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BLAUER BEREICH WISSEN FÜR DIE PRAXIS
Dipl. oec. troph. Gabriele Schubert: Erfahrungen mit AllinoneSystemen
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Meinardus
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Selbstkonditionierende
Adhäsive
Für das DENTAL MAGAZIN berichten drei Zahnärzte aus der Praxis über Vor- und
Nachteile im Bereich der All-in-one-Adhäsive. Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt,
informiert über Versiegelung empfindlicher Zähne mit einem Adhäsiv der Einmalbis Zweimal-Applikation. Mögliche Fehlerquellen, Zeitersparnis und Haftwerte
werden für das DENTAL MAGAZIN von Dr. Holger Gleixner, Lindau, besprochen,
und seine Erfahrungen mit selbstkonditionierenden Adhäsiven zur MehrfachApplikation gibt ZA Achim Sieger MSc, Neuss, weiter.
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Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: EinmalApplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne
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[All-in-one: Ein- bis Zweimal-Applikation]
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Dr. Andreas Syrek
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Foto: 3M Espe / Meinardus
hat in Münster Zahnmedizin studiert und promoviert. Nach dreijähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik der Universität Münster erfolgte ein
Wechsel in eine münsterländische Zahnarztpraxis.
Neben seiner Tätigkeit in einem großen Dentalunternehmen liegen seine Schwerpunkttätigkeiten in
der adhäsiven Zahnheilkunde und ästhetischen
Korrekturen. Dr. Syrek hat zur Adhäsiv- und Composite-Technik weit über 100 Vorträge gehalten.
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Was muss der behandelnde Zahnarzt bei der
Anwendung mit einem selbstkonditionierenden
Adhäsiv beachten?
Selbstkonditionierende Adhäsive wie Adper Prompt
L-Pop haben einen niedrigen pH-Wert. Das heißt
sie sind sauer eingestellt, um am Schmelz ein Ätzmuster kreieren zu können und im Dentin die
Schmierschicht aufzulösen. Dies sind notwendige
Voraussetzungen, um am Schmelz und Dentin einen
Haftverbund zu erzielen. Erreicht wird der niedrige
pH-Wert chemisch durch Phosphorsäureester. Diese
sind allerdings in der Lage, tertiäre Amine zu protonieren. Tertiäre Amine sind zusammen mit Benzoylperoxid für die chemische Polymerisation von
Compositen (Dunkel- oder Selbsthärtung genannt)
verantwortlich. Protonierte Amine können diese
chemische Polymerisation jedoch nicht mehr katalysieren...
...und daher dürfen sie nicht mit chemisch initiierten und dual härtenden Compositen verwendet werden?
Genau. Die Folge ist eine sehr geringe Konversionsrate, d. h. ein chemisch härtendes Composite härtet nicht mehr richtig aus, und bei einem dualhärtenden Composite versagt die Selbsthärtung. Als
Behandler darf man deshalb selbstkonditionierende Adhäsive nur zusammen mit lichthärtenden
Compositen einsetzen.
Sie sprachen gerade von Phosphorsäureestern,
die zu einem niedrigen pH-Wert des Adhäsivs
führen. Kann dieser niedrige pH-Wert nicht die
Pulpa schädigen?
Die Zahnsubstanz verfügt durch das Hydoxylapatit
über eine sehr hohe Pufferkapazität. Der Säureanteil des Adhäsivs wird dadurch neutralisiert.
Diese Neutralisation erfolgt so schnell, dass auf
dem Schmelz überhaupt kein Ätzmuster erzeugt
werden könnte, würde man das Adhäsiv lediglich
auftragen. Erst durch Einmassieren und Wiederbenetzen der Haftfläche wird immer wieder frisches
und damit saures Adhäsiv aufgetragen, welches die
Entstehung eines Ätzmusters und die Auflösung
der Schmierschicht bedingt. Eine Pulpenschädigung durch Anwendung von Adper Prompt L-Pop
z. B. ist damit bei ordnungsgemäßer Anwendung
auszuschließen. Es hat sich sogar gezeigt, dass hier
sogar eine geringere postoperative Sensibilität zu
erwarten ist als bei Adhäsiven, die eine separate
Phosphorsäureätzung erfordern.
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Das Literaturverzeichnis
zum vorliegenden Beitrag
kann unter
www.dentalmagazin.de
heruntergeladen werden.
