Xbox 360

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Xbox 360
COMPUTER- UND VIDEOSPIELKULTUR
Deutschland Euro 3,00 : Österreich Euro 3,30 : Schweiz sfr 5,90
DEZEMBER-JANUAR [2005] : www.play-magazin.de
Schwerpunkt: Next-Generation-Konsolen > Custom-Faceplates: Künstler, Designer
und Modemacher verschönern das Gesicht der Xbox 360 > Auf der Suche nach neuen
Spielkonzepten Kritiken: > Project Gotham Racing 3, Perfect Dark Zero, Call of Duty 2,
Kameo, Mario Kart DS, GTA: Liberty City Stories und wie immer reichlich Tiefgang
FOKUS: Film
Peter Jackson’s King Kong
Xbox 360
Shadow of the Colossus
Doom: Film vs. Spiel
The Movies
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sich an Bildern so genannte Weblinks, die direkt zu weiteren Informationen
oder themenrelevanten Filmen führen. Einfach die Nummer am Bild in das
Tastenfeld auf der Webseite eintippen und Enter drücken. Und schon startet
der multimediale Content.
Mit nur wenigen Klicks ist so innerhalb von Sekunden direkt das gewünschte
Ziel erreicht, stundenlanges Forschen auf der Webseite nach den gesuchten
Inhalten fällt damit aus. Dadurch wird der Übergang von einem Medium zum
anderen substanziell erleichtert und die beiden Medien Print und Web sinnvoll
miteinander verknüpft. Während die Daten gestreamt werden, kann übrigens
gleichzeitig in den News gestöbert werden.
1
VORWORT
Geschafft: Microsoft ist im Ziel. Als Erster. Die neue Xbox
360 steht im Regal, das Weihnachtsgeschenk ist gesichert.
Einen weltweit fast völlig synchronen Launch haben die
Strategen aus Redmond hingelegt, eine personelle, aber
auch logistische Leistung, die ihresgleichen sucht. Rumzunörgeln gibt es für Dauerpessimisten trotzdem einiges.
Zu wenig Starttitel, zu viel Hype um womöglich mangelnde
Konsolen am 2. Dezember. Keine substanziell neuen Spiele,
stattdessen Fortsetzungen und Innovationshülsen. Sicher
ist da ein Funken Wahrheit dran, aber warum nicht die gute
Seite sehen? Für einen einigermaßen moderaten Preis (im
Besonderen im Kontext einer Produkteinführung) gibt es
eine sehr vollständige Konsole, die neben ihrer Kernkompetenz noch einiges mehr auf dem Kasten hat. Als Entertainment-Center lässt sie sich perfekt ins digitale Setup der
eigenen vier Wände integrieren. Via Netzwerk können etwa
problemlos Bilder und Videos vom eigenen Rechner aus gestreamt werden, und auch als Stereoanlagenersatz macht
sich die Xbox 360 durchaus gut.
Microsoft wird sich mit der Xbox 360 einen respektablen
Vorsprung vor Sony und der drohenden Konkurrenzmaschine Playstation 3 holen, die 2006 in den Handel kommt. Wie
viele Zocker (und vor allem wie viele der heiß umworbenen
Casual Gamer) bereits jetzt bei der Xbox 360 zugreifen werden, bleibt indes erstmal unklar. In manchen Online-Shops
ist die erste Lieferung der Xbox 360 bereits ausverkauft,
heißt es, als wir diese Zeilen tippen. Manche vermuten hier
einen Marketingtrick, wobei wahrscheinlicher ist, dass die
in Deutschland verfügbaren Stückzahlen im Vergleich zur
Nachfrage relativ klein sind, da ja ein weltweiter Markt fast
gleichzeitig bedient werden muss.
In jedem Fall bricht mit der Xbox 360 eine neue Generation von Videospielen an. Und wir von der [ple:] können ohne
Nörgelei sagen: Danke Microsoft, wir freuen uns darauf! Und
wünschen allen Erstkäufern viel Spaß!
Bleibt sauber, eure [ple:]-Redaktion
INHALT
4
01
Editorial
06
08
10
Sam Fisher wird zum Antihelden
Verbände gegen Killerspiele
GP2x: ein Handheld für den Untergrund
12
Was bedeuten dir Videospiele?
16
18
19
20
22
24
26
28
30
32
34
36
37
38
40
41
42
44
Geschichte der Next-Generation-Konsolen
Nerdfaktor: Die Technik der Xbox 360
Nerdfaktor: Playstation 3 und Nintendo Revolution
Schminke: Das Design der Xbox 360
Schminke: Faceplates, gestaltet von Künstlern und Designern
Erklärung: Das kann die Xbox 360
Mattscheibe: HDTV-Fernseher im Test
Fakten: Übersicht der Xbox 360-Starttitel
Kritik: Project Gotham Racing
Kritik: Perfect Dark Zero
Kritik: Kameo: Elements of Power
Kritik: Amped 3
Kritik: Xbox Live-Arcade
Hoffnung: Übersicht der kommenden Xbox 360-Titel
Vorschau: Ghost Recon Advanced Warfighter
Vorschau: Gears of War
Gespräch: Interview mit Yoshiki Okamoto
Standpunkt: Wo sind die Next-Generation-Games?
48
50
52
54
56
59
Geschichte der Filmumsetzungen von Video- und Computerspielen
Wettkampf: Film vs Spiel
Vorschau: Shadow of the Colossus
Gespräch: Fumito Ueda und Kenji Kaido:
Kritik: King Kong
Kritik: The Movies
62
64
66
Kolumne
Realität: Angela Merkel
Unterwegs
70
72
74
75
76
78
Liebesgrüße aus Moskau
WWE Smackdown vs Raw 2006
GTA: Liberty City Stories
Call of Duty 2
Mario Smash Football
Soul Calibur 3
80
Demnächst
IMPRESSUM
Herausgeber: Kristian Metzger
NEWS
SCHWERPUNKT
FOKUS
STORIES
Verlag: [ple:] Medien
(Gaca, Metzger + Meyer GbR),
Schwedter Str. 9A, 10119 Berlin,
[email protected]
Tel: 030.69001953
Redaktionsanschrift: [ple:] Magazin,
Schwedter Str. 9A, 10119 Berlin,
[email protected]
Redaktion: Christian Gaca (CG), Chefredakteur
[email protected],
Kristian Metzger (KM), [email protected]
PR: Marcus Schröder
[email protected]
Autoren: Matthias Adler (MA), Martin Eiser (ME),
Andreas Heiberger (AH), Kalle Max Hofmann (KH),
Shelley Masters (SM), Alex Pöschel (AP), Max
Scharl (MS) sowie Christina Glahr, Lena Thiele
und Lars Borges (Fotograf, www.larsborges.de)
Art Direction: Mirka Meyer,
[email protected],
Metorical, www.metorical.com,
[email protected]
Marcus Tonndorf, [email protected]
Webseite: lieblinx GmbH
Reichenberger Str. 125, 10999 Berlin
Webmaster: Matthias Adler
[ple:] im Netz : www.play-magazin.de
Anzeigenleitung: Kristian Metzger,
[email protected]
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 3 Dezember 2005
Druck: Stürtz GmbH, Würzburg
Vertrieb: ASV Vertriebs GmbH
KRITIK
Bezugsbedingungen: [ple:] erscheint sechs
mal im Jahr, der Preis eines Einzelheftes
beträgt 3,00 Euro.
Sämtliche Texte und Fotos sind urheberrechtlich
geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur
mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos
können nicht zurückgeschickt werden.
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NACHRICHTEN
6
Sam Fisher wird zum Antihelden
In Splinter Cell 4 lernt der NSA-Musteragent seine dunkle Seite kennen
Es ist ein Segen für die Serie, dass dem Musteragenten Sam
Fisher von Ubisoft endlich seine Ein-Mann-Show verdorben
wird. Im vierten Teil der Splinter Cell-Serie nämlich, der im
Frühjahr 2006 fast alle Plattformen erobern soll, geht es ihm
dreckig. Die Geheimwaffe der National Security Agency wurde unehrenhaft aus dem Dienst entlassen und sitzt im Knast.
Warum das alles so ist, bleibt vorerst noch völlig unklar. Es
könnte irgendwas mit einer Serie bewaffneter Banküberfälle
zu tun haben. Oder mit einem Franzosen namens Jean-Pierre
Martin. Jedenfalls sehen sich Fisher und Jean-Pierre Martin
ziemlich ähnlich. Und irgendwas ist gehörig schief gegangen.
Auch sonst sieht es privat gelinde gesagt bescheiden für Sam
Fisher aus. Sarah Fisher, seine 23-jährige Tochter, starb vor
kurzem nach einer Collegeparty durch einen Autounfall. Sie
wurde von dem 21-jährigen Joe Boyd totgefahren. Der war
betrunken von derselben Party zurück zum Campus unterwegs und hatte die nach Hause laufende Sarah überfahren.
Ob und was das mit den Banküberfällen zu tun hat, in die Sam
Fisher sehr wahrscheinlich verstrickt ist, bleibt auch noch
völlig unklar. Wer weitere Informationen will, sollte sich immer mal wieder auf der Teaser-Website http://www.bewaresamfisher.com/us umschauen. Ubisoft rückt nach und
nach neue Informationshäppchen raus. Dazu gehören auch
die Screenshots, bei denen übrigens noch unklar ist, ob sie
von der Xbox- oder Xbox-360-Version stammen. In jedem Fall
ist, dass Splinter Cell 4 im Frühjahr 2006 für Gamecube, PC,
Playstation 2, PSP und Xbox sowie für Xbox 360, Playstation 3
und Nintendo Revolution erscheinen soll. Bei letzteren beiden
Konsolen allerdings verschiebt sich der Spiel-Release garantiert einige Monate aus dem Frühjahr nach hinten. (CG)
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NACHRICHTEN
8
Verbände gegen Killerspiele
Wie Lobbyisten versuchen, Videospiele gesellschaftsfähiger zu machen
Immer wenn ein Politiker das Wort „Killerspiele“ in den Mund
nimmt oder von süchtig machenden Videospielen die Rede ist,
versucht der G.A.M.E. – Bundesverband der Entwickler von
Computerspielen diese Anschuldigungen in das rechte Licht
zu rücken. In Pressemeldungen des Verbandes spricht man
dann von „unspezifischen Begriffen“, ja gar von „Diskreditierung“ von Millionen deutscher Computerspieler. Solche Fälle
werfen die Frage auf, ob denn überhaupt vernünftige Lobbyarbeit eines Unterhaltungssoftware-Verbandes in Deutschland möglich ist. Doch abseits dieser Pressespektakel um
Killerspiele und Sucht arbeiten der G.A.M.E. Verband und die
Politik effektiv zusammen. Prominentes Beispiel hierfür ist
der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus, der vor wenigen Wochen dem Berliner Entwicklerstudio Radon Labs einen
Besuch abstattete und sich unter anderem über die Schaffung
von Arbeitsplätzen in der Spielebranche informierte. Claas
Oehler von G.A.M.E. spricht von einem „ständigen Dialog“, der
mit Bundestagsabgeordneten oder Ministerien stattfinde. Zudem setze sich der Verband für eine wissenschaftliche Zusammenarbeit ein. So findet beispielsweise eine Kooperation
mit dem Fraunhofer Institut statt, um eine neue Game-Engine zu entwickeln oder anderweitige Forschungsprojekte umzusetzen.
Als inoffizieller Nachfolger des aufgelösten Publisher-Verbandes VUD präsentiert sich der im April 2005 gegründete
Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU), der
vornehmlich die Interessen großer Publisher wie Electronic
Arts vertritt. Allerdings bestehe laut Oehler kein Konkurrenzdenken, sondern eine Kooperation mit dem G.A.M.E.-Verband.
Diskussionen und unterschiedliche Sichtweisen gibt es natürlich dann, wenn sich Interessen der deutschen Entwickler
nicht mit den Zielen der Publisher decken.
Auf den Schultern dieser beiden Verbände lastet also die Aufgabe, Computer- und Videospiele samt dazugehöriger Branche in ganz Deutschland zu repräsentieren. Daneben gibt es
kleinere Verbände, die wenig bis gar nicht von Öffentlichkeit
oder Spielern beachtet werden. Dazu zählen die Northstar
Developers, eine Organisation niedersächsischer Spieleentwickler, die unter anderem den niedersächsischen Gemeinschaftsstand auf der Games Convention in Leipzig organisiert.
Auch der Deutsche eSport-Bund (esb) bedient mit der eSportSzene eine spezielle, aber bundesweite Schicht. Zwar werden aller Voraussicht nach auch in Zukunft Computer- und Videospiele von verschiedenen Seiten an den sozialen Pranger
gestellt, aber die Professionalität vor allem von G.A.M.E. und
BIU dürfte gleichzeitig für das nötige Maß an Aufklärung sorgen. (AP)
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NACHRICHTEN
10
GP2x: ein Handheld für den Untergrund
Die koreanische Firma Gamepark verzückt die Entwicklerszene
Reverse-Engineering, Analysen und monotone Testprogramme sind für Hacker notwendig, um ein neues Videospiel-System nach Monaten der Investition an Zeit und Geld
für Hobbyentwickler zugänglich zu machen. Dass man sich
als begeisterter Entwickler, der sich eben nicht nur auf dem
PC austoben möchte, in einer rechtlichen Grauzone bewegt,
ist ein weiterer unangenehmer Beigeschmack. Der GP2x der
Firma Gamepark Holdings ist nach dem GP32 der zweite Versuch, dieser kleinen aber feinen Gemeinde von Indie-Development-Fans eine interessante Plattform zu bieten, ohne sich
auf Glatteis zu bewegen. Mit zwei jeweils 200 MHz schnellen
CPUs, satten 64 MB SDRAM und einem 320 x 240 Pixel großen
TFT-LCD-Display scheint das gelungen zu sein.
Während beispielsweise Sony mit UMD auf die Industrie setzt,
legt die kleine südkoreanische Firma Gamepark ihr Hauptaugenmerk auf die Käufer und deren Schaffenskraft. Deshalb
wird das liebevoll Opensource-Handheld genannte Gerät mit
einem kostenlosen Entwickler-Kit (SDK) ausgeliefert, das auf
Linux und SDL basiert und für jeden Käufer frei zugänglich
ist. Eine Verbindung mit dem PC kann via USB 2.0 hergestellt
werden. Daten werden auf dem Standard-Medium SD-Cards
gespeichert und von dort abgespielt. Von Haus aus werden
die Video-Formate MPEG 4, DivX 3.11, 4x, 5x und höher sowie
XviD unterstützt. Im Audio-Bereich wären das OGG und MP3,
an dem Microsoft spezifischen WMA-Format wird noch gearbeitet. Da Gamepark Holdings auf ein „offenes“ System wert
legt, ist theoretisch jedes Format möglich, das mit späteren
offiziellen oder inoffiziellen Updates abgedeckt wird. Wenn
man selbst nichts mit Programmiersprachen am Hut hat, so
kann man dank der großen Unterstützung der Hobbyentwickler auf so einigen inoffiziellen Leckerbissen gespannt sein.
Trotz der Tatsache, dass erst wenige Tage seit dem Launch
vergangen sind, wurden schon Ports der Shooter-Klassiker
Quake und Quake II veröffentlicht. Dank der Emulatoren wird
der GP2x zu einer Retro-Maschine. Eine Alpha-Version eines
SNES-Emulators ist veröffentlicht, die Zukunft in diesem Bereich sieht mehr als rosig aus. Unter den Ankündigungen befinden sich unter anderem Emulatoren für den NeoGeo CD,
Atari ST, C 64 oder Amiga.
Engine-Interpreter für ältere Spiele sind derzeit in der Szene
der Untergrund-Entwickler sehr in Mode, deshalb darf auch
ScummVM (Monkey Island, Beneath A Steel Sky, Sam & Max)
und Exult (Ultima VII: The Black Gate & Serpent Island) auf
dem GP2x nicht fehlen. Kommerzielle Spiele wie für Nintendo
DS und Co. wird es eher selten geben – zwar bietet Gamepark
Holdings auch Hobbyentwicklern Kooperationen zum weltweiten kommerziellen Release an, doch Freeware-Spiele werden
wohl die Regel sein. So wie LinesX, ein einfaches aber fesselndes Puzzlespiel, bei dem man fünf gleiche Farben nebeneinander reihen muss.
Selbst die Peripherie-Zukunft ist gesichert. Über das TVOut-Kabel kann man die volle Fernsehauflösung nutzen, also
Filme in DVD-Qualität am Fernseher wiedergeben, und Emulatoren und Spiele auf dem TV zocken. Ebenso interessant ist
das Dreamcast-GP2x-Linkkabel, durch das sich beide Szenen
gegenseitig helfen sollen. Daten-Austausch, ein zweiter Bildschirm für Mehrspielermodi und ein größerer Speicherplatz
sind nur drei der vielen Anwendungsmöglichkeiten.
Der GP2x wird in Deutschland, Österreich und der Schweiz
unter anderem von Van Basilco (www.vanbasilco.com) vertrieben und auch online über http://shop.gp2x.de/ für derzeit 185
Euro verkauft. (MS)
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22
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)'*.- +(- +-$(' (-(&&+$"#-,+ , +/ „Die gute alte Geselligkeit“
Anthony J. Wottrich, Projektmanager, 34
WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE?
12
„
Wahrscheinlich habe ich einfach zu viele amerikanische Brettspiele gespielt, aber ich kann mich einfach nicht mit dem Echtzeitterror von Warcraft oder Empire Earth anfreunden. Und ich habe es wahrlich oft genug versucht. Dieses gehetzte Rumgefummel an schick animierten Orkfabriken oder dreidimensionalen Heerscharen mit detailliert dargestellten Dreckgebissen
mag ja ein programmiertechnisches Schmankerl sein - mit einem gemütlichen Klassiker wie Civilization können es die polygonen Epigonen einfach nicht aufnehmen. Mir kommt es bei Spielen auf dreierlei an: die erzählte Geschichte, die Intelligenz
des Spielprinzips und die gute alte Geselligkeit. Eine Geschichte ist für mich in diesem Sinne schon die lebhafte Erinnerung
an die beschwerliche Besiedelung eines entlegenen Kontinents. Aber es muss nicht immer rundenbasierter Autismus sein.
Gegen einen ausschweifenden Abend mit Freunden an einer gut bestückten Konsole ist nichts einzuwenden. Und eine gemeinsam erlebte Prügelei zwischen Iceman und Magneto wird sich die Generation Sofa wahrscheinlich noch im Altenstift erzählen.
“
Die Fotos machte Lars Borges.
Jacob Bilabel, Geschäftsführer, 34
13
WAS BEDEUTEN DIR VIDEOSPIELE?
„
Mein großer Bruder hatte bei sich im Partykeller eine Kompakt-Anlage mit Punk-Rock-Mixtapes, einen Geheimvorrat Apfelkorn und eine Atari-Konsole mit genau einem Spiel: Space Invaders. Das habe ich dann immer gespielt, während er noch in
der Schule war. Nicht, weil es mir sonderlich viel Spaß machte, sondern weil er es mir verboten hatte. Das war mir Anreiz
genug. Ansonsten fand ich Computerspiele eher doof. Es waren meist die dicken Jungs mit den komischen Brillen, die bei sich
zu Hause in abgedunkelten Räumen hockten und kryptische Ladecodes in ihre C 64er hackten. Computerspielen war also
uncool und nur was für Typen, die auf den Schulparties garantiert nie knutschten, den Sportunterricht schwänzten und einen
nie in Physik abschreiben ließen. Also: ganz arme Versager. Heute kenne ich sogar ein paar Mädchen, die ab und zu spielen.
Aber die sind mir auch eher suspekt. Es gibt doch so viele tolle Dinge, die man stattdessen tun könnte: sich lieb haben, ein
Buch schreiben, seine Eltern anrufen, eine Revolution anzetteln, die Welt retten...
“
15
SCHWERPUNKT: INTRO
STEINZEIT
8 BIT
16 BIT
Videospielen zu Hause
Story
Arcade-Umsetzungen
Erstmals konnte man nicht nur
in der Spielhalle, sondern auch
auf dem heimischen Fernseher
Videospiele genießen.
Nicht nur schnöde HighScore-Jagd, sondern richtige
Geschichten und Charaktere.
Warum in der Spielhalle zahlen,
wenn man es zu Hause kostenlos
bekommt. Dank guter Hardware
gab es hervorragende Umsetzungen.
GENRE
Sport
Action Adventure, Rollenspiele
Beat’em-up
SPIEL
Tennis
Zelda, Final Fantasy
Street Fighter 2
Man musste schon sehr abstrakt
denken können, um aus den zwei
Balken und dem viereckigen
Punkt ein Tennisspiel zu machen
Egal, ob Zelda oder Final Fantasy, Gegner und Helden bekamen
ein Gesicht und die Story einen
HIntergrund.
Obwohl die Martial-Arts-Welle
schon abgeklungen war, sorgten
Street Fighter 2 und seine Nachfolger für Tausende prügelnde
Teenager.
Mehrspielermodus
mehrere Bildebenen
Scrolling
Batteriespeicher
transparente Sprites
fließende Animationen
Playfield (Mode 7)
digitalisierte Soundeffekte
GENERATION
BESONDERHEIT
SCHWERPUNKT: GESCHICHTE
16
TECHNIKERRUNGENSCHAFTEN
SPEICHERMEDIUM
Fest verdrahtet
Modul
Modul
CPU
40 Transistoren
8 Bit Motorola 6502
16 Bit 5A22
RAM
nein
16 KB
128 KB
ca. 16 x 16
256 x 224
256 x 224
75 Euro
100 Euro
90 Euro
1972 (USA), 1974
1986
1992
ODYSSEY
NES
SNES
AUFLÖSUNG
PREIS
JAHR
KONSOLE
64 BIT
128 BIT
NEXT GEN
3D
Onlinefähigkeit
DVD
HDTV
Musste sich die voran gegangene
Konsolengeneration noch mit
Spezialchips behelfen, war die
Playstation 1 auf schnelle 3DGrafik ausgelegt.
