Die Ernährung von Hunden mit Lebererkrankungen

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Die Ernährung von Hunden mit Lebererkrankungen
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Enzyklopädie der klinischen
Diätetik
des Hundes
Pascale Pibot
Vincent Biourge
Denise Elliott
Doktorin der
Veterinärmedizin,
Managerin für
Wissenschaftliche
Publikationen, Royal
Canin Arbeitsgruppe
Kommunikation
Doktor der
Veterinärmedizin,
Leiter des
Forschungsprogramms
Ernährung,
Royal Canin
Forschungszentrum
Doktorin der
Veterinärmedizin,
Direktorin der
Abteilung für
Wissenschaftliche
Kommunikation,
Royal Canin USA
This book is reproduced in the IVIS website with the permission of Royal Canin. IVIS thanks Royal Canin for their support.
Carolien
RUTGERS
DVM, MS, Dip
ACVIM, Dip
ECVIM-CA, DSAM,
MRCVS
Vincent
BIOURGE
DVM, PhD, Dip
ACVN & ECVCN
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3
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5
Leber
Die Ernährung
von Hunden mit
Lebererkrankungen
- Diagnose der Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
- Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
- Pathophysiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
- Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
- Spezifische diätetische Therapie bei verschiedenen Leberkrankheiten . . . . . . . . . . . . . . . 157
Häufig gestellte Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Beispiele für die Zubereitung hausgemachter Rationen für Leberpatienten . . . . . . . . . . . . . . 166
Diätetische Informationen von Royal Canin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168
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Leber
Die Ernährung
von Hunden
mit Lebererkrankungen
Carolien RUTGERS
DVM, MS, Dip ACVIM, Dip ECVIM-CA, DSAM, MRCVS
Carolien Rutgers schloss ihr Studium 1978 an der Universität Utrecht mit dem Grad eines DVM ab. Nach einem Internship
an der University of Pennsylvania absolvierte Carolien Rutgers eine Residency an der Ohio State University, wo sie den Masters Degree
errang. Danach arbeitete sie in der Allgemeinpraxis und in einer Überweisungspraxis für Kleintiere und ging schließlich 1985 zunächst
als Dozentin für Small Animal Medicine an die University of Liverpool und anschließend 1990 an das Royal Veterinary College,
wo sie zur Professorin berufen wurde. Dr. Rutgers hat über 100 wissenschaftliche Artikel und Buchkapitel verfasst und Vorträge überall in
Großbritannien und weltweit gehalten. Ihr wissenschaftliches Hauptinteresse gilt der Gastroenterologie. Sie ist Diplomate des American
College of Veterinary Internal Medicine (ACVIM), Gründungsdiplomate der Abteilung Companion Animals des European College
of Veterinary Internal Medicine (ECVIM-CA) und Inhaberin des RCVS-Diploms für Small Animal Medicine (DSAM). Dr. Rutgers ist
Vorstandmitglied des ECVIM-CA, Mitglied des RCVS Small Animal Medicine and Surgery Board sowie Diplomprüferin
für beide Organisationen.
Vincent BIOURGE
DVM, PhD, Dip ACVN & ECVCN
Dr. Biourge schloss sein Studium an der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Lüttich (Belgien) im Jahre 1985 ab. Nach zwei weiteren
Jahren an dieser Fakultät, während derer er als Assistent am Institut für Ernährung tätig war, ging Dr. Biourge an das Veterinary Hospital der
University of Pennsylvania (Philadelphia/USA) und später an das Teaching Hospital der University of California (Davis/USA). Hier absolvierte
er seine Residency im Bereich der klinischen Ernährung und arbeitete an seiner Dissertation. 1993 promovierte er hier auf dem Gebiet der
Ernährung (PhD) und wurde Diplomate des American College of Veterinary Nutrition (ACVN). Im Jahre 1994 nahm er seine Tätigkeit als
Ernährungsspezialist und Leiter der Abteilung für Wissenschaftliche Kommunikation am Forschungszentrum von Royal Canin in Aimargues
(Frankreich) auf. Seit 1999 ist Dr. Biourge für das gesamte ernährungswissenschaftliche Forschungsprogramm von Royal Canin verantwortlich.
Dr. Biourge hat mehr als 30 wissenschaftliche Arbeiten publiziert und ist seit Jahren als Vortragender bei internationalen Tagungen im Bereich
der Tiermedizin und Tierernährung tätig. Dr. Biourge ist Diplomate des European College of Veterinary Comparative Nutrition (ECVN).
D
ie Leber erfüllt im Stoffwechsel eine Vielfalt an komplexen
Funktionen und kann daher im Krankheitsfall auch zahlreiche
pathophysiologische Störungen entwickeln. Da jedoch
die Reservekapazität der Leber ungeheuer groß und die
Regenerationsfähigkeit außergewöhnlich hoch ist, werden klinische
Krankheitszeichen erst dann manifest, wenn diese Reserven durch
eine lang andauernde progrediente Erkrankung bereits erschöpft sind.
142
Bei akuten Lebererkrankungen liegt der Schwerpunkt der Therapie auf der Unterstützung des Regenerationsprozesses der Leber. Allein damit kann der Patient wieder vollständig genesen, vorausgesetzt, es
lag nur eine einmalige, nicht lebensbedrohende Leberschädigung vor.
Bei chronischen Erkrankungen der Leber konzentriert sich die Behandlung auf die Unterstützung der
verbleibenden metabolischen Kapazität der Leber, auf die Minimierung des Komplikationsrisikos und auf
eine Verhinderung des Fortschreitens des Krankheitsprozesses, z.B. durch Begrenzung oxidativer Schäden. Eine frühzeitig einsetzende diätetische Therapie ist bei der Behandlung von Malnutrition, Aszites
und hepatischer Enzephalopathie von besonderer Bedeutung und kann sowohl Morbidität als auch Mortalität deutlich reduzieren.
TABELLE 1 - DIE WICHTIGSTEN FUNKTIONEN VON LEBER UND GALLE
Eiweißstoffwechsel
Synthese von Albumin, Akute-Phase-Proteinen, Gerinnungsfaktoren
Regulierung des Aminosäurenstoffwechsels
Entgiftung von Ammoniak
Harnstoffsynthese
Kohlenhydratstoffwechsel
Glykogenstoffwechsel und -speicherung
Glukosehomöostase
Glukoneogenese
Fettstoffwechsel
Synthese von Triglyzeriden, Phospholipiden, Cholesterol
Lipidoxidation und Produktion von Ketonkörpern
Lipoproteinsynthese
Ausscheidung von Cholesterol und Gallensäuren
Vitaminstoffwechsel
Speicherung und Aktivierung der Vitamine B und K
Aktivierung von Vitamin D
Synthese von Vitamin C
Hormonstoffwechsel
Abbau von Polypeptiden und Steroidhormonen
Speicherfunktionen
Vitamine, Lipide, Glykogen, Kupfer, Eisen, Zink
Verdauungsfunktionen
Gallensäurensynthese und enterohepatischer Kreislauf
Fettverdauung und -resorption
Resorption der Vitamine A, D, E, K
Entgiftung und Ausscheidung Ammoniak, Medikamente, Toxine
1 - Diagnose der Lebererkrankungen
TABELLE 2 - KLINISCHE SYMPTOME
BEI LEBERKRANKHEITEN
Frühe Symptome
Vorbericht und klinische Symptome
Die anamnestischen Angaben zu Hunden mit Lebererkrankungen sind oft vage und unspezifisch. Symptome werden meist erst dann manifest, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Ein plötzliches
Auftreten von Krankheitszeichen muss keineswegs eine akute Erkrankung bedeuten, sondern kann das
Endergebnis eines bereits seit Wochen oder Monaten bestehenden progredienten Prozesses sein.
Auch die Befunde der klinischen Untersuchung können sehr variabel und unspezifisch sein. Obwohl
Gelbsucht, veränderte Größe der Leber und Aszites deutlich in Richtung Lebererkrankung weisen, können diese Symptome auch bei anderen Krankheiten vorliegen. Das einzige wirklich pathognomonische
Symptom einer Hepatopathie sind acholische (hellgraue, kalkfarbene) Fäzes, wie sie bei einer vollständigen extrahepatischen Gallengangsobstruktion vorliegen (Tabelle 2).
Symptome
bei schwerer
Leberinsuffizienz
Symptome
bei Gallengangsobstruktion
Anorexie
Gewichtsverlust
Lethargie
Vomitus
Diarrhoe
Polydipsie/Polyurie
Ikterus
Aszites
Hepatische Enzephalopathie
Koagulopathie (übermäßiges
Bluten nach Blutabnahmen
oder Leberbiopsie, Meläna)
Acholische (entfärbte)
Fäzes*
* spezifisch für Lebererkrankungen,
doch nur selten beobachtet.
143
Leber
1 - Diagnose der Lebererkrankungen
Die Leber nimmt eine zentrale Rolle bei Verdauung, Resorption, Stoffwechsel und Speicherung der meisten Nährstoffe ein (Tabelle 1). Bei Leberfunktionsstörungen kommt es daher rasch zu einer Malnutrition,
die den Schweregrad der Krankheit noch verstärkt (Center, 1999b; Laflamme, 1999). Bei Hunden, die an
Erkrankungen der Leber leiden, ist die diätetische Therapie die Basis jeder erfolgreichen Behandlung. Einen
guten Ernährungszustand aufrechtzuerhalten, ist dabei oberstes Ziel.
> Ikterus
© C. Rutgers
Gelbsucht zählt nicht zu den häufigen Symptomen einer Leberkrankheit beim Hund und bedeutet in
jedem Fall, dass eine schwere Erkrankung vorliegt. Ikterus kann auch auf hämolytische Prozesse oder
post-hepatische Ursachen zurückzuführen sein (wie z.B. die häufig bei akuter Pankreatitis beobachtete
Kompression des Ductus hepaticus communis oder eine durch Neoplasie oder Cholelithiasis verursachte Obstruktion des Gallengangs) (Leveille-Webster, 2000).
> Veränderte Größe der Leber
Leberbiopsie
von einem Bedlington Terrier
mit chronischer Hepatitis:
Kupferakkumulation im Lebergewebe
(Rhodanin-Färbung; Kupferkörnchen
erscheinen schwarz).
Einige chronische Lebererkrankungen des Hundes bewirken die Schrumpfung dieses Organs, während akute
Leberkrankheiten oftmals kaum oder nur geringe Größenveränderungen verursachen. Hepatomegalie ist
ein seltenes Symptom und kann bei Lebertumoren und bei Stauungsleber, bzw. auch bei einer sekundären
Beteiligung der Leber bei Stoffwechselerkrankungen (z.B. Hyperadrenokortizismus) beobachtet werden.
> Aszites
Aszites ist ein häufiges Symptom bei schweren chronischen Erkrankungen der Leber und wird vorwiegend
durch portale Hypertension verursacht. Es handelt sich hierbei um modifiziertes Transsudat, wie es auch bei
dekompensierter Herzinsuffizienz oder bei Neoplasien vorkommt. Dieses Transsudat ist nicht zu verwechseln
mit dem beim Eiweißverlustsyndrom und bei Nephropathien entstehenden Transsudat bzw. mit dem Exsudat, das sich typischerweise bei Peritonitis, Blutungen und rupturierten Gallen- oder Harnwegen bildet.
© C. Rutgers
1 - Diagnose der Lebererkrankungen
Leber
Differentialdiagnosen
Laboruntersuchungen
Ikterus bei einem Dobermann mit
fortgeschrittener chronischer Hepatitis.
Die Durchführung aller relevanten Laboruntersuchungen ist nicht nur wichtig für die Diagnose von Leberkrankheiten, sondern vor allem auch für die Bestimmung des Schweregrades der Erkrankung und für die
Überwachung der Entwicklung des Krankheitsprozesses. Labortests sind jedoch nicht in der Lage, spezifische Erkrankungen zu identifizieren. Das Vorliegen begleitender Erkrankungen nicht-hepatischen
Ursprungs kann die Untersuchungsergebnisse beeinflussen. Die
Basislabordiagnostik (Hämatologie, Serumbiochemie, Harnanalyse) dient vor allem als erstes Screening zur Identifizierung
ABBILDUNG 1 - DIAGNOSE DER LEBERKRANKHEITEN
eines vorliegenden Leberschadens bzw. anderer bestehender
pathologischer Prozesse (Abbildung 1). Die Serum-Gallensäurespiegel stellen einen spezifischen und empfindlichen Indikator
Hämatologie
für die Leberfunktion dar und ermöglichen insbesondere die
Anamnese und
Biochem.
Diagnose von subklinischen Lebererkrankungen und portosyklinische
Untersuchungen
Untersuchung
stemischen
Shunts. Die Bestimmung des Nüchternwertes von
Harnanalyse
Ammoniak eignet sich zum Nachweis einer hepatischen Enzephalopathie. Gerinnungstests sind bei Hunden mit Blutungsneigung und vor der Durchführung von Biopsien (Leberblindpunktion, Gewebeentnahme unter Ultraschallkontrolle oder operaGallensäuren
(Nüchternwerte
Röntgenuntersuchung
und postprandiale Werte)
tive Probeexzision) angezeigt. Bei Verdacht auf Vorliegen eines
Ultraschall
Ammoniak
portosystemischen Shunts ist eine Portographie mit Einbringen
des Kontrastmittels über eine Mesenterialvene indiziert.
Screening auf
Gerinnungsstörungen
Leberbiopsie
Szintigraphie
Mesenterico-Portographie
(Portosystemische Gefäßanomalien)
144
Bildgebende Verfahren
Übersichtsröntgenaufnahmen des Abdomens liefern einen
ersten Eindruck von der Größe und Form der Leber, während
spezifische Informationen über Leberparenchym, Gallengänge
und Blutgefäße am besten mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung zu erhalten sind. Gefäßanomalien lassen sich durch eine
Portographie (mittels Laparotomie und Kontrastmitteapplikation via Mesenterialvene) feststellen. Die Nuklearszintigraphie
der Leber ist ein nicht-invasives Untersuchungsverfahren, bei
dem radioaktive Substanzen als Marker eingesetzt werden, weshalb der Einsatz dieser Technik auf Einrichtungen mit entsprechender technischer Ausstattung beschränkt bleibt.