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Randschluss, Randverfärbung, Füllungsretention,
dies sind Punkte die im Zusammenhang mit
selbstkonditionierenden Adhäsiven diskutiert
werden.
Wie erreicht der Zahnarzt einen belastungsstabilen Schmelzrandschluss?
Wenn möglich, sollte der Schmelzrand angeschrägt
werden. Kontraindiziert wäre dieses Vorgehen allerdings, wenn durch die Anschrägung der Kavitätenrand im Dentin oder im Kontakt mit einem antagonistischen Höcker zu liegen käme, da letzteres Chipping-Frakturen am Restaurationsrand begünstigen
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Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: EinmalApplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne
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Die Zahnsubstanz verfügt
durch das Hydoxylapatit
über eine sehr hohe Pufferkapazität. Dadurch
wird der Säureanteil von
Adper Prompt L-Pop
neutralisiert.
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Abb1: Offene Dentintubuli im Längsschnitt.
Foto: 3M Espe
Abb 2: Versiegelte Dentintubli nach Applikation von Adper
Prompt L-Pop (Dr. Pereira, Univ. of North Carolina)
könnte. Bei der Applikation des Adhäsivs ist ein
wichtiger Erfolgsfaktor das Einmassieren für 15
Sekunden. Erst hierdurch wird die gewünschte Ätzwirkung erzielt. Durch anschließendes sanftes Verblasen wird das Lösungsmittel Wasser entzogen, wodurch auf der Zahnoberfläche ein fester Film entsteht.
mutet, ausgelöst durch Luftstrom, Temperaturwechsel, mechanische oder chemische Reize auf exponiertes Dentin [Literatur 3]. Da offene Dentintubuli (Abb. 1) im Zervikalbereich zu Zahnhalsüberempfindlichkeiten führen, sollte eine Therapie, die diese Tubuli verschließt (Abb. 2), zur
Reduktion der Hypersensibilitäten führen.
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Chipping-Frakturen sind
lamellenartige Frakturen,
die z. B. am Restaurationsrand entstehen können, wenn dieser in Kontakt mit einem antagonistischen Höcker liegt.
Ist bei diesem All-in-one eine Einmal-Applikation ausreichend?
Für den Haftverbund hat es sich als vorteilhaft
erwiesen, noch eine zweite Schicht aufzutragen
[Literatur 1]. Diese braucht jedoch nicht mehr
einmassiert zu werden, da die Ätzwirkung ja
bereits mit der ersten Schicht erzielt wurde. Die
zweite Schicht dient dazu, eine vollständige
Benetzung der gesamten Haftfläche sicherzustellen und die Schichtstärke zu erhöhen. Auch die
zweite Schicht muss sanft verblasen werden, da
ein hoher Wasseranteil in Adper Prompt L-Pop
dessen ausreichender Polymerisation entgegenstehen würde. Danach kann mit der Applikation des
Composites begonnen werden. Folgt man dieser
Technik, lassen sich klinisch gute Ergebnisse
erzielen, wie eine klinische 3-Jahres-Studie von
Munoz et al. zeigt [Literatur 2].
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Adper L-Pop wird u.a. zur Versiegelung der Dentintubuli bei überempfindlichen Zähnen appliziert. Über welche Erfahrungen können Sie hier
berichten?
Als Ursache für zervikale Hypersensibilitäten wird
eine Bewegung des Dentinliquors in den Tubuli ver-
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Gibt es Untersuchungen, in denen diese Hypothese überprüft wurde?
Ja, ich habe Zahnärzte in fünf europäischen Ländern gebeten, bei Patienten mit Zahnhalsüberempfindlichkeiten das Schmerzempfinden auf Luft-/
Wasserstrom und Sondierung jeweils vor und nach
Applikation von Adper Prompt L-Pop anhand einer
so genannten Visual Analog Skala (VAS) von Level
1 = keine Schmerzempfindung bis Level 4 = sehr
schmerzempfindlich zu dokumentieren. Insgesamt
waren 108 Patienten an der Untersuchung beteiligt.
Zu welchem Ergebnis ist die Studie gekommen?
Adper Prompt L-Pop führte zu einer signifikanten
Reduktion der Hypersensibilitäten (Abb. 3), die
bei den thermischen Reizen (Luft/Wasser) noch
ausgeprägter war als bei taktilen Reizen (Sondierung). Diese klinischen Ergebnisse stehen in Einklang mit den Ergebnissen einer Dentinpermeabilitätsstudie der Universität Regensburg [Literatur 4].