Endlich nicht mehr allein,
durften sich die Zocker mit der
Dreamcast auch über weite Entfernungen hinweg mit menschlichen Mitspielern messen.
Statt als reine Spielkonsole
überzeugte die PS2 als Multimediacenter und unterstützte damit
den Durchbruch der DVD.
Der alte Fernseher hat endlich
ausgedient. Mit der Xbox 360
genießt man hoch auflösende
Texturen und neue Grafikwunder.
Egoshooter
Online-RPG
Massentauglichkeit
Massenschlachten
Doom
Phantasy Star Online
EyeToy
Kameo
Neidisch mussten Konsolenbesitzer auf PC-User schielen,
bis die Playstation mit Doom die
Welt der Egoshooter öffnete.
Auch wenn die Spieler sich in
zufallsgenerierten Dungeons
bewegten, zeigte Phantasy Star
Online Ansätze, die heute World
of Warcraft umsetzt.
Weg vom Hardcore-Spielzeug hin
zu massentauglichen Spielen ,
bedeutete der Launch von EyeToy
und der Release von Singstar.
Hunderte Figuren schlagen
gleichzeitig aufeinander ein, Explosionen schleudern Dutzende
Einheiten durch die Gegend, das
ist die nächste Generation.
echte 3D-Grafik
transparente Texturen
Motion Blur
CD-Sound
echte 3D-Grafik
transparente Texturen
Motion Blur
CD-Sound
Physikengine
Environment Mapping
Tiefenunschärfe
Hitzeflimmern
Spectacular Mapping
Tiefenunschärfe
Partikeleffekte
CD-ROM
GD-ROM
DVD
DVD/HD-DVD
32 Bit R3000 (MIPS RISC)
64 Bit Hitachi SH4 (RISC)
Emotion Engine (MIPS)
IBM Xenon
2 MB
16 MB
28 MB
512 MB
512 x 384
640 x 480
640 x 480
1280 x 720
350 Euro
250 Euro
435 Euro
299 Euro
1995
1999
2001
2005
PLAYSTATION
DREAMCAST
PS2
XBOX 360
17
SCHWERPUNKT: GESCHICHTE
32 BIT
Xbox 360
Der Mittelpunkt unterm Fernseher
SCHWERPUNKT: NERDFAKTOR
18
D
ie Xbox 360 vermag nicht nur technisch zu überzeugen,
sondern glänzt vor allem mit multimedialen Finessen.
Von der Digitalkamera über die Playstation Portable
bis hin zu Apples iPod lassen sich unzählige Geräte mit der
Konsole verbinden. Wem der mitgelieferte Soundtrack eines
Spiels nicht gefällt, kann diesen jetzt leicht durch eine Playlist
direkt vom MP3-Player ersetzen. Und mit der als Weihnachtsbonus mitgelieferten Fernbedienung im 399 Euro teuren
Komplett-Set kann sogar das vernetzte Windows XP Media
Center am PC mit bedient werden. Die Anzahl wiedergabefähiger Dateiformate ist allerdings begrenzt und Formate, die
auf MPEG-4 oder H.264 basieren, werden nicht abgespielt.
Größtes Manko sind die fehlenden digitalen Anschlüsse, denn
die Xbox 360 lässt sich „nur“ über analoge Composite- oder
S-Videokabel mit dem Fernseher verbinden. Falls sich in Zukunft das digitale Verschlüsseln von High-Definition-Videos
durchsetzen sollte, werden solche Filme aufgrund der von der
Unterhaltungsindustrie dafür vorgeschriebenen verschlüsselten digitalen Übertragung (DVI über HDCP oder HDMI) nur in
geringerer Qualität wiedergegeben.
Seit dem Branchentreff namens Fall Processor Forum steht
fest, dass die erste Generation von Spielen für die Xbox 360
noch nicht für Mehrkernprozessoren optimiert sein wird. Die
zum Start erhältlichen Spiele sehen zwar schon recht gut aus,
kratzen aber nur an den Leistungsreserven. So wird es vorerst auch den Entwicklern überlassen, Kantenglättung einzusetzen oder – durch Verzicht darauf – die frei werdenden Ressourcen für eine Vielzahl anderer optischer Effekte zu nutzen.
Da die Xbox 360 prinzipiell abwärtskompatibel zum Vorgänger ist, werden viele ältere Spiele in einem neuen, oft höher
aufgelösten Gewand bewundert werden können. Bisher ist für
über 200 alte Xbox-Spiele gesichert, dass sie mithilfe eines
Software-Emulators auch auf der neuen Konsole gespielt
werden können. Wie viele ältere Xbox-Spiele Nutzen aus den
verbesserten Fähigkeiten ziehen werden, muss sich noch zeigen. Unter http://www.xbox.com/en-US/games/backwardcompatibilitygameslist.htm ist eine Liste zu finden, die von
Microsoft beständig aktualisiert wird. Die beiden Halo-Teile
etwa kommen auch ohne Emulation aus und werden dennoch
in der neuen HDTV-Auflösung 1280 x 720 Pixel (720p) und eingeschaltetem Vollbild-Antialiasing spielbar sein.
Ernsthafte Spieler werden sich wohl mit dem 299 Euro teuren
Xbox-360-Core-Paket wenig anfreunden können, dass lediglich einen verkabelten Controller und ein normales TV-Anschlusskabel beinhaltet. Erst die 399 Euro teure „Vollversion“
enthält neben dem kabellosen Controller, einem Headset und
Composite- sowie AV/Scart-Kabelsets auch die abnehmbare
20-GB-Festplatte, die man zum Speichern von Download-Inhalten wie zusätzlichen Levels und zur Nutzung der Rückwärtskompatibilität braucht. Die Festplatte wird auch zum
Zwischenspeichern oft benötigter Daten verwendet, was zu
Verkürzungen in den Ladezeiten führen sollte. (MA)
MICROSOFT XBOX 360
PROZESSOR
GRAFIK
SPEICHER
NETZWERK
ANSCHLÜSSE
IBM Xenon
3 PPE á 3,2 Ghz
500 Mhz ATI R500 “Xenos” GPU
+ 500 Mhz 10 MB Framebuffer DRAM
512 MB 700 Mhz GDDR3 DRAM
Ethernet, Wireless 802.11a/b/g (optional)
3x USB 2.0
VIDEO
Composite oder S-Video, bis zu 1080i
AUDIO
Dolby 5.1
DATENTRÄGER
DVD FORMAT
Abnehmbare 20-GB-Festplatte,
2 Media-Slots
DVD
0
KAMPFANSAGE: DIE KONKURRENZ SCHLÄFT
Die noch junge Geschichte der Videospielkonsolen hat bereits
einige technologische Quantensprünge miterlebt, und doch
bestätigte sich eine Regel. Nicht das theoretisch beste Produkt hat sich bisher langfristig durchgesetzt, sondern die Begehrtheit und Qualität der verfügbaren Spiele war ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg. Spielehersteller werden
sich künftig wohl tendenziell auf ein bestimmtes System festlegen müssen, da die Entwicklung von Inhalten für die neue
Generation vollkommen neue Anforderungen an die Programmierung stellt. Die gleichzeitige Entwicklung auf allen drei
Next-Generation-Konsolen wird immense Produktionskosten
verursachen. Hier könnte die Xbox 360 die Nase vorn haben,
deren Entwicklungskits in der Industrie hoch gelobt werden.
Vielleicht verliert diese Regel aber auch in dem Moment ihre
Gültigkeit, in dem die neuen Konsolen nicht nur zum Spielen fähig sind, sondern das zentrale Wiedergabemedium des
vernetzten Wohnzimmers werden. In diesem Kontext kommt
auch der Akzeptanz der von den Herstellern angebotenen Onlinedienste schon mittelfristig eine entscheidende Bedeutung
als Erfolgsfaktor zu. (MA)
SONY PLAYSTATION 3
PROZESSOR
IBM Cell
1 PPE + 7 SPE á 3,2 Ghz
NINTENDO REVOLUTION
PROZESSOR
GRAFIK
550 Mhz RSX GPU zusammen von
NVIDIA und Sony entwickelt
GRAFIK
SPEICHER
256 MB XDR RDRAM
+ 256 MB 700 Mhz GDDR3 VDRAM
SPEICHER
NETZWERK
ANSCHLÜSSE
3x Ethernet (1 Eingang, 2 Ausgänge),
Wireless 802.11b/g
6x USB 2.0, Bluetooth
NETZWERK
ANSCHLÜSSE
IBM Broadway
1 oder 2 PPE
Angepasstes ATI Design,
wahrscheinlich mit 600 Mhz
noch nicht bekannt
Wireless 802.11b
2x USB 2.0
VIDEO
2x HDMI bis zu1080p und Composite-Anschluss
VIDEO
noch nicht bekannt
AUDIO
Dolby 5.1 DTS
AUDIO
Dolby 5.1 oder Dolby 7.1
DATENTRÄGER
DVD FORMAT
Festplatte, Memory Stick, SDund Compact-Flash-Karten
Blu-Ray
DATENTRÄGER
DVD FORMAT
SD-Karten, 512 MB Flash RAM
DVD
19
SCHWERPUNKT: NERDFAKTOR
Aus heutiger Sicht mutet es schon unglaublich an, was alles in
der Playstation 3 zur Grundausrüstung zählen soll. Nicht weniger als drei LAN- und sechs USB-Anschlüsse zählen neben
integriertem Wireless-LAN, dem optischen Blu-Ray-Laufwerk, der RSX getauften Grafikkarte und dem mit Spannung
erwarteten „Cell“-Prozessor zu den technischen Highlights.
Sony spendiert auch noch gleich zwei HDMI-Monitor-Ausgänge, die jeweils eine HDTV-Auflösung von bis zu 1920 x 1080
Pixel (1080p) liefern können sollen. Bei einer derart luxuriösen Ausstattung wird Zocken fast schon zur Nebensache.
Sonys Kampfansage an Microsoft beinhaltet auch den Aufbau
von Online-Angeboten, die den Erwerb von Musik oder Filmen
einschließen. Beim technologischen Kräftemessen von Sony
und Microsoft spielt Nintendo mit der Revolution nicht mit.
Stattdessen soll auf innovatives Design und Gameplay gesetzt
werden. Fast schon atypisch wird sich die Nintendo Revolution vor allem zum Videospielen eignen. Der eigentliche Gewinner des Dreikampfs um die Krone der Konsolenwelt ist
sowieso der Konzern IBM, der für alle Konsolen die jeweils
verschiedenen Prozessoren fertigen wird.
“I think of the design’s iconic gesture as the inhale
of a Martial Artist before a burst of power.”
(Jonathan Hayes, Xbox 360 Design Director, Microsoft Corp.)
S
o traurig es ist, aber den wahren Wert einer Designleistung wissen die wenigsten Endkonsumenten zu schätzen. Der gemeine Kunde unterscheidet zwischen hässlich und hübsch.
So einfach ist das – und das macht sie für die Designer so schwierig, die Gratwanderung
zwischen eigenem Anspruch und Massentauglichkeit. Microsoft ging mit seiner ersten Videospielkonsole Xbox im Jahr 2001 einen sehr amerikanischen Weg. Das Motto: Think big! Die Xbox
ist ein plastikgewordener Straßenkreuzer, ein dunkelgrüner 55er Eldorado mit Big Block. Oder
ein Betamax-Videorecorder mit hochwertigem Innenleben. Jedenfalls: Die Endkunden hielten sie
meist für hässlich. Macht nichts: Die Xbox ist (fast) Vergangenheit. Was zählt ist, was aus dem
Design-Desaster gelernt wurde.
Offenkundig hat Microsoft viel Energie darauf verwendet, seine Next-Generation-Konsole anständig, manche werden sagen: überhaupt zu designen. Mit der Xbox 360 entdeckt Microsoft eine Art
neuer Leichtigkeit, jedenfalls für US-amerikanische Verhältnisse (und wenn das ziegelsteingroße
und ebenso schwere Netzteil der Konsole vernachlässigt wird). Die Xbox 360 hat Schwung, Grazie
fast. Alles wirkt leicht, flüssig, aus einem Guss, modern. US-Amerikaner werden wohl denken:
As zeitgeisty as it gets. Steht die 360 hochkant vor einem, und betrachtet man die Front, lässt
sich bei genauem Beobachten in dem Slot für die Speicherkarte sogar ein freundliches, allerdings ausgesprochen breites Lächeln entdecken. Ein Schelm, wer denkt, hier lächele bereits der
wissende Siegertyp.
Von Christian Gaca
Farblich entflieht die 360 dem dunklen Konsoleneinerlei und flaniert im edlen Silberanzug über
die Ladentheke. Hier wagt Microsoft keine Experimente, lehnt sich an die erprobten Farb- und
Materialdesigns von Apple & Co an. Ohnehin dominiert der Eindruck, dass optisch an vielen
Stellen ein ähnlich konsequentes „Weniger ist mehr“-Prinzip umgesetzt wurde, mit dem Apple
seit einigen Jahren sehr erfolgreich agiert. Die Xbox 360 hat keine störenden Kanten, runde
Formsprache allenthalben, optische Konsistenz bis ins Detail.
Besonderes Design-Gimmick der Xbox 360 ist die Möglichkeit des unkomplizierten Customizings.
Die Front der Xbox 360 ist mit wenigen Handgriffen austauschbar. Die dafür notwendigen Faceplates kosten im Handel 19 Euro. Einerseits wird es von Microsoft selbst eine Reihe verschiedener Designs geben. Viel interessanter aber ist die Möglichkeit, die Teile selbst zu verschönern
oder verschönern zu lassen. So öffnet sich mehr Menschen der Zugang zu mehr Farbe, als nur
den üblichen Nerds, die als erste Amtshandlung die Konsole komplett zerlegen und das Gehäuse
zum Airbrusher bringen.
Exklusive Verlosung und Versteigerung
[ple:] hat bekannte und unbekannte Künstler, Grafiker und Designer gebeten, Faceplates für die
Xbox 360 nach ihren Ideen zu gestalten. Die Resultate könnt ihr auf den folgenden Seiten bewundern. Und mit etwas Glück ersteigern oder gewinnen. Die drei Faceplates von Sai-So, Krücksche
& Scheuerle und Corto werden zwei Wochen vor Weihnachten gemeinsam mit Microsoft auf eBay
für einen guten Zweck versteigert. Der Erlös wird der integrativen Kindertagesstätte Nestwärme
(www.nestwärme-berlin.de) in Berlin-Kreuzberg gespendet, Microsoft legt noch 500 Euro oben
drauf. Für Informationen schaut regelmäßig auf www.play-magazin.de oder www.xbox.de vorbei.
Die andrern Faceplates werden verlost. Einfach eine E-Mail mit Adresse und Betreff „Faceplate“
bis zum 18. Dezember 2005 an [email protected] schicken. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
HEARTS 4, Hamburg
Corto, Berlin
SCHWERPUNKT: SCHMINKE
Krücksche & Scheuerle, Berlin
21
o ZAS o, Berlin
Sabine Hippeli, Berlin, www.hippelidesign.de
Rainer Metz, Berlin, www.blitzblitzblitz.de
SCHWERPUNKT: SCHMINKE
22
Stefan Marx, Hamburg, www.livincompany.com
Sai-So, Berlin, www.sai-so.com
SCHWERPUNKT: SCHMINKE
Lisa Schibel, Berlin, www.lisaschibel.de
23
1. Xbox Live
Xbox Live geht auf der Xbox 360 stark erweitert
in die nächste Runde. Mit der Silber-Mitgliedschaft ist man automatisch online und kann
kostenlos selektierte Inhalte nutzen. Die ganze
Onlinewelt, vor allem der Spiele, erschließt
sich aber erst mit der Gold-Mitgliedschaft, die
monatlich 6,99 Euro, pro Quartal 19,99 Euro
oder jährlich 59,99 Euro kostet. Spieler sind
durch eine Gamercard identifiziert, die den
Gamerscore ausweist (durch Spielen erkämpfte
Punkte) sowie die eigene Reputation anhand
eines Sterne-Systems. Auf der Startseite gibt es
Zugriff auf Nachrichten und Freundesliste. (CG)
SCHWERPUNKT: ERKLÄRUNG
24
2. Xbox Live Bestandkunden
Wer bereits eine Xbox Live-Mitgliedschaft besitzt, kann diese mit dem neuen Live-Service
der Xbox 360 verbinden. Nach dem ersten Anschalten der Konsole wird erfragt, ob man einen
Xbox Live-Account anlegen oder einen bestehenden übertragen will. Mit wenigen Klicks ist
das Thema erledigt. Lediglich die letzten vier
Ziffern der Kreditkarte, die bei der Anmeldung
angegebene E-Mail-Adresse und Telefonnummer müssen bekannt sein. Auch eine Anmeldung beim Microsoft Passport Netzwerk ist
Pflicht. Nach der Anmeldung wird die gesamte
Freundesliste problemlos übernommen. (CG)
3. Xbox Live Marktplatz
Der Xbox Live-Marktplatz dient allen finanziellen Transaktionen im Rahmen von Xbox Live.
Hier können Spiele, Demos und Trailer gedownloaded werden. Bezahlt wird mit Microsoft Points, einer virtuellen Währung. Entweder
man kann Points online via Kreditkarte kaufen,
500 kosten dann sechs Euro. Es wird aber auch
Prepaid-Karten für 25 Euro und vor allem Promotion-Karten geben. Letztere enthalten einen
Code, mit dem man sich die Promotion-Punkte
gutschreiben kann. Gekaufte Points bleiben
immer erhalten, nicht eingelöste PromotionPoints verfallen nach einem Jahr. (CG)
4. Download von Inhalten
Zu vielen Titeln wird es im Vorfeld kostenlos
HDTV-Trailer oder spielbare Levels als Download via Xbox Live geben. Doch auch Inhalte
zum Personalisieren der Xbox-Oberfläche sind
hier zu haben. Themen (fürs Aufhübschen des
Xbox-Desktops) kosten in der Regel 150 Points.
Spielerbilder, die der Gamercard eine persönliche Note verleihen, können einzeln (20 Points)
oder im Paket erworben werden. Abgebrochene
Downloads können jederzeit wieder aufgenommen werden, etwa, wenn die Internetverbindung
zusammengebrochen ist. Zum Launch sind über
400 Inhalte angekündigt.
Xbox Live Arcade ist ein integrierter DownloadService für Minispiele jeglicher Art. Die hier
vorhandenen Spiele können kostenlos als Trial-Version gedownloaded, getestet und dann
später gegen Bezahlung mit Microsoft Points
erworben werden. Die Preise liegen derzeit zwischen 400 bis 1200 Points, wobei das Gros im
unteren Preisbereich angesiedelt ist. Qualitativ sind viele der Arcade-Spiele erstaunlich gut.
Die Bandbreite reicht von Spielhallenklassiker
wie Gauntlet (400 Points) über Kartenspiele wie
Hardwood Hearts (400 Points) hin zu Shootern
wie Mutant Storm Reloaded (800 Points). (CG)
6. Xbox 360 und Medien
Microsoft vermarktet die Xbox 360 zwar in erster Linie als Spielekonsole, doch in dem grauen Gerät steckt mehr Potenzial drin. Die Xbox
360 könnte eine Art Unterhaltungszentrum des
Wohnzimmers werden. Sie spielt Musik und
Filme ab, die auf der Festplatte gespeichert
sind oder von einem per USB angeschlossenen
Gerät kommen. So lassen sich Playlisten aus
dem Apple iPod oder Bilder von der Digitalkamera übertragen. Besonders intensiv wird die
Verschmelzung durch die Nutzung der Xbox 360
via Media Center oder Media Connect mit einem
im Netzwerk angeschlossenen PC. (CG)
SCHWERPUNKT: ERKLÄRUNG
5. Xbox Live Arcade
25
Glänzende Aussichten
Wer das volle Grafikpotenzial aus den Next-Generation-Konsolen herauskitzeln will, braucht einen Fernseher, der HDTV-fähig ist. Punkt. Die große
Frage ist: Lohnt sich das Investment von mindestens 1000 Euro für ein
halbwegs ordentliches Gerät?
HDTV
Von Christian Gaca
SCHWERPUNKT: MATTSCHEIBE
26
U
m diese Frage zu beantworten, hat [ple:] hat sich die LCD-Wunderkisten genauer angeschaut. In Europa beschränkt
sich die HDTV-Auswahl auf LCD-Fernseher der neusten Generation, die „alten“ Röhren können kein HDTV und PlasmaTVs im Regelfall nicht mal die mittlere Auflösung. Wer auf Nummer Sicher gehen will, wählt ein LCD-TV mit dem „HD
ready“-Logo. Wir haben aus dem Produktdschungel zwei interessante Geräte der 32-Zoll-Klasse (80 Zentimeter Diagonale)
rausgepickt und geschaut, wie gut die mit der Xbox 360 harmonieren. Es gibt zahllose andere, gute Geräte. BenQ etwa bietet
ein sehr interessantes Display der unteren Preisklasse an, Loewe mehrere im oberen Preissegment.