2 - Epidemiologie
Leberbiopsie
Zur Diagnosesicherung ist häufig die histologische Untersuchung des Lebergewebes erforderlich. Dadurch
lässt sich abklären, welche Ursachen den abnormen Lebertestbefunden und/oder Größenveränderungen
der Leber zugrunde liegen und ob die Erkrankung primärer oder sekundärer Natur ist. Auch der Kupfergehalt der Leber lässt sich auf diese Weise bestimmen. Eine weitere Indikation für eine Leberbiopsie ist
die Verlaufskontrolle bzw. die Überprüfung des Therapieerfolges, sofern dies mit nicht-invasiven Methoden nicht möglich ist.
Leber
2 - Epidemiologie
Ätiologie
> Nicht-infektiöse entzündliche Lebererkrankungen
© C. Rutgers
Die nicht-infektiösen entzündlichen Lebererkrankungen stellen die größte Gruppe der Hepatopathien
beim Hund dar (Tabelle 3) (Center, 1996a; Watson, 2004). Die Leber verfügt über ein besonders aktives retikuloendotheliales System und nimmt eine zentrale Rolle bei der Filterung potenziell schädlicher
Substanzen ein, die aus dem Darmtrakt über das venöse Pfortaderblut antransportiert werden. Des Weiteren sorgt die Leber für die Entgiftung von Medikamenten und endogenen wie exogenen Toxinen.
Kommt es bei einem Leberschaden jedweder Ätiologie zu einer Entzündung, so können immunvermittelte Mechanismen ein Fortdauern der entzündlichen Prozesse bewirken (Center, 1999b). Ob die in der
Humanmedizin bekannte primäre autoimmune Hepatitis auch bei Hunden vorkommt, konnte bislang
nicht schlüssig belegt werden.
> Infektiöse entzündliche Lebererkrankungen
Obwohl virale Ursachen bei Lebererkrankungen des Hundes eine deutlich geringere Rolle spielen als
beim Menschen, ist es denkbar, dass Infektionen mit „atypischen“ Leptospiren (d.h. mit Leptospiren, die
nicht durch Routineimpfungen abgedeckt werden) eine größere Rolle bei der Entwicklung einer chronischen Hepatitis spielen als bislang angenommen (Adamus et al., 1997; Bishop et al., 1979).
Steroidhepatopathie
TABELLE 3 - HEPATOBILIÄRE ERKRANKUNGEN DES HUNDES
Entzündliche Lebererkrankungen
Nicht-infektiös
Nicht-entzündliche Lebererkrankungen
Vakuoläre Hepatopathien
Erkrankungen der Gallenblase
und der Gallengänge
Kongenitale zystische Anomalien
Chronische Hepatitis*
Degenerativ/Speicherung
Cholestase
Zirrhose / Fibrose*
Glukokortikoidtherapie*
- Intrahepatisch (sekundär nach Erkrankung des
Toxisch bedingt oder arzneimittelinduziert*
Diabetes mellitus
Hepatokutanes Syndrom
Chronische Erkrankung*
Leberparenchyms)*
- Extrahepatisch (Gallengangsobstruktion durch
Cholelithiasis, Neoplasien oder Kompression durch
Pankreaserkrankungen*)
Cholangitis/Cholezystitis
Infektiös
Bakteriell (Leptospirose, Abszess,
Cholangiohepatitis)
Viral (HCC)
Anomalien der Pfortader
Kongenitale portosystemische Shunts*
Pfortaderhypoplasie (inkl. mikrovaskulärer Dysplasie
und juvenile Leberfibrose)*
Lobäre Hepatitis dissecans
Intrahepatische arteriovenöse Shunts
Neoplasie (primär oder metastatisch*)
* Häufige Lebererkrankungen des Hundes
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2 - Epidemiologie
TABELLE 4 - RASSENPRÄDISPOSITIONEN
FÜR LEBERKRANKHEITEN
Leber
Kupferspeicherkrankheit
Bedlington Terrier*
West Highland White Terrier
Skye Terrier
Dalmatiner
Dobermann
Chronische Hepatitis
Cocker Spaniel
Dobermann
Labrador Retriever
Pudel
> Nicht-entzündliche Lebererkrankungen
Der etwas vage Begriff „vakuoläre Hepatopathien“ beschreibt jene nicht-entzündlichen
Erkrankungen der Leber, die mit der Bildung zytoplasmatischer Vakuolen in den Hepatozyten einhergehen (Cullen, 2001). Generell stellen die vakuolären Leberzellveränderungen
eine nicht-spezifische Reaktion auf eine Leberschädigung dar und werden beim Hund hauptsächlich durch einen exogenen oder endogenen Glukokortikoidüberschuss ausgelöst.
Von weitaus größerer klinischer Bedeutung sind Lebererkrankungen im Zusammenhang mit
Gefäßanomalien wie dem angeborenen portosystemischen Shunt oder der portalen Hypoplasie (z.B. mikrovaskuläre Dysplasie und juvenile hepatische Fibrose). Neoplasien der Leber,
die üblicherweise sekundärer Natur sind, kommen weniger häufig vor.
Prädisposition und Risikofaktoren
> Chronische Hepatitis
Die Ursachen der chronischen Hepatitis des Hundes sind häufig nicht eindeutig zu identifizieren. Manche Rassen neigen eher zu dieser Erkrankung als andere (Tabelle 4). Eine
familiäre Prädisposition wurde bei folgenden Rassen beschrieben: Bedlington Terrier,
West Highland White Terrier, Skye Terrier, Dobermann, Cocker Spaniel und Labrador
Retriever (Johnson, 2000). Die gehäufte Inzidenz der chronischen Hepatitis bei bestimmten Rassen legt eine mögliche genetisch bedingte Ursache nahe.
* Erblichkeit nachgewiesen.
Bislang konnte in diesem Zusammenhang nur die Kupferspeicherkrankheit der Bedlington
Terrier nachgewiesen werden (Johnson et al., 1980). Bei dieser Erkrankung kommt es aufgrund eines angeborenen Stoffwechseldefektes in der Kupferausscheidung über die Galle zur
Akkumulation von Kupfer in der Leber. In der Folge kommt es zur Schädigung der Leberzellen, zu chronischer Hepatitis und zu Leberzirrhose (Twedt et al., 1979). Dieser Gendefekt
wurde ursprünglich mit Hilfe eines DNA-Mikrosatellitenmarkers (Yusbasian-Gurkan et al.,
1997; Holmes et al., 1998; Rothuizen et al., 1999) nachgewiesen, doch konnte mittlerweile
das für die Kupfertoxikose verantwortliche Gen identifiziert werden (van De Sluijs et al.,
2002). Obwohl heute DNA-Tests (Animal Health Trust, Newmarket) zur Verfügung stehen,
um betroffene Hunde und Träger des Gens zu entdecken, sind Leberbiopsie und Bestimmung
des Kupfergehaltes der Leber nach wie vor von entscheidender diagnostischer Bedeutung.
Um bei der Zucht der Bedlington Terrier die Inzidenz dieser Krankheit langfristig zu reduzieren, bieten sich die DNA-Tests, auch wenn sie aufgrund der Rekombination keine Genauigkeit von 100% erreichen, als einfaches Screeningverfahren an.
Gelegentlich ist es schwierig zu bestimmen, ob die Kupferspeicherung in den Hepatozyten
eine Ursache der Lebererkrankung ist oder aber eine Folge der verminderten KupferDie chronische Hepatitis beim Dobermann geht
exkretion der Galle (Rolfe & Twedt, 1995; Thornburg, 2000). Kupferakkumulation im
mit erhöhten Kupfer- und Eisenkonzentrationen
Zusammenhang mit Lebererkrankungen konnte bei Dobermännern, Dalmatinern, West
in der Leber einher, die auf eine verminderte
Highland White Terriern und Skye Terriern nachgewiesen werden (Rolfe & Twedt, 1995).
Kupferausscheidung mit der Galle zurückzuführen
Der Vererbungsmodus ist bei diesen Rassen allerdings noch unbekannt (Rolfe & Twedt,
sind. Die genetische Basis hierfür ist jedoch
1995;
Webb et al., 2002). Beim Cocker Spaniel besteht bei chronischer Hepatitis ebeneine andere als beim Bedlington Terrier
falls häufig eine Kupferakkumulation (Johnson, 2000). Die beim jungen Dalmatiner
(Spee et al. 2005).
beschriebene Hepatopathie mit Kupferspeicherung in den Leberzellen scheint einige
Parallelen zur Kupferspeicherkrankheit des Bedlington Terriers aufzuweisen, doch sind hier noch weitere Untersuchungen erforderlich (Webb et al., 2002).
© DA Elliott
Kongenitale portosystemische Shunts
Irischer Wolfshund*
Cairn Terrier*
Yorkshire Terrier*
Malteser
> Portovaskuläre Anomalien
Der kongenitale intrahepatische portosystemische Shunt ist verstärkt bei großen Rassen zu beobachten;
beim Irischen Wolfshund konnte der autosomal-rezessive Erbgang nachgewiesen werden (Rothuizen et
al., 2001). Im Gegensatz dazu werden angeborene extrahepatische Shunts häufiger bei Hunden kleiner
Rassen diagnostiziert. Beim Cairn Terrier ist dieses Erbmerkmal von mehreren Genen abhängig (Rothuizen et al., 2001), während beim Yorkshire Terrier die Erblichkeit dieser Krankheit noch vermutet wird
(Tobias, 2003; Tobias & Rorbach, 2003). Die Pfortaderhypoplasie (mikrovaskuläre Dysplasie) tritt häufiger bei Hunden kleiner Rassen auf (Van den Ingh et al., 1995). Beim Yorkshire Terrier und Cairn Terrier
besteht eine Prädisposition für kongenitale portosystemische Shunts und mikrovaskuläre Dysplasie.
146
3 - Pathophysiologie
> Medikamente
Leber
Bestimmte therapeutische Wirkstoffe bergen in sich das Risiko, zur Entwicklung akuter oder chronischer
Lebererkrankungen beizutragen bzw. für diese verantwortlich zu sein. So werden z. B. Antikonvulsiva
(Primidon, Phenobarbital, Phenytoin) und Diethylcarbamazin-Oxibendazol sehr häufig mit chronischer
Hepatitis in Zusammenhang gebracht. Akute toxische Leberschäden wurden nach Gabe einiger Präparate wie z.B. Carprofen, Mebendazol und potenzierten Sulfonamiden (Trimethoprim-Sulfadiazin)
beschrieben (Hooser, 2000; Trepanier et al., 2003). Ein Überschuss an Glukokortikoiden, egal ob exogen
oder endogen (bei Hyperadrenokortizismus) bedingt, ist – wie schon erwähnt – häufig die Ursache für
die typische vakuoläre Hepatopathie (Steroidhepatopathie).
3 - Pathophysiologie
Eine hepatozelluläre Dysfunktion kann zahlreiche metabolische Störungen verursachen, die durch
eine Mangelernährung noch verstärkt werden.
Funktionsstörungen der Leber können eine Vielzahl von Stoffwechselstörungen nach sich ziehen, welche die Verwertung der zugeführten Nährstoffe beeinträchtigen (Tabelle 5). Veränderungen im Eiweiß-
TABELLE 5 - LEBERFUNKTIONSSTÖRUNGEN UND KLINISCHE AUSWIRKUNGEN
Funktionsstörung
Kohlenhydratstoffwechsel
Verminderte Glykogenspeicherung in der Leber
Erhöhte Glukoneogenese
Glukoseintoleranz und Insulinresistenz
Fettstoffwechsel
Verstärkte Lipolyse
Reduzierte Gallensäurenausscheidung
Klinische Auswirkung
Hypoglykämie (akute Leberkrankheit)
Muskelschwund, Malnutrition
Hyperglykämie (Leberinsuffizienz im Endstadium)
Malnutrition
Gestörte Resorption von Fett und fettlöslichen Vitaminen
Steatorrhoe
Koagulopathien
Proteinstoffwechsel
Erhöhter Katabolismus
Vemehrte periphere Verwertung der verzweigtkettigen
Aminosäuren
Gestörter Harnstoffzyklus
Verminderte Albuminsynthese
Verminderte Synthese von Gerinnungsfaktoren
Malnutrition, HE*
Förderung der HE*
HE*
Hypalbuminämie
Koagulopathien
Vitaminstoffwechsel
Verminderte Speicherung
Verminderte Resorption der Vitamine A, D, E, K
(Cholestase)
Oxidative Schäden (Vitamin E)
Koagulopathien (Vitamin K)
Mineralstoffe und Spurenelemente
Erhöhter Kupfergehalt der Leber
(Kupfertoxikose)
Entgiftung und Ausscheidung
Verringerte Bilirubinausscheidung
Unzureichende Entgiftung (Arzneimittel, Ammoniak)
Oxidative Schädigung, Hepatitis
Verringerte Zinkspiegel
Verringerte antioxidative Wirkung
HE*
Ikterus
HE*
* HE: Hepatische Enzephalopathie
147
3 - Pathophysiologie
Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel spiegeln den Einfluss
der einzelnen neuroendokrinen Mediatoren wider und
manifestieren sich besonders deutlich im Hungerzustand.
Die Serumkonzentrationen von Glukagon und Insulin sind
Unzureichende Futteraufnahme
Anorexie, Nausea, Vomitus
durch den verminderten Abbau in der Leber erhöht, wobei
Geringe Akzeptanz des Futters
sich die Auswirkungen der Hyperglukagonämie stärker
bemerkbar machen. Es kommt zu einer rascheren Erschöpfung des Glykogenspeichers der Leber und in der Folge zu
einem frühzeitigen Proteinabbau, um die für die Glukoneogenese erforderlichen Aminosäuren bereitzustellen. Eine
Nüchternhypoglykämie wird in vielen Fällen durch eine
kompensatorische Verringerung der peripheren GlukoseoxiMalabsorption
Erhöhter Bedarf
dation sowie eine gesteigerte Glukoneogenese verhindert.
