte das BMZ zudem den (Wieder-) Aufbau wirtschaftspolitischer
Institutionen wie der afghanischen
Industrie- und Handelskammer
ACCI, der Investitionsförderagentur
AISA und der Exportförderagentur
EPAA. Dies könnte vorteilhaft sein
für deutsche Firmen, die in Kontakt
mit diesen Organisationen treten.
In den nördlichen Provinzen, in
denen die Bundeswehr präsent
ist und Deutschland besondere
Verantwortung für Wiederaufbau
und Entwicklung übernommen
hat, fördert die Bundesregierung
Infrastrukturprojekte. Hierzu gibt
es für den Zeitraum 2010 bis 2013
einen regionalen Fonds zur Kapazitätsentwicklung (voraussichtlich
56 Mio. Euro) und einen regionalen
Infrastrukturfonds (voraussichtlich
81 Mio. Euro). Die Auswahl der Projekte nehmen die Entwicklungsräte
der Provinzen vor, so die Bundesregierung in ihrem Fortschrittsbericht
Afghanistan 2010. Begleitet werden
die Projekte von KfW, GIZ oder
anderen Durchführungsorganisationen. Einer der größten Durchführer
für kleinere Infrastrukturprojekte ist
für die Deutsche Botschaft das Aga
Khan Development Network.
Das AA verwendet einen großen
Teil seiner Mittel für den Aufbau
der afghanischen Polizei durch
das BMI. Dazu gehören Ausbildung
und Training sowie der Aufbau von
Infrastruktur (Trainingszentren,
Polizeiwachen, Checkpoints) und
Ausstattung. Im Jahr 2011 sollen es
wie im Jahr zuvor 77 Mio. Euro sein.
Die deutschen Gesamtkosten für
diese Polizeihilfe stiegen zwischen
2002 und 2009 deutlich. Sie beliefen
sich in dem Zeitraum auf 161 Mio.
Euro, wie aus einer ausführlichen
Stellungnahme der Bundesre-
gierung zum Afghanistan-Einsatz
vom September 2010 hervorgeht
(Deutscher Bundestag, Drucksache
17/2878). Mit Beträgen in Milliardenhöhe jährlich unterstützen die
USA den Aufbau der Sicherheitskräfte.
Deutschland gab 2002 bis 2009
beim Polizeiaufbau 45 Mio. Euro für
Baumaßnahmen und knapp 26 Mio.
Euro für Ausstattung aus. Ausrüstungen wie etwa sondergeschützte
Fahrzeuge erhält das BMI über
das eigene Beschaffungsamt in
Deutschland, meist über Rahmenverträge. Für die nächste Zeit sind
laut BMI allerdings keine größeren
Anschaffungen geplant.
Kleine Baumaßnahmen werden
nach Möglichkeit an lokale Firmen
vergeben. Die Errichtung von Trainingszentren, Dienstgebäuden und
Polizeiwachen erfolgt meist durch
die GIZ, deren Projektimplementierungseinheit den Bau wiederum
ausschreibt. Die EZ-Organisationen
anderer Länder sind bei diesen
Aufträgen laut BMI bisher nicht in
Konkurrenz zur GIZ getreten.
Im Jahr 2010 waren laut Bundesregierung 52 private Militär- und
Sicherheitsdienstleister im afghanischen Innenministerium registriert.
Die ausländischen Firmen stammten fast ausschließlich aus den USA
und dem Vereinigten Königreich.
Insgesamt waren bei ihnen 4.000
ausländische Mitarbeiter registriert.
Das AA unterstützt Afghanistan
außerdem beim Aufbau von Transportinfrastruktur (Zivilflughafen
Mazar-e Sharif, Luftüberwachungssystem MLAT, Straßen, Brücken,
Verwaltungsgebäude), beim Bau von
Schulen sowie bei der Rehabilitie-
rung von Gesundheitseinrichtungen
(Provinz- und Distriktkrankenhäuser, Basisgesundheitszentren).
Größere Maßnahmen schreiben GIZ
und KfW nach den dargestellten Regeln aus. Hinzu unterstützt das AA
Sekundar- und Hochschulbildung,
kulturellen Wiederaufbau, Verwaltungs- und Justizaufbau und die
Reintegration Aufständischer.
Beschaffung von
Zivilgütern
Die Bundeswehr verzeichnete für
ihren Einsatz in Afghanistan in den
letzten Jahren steigende Ausgaben
für „sächliche Verwaltungsaufgaben“. Im Jahr 2010 waren es 217
Mio. Euro, nachdem es zuvor 107
Mio. (2007), 135 Mio. (2008) und
148 Mio. Euro (2009) waren. Für die
weitere Entwicklung der Ausgaben
mag das deutsche Verteidigungsministerium keine Prognose geben.
Für die Bedarfsdeckung der Einsatzkräfte hat die Einsatzwehrverwaltungsstelle in Mazar-e Sharif mit
Außenstellen in Kundus, Faizabad
und Termez 2010 über 7.400 Verträge in Afghanistan geschlossen. Der
Auftragswert lag dabei zwischen 5
und 50.000 Euro.
Zu den „sächlichen Verwaltungsaufgaben“ zählt die Bundeswehr
im Wesentlichen Mehrkosten für
Verpflegung, Geschäftsbedarf,
Frachtkosten (Luft-, See- und
Landweg), Kraftstoffe und andere
Betriebsstoffe sowie Kosten für den
Liegenschaftsbetrieb einschließlich
der Bauunterhaltung. Beschafft
werden die Güter und Dienstleistungen soweit wie möglich vor
Ort. „Regelmäßig“ sind dies laut
Verteidigungsministerium Holz,
Germany Trade & Invest www.gtai.de 49
Auslandsfinanzierte Projekte und Ausschreibungen
Metall, Baumaterial, Schubkarren,
Schaufeln, Klimageräte, ein Teil des
Büromaterials sowie Mobilfunkkarten.
Viele Güter und Dienstleistungen
bezieht die Truppe allerdings über
ihre zentralen Stellen in Deutschland. Gründe sind das eingeschränkte Marktangebot vor Ort
sowie einzuhaltende Qualitätsstandards und Richtlinien. Dazu gehören
unter anderem: Sport- und Spielgeräte, Bürobedarf, Elektromaterial, Sanitärmaterial, Material für
Schlosser- und Malerbedarf, Schilder aller Art (Hinweis-, Verbotsschilder etc.), Schmutzwasserpumpen, Ersatzteile für Bohrmaschinen
und Ähnliches sowie Haustechnikarbeiten und Transportdienstleistungen. In der Tendenz beschaffe
Kontaktadressen
Ausschreibungsplattformen
Afghanistan Reconstruction &
Development Services (staatliche
Ausschreibungen)
Internet: www.ards.gov.af
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
Internet: www.giz.de/de/ausschreibungen.html
Germany Trade & Invest
Internet: www.gtai.de
KfW Entwicklungsbank
Internet: www.kfw-entwicklungsbank.de
50 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
man einen immer kleineren Anteil
in Afghanistan.