Grundsätzlich sind einige wichtige Faktoren zu bedenken: Wer zukunftssicher agieren will, sollte beachten, dass möglichst
alle wichtigen Anschlussvarianten am Fernseher vorhanden sind (HDMI oder DVI, Komponenten oder YUV sowie der Klassiker
Scart). Zudem muss der Schirm eine schnelle Reaktionszeit unter 10 Millisekunden erreichen und ein gutes Kontrastverhältnis
von mindestens 800:1 bieten. Neben diesen harten Fakten haben natürlich alle Fernseher ein anderes, wahrgenommenes Bild
und ihr eigenes Design. Tendenziell lässt sich behaupten, so bitter das ist: Je mehr Geld ein LCD kostet, umso detaillierter,
umso schärfer, umso sauberer kommt das Bild in der Wahrnehmung rüber. Allerdings sind das irgendwann „nur“ noch Nuancen für Freaks. Wer also über 2500 Euro für einen LCD-Fernseher ausgeben will, soll dies ohne schlechtes Gewissen gerne
tun. Es gibt aber auch für deutlich weniger Geld gute LCD-Markengeräte für den Einsatz an der Konsolenfront.
Wer die Xbox 360 an seinem alten Röhrenfernseher einsetzen will, wird übrigens kaum einen signifikanten Unterschied zur
Grafikqualität der alten Xbox sehen. Schlimm wird es dann, wenn die Konsolen der letzten Generation an einem LCD-TV laufen
müssen. Schockiert stellt man die eklatante Qualitätsverschlechterung des Bildes fest, logisch, da ja die wenigen PAL-Pixel
enorm hochgerechnet werden müssen. Das Resultat ist ein teils grauselig anmutendes Pixelgeschwurbsel. Dies gilt übrigens
ebenso beim normalen Fernsehbild über DVB-T, Kabel oder analogen Satelliten. Soviel zu den „schlechten“ Nachrichten.
27
Modell: SONY KDL-S 32 A 11E
LCD: Bravia
Auflösung: 1366 x 768 Pixel
Reaktionszeit: 8 Millisekunden
Kontrastverhältnis: 1000:1
Leuchtdichte: 480 cd/m²
Bildverbesserung: PAL 3D-Kammfilter
Anschlüsse: 2 x Scart, Komponenten-IN (Y, Cb, Cr), AV und
S-Video-IN / AV-OUT / HDMI-Eingang / PC-(VGA)-In, PCMCIA
Zusatzausstattung (Auswahl): integrierter DVB-T Receiver,
analoger und digitaler Tuner
Größe (nur TV, B/H/T in cm): 79,2/56,4/9,9
Gewicht (in Kg): 20,0
Farbe: Silber
UVP: 1699 Euro
Für elegante Styler
Für ambitionierte Designfreunde
Mit dem LC 32 GA 6E schickt LCD-Altmeister Sharp
ein relativ preiswertes Gerät ins Rennen, das vor allem
mit seinem grandiosen Display punktet. Das Bild erscheint etwas schärfer und sauberer konturiert als
bei dem Sony-Gerät, ist aber vergleichsweise etwas
dunkel und kontrastarm. Optisch bietet auch Sharp
zeitlose Eleganz und verzichtet auf Spielereien. Lediglich der geschwungene Standfuß ist außergewöhnlich und fast schon so etwas wie das Trademark der
Aquos-Reihe. Dummerweise lässt sich die Xbox 360
nicht ohne weitere Anstrengungen vernünftig mit dem
YUV-Komponenten-Kabel an den Sharp anschließen,
denn die Chinch-Stecker für den Sound passen nicht
in den Fernseher. Mit zwei entsprechenden Adaptern
ist das Problem schnell gelöst, aber nervig ist es trotzdem. Ganz klaren Punktabzug kriegt der Sharp für die
welthässlichste Fernbedienung, die aussieht wie ein
überdimensionierter Billig-Eiskratzer. Unverständlich,
wo das Gerät sonst so hochwertig verarbeitet ist und
ebenso hochwertig anmutet. (CG)
Der neue KDL-S 32 A 11 E ist äußerlich ein sehr gelungenes Gerät, das ein schlichtes, Sony-typisch aber
im Detail stylisches Design besitzt. Allein der die 60erJahre zitierende Standfuß sorgt für ein freundliches
Setting, so viel zu gelungenem Produktdesign. Technisch bietet der Sony alles, was der Xbox 360-User
(und später auch der Playstation 3-User) braucht. Das
Bild überzeugt durch seine Helligkeit, einen sehr guten Kontrast und eine angenehme Schärfe. Es mutet
homogen an, die Farben sind authentisch und stark.
Der Sony erzeugt ein optisch sehr klares Bild. Die Bedienung in den Menüs ist einfach und logisch nachvollziehbar. Die Fernbedienung kommt übersichtlich daher, ist angenehm anzufassen und vor allem schlicht.
Dank Virtual Dolby und BBE Digital Sound Processing
wummert erstaunlich satter Sound aus den kleinen
10+10-Watt-Boxen. Unterm Strich: Alles dran + alles
drin (eben sogar ein guter DVB-T-Empfänger) = alles
top. Sony liefert mit dem KDL-S 32 A 11 E eindeutig einen der besten Zocker-LCDs ab. (CG)
SCHWERPUNKT: MATTSCHEIBE
Modell: SHARP LC 32 GA 6E
LCD: Black-TFT-LCD-Panel mit 3.147.264 Pixel
Auflösung: 1366 x 768 Pixel
Reaktionszeit: Kontrastverhältnis: 800:1
Leuchtdichte: 450 cd/m²
Bildverbesserung: Advanced Super View
Anschlüsse: 2 x Scart, Komponenten-IN (Y, Cb, Cr), AV und SVideo-IN / AV-OUT / HDMI-Eingang / RS-232C / PC-(VGA)-In
Zusatzausstattung (Auswahl): Progressive Scan, Text-inBild-Funktion, 36 Monate Garantie
Größe (nur TV, B/H/T in cm): 79,5/57,6/10,8
Gewicht (in Kg): 19,9
Farbe: Silber
UVP: 1599 Euro
Amped 3
Call of Duty 2
Need for Speed Most Wanted
(2K Sports)
(Activision)
(EA)
Project Gotham Racing 3
Perfect Dark Zero
(Bizarre Creations, Microsoft Game Studios)
(Rare, Microsoft Game Studios)
FIFA 06: Road to FIFA World Cup
NBA Live 06
(EA)
(EA)
Tony Hawk’s American Wasteland
Gun
(Activision)
(Activision)
29
SCHWERPUNKT: FAKTEN
Peter Jackson‘s King Kong
Kameo: Elements of Power
(Ubisoft)
(Rare, Microsoft Game Studios)
Madden NFL 06
Quake 4
Tiger Woods PGA TOUR 06
(EA)
(id Software, Activision)
(EA)
>
STARTTITEL XBOX 360
PROJECT
GOTHAM
RACING 3
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Spie
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SCHWERPUNKT: KRITIK
30
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: BIZARRE CREATIONS, MGS
GENRE: ACTION-RENNSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (JA), CONTENT (JA)
Wahnsinn. Einfach nur: Wahnsinn. Die erste Runde mit dem
neuen Project Gotham Racing reichte aus, um zu sehen und
zu hören, dass hier Vollprofis am Werk waren. Die Entwickler
bei Bizarre Creations in Großbritannien haben, ich zitiere aus
dem Zusammenhang gerissen DJ Koze, mal wieder richtig
geil abgeliefert. Als ich mich nach dem Passieren der Startlinie standardmäßig durch die diversen Kameraperspektiven
klicke, bleibt mir einmal kurz die Luft weg. Als ich aus der
hübschen Außenansicht direkt hinters Lenkrad in die unfassbare Innenansicht gezoomt werde, wird der Motorensound
dumpf und erdig. Genauso muss es sich anfühlen, wenn man
in einem Koenigsegg CCR sitzt und in 3,2 Sekunden von Null
auf Hundert katapultiert wird. Die Enge des Cockpits wird
spürbar. Ein unglaublich realistisches Gefühl, das ein nie gekanntes Fahrerlebnis in einer simulierten Umgebung möglich
macht. Extrem auch die grafische Leistung des Spiels: Trotz
der hohen Geschwindigkeiten wirkt die Umgebung nie unnatürlich verwischt oder pixelig. Alles ist, wie der Brite so sagt,
crisp und tight bis zum HDTV-Auflösungsanschlag.
In Project Gotham Racing 3 gibt es im Jahr 2005 übrigens keine langsamen Autos mehr. Porsche, von dem Veredler Ruf
schneller gemacht, ist fast schon unterstes Limit. Ansonsten nur Supersportwagen und extrem getunte Spezialanfertigungen. Von Anfang an verfügbar. Wer es also nicht schnell
mag, sollte sich woanders umschauen. Dabei hat jeder Wagen
seine spezifischen Eigenschaften, getreu der alten Wahrheit,
dass ein Lamborghini ans Limit getrieben zum bockigen Biest
mutiert. Gefahren wird auf fünf Strecken am Tag und in der
Nacht: in London, New York, Las Vegas, Tokyo und auf dem
Nürburgring. Der Detailreichtum ist auch hier unglaublich,
selbst Schaufensterauslagen sind deutlich zu erkennen.
Das Spiel teilt sich prinzipiell in einen relativ überschaubaren
Offline- und einen extensiven Onlinebereich auf. Als erste
Wahlmöglichkeit stehen Karriere, Playtime und Gotham TV
zur Verfügung. Im Karrieremodus müssen offline (oder richtiger: ohne direkt mitfahrende Onlinegegner) diverse Rennserien absolviert werden. Hierbei tauchen vielfältige Spielmodi
wie Verfolgungsrennen, Cone- und Drift-Challenges, Schnelle Runde oder Einer-gegen-Einen auf. Die in fünf Schwierigkeitsstufen aufgeteilten Rennen versorgen den siegreichen
31
POPWISSEN
VORGEFAHREN
ONLINE-TURNIERE FÜR ZEHNTAUSENDE
Offline spielen in Project Gotham Racing 3 heißt hier immer
mehr: für den Ernst des Spielerlebens trainieren: die OnlineCompetition. Der wahre Wert des Spiels nämlich liegt zweifelsohne in dem Online-Ansatz, der von zwei massiven Säulen
getragen wird: dem reinen Onlinespiel und Gotham TV. Das
Onlinespiel teilt sich in einen vollwertigen Karrieremodus und
eine arcade-lastigeren Teil. Im Karrieremodus gilt es, Rennserien und Meisterschaften zu absolvieren. Die Ergebnisse
werden anhand eines Rechenverfahrens namens True Skill
gespeichert und mit den Daten anderer Spieler abgeglichen.
So soll eine realistische Abbildung des Könnens visualisierbar werden. Im Arcademodus warten klassische Duelle mit
bis zu acht Gegnern. Die Modi sind Straßenrennen und Eliminator (jeweils Solo oder im Team) sowie das etwas krude Capture the Track. Hier ist selbst im Detail nachgedacht worden:
Wer als Host des Spieles etwa will, dass nur Innenperspektive
gefahren wird, kann dies mit einem Menüklick einstellen.
Der gesamte Onlinebereich ist zudem stark interaktiv ausgestaltet. Das coole Gotham TV ist eine Art integrierter Fernsehkanal, der zu jeder Zeit mit wenigen Klicks rasante Livebilder
von spannenden Rennen der PGR-Ranglistenhelden und den
Buddies aus der eigenen Freundesliste verfügbar macht. Einfach zurücklehnen und von den Verrückten lernen, wie man
in New York noch ein paar Zehntelsekunden aus dem Track
rauspresst. Zudem plant Bizarre einige Wochen nach dem
360-Launch umfangreiche Online-Meisterschaften und Turniere. Die Turniere sind zweigeteilt in eine Qualifikationsphase und eine Knockoutphase. In der Qualifikation treffen sich
die Spieler auf vorgegeben Tracks in vergebenen Wagen. Nach
Abschluss der Qualifikation wird im K.-o.-System gegeneinander gefahren, bis am Ende der Sieger feststeht. (CG)
Schon im Jahr 2000 glänzten Bizarre mit einem grafisch wie spielerisch
herausragenden Titel auf dem Dreamcast. Das Spiel hieß Metropolis
Street Racer, ist der Urvater der PGR-Serie und setzte gerade in optischer
Hinsicht Maßstäbe. Schon damals wurden fotorealistische Hintergründe
erstellt, auf Basis von 40.000 Fotografien und 40 Stunden Videomaterial.
20 Quadratkilometer aus San Francisco, Tokyo und London wurden akkurat digitalisiert. Und auch schon damals gab es umfangreiche OnlineRanglisten. Dummerweise wurde alles das wenig beachtet, denn der
Dreamcast war seiner Zeit einfach ein bisschen zu weit voraus. (CG)
CHRISTIAN GACA
EIN SPIEL, DAS DIE KONSOLE MITVERKAUFT
Project Gotham Racing 3 ist in mehrfacher Hinsicht ein ausgesprochen
bedeutsamer Titel für die Xbox 360. Zuallererst ein technologisches
Statement, das deutlich zeigt, wie viel Leistungspotenzial in der neuen Konsole steckt. Bereits jetzt. Es ist ein reinrassiges Rennspiel, eine
gekonnte Mischung aus Simulation und Arcade-Action. Ein Spiel, von
dem Marketingexperten nicht zu Unrecht sagen, dass es die Konsole mitverkauft. Mitverkaufen muss. Mitverkaufen wird, denn es ist mit
Abstand das beste Spiel für die neue Xbox. Weil es durchdacht bis ins
Detail ist, vor allem, was den unglaublichen Live-Modus betrifft. PGR
3 deutet aber auch an, welche Form der totalen Vernetzung via Xbox
Live Microsoft anstrebt. Gotham TV spielt gekonnt mit der Idee, dass
das reine Anschauen von Videospielen eines Tages so interessant sein
könnte, dass es das Erleben einer Übertragung einer realen Rennserie
im Fernsehen ersetzt. Dies ist – noch – pure Zukunftsmusik. Aber die
Möglichkeiten wären heute schon da.
SCHWERPUNKT: KRITIK
Rennfahrer mit wertvollen Credits für neue Autos und Kudos
für die Onlineranglisten. Das Resultat jedes Rennens wird sofort an Xbox Live übermittelt, und als Feedback gibt es die aktuelle Platzierung in der Weltrangliste. Angenehm ist, dass es
ein geübter Fahrer in weniger als zwei Stunden schafft, sich
drei bis vier anständige Rennwagen in die virtuelle Garage zu
parken. Dort können sie übrigens von allen Seiten in voller
Pracht bestaunt werden (es soll Spieler geben, die sich Garagen mit Enzos in allen Farben vollstellen, einfach nur so).
PERFECT DARK
ZERO
SCHWERPUNKT: KRITIK
32
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: RARE, MICROSOFT GAME STUDIOS
GENRE: 3D-EGOSHOOTER
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (JA), CONTENT (JA)
Eine neue Konsole ohne einen amtlichen Egoshooter auf den
Markt zu bringen, das würde an Gotteslästerung der härteren Gangart grenzen. Sind doch Ballerspiele auf hohem
Niveau stets ein Garant für gute Verkaufszahlen der Konsole. Kein Wunder also, dass Microsoft mit Rare sein teuerstes
Pferd im Stall damit betraute, deren Jahrtausendwende-Heldin und Egoshooter-Spezialistin Joanna Dark zu revitalisieren. Auf dem Nintendo 64 hatte sich Joanna damals zur Ikone
stilisiert. Auf der Xbox 360 wird nun die Vorgeschichte geklärt,
wie Joanna zu dem wurde, was sie auf dem N 64 ist.
Im Jahr 2020 steht die gut aussehende Möchtegern-Geheimagentin gemeinsam mit ihrem Vater vor der Aufgabe, gegen
Bezahlung ausgesprochen eigenartige Leute aus mysteriösen Situationen freizuboxen, die dem wirtschaftlichen Kampf
zwischen der dataDyne-Corporation und dem ehrwürdigen
Carrington Institute geschuldet sind. Joanna, 25 Jahre alt und
wie ihr Vater Jack eine Kopfgeldjägerin, hält sich aber trotz
Vaters authentischer Erziehung für mehr als eine Menschenjägerin. Sie will eine echte Agentin sein. Unbedingt. Als großzügiger Finanzier der Missionen, das wird recht schnell klar,
fungiert ein Herr namens Daniel Carrington. Den scheint Jack
aus irgendeinem Grund nicht besonders zu mögen, und will
eigentlich keine Geschäfte mit ihm machen. Joanna indes
fühlt sich von ihm und den Möglichkeiten angezogen.
Im Einzelspielermodus ballert man sich in der Folge auf sehr
hohem Niveau durch die Lehrjahre von Joanna Dark als Kopfgeldjägerin und Nahkampfspezialistin. Die einzelnen Levels
sehen allesamt grafisch spitze aus, auch wenn man sich über
das knallbunte Zukunftsszenario insgesamt geschmacklich
sicherlich streiten kann. Nach einer kurzen Einführungsmission geht es dann gleich richtig zur Sache. Erstaunlich ist dabei, wie gut und intuitiv sich in Perfect Dark Zero alles spielen
und bedienen lässt. Die Möglichkeiten sind nicht übertrieben
ausgereizt, beschränken sich auf ein gutes Waffenauswahlund Zielsystem und eine ideale Steuerung.
DER MEHRSPIELERWAHNSINN FÜR XBOX LIVE
Durchaus selbstironisch beschäftigt sich ein Teil der Story damit, die Hintergründe zu Deathmatch zu erforschen, einem
Virtual-Reality-Spiel, dass von dataDyne im Jahr 2018 auf den
Markt geworfen wurde und seither Millionen von Spielern begeistert und dummerweise nicht selten auch tötet. In einer
Mission spioniert Joanna das Anwesen des offenkundig verrückten Deathmatch-Erfinders und dataDyne-Bosses ZhangLi aus. Hier wird deutlich sichtbar, dass Perfect Dark Zero ein
sehr freies System zum Absolvieren des Levels einsetzt. Es
gibt stets mehrere Möglichkeiten und Wegstrecken, um zum
Ziel zu gelangen. Ohne großen Waffeneinsatz gelangt Joanna
ebenso bis ins Zentrum von Zhang-Lis Anwesen, wie mit dem
Maschinengewehr und der taktischen Brechstange. Ist halt
ein Frage von spielerischem Style und ob man alle Nebenmissionen erfüllen will, welche Strategie gewählt wird. Gut, dass
Rare den Zockprofis so (und mit dem einstellbaren Schwierigkeitsgrad) genügend Herausforderung bietet, Neulinge
aber trotzdem nicht sofort frustriert das Pad in die Ecke werfen, weil sie immer nur draufgehen. Zur Geschichte soll nicht
mehr erzählt werden. Eine Verschwörungstheorie ist nur so
lange interessant, wie die Hintergründe im Dunkeln bleiben.
Neben dem umfangreichen Einzelspielermodus bietet Perfect Dark Zero vor allem einen richtig dicken Online-Support,
der es zu einem der stark frequentierten Live-Spiele machen
wird. Bis zu 32 Spieler können sich, je nach Einstellung, auf
einer Karte tummeln. Der Mehrspielermodus teilt sich online
in drei große Bereiche auf. Einmal gibt es Koop-Missionen
33
Die Ausbalanciertheit ist im Versus-Mehrspielermodus allgemein das große Thema – von Rare explizit so gewollt, um
Neulinge nicht sofort zu verschrecken und Online-Störenfriede aller Art in ihren Möglichkeiten zu beschneiden. Rüstungen etwa können natürlich weiter zum eigenen Schutz eingesammelt werden. Neuerdings durchschlagen viele Waffen
nicht nur deren Panzerung, sondern ziehen dem Getroffenen
auch Lebensenergie ab, die sich nicht wieder aufbauen lässt.
Prinzipiell fügen Treffer entweder permanenten oder temporären Schaden zu. Auch ein Sturz aus größerer Höhe sorgt für
kurzzeitigen Energieverlust und höhere Verwundbarkeit.
Um zu verhindern, dass die üblichen Verdächtigen immer nur
mit der dicksten Waffe durchs Level rennen und alles niedermähen, wurde auch hier kräftig balanciert. Alle Waffen
weisen deutliche Unterschiede in der Schussgenauigkeit,
Nachladezeit, Schussweite und Panzerungsdurchdringung
auf. Außerdem haben sie ihre Sekundärfunktionen, etwa einen Schalldämpfer, der zu einem enormen, taktischen Vorteil
führt. Die Schüsse der Gegner sind nämlich auf dem Radar zu
sehen, und je lauter die Knarre, desto länger bleibt das Signal
des Schützen für alle Spieler sichtbar erhalten. Den schallgedämpften Treffer indes sieht nur der Getroffene, und das nicht
wirklich lange. Außerdem muss jeder Spieler mit seinem
Vier-Slot-System hantieren. Will heißen: Die Waffen haben
eine bestimmte Größe. Kostet eine normale Pistole nur einen
Slot, braucht ein Maschinengewehr eben drei Slots. So soll
verhindert werden, dass jemand sich mit einem Sniper-Rifle
und einer Shotgun in der Tasche losmacht. Trotz aller Ausgewogenheit gibt es natürlich immer noch die kleinen Absurditäten aus dem Rare-Universum. Die Psychosis-Pistole etwa
kann das gut geplante Rot-ist-Feind-Grün-ist-Freund-System
ein bisschen durcheinanderwürfeln. Gut, dass der britische
Humor nicht nur hier deutlich spürbar ist. (CG)
POPWISSEN
Die Referenz vom N 64
Perfect Dark, das werden womöglich noch viele wissen, war einer der
meist gefeierten Titel auf dem N 64. Der Shooter gilt vielen noch immer
als eine Referenz für gutes Gameplay und bis ins Detail ausgefeilte Einstellungsmöglichkeiten im Mehrspielermodus. Einzig das Zukunftsszenario wurde im Jahr 2000 nicht von allen geliebt. Nichtsdestotrotz schaffte es
Rare schon damals aus Sicht der meisten Kollegen, den vielen Vorschusslorbeeren vollständig gerecht zu werden. (CG)
CHRISTIAN GACA
RARES’ WHITE ALBUM
Rare hat mit Perfect Dark Zero ein ähnliches Problem gehabt, wie es
die Beatles nach ihrer LP Revolver 1966 hatten. Die perfekte Arbeit war
abgeliefert, da waren sich fast alle einig. Nun blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich selbst auf ähnlich hohem Niveau neu zu erfinden.