Cholestase
Hypermetabolismus
Des Weiteren kommt es zu einer Beschleunigung der periEnteropathie (portale Hypertension)
Vermehrter Eiweißabbau
pheren Lipolyse, welche die zur Energieproduktion notwendigen Fettsäuren bereitstellt (Marks et al., 1994). Lang
andauernde Mangel- oder Unterernährung führt bei Hunden mit chronischer Leberkrankheit zum progredienten Verlust von Fett und Muskelmasse,
was zum Erscheinungsbild der bei Lebererkrankungen so häufig beobachteten Malnutrition
beiträgt (Abbildung 2).
Die Leber verfügt über große funktionelle Reservekapazitäten und ist in der Lage, auch
bei extensiver Schädigung lange Zeit die Homöostase aufrechtzuerhalten und katabole
Prozesse zu minimieren. Die Manifestation von Stoffwechselveränderungen und das Auftreten klinischer Symptome einer Leberfunktionsstörung bedeuten in der Regel, dass die
Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist.
© Service d’anatomo-pathologie ENVN
Leber
ABBILDUNG 2 - ÄTIOLOGIE DER MALNUTRITION
BEI LEBERKRANKHEITEN
Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel
Kohlenhydrate – Da die Leber das primäre Organ für die Glukosespeicherung (in Form von
Glykogen) darstellt, ist sie nicht nur für die Aufrechterhaltung eines adäquaten BlutzuckerMikroskopische Darstellung der Glykogenspeicher
spiegels, sondern auch für die Bereitstellung von Glukose in Hungerphasen (mittels Glykoder Leber (PSA X 40)
genolyse) verantwortlich. Bei Lebererkrankungen kommt es zu einer rascheren Erschöpfung
der Glykogenspeicher und die benötigte Glukose wird durch den Abbau von Muskeleiweiß
zu Aminosäuren bereitgestellt. Dies verursacht Muskelschwund und erhöht die Stickstofflast, was die
Hyperammonämie fördert und zur Entwicklung der hepatischen Enzephalopathie führt (Bauer, 1996).
Bei schweren akuten Erkrankungen der Leber und beim portosystemischen Shunt kann es aufgrund von
unzureichender Glykogenspeicherung und Glukoneogenese zur Nüchternhypoglykämie kommen. Im
Gegensatz dazu ist bei einer Leberzirrhose durch die verringerte Glukokortikoid-Clearance die Ausbildung einer leichten Hyperglykämie möglich.
Fette – Die Leber nimmt eine wichtige Funktion in Synthese, Oxidation und Transport der Lipide ein.
Bei einer Erkrankung der Leber kommt es zu gesteigerter peripherer Lipolyse, da der Organismus bestrebt
ist, Fettsäuren zur Energieproduktion zu mobilisieren. Die Folge ist eine Erschöpfung der Fettspeicher und
eine vermehrte Oxidation der Fettsäuren (Bauer, 1996). Durch die Synthese von Gallensäuren und die
Gallensekretion kommt der Leber eine bedeutende Rolle in der Verdauung und Resorption von Fetten
und fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) zu. Eine Fettmalabsorption ist dennoch selten bei Leberkrankheiten, da manche Triglyzeride aus der Nahrung auch bei vollständiger Abwesenheit von Gallensäuren
noch resorbiert werden können (Gallagher et al., 1965). Bei schwerer Cholestase kann die verringerte
Verfügbarkeit von Gallensäuren im Darm zur Malabsorption von Fetten, fettlöslichen Vitaminen und
manchen Mineralstoffen führen. Die Leber ist der einzige Syntheseort für Cholesterol. Zu einer Hypocholesterolämie kann es bei akuter Leberinsuffizienz und bei portosystemischen Shunts kommen, während eine Hypercholesterolämie bei posthepatischem Ikterus (Obstruktionsikterus) zu beobachten ist.
Protein – Auch beim Eiweißstoffwechsel spielt die Leber eine wichtige Rolle. Die Serumkonzentrationen
der meisten Aminosäuren werden von der Leber kontrolliert. Eine Ausnahme bilden lediglich die verzweigtkettigen Aminosäuren, für deren Regulierung die Skelettmuskulatur verantwortlich ist. Die Leber
synthetisiert die Mehrheit der zirkulierenden Plasmaproteine und ist einziger Syntheseort des Albumins.
148
Eine weitere Funktion der Leber ist die Synthese der meisten Gerinnungsfaktoren. Die
durch eine Leberfunktionsstörung bedingte mangelhafte Synthese dieser Faktoren kann zu
- Aufrechterhaltung der Homöostase von Blutzucker,
verlängerten Koagulationszeiten führen ( PT,
PTT) vorausgesetzt, die Produktion
Aminosäuren und Spurenelementen
sinkt auf weniger als 30% der Normalwerte. Dennoch ist die Disseminierte Intravasale
- Synthese von Albumin und Gerinnungsfaktoren
Gerinnung (DIC, Verbrauchskoagulopathie) die bei Lebererkrankungen am häufigsten
- Entgiftung und Ausscheidung endogener
diagnostizierte Koagulopathie, die auch spontane Blutungen verursachen kann (Center,
und exogener Abbauprodukte
1999b). Auch die verminderte Resorption von Vitamin K bei chronischer Gallengangsob(d.h. NH3, Arzneimittel, Toxine)
- Regulierung der Funktionen des Immunsystems
struktion kann zu verlängerten Koagulationszeiten führen, was jedoch durch die parente- Regulierung des Hormonhaushaltes
rale Gabe von Vitamin K1 therapierbar ist.
Bei akuten Erkrankungen der Leber werden die funktionellen Proteine der Skelettmuskulatur
und anderer Gewebe abgebaut, um den für die Synthese von Proteinen des Immunsystems
erforderlichen Bedarf zu decken. Bei chronischen Leberkrankheiten ist die Ätiologie des katabolen Zustandes multifaktoriell (Mizock, 1999). Die Plasmakonzentrationen der aromatischen
Aminosäuren steigen bei einer Erkrankung der Leber aufgrund vermehrter peripherer FreisetDer Proteinkatabolismus ist bei allen
zung und verminderter Clearance durch die Leber, während die Plasmaspiegel der verzweigtLeberkrankheiten erhöht. Auch bei Patienten
kettigen Aminosäuren durch die gesteigerte Verwertung als Energiequelle für die Muskulatur
mit Infektionen oder Blutungen im
sinken. Dieses Ungleichgewicht zwischen aromatischen und verzweigtkettigen Aminosäuren
Gastrointestinaltrakt ist der Eiweißabbau erhöht,
wird als verantwortlicher Faktor bei der Pathogenese der hepatischen Enzephalopathie angeweshalb es aufgrund der vermehrten
sehen, doch wird seine Bedeutung mittlerweile in Frage gestellt (Mizock, 1999).
Ammoniakproduktion zur Entwicklung
L-Carnitin ist ein essenzieller Co-Faktor beim Transport der langkettigen Fettsäuren aus
einer hepatischen Enzephalopathie kommen kann.
dem Zytoplasma in die Mitochondrien (Abbildung 3). Die Leber stellt das zentrale Organ
für die L-Carnitin-Homöostase des Organismus dar, und Störungen bei chronischen Lebererkrankungen können in diesem Bereich vielfältig sein. Zum Carnitinmangel bei Patienten mit Leberkrankheiten kann es durch unzureichende Zufuhr von Carnitin oder dessen Vorläufern
mit der Nahrung, durch verminderte Synthese in der Leber oder aber durch erhöhten Verbrauch kommen (Krahenbuhl & Reichen, 1997). Eine Supplementierung mit L-Carnitin zeigte bei Versuchstieren
eine schützende Wirkung gegen die Entwicklung einer hyperammoniär-bedingten hepatischen Enzephalopathie (Therrien et al., 1997). Ein Schutz gegen die hepatische Lipidose der Katze ist ebenfalls
anzunehmen (Twedt, 2004), während der Nutzen einer L-Carnitin-Supplementierung beim Hund noch
nicht definiert werden konnte.
ABBILDUNG 3 - WIRKUNGSMECHANISMUS VON L-CARNITIN
1 - Mitochondrienmembran
2 - L-Carnitin
3 - Fettsäuren
Mitochondrien
L-Carnitin wird in die Enzymkette eingebaut und schleust über einen speziellen Mechanismus
die langkettigen Fettsäuren durch die Membran der Mitochondrien.
Auf diese Weise gelangen die Fettsäuren zur Energiegewinnung in die Mitochondrien.
Besteht ein Mangel an L-Carnitin, ist dieses Transportsystem gestört und die Energieproduktion
beeinträchtigt.
149
Leber
DIE LEBER KONTROLLIERT
EINE VIELZAHL VON
STOFFWECHSELFUNKTIONEN.
DIE WICHTIGSTEN SIND:
3 - Pathophysiologie
Da die Albuminsynthese unter den verschiedenen Syntheseleistungen der Leber Priorität
hat, bildet sich eine Hypalbuminämie erst bei chronischem Krankheitsverlauf aus, wobei
eine Malnutrition diese Entwicklung beschleunigt.
3 - Pathophysiologie
Leber
Mikronährstoffe
> Vitamine
Die Leber speichert viele Vitamine und wandelt sie in ihre metabolisch aktiven Formen um. Eine Funktionsstörung der Leber kann somit zu einem Mangel an den in der Leber gespeicherten Vitaminen wie
z.B. den Vitaminen des B-Komplexes führen. Dieser Mangel wird noch verstärkt durch den aufgrund der
Hepatozytenregeneration erhöhten Bedarf sowie durch die reduzierte Stoffwechselaktivierung und die
vermehrten Verluste über den Harn. Bei Menschen mit Leberkrankheiten ist ein Vitamin B-Mangel sehr
häufig und man kann davon ausgehen, dass Gleiches für den Hund zutrifft.Vitamin C wird vom Organismus des Hundes synthetisiert, jedoch nicht gespeichert. Bei Erkrankungen der Leber kann die Synthese
gestört sein (Center, 1996a). Zu einem Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A, D, E und K kann es bei
jeder Erkrankung kommen, bei der der enterohepatische Kreislauf der Gallensäuren oder die Fettresorption gestört ist. Hierbei ist der Mangel an Vitamin E und Vitamin K am bedeutendsten. Vitamin E ist
ein wichtiges Antioxidans, das die Lipoproteine und die Zellmembranen vor der Lipidoxidation schützt. Der bei Lebererkrankungen häufig vorhandene Vitamin E-Mangel (Sokol, 1994)
erhöht die Empfänglichkeit für oxidativen Stress, was die schon bestehende Leberschädigung
Der bei chronischen Leberkrankheiten häufig
noch weiter verschlimmert. Bei Hunden ist ein Mangel an Vitamin K leicht zu diagnostizieauftretende Zinkmangel basiert auf zu geringer
ren, da er sich rasch entwickelt und durch die Messung der Koagulationszeiten leicht zu idenZinkzufuhr mit der Nahrung, verminderter
tifizieren ist (Leveille-Webster, 2000).
intestinaler Resorption und gesteigerten Verlusten
über den Harn. Zinkmangel macht den
Organismus weniger widerstandsfähig
gegen oxidativen Stress und hemmt die
Ammoniakentgiftung im Harnstoffzyklus. Dies
fördert die Entstehung der hepatischen
Enzephalopathie.
> Mineralstoffe und Spurenelemente
Die wichtigsten in der Leber gespeicherten Spurenelemente sind Eisen, Zink und Kupfer.
Sowohl Eisen als auch Kupfer können in großen Konzentrationen hepatotoxisch wirken, doch
scheint dies beim Hund nur für Kupfer zuzutreffen. Die Leber ist das zentrale Organ für die
Kupferhomöostase, da sie einen Großteil des resorbierten Kupfers aufnimmt und die gespeicherte Menge mittels Abgabe von überschüssigen Mengen über die Galle reguliert. Zu einer
Akkumulation von Kupfer in der Leber kann es bei einem primären Defekt im Kupferstoffwechsel oder sekundär nach verminderter Exkretion von Kupfer bei lange andauernder Cholestase kommen (Thornburg, 2000). Bei Hunden mit primärer Kupferspeicherkrankheit sammelt sich Kupfer in der
Leber an, bevor noch ein Leberschaden oder eine Cholestase besteht. Bei der Kupferspeicherkrankheit
des Bedlington Terriers hat sich gezeigt, dass es zu einer Schädigung der Mitochondrien mit nachfolgender Bildung von reaktiven Sauerstoffmolekülen und Freien Radikalen kommt, was letztendlich die Hepatozyten schädigt (Sokol et al., 1994). Zink ist ein bei vielen biologischen Prozessen essenzieller Co-Faktor.
Es wirkt als Antioxidans, hat antifibrotische Eigenschaften und fördert die Harnstoffsynthese (Dhawan &
Goel, 1995; Marchesini et al., 1996). Mangan stellt ein weiteres Spurenelement mit antioxidativen Eigenschaften dar. Bei Leberzirrhose kann es zu einem Mangel an Mangan kommen.
> Antioxidantien
Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Freie Radikale auch bei vielen Leberkrankheiten eine wichtige
Rolle spielen. Durch die Lipidoxidation und andere Mechanismen schädigen Freie Radikale die zellulären
Makromoleküle und können so einen Leberschaden verursachen bzw. eine bereits vorliegende Schädigung
des Organs verschlimmern. Bei Entzündungen, Cholestase, immunologischen Prozessen und bei Belastung
mit Schwermetallen oder Toxinen kommt es zur vermehrten Produktion von Freien Radikalen (Sokol et al.,
1994; Feher et al., 1998). Um diese in Schach zu halten, verfügt der Organismus über eine weite Palette von
enzymatischen Abwehrsystemen aus sowohl endogenen als auch diätetischen Antioxidantien. Geraten diese
Systeme aus dem Gleichgewicht, kommt es zu oxidativem Stress (Abbildung 4). Eine solche Störung der
Abwehrsysteme gegen Freie Radikale kann bei Erkrankungen der Leber vorliegen (Tabelle 6).