Bei zentralen Beschaffungen erfolgt
die Vergabe in Deutschland durch
die zuständigen Referate des Bundesamtes für Wehrverwaltung oder
des Bundesamtes für Wehrtechnik
und Beschaffung. Wenn eine Bekanntmachungspflicht besteht, werden die Ausschreibungen auf der
„EU-Plattform“ (ab 193.000 Euro)
und der Internetplattform „bund.de“
veröffentlicht. Manchmal ist die GIZ
eingebunden und mit der Beschaffung beauftragt. Veröffentlicht wird
dann auch auf www.giz.de. Die GIZ
erstellt im Auftrag der Bundeswehr
Infrastruktur an den Standorten
Kundus und Talokan. Das derzeitige
Volumen aller mit der GIZ geplanten und laufenden Baumaßnahmen
beträgt laut Verteidigungsministeriums 55 Mio. Euro.
Den Auftrag für die Verpflegung in
Afghanistan zum Beispiel hat die
Bundeswehr in Deutschland vergeben. Interessierte Firmen müssen
dafür nicht per se in Afghanistan
ansässig sein, Erfahrungen dort
oder in vergleichbaren Ländern sind
aber von Vorteil. Einen Teil der Verpflegung wie haltbare Essensrationen steuert die Bundeswehr direkt
aus Deutschland bei. Kommissioniert werden die Lieferungen von ihrem Verpflegungsamt in Oldenburg.
Ulrich Binkert (Germany Trade &
Invest)
Tenders Electronic Daily, OnlineDienst der Europäischen Union
für Ausschreibungen
Internet: http://ted.europa.eu
Afghanistan Ministry of Finance
(Daten zu ausländischer Hilfe,
Partnern etc.)
Internet: www.mof.gov.af
Weltbank
Internet: www.worldbank.org
Evaluating U.S. Foreign Assistance To Afghanistan
Committee on Foreign Relations
U.S. Senate, June 8, 2011
Internet: www.gpoaccess.gov/
congress/index.html
Sonstige Informationsquellen
Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2878, Antwort der
Bundesregierung auf eine Große
Anfrage
Internet: http://dipbt.bundestag.de
Fortschrittsbericht Afghanistan
zur Unterrichtung des Deutschen
Bundestags, Dezember 2010
Internet: www.bundesregierung.de
Development Cooperation Report
2010
Verband Beratender Ingenieure
Internet: www.vbi.de
Erfahrungen aus der Praxis
Erfahrungen aus der
Praxis
Erfahrungen und
Einschätzungen
deutscher Firmen
Seit 2001 haben sich mehr als 90
deutsche Unternehmen in Afghanistan niedergelassen. Aktuell gibt
es dort 45 Firmen, die als „deutsch“
oder „deutsch-afghanisch“ registriert sind. Die Mehrheit sieht
sich als Pionierunternehmen, die
ungeachtet schwieriger Rahmenbedingungen in den wachsenden
Markt investieren. Der Schwerpunkt
liegt in den Sektoren Bau, Energie
und Infrastruktur. Weiterhin bieten
deutsche Unternehmen Produkte
und Dienstleistungen in den Bereichen Consulting, Medizintechnik
und Telekommunikation an.
Für ausländische Firmen ist Afghanistan ein Markt mit Risiken: Die
Sicherheitslage ist instabil. Korruption ist allgegenwärtig. Qualifizierte
Arbeitskräfte sind schwierig zu
finden. Dennoch überwiegen aus
Sicht der befragten Unternehmen
die Vorteile. Das internationale
Engagement ermöglicht der afghanischen Regierung, Infrastrukturprojekte voranzubringen. In den
Großstädten wächst die Nachfrage
von Unternehmen und Haushalten
nach ausländischem Know-how.
Diese Investitionsanreize werden
von der instabilen Sicherheitslage
überdeckt. Ausländische Unternehmen sind zwar kein vorrangiges
Angriffsziel, dennoch sind Mitarbeiter vermehrt von Raubüberfällen
und Entführungen betroffen. Um
die Geschäftsaktivitäten vor Risiken
abzusichern, betreiben Unternehmen eigene Analysen der Sicherheitslage. Unter anderem übernehmen sie in stabilen Regionen direkt
Aufträge, während sie in Konfliktgebieten auf lokale Subauftragnehmer
zurückgreifen. Diese Vorgehensweise ist nötig, da materielle Verluste
nicht von Versicherungen und
Garantien abgedeckt werden. In den
Unternehmen überwiegen daher
kurzfristige Planungen.
Das Umfeld bestärkt Firmen, sich
auf Ausschreibungen internationaler Organisationen und Streitkräfte
zu konzentrieren, die auch Risikozuschläge enthalten. Diese Option
wird in den nächsten Jahren an
Bedeutung verlieren. Das ausländische Engagement wird spätestens ab 2013 merklich zurückgehen. Ausländische Unternehmen
müssen sich daher umorientieren.
Die Mehrheit plant, entweder die
Geschäftsaktivitäten zu reduzieren
oder auf absehbare Zeit das Land zu
verlassen.
Neben Sicherheit ist Korruption
die zweite Hürde für ausländische
Investoren. Unternehmen berichten,
dass Korruption in den Beziehungen
zu staatlichen Stellen allgegenwärtig ist. Als Negativbeispiele werden
Steuer- und Zollverwaltungen
genannt. Um unter diesen Bedingungen langfristige Planungen zu
ermöglichen, ist es für Unternehmen unerlässlich, einen engen
Kontakt zu afghanischen Behörden
zu halten. Die Firmen vertreten die
Position, dass Bestechungen nur
kurzfristig eine Lösung darstellen,
langfristig aber höhere Kosten nach
sich ziehen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist überbordende Bürokratie. So wartet zum
Beispiel ein deutscher Ingenieurconsultant seit längerem auf einen
guten Teil des Geldes, das ihm die
Stadt Kabul schuldet. Es geht um
Leistungen für eines der Projekte,
die international finanziert sind,
deren Bezahlung aber die afghanischen Behörden abwickeln. Nach
dem Einreichen von umfangreichen,
mit Originalbelegen zu versehenden
Rechnungen musste den Firmenangaben zufolge jeder Vorgang in der
Verwaltung unzählige Abteilungen
durchlaufen. Dies benötigte immer
wieder aktives Überprüfung und
nachdrückliches Bitten seitens des
Antragstellers. Die Auszahlung
schließlich sollte über das Finanzministerium erfolgen. Auf dem
Projektkonto, auf das die Weltbank
als Finanzierer den Betrag zweckgebunden überwiesen hatte, waren
jedoch am Ende einzelne Beträge
nicht mehr auffindbar. Heute beteiligt sich der Consultant in Afghanistan nur noch an Projekten, die vom
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit finanziert
und direkt mit den Auftragnehmern
abgerechnet werden.