Perfect Dark war im Jahr 2000 das perfekte Spiel, in vielerlei Hinsicht.
Das zu toppen, ist schwer. Besonders, wenn man sozusagen die ganzen
tollen Melodien noch im Hinterkopf hat. Nichtsdestotrotz gelingt es den
Entwicklern von Rare heute, die Essenz der N 64-Version zu nehmen
und mit den Möglichkeiten der Xbox 360 zu einem einzigartigen Shooter
zu verbinden. Ein Einzelspielerabenteuer auf hohem Niveau. Ein XboxLive-Biest, das mich wochenlang beschäftigen wird. Die Beatles haben
1968 das White Album nachgelegt, ein unfassbares Werk. Rare hat 2005
Perfect Dark nachgelegt. Ein unfassbares Werk.
SCHWERPUNKT: KRITIK
der bekannten Levels. Gegeneinander zocken läuft via altbekanntem Deathmatch mit definierbaren Waffensets und Respawn nach dem Tod. Dann wäre da noch Dark Ops, ein rundenbasiertes System, wo jeder Spieler nur ein Leben hat. Hier
erhält die richtige Auswahl der Waffen große Bedeutung, und
auch die Frage ihrer Sekundärfunktion wird für die taktische
Planung enorm wichtig.
KAMEO:
ELEMENTS
OF POWER
2
SCHWERPUNKT: KRITIK
34
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: RARE, MICROSOFT GAME STUDIOS
GENRE: 3D-ACTION-ADVENTURE
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (JA), CONTENT (JA)
Rare hat es nicht einfach. Die Briten werden seit ihres
(Aus)verkaufs an Microsoft permanent von der Fachpresse gescholten. Kein gutes Team mehr! Die wichtigsten Entwickler
weg zu Free Radical oder sonst wo hin! Nie wieder ein Hit wie
Goldeneye machbar! Die Vorurteile sind zahlreich. Und in Bezug auf Kameo, nun ja: Das Spielchen war ja bereits irgendwann damals in dunkler Vorzeit für das N 64 angekündigt worden. Kann also nichts Großartiges sein, wenn es jetzt – endlich
– für die Xbox 360 umgesetzt wird. Ein lascher Aufguss aus alten Tagen sozusagen. So viel zu den Vorurteilen.
Die kleine Elfe Kameo hat es genauso wenig einfach wie ihre
Erfinder. Das adelige Königskind mit Hang zur Ethnobekleidung hat als kleines Mädchen ihren Vater, König Solon verloren. Ihre Mutter Theena umsorgt sie seither ein bisschen zu
sehr. Ihre Schwester Kalus kann sie überhaupt nicht leiden,
seit Kameo das wertvolle Element of Power von ihrer Mutter
übertragen bekam. Und nun findet sich Kameo in der misslichen Lage wieder, dass gerade sie das Königreich retten soll.
Vor ihrer von Neid zerfressenen und zudem betrügerisch veranlagten Schwester Kalus, die mit dem Trollkönig Thorn gemeinsame Sache macht. Der will die Welt unterwerfen und die
Dunkelheit endgültig regieren lassen. Er hat Kameos Onkel
Halis, ihre Tante Lenya und den alten Yeros entführt. Perfekte
Köder, um Kameo aus der Reserve zu locken.
Die Welt teilt sich in fünf große Areale auf: das verzauberte
Königreich, den vergessenen Wald, den Bergwasserfall,
das Dorf auf dem verschneiten Berggipfel und dazwischen
das Badland, karge und öde Wildnis. Dort tobt bereits eine
Schlacht epischen Ausmaßes. Tausende Trolle werden von
Thorn in den Kampf geschickt. Bereits am Anfang darf Kameo
hoch zu Ross quer durch die Trollarmee preschen. Sie schlägt
eine Bresche durch die grüne Biomasse, links und rechts von
ihr fliegen die pockigen Wesen den Hang hinunter. Eine pompöse Massenschlachtszene, begleitet von klassischer Musik
(super im ganzen Spiel übrigens), die nicht nur entfernt an Gemetzel aus dem Herrn der Ringe oder die Lucas’schen Klonkriege erinnert. In jedem Fall zieht mich genau diese Szene
tief ins Spiel hinein, schafft Gewissheit, dass Thorn ein Wahnsinniger ersten Grades ist, den es auszuschalten gilt.
35
Im Laufe der gut 16 Stunden Spielzeit für den ersten Run laufe
ich fast traumwandlerisch durch die wunderschön gezeichneten Level. Es ist stets ein Spiel mit sehr vielen Farben, manch-
POPWISSEN
HALLO, SCHWESTER …
mal einen Schlag zu bunt, dafür an mancher Stelle wieder
schön düster und grau. In jedem Fall grafisch herausragend.
Die Missionen sind relativ leicht, nur die Endgegner bisweilen eine echte Herausforderung. Der Endkampf mit Thorn,
eingeleitet durch eine sehr lange und spannend inszenierte
Prolog-Mission hoch über den Wolken des Königsreichs, hat
sogar satte 20 Minuten gedauert. Die Rätsel sind durchgängig
recht einfach, fast etwas zu einfach. Wer allerdings im zweiten Anlauf versuchen will, alle Geheimnisse zu lösen, hat ordentlich was zu tun. Die durch in der Welt versteckte Früchte
ausbaubaren Spezialfähigkeiten der Elemental Warriors eröffnen nämlich Zugang zu versteckten Wegen und Truhen, die
wiederum Früchte oder das seltene Lebenselixier enthalten.
Und außerdem gibt es noch einen eigenständigen ZweispielerKoop-Modus, der die bekannten Levels nochmal in einem ganz
anderen Licht erscheinen lässt.
Die Geschichte ist am Ende ein großer Mischmasch aus bekannten Fantasy- und Märchen-Zitaten, gekonnt verquirlt zu
einem eigenen Universum. Dessen Erkundung hat jede Sekunde lang Spaß gemacht und zeigte immer wieder neue, brillant
aufgelöste HDTV- Facetten. (CG)
CHRISTIAN GACA
EINER DER DREI BESTEN LAUNCH-TITEL
Ein bisschen erstaunt geguckt habe ich schon, als ich Kameo das erste Mal
zu Gesicht bekam. Die kam mir irgendwie bekannt vor. Nach kurzer Bedenkzeit dann die Erleuchtung: Die englische Schönheit mit den knallgrünen Kulleraugen hat frappierende Ähnlichkeit mit einer ebenso grünäugigen Französin namens Jade, die im Jahr 2003 auf der Xbox für Aufsehen
sorgt, in Beyond Good & Evil von Ubisoft. Selten genug, dass sich Briten
und Franzosen mal einig sind, aber bei Grünzeug scheint völkerverständigender Konsens zu herrschen. (CG)
Herzlichen Glückwunsch, Rare! Ihr habt es nach über fünf Jahren geschafft, Kameo endlich zu machen. Habt an ein Projekt geglaubt, das
nicht wenige Kollegen ab- und totgeschrieben hatten. Und auch jetzt
noch oft nur für ein mittelmäßiges Spiel halten. Diese Meinung teile ich
überhaupt nicht. Allen Unkenrufen zum Trotz habt ihr mit Kameo für
meine Begriffe ein Spiel abgeliefert, das einer der drei besten LaunchTitel der Xbox 360 ist. Gründe für diese These lassen sich viele nennen, mangels Platz hier nur einige wenige. Kameo ist top, weil es ein
eigenständiges, neues Spiel ist. Weil es spitze gestaltet ist und grandios aussieht. Weil die Geschichte wunderschön erzählt ist, immer wieder perfekt Sequenzen ins eigentliche Spiel übergleiten und es einen so
langsam und sicher durch das Kameo-Universum treibt. Und vor allem
deshalb: Weil es Spaß macht und mich dran glauben lässt, dass es auch
noch etwas anderes als Fortsetzungen von Fortsetzungen gibt.
SCHWERPUNKT: KRITIK
Doch der Hauptteil des Spiels findet in den vier anderen Arealen statt. In jedem Areal sind Elemental Warriors gefangen,
uralte Kobolde, die normalerweise in den Elfen wohnen und
ihnen außergewöhnliche Kräfte und Fähigkeiten verleihen.
Und Kameo hat als Trägerin des Elements of Power die Kraft,
jene Kobolde in sich aufzunehmen, um ihre Kräfte nutzbar zu
machen. Für Kameo heißt das, dass aus ihr per Knopfdruck
binnen Sekunden ein Wasser speiender Blob wird, ein stacheliges Eis-Yeti oder eine Geröllhalde. Jede der am Ende zehn
Kreaturen hat spezifische Fähigkeiten, die eine unersetzliche
Hilfe im Kampf gegen Thorn und seine Schergen sind. Gegner
gibt es übrigens reichlich und viele verschiedene. Am Ende
jedes Areals wartet ein heftiger Endgegner, dessen Eliminierung im Regelfall mehrere Anläufe braucht. Wer die Angriffstaktik nicht versteht, hat stets das gute, alte Omnikon-Buch
zur Seite. Drinnen wohnt Ortho, ein altkluger Lehrmeister, der
allerdings zugegebenermaßen oft einen guten Tipp auf Lager
hat. Und das gilt nicht nur im Kampf.
AMPED 3
3
SCHWERPUNKT: KRITIK
36
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: INDIE BUILT, 2K GAMES
GENRE: SPORTSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (JA)
Dass Amped 3 ein relevantes Spiel für die Xbox 360 werden
könnte, schien anfangs unwahrscheinlich. Und doch: Erneut
ist ein Skeptiker eines Besseren belehrt worden. Amped 3 ist
ein tolles Spiel für die Xbox 360 – und das gilt nicht wegen der
dünnen Launchtiteldichte. Natürlich handelt es sich hier „nur“
um ein weiteres Snowboardspiel. Spielerische Innovationen
finden sich keine. Profi-Konsolen-Boarder werden eher eine
Art Rückschritt hin zu einer vereinfachten Steuerung bemängeln, die etwa den Grind-Knopf komplett ausspart. Slamen
wird so relativ schwieriger, was andererseits dem Spielfluss
durchaus zu Gute kommt.
Innovationen müssen allerdings nicht zum Dogma werden. Insofern lässt sich an dieser Stelle getrost der unfassbar amüsante und neuartige Look des Designs, die tolle Grafik und
eine sehr ausgewogene Spielbarkeit in den Vordergrund rücken. Ladezeiten, eigentlich ja stets ein Greuel, werden in
Amped zur erstklassigen Unterhaltungsshow. Durchgedrehte
kleine Witze werden da präsentiert, die mal kein gutes Haar
an Leggings tragenden Inline-Skatern lassen, mal selbstironisch die Fortsetzungsironie thematisieren. Davon liefern die
Indie-Jungs die ganze Zeit ab, in anhaltend hoher Humorqualität. Das alles hätte es auch als spielbare Minigames während der teils langen Ladezeiten gegeben, dummerweise hatte
Namco auf diese Idee bereits ein Patent angemeldet.
Insgesamt sieben Ressorts plus einen freischaltbaren DCSnowpark gilt es zu erkunden, riesige Schneewelten allesamt.
Via Übersichtskarte kann man sich an verschiedenen Spots
absetzen lassen und dann die im frei befahrbaren Level platzierten Events anfahren. Dies alles funktioniert sehr intuitiv.
Übrigens ebenso wie das Ausführen von Sprüngen, Carves und
Grinds. Besonderes Gimmick sind die anderen, durch hervorragende Performance freischaltbaren Gefährte, mit denen
die Piste bearbeitet werden kann. Diverse Schlitten, Gummireifen oder ein Motorschlitten können erobert werden. Beim
Schlittenfahren kommt es dann übrigens eher darauf an, sich
möglichst gekonnt und hart zu zerlegen, um Punkte für gebrochene Rippen zu sammeln. Einen „echten“ Onlinemodus
besitzt Amped 3 nicht, dafür werden zu jedem Ereignis LiveLeaderboards angeboten – in diesem Fall absolut ausreichend
und ein Anheizer für die intensive Trickcompetition. Ein bemerkenswertes Detail versteckt sich im Sound, respektive in
der Soundkulisse. Die Umgebungsgeräusche wirken, so spartanisch sie eingesetzt sind, erstaunlich realistisch. Mehr als
einmal bin ich irritiert aufgeschreckt, weil jemand offenkundig
in der Küche meine Performance bejubelte. Eine Dolby-Surround-Anlage besitze ich übrigens nicht. (CG)
CHRISTIAN GACA
GROOVY, JETZT ECHT MAL!
Amped 3 ist für mich der Überraschungstitel zum Launch der Xbox 360.
Eines dieser Spiele, die man völlig unterschätzt, dann mal eben reinwirft, um eine Pflichtrunde am Berg zu drehen – und es werden ein
paar Stunden daraus. Herrlich unanstrengend spielt es sich, ohne dabei
zu einfach oder langweilig zu werden. Amped 3 ist eine rundum runde
Sache. Perfektionisten können sich mit dem Erreichen aller Goldmedaillen lässig mehrere Tage lang beschäftigen, Einsteiger werden den
schnellen Zugang zum Spiel zu schätzen wissen. Der Humor ist natürlich reine Geschmackssache, aber mit der gekonnten Mischung aus
Scherenschnitt, Billig-Collage und Stop-Motion haben mich die Zwischensequenzen der Story und die Ladebildschirme echt mehrfach zum
Schmunzeln gebracht. Man darf nie vergessen: Es ist so schwer, billig
gemachte Sachen nicht billig aussehen zu lassen. Genau diese Kunst
aber beherrschen die Designer hier perfekt. Nicht nur deswegen gilt:
Amped 3 ist einfach ein schönes Spiel!
AUTOMATENHALLE
37
Der Klassiker von Midway gewinnt in der virtuellen Automatenhallen von Microsoft gehörig hinzu. Denn neben einem
normalen Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler im eigenen
Wohnzimmer unterstützt das Spiel auch Xbox Live. Sich mit
den Freunden durch die Gauntlet-Scroll-Level zu schießen,
ist dabei tatsächlich spaßiger und vor allem kurzweiliger
als erwartet. Mit Warrior, Valkyrie, Wizard und Elf durch die
Dungeons zu stromern und allerlei eigenartige Gegner wie
die 1985 schwer angesagten, fliegenden Köpfe und die BilligGeist-Version von Darth Vader zu erledigen, ist einfach ein
großer Spaß für Zwischendurch. (CG)
MUTANT STORM RELOADED
Einen Weltraumshooter der süchtig machenden Extraklasse
haben die Entwickler von PomPom abgeliefert. Sieht aus wie
eine psychedelische Pilzmischung aus Asteroids und Robotron, die von Esoterik-Grafiker Jeff Minter unter Einfluss
von ordentlich LSD farblich völlig überdosiert ausgestattet
wurde. Eine optischer Wahnsinn, der sich allerdings absolut
flüssig spielt. Alleine oder zu zweit kann man sich durch die
knallbunten Welten schießen. Im Zweispielermodus wird übrigens stets eine Prozentanzeige eingeblendet, die den Anteil
der Spieler am Gesamtergebnis zeigt. Kleine Sache, große
Competitionwirkung. (CG)
ZUMA
Simple Puzzlespiele eignen sich im Prinzip am besten für Live
Arcade. Wer abends nur mal schnell eine Runde knobelnd
entspannen will, ist mit Zuma bestens bedient. Das Prinzip
ist einfach: In der Mitte sitzt ein farbige Kugeln spuckender
Frosch, drumherum wandern farbige Kugeln, auf einer Linie
aufgereiht, gnadenlos dem tödlichen Zentrum entgegen.
Durch Kombination von mindestens drei gleichen Farben mit
der vom Frosch gespuckten Kugel löst sich das Rätsel im Ideal
so nach und nach in Wohlgefallen auf. Neben dem bereits
kostenlos auf der Festplatte geladenen Hexic HD das interessanteste Puzzlespiel. Suchtfaktor: hoch! (CG)
SCHWERPUNKT: KRITIK
GAUNTLET
The Outfit
Alone in the Dark
Voodoo Nights
Rumble Roses XX
(THQ)
1. Quartal 2006
(Eden, Atari)
2006
(Mindware)
2006
(Konami)
2006
Top Spin 2
Test Drive Unlimited
Final Fantasy VI
(2K Sports)
Januar 2006
(Eden, Atari)
März 2006
(Square Enix)
2006
Mass Effect
Gears of War
(Bioware, Microsoft Game Studios)
2006
(Epic, Microsoft Game Studios)
2006
Dead or Alive 4
Battlefield 2: Modern Combat
Der Pate
(Tecmo, Microsoft Game Studios)
(Digital Illusions, EA)
1. Quartal 2006
(EA)
1. Quartal 2006
Saint’s Row
Dead Rising
Resident Evil 5
Timeshift
(THQ)
2. Quartal 2006
(Capcom)
3. Quartal 2006
(Capcom)
2006
(Saber, Atari)
Februar 2006
ZIELTITEL XBOX 360
>
NHL 2K6
(2K Sports)
Dezember 2005
39
Frame City Killer
Tom Clancy’s Splinter Cell 4
(Bethesda Softworks, 2K Games)
Februar 2006
(Namco, EA)
Frühjahr 2006
(Ubisoft)
Frühjar 2006
Superman Returns: The Videogame
Ghost Recon Advanced Warfighter
(EA)
Sommer 2006
(Ubisoft)
Februar 2006
SCHWERPUNKT: HOFFNUNG
The Elder Scrolls IV: Oblivion
Full Auto
NBA 2K6
MotoGP URT 2006
(Sega)
Frühjahr 2006
(2K Sports)
Dezember 2005
(THQ)
1. Quartal 2006
Crackdown
Chromehounds
Too Human
Ridge Racer 6
(Real Time Worlds, MGS)
2006
(Sega)
Frühjahr 2006
(Silicon Knights, MGS)
Frühjahr 2006
(Namco, EA)
1. Quartal 2006
GHOST RECON AW
SYSTEM: XBOX 360, PC
HERSTELLER: UBISOFT
GENRE: THIRD-PERSON- & EGOSHOOTER
RELEASE: FEBRUAR 2006
ONLINE: JA
4
SCHWERPUNKT: VORSCHAU
40
Ghost Recon Advanced Warfighter zielt auf die sehr große Gemeinde der
vornehmlich erwachsenen Taktik-Shooter-Fans. Die reiben sich bereits
die Hände ob der Möglichkeiten, die das Spiel ab Februar 2006 eröffnet.
Ein absoluter Dauerbrenner unter vornehmlich älteren
Xbox-Live-Spielern sind die Titel der Ghost Recon-Serie. Das
jüngst erschienene Summit Strike für die Xbox war nur der
Köder, den Ubisoft ausgelegt hat, um für Ghost Recon Advanced Warfighter zu werben. Leider hat es das Spiel trotz
gebetsmühlenartiger Versicherungen seitens der Entwickler und Stoßgebeten der Fans nicht mehr ins Line-up für den
360-Launch geschafft. Das ist einerseits schade. Anderseits
war bei der ersten, spielbaren Version sichtbar, warum Ubisoft noch ein bisschen Zeit braucht.
Dieses absolute Oha-Gefühl, das die Trailer hinterlassen haben, wurde durch die ersten Echtzeitbilder nicht untermauert. Klar, grafisch sieht natürlich schon alles deutlich besser
aus. Aber der kleine Strandlevel namens Rocky Cove, den
Ubisoft auf der X05 in Amsterdam gezeigt hat, überzeugte
noch nicht. Doch was erst zu 60 Prozent fertig ist, nicht aufgehübscht wurde und ruckelnd läuft, das kann und wird ja
noch werden! Inhaltlich dominiert erneut eine dieser nichts
sagenden, patriotismusgeschwängerten Clancy-Stories, die
jedem halbwegs rational denkenden Menschen eigentlich
dauerhafte Kotzreize bescheren müsste. Eigenartigerweise
(und in diesem Fall: glücklicherweise) blendet man die eindimensionale Story beim Spielen stets aus, so dass ein Genießen des Taktik-Shooters allererster Güte möglich wird.
Neben dem umfangreichen Einzelspielermodus legt Ubisoft
großen Wert und richtigerweise den Fokus auf die Mehrspielererfahrung. So wird es einen Koop-Modus mit extra dafür
designten Levels für bis zu vier Spieler geben. Im normalen
Mehrspielermodus finden wie gehabt maximal 16 Soldaten
Platz auf einem Server. Die bemerkenswerteste Neuerung
ist die Konzentration auf ein hohes Maß an möglicher Individualisierung des Setups. So wird man, in kleinem Rahmen,
den eigenen Charakter personalisieren können. Dazu gehören die Auswahl der Tarnkleidungsmuster, diverse Kopfbedeckungen und Gesichtermodelle. Die Spielregeln lassen
sich bis in kleinste Detail anpassen. Jede einzelne Waffe
kann zu- oder weggeschaltet werden, Absetzzonen lassen
sich aus einer relativ großen Auswahl individuell definieren. Ubisoft zufolge ergeben sich mindestens 1500 Variationsmöglichkeiten, wovon sich eine noch undefinierte Zahl
als eine Art Profil abspeichern lassen. Besonderen Wert legen die Entwickler auf die Feststellung, dass das Layout der
Karten intensiv auf Mehrspielertauglichkeit getestet wurde,
um Ausgewogenheit und Fairness gerade bei Angriffs- oder
Verteidigungszonen zu gewährleisten. Neu sind fliegende
Dronen, die eingesetzt werden können, um hinter den feindlichen Linien versteckte Gegner ausfindig zu machen oder
Laufwege auszuspionieren. Diese Informationen können als
kleines Videofenster auf dem Bildschirm live mitlaufen.
