Artikel AGB News Nanotechnologie

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Nanotechnologie als Gegenstand japanischer Forschungspolitik
Weltweit wächst das Interesse an der kleinsten aller bekannten Welten – der Welt der
Nanotechnologie. Ein Nano ist 1 Milliardstel einer Einheit, oder 10-9. Ein Nanometer ist ungefähr
der Abstand der Nukleinsäuren in der DNA Kette, die die genetische Information trägt. Diese
Welt ist so unvorstellbar klein, dass es mit der bisherigen Technik nicht möglich war, dorthin
vorzustoßen. Mittlerweile sind durch den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt längst
Ergebnisse im milli (10-3) und mikro (10-6) Bereich möglich und allmählich nähert man sich dem
Nanobereich an.
Doch nicht allein das wissenschaftliche Interesse, in dieses Gebiet vorzudringen, macht die
Faszination der Nanotechnologie aus. Die nahezu unglaublichen Möglichkeiten, die sich aus
Erkenntnissen im Nanobereich ergeben können, machen sie zu einem interessanten,
zukunftsträchtigen Forschungs- und Investitionsfeld.
Nanotechnologie ist keine Wissenschaft für sich allein, sondern wird als
Querschnittswissenschaft bezeichnet, deren Ergebnisse in so unterschiedlichen Bereichen wie IT,
Umwelt, Gesundheit und Materialforschung Anwendung finden können. Es wird erwartet, dass
die Nutzung von Erkenntnissen aus der Nanoforschung technische Innovationen in diesen
Wissenschaftssparten ermöglicht und dass völlig neue Industrien und Märkte für diese Produkte
entstehen.
Die japanische Regierung hat diese Chancen erkannt und mit einer Kabinettsentscheidung vom
31.03.2001 den „Basisplan für Forschung und Technologie“ verabschiedet. Dieser sieht für den
Zeitraum von 2001-2005 ein Budget von insgesamt 24 Bio. Yen (etwa 178 Mrd. Euro) für
staatliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Bereich der Grundlagenforschung vor.
Das Grundlagenkonzept für die Förderung von Wissenschaft und Technik nach dem Basisplan
sieht vor, Prioritäten für die Ressourcenallokation in vier Bereichen zu setzen:
Neben den Life Sciences, der Informations- und Telekommunikationstechnologie und den
Umweltwissenschaften liegt ein besonderes Augenmerk auf der Förderung der Nanotechnologie.
Die japanische Regierung betrachtet diese als Schlüsselwissenschaft, die auch zu Erkenntnissen
in den anderen Bereichen beitragen kann.
Nanotechnologie
Nanotechnologie
IT
Life Science (Gesundheit)
Umweltwissenchaften
Materialwissenchaften
Abbildung: Vortrag von Shunzo Arai, JETRO München, in Karlsruhe 25.11.2004
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Als Schwerpunkte in der Nanotechnologie-Forschung sollen Nanokomponenten und Materialien
für IT-Systeme der nächsten Generation, hochentwickelte Materialien für Umweltschutz und
Energieausbeutung, medizinische Mikrosysteme und –materialien sowie die Nanobiologie im
Vordergrund stehen.
Als Fördermethode entschloss sich die Regierung zunächst für die Schaffung einer Umgebung
für mehr Wettbewerb unter den F&E-Standorten, die Förderung der interdisziplinären
Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und die Gewinnung und Ausbildung von
vielversprechenden Forschern. Gleichzeitig sollen Methoden zur Industrialisierung und zur
Vernetzung von Industrie, Verwaltung und Wissenschaft entwickelt werden.
Hinter diesen Forschungsanstrengungen steht die Überlegung, dass die Nanotechnologie zur
Schaffung neuer Produkte und völlig neuer Industriezweige beitragen wird, deren Marktvolumen
bis zum Jahre 2010 auf insgesamt ca. 27 Bio. Yen (etwa 200 Mrd. Euro) geschätzt wird.
Erwartete Marktgrößen (2010):
Netzwerke, Nanokomponenten
17-20 Bio. Yen (ca. 126-148 Mrd. Euro)
Nanobiologie
0,6-0,9 Bio. Yen (ca. 4,4-6,7 Mrd. Euro)
Nano-Umwelt- und –Energietechnik
0,9-1,7 Bio. Yen (ca. 6,7-12,6 Mrd. Euro)
Neue Werkstoffe
0,6-1,4 Bio. Yen (ca. 4,4-10,4 Mrd. Euro)
Nano-Messtechnik, Verarb. Industrie
Neue Werkstoffe
0,8-2,2 Bio. Yen (ca. 5,9-16,3 Mrd. Euro)
0,6-1,4 Bio. Yen (ca. 4,4-10,4 Mrd. Euro)
Abbildung: Vortrag von Shunzo Arai, JETRO München, Karlsruhe 25.11.2004
Mit einem Beschluss des Council on Economic and Fiscal Policy vom Mai 2004 legte die
japanische Regierung ihre Strategie fest, mit der die Schaffung neuer Industrien im Nanobereich
unterstützt werden soll.