TABELLE 6 - ANTIOXIDANTIEN
Mit der Nahrung
aufgenommene
Antioxidantien
Endogene
Enzymsysteme
Vitamin E
Vitamin C
Taurin
Karotinoide
Superoxiddismutase
Glutathionperoxidase
Katalase
150
Entgiftung und Ausscheidung
Die Leber ist das zentrale Organ für die Entgiftung sowohl endogener Abbauprodukte aus dem
Intermediärstoffwechsel (z.B. Ammoniak) als auch exogener Substanzen, die über den Darmtrakt
resorbiert werden. Diese Substanzen spielen möglicherweise eine entscheidende Rolle bei der
Ätiologie der hepatischen Enzephalopathie. Die genaue Pathogenese dieser Krankheit ist höchstwahrscheinlich multifaktoriell und basiert auf der Wechselwirkung zwischen einer reduzierten
hepatischen Clearance von Stoffwechselprodukten aus dem Darm wie z.B. Ammoniak, einer veränderten Aminosäuren-Neurotransmission und der endogenen Benzodiazepinproduktion (Maddison, 2000). Ammoniak wird am stärksten mit der Entwicklung der hepatischen Enzephalopathie
in Zusammenhang gebracht, obwohl zwischen dem Serumammoniakspiegel und dem Schweregrad
der hepatischen Enzephalopathie nur eine sehr geringe Korrelation besteht (Abbildung 5).
Entzündliche und immunvermittelte Lebererkrankungen
Cholestase
Kupfer- und Eisenspeicherkrankheiten
Oxidativer Stress
Mangel an Antioxidantien: Vit. E und C,
Superoxiddismutase (SOD), Vit. D,
Glutathion, Zink, ...
Unzureichende endogene
Produktion von Antioxidantien
Leberschädigung
ABBILDUNG 5 - AMMONIAKSTOFFWECHSEL
Leber
Niere
Glutamin
Aminosäuren
Renale
Ausscheidung
Amine
Harnstoff
Harnstoff
Fäkale
Ausscheidung
Protein
Gastrointestinaltrakt
Bakterien
NH3
4 - Besondere
Ernährungsmaßnahmen
bei Lebererkrankungen
Eine Leberdiät sollte im Idealfall auf den individuellen Patienten abgestimmt
sein und die Art und Ursache der Erkrankung sowie das Ausmaß der Leberfunktionsstörung berücksichtigen (Laflamme, 1999). Dabei ist insbesondere
darauf zu achten, dass die verbleibende Stoffwechselkapazität der Leber nicht
überschritten wird. Die Diät muss eine besonders hohe Akzeptanz aufweisen
und adäquate Mengen an Energie, Protein, Fett und allen essenziellen
Mikronährstoffen enthalten. Des Weiteren spricht immer mehr dafür, dass
es durch den Einsatz bestimmter Nährstoffe und Metaboliten möglich ist,
Ein Großteil des Ammoniak
wird von Urease-produzierenden
Bakterien im Gastrointestinaltrakt
gebildet.
ZIEL DER DIÄTETISCHEN THERAPIE
BEI LEBERERKRANKUNGEN IST
(1) den Organismus mit adäquaten Mengen an Energie
und Nährstoffen zu versorgen, um die Entwicklung
von Mangelerscheinungen und Malnutrition zu verhindern;
(2) die Leber vor weiterer Schädigung durch Akkumulation
von Kupfer und Freien Radikalen zu bewahren;
(3) die Regeneration der Leberzellen zu unterstützen;
(4) metabolischen Komplikationen wie hepatischer
Enzephalopathie oder Aszites vorzubeugen
bzw. diese zu minimieren.
151
Leber
4 - Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen
ABBILDUNG 4 - ÄTIOLOGIE VON OXIDATIVEM
STRESS BEI LEBERERKRANKUNGEN
4 - Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen
Leber
Leberkranke Hunde befinden sich für gewöhnlich
in katabolem Zustand und haben daher
einen erhöhten Energiebedarf.
Adäquate Gehalte an hochwertigem Protein
sowie ein ausreichender Energiegehalt
der Nahrung sind für eine positive Eiweißbilanz
und die Regeneration der Leber von
entscheidender Bedeutung.
Stoffwechselprozesse zu steuern und in pathologische Vorgänge regulierend einzugreifen.
Bei der Behandlung von Hunden mit einer Lebererkrankung steht die Vermeidung bzw. Korrektur einer Malnutrition im Vordergrund. Unzureichende Ernährung sowie Malabsorption
bei schwerer Cholestase oder portaler Hypertension und Katabolismus tragen zur Entwicklung von Malnutrition mit einem Protein- und Energiedefizit bei und führen zum Verlust an
Muskelmasse und zu Hypalbuminämie. Eine negative Protein- und Energiebilanz fördert die
Ausbildung einer hepatischen Enzephalopathie, verschlechtert die Immunantwort und
erhöht das Mortalitätsrisiko (Center, 1998). Die Verabreichung mehrerer kleiner Mahlzeiten über den Tag verteilt sowie ein Snack vor der Nachtruhe können sowohl die Stickstoffbilanz als auch die Verfügbarkeit der Kohlenhydrate verbessern. Besteht bei einem Hund seit
mehr als drei bis fünf Tagen Anorexie, kann eine Sondenernährung per nasogastrischer
Sonde, Ösophagostomie- oder Gastrostomiesonde erforderlich werden.
Der Proteingehalt des Futters wird oft
fälschlicherweise reduziert, um bei Leberpatienten
einer möglichen Hyperammonämie
entgegenzuwirken. Tatsache ist jedoch, dass
der Proteinbedarf dieser Patienten normal, wenn
nicht sogar erhöht ist und viele leberkranke
Hunde gar keine Hyperammonämie entwickeln.
Energie
Eine adäquate Zufuhr an Energie und Protein ist essenziell, wenn es darum geht, Gewichtsverluste zu verhindern. Die Energie sollte nicht aus Eiweiß stammen, um die Verwertung
der Aminosäuren für die Energiegewinnung zu vermeiden und die Intesität der Glukoneogenese in der Leber zu reduzieren. Eine Leberdiät sollte eine hohe Energiedichte besitzen,
da erkrankte Hunde meist nur geringen Appetit zeigen. Der normale Erhaltungsbedarf eines
Hundes beträgt 110-130 kcal ME/kg 0,75 pro Tag (Tabelle 7) (Bauer, 1996).
Normalerweise wird am besten Fett als Energielieferant verwendet, da es nicht nur eine konzentrierte
Energiequelle darstellt, sondern auch hoch schmackhaft ist. Die Energiedichte eines Futters ist proportional zum Fettgehalt. Hunde mit Erkrankungen der Leber tolerieren größere Mengen an Fett (30-50%
der Energie) als bislang angenommen (Biourge, 1997).
TABELLE 7 - ANGABEN ZUM ENERGIEBEDARF IM ERHALTUNGSSTOFFWECHSEL (MER*)
IN ABHÄNGIGKEIT VON DER KÖRPERMASSE (KM) DES HUNDES
Körpergewicht des Hundes (kg)
MER (kcal) = 110 kcal/kg KM 0.75
MER (kcal) = 130 kcal/kg KM 0.75
1
110
130
5
368
435
10
619
731
15
838
991
20
1040
1229
25
1230
1453
30
1410
1666
35
1583
1871
40
1750
2068
45
1911
2259
50
2068
2444
55
2222
2626
60
2371
2803
65
2518
2976
70
2662
3146
75
2803
3313
80
2945
3477
* Maintenance Energy Requirement
152
Protein
> Proteingehalt
Eine unzulässige Restriktion des Eiweißgehaltes der Diät für Hunde mit Lebererkrankungen führt zum
Abbau von endogenem Protein und damit zum Verlust an Muskelmasse. Beides erhöht das Risiko einer
hepatischen Enzephalopathie. Zu vermeiden sind aber auch zu hohe Gehalte an Protein und/oder die
Zufuhr von minderwertigem Protein, da dies die Symptome der hepatischen Enzephalopathie verschlimmert. Bei Hunden sollte der Proteingehalt der Nahrung mindestens 10-14%, besser jedoch 20% der Energie ausmachen, wobei die meisten Hunde höhere Gehalte gut tolerieren (Biourge, 1997; Laflamme,
1999). Ziel ist das schrittweise Anheben des Proteingehaltes der Diät und eine möglichst enge Annäherung an normale Proteingehalte, ohne jedoch Symptome einer hepatischen Enzephalopathie zu provozieren (Michel, 1995).
> Art des Proteins
Qualität und Herkunft des Proteins sind wichtige Faktoren bei der Wahl des Eiweißes. Hochwertiges Protein ist leichter verdaulich (Abbildung 6) und hat einen Aminosäurengehalt, der dem Bedarf des Tieres
am nächsten kommt. Eiweiß tierischen Ursprungs wurde immer als hochwertiger angesehen als pflanzliches Eiweiß, doch weiß man heute, dass Humanpatienten mit hepatischer Enzephalopathie Protein aus
Sojaisolaten, Maisgluten und Milchprodukten besser vertragen als Proteine aus Fleisch. Es ist davon auszugehen, dass es sich beim Hund ähnlich verhält (Strombeck et al., 1983). Der potenzielle Nutzen der
pflanzlichen Proteinquellen liegt in deren hohem Fasergehalt, der die Passagezeiten im Darm verkürzt
ABBILDUNG 6 - DIE IN VERSCHIEDENEN EIWEIßQUELLEN FÜR HUNDEFUTTER ENTHALTENEN
MENGEN AN UNVERDAULICHEM PROTEIN IM VERGLEICH
(Quelle: Royal Canin)
Maisgluten
13
Dehydrierte Geflügelproteine
12
87
88
8
Dehydrierte Schweineproteine
92
Eipulver
5
95
Sojahydrolysat
4
96
Weizengluten
1
Milchkasein
1
0
99
99
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
%
Unverdauliches Protein
Verdauliches Protein
153
Leber
4 - Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen
Eine Restriktion der Fettzufuhr sollte nur bei den seltenen Fällen einer schweren Cholestase oder bei
Verdacht auf Fettmalabsorption erwogen werden, wobei in jedem Fall eine ausreichende Versorgung des
Tieres mit essenziellen Fettsäuren gesichert sein muss.
Der veränderte Kohlenhydratstoffwechsel bei Leberpatienten kann sowohl zu Hyper- als auch zu Hypoglykämie führen. Hypoglykämie ist bei akuten fulminanten Lebererkrankungen zu beobachten, während bei
Hunden mit Zirrhose in seltenen Fällen eine Hyperglykämie besteht. Kohlenhydrate sollten nicht mehr
als 45% des Energiegehaltes der Diät liefern, insbesondere bei Hunden mit Leberzirrhose, da diese eine
Glukoseintoleranz zeigen. Gekochter weißer Reis und in geringerem Maße Teigwaren sind wegen ihrer
hohen Verdaulichkeit empfehlenswert. Bei Patienten mit Zirrhose und einer Neigung zu Hyperglykämie
wirkt sich die Gabe von löslicher Rohfaser günstig aus, da sie die postprandialen glykämischen Spitzen
etwas glättet und die Glukosefreisetzung aus der Leber verlangsamt und damit verlängert (Center, 1998).
4 - Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen
Leber
und die Inkorporation und Exkretion von Stickstoff durch die Fäkalbakterien fördert. Die günstige Wirkung der Milchprodukte basiert wahrscheinlich auf deren positivem Einfluss auf Darmpassagezeiten und
pH-Wert im Darm (Center, 1998).
Der Nutzen von Soja und Milchprodukten kann jedenfalls nicht auf deren Aminosäurenprofil zurückgeführt werden, da dieses ähnlich dem von Fleisch und Fisch ist. Die Fütterung einer Diät mit einem Proteinanteil, der ausschließlich aus Soja oder Laktose-haltigen Milchprodukten stammt, ist für Hunde
jedoch generell nicht angezeigt, da die Akzeptanz nur gering ist und es zu Diarrhoe kommen kann (was
bei der Verwendung von gereinigtem Protein jedoch weniger signifikant ist).
> Die Rolle der verzweigtkettigen Aminosäuren
In der Humanmedizin bediente man sich der Supplementierung der Nahrung mit verzweigtkettigen Aminosäuren, um bei Patienten mit Lebererkrankungen die Protein- und Energieverwertung zu erhöhen und
die hepatische Enzephalopathie zu bessern. Man ging davon aus, dass ein verringertes Verhältnis von verzweigtkettigen zu aromatische Aminosäuren im Plasma ein wichtiger pathogenetischer Faktor bei der
Entstehung der hepatische Enzephalopathie ist. Die Ergebnisse dieser Supplementierung waren jedoch
nicht eindeutig (Als-Nielssen et al., 2003; Marchesini et al., 2003). Ähnliches haben Studien bei Hunden belegt, wonach eine Diät mit einem hohen Anteil an verzweigtkettigen Aminosäuren und einem
geringeren Anteil an aromatischen Aminosäuren keinerlei Einfluss auf die hepatische Enzephalopathie
hatte. Man schloss daraus, dass dem Gesamtproteingehalt größere Bedeutung zukommt als dem Aminosäurenprofil (Meyer et al., 1999). Angesichts des zweifelhaften Nutzens und der hohen Kosten ist man
heute der Meinung, dass die Supplementierung der Diät mit verzweigtkettigen Aminosäuren für Leberpatienten eher von geringem Nutzen ist.
Faserstoffe
Ein mäßiger Rohfasergehalt wirkt sich bei Hunden mit einer Lebererkrankung auf verschiedene Weise
günstig aus. Lösliche Rohfaser ist von besonderem Nutzen bei der Behandlung der hepatischer Enzephalopathie. Die Fermentation von löslicher Faser wie z.B. Fructooligosacchariden oder Zuckerrübentrockenschnitzeln im Kolon reduziert den pH im Darm und damit die Produktion und Resorption von Ammoniak – eine Wirkung, die der der Lactulose sehr ähnlich ist. Die Fermentation im
Kolon begünstigt auch das Wachstum acidophiler Bakterien (z.B. Lactobacillus spp.), die weniger
Ammoniak produzieren und die Inkorporation und Exkretion von Ammoniak in den Fäkalbakterien
fördern. Faserstoffe (lösliche wie unlösliche) binden die Gallensäuren im Darm und fördern deren Ausscheidung. Unlösliche Faser (Lignin, Zellulose, Hemizellulose) normalisiert die Darmpassagezeiten,
verhindert dadurch Verstopfungen und bindet Toxine. Somit sollte sich eine Diät mit einem angepassten Gehalt an löslichen und unlöslichen Fasern bei der Langzeitbehandlung von Hunden mit hepatischer Enzephalopathie positiv auswirken (Center, 1998; Marks et al., 1994).