Unter den afghanischen Behörden
gibt es aber auch positive Entwicklungen: Die Afghanische Industrieund Handelskammer (ACCI) organisiert regelmäßig Kooperations- und
Kontaktbörsen, an denen sowohl
ausländische als auch afghanische
Unternehmen teilnehmen. Die
Investitionsagentur Afghan Investment Support Agency (AISA) betreut
ausländische Firmen über einen
„One Stop Shop“ bei der Unternehmensgründung. Diese dauert nicht
länger als eine Woche und erfordert
Ausgaben von bis zu 1.000 US$. Der
AISA-Service endet aber weitgehend
mit der Firmengründung, eine langfristige Beratung für Investoren wird
Germany Trade & Invest www.gtai.de 51
Erfahrungen aus der Praxis
landesweit nicht angeboten. Das
genannte deutsche Ingenieurbüro
etwa hat es auch nach längeren Anstrengungen bisher nicht geschafft,
seine Filiale in Afghanistan wieder
zu schließen.
Eine weitere Hürde für den Unternehmensstart stellt die Einfuhr
von Gütern aus dem Ausland dar.
Als Binnenland ist Afghanistan
vom Transit durch seine Nachbarländer abhängig. Zahlreiche
Zollstreitigkeiten verlangsamen und
verteuern den Import von Waren.
Der Diebstahl von Containern in pakistanischen Häfen führt zu hohen
Transportverlusten.
Michael Paulo (CIM-Fachkraft bei der
Afghanischen Industrie- und Handelskammer)
Foto: © GIZ
Nach der Unternehmensgründung
stehen ausländische Firmen daher
vor zahlreichen Herausforderungen.
Eine ist, qualifiziertes Personal zu
finden. Afghanistan zeichnet sich
durch einen schwierigen Arbeitsmarkt aus. Die Löhne sind im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern höher. Spezialisten insbesondere in technischen Berufen sind
kaum vorhanden. Qualifizierte Afghanen in Deutschland sind schwer
zu einer Arbeit in ihrem Heimatland
zu bewegen, das war zumindest die
Erfahrung der befragten deutschen
Ingenieurfirma. Auf den Mangel
an geeignetem Personal reagieren
ausländische Unternehmen, indem
sie zunehmend auf interne Schulungen setzen. Neben Fachwissen
stehen auch soziale Kompetenzen
im Mittelpunkt. Durch den jahrzehntelangen Bürgerkrieg sind afghanische Arbeitnehmer nicht auf die
Anforderungen moderner Unternehmen vorbereitet.
52 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Interviews
Interviews
ETC Power
Vor sechs Jahren gründeten vier
Firmen aus Deutschland und Polen
die ETC Power in Afghanistan (www.
etc-power.de). Das Unternehmen
baut Solar- und Windanlagen und
bietet alternative Lösungen für die
Energiegewinnung sowie Aufbereitung von Warmwasser. Mit mehr als
45 Mitarbeitern ist ETC Power eine
der größten afghanischen Firmen
im Bereich der erneuerbaren Energien. Das Unternehmen sorgt für
Strom in Gebäuden und plant die
Straßenbeleuchtung in Großstädten.
Gesellschafter von ETC Power sind
ETC Group (Ahrensburg), Lorentz
(Hamburg), Telzas (Warschau, Polen) und Setaplast (Lamprecht).
Interview mit Farzad Alawi, Project
Manager
Die Gesellschafter von
ETC Power haben mehr als 1
Mio. US$ in die
Gründung des
Unternehmens
investiert.
Welche Anreize
hat der afghanische Markt für Ihr
Unternehmen?
Für ein Solarunternehmen ist
Afghanistan ein interessanter
Markt. Zehn Jahre nach dem Ende
des Taliban-Regimes sind nur 15%
der Bevölkerung an das Stromnetz
angeschlossen. Die afghanische
Regierung und internationale Geber
setzen daher verstärkt auf Solarund Windenergie, um ländliche Re-
gionen mit Elektrizität zu versorgen.
Die Weltbank finanzierte den Bau
von 30.000 Solaranlagen. Weitere
Organisationen wie die Asian Development Bank und USAID folgten
mit langjährigen Programmen.
Diese stabile Nachfrage war für
die Gesellschafter von ETC Power
ein starker Anreiz, in Afghanistan
zu investieren. Dabei spielten auch
persönliche Beziehungen zum Land
eine Rolle. Der Präsident von ETC
Power, Alishah Ranjbaryan, sowie
weitere Partner sind in Afghanistan
geboren und während des Krieges
nach Deutschland emigriert. Das
internationale Engagement nach
2001 bot ihnen die Möglichkeit, als
Unternehmer wieder in ihr Heimatland zurückzukehren.
Wie gestaltete sich die Gründung des
Unternehmens?
In Afghanistan ist die Afghan Investment Support Agency (AISA) der
Ansprechpartner für ausländische
Investoren. Für die Registrierung
bietet AISA einen „One Stop Shop“
an. Im Fall von ETC Power erhielten
wir die notwendigen Dokumente
innerhalb einer Woche, um das
Gemeinschaftsunternehmen zu
gründen. Die Kosten beliefen sich
auf unter 1.000 US$.
Afghanistan gilt als Sinnbild eines
schwachen Staates. Nach dem
internationalen Korruptionsindex von
Transparency International befindet
sich das Land auf dem drittletzten
Platz. Wie sind Ihre Erfahrungen mit
anderen staatlichen Stellen?