Die PC-Version verfolgt übrigens eine grundlegend andere
Idee als die Konsolen-Version. Sie ist deutlich weniger action-lastig, kombiniert stattdessen strategische Elemente
wie einen Commandermodus á la Battlefield 2 mit einem
modernen Taktik-Egoshooter. (CG)
GEARS OF WAR
SYSTEM: XBOX 360
HERSTELLER: EPIC GAMES, MICROSOFT GAME STUDIOS
GENRE: 3D-ACTION-SHOOTER
RELEASE: 2006
ONLINE: MEHRSPIELER (JA), CONTENT (JA)
5
41
Blitze zucken durch die dunkle, regnerische Nacht. Die USMarines um Squad-Leader Marcus Fenix sollen die Lage erkunden. Müssen die Lage erkunden. Es bleibt ihnen keine
Wahl. Das letzte Gefecht auf der vom Krieg der Menschen gezeichneten Erde kennt keine Regeln mehr. Es geht ums nackte Überleben, und dummerweise ist der Gegner nicht mehr
menschlich. Eine Bedrohung tief unten aus der Erde will die
Kontrolle übernehmen. Die grausamen Locust-Horden kennen
keine Gnade. Und hungrig aufs Töten sind sie auch!
Der aktuellste Level von Gears of War, den Epic uns hinter
verschlossenen Türen präsentierte, beginnt im Dunkeln. Er
spielt gekonnt mit dem, was eben nicht zu sehen ist. Das Licht
des Gewitters lässt die Locust-Kreaturen nur eine Schrecksekunde lang am Horizont erscheinen, während sich der Spieler
vorsichtig aus dem weitläufigen Areal zum Eingang einer alten
Mine durchschlägt. Die Kreaturen huschen vorbei, blutrünstige Schatten ihrer selbst. Derart gekonnt spielt Epic hier die
Hitchcock-Suspense-Karte aus, dass man wahllos in die Dunkelheit ballern will, um die Meute zu vertreiben. Doch die ist
auf der Jagd. Nachdem die Tür zur Mine aufgestoßen ist, fällt
eine Monsterherde über den verschreckten Spieler her.
Cliff Bleszinski präsentiert dies alles mit einem permanenten
Lächeln im Gesicht. Wie ein kleiner Junge freut sich der ChefDesigner von Epic über die staunenden Gesichter der Journalisten. Er weiß: Ich habe da einen echten Hitkandidaten in
der Mache. Er weiß: Die Grafik wird sie alle umhauen. Er weiß:
Seine Monster sind designtechnisch eine Klasse für sich. Und
er weiß: Sie werden nicht leugnen können, Gears of War hinterlässt einen wahnsinnig guten Gesamteindruck. Nur ob
es sich gut spielt, bleibt auch nach dieser beeindruckenden
Demo weiter unklar. Die umrankenden Fakten sprechen eindeutig dafür. Gears of War ist nicht einfach nur als Shooter für
einen Einzelspieler konzipiert. Der Fokus liegt auf Teamwork,
ob nun im Splitscreenmodus, via Lokalnetzwerk oder via Xbox
Live. Wenn vom ersten Spieler gewünscht, kann jederzeit ein
zweiter Spieler einsteigen und dem Computer-Teammate Leben einhauchen. Wenn zwei Spieler auf zwei völlig verschiedenen Pfaden in Gears of War durch denselben Level streifen,
ist das Adrenalin pur. Die einzige Gefahr ist, dass das derzeit noch stark gescriptete Leveldesign die Kontrolle behalten
könnte. Cliff Bleszinski versicherte zwar, dass man sich relativ
frei in den Levels bewegen könne. Doch relativ ist nun einmal
relativ. Gerade im zweiten Teil des Minen-Levels, wo SquadLeader Marcus in einer Lore durch die Mine fährt, geht es eigentlich nur darum, sich um die eigene Körperachse zu drehen, um die Locust-Monster niederzumähen.
Klar ist, dass Gears of War ein Klassiker für Hardcore-Gamer
wird, die Freunde von Horrorspielen und blutigen Gewaltorgien sind. Ein inhaltlich und optisch also sehr erwachsen angelegtes Spiel, das verdeutlicht, dass nicht alle Designer dem
konsensorientierten, politisch korrekten Wischi-Waschi-Massenmarkt-Dämon huldigen. Irgendwie hat das etwas Beruhigendes. Dass Epic auch einen Versus-Modus einbaut ebenso,
die Unreal-Engine wird es schon richten. (CG)
SCHWERPUNKT: VORSCHAU
Cliff Bleszinski inszeniert ein Shooter, der ein Klassiker für HardcoreGamer und Freunde von blutigen Horrorspielen wird. Gears of War spielt
dabei gekonnt mit der Angst und dem Ungewissen in der Dunkelheit.
“
Fortsetzungen sind nicht förderlich
und gesund für die gesamte Branche
SCHWERPUNKT: GESPRÄCH
42
Yoshiki Okamoto hatte Stress. Die Tokyo Game Show war zu absolvieren, Termine mit Sony und Microsoft bestimmten die Tagesordnung
und der Hund musste auch noch gefüttert werden. „Dog first!“, ulkte
Okamoto-san im Konferenzraum seines eigenen Entwicklerstudios
Game Republic. Der Star-Entwickler kann sich diese Prioritätenliste
erlauben, schließlich leitete er die Entwicklungen zu berühmten Videospielen wie Street Fighter II oder der Resident Evil-Serie. Angefangen
hatte alles Anfang der 1980er Jahre bei Konami, wo er unter anderem
den Arcade-Klassiker Time Pilot entwarf. Wenige Jahre später wechselte er zu Capcom, stieg kontinuierlich auf und wurde so zu einem der
begehrtesten Entwickler dieser Tage. Nicht umsonst erwähnt Microsoft auf jeder Pressekonferenz, dass mit Okamoto ein Urgestein der
Branche für die Xbox 360 gewonnen werden konnte. Mit Genji für die
Playstation2 veröffentlichte Game Republic unlängst das erste Spiel
und verbuchte im Heimatmarkt Japan auf Anhieb gute Verkaufszahlen.
Es herrscht also gute Laune, als Alexander Pöschel den 44-Jährigen
zum Interview in Tokyo trifft.
„
Zurück zu den Heimkonsolen. Ihr Studio Game Republic
gilt besonders in Japan als eines der Aushängeschilder für
Microsofts neue Konsole Xbox 360. Bedenkt man den ausgebliebenen Erfolg der ersten Xbox in Japan, stellt sich die
Frage: Warum die Unterstützung für Microsoft?
Das Misslingen der Xbox bedeutet nicht, dass auch die Xbox
360 untergehen wird. Okay, in Japan wird Sony höchstwahrscheinlich wieder Marktführer werden, aber wenn es um den
globalen Erfolg geht, wird die Xbox 360 meiner Ansicht nach
die erfolgreichste Konsole werden. Und wir entwickeln nun
mal auch für die Märkte in den USA und Europa.
In der Vergangenheit äußerten Sie sich kritisch gegenüber ihrem ehemaligen Arbeitgeber Capcom, ohne je genaue Gründe
zu nennen. Was lief mit Capcom schief? Was soll bei Game
Republic anders werden?
Im Endeffekt war es keine Kritik an Capcom, sondern es waren
verschiedene Ansichten. Ich als Entwickler konnte nicht machen, was ich gerne in die Tat umgesetzt hätte. Capcom bringt
ja nach wie vor sehr viele Fortsetzungen heraus, ein Umstand,
den ich als nicht besonders förderlich und gesund für die
gesamte Branche sehe. Allerdings wurden meine Vorschläge zu neuen Franchises immer wieder mit Verweis auf die
Aktionäre abgeschmettert. Capcom wollte keine allzu großen,
finanziellen Risiken eingehen und blieb bei den Fortsetzungen.
Genji wäre bei denen nicht möglich gewesen. Und sollte dann
doch mal ein völlig neues Spiel entwickelt werden, wurden
nicht die Entwicklerteams der „1. Klasse“ darauf angesetzt.
Ein wichtiger Unterschied noch: Hier bei Game Republic gibt
es kein festgeschriebenes Gehalt, sondern es wird flexibel je
nach Arbeitszeit und Qualität abgerechnet.
Sie lehren an verschiedenen japanischen Akademien zum
Thema Game-Design. Was können Sie zum Ausbildungsstand
der heranrückenden Generation japanischer Entwickler
sagen? Ist Keita Takahashi (Designer von Katamari Damashi)
nur der Anfang?
Nun, Takahashi ist natürlich unglaublich talentiert und ich
beneide ihn schon fast, dass er mit Katamari Damashi ein derart fabelhaftes Spiel entworfen hat. Genau diese Art von Spiel
würde ich in den kommenden Jahren auch gerne entwickeln.
Natürlich nicht das gleiche, aber ebenso originell und kreativ.
Aber gut, Takahashi ist ein glückliches Beispiel. Mit seinem
Arbeitgeber Namco hatte er erstens einen Sponsor, der sein
Projekt realisieren konnte. Und er hatte einen Chef, der auch
bereit war, ein ungewöhnliches Spiel zu unterstützen. Die
Studenten an sich kann ich nicht mit US- oder europäischen
Studenten vergleichen, dazu fehlt mir der Überblick.
Vor nicht allzu langer Zeit entwickelten Sie für Konami und
Capcom Arcadespiele. In Japan, dem weltweit größten Arcademarkt, scheint das Interesse für Spielhallen jedoch immer
weiter zu schrumpfen. Woran liegt das wohl?
In erster Linie an den Konsolen, die heute fast die gleiche Grafik zaubern können, wie es die Automaten tun. Dazu kommt
eine krasse Fehlentscheidung seitens der Hersteller, die die
Arcadespiele auf die gleiche Schiene wie die Konsolenspiele
schickten. Die typischen Eigenheiten wie der große Bildschirm
oder die einzigartigen Bedienmöglichkeiten geben ja Spielraum für viele neuartige Spielkonzepte. Dennoch ähneln sich
Video- und Arcadespiele heute zu sehr, so dass die Spieler
nicht mehr viel Geld in die Spielhalle stecken.
Das heißt, es muss etwas geschehen. Vielleicht durch Virtual
Reality oder andere neue Erlebnisse in der Arcade?
Ich würde Spielhallen gerne als kleine Vergnügungsparks
sehen, die ruhig etwas mehr kosten dürfen als heute noch. Vor
20 Jahren kostete eine Runde Zocken 100 Yen, heute immer
noch! Da stimmt doch was nicht. Virtual Reality und neue
Konzepte böten sicherlich die Möglichkeit, den Arcade-Markt
zu revitalisieren.
Nintendos Revolution ist offenbar ohnehin außen vor?
Ich denke, die Revolution-Konsole wird eine Art „Zusatzkonsole“. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass sich die Leute
entweder eine Xbox 360 oder eine Playstation 3 kaufen, und zu
einer dieser Konsolen dann die Revolution hinzufügen. Nintendos Konzept erscheint mir dafür sehr angemessen. Mit dem
Thron der Branche werden sie wohl nichts zu tun haben.
Das Genre des MMORPG (massively multiplayer online role
playing game) ist zwar in Japan noch nicht so verbreitet wie
in Südkorea, scheint aber immer beliebter zu werden. Hätte
eine verstärkte Popularität dieses Genres besondere Auswirkungen auf den restlichen (japanischen) Markt?
Es stimmt, die Online-Spiele werden hier tatsächlich immer
beliebter. Und wenn ich ehrlich bin, sehe ich das mit Sorge im
Hinblick auf die Industrie. Ein MMORPG ist ja im Grunde ein
Spiel für mehrere Jahre, für das dann monatliche Gebühren
gezahlt werden. Das heißt, diese Kunden werden sich wahrscheinlich keine anderen Spiele neben dem Online-Spiel zulegen, was nicht im Sinne der übrigen Hersteller ist. Ich fürchte
diese Entwicklung wirklich!
Vielleicht schrecken die Meldungen über verstorbene Spieler,
die über 50 Stunden am Stück gespielt haben, die Leute derzeit noch ab?
(Lacht) Wenn ich meinen Hund nicht immer füttern müsste
und die Familie noch dazu, würde ich womöglich auch ewig
spielen. Aber im Ernst, das ist natürlich eine erschreckende Sache. Andererseits liegt das Problem im Ursprung des
MMORPG-Genres begraben. Wenn ich konkurrenzfähig im
Spiel sein will, muss ich zwangsläufig sehr viel Zeit in die
Charakterentwicklung investieren. Hier sind die Hersteller in
der Pflicht, eine Lösung zu finden.
43
SCHWERPUNKT: GESPRÄCH
Okamoto-san, Sie sprachen davon, dass für Genji bewusst ein
sehr heller Grafikstil gewählt wurde. Dadurch sollte das japanische Miyabi, also perfekte Form wie vergängliche Schönheit, ausgedrückt werden. Kam das bei den Spielern an?
Zunächst einmal wollten wir, dass sich Genjis Stil deutlich von
dem der anderen Action-Adventures abhebt. Wenn im Fernsehen heute eine Werbung zu Silent Hill erscheint, können
es die Spieler kaum von Resident Evil unterschieden. Warum
wir eine Aufhellung wollten, hatte aber auch andere Gründe.
Zum Beispiel, um auch weibliche Kundschaft zu erreichen.
Denn Frauen spielen, zumindest hier in Japan, kaum diese
dunklen Horrorspiele, sondern wünschen sich farbenfrohe
Landschaften im Spiel. Insofern haben wir Genji auch nicht als
Hardcore-Game konzipiert, sondern bewusst etwas einfacher
gemacht, damit auch Gelegenheitsspieler das Ende miterleben können. Demzufolge gab es natürlich viel Kritik von
eingefleischten Spielern, denen Genji zu leicht und seicht war.
Daran, dass beide Käuferschichten am Ende zufrieden sind,
müssen wir noch stärker arbeiten.
Most wanted:
Wo sind die Next-Generation-Games?
SCHWERPUNKT: STANDPUNKT
44
Von Christian Gaca
Die nächste Hardware-Generation steht in den Startlöchern. Alles dreht
sich um hoch aufgelöste Grafik, schnelle Reaktionszeiten, flache Bildschirme und die Vernetzung durch Onlinespielbarkeit. Dummerweise
scheinen fast alle Publisher im Zuge des Next-Gen-Hypes eines zu
vergessen: Ein paar substanziell wirklich neue Spielkonzepte wären
auch nicht schlecht.
E
s ist jene Kritik, die sich Microsoft als erster Lieferant
der nächsten Konsolengeneration stellvertretend für
die Branche gefallen lassen muss: Was nützt die tollste
Hardware, wenn die tollste Software einfach nicht in Sicht ist?
Oder anders gesagt: Wann kriegt die Zockergemeinde endlich
die erwarteten Next-Generation-Games geliefert? Muss wirklich gewartet werden, bis Shigeru Miyamoto etwas Absurdes
für die Revolution aus dem Hut zaubert, eine Konsole, über die
niemand noch nichts wirklich Genaues weiß? Als Microsoft jedenfalls Anfang Oktober die Xbox 360 mit viel Tamtam in Amsterdam vorstellte, blieben die erhofften offenen Münder zumeist geschlossen. Und das, obwohl die aus der ganzen Welt
eingeflogenen Vertreter der Fachpresse staunen wollten, ja geradezu hofften, staunen zu dürfen. Nun, wie der Berliner sagen
würde: War allet nischt jewesen. Aber woran liegt es nun, dass
weder Microsoft noch die Third-Party-Publisher wirklich innovatives Spielzeug im Gepäck haben?
Ob nun Robbie Bach oder der eloquente J Allard, die Führungselite Microsofts betont gebetsmühlenartig, dass für den
Erfolg der Xbox 360, ja für den Erhalt und Ausbau des Marktes
allgemein, schleunigst neue Zielgruppen erschlossen werden
müssen: der phantomhafte Casual-Gamer, die weitestgehend
vernachlässigte Damenwelt oder PC-Zocker, die Lust auf organisationsfreies Spielvergnügen haben. Dumm ist nur, dass
diese Nicht- oder Wenig-Spieler wohl kaum mit dem sechsten
Teil von Tiger Woods, einer Fortsetzung von Perfect Dark, dem
vierten Teil von Project Gotham Racing (MSR eingerechnet)
oder dem x-ten Aufguss der Need for Speed-Serie im Handstreich zu begeisterten Kunden umzupolen sind. Und mögen
sie noch so beeindruckend aussehen, die Spiele (was übrigens
meine Meinung ist, die bei weitem nicht alle Kollegen teilen).
Klar, Microsoft will anfangs vor allem eines: Hardcore-Gamer
bedienen und jedem in dieser Zielgruppe sein Spielchen liefern. Allerdings darf durchaus daran gezweifelt werden, dass
Hardcore-Gamer immer wieder dasselbe spielen wollen, nur
hübscher, aufwendiger, opulenter. High-Definition-Gaming ist
ohne Zweifel eine große Sache und wird wohl dafür sorgen,
dass Videospiele einen gewaltigen Schritt nach vorn auf ihrem
langen Marsch machen werden, Film und Fernsehen endgültig den Rang abzulaufen. Schon jetzt verbringt die Kernzielgruppe der 14- bis 19-Jährigen mehr Zeit mit dem aktiven Zocken als mit der passiven Berieselung durchs TV-Programm.
Das hat auch die werbetreibende Industrie mitbekommen
und arbeitet bereits intensiv an Konzepten, diesem Umstand
Rechnung zu tragen.
Halten wir jedenfalls fest: Die neuen Spiele sehen gut aus, man
sieht’s ihnen an. Aber werden sie es weit bringen? Und noch
45
Zum Glück hat gerade Microsoft noch ein gewaltiges Pik-Ass
im Ärmel: Xbox Live! Selbst wenn manche Spiele und Spielkonzepte uralt und vielfach wiederholt sind, durch die Verbindung
mit der gut strukturierten und funktionierenden Onlinespielbarkeit eröffnen sich oft völlig neue Welten und Bezugsebenen.
In fünf Jahren wird es kaum noch ein Spiel geben, das nicht
zum Großteil auf die Verlockungen der Onlinewelt zurückgreift.
Doch Vorsicht! – auch Online-Features verpuffen nach dem
dritten Aufguss wirkungslos in der Luft. Was nun abschließend
nur noch einen, durchaus bekannten Weg offen lässt: in kreative Köpfe zu investieren. Dazu bedarf es unternehmerischen
Mutes. Eine Tugend, die die Branche in der Vergangenheit immer wieder ausgezeichnet hat. Und auch im Jahr 2005 noch
tut. Es gibt kleine Erfolge wie Katamari Damashi, ein wunderbares Roll-Spiel, das erst nur Japan erfasste und dessen zweiter Teil nun auch nach Europa zum Spielen darf. Oder Fahrenheit, das erstmals eine wirklich neue, andere Erzählstruktur
erfolgreich umsetzt. Oder King Kong, das völlig auf Menüs im
Sichtfeld des Spielers verzichtet und so ein erstaunlich starkes
Gefühl von selbst gespieltem Film vermittelt.
Beispiele existieren also. Nur scheint das Sozialgefüge der
Entwickler derzeit von einem Virus infiziert zu sein, das die
Entscheider in ihrem Entscheidungswillen lähmt. Analog zur
gesellschaftlichen Tendenz der Stagnation wird auf Nummer Sicher gegangen. Besser keine Experimente machen.
Bestandssicherung statt Innovationsgeist. Umkehr ins digitale Biedermeier sozusagen, frei nach dem Motto: Melken wir
die verdammte Kuh, solange sie fette Milch gibt. Zum Glück
setzen die Konsolenhersteller, allen voran Microsoft, mit der
Markteinführung ihrer neuen Geräte ein deutliches Signal gegen diese Annahme. Sie riskieren viel, manche sagen, 2006
werden die vorerst letzten Trümpfe gespielt. Die Hardware
jedenfalls stimmt, egal ob Xbox 360 oder Playstation 3. Nun
muss das Monster nur noch ordentlich gefüttert werden.
SCHWERPUNKT: STANDPUNKT
eine Frage sei erlaubt: Gehen Microsoft und Sony wirklich davon aus, dass sich Hardcore-Gamer (oder gar Casual-Gamer)
für 300 bis 500 Euro eine Konsolen-Grundausstattung kaufen
und dann noch einmal mindestens 1000 Euro für einen ordentlichen HD-LCD-TV oben drauflegen, um die optisch nächste,
aber inhaltlich doch nur bisherige Generation des Zockens erleben zu können? Es wird so einige geben, die das tun, keine
Frage. Zweifler an der Sache allerdings dürfen vortreten, sie
werden nicht standesrechtlich erschlagen.
Von Lena Thiele
Die Annäherung zwischen Hollywood und der Spielindustrie
ist unübersehbar. Erfolgreiche Produktionen eines Mediums
werden in das jeweils andere übertragen. Spielproduktionen
greifen auf Blockbuster wie Herr der Ringe, Spiderman oder
Blade Runner zurück. Umgekehrt werden vermehrt erfolgreiche Video- und Computerspiele verfilmt, darunter aktuell
Doom, früher Tomb Raider oder House of the Dead. Selbst
ernannte Spielekenner wie Uwe Boll schnappen sich gleich
reihenweise Lizenzen zu bekannten und unbekannten Spieleserien und die Filmumsetzung von Microsofts Megaseller
Halo bekommt als Produzenten Peter Jackson verpasst. Doch
die Entwicklung hört nicht bei einfachen Umsetzungen und
statischen Filmplagiaten auf. Es wird immer stärker versucht,
dem Zuschauer einen neuen Blickwinkel in der Erlebniswelt
Medienhochzeit:
zu ermöglichen, der fernab von den üblichen Konventionen
die beiden Medien perfekt miteinander verzahnt.