Mineralstoffe
> Kalium
Hypokaliämie fördert bei leberkranken Hunden häufig die Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie (Center, 1998). Hypokaliämie ist die Folge von Anorexie in Verbindung mit Vomitus oder Diarrhoe
oder aber eines exzessiven Einsatzes von Diuretika im Rahmen der Aszitestherapie. Eine Diät für diese
Patienten sollte deshalb entsprechende Gehalte an Kalium aufweisen. Anorektische Hunde erhalten
Kaliumchlorid intravenös (10-40 mEq/500 ml Flüssigkeit, je nach Laborbefund) oder orale Gaben von
Kaliumglukonat (0,5 mEq/kg 1-2x täglich). Kaliumzitrat sollte zu diesem Zweck aufgrund seiner alkalisierenden Eigenschaften nicht verwendet werden, da eine Alkalose die hepatische Enzephalopathie verschlimmert.
> Natrium
Störungen des Natriumhaushaltes treten seltener auf, doch empfiehlt sich für Hunde mit Aszites und/oder
portaler Hypertension eine mäßige Restriktion der Natriumzufuhr mit der Nahrung (weniger als
0,5 g/1000 kcal).
154
Zink ist ein essenzielles Spurenelement, das an vielen metabolischen und enzymatischen
Funktionen des Organismus beteiligt ist. Zink spielt eine wichtige Rolle im Harnstoffzyklus
und bei der Reizleitung im Zentralnervensystem. Zink verfügt nicht nur über eine ausgeprägte hepatoprotektive Wirkung und schützt die Leber gegen eine Vielfalt von potenziellen
Noxen, sondern es wirkt auch als Antioxidans (Marchesini et al., 1996). Hohe Zinkgehalte
(>43 mg/1000 kcal) sind daher bei der Ernährung von leberkranken Patienten von besonderem Nutzen. Die Supplementierung der Diät mit Zink kann bei Kupferhepatotoxikose die
Akkumulation von Kupfer in der Leber verhindern, weil das in der Nahrung enthaltene Zink
die Bildung des metallbindenden Proteins Metallothionein im Darm fördert. Aufgenommenes Kupfer bindet dann mit hoher Affinität an das Metallothionein und verhindert den
Übertritt des Kupfers vom Gastrointestinaltrakt in den Blutkreislauf. Gehen Zellen aus dem
Darm zugrunde und werden abgeschilfert, dann wird das an Metallothionein gebundene Kupfer mit dem Kot ausgeschieden und kann somit nicht resorbiert werden (Sokol, 1996). Bei
Hunden mit schweren Lebererkrankungen werden für die Zinksupplementierung empirisch
ähnliche Dosierungen gewählt wie bei der Behandlung von Hunden mit Kupferhepatopathien. Zink ist verfügbar als Zinkacetat (2-4 mg/kg/Tag), Zinksulfat, Zinkglukonat (3
mg/kg/Tag) und als Zink-Methionin. Die tägliche Gesamtdosis kann auf zwei bis drei Gaben
verteilt und als Futterzusatz verabreicht werden (Brewer et al., 1992). Zink sollte immer auf
leeren Magen und nicht zusammen mit Kupferchelatbildnern gegeben werden. Die Toxizität
ist minimal, als Nebenwirkung kommt es zu gelegentlichem Erbrechen. Das Acetatsalz ist
verträglicher und verursacht kaum Gastrointestinalsymptome.
Viele Erkrankungen der Leber führen zu
vermehrter Produktion von Freien Radikalen und
zu oxidativem Stress. Die Supplementierung
mit Antioxidantien leistet einen wichtigen
Beitrag zur Reduzierung der oxidativ bedingten
Leberschädigung.
Die Zinksupplementierung reduziert
die Lipidoxidation, wirkt fibrotischen Prozessen
entgegen, verhindert die Kupferspeicherung
in der Leber und kann den Schweregrad
der hepatischen Enzephalopathie mildern.
> Kupfer
Für alle Hunderassen mit bekannter Prädisposition für Kupferspeicherung in der Leber und für Tiere mit
bereits dokumentierten erhöhten Kupferwerten der Leber wird eine kupferarme Diät empfohlen (Tabelle 8). Die Kupferrestriktion als solche trägt nur wenig dazu bei, erhöhte Kupfergehalte in der Leber zu
reduzieren, ist aber ein zusätzlicher Faktor in der spezifischen Behandlung zur Senkung der Kupferspiegel
mittels Penicillamin und Zink.
TABELLE 8 - EINTEILUNG VON FUTTERZUTATEN NACH IHREM KUPFERGEHALT
Tierische Eiweißquellen
Stärkelieferanten
Hoher Gehalt
an Kupfer
Mäßiger Gehalt
an Kupfer
Geringer Gehalt
an Kupfer
Lamm, Schwein, Ente
Innereien
Lachs, Schalentiere
Truthahn
Huhn
Fisch
Rindfleisch
Käse
Eier
Getrocknete Bohnen und
Erbsen, Linsen, Sojabohnen,
Gerste, Weizenkeime, Kleie
Weizenvollkornbrot,
Kartoffel
-
Pilze, Broccoli
Rüben, Spinat,
Bohnensprossen
Frische Tomaten
Gemüse
Vitamine
> Vitamine des B-Komplexes
In Anlehnung an die in der Humanmedizin üblichen Empfehlungen für Leberpatienten wird auch in der
Tiermedizin empirisch die doppelte Erhaltungsdosis supplementiert.
155
Leber
> Zink
4 - Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen
Spurenelemente
4 - Besondere Ernährungsmaßnahmen bei Lebererkrankungen
Leber
> Vitamin C
Vitamin C sollte in adäquaten Mengen in der Diät enthalten sein, um die gestörte Synthese des Vitamins
in der Leber auszugleichen und um die Vorteile von Vitamin C als Antioxidans zu nutzen. Die meisten
handelsüblichen Futtermittel enthalten ausreichende Mengen, und eine Supplementierung sollte nur bei
Vorliegen von schwerer Fettmalabsorption erforderlich sein (Laflamme, 1999). Die Verabreichung extrem
hoher Dosen ist bei Hunden mit Kupferspeicherkrankheiten zu vermeiden, da Vitamin C in Anwesenheit hoher Konzentrationen von Schwermetallen als Pro-Oxidans fungiert (Sokol, 1996).
> Vitamin E
Die Supplementierung mit Vitamin E kann
bei vielen Hepatopathien die Menge an Freien
Radikalen verringern, die oxidative Schädigung
reduzieren und das Fortschreiten der Erkrankung
verhindern.
Vitamin E ist ein wichtiger endogener Radikalfänger, der gegen oxidative Schäden schützt.
Bei der Pathogenese von Lebererkrankungen spielt die Schädigung der Zellen durch Freie
Radikale ganz offensichtlich eine bedeutende Rolle. Insbesondere sind es abnorme Konzentrationen an Gallensäuren, die Akkumulation von Schwermetallen wie Kupfer oder Eisen
im Gewebe und entzündliche Prozesse, die die Bildung von Freien Radikalen und damit oxidativen Stress verursachen. Eine Supplementierung der Diät mit Vitamin E (400-600 IE/Tag)
ist bei allen Leberkrankheiten von Vorteil und bei solchen, die mit Cholestase oder Kupferspeicherung in Verbindung stehen, von besonderer Wichtigkeit. Bei schwerer Cholestase
empfiehlt sich die parenterale Verabreichung oder die orale Gabe eines in Wasser löslichen
Vitamin-E-Präparates, da für die Resorption eine gewisse Menge an Gallensäuren im Darm
erforderlich ist.
> Vitamin K
Ein Mangel an Vitamin K ist vor allem bei cholestatischen Krankheitsbildern von Bedeutung, doch kann
er sich auch bei schweren chronischen Lebererkrankungen entwickeln. Dieser Vitaminmangel manifestiert sich durch verlängerte Koagulationszeiten, die sich nach Vitamin K1-Gabe normalisieren. Diese
Koagulopathien sollten mit zwei oder drei Gaben Vitamin K1 (0,5 – 1,0 mg/kg KM s.c. alle 12 Stunden)
therapiert werden (Laflamme, 1999). Bei chronischen Erkrankungen,
die eine kontinuierliche Auffüllung der Vitamin K-Speicher erfordern,
kann die angegebene Dosis auch alle zwei Wochen oder einmal im
ABBILDUNG 7 - RADIKALFÄNGER ALS ZELLSCHUTZ
Monat verabreicht werden.
Antioxidantien
Vitamine C und E
Karotinoide
Vitamin E
Taurin
Vitamin E
Vitamin E
+ Karotinoide
1 - DNS
2 - Mitochondrien
3 - Lysosomen
4 - Zellmembran
5 - Endoplasmatisches Retikulum
Die Supplementierung der Nahrung mit einer Mischung aus vielen
unterschiedlich wirkenden Antioxidantien verbessert durch deren
synergistische Wirkung den Schutz der verschiedenen "neuralgischen
Punkte" der Zelle und minimiert den oxidativen Stress.
156
Erkrankungen wie chronische Hepatitis und Fibrose, Cholestase und
Schwermetallanreicherung in der Leber stehen bekanntermaßen in
Zusammenhang mit einer vermehrten Produktion an Freien Radikalen, und es ist davon auszugehen, dass dies für alle Arten von Leberkrankheiten zutrifft (Britton & Bacon, 1994; Feher et al., 1998). Um
oxidative Schäden so gering wie möglich zu halten, ist die Zufuhr von
ausreichenden Mengen an Antioxidantien wie Vitamin C und E, aber
auch Taurin, von entscheidender Wichtigkeit. Da Antioxidantien
offenbar synergistisch zusammenwirken, ist die Verabreichung einer gut
abgestimmten Kombination von Antioxidantien besser als Einzelgaben
(Abbildung 7). Eine ausgewogene Diät sollte außerdem Nährstoffe wie
Zink, Mangan und Selen enthalten; diese Stoffe sind normalerweise
Bestandteile enzymatischer antioxidativer Systeme (Sokol, 1996).
S-Adenosylmethionin (SAMe) kann im Kampf gegen Freie Radikale
ebenfalls von Nutzen sein (Davidson, 2002). Es ist ein Vorläufer von
Glutathion, einem wichtigen antioxidativen Enzym der Leber, und ist
bei Hunden mit Lebererkrankungen häufig nur in verminderten Mengen im Körper vorhanden. Die orale Gabe von S-Adenosylmethionin
kann die Glutathion-Speicher der Leber wieder auffüllen und die antioxidativen Funktionen der Leber verbessern. Zusätzlich besitzt diese
Substanz entzündungshemmende Eigenschaften (Center et al., 2002).
Das Phospholipid Phosphatidylcholin (PC) ist ein Membranlipid und
eine der Komponenten der Galle, die unter anderem für den normalen
Gallensäuretransport sorgt. Seine leberschützende Wirkung basiert
offenbar auf der Aufrechterhaltung der Membranintegrität und –funk-
Silymarin ist der aktive Wirkstoff der Mariendistel. Man geht davon aus, dass Silymarin bei verschiedenen Erkrankungen der Leber als Antioxidans und Radikalfänger wirken und einen Schutz gegen diverse hepatotoxische Substanzen ausüben kann (Saller et al., 2001). Einige wenige Studien befassen sich
derzeit mit der Untersuchung der diversen Wirkungen dieses Flavonoidkomplexes bei leberkranken Hunden. Dosierungsvorschläge empfehlen die Gabe von 50 bis 250 mg pro Tag (Twedt, 2004).
5 - Spezifische diätetische Therapie bei
verschiedenen Leberkrankheiten
Akute Erkrankungen der Leber
Akute Erkrankungen der Leber sind in den meisten Fällen die Folge toxischer Schäden und
werden nur selten durch Infektionen (z.B. Hepatitis contagiosa canis, Sepsis), Traumata, Hitzschlag oder Gefäßschädigung verursacht (Center, 1996b). Das Spektrum der Erkrankungsformen ist sehr weit gefasst und die Symptome reichen von leichten Krankheitszeichen bis zum
fulminanten Leberversagen. Erbrechen und Diarrhoe sind häufige Symptome, während hepatische Enzephalopathie, Meläna, Hämatochezie und Disseminierte Intravasale Gerinnung
(DIC, Verbrauchskoagulopathie) bei akuten Lebererkrankungen auftreten können.
Hunde mit akuten Erkrankungen der Leber befinden
sich typischerweise in einem hyperkatabolen Zustand
und benötigen sofortige diätetische Unterstützung, um
einer Malnutrition vorzubeugen, die den Organismus
noch weiter schwächen würde. Die Leber verfügt über
eine außergewöhnlich hohe Regenerationsfähigkeit,
doch müssen dafür alle wichtigen Nährstoffe in
ausreichender Menge verfügbar sein.
Stabilisierung - Der erste Schritt zur Stabilisierung des Patienten besteht stets in der Flüssigkeitstherapie mittels Zufuhr einer ausgewogenen Elektrolytlösung. Kalium und Glukose sollten nach Bedarf supplementiert werden. Die Korrektur dieser Werte kann den Schweregrad der hepatischen Enzephalopathie mindern. Erbrechen wird durch die Gabe von Antiemetika (Metoclopramid 0,2-0,5 mg/kg alle 6 –
8 Stunden, i.v., i.m. oder per os) behandelt, während Magenschutzpräparate (Ranitidin 2 mg/kg alle 8 –
12 Stunden, i.v., p.o.) bei Hunden mit blutigem Erbrechen und/oder blutigem Durchfall indiziert sind.
Eine hepatische Enzephalopathie sollte, wie nachstehend näher ausgeführt, unter Einsatz von Lactulose
und oral verabreichten Antibiotika therapiert werden.