Hierbei wurde untersucht, inwieweit dieses Adhäsiv
und andere so genannte Desensitiser und Sealer
den Liquorfluss in den Dentintubuli zu reduzieren
vermochten.
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WISSEN FÜR DIE PRAXIS
DER BLAUE BEREICH
Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: Einmalapplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne
Luft/Wasser
vorher
Luft/Wasser
nachher
Abb 3: Schmerzempfindung nach Temperaturreizen vor
und nach Anwendung von Adper Prompt L-Pop (Visual
Analog Skala)
Grafik: Syrek
Was konkret wurde betrachtet?
Erstens eine trockene Dentinoberfläche ohne Simulation pulpalen Druckes, zweitens eine feuchte
Dentinoberfläche ohne Simulation des pulpalen
Druckes und drittens ein Set-up, bei dem pulpaler
Druck simuliert wurde. Das Ergebnis: All-in-oneAdhäsive zeigen die höchste Reduktion der Dentinpermeabilität, und eine geringere Dentinpermeabilität bedeutet geringere Hypersensibilitäten. In
einer weiteren Studie [Literatur 5] konnten die
Regensburger Forscher zeigen, dass selbst nach
Temperaturwechselbelastung die Dentinpermeabilität bei Adper Prompt L-Pop reduziert blieb, wogegen sie bei den anderen getesteten Desensitisern
wieder anstieg.
Also ein All-in-one für alle Fälle?
Bei allen Vorteilen, die diese Adhäsive bieten, hat
ihre Anwendung jedoch auch Limitationen, wie
z. B. die bereits erwähnte Inkompatibilität mit chemisch härtenden Compositen. Für den klinisch
erfolgreichen Einsatz sind die Herstellerangaben
genau zu beachten.
Weitere Informationen
unter: www.3mespe.com
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Dr. Holger Gleixner, Lindau: Vorteile und Fehlerquellen von selbstkonditionierenden Adhäsiven
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[All-in-one: Zweimal-Applikation]
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Dr. Holger Gleixner
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ist seit Januar 2005 in der Gemeinschaftspraxis
Dres. Guzinski und Luta, Lindau, tätig. Sein Studium der Zahnmedizin hat er an der Friedrich Alexander Universität in Erlangen absolviert und dort
promoviert. Dr. Gleixner sammelte Erfahrungen in
einem großem Dental Unternehmen, veröffentlichte klinische Falldokumentationen und referierte
auf internationaler Ebene. In mehr als 25 Ländern
leitete er praktische zahnärztliche Kurse.
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Bei Systemen, die nacheinander aufgetragen
werden, liegt die Hauptgefahr darin, dass die
Flaschen vertauscht werden könnten.
Auf dem Gebiet der adhäsiven Füllungstherapie
hat es in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung gegeben. Selbstkonditionierende Bondingsysteme sollen dem Zahnarzt die Arbeitsschritte erleichtern.
Herr Dr. Gleixner, welche Probleme können bei
der Anwendung der selbstkonditionierenden
Adhäsive auftreten?
In den Praxen zeigt sich ein immer stärker werdender Trend nach schnelleren und einfacheren Materialien. Bei den Adhäsiven vollzieht sich dieser im
Weglassen von einzelnen Schritten, wie sie bei älteren Produkten noch obligat waren. Hier wäre z. B.
der Ätzschritt mit Phosphorsäure zu nennen. Bei
den so genannten selbstätzenden Bondingsystemen
kann von einer Oberflächenkonditionierung von
Schmelz und Dentin gesprochen werden, ohne dass
das verwendete Agens abgesprüht werden muss.
Simultan mit der Demineralisierung kommt es zur
Infiltration mit den Bondingharzen. Hierbei kann
es produktspezifisch zu Problemen kommen.
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Wo liegen die möglichen Fehlerquellen?
Für die Bondingsysteme, bei denen zwei Flüssigkeiten
zu einer vermischt werden, kann es bereits beim
Mischen der Komponenten zu Fehler, kommen.
Ungleiche Quantitäten der Flüssigkeiten führen zu
nicht vorhersehbaren oder nicht reproduzierbarem
Haftverbund, durch eine unzureichendes Ätzmuster
oder Ausbildung einer inhomogenen Hybridschicht.
Ebenso wirkt es sich aus, wenn die Flüssigkeiten
nicht sorgfältig und gründlich durchmischt werden.