Doch nicht nur thematisch nähern sich Video- und Computerspiele und Filme an. Auch stilistisch greifen gerade Spiele
schon seit geraumer Zeit auf filmerische Konventionen des
klassischen Hollywoodkinos zurück. Die bisher hauptsäch-
lich auf Interaktion ausgelegten Spielwelten werden um einen stilistischen Rahmen erweitert, der an die großen und
emotionalen Filmwelten erinnert. Durch technisch verbesserte Hardware ergeben sich für Video- und Computerspiele
grafisch neue Möglichkeiten. Stilistische Elemente, die sich
an den Gestaltungskriterien des Hollywoodkinos orientieren,
werden nicht selten zum Qualitätskriterium.
47
FOKUS: INTRO
die Zukunft der bunten Bilder
1975
1976
2005
2004
Enter The Matrix
The Fast and the Furious
(Gamecube, PC, PS 2, Xbox) (Arcade)
2003
1982
Tron (Arcade)
1982
Star Wars: The Empire
Strikes Back (VCS)
1983
James Bond 007 (Intellivision, VCS, 5200,)
Eine Reise durch die bewegte Geschichte der guten und
schlechten Versoftungen von Kinofilmen
Von Kalle Max Hofmann
D
en ersten drogenfreien Rauschzustand
haben die Meisten wohl unmittelbar nach
einem Kinobesuch erlebt: Die Füße treten unbeholfen in die Neonreklame reflektierende Pfützen, doch der Geist klebt noch an
magischen Orten wie Endor, Mordor oder meinetwegen auch Gryffindor. Wer im Dezember
dieses Jahres King Kong im Kino schaut, nach
Hause taumelt und dann die Konsole anwirft,
wird den Trip zumindest auf visueller Ebene fast
nahtlos fortsetzen können. Doch bis dahin war
es ein langer Weg.
Spider-Man (Gameboy,
Gamecube, PC, PS 2, Xbox)
2002
2002
2001
Death Race (Arcade)
Lizengeschäft und Marketing
Wie die meisten Innovationen der Urgeschichte der Spieleindustrie entstammen die Filmumsetzungen den Spielhallen. Atari nahm es
jedoch mit den Urheberrechten im Jahr 1975
noch nicht so genau und gründete für die Produktion des Automaten Shark Jaws einfach
eine Unterfirma, den Publisher Horror Games.
Atari selbst hatte der Legende nach die Rechte an Steven Spielbergs Kassenknüller Jaws
(Der weiße Hai) nicht erwerben können. Horror
Games sollte einen zu erwartenden Rechtsstreit wegen Shark Jaws mit Atari direkt vermeiden. Die Verkaufsprospekte für Großkunden
priesen nämlich offen an, dass an der damaligen Popularität von Haien gut mitzuverdienen
sei. Auf dem fertigen Automaten prangte das
Wort „Jaws“ dann frech in riesigen Lettern, er-
Harry Potter and the Sorcer- The Thing (PC, PS 2, Xbox)
ers Stone (alle Systeme)
FOKUS: GESCHICHTE
48
King Kong (PC, PS 2, Xbox,
Xbox360)
Shark Jaws (Arcade)
The Grinch (Dreamcast,
Gameboy, PC, PS 1)
2000
007: Tomorrow never
Dies (PS 1)
1999
Blade Runner
(PC)
1997
gänzt durch den klitzekleinen Zusatz „Shark“.
Als 1976 ein Exidy-Spiel mit dem Titel Death
Race in den Arcades auftauchte, hatte die Branche den ersten Gewaltskandal zu verdauen. Genau wie im trashigen Low-Budget-Epos Death
Race 2000 aus dem Vorjahr gab es nämlich
Punkte für das Überfahren von Menschen mit
dem Auto. Obwohl Exidy behauptete, in ihrem
Spiel seien die Gegner Kobolde, wurde der Titel
aus den meisten Spielhallen verbannt.
Die seit Jahrzehnten im Lizenzgeschäft erfolgreichen Disney-Studios überließen bei ihrem
Einstieg ins digitale Merchandising hingegen
nichts dem Zufall: Die mit dem Kinostart einhergehende Vorstellung des aufwendigen ArcadeAutomaten Tron war 1982 fester Bestandteil des
Filmmarketings. Tatsächlich hat das von Bally/
Midway programmierte Spiel mehr Geld eingebracht, als der Film selbst. Spielzeughersteller
wie Mattel sprangen bald auf den Zug auf und
benutzen erprobte Spielprinzipien, um mit großen Namen die Verkaufszahlen anzuheizen. Die
Heimkonsolen-Version von Tron war eine Kopie
von Berzerk, Star Wars: Jedi Arena bediente sich
gar bei Pong. Und The Empire Strikes Back war
nur ein müder Abklatsch von Defender.
Ganz anders sah es 1983 wiederum in den Spielhallen aus, wo Atari den Angriff auf den To-
Alien Trilogy (Playstation
1, Saturn)
1996
Streetfighter: The Movie
(Playstation 1, Saturn)
1995
1983
Return of the Jedi: Death
Star Battle (VCS)
1984
Ghostbusters (alle
Systeme)
1985
The Goonies (Atari 800, C
64, NES)
1986
Rambo II (C 64, PC, Sega
Master System)
Terminator 2 (Arcade, Mega
CD, SNES)
1992
FOKUS: GESCHICHTE
1993
1991
Jurrasic Park (alle
Systeme)
Blues Brothers (Amiga,
PC, SNES)
1993
1990
Alien 3 (Amiga, Game
Gear, MD, SNES)
Total Recall (Amiga ,
NES, C 64)
1993
1989
Waynes World (MD,
SNES, NES)
Batman: the Movie
(Amiga)
1994
1989
Flintstones: The Movie
(Game Boy, SNES)
Running Man (C 64)
Die heutigen Herr der Ringe-Titel von EA sind
im Prinzip nichts weiter als visuell extrem aufpolierte Variationen des Golden Axe-Themas
und werden trotzdem von noch einfallsloseren
Titeln wie King Arthur oder Star Wars: Episode 3
kopiert. Wenn aber heute mit Michel Ancel einer
der innovativsten europäischen Designer einen
Streifen von Peter Jackson so grandios umsetzt,
lässt dies Raum für Hoffnung. Womöglich wird
es bald eine Miyamoto-Interpretation von Toy
Story 3 auf der Revolution geben, während Hideo
Kojima Mission: Impossible 4 fotorealistisch auf
die PS 3 zaubert. Hoffentlich!
Kurz darauf wurde der US-Markt geradezu mit
uninspirierten NES-Titeln überschwemmt – jeder erdenkliche Filmtitel wurde auf Spielepackungen gedruckt, von Dirty Harry über Nightmare bis Top Gun. Letzteres entlockte übrigens
einem deutschen Kollegen den Kommentar, die
F-14 steuere sich „wie ein Truck mit platten Reifen auf Glatteis“. Mit dem Einzug der 16-Bit-Prozessoren in die Wohnzimmer gewann der Kinospaß auf Konsolen wieder an Qualität, wobei
das Super NES mit den exzellenten Star-Wars-
49
1988
EINE SCHWEMME UNINSPIRIERTER NES-TITEL
Parallel entwickelten sich auch die direkten
Umsetzungen von Filmstoffen weiter, die aber
meist actionorientiert blieben. Neben den zahllosen 3D-Shootern der Playstation-Ära wie Alien
Resurrection oder dem indizierten 007: Goldeneye auf dem N64 sind auch die Seitenscroller
nicht ausgestorben. Ein ganz besonderer Fall ist
Die Hard Arcade für den Sega Saturn – hier wurde nämlich nachträglich eine Lizenz hinzugekauft, um Segas Arcade-Hit Dynamite.
RoboCop (Arcade, Amiga,
C 64, NES)
Titeln dem Mega Drive eine lange Nase machte, denn Batman, Moonwalker und Dick Tracy
kämpften sich dort durch scheinbar geklonte
Seitenscrollszenarien. Auf dem Computer wurden hingegen ganz andere Töne angeschlagen:
Indiana Jones und der letzte Kreuzzug nutzte die
Engine von Monkey Island, um ein faszinierend
erfrischendes Adventure auf die Bildschirme
von Amiga und „Advanced Technology“-PC zu
zaubern. Der Nachfolger The Fate of Atlantis
setzte einen Trend durch, der die Spieldesigner
und damit die Filmfans von den starren Vorgaben und dem Zeitdruck befreiten: Lizenzspiele,
die zwar Universum und Charaktere eines Films
nutzen, jedoch keiner festgelegten Story folgen.
1987
desstern mit 3D-Vektorgrafik und hochkarätiger
Sprachausgabe umsetzte. Doch auch hier wurde nur eine einzige Sequenz des Leinwandvorbildes behandelt, so dass eine Konsolenumsetzung möglich blieb. Wenig später sorgte ein Atari
VCS-Titel für den nächsten Eklat in der Welt der
Filmspiele: Die Pixelvariante des Texas Chainsaw
Massacre verkauften Händler in völlig freiwilliger Selbstbeschränkung nur auf Nachfrage unter
der Ladentheke. Von derlei Moralempfinden hätte
Atari sich eine Scheibe abschneiden sollen. Ihre
in nur sechs Wochen hingepfuschte Adaption des
Blockbusters E.T. halten nämlich viele Experten
für einen der Gründe des Videospieleindustriecrashs von 1983. Während Millionen der überproduzierten Module in der Wüste New Mexicos
verbuddelt wurden, wendete sich die Spielegemeinde damals den Heimcomputern zu. Mit der
Bond-Versoftung A View to a Kill wurde das Genre der filmbasierten Minispiel-Sammlung populär – und gleichzeitig auch die Schattenseite des
gewinnorientierten Merchandisings vertieft. Die
Programmierer standen am Ende der Produktion dermaßen unter Zeitdruck, dass die in billigster ASCII-Grafik dargestellte Endsequenz mit den
Worten „Sorry, that’s all“ schloss.
The Living Daylights (C 64)
1985
Indiana Jones and the
Temple of Doom (Arcade,
C 64, NES, VCS)
Krieg der Welten:
Stilmix bei Spielen und Filmen
Von Lena Thiele und Kristian Metzger
W
FOKUS: WETTKAMPF
50
ährend das Kino über viele Jahrzehnte hinweg Zeit
hatte, seine Stärken und Schwächen zu entwickeln,
stehen neue Medien vor ganz anderen Aufgaben. Oft
müssen sie noch ihre eigene Identität finden, während ihre
Ausdrucksweisen und damit die Technologie mit einer gigantischen Geschwindigkeit vorauseilen. Trotz der schicken Fassade, beginnen Video- und Computerspiele erst langsam ihren eigenen Stil zu entwickeln. So wurde in den letzten Jahren
vor allem beim Film Erzählstrukturen und Stilmittel großzügig ausgeliehen. Doch seit kurzem gehen die beiden Genres
eine noch stärkere Verbindung ein, die weit über plumpe Umsetzungen hinausgeht. In der gegenseitigen Annäherung werden vorrangig zwei Umsetzungsstrategien genutzt, die jeweils
die Vorzüge des anderen Mediums aufgreifen.
Bei einer Umsetzung eines Films als Video- und Computerspiel wird meist die Vorlage als Rahmensequenz eingebunden und darauf aufbauend ein Handlungsrahmen für die
Spielfiguren geschaffen. Der treibende Faktor des Spiels ist
demnach weniger die Geschichte als vielmehr die Aktion innerhalb der Erzählwelt, in der die Geschichte spielt. Dafür
werden meist kleine filmische Sequenzen am Anfang und auf
Triggern abgespielt. Das Filmerlebnis spielt sich im Kopf des
Spielers ab und liefert einen emotionalen Rahmen. Dazwi-
DER FILM IM SPIEL
Fahrenheit (Quantic Dreams, Atari, 2005)
Schon beim Tutorial dieses ungewöhnlichen Softwareprojektes wird die Nähe zum Film gesucht. Der Regisseur erklärt inmitten einer Kulisse die Handlungsmöglichkeiten des Spielers. Große Abschnitte in diesem
Thriller um einen mysteriösen Mord werden in der InGame-Grafik dargestellt. Der Spieler übernimmt dabei
nicht nur die Rolle des zu Unrecht angeklagten Verdächtigen, sondern auch die der Polizisten, die ihn jagen. Die
Handlung steht dabei klar im Vordergrund, die eigentlichen Spielelemente bestehen aus klassischen Rätseln
und neuen Interaktionsmöglichkeiten, die geschickt die
Emotionen der Charaktere in den Vordergrund stellen.
Unterschiedliche Kameraperspektiven und klare narrative Konzepte verdeutlichen hierbei die stilistische
Bedeutung dieses Werkes. Trotz der schwachen technischen Projektion ein kleiner Ausblick auf die Möglichkeiten. (Lena Thiele)
schen hat der Spieler Zeit für seine interaktiven Handlungen.
Bei der Umsetzung von Video- und Computerspielen im Film
wird vor allem auf populäre Heldenfiguren und die Hintergrundgeschichte des Spiels zurückgegriffen. Stilistisch ist der
Film dabei weiter das Maß der Dinge. Vereinzelt greifen Filme
auf Stilmittel wie lange Subjektive, bekannt aus Egoshootern
wie Doom zurück, oder auf typografische Einblendungen
eines Computermonitors wie im Fall von Avalon. Diese Mittel
werden meist eingesetzt, um thematisch einen engen Bezug
zum Thema Computerspiel zu erzeugen.
Es ist eine Entwicklung, in der klassische Erzählstränge im
Film aufgebrochen werden und das Thema Interaktiver Film
vermehrt theoretisch diskutiert und praktisch erprobt wird.
Gleichzeitig werden die grafischen Möglichkeiten in Videound Computerspielen aufgrund technischer Entwicklungen
weiter verbessert, wodurch rein optische Hülle von Filmen
und Spielen in Zukunft immer schwerer zu unterscheiden
sind. Vielleicht ist es einmal denkbar, dass der Spieler jederzeit in einen Film eingreifen und die Hauptfigur steuern kann.
Der Zuschauer könnte selbst entscheiden, welche Rolle er
spielen möchte. Moderne Spiele wie Fahrenheit bieten schon
jetzt erste Ansätze für solche Entwicklungen und erlauben einen Blick in die Zukunft.
DAS SPIEL IM FILM
Avalon
(Bandai Visual, Media Factory, Dentsu, Nippon Herald Film, 2001)
Regie: Mamoru Oshii
In einer düsteren Zukunft existiert unter jungen Leuten eine neue Droge: das illegale und potenziell tödliche
Spiel Avalon. In einer düsteren Welt, die vom Krieg gekennzeichnet ist, bekämpfen sie sich als Soldaten. Dafür taucht der Spieler mit seinem Geist in das Spiel ein
und geht gerade in höheren Levels die Gefahr ein, im
Spiel verhaftet zu bleiben, während sein Körper in der
Welt nur noch vor sich hin vegetiert. In surrealistischen
Bildern erzählt uns der Film von einer Welt, in der sich
„Realität“ und VR vermischen. Die filmerischen Mittel
wie die auffällige Farbgestaltung der Bilder, Kameraperspektiven und Raum und Zeit Gestaltung werden immer wieder aus den Konventionen der Computerspiele zitiert und werden gezielt eingesetzt, um Spielwelten
mit der “Realität“ im Film zu vermischen. (Lena Thiele)
DAS SPIEL IM FILM
Doom (Universal, 2005)
Regie: Andrzej Bartkowiak (Spiel: id Software, 2004)
Während sich der Film optisch recht stark an das Spiel anlehnt, wird bei der
Handlung dem Geschmack des Kinopublikums Tribut gezollt. Statt Dämonen
sind gentechnische Experimente der Auslöser für das Blutbad in einer geheimen Mars-Basis. Auch bei den narrativen Elementen wurde Abstand von
dem recht stumpfen Action-Element der Spielvorlage genommen, ohne natürlich die Konventionen des Hollywood-Actionkinos zu durchbrechen. Im Gegensatz dazu konnte die Designabteilung aus dem Vollen schöpfen. Die plastischen
3D-Modelle und Architekturen der Spielvorlage wurden penibel umgesetzt, um
den Spielern den Medienwechsel so einfach wie möglich zu machen. Der Wiedererkennungswert stand hier klar im Vordergrund. Auch die zehnminütige
Egoperspektive, die der subjektiven Kamera im Film entspricht, wurde nicht
nur als Hommage an die spielerische Vorlage verwendet, sondern auch als einfaches Stilmittel. (KM)
Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs
(Warner Brothers, 2004)
Regie: Peter Jackson (Spiel: Electronic Arts, 2004)
Das Spiel setzt bereits in seiner Werbeaussage auf seine Nähe zum Film. Kern
des Spiels ist es, das große Abenteuer selbst erleben und interaktiv mitgestalten zu können. Der Film und seine Helden werden dabei als Referenz für
das Erleben genutzt. Über zwölf originale Settings aus dem Film stellen den
Rahmen für die spielerische Interaktion. Auf Trigger gesetzte Filmsequenzen
sind eng mit der Spielhandlung verbunden. Dabei setzt das Spiel aber allein
auf den kämpferischen Aspekt des Films. Zusätzlich zu Setting und Filmausschnitt ist auch innerhalb der interaktiven Spielsequenzen auf eine filmische
Anmutung geachtet worden. Die Kamera wählt automatisch Einstellungsgrößen und Kameraperspektiven, je nachdem, wo sich der Spieler im Raum bewegt. Damit wird sowohl thematisch, als auch vermehrt stilistisch die Erlebniswelt des Filmes zitiert. (KM)
STILELEMENTE IN VIDEO- UND COMPUTERSPIELEN
STILISTISCHE KONVENTIONEN IM FILM
Hier steht, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Interaktion im Vordergrund. Erst in der jüngsten Zeit wird versucht
durch erzählerische Elemente nicht nur der Geschichte, sondern auch den Charakteren ein Gesicht zu geben. Die Erzählung bietet hier nur einen Rahmen für die eigene Handlung.
Die Erzählform und damit das optische und inhaltliche Design werden nur selten in den Vordergrund gestellt. Kameraeinstellungen müssen sich nach der Handlung richten und
unterstützen nur selten die Wahrnehmung der Handlung.
Gute Spielbarkeit steht hier meist im Vordergrund. Der Ton
dient auch hier zur Untermalung, kann aber durch die offene
Handlung nur bedingt dramaturgisch eingesetzt werden. Die
Entwicklung geht aber auch hier parallel zu den technischen
Möglichkeiten immer stärker zu einem angepassten Klangbild. Dramaturgische und erzählerische Elemente werden
momentan meist vorher gestaltet und auf Trigger abgespielt.
Erst jetzt werden solche recht plumpen Darstellungsweisen
durch fließende Übergänge abgelöst.
In der klassischen Narration wird die Handlung vor allem
durch die persönlichen Anliegen der Figuren vorangetrieben,
oft unterstützt durch eine unerwartete Veränderungen der
Umgebung der Charaktere und die damit verbundene Reaktionen und Ziele der Figuren. Auch der Ton hat meist einen
narrativen Charakter und unterstützt das Geschehen emotional, ohne zu stark in den Vordergrund zu treten.
Die Montage der einzelnen Storyelemente richtet sich meist
nach Continuity, also der direkten Fortsetzung der unterschiedlichen Handlungsstränge. Die Aufnahmen richten sich
im klassischen Hollywoodkino nach Achsen, auf denen sich
die Handlung bewegt. Mit dem Einsatz von Computertechnologie wird dieser Zusammenhang aber immer stärker aufgebrochen. Kamera, Bildgestaltung, Licht und Montage unterstützen dabei die Dramaturgie und geben den Kreativen die
Möglichkeit, auch die Form der Geschichte nachhaltig zu beeinflussen. (Lena Thiele)
FOKUS: WETTKAMPF
DER FILM IM SPIEL
51
SHADOW OF
THE COLOSSUS
SYSTEM: PLAYSTATION 2
HERSTELLER: SONY
GENRE: 3D-ACTION-ADVENTURE
RELEASE: FEBRUAR 2006
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (NEIN)
6
FOKUS: VORSCHAU
52
Mit einem wunderbaren Märchen über schlafende Mädchen, verlorene
Seelen und gigantische Kolosse nähern sich die ICO-Macher vorsichtig
dem Mainstream an. Die Mission ist geglückt.
Japaner sind große Märchenfans, was man nicht nur an den
fantastischen Manga-Abenteuern, sondern auch an den einmaligen Videospielen des Entwickler-Teams Fumito Ueda und
Kenji Kaido sehen kann. Mit ihrem Erstling Ico haben sie allen
begeisterten Videospielern einen Wunschtraum erfüllt und
erstmals aus einem Spiel ein Gesamtkunstwerk gemacht. Obwohl nun schon die nächste Hardware-Generation vor der Tür
steht, haben sich die beiden Legenden trotzdem Zeit gelassen
und nun am Ende des Playstation 2-Zyklus ihren sehnsüchtig
erwarteten Nachfolger Shadow of the Colossus fertig gestellt.
Während die US-Amerikaner schon begeistert zocken, müssen die Europäer genau wie bei Ico noch etwas länger warten,
bekommen dafür aber eine überarbeitete Fassung mit einigen
Extras in die Hände.
Genau wie Ico erzählt Shadow of the Colossus ein großes
Märchen, das ganz in der Tradition der Gebrüder Grimm ohne
Hintergrundgeschichte auskommt. Eine totes Mädchen, ein
tapferer Junge und sein treues Pferd, das ist alles was man
über die Hauptdarsteller erfährt. Nach einer langen und
strapaziösen Reise erreicht der Junge mit der schlafenden
Schönheit einen Tempel, wo er ein mächtiges Wesen herauf
beschwört. Von ihm erhofft er die Wiederauferstehung seiner
Freundin. Doch nur wenn er für die Wesenheit 16 Kolosse zur
Strecke bringt, will sie den Wunsch erfüllen. Die gigantischen
Kolosse bevölkern die weiten Steppen, Seen und Wälder des
Fantasy-Landes und gleich zum Beginn der Jagd steht die Suche nach ihnen an. Nach einem kurzen Hinweis muss deshalb
erst einmal das mächtige Schwert in die Sonne gehalten werden, das durch einen Lichtstrahl das Ziel der Reise anzeigt.