> Enterale Ernährung
Besteht eine Anorexie länger als 48 bis 72 Stunden, sollte auf Sondenernährung umgestellt werden und
der Hund mehrmals täglich (alle 3 bis 6 Stunden) gefüttert werden, vorausgesetzt, es besteht kein unstillbares Erbrechen. Die künstliche Ernährung erfolgt anfänglich meist mittels naso-ösophagealer Sonde,
während Ösophagostomiesonden oder PEG-Sonden vorwiegend bei lange anhaltender Anorexie zum
Einsatz kommen (siehe Kapitel 14).
Das Anfüttern von Leberpatienten sollte behutsam mit mehreren kleinen Portionen über den Tag verteilt erfolgen, um die Stoffwechselkapazität der Leber nicht zu überfordern. Anfänglich empfiehlt sich
die Fütterung der Hälfte des normalen Erhaltungsbedarfes. Die Futtermenge wird dann, je nach Ansprechen des Hundes, täglich um 10% erhöht, bis die komplette Tagesration erreicht ist. Die Diät sollte –
sofern möglich – einen normalen Proteingehalt (20%) aufweisen, da eine positive Stickstoffbilanz von
besonderer Wichtigkeit für die Regeneration der Leber ist. Die Proteintoleranz kann durch Anheben des
Energiegehaltes (z.B. durch Mischen der Leberdiät mit einer Rekonvaleszenzdiät) und/oder die Verabreichung von Medikamenten gegen die hepatische Enzephalopathie (z.B. Lactulose, orale Antibiotika)
verbessert werden. Bei persistierender hepatischer Enzephalopathie kann die mäßige Restriktion des
Eiweißgehaltes der Diät notwendig werden. Eine übermäßige Reduzierung des Proteingehaltes ist bei
leberkranken Hunden jedoch unbedingt zu vermeiden, da dies nicht nur zu einer endogenen Ammoniakproduktion aus dem Proteinkatabolismus führen kann, sondern auch zur Verringerung der für die hepatozellulären Reparaturprozesse erforderlichen Eiweißmengen. Auch die Art und Herkunft des Proteins
ist in diesem Zusammenhang wichtig. Proteine aus Milch und Soja werden besser toleriert als tierisches
Eiweiß. Die Diät für Leberpatienten sollte auch ausreichende Mengen an Radikalfängern und Antioxidantien wie Vitamin E, Vitamin C oder S-Adenosylmethionin enthalten. Ursodesoxycholsäure kann im
subakuten Stadium bei hohen Gallensäurengehalten als Leberschutz verabreicht werden (10-15 mg/kg
p.o. alle 24 Stunden).
© Royal Canin
> Diätetische Therapie
Bei akuter Lebererkrankung sollte
das Anfüttern schrittweise mittels mehrerer
kleiner Mahlzeiten über den Tag verteilt
erfolgen, um eine Überschreitung
der Stoffwechselkapazität der Leber
zu vermeiden.
157
Leber
5 - Spezifische diätetische Therapie bei verschiedenen Leberkrankheiten
tion (Twedt, 2004). Dank seiner vielfältigen Wirkungsmechanismen ist Phosphatidylcholin sicher bei
Patienten mit chronischen Lebererkrankungen durch oxidativen Stress von Nutzen. Die Verwendung
bei Hunden ist jedoch noch nicht geprüft.
© C. Rutgers
5 - Spezifische diätetische Therapie bei verschiedenen Leberkrankheiten
Leber
Chronische Lebererkrankungen
Leberbiopsie eines Hundes mit chronischer
Hepatitis: Periportale Entzündung mit
mononukleären Entzündungszellen
(HE-Färbung).
Der Begriff „Chronische Hepatitis“ umfasst eine Reihe von Erkrankungen, die charakterisiert sind durch gemischte entzündliche Zellinfiltrate, wobei Lymphozyten und Plasmazellen
überwiegen (Center, 1996b; Johnson, 2000). Meist gelingt es nicht, die Ätiologie tatsächlich
exakt zu definieren. Zu den belegten Krankheitsursachen zählen die abnorme Kupferspeicherung in der Leber und die Leberschädigung durch Medikamente (Antikonvulsiva) oder Toxine. Die Anwesenheit eines lymphozytär-plasmazellulären Infiltrates würde eigentlich für
einen immunvermittelten Prozess sprechen, doch ist dies schwer von einem sekundär nach
hepatozellulärer Schädigung auftretenden immunologischen Geschehen zu unterscheiden,
bei dem Leberantigene freigesetzt werden und es zur nachfolgenden Antikörperbildung
kommt. Der Einsatz immunsuppressiver Therapieformen bleibt daher –vor allem, wenn man
deren mögliche schädliche Auswirkungen auf die Leberfunktion bedenkt - auf jene wenigen
Fälle beschränkt, wo eindeutig eine lymphozytär-plasmazelluläre Entzündung unbekannter
Ätiologie vorliegt (Center, 1996a, b). An dieser Stelle sei auch daran erinnert, dass Glukokortikoide Nebenwirkungen haben können, die die Anforderungen an die richtige Diät verändern können. So kann es z.B. zur Verschlimmerung der hepatischen Enzephalopathie, der
Glukoseintoleranz und/oder zu Magengeschwüren kommen (Laflamme, 1999). Werden diese
Erkrankungen diagnostiziert, so liegt meist bereits ein fortgeschrittenes Stadium vor und die
Prognose ist vorsichtig zu stellen. Diätetische Therapie – Diese ist bei chronischen Erkrankungen der Leber von besonderer Bedeutung. Die Futtermenge sollte sich anfänglich am
Erhaltungsbedarf des Patienten orientieren (Tabelle 7).
REVERSIBILITÄT DER PROBLEME
> Energie
Die diätetische Therapie von Hunden
mit chronischen Leberkrankheiten zielt
ab auf die Aufrechterhaltung
eines guten Allgemeinzustandes als
Basis für die Regeneration der Leber
und die Milderung der Symptome
einer hepatischen Enzephalopathie.
Man sollte mit allen Mitteln versuchen, den Hund zur freiwilligen Futteraufnahme zu bewegen. Die
Diät muss schmackhaft sein und sollte Raumtemperatur haben. Die Gesamtration sollte auf drei bis sechs
kleine Mahlzeiten pro Tag aufgeteilt werden. Verweigern die Patienten die Nahrung oder nehmen nur
unzureichende Mengen auf, kann die künstliche Ernährung per Sonde erforderlich werden, da es gilt, den
Teufelskreis zwischen übermäßigem Muskelabbau und einer sich kontinuierlich verschlimmernden
Leberfunktionsstörung zu unterbrechen. Kurzfristig werden die Hunde mittels naso-ösophagealer Sonde
ernährt, während Ösophagostomiesonden oder PEG-Sonden vorwiegend bei lange anhaltender Anorexie
zum Einsatz kommen (siehe Kapitel 14).
> Protein
Der Proteingehalt der Diät sollte idealerweise 17-20% der zugeführten Gesamtenergiemenge betragen. Das
Eiweiß sollte hochverdaulich und von hoher biologischer Wertigkeit sein. Eine Proteinrestriktion ist nur
bei vorliegenden Anzeichen einer hepatischen Enzephalopathie erforderlich. Die Proteintoleranz kann
durch die Gabe von Lactulose (0,5 ml/kg p.o. 3 x täglich) in Kombination mit oralen Antibiotika (Metronidazol 7,5 mg/kg alle 12 Stunden; Ampicillin 20 mg/kg alle 8 Stunden) erhöht werden. Erhöhte Gehalte
an Eiweiß pflanzlichen Ursprungs, vor allem Soja, sowie von Milchprodukten können dazu beitragen, das
Risiko einer hepatischen Enzephalopathie zu reduzieren. Eine Überprüfung der Eignung der Diät unter dem
Aspekt des Protein:Energie-Verhältnisses kann wöchentlich durch Feststellen des Körpergewichtes und
Messung der Serumalbuminkonzentrationen erfolgen. Eine progrediente Hypalbuminämie (in Abwesenheit
einer Proteinurie) weist dabei auf eine Eiweißmangelernährung und/oder ein Fortschreiten der Lebererkrankung hin.
> Faserstoffe
Die Diät sollte sowohl lösliche Rohfaser (zur Förderung eines sauren pH-Wertes im Kolon und zur Reduzierung der NH4-Resorption) als auch unlösliche Rohfaser (zur Normalisierung der Darmpassagezeiten, zur Vermeidung von Verstopfung und zur Toxinbindung) enthalten. Faserstoffarmes Futter kann mit Psyllium supplementiert werden (1 Teelöffel pro 5-10 kg Körpergewicht/Mahlzeit).
> Vitamine und Mineralstoffe
Ein erhöhter Gehalt an Zink und eine ausgewogene Mischung an Antioxidanzien inklusive Vitamin E
und Vitamin C sind für Leberpatienten besonders wichtig. Eine zusätzliche Supplementierung der Diät
mit Zink (Zinkacetat 2 mg/kg/Tag) kann sich positiv auswirken, da dieses Antioxidans antifibrotische
Eigenschaften besitzt und den Schweregrad der hepatischen Enzephalopathie mindern kann.
158
Bedlington Terrier mit primärer Kupfertoxikose entwickeln eine progrediente Lebererkrankung und sterben innerhalb weniger Jahre. Diese Krankheit weist Ähnlichkeiten mit der Wilson-Krankheit des Menschen auf, unterscheidet sich aber klinisch und genetisch (Brewer, 1998; Muller et al., 2003). Dennoch
ist die Therapie ähnlich. Bei anderen Hunderassen ist die Rolle des Kupfers weniger klar, doch nimmt
man an, dass bei manchen Rassen (z.B. West Highland White Terrier, Dobermann, Dalmatiner) die Kupferakkumulation zur Entwicklung einer Leberkrankheit beiträgt (Rolfe & Twedt, 1995; Spee et al., 2005;
Webb et al., 2002). Die quantitative Bestimmung der in der Leber gespeicherten Kupfermengen sowie
die histopathologische Untersuchung sind wichtig, um eine Unterscheidung zwischen primärer Kupferspeicherkrankheit und sekundärer Kupferspeicherung bei Cholestase treffen zu können. Hunde mit
sekundärer Kupferakkumulation weisen meist geringe Konzentrationen in der Leber (selten über 2000
ppm) sowie eine andere Verteilung innerhalb der Leberlappen auf (Center, 1996b; Rolfe &Twedt, 1995).
Diätetische Therapie – Die Ration für Hunde mit Kupfertoxikose sollte einen reduzierten Kupfergehalt,
aber erhöhten Zinkgehalt und adäquate Mengen an hochwertigem Protein aufweisen. Bei vielen Hundediäten liegt der Kupfergehalt weit über den empfohlenen Mindestmengen, weshalb besonders darauf
zu achten ist, das Produkt mit den geringsten Kupfergehalten zu wählen. Durch die reduzierte Kupferzufuhr mit der Nahrung wird der Kupferspeicherungsvorgang zwar verlangsamt, doch trägt dies nur wenig
dazu bei, erhöhte Kupfergehalte in der Leber bei bereits erkrankten Hunden zu reduzieren.
Bei schwerer Kupferspeicherkrankheit (> 2000 ppm; normal < 400 ppm) sollte für zwei bis vier Monate
die Kupferzufuhr gänzlich unterbunden werden. Dafür eignet sich der Einsatz eines Kupferchelatbildners
wie D-Penicillamin (10-15 mg/kg p.o. alle 12 Stunden). Im Anschluss daran wird die Ration lebenslang
durch orale Zinkgaben supplementiert, da Zink die Kupferresorption im Darm durch Anregung der Synthese des Kupfer-bindenden Metallothioneins blockiert (Brewer et al., 1992). Die Behandlung von Hunden mit sekundärer Kupferspeicherkrankheit basiert auf der Therapie der Primärursache sowie auf der
Reduzierung der gespeicherten Kupfermengen.
Prävention – Bei Rassen mit bekannter Prädisposition zur Kupferspeicherung oder bei bereits durch
Leberbiopsie nachgewiesenen erhöhten Kupferkonzentrationen ist das Füttern einer kupferarmen Diät
von zentraler Wichtigkeit. Dies sollte insbesondere beim Bedlington Terrier bereits in jungen Jahren
erfolgen, da bei dieser Rasse die Kupferakkumulation schon sehr früh beginnt. Selbstverständlich sind
alle Futtermittel (z.B. Leber, Schalentiere), Mineralstoffzusätze oder auch Wasser mit hohem Kupfergehalt zu meiden (Tabelle 8). Bei den Bedlington Terriern kann man Träger der Erbkrankheit und/oder
erkrankte Tiere durch DNA-Tests identifizieren (Newmarket, GB).
Hepatische Enzephalopathie (HE)
Die hepatische Enzephalopathie ist eine metabolisch bedingte Erkrankung des Zentralnervensystems, die
sich sekundär nach Lebererkrankungen entwickelt (Maddison, 2000). Die häufigste Ursache sind kongenitale Pfortaderanomalien (portosystemischer Shunt, mikrovaskuläre Dysplasie), und seltener entsteht
die HE durch schwere hepatozelluläre Krankheiten. Auch erworbene Shunts, die als Folge einer portalen Hypertension bei schwerer chronischer Hepatitis sowie bei Leberzirrhose und –fibrose entstehen,
können zur Entwicklung der hepatischen Enzephalopathie beitragen. Nur selten ist die HE auf einen
Defekt im Harnstoffzyklus zurückzuführen, wie dies vom Irischen Wolfshund berichtet wird (Rothuizen et
al., 2001). Die Symptome der HE treten intermittierend auf und können durch eine proteinreiche Mahlzeit provoziert werden. Sie reichen von Anorexie, Erbrechen, Diarrhoe, Polyurie/Polydipsie bis zu Orientierungsverlust, Erblindung und Krampfanfällen. Bei Hunden mit angeborenen Shunts sind schlechtes
Wachstum und mangelnde Gewichtszunahmen auffällig. Das frühzeitige Erkennen der Symptome einer
hepatischen Enzephalopathie durch den klinisch erfahrenen Praktiker und eine geeignete Therapie können entscheidend dazu beitragen, die Lebensqualität der betroffenen Hunde zu verbessern.