Die positiven Erfahrungen mit AISA
sind leider eine Ausnahme. Insbesondere die Beziehungen zu den
Finanz- und Zollbehörden gestalten
sich schwierig. In diesen Bereichen zählen Gesetze wenig. Dies
schafft Möglichkeiten für staatliche
Beamte, verdeckt Bestechungsgelder auf Kosten der Privatwirtschaft
einzunehmen. In Afghanistan ist es
unter anderem gebräuchlich, dass
Unternehmen keine Steuerbescheide erhalten. Dadurch können die
Finanzbehörden jederzeit nachträglich Steuern für die vergangenen
Geschäftsjahre erheben. Unter
diesen Bedingungen ist es unerlässlich, einen engen Kontakt zu
den verantwortlichen Stellen zu
halten, um eine langfristige Planung
zu ermöglichen. Das Gleiche gilt für
die Einfuhr von Gütern. Offiziell liegt
der Einfuhrzoll für Solarpanel bei
17,5%, für Batterien bei bis zu 12%.
Es kommt jedoch vor, dass höhere
Sätze verlangt werden und die Bearbeitung verlangsamt wird, wenn
keine Zahlung erfolgt. Um diesen
Prozess zu beschleunigen, hat ETC
Power Dienstleister beauftragt,
welche die Gütereinfuhr zu den
bestehenden Zollsätzen sicherstellen. Unser Unternehmen vertritt die
Position, dass Bestechungen nur
kurzfristig eine Lösung für dieses
Problem darstellen. Langfristig
würden dadurch höhere Kosten
entstehen.
Wie geht das Unternehmen mit dem
Thema Sicherheit um?
ETC Power steht vor der Herausforderung, im ganzen Land tätig
zu sein. Hierzu gehören friedliche
Regionen wie der Westen und der
Norden Afghanistans. Aber auch in
den Konfliktgebieten Helmand und
Kandahar baut das Unternehmen
Solaranlagen. Gerade in diesen
Provinzen sind Raubüberfälle auf
der Tagesordnung. In den vergan-
Germany Trade & Invest www.gtai.de 53
Interviews
genen Jahren gab es drei Vorfälle,
in denen jeweils Solarpanel im Wert
von über 50.000 US$ gestohlen
wurde. Schwerer als der materielle Verlust wiegt jedoch die Gefahr
für unsere Mitarbeiter. Bisher gab
es noch keinen Todesfall, jedoch
mussten wir mehrmals Fahrer und
Techniker gegen Lösegeld freikaufen, die von den Taliban entführt
wurden. Von der Polizei kann man in
solchen Fällen keine Unterstützung
erfahren. Der Kontakt zu lokalen
Mittelsmännern ist entscheidend.
Welche Maßnahmen trifft ETC Power,
um auch in unsicheren Regionen
arbeiten zu können?
Das Sicherheitsrisiko in Afghanistan kann von keiner Versicherung
gedeckt werden. ETC Power setzt
daher in gefährlichen Regionen auf
Subauftragnehmer, welche die Lage
vor Ort kennen. Um die Qualitätsstandards einzuhalten, führen wir
kontinuierlich Fortbildungen in
Kabul durch. Unter diesen Bedingungen müssen die Projektmanager
nur zwei Mal in die Konfliktregionen
reisen, um Vorhaben zu planen und
abzunehmen.
Was ist für ETC Power die größte
Herausforderung in den nächsten
Jahren?
Mehr noch als Korruption und
Unsicherheit setzt dem Unternehmen die Billigkonkurrenz aus China,
Indien und Malaysia zu. Seit 2005
haben sich Solarfirmen aus diesen
Ländern in Afghanistan niedergelassen und drücken die Preise.
Als deutsches Unternehmen setzt
ETC Power auf Qualität. Gegenüber
privaten, staatlichen und internationalen Kunden müssen wir verstärkt
kommunizieren, dass nachhaltige Energielösungen einen Preis
haben. Hierfür planen wir auch eine
Zusammenarbeit mit nationalen
Medien.
ETC Power ist in den vergangenen
Jahren kontinuierlich gewachsen. Derzeit beträgt der jährliche
Umsatz mehr als 2 Mio. US$. In den
nächsten Jahren wird sich das Geschäftsumfeld für das Unternehmen
verändern. Internationale Geber
werden auch ihre Programme im
Bereich der erneuerbaren Energien zurückfahren. ETC Power muss
daher stärker auf Unternehmen im
Privatsektor zugehen, um Aufträge
zu akquirieren. Insbesondere in der
dezentralen Stromversorgung von
Wohnungen, Verwaltungen und Gewerben in der Landwirtschaft sehen
wir erhebliche Wachstumschancen.
54 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Foto: © Daniel Schoenen - Fotolia.com
Das internationale Engagement wird
in den nächsten Jahren in Afghanistan
reduziert. Welche Auswirkungen wird
dies für ETC Power haben?
Afghanyar Construction Company Limited
(ACCL International)
Für ACCL International ist Gewinn
nach eigenem Bekunden nicht das
Maß aller Dinge. Das afghanischamerikanische Bauunternehmen
will über soziales Engagement einen Beitrag zum Wiederaufbau des
Landes leisten. Das damit geschaffene Image hilft, um in Afghanistan
voranzukommen. Seit 2003 hat das
Unternehmen sein Portfolio stetig
erweitert. Neben Dienstleistungen
im Bausektor bietet ACCL International auch einen Service in den
Bereichen Catering, IT und Energieversorgung an. Damit kommt
das Unternehmen einer Nachfrage
entgegen: Sowohl internationale
als auch nationale Organisationen
bevorzugen aufgrund der instabilen
Sicherheitslage Gebäude, die autark
von ihrer Umgebung sind.
Interview mit Michael J. Scott,
Chief Operating Officer
Derzeit
arbeitet ACCL
International an acht
Bauaufträgen,
die jeweils ein
Volumen von
über 1 Mio.
US$ haben.
Welche
Formen der Akquise nutzen Sie in
Afghanistan?
Unser Unternehmen konzentriert
sich auf öffentliche Ausschreibungen der afghanischen Regierung
und internationaler Organisationen.
Dabei spielen die US-amerikanischen Streitkräfte sowie Durchfüh-
rungsorganisationen eine besondere Rolle. In den Ausschreibungen
konkurrieren wir gewöhnlich mit
mehr als zehn Bauunternehmen.
Als eine der wenigen kann ACCL
International aber seine Dienstleistungen im ganzen Land anbieten.
Also auch in unsicheren Regionen
wie Kandahar, Helmand und Nangarhar. Dies ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.
ACCL International wirbt mit dem Slogan „Afghans build Afghanistan“ und
will einen nachhaltigen Wiederaufbau
unterstützen. Wie passen diese Ziele
mit unternehmerischem Handeln
zusammen?