Vier Förderkriterien wurden erarbeitet, nach denen die staatlichen Mittel vergeben werden:
•
Es handelt sich um strategische Bereiche für die künftige Entwicklung der
japanischen Wirtschaft
•
Es sind Bereiche, die zu einem starken Wachstum der Inlandsnachfrage beitragen
•
Es besteht umfassende Anwendbarkeit der Forschungsergebnisse
•
Die Entwicklung von Produkten ist nicht allein durch Marktmechanismen zu
erreichen
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Die Förderung soll vor allem in die folgenden Bereiche fließen:
Industrien der Spitzentechnologie
Brennstoffzellen
Intelligente
Haushaltsgeräte
Neue Industrien in Wachstumsmärkten
Gesundheitsdienstleistungen
und
Medizinische Geräte
Roboter
Umwelttechnologie
und -dienstleistungen
Software für
Multimediageräte
Betriebsunterstützende
Dienstleistungen
Abbildung: Vortrag von Shunzo Arai, JETRO München, Karlsruhe 25.11.2004
Ein weiteres Instrument zur Förderung von Nanotechnologie-Produkten ist die im Oktober 2003
gegründete „Nanotechnology Business Creation Initiative“ (NBCI). Dabei handelt es sich um
eine landesweite Initiative japanischer Unternehmen verschiedener Wirtschaftszweige zur
Entwicklung der Marktfähigkeit von Nanotechnologie-Produkten. Zur Zeit besteht sie aus 320
Unternehmensmitgliedern,
außerdem
sind
Universitäten,
TLOs
und
staatliche
Forschungseinrichtungen ebenso beteiligt wie prominente Wissenschaftler als Berater. Es
bestehen Kooperationen mit dem METI und anderen Ministerien, so dass die im bereits
erwähnten Basisplan für Forschung und Technologie geforderte Zusammenarbeit zwischen
Unternehmens- und staatlichem Sektor gewährleistet ist.
Mittlerweile zeichnen sich einige Ergebnisse der Forschungsanstrengungen ab, die in näherer
Zukunft zu marktfähigen Produkten auf Grundlage von Nanotechnologie führen können.
Der Bereich Neue Materialien ist sicherlich derjenige, in dem am ehesten praktische
Anwendungsmöglichkeiten zu erwarten sind. Frontier Carbon, ein Joint Venture von Mitsubishi
Chemical Corp. und Mitsubishi Corp., konnte im Jahre 2002 als erstes Unternehmen weltweit
sogenannte „Fullerene“ herstellen. Dies sind künstlich hergestellte Kohlenstoffmoleküle, die je
nach Anzahl der sie bildenden Kohlenstoffatome unterschieden werden (z.B. bestehend aus 60,
70 oder 80 einzelnen Atomen).
Die Fullerene haben eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten: Beispielsweise kann ihre
Resistenz gegen Oxidierung erfolgreich in Antiaging-Kosmetik oder Arzneimitteln eingesetzt
werden, während ihre hohe elektrische Speicherkapazität sie für den Einsatz in Batterien nutzbar
macht. Allerdings sind sie zur Zeit noch sehr teuer. Nach Auskunft des Präsidenten von Frontier
Carbon, Shigeki Tomonoh, koste es etwa 5 Mio. Yen (etwa 38.500 Euro), um nur 1 Kilogramm
Fullerene herzustellen. Doch es wird erwartet, dass die Preise mit steigender Produktion weiter
fallen werden. Eine Pilotfabrik wird etwa 400 kg Fullerene pro Jahr herstellen, während eine
kommerzielle Fabrik, die für das Jahr 2007 geplant ist, eine jährliche Kapazität von ca. 1.500
Tonnen haben wird.
Noch mehr Begeisterung als die Entdeckung und Produktion von Fullerenen lösten allerdings bei
Wissenschaftlern und Unternehmen die sogenannten „Nanoröhren“ aus. Dies ist eine
Ansammlung von Kohlenstoffatomen, die in eine röhrenförmige Anordnung gebracht werden.
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Sie werden zur Zeit als möglicher Ersatz für die Verwendung von Silizium in Computerchips
gefeiert und gelten als Zukunftsmöglichkeit für die Konstruktion eines ultrakleinen und
ultraschnellen Computers. Während es noch viele Hürden bis zur Realisierung eines solchen
Wundercomputers zu überwinden gilt, erscheint die Verwendung von Nanoröhren in
Brennstoffzellen nicht allzu weit entfernt. Der Elektronikhersteller NEC Corp. forscht intensiv
auf diesem Gebiet. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht der Versuch, sehr kleine
Brennstoffzellen zu entwickeln, die beispielsweise in Mobiltelefonen Verwendung finden
können. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften wird damit gerechnet, dass sich die „NanoBrennstoffzellen“ zu Nachfolgern der zur Zeit neu auf dem Markt befindlichen Lithium-Batterien
entwickeln.
Dies sind nur zwei Beispiele aus der Welt der Nanotechnologie, die verdeutlichen, wie hoch das
Potenzial ist, das diesem zukunftsträchtigen Industriebereich in Japan zugeschrieben wird.
Mit ihren Maßnahmen versucht die Regierung für die Unternehmen ein Umfeld zu schaffen, das
deren Wettbewerbsfähigkeit auf den Zukunftsmärkten nicht nur stärkt, sondern sie möglichst
führende Rollen in diesen Industrien übernehmen lässt.
Andrea Uttich, JETRO München
(Dezember 2004)
Quellen:
JETRO Feature Article: The Brave New World of Nanotechnology, June 2002,
http://www.jetro.go.jp/en/market/trend/market/docs/2002_06_nanotech.html
Nanotechnology Business Creation Initiative (NBCI)
http://www.nbci.jp
International Nanotechnology Exhibibtion
http://www.jetro.go.jp/en/market/trend/market/docs/2003_03_nanotech.html
Nanotechnologie als Gegenstand japanischer Forschungspolitik. Vortrag von Shunzo Arai,
Generaldirektor JETRO München, anlässlich des DJW-Symposiums „Nanotechnologie in Japan und
Deutschland“ am 25. November 2004 in Karlsruhe
* Hinweis: Zur DJW-Veranstaltung „Nanotechnologie in Japan und Deutschland“ ist inzwischen
eine Zusammenfassung als Broschüre erschienen. Diese kann zum Preis von € 10,00 +
Versandkosten beim DJW bestellt werden: http://www.djw.de/publikation/brochuere.html
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