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Bei Systemen, die nacheinander aufgetragen werden, liegt die Hauptgefahr darin, dass die Flaschen
vertauscht werden könnten und so der Inhalt der
zweiten Flasche (Bonding) vor der ersten Flasche
(Primer) aufgetragen würde. Die Konsequenz daraus
wäre eine unzureichende Haftung der späteren Füllung.
Welche Vorgehensweise empfehlen Sie, um diese
Fehler zu vermeiden?
Für alle selbstkonditionierenden Bondingsysteme
gilt, dass die Einwirkzeiten der Komponenten entsprechend den Herstellerangaben unbedingt eingehalten werden müssen. Des Weiteren empfiehlt es
sich, die selbstätzende Komponente (entsprechend
dem verwendeten Produkt, den Primer oder die
Mischung aus Primer und Bonding) in die Oberfläche einzumassieren. Gegebenenfalls ist diese auch
mehrfach aufzutragen.
Welche Vorteile außer der Zeitersparnis sehen
Sie in der Anwendung der selbstkonditionierenden Adhäsive?
Das Einsparen von Behandlungszeit ist im Zusammenhang mit selbstätzenden Adhäsiven sicher das
Hauptargument. Wenn es auch der meistgenannte
Vorteil ist, so ist er dennoch nicht der stärkste
Punkt der für diese Produktgruppe spricht.
Sondern…?
…ein klarer Vorteil ist die Reduktion der postoperativen Sensitivitäten. Schon der Primer enthält
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die sauren Monomere, die für die Konditionierung von
Dentin und Schmelz verantwortlich sind, und es
kommt dadurch zu einer gleichzeitigen Infiltration mit
den Monomeren und Kreuzvernetzern. Die Kollagenfasern können bei diesem Vorgehen praktisch nicht kollabieren. Durch das Wegfallen von Arbeitsschritten
(z. B. der Phosphorsäure-Ätzung) sind diese Adhäsive
auch deutlich weniger techniksensibel, im Vergleich
zu Total-Etch Bondingsystemen.
Was bedeutet das für den Haftwert?
Die initialen Haftwerte, die mit den selbstätzenden
Haftvermittlern erreicht werden, sind durchaus mit
denen der etablierten Systeme zu vergleichen, so dass
hier nicht von einem Kompromiss in der Füllungsqualität ausgegangen werden kann. Die Haftwerte sollten
wie bei allen anderen Bondingsystemen die Mindestmarke von 20 MPa auf Schmelz und Dentin übersteigen, um eine dauerhafte Füllungsqualität zu
gewährleisten. Einige der Self-Etch-Adhäsive, v.a. die
Ein-Flaschen-Produkte, erreichen diese Mindestanforderung nicht. Der Zahnarzt ist hier gefordert, sich mit
deren Einsatz kritisch auseinanderzusetzen und dem
von den Patienten in ihn gesetztem Vertrauen Rechnung zu tragen.
Bei welchen Indikationen würden Sie selbstkonditionierende Adhäsive in der Praxis einsetzen?
Als klare Indikationen sind Füllungen nahe an der
Gingiva, wenn der Kontakt der Phosphorsäure mit
dem Zahnfleisch eine Blutung auslösen könnte. Freigegeben sind die selbstätzenden Bondingsysteme für
alle Füllungsklassen. Sie sind indiziert für alle lichthärtenden Composite-, Ceromere-, und Compomerewerkstoffe. Bei der Anwendung in Kombination mit
chemisch härtenden Kunststoffen sollte im Einzelfall
in den Herstellerangaben nachgeschlagen werden.
Indikationseinschränkungen gibt es laut Herstellerangaben in der Befestigung von indirekten Restaurationen. Gibt es weitere Einschränkungen?
Ja, in der ästhetischen Zahnheilkunde. Wenn z. B.
bei einem Diastemaschluss an unbeschliffenem
Schmelz geklebt werden soll, ist aus ästhetischer Sicht
das Ergebnis oftmals enttäuschend. Verfärbungen im
Übergangsbereich sind die Folge. Wenn sich die Kavität in Pulpanähe befindet, ist mit Adhäsiven Vorsicht
geboten, da es nicht ausreichend Daten gibt, die bei
dieser Indikation eine Unbedenklichkeit einräumen.
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Dr. Holger Gleixner, Lindau: Vorteile und Fehlerquellen von selbstkonditionierenden Adhäsiven
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Abb. 1: Haftwerte von Selbstätzenden Bondingsystemen im
Vergleich.