2003 haben die derzeitigen Vorstandsvorsitzenden Habibullah
Peerzada und Sargon Heinrich ACCL
International gegründet. Sie folgten
einem Aufruf der US-Regierung
an amerikanische Unternehmen,
in Afghanistan zu investieren. Für
die Führung stand von vornherein
fest, dass Gewinn nicht das oberste
Ziel ist. ACCL International will mit
seiner Geschäftstätigkeit einen
Beitrag für den Wiederaufbau des
Landes leisten. Je nach Projektlage
beschäftigt das Unternehmen bis zu
3.000 Mitarbeiter und stellt damit
die Versorgung von bis zu 12.000
Familien sicher. Darunter sind auch
viele ungelernte Arbeitskräfte, die
bei uns eine Ausbildung in technischen Berufen erhalten. Dies ist ein
gutes Beispiel, wie auch Unternehmen nachhaltig Entwicklung in
Afghanistan fördern können. Durch
die Qualifizierungsmaßnahmen sind
die Mitarbeiter im Unternehmen
besser einsetzbar. Gleichzeitig können sie diese Fähigkeiten auch bei
zukünftigen Arbeitgebern einsetzen.
Welche Erfahrungen hat ACCL International mit afghanischen Arbeitnehmern?
In unserem Unternehmen sind 80%
der Mitarbeiter Afghanen. Die Geschäftsführung verfolgt die Strategie, Mitarbeiter langfristig zu binden
und keine Entlassungen vorzunehmen. Dies gilt auch bei einem Fehlverhalten von Angestellten. Durch
den jahrzehntelangen Bürgerkrieg
sind afghanische Arbeitnehmer
nicht auf die Anforderungen in
einem modernen Bau- und Dienstleistungsunternehmen vorbereitet.
Gerade bei sozialen Kompetenzen gibt es Nachholbedarf. Daher
haben wir bei ACCL International
ein Mentorenprogramm eingeführt,
in dem internationale Fachkräfte
ihre afghanischen Kollegen in der
täglichen Arbeit betreuen.
Das Image als Entwicklungshelfer
nutzt ACCL International auch in der
Außendarstellung. Die Mehrzahl der
ausländischen Unternehmen verzichtet hingegen auf eine Öffentlichkeitsarbeit, um nicht als Anschlagsziel
wahrgenommen zu werden. Warum
verfolgt ihr Unternehmen diese
Strategie?
ACCL International macht keine
breitenwirksame Öffentlichkeitsarbeit. Dem Unternehmen ist es aber
wichtig, bestimmte Zielgruppen
anzusprechen. Zu ihnen gehören
neben den internationalen Organisationen auch die afghanische
Regierung samt Ministerien sowie
Provinzverwaltungen. Ein persönlicher Kontakt zu diesen Akteuren ist
für Unternehmen in Konfliktländern
überlebenswichtig. ACCL International sucht insbesondere zu Projekt-
Germany Trade & Invest www.gtai.de 55
Interviews
beginn den Kontakt zu relevanten
afghanischen Organisationen und
stellt den Mehrwert in Form von
neuen Arbeitsplätzen und Infrastruktur dar. Mit dieser Strategie
fährt unser Unternehmen sehr gut.
In Afghanistan ist unser Unternehmen anerkannt. Dies schafft nicht
nur die Grundlage für zukünftige
Aufträge, sondern gewährleistet auch die Sicherheit unserer
Mitarbeiter. Seit der Firmengründung haben wir keine Todesopfer
zu beklagen. Dies ist erstaunlich,
da wir auch Risikoprojekte an der
afghanisch-pakistanischen Grenze
übernehmen.
Welche Sicherheitsrisiken bestehen
dann für Ihr Unternehmen?
ACCL International bietet nicht nur
Dienstleistungen in Afghanistan an.
Das Unternehmen vertreibt auch
Baustoffe. Im Sortiment befinden
sich unter anderem die Produkte der
Knauf Gips KG. Welche Absatzchancen haben Baustoffe aus Deutschland
in Afghanistan?
Der Bausektor wächst derzeit
jährlich mit einem zweistelligen
Prozentsatz in Afghanistan. Vor
allem der Wohnungsmarkt boomt.
Von diesen Rahmenbedingungen profitiert ACCL International
enorm. Im vergangenen Jahr hat
das Unternehmen mehr als 300.000
Quadratmeter Gipswände verkauft.
Damit ist ACCL International der
bedeutendste Vertriebspartner
der Knauf Gips KG. Die Baustoffe
stammen aus Fabriken, die außer in
Deutschland auch in den Nachbarländern Afghanistans angesiedelt
sind. Trotz der geographischen
Nähe liegen die Kosten für den
Import nach Afghanistan um 30%
höher als in anderen Märkten. Dies
ist auf den schwierigen Transport
über den Landweg zurückzuführen.
Gleichzeitig erschweren Zollstreitigkeiten zwischen Afghanistan und
seinen Nachbarländern die Einfuhr.
Es dauert daher nicht Tage, sondern
Wochen, um Güter zu importieren.
Foto: © GI Z
Auch wenn wir keine Todesopfer
zu beklagen haben, ist und bleibt
Afghanistan ein Konfliktland. Raub-
überfälle gehören landesweit zur
Tagesordnung. Den Verlust decken
keine Versicherungen ab. Zwar gibt
es bei Verträgen mit der US-Regierung Risikozuschläge, jedoch haften
wir mit eigenem Geld für Fehlschläge. Daher berücksichtigen wir das
Risiko schon bei der Projektakquise.
Nur wenn die Rahmenbedingungen
stimmen, können wir erfolgreich
arbeiten und uns für Folgeaufträge
qualifizieren.
56 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Siemens Afghanistan
Seit 1936 ist Siemens mit Unterbrechungen in Afghanistan tätig.
Das Unternehmen gehört zu den
wenigen „Global Player“, die in Afghanistan mit einer Niederlassung
vertreten sind. In den Geschäftsbereichen Energie und Medizintechnik
hat sich das Unternehmen in den
vergangenen neun Jahren Marktanteile gesichert. Die Kunden von
Siemens Afghanistan sind vorrangig Unternehmen und Haushalte.
Damit unterscheidet sich Siemens
Afghanistan von der Mehrzahl der
ausländischen Investoren, die sich
auf Ausschreibungen von internationalen Entwicklungsorganisationen
und Streitkräften konzentrieren.
Interview mit Raaz Hassan, Präsident Siemens Afghanistan
Siemens gehört zu den bekannten
deutschen Marken in Afghanistan.
Was sind die Gründe für die Popularität Ihres Unternehmens?