Das Aufrechterhalten der Muskelmasse
und eine positive Stickstoffbilanz sind von
essenzieller Wichtigkeit für die Reduzierung
des Risikos einer hepatischen Enzephalopathie (HE). Der Proteingehalt der Nahrung
sollte nur insoweit reduziert werden,
als dies unbedingt erforderlich ist, um einer
HE vorzubeugen. Durch entsprechende
Therapie eventuell bestehender
Darmblutungen, Infektionen, Obstipation,
Alkalose, Hypokaliämie oder Azotämie
lässt sich das Risiko einer hepatischen
Enzephalopathie weiter reduzieren.
> Rationsgestaltung
• Proteingehalt
Hunde mit hepatischer Enzephalopathie erhalten anfangs neben der medikamentellen Therapie zur
Reduzierung der Ammoniakproduktion und –resorption im Kolon (Lactulose, orale Antibiotika wie
Metronidazol oder Ampicillin) eine hochverdauliche, proteinreduzierte Diät (ca. 15 % der umsetzbaren
Energie sollten aus Eiweiß stammen) (Abbildung 8). Ein mäßiger Gehalt an fermentierbaren Faserstoffen fördert eine gute Mikroflora im Darm. Es empfiehlt sich die Fütterung mehrerer kleiner Portionen
über den Tag verteilt, um die Zeitabstände zwischen den Mahlzeiten relativ kurz zu halten und damit die
159
Leber
5 - Spezifische diätetische Therapie bei verschiedenen Leberkrankheiten
Kupfertoxikose
5 - Spezifische diätetische Therapie bei verschiedenen Leberkrankheiten
Leber
ABBILDUNG 8 - DIE DIÄTETISCHE THERAPIE
VON LEBERKRANKHEITEN IM ÜBERBLICK
Anamnese und klinische Untersuchung
Dietätische Evaluation
Vitamine
Energie
Nährstoffe
Datenbasis
Mikronährstoffe
HEPATISCHE ENZEPHALOPATHIE
katabolen Prozesse zu reduzieren und den Ernährungsstatus
des Patienten zu verbessern (Laflamme, 1999). Bestehen
keine neurologischen Symptome mehr, kann man den Proteingehalt der Diät vorsichtig und schrittweise wöchentlich
oder alle zwei Wochen anheben, bis normale oder annähernd normale Eiweißgehalte erreicht sind. Dieses Protokoll kann, solange kein Rezidiv auftritt, beibehalten werden. Treten erneut Symptome der HE auf, muss die medikamentelle Therapie wieder einsetzen oder aber intensiviert
werden. Um die Entwicklung einer Hypalbuminämie zu
vermeiden, ist eine regelmäßige Kontrolle der Serumproteine notwendig. Sollte es tatsächlich zu einem Abfall der
Albuminspiegel gekommen sein, muss die Proteinzufuhr
mit dem Futter erhöht und eine aggressivere Behandlungsform eingesetzt werden. Bei Hunden mit schwer therapierbarer hepatischer Enzephalopathie kann das tierische
Eiweiß im Futter durch pflanzliches Eiweiß (Soja) und/oder
Protein aus Milchprodukten ersetzt werden.
• Qualität des Proteins
Unterstützende Therapie
Modifizierung der Proteinquelle
Proteinrestriktion
Neben der Reduzierung des Gesamtproteingehaltes der
Diät und der entsprechenden Medikation kann sich die
Umstellung von tierischem Eiweiß auf hochverdauliches
pflanzliches Protein (z.B. Sojaisolat) und/oder Milcheiweiß
(z.B. Kasein, Hüttenkäse) günstig auswirken (Strombeck et
al., 1983; Center, 1998).
• Lösliche Rohfaser
Der Zusatz von löslicher Rohfaser zur Ration unterstützt die Therapie durch die Ansäuerung des Koloninhaltes und durch die Minimierung der Ammoniakresorption. Psyllium, das auch geringe Anteile an
unlöslicher Rohfaser enthält, erhöht das Kotvolumen und verhindert Verstopfung (1-3 Teelöffel pro 510 kg, täglich unter das Futter gemischt).
• Medikamentelle Therapie
Die Proteintoleranz lässt sich durch entsprechende unterstützende Medikation erhöhen. Lactulose ist ein
synthetisches Disaccharid, das im Kolon fermentiert wird und das eine Ansäuerung des Koloninhaltes
sowie eine Reduzierung der Ammoniakresorption bewirkt. Die Anfangsdosis beträgt 0,25-0,5 ml/kg 2-3
x täglich. Diese Dosierung ist so gewählt, dass der Hund zwei Mal täglich weichen Kot absetzt.
Die orale Gabe von Antibiotika (z.B. Metronidazol 7,5 mg/kg alle 8-12 Stunden oder Ampicillin 20
mg/kg alle 8 Stunden) während schwerer HE-Schübe modifiziert die mikrobielle Darmflora, die für die
Produktion von Ammoniak und anderen Toxinen verantwortlich ist.
Selbstgemachte Ration oder Fertigfutter
Handelsübliches Fertigfutter zeichnet sich durch einen ausgewogenen Nährstoffgehalt aus und ist selbstzubereiteten Rationen vorzuziehen. Auch spezielle Diäten für Hunde mit Lebererkrankungen sind heute
beim Tierarzt erhältlich. Diese Produkte wurden speziell für die besonderen Ernährungsanforderungen
bei diesen Krankheiten entwickelt. Solche Diäten mit stets gleichbleibender spezifischer und ausgewogener Rezeptur selbst herzustellen, ist ungemein schwierig (Laflamme, 1999).
Generell sollte Diätfutter für Hunde mit Hepatopathien hochverdaulich sein und eine hohe Energiedichte aufweisen. Die Energie sollte überwiegend aus Fett und Kohlenhydraten stammen (Tabelle 9).
Eine moderate Reduzierung des Eiweißgehaltes kann bei Hunden mit klinisch manifester hepatischer
Enzephalopathie notwendig werden. Wichtig ist in jedem Fall eine besonders hohe Qualität des Proteins.
Des Weiteren sollte sich die Diät durch erhöhte Gehalte an wasserlöslichen Vitaminen, erhöhten Zinkgehalt (>43 mg/1000 kcal), verringerten Kupfer- und Natriumgehalt (<0,5 g Na/1000 kcal; bei Aszites)
sowie mäßige Gehalte an vorwiegend löslicher Rohfaser auszeichnen. Eine Restriktion des Proteingehaltes sollte – wann immer möglich – vermieden werden, insbesondere bei Hunden mit akuten entzündlichen Lebererkrankungen oder bei nekrotischen Prozessen.
160
Ausreichende Energieversorgung
Ausreichende Energiezufuhr (110-130 kcal ME/kg KM 0.75)
Protein und Nicht-Eiweißquellen als Energielieferanten
Hohe Schmackhaftigkeit und Energiedichte
Mehrere kleine Mahlzeiten am Tag
• erhöhen die Gesamtnahrungsaufnahme
• sichern die Energie- und Nährstoffversorgung
• verhindern eine Überschreitung der Stoffwechselkapazität der Leber
Fett:
• normaler Fettgehalt (30-50% des Energiegehaltes)
• kein zu hoher Fettgehalt bei: schwerer Cholestase, Hyperlipidämie
oder vakuolären Hepatopathien
Kohlenhydrate:
• maximal 45% des Energiegehaltes
Bei Glukoseintoleranz: Vermeiden von Einfachzuckern,
vermehrt komplexe Kohlenhydrate
Adäquate Proteinversorgung
Protein sollte hochwertig und hochverdaulich sein
Keine unbegründete Proteinrestriktion (>14% des Energiegehaltes, vorzugsweise >20%)
Anpassung der Proteinzufuhr an Körperverfassung und Serumalbuminwerte
Eiweißrestriktion nur nach Bedarf bei hepatischer Enzephalopathie;
Proteintoleranz gegebenenfalls erhöhen durch höhere Energiezufuhr
(z.B. Sojahydrolysat) und begleitende Medikation
Faserstoffe
Mäßige Mengen, vorwiegend lösliche Rohfaser
Adäquate Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen
Doppelter Erhaltungsbedarf an Vitaminen des B-Komplexes
Erhöhter Gehalt an Vitamin E
Mäßig reduzierter Natriumgehalt
Auffüllen der Kaliumspeicher
Verringerte Kupferzufuhr
Zusätzliche Gabe von Antioxidantien
Erhöhter Zinkgehalt (>43 mg/1000 kcal)
Erhöhter Gehalt an Vitamin E (10-100 IE/kg)
Erhöhter Gehalt an Vitamin C
Taurin
Vorgehen bei Komplikationen
a) Hepatische Enzephalopathie:
• Korrektur der Ursachen (z.B. Hypokaliämie, Infektion, gastrointestinale Blutungen)
• Restriktion der Eiweißzufuhr (12 -16%, mindestens 2,1 g/kg pro Tag)
• Erhöhung der Proteintoleranz durch begleitende Maßnahmen:
- Erhöhen des Energiegehaltes der Diät
- Lactulose 0,25-0,5 ml/kg p.o. alle 8 Stunden
- Metronidazol 7,5 mg/kg p.o. alle 12 Stunden
- Ampicillin 20 mg/kg p.o. alle 8 Stunden
- Lösliche Rohfaser
• Umstellen der Proteinversorgung auf pflanzliches Eiweiß und/oder Milcheiweiß
b) Aszites
• Reduzierung des Natriumgehaltes der Nahrung (<0,5 g Na/1000 kcal)
• Diuretika (Spironolacton 1-2 mg/kg alle 12 Stunden,
Furosemid 2-4 mg/kg p.o. alle 8-12 Stunden)
161
Leber
5 - Spezifische diätetische Therapie bei verschiedenen Leberkrankheiten
TABELLE 9 - EMPFEHLUNGEN FÜR DIE DIÄTETISCHE THERAPIE
DER LEBERERKRANKUNGEN DES HUNDES
Haufig gestellte Fragen
Leber
Häufig gestellte Fragen zum Thema Ernährung von Ieberkranken Hunden
F
A
Hunde mit Erkrankungen der Leber
leiden häufig unter Appetitmangel
oder Anorexie. Wie kann man
sie zum Fressen bewegen?
Die Diät muss eine besonders hohe Akzeptanz sowie eine hohe Energiedichte aufweisen und den
Hund mit ausreichenden Mengen an Protein, Fett und allen wichtigen Mikronährstoffen versorgen.
Füttern Sie mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt. Das Anwärmen von Dosenfutter erhöht
die Schmackhaftigkeit. Bei einer länger als drei bis fünf Tage bestehenden Anorexie kann eine künstliche Ernährung mittels nasogastrischer Sonde notwendig werden, da die Korrektur bzw. das Verhindern einer Malnutrition von entscheidender Bedeutung ist, um den Teufelskreis zwischen exzessivem
Muskelabbau und Verschlechterung der Leberfunktionsstörung zu unterbrechen.
Die Leberbiopsie hat bei
einem 7 Jahre alten Golden Retriever
chronische Hepatitis und
Kupferakkumulation ergeben.
Ist der Kupfergehalt wichtig?
Beim Golden Retriever ist keine primäre Kupfertoxikose bekannt. Die Kupferspeicherung in der
Leber ist wahrscheinlich die Folge einer mit Cholestase einhergehenden Leberkrankheit. Dabei
kommt es zur verminderten Ausscheidung von Kupfer über die Galle. Diese Kupferspiegel sind nicht
so hoch, als dass sie zu einer Schädigung der Hepatozyten führen könnten. Dennoch ist neben der
Therapie der chronischen Lebererkrankung die Supplementierung der Diät mit Zink zu empfehlen,
um eine weitere Kupferspeicherung so gering wie möglich zu halten.
Sind Antioxidantien bei
der Behandlung von
Leberkrankheiten von
Bedeutung?
Sollten leberinsuffiziente Hunde
eine Diät mit reduziertem
Proteingehalt bekommen?
Ja. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass die Produktion von freien Radikalen bei vielen Lebererkrankungen erhöht ist und dass sie eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und dem Verlauf
von Leberfunktionsstörungen spielt. Die im Organismus vorhandenen endogenen antioxidativen
Systeme erschöpfen sich bei einer Erkrankung der Leber, was das Gesundheitsproblem noch verschärft.
Um oxidative Schäden so gering wie möglich zu halten, ist die Zufuhr von ausreichenden Mengen
an Antioxidantien wie Vitamin C und E, aber auch Adenosylmethionin (SAMe) von entscheidender Wichtigkeit. Da Antioxidantien offenbar synergistisch zusammenwirken, ist die Verabreichung
einer gut abgestimmten Kombination von Antioxidantien besser als Einzelgaben.
Nicht unbedingt. Oft wird der Proteingehalt fälschlicherweise reduziert, um einer möglichen Hyperammonämie vorzubeugen. Tatsächlich aber ist der Eiweißbedarf leberkranker Hunde zumindest normal, wenn nicht sogar erhöht. Der Ammoniakspiegel ist bei vielen Leberpatienten nicht erhöht. Die
Zufuhr ausreichender Energie und adäquater Mengen an hochwertigem Protein ist zur Sicherung einer
positiven Eiweißbilanz wichtig und fördert die Regeneration der Hepatozyten. Ziel ist eine möglichst
enge Annäherung an normale Proteingehalte, ohne jedoch Symptome einer hepatischen Enzephalopathie zu provozieren.
Eine Restriktion des Proteingehaltes sollte nur bei Anzeichen für das Vorliegen einer hepatischen
Enzephalopathie erfolgen. Die zusätzliche Gabe von Lactulose und oralen Antibiotika unterstützt
dabei die Eiweißtoleranz.
Wie sollte ich einen Hund mit akuter
Lebererkrankung ernähren?