Quelle: Reality Vol 18, 2004
Abb 2: Versiegelung von Dentin mit Ausbildung der Hybridschicht.
Foto: Prof. Dr. Paulo Eduardo Capel Cardoso, University of
São Paulo, School of Dentistry.
Abb. 3: Einmassieren des AdheSE Primers in die Schmelzund Dentinoberfläche für mindestens 30 Sekunden.
Abb. 4: Fertige Restauration.
Fotos: Ivoclar Vivadent
AdheSE ist z.B. ein Zwei-Schritt-Adhäsiv, das von
Zahnärzten gut bewertet wird. Welche Gründe
sehen Sie dafür?
Nach wie vor ist ein großer Teil der Zahnärzte der
Meinung, dass selbstätzende Adhäsive, bei denen
zwei Flüssigkeiten nacheinander aufgetragen werden, höhere Haftwerte haben und eine bessere
Randqualität erzeugen. Die weiteren Vorteile, wie
die positiven postoperativen Sensitivitäten wurden
ja schon genannt.
Applikation oder die Mischapplikation mehr
zusagt.
Der Entscheidung sollten folgende Punkte zugrunde
gelegt werden:
• das Adhäsiv sollte klinisch bewährt sein
• ausreichend hohe Haftkraft (mind. 20 MPa auf
Schmelz und Dentin)
• ausreichend wissenschaftliche Daten sollten vorliegen
• die Anwendung sollte problemlos in die tägliche
Behandlungsroutine integriert werden können
• Lagerstabilität
Die selbstkonditionierenden Adhäsive stellen eine
Bereicherung in der Füllungstherapie dar. Da einige Indikationen nicht mit dieser Adhäsiv-Gruppe
abgedeckt werden kann, sollte noch ein weiteres
Bondingsystem auf der Total-Etch Gruppe vorrätig
sein.
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Die Haftwerte sollten wie
bei allen anderen Bondingsystemen die Mindestmarke von 20 MPa
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übersteigen, um eine
dauerhafte Füllungsqualität zu gewährleisten.
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Mehr Informationen
über Adhäsivsysteme
erhalten Sie unter
www.ivoclarvivadent.de.
Geben Sie einen kurzen Überblick: Nach welchen
Kriterien sollte der behandelnde Zahnarzt das
entsprechende System auswählen?
Bei der Wahl gilt wie bei allen Materialien in der
zahnärztlichen Praxis, dass nicht immer das Neueste das Beste sein muss. Der Behandler muss
zunächst entscheiden, ob ihm die Zwei-Schritt
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ZA Achim Sieger MSc, Neuss, über seine Erfahrungen mit selbstkonditionierenden Adhäsiven
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[All-in-one: Mehrfach-Applikation]
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ZA Achim Sieger MSc
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ist seit 1997 in Neuss in eigener Praxis tätig. Seine
Praxisschwerpunkte reichen von der Prävention,
ganzheitlichen Zahnmedizin und Kieferorthopädie
über chairside gefertigte CAD/CAM-Restaurationen
hin zur Implantologie und Parodontologie. In Parodontologie erwarb Achim Sieger 2005 im postgradualen Studium seinen Master of Science, in
Implantologie bildet er sich in Zusammenarbeit mit
der University of Boston zum Spezialisten fort. Den
Grundstock für seine Tätigkeiten legte er bereits in
den 80er Jahren mit der Ausbildung zum Zahntechniker und Weiterbildung zum KFO-Techniker.
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Foto: Sieger / Meinardus
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Das Adhäsiv iBond wird
ins Dappenglas gegeben
und dann mit dem Microbrush aufgenommen.
Foto: Heraeus Kulzer
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(1) Van Landuyt, K L et al.
(2005): Extension of a
one-step self-etch adhesive into a multi-step
adhesive. Dental Materials 2005;21:864-881.
Zusammenfassung auf
Deutsch im Internet:
www.dzn.de (Deutsches
Zahnarztnetz)
Herr Sieger, Sie sind „Anwender der ersten Stunde“ von All-in-one-Adhäsiven. Was hat Sie
bewogen, von Mehr-Komponenten- und MehrSchritt-Bondings auf das Ein-Schritt-Verfahren
umzusteigen?