Leider kann man auf seinem Pferd nicht immer auf direkter
Luftlinie zum Ziel gelangen, so muss der Jüngling Kletterstrapazen, riesige Umwege und versteckte Hinweise in Kauf
nehmen, um am Ende vor den gewaltigen Riesen zu stehen.
Diese gigantischen Steinfiguren sind nicht nur durch ihre Größe beeindruckend, auch ihr Design lässt den Spieler jedes
Mal auf ein Neues mit offenem Mund den Bildschirm anstar-
ren. Zusammen mit ihrer Anmut möchte man diese schönen
Wesen gar nicht töten, aber um die Seele der Geliebten zu
retten, müssen die Kolosse sterben.
Einen Koloss zu erlegen, ist aber nicht so einfach, wie ihn zu
finden. Jeder Koloss fordert eine andere Taktik, um zuerst
auf den Rücken zu gelangen und anschließend genau an den
richtigen Stellen so lange das magische Schwert zu versenken, bis er tot zusammenbricht. Bei jeder Jagd ist dabei ein
anderer Bestandteil dieser recht einfachen Gameplay-Formel
von entscheidender Bedeutung. Mal gestaltet sich der Weg
zum Kampfplatz als steinig und kompliziert. Mal kommt man
nur sehr schwer auf den Giganten hinauf. Mal ist es schwer,
auf ihm drauf zu bleiben. Oder aber man findet seine verwundbare Stelle nicht. Das Klettersystem wird dabei perfekt
umgesetzt: Mit der R-Taste hält man sich zwar selbst bei den
heftigsten Bewegungen fest, aber die Ausdaueranzeige sinkt
stetig. Wenn sie zu niedrig ist, muss man schnell einen ruhigeren Ort auf dem Koloss finden, um ein wenig auszuruhen,
sonst fliegt man unweigerlich herunter. Der Lebensenergieabzug ist dabei dank schneller Regeneration das geringere
53
DESIGN UND GAMEPLAY ÜBER JEDEN ZWEIFEL ERHABEN
Spätestens aber, wenn einer der Kolosse auftaucht, sind die
ganzen Strapazen sowieso vergessen. Wenn man am Rücken
eines der riesigen Giganten hängt und dieser mit wunderschönen Animationen versucht, einen abzuwerfen, steigt der
Adrenalinpegel und der Kampfgeist bricht durch. Beim ersten Koloss muss man nur seine Fersen hinauf klettern, ihn in
die Wade stechen und anschließend einen Punkt am Kopf mit
Während die Xbox 360 auf HDTV, Bump-Mapping und gigantische Polygonmassen setzt, erscheint auf der Playstation 2
Anfang nächsten Jahres ein Spiel mit blassen Farben, flimmernden Texturen und vielen Ecken und Kanten. Das Spiel
heißt Shadow of the Colossus, und schlägt trotz der unterlegenen Technik die Next-Gen-Konkurrenz zumindest atmosphärisch um Längen. Wenn es um die Polygonanzahl und
die Effekte geht, mag es mit aktuellen Playstation 2-Produktionen nicht mithalten können, doch Design und Gameplay
sind über jeden Zweifel erhaben. Die Schöpfer Fumito Ueda
und Kenji Kaido haben schon mit Ico bewiesen, dass man mit
genug Kreativität zumindest inhaltlich aus einer Konsolengeneration alles herausholen kann. Nun mit Shadow of the Colossus nähern sie sich zärtlich dem Mainstream an und haben
dadurch wohl eines der besten PS2-Spiele des Jahres 2005
geschaffen. Ich habe die amerikanische Vollversion gespielt
und bin begeistert von diesem Erlebnis. (KM)
FOKUS: VORSCHAU
Übel, viel entscheidender sind die oft langen Wege, um wieder auf den Koloss hinauf zu kommen. Hier versteckt sich
auch der einzige Makel, den sich Shadow of the Colossus erlaubt. Wer einmal zehn Minuten zu einem Pfeiler zurück geschwommen ist, um wieder den Giganten zu besteigen, weiß
gute Rücksetzpunkte und einen klassischen Spielaufbau zu
schätzen. Ohne ein wenig Geduld strapazieren einige Aufgaben gehörig die Nerven. Mit genug Muße bestaunt man dafür
einfach immer wieder die sanften Animationen und die fantastische Architektur, und stört sich nicht an den bisweilen
doch etwas langen Laufwegen.
dem Schwert treffen - und schon löst sich der Koloss auf und
sein Geist wird auf den Helden übertragen. Der zweite Koloss ist schwieriger zu knacken. Erst ein Pfeil in die Fußsohle, dann eine lange Klettereinlage am Kopf und einmal am
Hintern, bis man endlich das Schwert zum finalen Stoß versenken kann. Gerade im ersten Anlauf ist selbst der zweite Koloss eine harte Nuss. Beim dritten sorgt eine lästige
Sprungeinlage für Unmut, dafür begeistert der schnelle und
harte Kampf. Spätestens beim vierten Gegner ist neben einem
guten Reaktionsvermögen auch eine ganze Portion Grips notwendig, um den Sieg nicht in Arbeit ausarten zu lassen.
Ape Escape und Ico – mit gerade einmal zwei Spielen sind Fumito Ueda
und Kenji Kaido zu Legenden geworden. Fernab vom Massenmarkt
und lieblosen Multiformat-Portierungen haben sie zwei Meisterwerke
geschaffen, die mit ungewöhnlichem Design, neuen Gameplay-Ansätzen und erzählerischer Brillanz vor allem anspruchsvolle Spieler und
die Fachpresse in ihren Bann gezogen haben. Trotz schlechter Verkaufszahlen der vergangenen Titel in Europa hat Sony Vertrauen in
das neuste Projekt der beiden Japaner. Für Shadow of the Colossus
wurde ein ungewöhnlicher Presseevent organisiert, der mit der Ronneburg in Hessen eine passende Location gefunden hat. Wie es sich
für Japaner gehört, sind die beiden fasziniert von der brachialen
Architektur des europäischen Mittelalters. Schon bei Ico war dieser
Einfluss deutlich zu spüren und auch Shadow of the Colossus wirkt in
weiten Teilen wie ein wilder Mix aus japanischen und europäischen
Motiven. Umgeben von dicken Gemäuern und viel Geschichte haben
die beiden nicht nur die Atmosphäre genossen, sondern sich auch
unseren Fragen gestellt.
“Anders sein, etwas Neues schaffen!”
Sind Sie von europäischen Festungsanlagen fasziniert?
Fumito Ueda: Eigentlich finde ich sie ein wenig unheimlich.
Genau das macht sie aber zu einer hervorragenden Inspirationsquelle.
Kenji Kaido: Ich bin tatsächlich ein richtiger Burgen-Fan –
und daher total begeistert.
Sowohl bei Ico als auch bei Shadow of the Colossus haben
Sie ein Feuerwerk an innovativen Elementen abgebrannt.
Warum wirken dagegen andere Programmteile wie einige
Jump’n’Run-Sequenzen bei Shadow so altbacken? Ist Ihnen
da die Luft ausgegangen?
Fumito Ueda: Bei manchen Bestandteilen sind uns gute Ideen
gekommen, um das Gameplay zu erleichtern. Bei anderen
Teilen ist uns wirklich schlicht nichts Besseres eingefallen.
Halbherzige Lösungen kamen für uns einfach nicht in Frage
und so mussten die etwas komplizierten Ansätze zum Teil im
Spiel belassen werden.
Ist das Design gemeinsam entstanden oder wurden die Aufgaben klar verteilt?
Kenji Kaido: Unsere Aufgaben sind klar verteilt, wir versuchen unsere Eigenständigkeit zu bewahren.
Viele Einstellungen in den Zwischensequenzen und auch die
Kamera im Spiel vermitteln das Gefühl, dass Sie schon selbst
Erfahrungen mit Filmen haben. Wer war dafür zuständig und
wie sind die Einstellungen entstanden?
Fumito Ueda: Bei den Trailern war es für mich recht einfach,
filmhafte Perspektiven zu erschaffen, um damit die Atmosphäre besser zu vermitteln. Viel schwerer und auch für den
Designprozess wichtiger war es, im eigentlichen Spiel mit der
integrierten Kamera etwas Filmisches zu transportieren und
damit die gewaltigen Proportionen besser darzustellen.
Die 16 Kolosse sind, genau wie das restliche Screendesign,
sehr außergewöhnlich. Welche Vorbilder hatten Sie beim Designprozess?
Fumito Ueda: Bei einem Designprozess ist es meist recht
schwierig zu sagen, welche anderen Vorbilder den Schaffensprozess beeinflussen. Unterbewusst integriert man schließlich fast alles, was einem gefällt oder was man passend findet, in das endgültige Design. Die wichtigste Prämisse bei
Shadow of the Colossus war es, anders zu sein und etwas
Neues zu schaffen. Aus diesem Grund war es bei den Kolos-
Aber warum haben Sie so eine beschränkte Farbpalette gewählt? Mögen Sie keine Farben?
Fumito Ueda: Es mag seltsam klingen, aber ich glaube, es
kann an meinen beschränkten Designfähigkeiten liegen. Für
satte Farben und bunte Landschaften, die meinem Designanspruch genügen, braucht man ein hervorragendes Farbgefühl. Ich habe mich also bewusst auf wenige Farben beschränkt, um meinem Designstil gerecht zu werden.
Welche Features konnten Sie mit den mittlerweile doch eher
beschränkten Fähigkeiten der Playstation 2 bei Shadow of
the Colossus nicht realisieren?
Fumito Ueda: Auch in der Zukunft wird es keine Videospielkonsolen geben, bei der man nicht an Grenzen stößt. Es wird
also immer Einschränkungen geben. Aber gerade bei Shadow of the Colossus haben die Grenzen dazu geführt, dass wir
uns neue Ideen überlegt und so versucht haben, alles aus der
Playstation 2 herauszuholen. Diese Fähigkeit macht einen guten Designer aus.
Spielt Shadow of the Colossus in der gleichen Welt wie Ico,
oder soll dies ein komplett anderes Universum sein?
Fumito Ueda: Am besten macht sich jeder Spieler selbst ein
Bild. Für mich ist es zwar ein anderer Ort und vielleicht sogar eine andere Zeit, doch im Prinzip spielt es auf demselben
Planeten.
Klingt deswegen die Sprache von Shadow of the Colossus genauso wie die Sprach von Yorda aus Ico?
Fumito Ueda: Es ist eigentlich eine andere Sprache, aber wir
haben als Grundlage in der Tat Yordas Dialekt genommen und
ihn noch einmal ein Stückchen verkompliziert.
Da Sie beide Filme so stark beeinflussen, welches sind Ihre
Lieblingsfilme?
Fumito Ueda: Eigentlich schau ich am liebsten Dokumentarfilme.
Kenji Kaido: Blade Runner und Star Wars.
Abschließend, wenn Sie wählen müssten: Märchen oder Horror?
Fumito Ueda: Ganz klar: Märchen.
Kenji Kaido: Schwere Entscheidung, ich denke aber auch:
Märchen.
Das Gespräch führte Kristian Metzger.
55
FOKUS: GESPRÄCH
Was haben Sie vor ihrer Karriere als Game-Designer/Producer gemacht?
Fumito Ueda: Ich habe 3D-Animationen gemacht.
Kenji Kaido: Ich bin direkt nach der Schule Game-Designer
geworden und bereits schnell nach den ersten Jobs zu Sony
gewechselt.
sen unmöglich, Monstervorbilder etwa aus der üblichen Fantasy-Thematik zu übernehmen. Stattdessen habe ich mir andere Inspirationsquellen wie zum Beispiel Architektur oder
Industrie-Produkte gesucht.
PETER
JACKSON‘S
KING KONG
PRÄDIKAT
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FOKUS: KRITIK
56
SYSTEM: PC, XBOX 360, XBOX, GC, PS 2, PSP, DS, GBA
HERSTELLER: UBISOFT MONTPELLIER
GENRE: 3D-ACTION-SHOOTER
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (NEIN)
Mit der Verfilmung zur Trilogie vom Herrn der Ringe hat sich
Peter Jackson nicht nur einen Wunschtraum erfüllt, sondern
gleichzeitig auch ein Denkmal gesetzt, das ihm nun erlaubt,
praktisch jedes Projekt in die Realität umzusetzen. Solch ein
Projekt ist auch der Film King Kong, zu dem der Regisseur seit
dem Schwarzweiß-Original eine intensive Beziehung pflegt.
Mit einer ähnlichen Begeisterung wie bei Herr der Ringe ist
der verschrobene Neuseeländer auch an die Spielumsetzung
seines nächsten Meisterwerkes heran gegangen.
Anstatt sich von dicken Lizenzdeals leiten zu lassen, hat er
das Studio nach seinem letzten Lieblingsspiel heraus gesucht.
Das Ubisoft Meisterwerk Beyond Good & Evil hatte ihn Weihnachten 2003 zusammen mit seinem Sohn in seinen Bann gezogen, und so sprach er nach drei Tagen begeistertem Spielen
direkt mit Chef-Designer Michel Ancel, um seine King-KongVersion adäquat umzusetzen. Auch ließ es sich Peter Jackson
nicht nehmen, selbst einige Ideen in das Spiel einfließen zu
lassen – die Szenen mit Kong wurden von ihm angeregt.
Doch zurück zum Spiel, das sich kein geringeres Ziel gesetzt
hat, als das Genre der Filmumsetzungen zu revolutionieren. Dabei setzt Michel Ancel viele neue Ideen in die Tat um,
die wirklich hervorragend funktionieren. Sein erster Ansatz
ist das Fehlen jeglicher Displayanzeigen. So bestreitet man
die eine Hälfte des Spiels als Hauptdarsteller Jack aus der
Egoperspektive, vermisst aber sowohl die Lebensenergie- als
auch die Munitionsanzeige. Um den Spieler trotzdem auf dem
Laufenden zu halten, gibt es bei den Schusswaffen eine akustische Meldung der Reservemagazine und wenn es Jack an
den Kragen geht, fängt der Bildschirm rot an zu pulsieren. Wie
bei Call of Duty 2 erholen sich sowohl Jack, als auch sein Pendant Kong nach ein paar Minuten von Treffern. Bei den KongSequenzen wird in die Außenkamera geschaltet und aus dem
Shooter wird ein Jump’n’Run-Prügelspiel. Der Affe vermöbelt
nun Dinosaurier, Urzeitschlangen, Eingeborene und am Ende
sogar Flugzeuge.
Der eingängigen Steuerung und dem reduzierten GameplayAnsatz musste hier Tribut gezollt werden. In den Stapfen des
Dschungelkönigs ziehen sich die Kämpfe gehörig in die Länge
und lassen Abwechslung vermissen. Egal, ob der Spieler Di-
57
LEBENSECHTE ANIMATIONEN IN WUNDERBARER GRAFIK
Die eigentliche Stärke des Spiels findet sich aber in den Egoshooterpassagen, wo das ungewöhnliche Setting und die intuitiven Spielelemente für viele aufregende Stunden sorgen.
Ohne Fadenkreuz und mit einem Speer bewaffnet Raptoren,
Riesentausendfüßler und Flugdinosaurier zu erlegen, sorgt
ständig für Hochspannung. Der Spieler muss dabei nicht nur
vor wilden Dinosauriern, Eingeborenen und Kong fliehen, auch
Bootsfahrten, Bodyguard-Abschnitte oder Puzzleeinlagen machen jeden Abschnitt unverwechselbar. Leider merkt man dem
Spiel trotzdem an, dass Ancel – trotz aller Freiheiten – doch
von der Filmvorlage etwas eingeschränkt wurde. Um so nah
wie möglich am Original zu bleiben, geht die Abwechslung im
Mittelteil etwas flöten. Vor allem die Rätsel, die meistens aus
entzündlichen Dornenbüschen oder verschollenen Torhebeln
bestehen, verlieren nach vier bis fünf Stunden etwas an Klasse. Allein die Prügeleinlagen mit Kong bewahren auch Jacks
Part davor, dass einige Abschnitte zu Pflichtaufgaben verkommen. Nach zwei Dutzend Missionen sorgt nämlich selbst die
stimmungsvollste Urwaldgrafik für Ermüdungserscheinungen.
Auch der letzte Abschnitt in New York fällt deutlich hinter den
Insel-Episoden zurück. Eine Filmumsetzung kann nun mal
das Rad nicht neu erfinden. Dafür sind die Größenverhältnisse
wirklich einmalig, gerade die harten Kämpfe mit dem Tyrannosaurus Rex transportieren hervorragend das Gefühl, nur ein
lästiges Insekt zu sein. Spätestens, wenn der Urzeit-Riese aus
vollem Hals brüllt, macht sich selbst der härteste Shooterprofi
gehörig in die Hosen.
Insgesamt ist die Grafik auf den aktuellen Konsolen aber über
jeden Zweifel erhaben. Der Dschungel wirkt dabei mit seinen
gedeckten Farben noch glaubhafter als bei Far Cry Instincts.
Auch die Animationen sind so lebensecht, dass das starke
Clipping und die teilweise mäßigen Texturen in den letzten Levels nicht weiter ins Gewicht fallen. Die Xbox 360-Version sieht
im Vergleich natürlich um Klassen besser aus, doch von den
fantastischen Effekten der neuen Konsole macht King Kong
kaum Gebrauch. Bei Ubisoft lag der Schwerpunkt aufgrund
der recht kurzen Entwicklungszeit klar auf der aktuellen Generation. Auch die Versionen für Handheld-Konsolen sind
durchaus gelungen, trotzdem fragt man sich, ob solch eine
Marktpräsenz auf wirklich allen Plattformen vielleicht nicht
doch etwas übertrieben ist. Gerade auf dem DS oder dem
Gameboy Advance wirkt, verglichen mit den beeindruckenden
Bildern des Films, die Präsentation doch etwas bemüht. Trotzdem hat das Team aus nahezu allen Konsolen alles herausgeholt, was möglich war. Jede Version für sich lohnt ganz sicher
einen Kauf (mehr dazu im Popwissen). Ubisoft beweist mit
King Kong, dass nicht allein Electronic Arts punktgenau für
eine ganze Palette von Konsolen einen einzigen Releasetermin
hinbekommt. Ähnlich wie bei der amerikanischen Konkurrenz
gelingt es den Franzosen immer besser, hervorragende Spiele
zu produzieren. Peter Jackson hat ganz klar die richtige Entscheidung getroffen. (KM)
CHRISTIAN GACA
EINZIGARTIGES UND NEUES KONZEPT
King Kong ist ein ganz besonderes Spiel, und das gilt explizit für die von
mir gespielte 360er-Version (allerdings auch für die „normalen“ Konsolen- und PC-Varianten). Grafisch ist das von dem europäischen Ausnahmetalent und stillen Franzosen Michel Ancel inszenierte Abenteuer eine Klasse für sich. Nicht nur, weil gerade die gigantischen Kämpfe
zwischen dem T-Rex und Kong unglaublich gut aussehen. Es ist eine
vermeintliche Kleinigkeit, die King Kong so einzigartig, so neu macht:
die fehlenden Menüs auf dem Bildschirm. Intuitiv richtig und problemlos steuert man trotzdem seinen Charakter durch die Urwälder. Erlegt
prähistorisches Getier, zum Teil mit vom Bodem aufgehobenen Knochenstücken. Kein Fadenkreuz (was allerdings angeschaltet werden
kann) stört dabei den natürlichen Blick. So wird das Spiel zum echten Film, den man anschaut und gleichzeitig selbst steuert. Dies deutet eine Facette der Zukunft an, die Video- und Computerspielen bevorsteht: eine immer stärkere Verknüpfung von Kino und Code.
FOKUS: KRITIK
nosaurier verprügelt oder Hindernisse aus dem Weg räumt,
ohne einen schnellen Daumen und dicke Hornhaut bekommt
er kaum das Ende zu Gesicht. Für die meisten Kämpfe ist kein
taktisches Gespür, sondern ausdauernde Bearbeitung des AKnopfs der Weg zum Erfolg. Dafür dreht hier die Präsentation
zur Höchstform auf, allein die Animationen von King Kong sorgen für so viel Atmosphäre, dass die etwas kümmerlichen Eingeborenen kaum negativ zu Buche schlagen. Gerade die Klettereinlagen wirken so natürlich, dass man Kong quasi gleich
aus dem Bildschirm schwingen sieht.
FOKUS: KRITIK
58
POPWISSEN
DER GROSSE UMSETZUNGSWAHNSINN
NINTENDO DS
HANDY
GAMEBOY ADVANCE
XBOX 360
Wenn Ubisoft eine zugkräftige Lizenz einsackt, dann lassen die Franzosen
offenkundig nichts anbrennen. Pünktlich zum Filmstart und schon teils sogar kurz davor, liefert Ubisoft gleich zehn verschiedene Versionen ab, die
teilweise komplett an die jeweilige Konsole angepasst wurden.
Eine Besonderheit gibt es bei der PC-Version: Neben einer mittelmäßigen
Umsetzung der Xbox-Variante gibt es exklusiv auf www.gamesload.de eine
so genannte Gamers-Edition, die für Top-PC die Grafikqualität der Xbox360-Fassung präsentiert. Unter drei Gigahertz Prozessor-Taktfrequenz,
einer aktuellen Grafikkarte und mindestens zwei Gigabyte Arbeitsspeicher
braucht diese Version allerdings niemand zu installieren. Stimmen diese
Rahmenbedingungen indes, bekommt der Spieler auf dem heimischen PC
die wohl beste Version dieser einmaligen Filmumsetzung.