Siemens hat eine jahrzehntelange Tradition in Afghanistan. 1928
besuchte König Amanullah Khan
die Siemensstadt in Berlin und
war begeistert von der technologischen Entwicklung in Deutschland.
Aufgrund dieser hochrangigen Kontakte eröffnete Siemens acht Jahre
später seine Niederlassung in Kabul
und war maßgeblich daran beteiligt,
landesweit die Infrastruktur in den
Bereichen Energie und Telekommunikation aufzubauen. Mit dem
Einmarsch der Sowjetunion stellte
das Unternehmen seine Geschäfts-
aktivitäten in Afghanistan ein und
kehrte nach über 20 Jahren Unterbrechung 2002 wieder zurück. Wie
in der Anfangsphase gehört Energieerzeugung zum Kerngeschäft
von Siemens Afghanistan. Weiterhin
ist das Unternehmen Marktführer
im Bereich der Medizintechnik.
Welche Marktchancen eröffnen sich
für Unternehmen aus Deutschland in
Afghanistan?
Afghanistan ist in jeglicher Hinsicht
Neuland für Unternehmen aus
Industriestaaten. Durch die instabile
Sicherheitslage sind Weltmarktunternehmen kaum vertreten. Die
Anzahl der Wettbewerber ist gering.
Dies eröffnet neben den bekannten
Risiken auch Chancen für Markteinsteiger. Dabei muss beachtet werden, dass in Industriestaaten gängige Produkte und Dienstleistungen
neu für afghanische Kunden sind.
Westliche Firmen müssen daher
erst einmal über den Nutzen ihrer
Angebote aufklären. In Verkaufsgesprächen steht daher Information
an erster Stelle.
Siemens Afghanistan ist besonders
im Bereich der Energieerzeugung
aktiv. Welche Marktchancen bestehen
in diesem Sektor für deutsche Unternehmen?
In Afghanistan werden von den
erforderlichen 5.000 Megawatt nur
600 bereitgestellt. Diese stammen
zu 60% aus Importen. Im Bereich
der Energieerzeugung gibt es daher
einen hohen Investitionsbedarf.
Das nationale Energieunternehmen
Da Afghanistan Breshna Sherkat
(DABS) ist derzeit mit seinen elf
regionalen Ablegern für die Energiegewinnung und -weiterleitung
zuständig. Der Sektor ist grundsätzlich offen für private Investitionen,
allerdings zögern Unternehmen mit
dem Markteinstieg, da mangelnde
Regulierung und Korruption als
Hindernisse angesehen werden. Die
afghanische Regierung plant daher
in den nächsten Jahren, über DABS
vier Großprojekte zu realisieren, um
die Lücke zwischen Angebot und
Bedarf zu schließen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem
Bau von Wasser- und Thermalkraftwerken zu. Weiterhin soll die Netzinfrastruktur ausgebaut werden.
Seit 2002 hat sich Siemens Afghanistan zum Marktführer im Bereich der
Medizintechnik entwickelt. Welche
Wachstumschancen bietet der Sektor?
In Afghanistan wächst die Mittelschicht. Damit steigt die Nachfrage nach Dienstleistungen im
Gesundheitswesen rapide. Dies
gilt vor allem für große Städte wie
Kabul, Mazar-e Sharif und Herat.
Aus meiner Sicht gibt es eine hohe
Nachfrage in medizinischen Spezialbereichen wie der Radiologie. Dies
gilt für Produkte wie auch für die
Schulung von Mitarbeitern. Dabei
muss jedoch beachtet werden,
dass afghanische Kliniken ohne die
Unterstützung von Entwicklungsorganisationen nur geringe finanzielle
Mittel haben. Der schlechte Zugang
zu Krediten erschwert Investitionen im Gesundheitsbereich enorm.
Siemens sucht daher mit seinen
Germany Trade & Invest www.gtai.de 57
Interviews
Kunden gemeinsam Finanzierungsmöglichkeiten.
Siemens hat sich in Afghanistan
auch einen Namen als Anbieter von
Technologie im Mobilfunk gemacht.
Der Sektor zeigt kontinuierlich
hohe Wachstumsraten. In welchen
Bereichen erwarten Sie zukünftig
Investitionen?
Afghanistan gehört zu den am
schnellsten wachsenden Telekommunikationsmärkten der Welt.
Derzeit verfügen vier Anbieter über
Lizenzen, um landesweit Mobilfunkdienste anbieten zu können.
Diese haben seit 2001 über 1 Mrd.
US$ in den Netzausbau investiert.
58 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Siemens Afghanistan war bis 2007
selbst in diesem Sektor aktiv und
lieferte Übertragungstechnik an
Mobilfunkanbieter wie die Afghan
Wireless Communication Company (AWCC). Mittlerweile haben wir
diese Geschäftsaktivitäten an das
Gemeinschaftsunternehmen Nokia
Siemens Network abgegeben.
Der Sektor steht vor der Herausforderung, neue Technologien
zu implementieren. Dies gilt vor
allem für den Festnetzbereich. Die
afghanischen Großstädte benötigen Glasfaserkabel, um schnelle
Internet- und Datendienste nutzen
zu können. Davon ungeachtet, muss
der Ausbau der Netzinfrastruktur
vorangetrieben werden.
Zum Kundenkreis von Siemens
Afghanistan gehören vorrangig Unternehmen und Haushalte. Wie organisieren Sie die Kundenbetreuung?
Für afghanische Kunden ist der
persönliche Kontakt entscheidend. Daher stellen wir eine feste
Kommunikation von der Angebotserstellung bis zur Rechnungslegung
sicher. Für unsere Mitarbeiter ist es
entscheidend, den Erwartungen der
Kunden zu entsprechen. Dies fördert auch die Zahlungsbereitschaft.
In Afghanistan reicht es nicht,
einfach eine Rechnung zu stellen.
Mit diesem Ansatz haben wir nur
geringe Ausfälle zu beklagen.
Die Interviews führte Michael Paulo
(CIM-Fachkraft bei der Afghanischen
Industrie- und Handelskammer).
Bundesverband Großhandel, Außenhandel,
Dienstleistungen e.V.
(BGA)
Interview mit BGA-Präsident Anton
F. Börner
Herr Börner, warum ist das Thema
Ausbildung in Afghanistan ein wichtiges Thema für Sie?
Wenn wir über die Stabilisierung in
Afghanistan sprechen, ist die Schaffung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten das zentrale Thema.