Die Bonding-Techniken sind seit Einführung der
Dentinhaftung komplexer, zeitaufwändiger und fehleranfälliger geworden. Mit Einführung des Ein-Flaschen-Ein-Schritt-Verfahrens – sprich der 7.
Adhäsiv-Generation – ist ein weiterer Schritt hin
zur rationellen, verarbeitungssicheren, patientenfreundlichen und verlässlichen Adhäsivtechnik
gelungen. Dies spricht für deren Einsatz.
Wenn Sie mit anderen Systemen vergleichen:
Was macht aus Ihrer Sicht den Reiz von Adhäsiven der 7. Generation aus?
Die Anwendung dieser Methode kommt den Patienten und der gesamten Praxis zugute. Patientenschonend ist die verkürzte und klar organisierte
Behandlung. Die Vorteile für das Praxisteam: Das
Tray ist rasch vorbereitet, schnell herrscht Ordnung,
die Prozesse sind optimiert. Arbeitet man immer mit
demselben System, bleibt die Administration übersichtlich – was schon beim Management der Applikatoren und Pinsel beginnt. Ich lege Wert auf Kontinuität beim Produkt und Einfachheit der Anwendung, denn das sorgt für Effizienz und Qualität.
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Mit welchem Adhäsiv haben Sie gute Erfahrungen gemacht?
Ich habe mit iBond von Heraeus Kulzer gute
Erfahrungen gemacht, denn es besitzt genau diese
Vorzüge. In nur einer Flüssigkeit sind alle zur
Erzielung einer adhäsiven Verankerung erforderlichen Agenzien und Wirkstoffe enthalten und der
Ätz- und Spül-Schritt entfällt. Die Möglichkeit
zum Erfahrungsgewinn im Alltag der Zahnarztpraxis ist gegeben und ebenso besteht die Gelegenheit, das Produkt über Monate und Jahre hinweg
in situ zu beobachten: Denn iBond ist seit Anfang
2003 auf dem Markt. In der Konsequenz bedeutet
das auch, dass ich dem Hersteller ein Feedback
aus der Praxis heraus geben und so an der weiteren Produktoptimierung mitwirken kann. Das alles
schätze ich sehr.
Welche Vorteile sehen Sie bei der Anwendung?
Zur Anwendung selbst kann ich folgenden konkreten Hinweis weitergeben, der aus einer Veröffentlichung belgischer Forscher (1) stammt und den
ich selbst verifiziert habe: Wenn man bei OneStep-Adhäsiven eine zusätzliche Schmelzätzung
mit Phosphorsäure durchführt, kann dies die Stabilität des Verbundes verbessern. Von einer Konditionierung des Dentins muss man jedoch unbedingt absehen: Die Haftung verschlechtert sich,
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Prärestaurative Situation: Zähne 11, 21 nach Unfall. Neunjährige Patientin.
iBond wird mit dem Microbrush auf die Schmelz- und Dentinflächen appliziert.
was auf die Infiltration des Adhäsivs in die Kollagenfibrillen zurückzuführen ist. Das geschieht
übrigens auch bei Total-Etch-Adhäsiven. Damit
stellt sich die Frage pulpitischer Beschwerden
als Spätfolge. Wer mehr über die verschiedenen
Bondings wissen möchte, dem empfehle ich die
Lektüre der „Übersicht und Wertung der aktuellen
Bondingsysteme“ von Bernd Haller und Uwe
Blunck (2).
Worauf sollten aus Ihrer Erfahrung heraus Kollegen achten?
Zum Ersten – man sollte nicht selbst experimentieren. Im Klartext gesprochen: Entscheidet man sich
für ein selbstkonditionierendes All-in-one-Adhäsiv,
so empfiehlt sich die System-immanente Verarbeitung. Dann ist nämlich das Adhäsiv auf andere
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ZA Achim Sieger MSc, Neuss, über seine Erfahrungen mit selbstkonditionierenden Adhäsiven
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(2) Haller B, Blunck U
(2003): Übersicht und
Wertung der aktuellen
Bondingsysteme. zm –
Zahnärztliche Mitteilungen; 7:48ff, Fortbildungsteil 1/2003. Im Internet:
www.zm-online.de/m5.htm
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Einpassen des Silikonschlüssels nach Reinigung der Zahnflächen und Abschrägung der Schmelzränder.
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Komponenten der direkten Restaurationstechnik
abgestimmt – auf das Flowable, das Composite, die
Abstimmung kann sogar bis hin zu den Polierern
reichen. Damit steht der Hersteller zusammen mit
dem Behandler in der Verantwortung, wenn es um
Randverfärbung, Randschluss, Haltbarkeit der Füllung und Weiteres geht.
