Aisopos, Fabeln

Transcription

Aisopos, Fabeln
GRAECUM
Lektüre I
Übersetzung
Aisopos, Fabeln
Die Ameise und die Taube
Eine durstige Ameise kam zu einer Quelle und wollte trinken; da <fiel sie hinein und> war am Ertrinken. Eine Taube,
die auf einem danebenstehenden Baum sass, beobachtete sie und warf einen Zweig, den sie abgebrochen hatte, in die
Quelle; die Ameise setzte sich darauf und wurde so durch diesen Zweig gerettet. Ein Vogelfänger, der zugegen war und
sich in den Schilfrohren versteckt hatte, wollte die Taube fangen. Als die Ameise dies sah, biss sie den Vogelfänger in
den Fuss. Vor Schmerz bewegte er die Schilfrohre und verjagte damit die Taube.
Die Fabel zeit, dass auch stumme Lebenwesen Sinneswahrnehmung haben. Folglich müssen auch wir unseren
Wohltätern ihre Tat vergelten.
Der Alte und der Tod
Einst schlug ein alter Mann Holz; er hob es auf seine Schultern und machte sich auf den langen (Heim-)Weg. Ermattet
warf er die Laste ab und rief nach dem Tod. Als der Tod erschien und ihn fragte, weswegen er ihn herbeirief, antwortete
der Alte: »Damit du mir die Last [wieder] auf [die Schultern] lädst.«
Die Fabel zeigt, dass jeder Mensch am Leben hängt, selbst wenn er unendliche Gefahren auch sich nehmen muss. Das
Leben durch den Tod beschliessen will er nicht.
Das Pferd und der Esel
Ein Mann besass ein Pferd und einen Esel. Unterwegs sagte der Esel zum Pferd: »Nimm von meiner Last, wenn du
willst, dass ich heil bleibe.« Das Pferd aber hörte nicht auf ihn. Unter der Last stürzte der Esel und starb. Als der
Meister alles dem Pferd auflud und dazu noch das Fell des Esels, da jammerte das Pferd und rief aus: »Ich
totunglückliches, was ist mir Geplagtem widerfahren? Denn da ich eine kleine Last nicht tragen wollte, sieh da, jetzt
schleppe ich die ganze Last und zusätzlich das Fell.«
Die Fabel zeigt, dass, wenn die Starken und die Schwachen gemeinsame Sache machen, dann werden beide im Leben
gerettet.
Epigrammata
5,189
Die Nacht ist lang, es ist Winter, die Hälfte der Pleiade lässt sie untergehen,
und ich stehe neben der Tür, regennass,
verwundet vom Verlangen nach jener Verschlagenen. Denn nicht Liebe
schickte mir Kypris, sondern einen widerwärtigen Pfeil aus [verzehrendem] Feuer.
7,28
Fremder, wenn du über dieses Grab von Anakreon schreitest
bringe mir im Vorübergehen ein Trankopfer dar. Denn ich bin ein Weintrinker.
7,64
Sag mir, Hund, wessen Mannes Grabmal bewachst du, dort stehend? —
Des Hundes. — Wer ist nun dieser Mann, Hund genannt? —
Diogenes. — Nenn seine Abkunft. — Von Sinope. — Derjenige, der ein Fass bewohnte? —
Ganz genau. Jetzt, da er tot ist, hat er die Gestirne als Zuhause.
GRAECUM
Lektüre I
Übersetzung
Paulus' Romreise
Drei Monate später fuhren wir mit einem alexandrinischen Schiff ab, das die Dioskuren als Schiffszeichen trug. Wir
liefen in Syrakus ein und blieben drei Tage; von dort fuhren wir die Küste entlang weiter und erreichten Rhegion. Nach
einem Tag setzte Südwind ein, und so kamen wir in zwei Tagen nach Puteoli, wo wir Brüder trafen; diese baten uns,
sieben Tage bei ihnen zu bleiben. Und so gelangten wir nach Rom. Von dort waren uns die Brüder, die von uns gehört
hatten, bis Forum Appii und Tres Tabernae entgegengereist. Als Paulus sie sah, dankte er Gott und fasste Mut. Nach
unserer Ankunft in Rom erhielt Paulus die Erlaubnis, für sich allein zu wohnen, zusammen mit dem Soldaten, der ihn
bewachte. Drei Tage später rief er die führenden Männer der Juden zusammen. Als sie versammelt waren, sagte er zu
ihnen: »Brüder, obwohl ich mich nicht gegen das Volk oder die Sitten der Väter vergangen habe, bin ich von Jerusalem
aus als Gefangener den Römern ausgeliefert worden. Diese haben mich verhört und wollten mich freilassen, da nichts
gegen mich vorlag, worauf der Tod steht. Weil aber die Juden Einspruch erhoben, war ich gezwungen, Berufung beim
Kaiser einzulegen. « Sie antworteten ihm: »Wir haben über dich weder Briefe aus Judäa erhalten, noch ist einer von
unseren Brüdern gekommen, der uns etwas Belastendes über dich berichtet oder erzählt hätte. Wir wünschen aber von
dir zu hören, was du denktst; denn von dieser Sekte ist uns bekannt, dass sie überall auf Widerspruch stösst.« Sie
vereinbarten mit ihm einen bestimmten Tag, an dem sie in noch grösserer Zahl zu ihm in die Wohnung kamen. Vom
Morgen bis in den Abend hinein erklärte und bezeugte er ihnen das Reich Gottes und versuchte, sie vom Gesetz des
Mose und von den Propheten aus für Jesus zu gewinnen. Die einen liessen sich durch seine Worte überzeugen, die
andern blieben ungläubig.