Wir benötigen über die bereits vorhandenen Ansätze hinaus dringend
mehr Ausbildungswerkstätten und
Berufsschulen, die das deutsche
Modell der dualen Berufsbildung
aufgreifen. Eine ganze Generation
an Handwerkern, Facharbeitern und
Ingenieuren fehlt für den Wiederaufbau des Landes, da zu Zeiten
des Bürgerkrieges viele Strukturen
zerstört wurden. Aber auch für
ehemalige Kämpfer der Mudschahedin oder der Taliban ist dies
wichtig: Diese können sich durch
den Erwerb beruflicher Fertigkeiten
wieder in die Zivilgesellschaft integrieren. Damit schaffen wir über die
berufliche Bildung Alternativen zu
Gewalt und Radikalisierung. Über
Ausbildung und Investitionen geben
wir zudem der Jugend eine Perspektive und bringen Menschen in
Lohn und Brot, die dann wiederum
ganze Großfamilien mit ihrer Hände
Arbeit versorgen können.
hier zunächst der Nachholbedarf
am dringendsten ist. Die Montage,
Wartung und Reparatur von Maschinen, insbesondere Textil- und
Landwirtschaftsmaschinen, aber
auch Tätigkeiten in Kfz-Werkstätten,
Bergbau und Lebensmittelverarbeitung sind sicherlich Ansatzpunkte.
Ich denke auch daran, dass sich
rund um deutsche Pionierunternehmen, die sich in Industrieparks
ansiedeln, Ausbildungszentren
etablieren, wo gemäß dem Bedarf
der Firmen praxisnah ausgebildet
werden kann.
Wer sollte sich engagieren?
Wir reden hier über einen gemeinsamen Ansatz mit größtmöglicher
Vernetzung aller Beteiligten. Neben
der deutschen und der afghanischen Regierung sehe ich insbesondere bei den nationalen und
internationalen Institutionen der
Entwicklungszusammenarbeit die
Rolle, Maßnahmen vor Ort zu koordinieren. Die deutsche Wirtschaft
aus allen Bereichen, Ingenieure,
Handel, Industrie und Handwerk,
kann ihren Teil zur Verbesserung
der Aus- und Weiterbildungssituation beitragen - insbesondere, wenn
es ganz konkret um die Bereitstellung von praxisnahen Ausbildungsplätzen und -konzepten geht.
Wie beurteilen Sie die Sicherheitslage? Ist diese nicht hinderlich für ein
Engagement von Ausbildern, gerade
aus Deutschland?
Nicht im ganzen Land ist die Sicherheitslage schlecht. Es ist auch nicht
unbedingt notwendig, dass bereits
heute in großem Umfang deutsche
Ausbilder vor Ort tätig sind. Solange
die Situation in einigen Landesteilen
angespannt ist, können auch Trainthe-Trainer-Maßnahmen sinnvoll
sein, bei denen einheimische Ausbilder dann die Rolle von Multiplikatoren übernehmen. Gleichzeitig
kann zum Beispiel über das Internet
eine Verbindung hergestellt und ein
Austausch organisiert werden. Wir
dürfen den Afghanen einfach nicht
das Gefühl geben, dass wir sie allein
lassen.
Foto: © GIZ
Welche Berufe sollten im Vordergrund der Ausbildungsmaßnahmen
stehen?
Im Vordergrund steht natürlich der
gewerblich-technische Bereich, da
Germany Trade & Invest www.gtai.de 59
Kontaktadressen und Informationsquellen
Kontaktadressen und Informationsquellen
Kontaktadressen in Afghanistan
Botschaft der Bundesrepublik
Deutschland in Afghanistan
Ansprechpartnerin: Kristin Augsburg
Counsellor - Economy, Development, Civil-military Cooperation
Tel.: 030/50 00-71 75-115
E-Mail: [email protected];
Internet: www.kabul.diplo.de
Die Europäisch-Afghanische Handelskammer war Mitte 2011 in Vorgründungsphase.
Afghanistan Investment Support
Agency
Internet: www.aisa.org.af
Relativ viele deutsche Firmen in
Afghanistan bewegen sich im Rahmen
der Entwicklungszusammenarbeit
(EZ). Daraus ergeben sich normalerweise Kontakte mit den deutschen
EZ-Durchführungsorganisationen
KfW und GIZ, die in Afghanistan große
Organisationen unterhalten:
GIZ Afghanistan
Leiter: Andreas Clausing
GIZ Office Kabul, ISAF-AFG-Feldpost, 64298 Darmstadt
E-Mail: [email protected]
KfW Afghanistan
Leiter: Gunnar Wälzholz
German House, Charah-e Sadarat 33/2, Kabul
Tel.: 0093 700/27 44 56
E-Mail: [email protected]
60 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Die Industrie- und Handelskammer
ACCI ist mit mehr als 7.000 Mitgliedsunternehmen die Spitzenorganisation
der afghanischen Privatwirtschaft. Als
Sprachrohr der Unternehmen setzt
sich die Kammer für die Verbesserung
der ökonomischen Rahmenbedingungen in Afghanistan ein. Gleichzeitig
unterstützt die ACCI einheimische
Firmen, ihre Struktur zu professionalisieren, Mitarbeiter auszubilden
und Netzwerke im In- und Ausland zu
entwickeln. Für deutsche Unternehmen ist die Kammer Anlaufstelle,
um Marktinformationen aus erster
Hand zu erhalten und Kontakte zur
afghanischen Wirtschaft aufzubauen.
Mohammad Qurban Haqjo ist seit
mehreren Jahren Geschäftsführer der
ACCI und spricht Deutsch.
Afghan Chamber of Commerce
and Industries
Geschäftsführung: Mohammad
Qurban Haqjo
Chman-e-Huzuri, Next to Kabul
Nendari, Kabul
Ansprechpartner in Afghanistan
bis voraussichtlich Anfang 2013:
Michael Paulo
Tel.: 0093 78/4 26 58 94; Fax.:
0093 77/6 10 01 66
E-Mail: [email protected].
af; Internet: www.acci.org.af
Geschäftsführung: E-Mail: [email protected]
Informationsplattform für staatliche Ausschreibungen:
Afghanistan Reconstruction &
Development Services
Internet: www.ards.gov.af
Asian Development Bank
ADB Afghan Infrastructure Trust
Fund
Internet: www.adb.org/Afghanistan/projects.asp?
Ansprechpartner:
ADB: Philip Wood; E-Mail:
[email protected]
Afghanistan Ministry of Finance:
Nasim Ihsan; E-Mail: nasim.