162
Hunde mit akuten Erkrankungen der Leber benötigen ausreichend Energie und Protein, um die Regeneration des Lebergewebes zu ermöglichen. Der Proteingehalt des Futters sollte nicht reduziert werden; wenn nötig, kann die Eiweißtoleranz durch erhöhte Energiezufuhr und/oder durch Medikation
(Lactulose, orale Antibiotika) erhöht werden. Die Tagesration sollte in mehreren kleinen Mahlzeiten über den Tag verteilt angeboten werden, um die Stoffwechselkapazität der Leber nicht zu überfordern. Verweigert ein Hund mehr als 72 Stunden lang die Nahrungsaufnahme, sollte eine künstliche Ernährung per Sonde erwogen werden.
A
Welche Diätempfehlungen gibt es für
Hunde mit chronischer Hepatitis?
Die Diät sollte hochschmackhaft sein und eine hohe Energiedichte aufweisen. Der Fettgehalt sollte
normal sein (da Fett nicht nur Energie liefert, sondern auch die Akzeptanz erhöht) und der Gehalt
an hochwertigem Protein angemessen (>14% der Gesamtenergie, vorzugsweise >20%). Der Kupferund Natriumgehalt sollte reduziert sein, während die Zufuhr an Vitaminen des B-Komplexes sowie
an Zink erhöht sein sollte. Wichtig ist des Weiteren ein moderater Gehalt an fermentierbarer Faser
und eine ausgewogene Mischung an Antioxidantien (z.B. Vitamin E, C und S-Adenosylmethionin).
Die Zinksupplementierung ist von Vorteil, da Zink nicht nur als Antioxidans wirkt, die Kupferspeicherung in der Leber reduziert und antifibrotische Eigenschaften hat, sondern auch den Schweregrad
einer bestehenden hepatischen Enzephalopathie vermindern kann.
Welche Diät wird für
einen Bedlington Terrier mit
Kupferspeicherkrankheit empfohlen?
Die Diät sollte einen geringen Kupfergehalt, aber hohen Zinkgehalt aufweisen und adäquate Mengen
an hochwertigem Protein liefern. Bei vielen Hundediäten liegt der Kupfergehalt weit über den empfohlenen Mindestmengen, weshalb besonders darauf zu achten ist, das Produkt mit den geringsten Kupfergehalten zu wählen. Durch die reduzierte Kupferzufuhr mit der Nahrung wird der Kupferspeicherungsvorgang zwar verlangsamt, doch trägt dies nur wenig dazu bei, erhöhte Kupfergehalte in der Leber
bei bereits erkrankten Hunden zu reduzieren. Gegebenenfalls kann die Verabreichung eines Kupferchelatbildners (D-Penicillamin) erforderlich sein. Danach ist meist die lebenslange Supplementierung
mit Zink notwendig, um einer weiteren Kupferakkumulation in der Leber entgegenzuwirken.
Als Erstes sollte die Ursache identifiziert werden – kongenitaler portosystemischer Shunt oder schwere Leberfunktionsstörung. Das Hauptaugenmerk der diätetischen Therapie sollte auf ausreichender
Energie- und Proteinzufuhr liegen, um die Regeneration der Leber zu unterstützen und eine Verschlechterung des Krankheitsbildes zu verhindern. Patienten mit Symptomen der hepatischen Enzephalopathie erhalten anfänglich eine proteinreduzierte Diät in Kombination mit einer Medikation,
die auf die Reduzierung der im Kolon resorbierten Ammoniakmengen abzielt (Lactulose, orale Antibiotika).
Was ist zu tun, wenn ein Hund an
hepatischer Enzephalopathie leidet?
Bestehen keine neurologischen Symptome mehr, kann man den Proteingehalt der Diät schrittweise
wöchentlich oder alle zwei Wochen anheben. Um die Entwicklung einer Hypalbuminämie zu vermeiden, ist eine regelmäßige Kontrolle der Serumproteinwerte notwendig. Sollte es tatsächlich zu
einem Abfall der Albuminspiegel kommen, muss die Proteinzufuhr mit dem Futter erhöht werden
und eine aggressivere Behandlungsform einsetzen. Besteht die hepatische Enzephalopathie trotz Proteinrestriktion und Medikation fort, kann es hilfreich sein, das tierische Eiweiß im Futter durch hochverdauliches pflanzliches Eiweiß und/oder Proteine aus Milchprodukten zu ersetzen. Der Zusatz von
löslicher Faser (Psyllium 1-3 Teelöffel täglich unters Futter gemischt) kann sich günstig auswirken,
indem er den Kot im Kolon ansäuert und die Ammoniakresorption minimiert.
163
Leber
Haufig gestellte Fragen
F
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Leber
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Leber
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selbst zubereitete Rationen
BEISPIELE FÜR DIE
HAUSGEMACHTER RATIONEN
Beispiel 1
Leber
ZUSAMMENSETZUNG
(1000 g Ration)
Hühnerfleisch, Brust mit Haut . . . . . . . . . . . . . . 220 g
Gekochter Reis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680 g
Karotten (gekocht, Abtropfgewicht) . . . . . . . . . . 60 g
Kleie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 g
Rapsöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 g
Supplementierung mit einem kupfer- und natriumarmen vitaminierten Mineralfutter erforderlich.
INHALTSSTOFFE
RATIONSBERECHNUNG
Die so zubereitete Ration enthält 31% Trockensubstanz
und 69% Wasser
Energiegehalt (umsetzbare Energie/ME) 1355 kcal/1000 g
der Zubereitung (4380 kcal/1000 g TS)
%Trockensubstanz
g/1000 kcal
Körpergewicht
des Hundes*
Tagesration (g)**
Körpergewicht
des Hundes*
Tagesration (g)**
Protein
22
50
2
160
45
1670
Fett
12
27
4
270
50
1800
Verfügbare Kohlenhydrate
60
136
6
370
55
1940
Rohfaser
4
10
10
540
60
2070
15
730
65
2200
20
910
70
2320
25
1070
75
2450
- Reduzierung des Kupfergehaltes, um das Risiko
der übermäßigen Kupferspeicherung in der Leber zu
begrenzen.
30
1230
80
2570
35
1380
85
2690
- Reduzierung des Natriumgehaltes, um einer
portalen Hypertension vorzubeugen und den
Flüssigkeitsverlust über den extraluminalen Raum zu
reduzieren.
40
1530
90
2800
Die wichtigsten Merkmale
der Leberdiät
- Erhöhung des Energiegehaltes, um den exzessiven
Abbau von Eiweiß zu verhindern und so der
Entwicklung einer hepatischen Enzephalopathie
entgegenzuwirken.
* Die Rationsberechnung erfolgte auf der Basis des Normalgewichtes. Bei übergewichtigen Hunden ist nicht das tatsächliche Körpergewicht
anzusetzen, sondern das Idealgewicht.
** Um die postprandiale Belastung der Leber zu begrenzen, empfiehlt sich die Aufteilung der Tagesration in zwei oder drei kleinere Mahlzeiten.
166
selbst zubereitete Rationen
ZUBEREITUNG
FÜR LEBERPATIENTEN
Beispiel 2
Leber
ZUSAMMENSETZUNG
(1000 g Ration)
Hackfleisch vom Rind, 15% Fett . . . . . . . . . . . . 100 g
Tofu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 g
Reis, gekocht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .440 g
Karotten (gekocht, Abtropfgewicht) . . . . . . . . . . 30 g
Weizenkleie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 g
Rapsöl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 g
Supplementierung mit einem kupfer- und natriumarmen vitaminierten Mineralfutter erforderlich.
RATIONSBERECHNUNG
INHALTSSTOFFE
Energiegehalt (umsetzbare Energie/ME) 1265 kcal/1000 g
der Zubereitung (4900 kcal/1000 g TS)
Die so zubereitete Ration enthält 26% Trockensubstanz
und 74% Wasser
Körpergewicht
des Hundes*
Tagesration (g)**
Körpergewicht
des Hundes*
Tagesration (g)**
2
170
45
1790
4
290
50
6
390
10
%Trockensubstanz
g/1000 kcal
Protein
25
51
1930
Fett
21
43
55
2080
Verfügbare Kohlenhydrate
49
100
580
60
2220
Rohfaser
3
6
15
780
65
2350
20
970
70
2490
25
1150
75
2620
30
1320
80
2750
35
1480
85
2880
40
1630
90
3000
Kontraindikationen
Trächtigkeit
Laktation
Wachstum
Die Beispiele für die selbst zubereiteten Diäten wurden zusammengestellt von Prof. Patrick Nguyen
(Fachbereich Ernährung und Endokrinologie, Abteilung für Biologie und Pathologie der École Nationale Vétérinaire des Nantes)
167
© UMES
Leber
Diätetische Informationen von Royal Canin
Um die postprandiale Belastung der Leber zu begrenzen,
empfiehlt sich die Aufteilung der Tagesration
auf mehrere kleine Mahlzeiten.
Die wichtigsten Merkmale
der Leberdiät:
Die Rolle der Ernährung bei der Behandlung und
Prävention von Leberkrankheiten
Die vier Schwerpunkte der diätetischen Therapie bei leberkranken
Hunden sind:
- Behandlung der Malnutrition
durch adäquate Energiezufuhr und
Versorgung mit allen essenziellen
Nährstoffen
- Unterstützung der Regeneration
der Hepatozyten durch begrenzte
Zufuhr bestimmter Nährstoffe, insbesondere von Proteinen
- Begrenzung der Leberschädigung
durch
Vermeidung
weiterer
Kupferakkumulation und Neutralisierung der Freien Radikale
168
168
- Prävention bzw. Minimierung von
Komplikationen wie hepatischer
Enzephalopathie, portaler Hypertension
und Aszites
Anorexie ist eine häufige Folge von
Hepatopathien.
Zur Sicherung einer adäquaten
Energie- und Nährstoffzufuhr kann
die Sondenernährung erforderlich
werden.
Hochverdauliches pflanzliches Eiweiß
oder Milcheiweiß wird von Tieren mit
hepatischer Enzephalopathie besser
toleriert als tierisches Eiweiß.
Die
diätetische
Therapie
von
Hepatopathien muss dem individuellen Bedarf entsprechen und je nach Art
und Schweregrad der Funktionsstörung
sowie Ernährungszustand und Proteintoleranz des Patienten angepasst werden.
Die Dauer der diätetischen Therapie
hängt von der Krankheitsursache
und der Regenerationskapazität der
Leber ab. Bei chronischen Erkrankungen kann eine lebenslange Diät
notwendig sein.
Diätetische Informationen von Royal Canin
Schwerpunkt:
KUPFER
- Kupfer ist neben Folsäure, Vitamin
B12 und Eisen einer der anti-anämischen Faktoren und fördert den
Einbau von Eisen in das Hämoglobin.
- Kupfer ist an der Synthese von
Kollagen und Myelin beteiligt.
- Kupfer spielt dank seiner Funktion
als Tyrosinase-Cofaktor auch eine
Rolle bei der Synthese von Melanin.
- Als Cofaktor der Superoxiddismutase
(SOD) ist Kupfer ein essenzieller
Bestandteil der Abwehrmechanismen
gegen oxidativen Stress.
Kupfer wird aus dem Darm resorbiert und durch Bindung an
bestimmte Leberproteine gespeichert: Fast das gesamte im Körper
vorhandene Kupfer ist in der Leber
gespeichert. Diese Speicherkapazität
ist jedoch begrenzt, und überschüssiges Kupfer wird mit der Galle ausgeschieden. Übermäßige Speicherung
kann toxisch wirken, wie dies bei
manchen prädisponierten Hunderassen der Fall ist.
Bei der intestinalen Resorption von
Kupfer, Zink und Eisen besteht ein
enger Zusammenhang zwischen den
einzelnen Elementen. Zu hohe Eisen-
BEISPIELE FÜR DIE WICHTIGE ROLLE VON KUPFER IN VERSCHIEDENEN
FUNKTIONEN DES ORGANISMUS
CU
Farbe von Haut und
Haaren
Hämoglobinsynthese
Oxidationsprozesse in der Zelle
Bei pathologischer Kupferakkumulation erreichen die Werte für die
Kupferkonzentration mehrere Tausend Microgramm pro Gramm getrocknetem
Lebergewebe. Das entspricht dem Zehnfachen des Normalwertes.
oder Zinkspiegel können die
Bioverfügbarkeit von Kupfer reduzieren. In den Enterozyten induziert
Zink die Synthese von Metallothionein, einem Metalloprotein, das
mit dem Kupfer in den Epithelzellen
des Darms eine enge Bindung eingeht und dadurch die Resorption
verhindert. Aus diesem Grund wird
für Hunde mit Leberkrankheiten ein
hoher
Zinkgehalt
im
Futter
(> 40 mg/1000 kcal) empfohlen.
Leber
Obwohl Kupfer im Organismus nur
in sehr geringen Mengen vorhanden
ist (< 10 mg /kg Körpergewicht),
spielt es als Coenzym eine wichtige
Rolle bei einer Vielzahl von Stoffwechselvorgängen.
HUNDERASSEN, BEI DENEN IM
ZUGE VON HEPATOPATHIEN
ERHÖHTE KUPFERWERTE IN DER
LEBER FESTGESTELLT WURDEN:
(nach Johnson, 2000)
Airedale Terrier
Bedlington Terrier*
Bobtail
Boxer
Bull Terrier
Bulldogge
Cocker Spaniel
Collie
Dackel
Dalmatiner
Dobermann
Deutscher Schäferhund
Golden Retriever
Keeshond
Kerry Blue Terrier
Pekinese
Pudel
Samoyede
Schnauzer
Skye Terrier*
West Highland White Terrier*
Drahthaar-Fox Terrier
* Kupferakkumulation in der Leber
aufgrund erblicher Mechanismen
Literatur
Biourge V - Nutritional support, a key factor in
the management of liver disease. Waltham
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Johnson SE - Chronic hepatic disorders. In:
Ettinger SJ, Feldman EC, eds. Textbook of
Veterinary Internal Medicine. WB Saunders,
Philadephia, 2000: 1298-1325.
169
169