Ein weiterer Pluspunkt ist es, wenn von Herstellerseite ein Berater – und zwar stets derselbe –
zum Dialog zur Verfügung steht. Das schafft Produktnähe.
Außerdem lege ich großen Wert auf das Vorhandensein wissenschaftlicher In-vitro- und In-vivoStudien und achte darauf, ob praktisch-klinische
Erfahrungsberichte vorliegen.
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Wann sind All-in-one-Adhäsive indiziert?
Für wenig komplexe Anwendungen hinsichtlich
Füllungsvolumen, mechanischer Belastung, Retentionsbedarf und Schutz vor Irritation der Pulpa stellen All-in-one-Adhäsive eine zeitsparende, sichere
und wirtschaftliche Alternative dar. Für den Einsatz bei geschichteten, dentinadhäsiven Seitenzahnrestaurationen oder zur Zementierung von
vollkeramischen Adhäsiv-Inlays und Restaurationen sollten in Zukunft einige Schwachstellen dieser
Systeme angegangen werden, da hierfür zurzeit
noch den Drei-Schritt-Systemen der Vorzug gegeben werden muss.
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iBond wird in drei aufeinander folgenden Schichten aufgetragen und für
30 Sekunden in die präparierte Zahnhartsubstanz einmassiert.
Anschließend wird das
Lösungsmittel im sanften
Luftstrom vorsichtig verblasen und 20 Sekunden
polymerisiert.
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Weitere Informationen
erhalten Sie unter
www.iBond.de
Situation nach Abschluss der Behandlung, Aufbau mit dem
Komposit Venus 0A2, A1, SB1, Base-Liner.
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Wahlweise kann das EinFlaschen-Ein-SchrittAdhäsiv iBond von
Heraeus Kulzer auch im
Single Dose-Verfahren
appliziert werden.
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Das Interview führte
Dr. Gisela Peters
Nach der Behandlung lächelt die Patientin wieder.
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Was sind das konkret für Schwachstellen und wie
sehen Sie persönlich die Zukunft für selbstkonditionierende All-in-one-Produkte?
Noch ungeklärt ist die Frage, wie sich die in das
Primer-Adhäsiv-Gemisch eingebetteten Schmierschichtpartikel und die ausgefällten Calciumsalze
der selbstkonditionierenden Monomere langfristig
auf den Verbund und die Pulpaverträglichkeit
auswirken. Die mit selbstkonditionierenden Monomerlösungen erzeugten Ätzmuster und KunststoffSchmelz-Interaktionsmuster sind deutlich schwächer ausgeprägt als bei der Phosphorsäure-Ätzung.
Die Bedeutung der Unterschiede für die Füllungsretention, den Randschluss und die Randverfärbungen
ist noch unklar. Alle zurzeit auf dem Markt befindlichen Bonding-Konzepte haben Vor- und Nachteile.
Die Aufgabe des Praktikers ist es, für jede
Behandlungssituation eine angemessene Bonding-Technik auszuwählen.
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DER BLAUE BEREICH
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Dr. Andreas Syrek, Drensteinfurt: Einmalapplikation zur Versiegelung überempfindlicher Zähne
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[All-in-one: Einmal-Applikation]
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Dr. Andreas Syrek
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hat in Münster Zahnmedizin studiert und promoviert. Nach dreijähriger Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik der Universität Münster erfolgte ein
Wechsel in eine münsterländische Zahnarztpraxis.
Seine Schwerpunkttätigkeiten liegen in der adhäsiven Zahnheilkunde und ästhetischen Korrekturen.
Dr. Syrek hat zur Adhäsiv- und Composit-Technik
zahlreiche Vorträge gehalten.
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Literatur
1. Carmona D, Lafuente D. Effect of a second
coat of adhesive to bond strength. IADR
2004, #0457
2. Munoz C et al. Three year clinical performance
of Prompt L-Pop. IADR 2004, #0541
3. Brannstrom M. The hydrodynamic theory of
dentinal pain: sensation in preparations,
caries, and the dentinal crack syndrome. J
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dentin desensitizing agents on dentin permeability under different application conditions.
AADR 2003, #0632.
5. Hiller K-A et al. Effect of dentin desensitizing
agents on dentin permeability after thermocycling. IADR2005, #0298
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