[email protected]
Dehsabz City Development Authority
E-Mail: [email protected]; Internet: www.dcda.gov.af
Enterprise Development Program
(AREDP)
Internet: www.aredp.org
Export Promotion Agency of
Afghanistan
Internet: www.epaa.org.af
Ministry of Agriculture Irrigation
and Livestock
Internet: www.mail.gov.af
Ministry of Energy and Water
Internet: mew.gov.af
Ministry of Mines
Veröffentlichung von aktuellen
Ausschreibungen:
Internet: www.mom.gov.
af/?page=tenders&lang=en
Investment Promotion Department (IPD) of the Afghan Ministry
of Mines (Unterstützung der
Investoren)
Internet: www.mom.gov.
af/?page=InvestmentPromotion&lang=en
Ministry of Public Works
Internet: www.mopws.gov.af/
Ministry of Rural Rehabilitation
and Development
Internet: www.mrrd.gov.af
Öffentliche Ausschreibungen im
Bausektor
Internet: www.cwctenders.com/
construction_tenders_
afghanistan.htm
Internetadressen vieler Organisationen
The Afghanistan Directory
Internet: www.theafghanistandirectory.com
Kontaktadressen in Deutschland
Auswärtiges Amt (Reise- und
Sicherheitshinweise)
Tel.: 030/18 17 20 00; Fax:
-18 17 51 10 00
E-Mail: [email protected]; Internet: www.auswaertiges-amt.de
advisa Unternehmensberatung
Cornelia H. Lehmann
(Vertreterin der Afghan Chamber
of Commerce and Industries in
Deutschland seit 2007)
Rothenhauschaussee 28, 21029
Hamburg-Bergedorf
Tel.: 040/72 97 79 77
E-Mail: [email protected]; Internet: www.advisa-hamburg.de
Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan
Handelsattaché der Afghanischen
Botschaft: Diplom-Kaufmann
Ghulam
Taunusstr. 3, 14193 Berlin
Tel.: 030/20 67 35 0; Fax:
-20 67 35 25
E-Mail: handelsattache@yahoo.
com; Internet: www.botschaftafghanistan.de
Bundesministerium für Wirtschaft
und Technologie (BMWi)
Tel. 030/18 615 0; Fax:
-18 615 7010
E-Mail: [email protected];
Internet: www.bmwi.de
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ansprechpartnerin: Traudel Köhler
Tel.: 030/25 03 28 59
E-Mail: traudel.koehler@bmz.
bund.de; Internet: www.bmz.bund.
de
Bundesverband der Deutschen
Industrie e. V. (BDI)
Tel.: 030/20 28 0; Fax:
-20 28 24 50
E-Mail: [email protected]; Internet:
www.bdi.eu
Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V.
Tel.: 030/59 00 99 50; Fax:
-59 00 99 5 19
E-Mail: [email protected]; Internet:
www.bga-online.de
Centrum für internationale
Migration und Entwicklung (CIM)
Tel.: 069/71 91 21-0; Fax:
-71 91 21-19
E-Mail: [email protected]; Internet: www.
cimonline.de
Commerzbank
Ansprechpartner: Stephan Mondovits
Tel.: 069/136 2 44 24; Fax:
-136 2 28 37
E-Mail: Stephan.Mondovits@
commerzbank.com; Internet: www.
commerzbank.com
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
Ansprechpartner: Marcel
Schwickert
Tel.: 06196/79-24 04
E-Mail: [email protected];
Internet: www.giz.de
Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V (DIHK)
Tel. 030/203 08 – 0; Fax: -203 081000
E-Mail: [email protected];
Internet: www.dihk.de
KfW Bankengruppe
Ansprechpartner: Martin Jenner
Tel.: 069/74 31-82 32
E-Mail: [email protected];
Internet: http://kfw.de
Nah- und Mittelostverein e.V.
(NUMOV)
Jägerstraße 63 D, 10117 Berlin
Tel: 030/20 64 10-0; Fax: -10
E-Mail: [email protected];
Internet: www.numov.de
Stiftung Wissenschaft und Politik
Ansprechpartnerin: Citha D.
Maaß
Tel.: 030-88 00 70-0
E-Mail: citha.maass@swp-berlin.
org; Internet: www.swp-berlin.
org.de
Germany Trade & Invest www.gtai.de 61
Verband Beratender Ingenieure
(VBI)
Tel.: 030/260 62 0; Fax:
-260 62 100
E-Mail: [email protected]; Internet:
www.vbi.de
Informationsquellen
Afghanistan Economic Update,
The World Bank, Dec. 2010
Afghanistan Geological Survey
Internet: www.bgs.ac.uk/
afghanminerals/
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
Deutsche Rohstoffagentur
Internet: www.bgr.bund.de, www.
deutsche-rohstoffagentur.de
Central Statistics Organization
Internet: http://cso.afghanistan.
af
62 Wirtschaftsleitfaden – Afghanistan
Deutscher Bundestag, Drucksache 17/2878, Antwort der
Bundesregierung auf eine Große
Anfrage
Internet: http://dipbt.bundestag.
de
Development Cooperation Report
2010
Afghanistan Ministry of Finance
(Daten zu ausländischer Hilfe,
Partnern etc.)
Internet: www.mof.gov.af
Doing Business in Afghanistan:
2011 Country Commercial Guide
for U.S. Companies
Internet: http://trade.gov/
static/2011CCG_Afghan.pdf
Evaluating U.S. Foreign Assistance To Afghanistan
Committee on Foreign Relations
U.S. Senate, June 8, 2011
Internet: www.gpoaccess.gov/
congress/index.html
Fortschrittsbericht Afghanistan
zur Unterrichtung des Deutschen
Bundestags, Dezember 2010
Internet: www.bundesregierung.
de
Main Investment Opportunities in
Afghanistan
Afghanistan Investment Support
Agency
Ministry of Mines, The Islamic
Republic of Afghanistan
Business Plan 2010 - 2015,
Synopsis
Kontakt
Impressum
Herausgeber
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Villemombler Straße 76
53123 Bonn
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F. +49(0)228 24993-212
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Michael Paulo (Centrum für internationale Migration und Entwicklung, CIM); Steffen Arnold, Hermann van
Boemmel, Liane Hryca, Anna Janus, Elisaveta Kostova, Birgit Seibel (Deutsche Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit); Ulrich Binkert, Jürgen Huster, Niko Sievert (Germany Trade & Invest)
Redaktion:
Ulrich Binkert, Tel. +49(0)228 249 93-267, E-Mail: [email protected]
Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: [email protected]
Ansprechpartner: Manfred Tilz, Tel. +49(0)228 249 93-234, E-Mail: [email protected]
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eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
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