Größere Einschnitte müssen die Besitzer der aktuellen Konsolengeneration hinnehmen, trotzdem überzeugt auch hier die gewaltige Urwaldatmosphäre. Eine Klasse tiefer, auf der PSP und dem DS, gibt es immerhin
noch anständige 3D-Grafik und zumindest auf der PSP die gleiche Story.
PSP
XBOX
Die DS-Fassung sieht etwas schlechter aus, besitzt aber eigenständige
Spielelemente. Beim Gameboy Advance und auf dem Handy hat Ubisoft das
Spielgeschehen in die zweite Dimension verfrachtet, ohne aber den Filmflair zu vernachlässigen. Qualitativ sind auch diese beiden Titel im Rahmen
ihrer Möglichkeiten hervorragend und beweisen, dass Ubisoft eine solche
Megalizenz bewältigen kann. Einige Titel haben zwar etwas unter dem
Zeitdruck gelitten, unterm Strich setzt King Kong sowohl bei der Anzahl
der Umsetzungen, als auch bei der Qualität neue Maßstäbe.
Zum Schluss bleibt die Frage, ob sich angesichts einer solchen Menge von
Versionen wirklich genug King Kong-Fans finden. Schließlich braucht man
dank gleichem Inhalt höchstens eine Version für den heimischen Bildschirm und maximal eine für unterwegs, wobei sich dann diese beiden Versionen zumindest spielerisch kaum unterscheiden. Es wird sich zeigen, ob
diese Strategie aufgeht. Wer die absolute Wahl hat, sollte sich entweder
die Xbox 360-Variante oder die Gamers-Edition zulegen, dank besserer
Grafik spielt sich dieses auf Präsentation konzentrierte Spiel gleich noch
mal deutlich besser. (KM)
THE MOVIES
8
59
Filme zu machen, das war schon immer mein großer Wunschtraum, der mit einem abgelehnten Filmwissenschafts-Studium und einem zwölfseitigen Drehbuch bei einem Workshop
endete. Dabei war ich schon in der Kindheit ein begeisterter
Filmfan, der von platten Action-Streifen bis zur Arthouse-Verfilmung alles verschlungen hat. Hoffnung keimte auf, als ich
Ende der 90er Jahre Kinokritiken für eine Tageszeitung schreiben durfte, doch ein neuer Chefredakteur machte mir einen
Strich durch die Rechnung. Reumütig kehrte ich zu Computer- und Videospielen zurück und ergab mich meinem Schicksal. Trotzdem kann ich daher nicht unvoreingenommen an The
Movies heran gehen. Auch das Peter Molyneux sich mit dem
Thema Film beschäftigt, ist ein untrügliches Zeichen dafür,
dass The Movies weit mehr ist als eine schnöde Wirtschaftssimulation. Ist ihm sonst sein Freigeist und seine überbordende
Kreativität eher im Weg und führt zu meist unfertigen Produkten mit viel zu hoch gesteckten Erwartungen, hilft ihm dies
hier, ein einmaliges Spiel zu schaffen, das mit seiner enormen
spielerischen Freiheit die Kreativität der Spieler anregt.
Das Setting ist dabei recht einfach gehalten. Bei The Movies schlüpft man in die Rolle eines amerikanischen StudioBosses, der Anfang des 20. Jahrhunderts den Aufstieg des
Hollywood-Kinos miterlebt. Mit ein paar lahmen Sets und unerfahrenen Schauspielern startet der Spieler seine Karriere als Arrangeur von öden Stummfilm-Klamotten und blassen Horrorshockern. Alle Möglichkeiten sind dabei eng mit
der Kampagne verknüpft, nahezu alle kreativen Teilbereiche
müssen erst nach und nach erspielt werden. Zusammen mit
dem Studio wachsen aber auch die Möglichkeiten des Spielers. Anfangs fällt es dabei schwer, die ganze Bandbreite der
angebotenen Tools auszunutzen. Um finanziell erfolgreich zu
sein, muss der Spieler aber nicht selbst Hand anlegen. Automatische Drehbuchschreiber und die angestellten Regisseure
bekommen auch Im Alleingang durchaus einen brauchbaren
Film zusammengebaut.
WER NUR BOSS SPIELT, VERPASST DAS BESTE TOOL
Doch wer nur Boss spielt, verpasst das genialste Tool, das jemals in ein Spiel eingebaut wurde. Während der Aufbaupart
mit der Größe des Studios immer mehr zur lästigen Arbeit
ausartet, entdecken Filmfans mit dem Drehbuchtool eine gigantische Spielwiese, die trotz ihrer Einfachheit selbst komplexe Handlungsstränge ermöglicht. Zuerst wählt man eine
passende Besetzung, dann den Hintergrund für eine Szene
und zum Abschluss eine von Dutzenden Handlungsmöglichkeiten. Egal ob Kämpfe, Liebesszenen oder gemeinsame Autofahrten vor der beweglichen Leinwand, mit etwas Geschick
und mit selbst eingesprochenen Dialogen entstehen überraschend komplexe Spielfilme, die schon nach wenigen Stunden
vorgeführt werden können. Auch der Schnittplatz, die automatische Lippensynchronität und die Gestaltung des Vorspanns
überzeugen mit ihrer kreativen Bandbreite, die für die Überprüfung einer Drehbuchidee schon ausreichen könnte. Leider
werden erst nach und nach alle Szenen und Inhalte frei geschaltet. So müssen sich Hobby-Filmer durch den etwas zähen Aufbaupart spielen, um die Drehbuchwerkstatt und alle
Bühnenbilder nutzen zu können.
Leider müssen auch die Filme im Spiel selbst gedreht werden,
einen Weg über das Hauptmenü gibt es nicht. So führt kein
Weg an der Aufbausimulation vorbei, die ohne wirkliche Missionen oder besondere Ereignisse mit der Zeit immer unspan-
FOKUS: KRITIK
SYSTEM: PC
HERSTELLER: LIONHEAD STUDIOS, ACTIVISION
GENRE: 3D-ECHTZEITSTRATEGIE-MOVIE-CREATOR
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (JA)
FOKUS: KRITIK
60
nender wird. Vor allem die Befindlichkeiten der Schauspieler, die ununterbrochen kurz vorm Alkoholismus stehen und
ohne fetten Bus und Assistenten ständig übellaunig am Set
rumhängen, kosten den Spieler reichlich Nerven. Selbst die
falschen Klamotten für die falsche Zeit stürzen die Filmschaffenden in eine Lebenskrise. Außerdem herrscht ununterbrochen Personalmangel, der nicht nur für ein schlecht gewartetes Studio, sondern auch für ständig unterbesetzte Filme
sorgt. Umso größer das Studio und damit die Kosten dann
werden, führt genau dieser Umstand dazu, dass man zu wenig Filme drehen kann, um weiter erfolgreich zu sein. Nur wer
präzise plant und ständig die Schauspieler umsorgt, kann das
Ende des 20. Jahrhunderts und damit alle Bühnenbilder frei
schalten. Leider hängen einige Spezialhintergründe und Zusatzfähigkeiten der Schauspieler mit dem Sieg bei den MovieAwards zusammen. Die ersten Plätze werden aber recht willkürlich vergeben und sind auch nur schwer zu beeinflussen.
Selbst mit erstklassigen Filmen, die tagelang auf Platz Eins
der Charts stehen, geht man nur allzu oft leer aus.
Spielerisch bietet The Movies am Ende also nichts Besonderes, dafür kann die Präsentation absolut überzeugen. Vor
allem bei der Grafik mit ihren schicken Animationen können
die Entwickler im Strategiegenre Zeichen setzen. Manchmal
ertappt man sich dabei, einfach nur die Figuren zu beobachten oder beim Drehen zuzuschauen. Dummerweise leidet darunter der Erfolg des eigenen Studios, denn ohne Dauereinsatz läuft hier nur wenig. Manche Pflichtaufgaben wirken dabei
nicht vollkommen durchdacht, zum Beispiel muss jeder abgelaufene Film per Hand ins Archiv befördert werden und auch
ein Imagewechsel der Schauspieler ist nur mit dem eigenen
Eingreifen möglich. Allein wegen des Strategieparts werden
aber auch Genrefans nicht zugreifen, nur mit Liebe zum Thema und kreativem Geist lohnt sich der Einstieg bei The Movies.
Als Spiel allein bietet es nur nette Unterhaltung, doch als Gesamtkunstwerk ist Lionhead ein echtes Meisterwerk gelungen, das jeder ambitionierte Spieler einfach ausprobieren
muss. Wie bei den letzten Lionhead-Produkten wäre auch hier
deutlich mehr drin gewesen, doch bei einem derart komplexen Projekt ist es nun mal schwer, wirklich perfekte Arbeit abzuliefern. Die vielen kleinen Mängel und der Zwang, auch als
Filmer den Spielpart zu übernehmen, kosten The Movies viel
Zielgruppen-Potenzial. (KM)
KRISTIAN METZGER
GEWAGTER GENREMIX MIT INNOVATIVEN IDEEN
Für echte Filmprofis mögen die außergewöhnlichen Möglichkeiten von
The Movies nicht ausreichen, wer aber schon immer einer Karriere
beim Film nachtrauert, kann mit dem Movie-Maker erstaunliche Werke
produzieren. Auf der anderen Seite werden auch echte Strategieprofis nicht wirklich begeistert sein, schließlich spielt sich der Aufbaupart gerade zum Ende hin doch etwas zäh. Wer aber wie ich irgendwie
in beiden Welten zu Hause ist, wird kaum Ruhe geben, bis er alle Sets
frei gespielt und nicht ein paar anspruchsvolle Filme für die Webseite produziert hat. Da die Präsentation über jeden Zweifel erhaben ist
und auch der Humor nicht zu kurz kommt, langweilt man sich eigentlich nie. Dass aus The Movies nicht der erhoffte Überhit wurde, ist bei
einem solchen Komplexitätsmeister eigentlich kein Wunder. Lionhead
sollte in Zukunft mal probieren, die Ansprüche etwas runter zu schrauben und sich nicht wie bei den letzten Projekten so zu übernehmen. Das
würde dem gesamten Spiel sicher gut tun.
61
FOKUS: KRITIK
POPWISSEN
[ple:] – Der Film
9
Regisseur: Kristian Metzger
Drehbuch: Nicole Martens (Unter Uns/Grundy UFA)
Schauspieler: Christian Gaca, Mirka Meyer, Kristian Metzger, Shelley Masters
Release: 7.12.2005
Studio: [ple:]-Productions
geilen Kolumnistin, ist jeden Cent des Eintrittsgeldes wert. Der Anfang mit
den ersten Treffen der drei Kreativen schleppt sich noch etwas dahin, doch
kaum sitzen sie an ihrem ersten Heft gewinnt die Story deutlich an Fahrt.
Stress, Pannen und Spione von Feindverlagen, machen den Mittelteil zu einer rasanten Achterbahnfahrt der Gefühle.
Nach vielen Jahren Kinoabstinenz gibt es endlich wieder einen neuen
Streifen aus dem Hause [ple:]-Productions, der mit seinem simplen Plot
und seinen fantastischen Dialogen überzeugen kann. Unter der Regie von
Regisseur-Newcomer Kristian Metzger und mit dem Drehbuch der frisch
gebackenen Unter Uns-Storylinerin Nicole Martens wird bei [ple:]-Der
Film schonungslos das harte Leben als Blattmacher dargestellt und gezeigt, wie sich eine unabhängige Zeitschrift gegen die Konkurrenz-Magazine durchsetzen muss. Auch der Auftritt von Shelley Masters, der dauer-
Als es dann zum Streit zwischen den Partnern kommt, nimmt die Story
eine düstere Wendung. Nur Shelley behält einen klaren Kopf, und die Männer immer im Blick. Lange sieht es düster aus um die Zukunft ihres unabhängigen Magazins. Nicht nur finanzielle Sorgen, sondern auch die harten
Bandagen im Verlagsgeschäft machen den drei Helden der Geschichte das
Leben schwer. Bis zum Ende bleibt offen, was aus dem Team wird, schon
das überraschende Ende lohnt den Besuch auf www.play-magazin.de, wo
der Film ab dem siebten Dezember zum Download bereit steht. (KM)
Die von elektronischen Leckerbissen verwirrten Menschen sollen das
neue Gerät kaufen. Für bessere Grafik, vor allem aber: für ein besseres
Lebensgefühl. Big Bill verspricht das Ende der einsamen Zeit.
Watn, auf den Markt kommt jetzt die „Nächste Generation“?
Sorry, abgedroschener Slogan verlangt klassische Argumentation: Da hat sich die reichste Company der Welt Gedanken zur Profitvermehrung gemacht. Microsoft führt das
Gerät clever auf den Markt, Begehrlichkeit entsteht, und nur
wenige im Elfenbeinturm sorgen sich ernsthaft um die Echtleben-Gamer-Generation. Diejenigen, die jetzt schon Probleme mit der Realität haben, bekommen ihre Situation ja
selbst nicht mit, immer spielend vor dem Rechner statt bei
der Theater-AG oder auf dem Bolzplatz.
Die von all den elektronischen Leckerbissen verwirrten Kinder und „Next-Generation-Jugendlichen“ (und natürlich die
erwachsenen [ple:]-Leser, ok) sollen die vermeintlich heißeste Errungenschaft der Vorweihnachtszeit kaufen. Für
bessere Grafik, vor allem aber: für ein besseres Lebensgefühl. Big Bill verspricht per Website das endgültige Ende der
einsamen Zeit: „Eine Xbox Live Gold-Mitgliedschaft bietet
das allumfassende Online-Entertainmenterlebnis, das es
nur auf Xbox 360 gibt. Wer sich bei diesem Premiumdienst
anmeldet, kann sich online in riesigen virtuellen Arenen mit
den besten und hellsten Spielern der Welt messen oder einfach gemütlich mit Familie und Freunden spielen.“ Oha.
Computersucht und Fettleibigkeit steigen in der Zielgruppe.
Stumpf den Bildschirm fixierende, allzeit kauende Kids aus
geschiedenen Familien, egal ob sozialschwach oder mit Kinder-Internet-Kreditkarten, das ist das von uns gezüchtete
Problem, das ist die „Nächste Generation“! Interfax meldet
die erste progressive und vernünftige Herangehensweise an
den Online-Wahn aus China: gezollt den alarmierenden Umständen. Die chinesische Regierung will exzessives Onlinespielen eindämmen, um so vor allem Kinder und Jugendliche vor Spielsucht zu bewahren. Hat sich die chinesische
Generaladministration für Presse und Publikation ausgedacht. Zensur als letzte Hilfe, sehr schade. Der FAZ zufolge gibt es an die 140.000 von Online-Spielsucht gefährdete
Erwachsene in Deutschland („Overnext Generation“). Leute, die ihr Leben, ihre Verantwortungen, ihre Finanzen nicht
mehr ohne Hilfe, wenn überhaupt, hinbekommen. Ich fordere chinesische Verhältnisse. Sofort.
Love Shelley Masters
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Shelley Masters plädiert seit 1996 für gezielten, überwachten Computergenuss der „Nächsten Generation“ und hält die Computerspielindustrie und ihre Produkte für die Inkarnation des Teufels.
Videogossip
STORIES: KOLUMNE
62
Die Welt von World of Warcraft ist sehr eigenartig und für
Außenstehende kaum schlüssig nachzuvollziehen. Das Universum jedenfalls entwickelt sich immer mehr zum Abbild
des realen Lebens, Pandemieangst inklusive. Unlängst wurde
WoW von einer blutigen Infektion heimgesucht. Spieler höherer Levels wurden mit einem virtuellen Virus infiziert, das
wiederum Spieler der unteren Levels sofort tötet. OnlineTerroristen hatten einen Weg gefunden, ein Tier, eigentlich
nur als Begleiter gedacht, mit dem Virus zu infizieren und es
so in die gesamte Online-Welt zu schicken. Und zack waren
mehrere tausend Spieler verblutet und manche Dungeons
und Areale glichen einer einzigen Skelettwüste. Schräg.
Christian Gaca, Chefredakteur der [ple:]. Ist politisch eher im linken
Spektrum orientiert, hält kommunistische Reglementierungsversuche
von Video- und Computerspielen allerdings für wahnsinnig. War noch
nie in China, würde aber gerne mal hin.
Im kommunistisch regierten China führt derweil die Angst vor
den Auswüchsen der Online-Spielsucht dazu, dass sich sieben lokale Spieleentwickler mit ihrer Unterschrift unter das
Beijing-Accord dazu verpflichtet haben (oder mussten), künftig ein so genanntes Anti-Obsessions-System in ihre Werke
zu integrieren. Dies ist quasi die Vorstufe einer Betty-FordKlinik für Spielsüchtige. Nach drei Stunden Spielzeit reduziert
sich die Höhe der Erfahrungspunkte und Belohnungen. Nach
fünf Stunden gibt es gar nichts mehr zu gewinnen, außer,
dass womöglich das Level des Spielers runtergesetzt wird.
Schon klar, dass wenn einer weiß, was gut und gesund für die
Zocker ist, dieser jemand aus den Reihen der Partei kommen
muss. Zum Glück bin ich nicht WoW-süchtig und Chinese. So
viel staatliche Zuneigung wäre mir nämlich etwas zu viel.
Bestens, Christian
Im kommunistisch regierten China führt derweil die Angst vor den
Auswüchsen der Online-Spielsucht dazu, dass Spieleentwickler ein
Anti-Obsessions-System in ihre Werke integrieren müssen.
63
STORIES: KOLUMNE
Videogossip
Das alles allerdings fand nur virtuell statt. Vor einigen Tagen
indes nutzte eine junge Chinesin mit dem Onlinenamen
„Snowly“ ihre Herbstferien dazu, extensiv und am Stück ins
WoW-Universum einzutauchen – und hat es so in die Schlagzeilen geschafft. Sie ist nämlich im echten Leben vor dem
PC gestorben. Todesursache: zu lange am Stück gezockt.
Über die Beisetzung des armen Mädchens ist nichts bekannt,
jedenfalls nicht über ihre reale. Online hingegen habe zahlreiche WoW-Spieler an einer Gedenkfeier für sie teilgenommen, eine gleichermaßen schöne wie absurde Geste. Da knieten die Überlebenden einmütig ins der Steppe der WoW-Welt
und hielten inne. Minuten später waren alle Beteiligten in Bits
und Bytes zerstreut und wahrscheinlich wieder auf der Jagd
nach Erfahrungspunkten und Ausrüstungsgegenständen.
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Realität
STORIES
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Sie ist derzeit omnipräsent, die neue Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. So taucht die 51-Jährige nun auch im Video-spiel
Liebesgrüße aus Moskau auf, allerdings fast gänzlich ohne politischen Hintergrund. Es ging um die Steigerung ihrer Sympathiewerte. Im Zuge einer von langer Hand geplanten Kampagne
zur Kontaktaufnahme mit der Jugend hatte die CDU den Publisher Electronic Arts überredet, ihre beste Kraft ins Spiel zu
integrieren. Die im In-Game-Advertising derzeit wegweisenden
Manager bei EA stimmten gegen die Zahlung einer niedrigen
sechsstelligen Summe zu, „Angie“ dezent in die Story zu integrieren. Das Beste: Sie mussten nichts ändern. Bösewichtin
Rosa Klebb (brillant im Original: Lotte Lenya) sieht nämlich fast
genauso aus wie Angela Merkel, wenn ihr die Partei-Werber
nicht gekonnt die Falten wegretuschieren. Nur noch schnell
zur Sicherheit: Die Geschichte ist natürlich ausgedacht. Aber
hinterlistig und fies sind sie irgendwie doch beide. (CG)
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STORIES
STORIES: UNTERWEGS
66
Trotz einer mittlerweile recht ansehnlichen Softwarebibliothek gibt es auf der PSP noch wenig innovative Ansätze, die über gewöhnliche PS 2-Umsetzungen hinausgehen. Umso gespannter war die komplette Fachwelt
auf Sonys Eigenentwicklung Pursuit Force, verknüpft sie
doch innovative Spielideen mit hervorragender Technik
und perfekt angepasster Mobile-Unterhaltung. Die Story ist schnell erklärt: Der Spieler übernimmt die Rolle eines Polizisten, der im Sportwagen Jagd auf skurrile Gangs macht und in spannenden Verfolgungsjagden
ihre Verbrechen vereiteln muss. Besonders gelungen
ist dabei die Möglichkeit auf feindliche Fahrzeuge zu
springen und dann im Nahkampf diese sogar zu übernehmen. Pursuit Force wirkt wie ein innovativer Ableger
von GTA, mit hervorragender Technik und einmaligem
Gameplay. Leider verhageln zwei kleine, aber entscheidende Fehler die Stimmung. Nicht nur, dass die Einsätze selbst in den ersten Missionen extrem anspruchsvoll ausfallen, nein, bei den teilweise über zehn Minuten
langen Missionen muss man nach dem Scheitern immer
wieder ganz vorne anfangen. (KM)
ARMORED FORCES
SYSTEM: PLAYSTATION PORTABLE
HERSTELLER: SONY
GENRE: 3D-ACTION-RENNSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA (WIRELESS)
SYSTEM: HANDY
HERSTELLER: LIEBLINX.NET
GENRE: STRATEGIE
RELEASE: JANUAR 2006
ONLINE: JA (GPRS)
PURSUIT FORCE
Normalerweise vergeht mir ziemlich schnell die Lust,
wenn ich mich an einem Handyspiel versuche. Als Padverwöhnter Gamer will ich Geschicklichkeitsspiele nicht
auf einem winzigen Nummernfeld spielen. Zur großen
Freude meiner Daumen konnte ich jetzt endlich mal ein
Genre probespielen, das wirklich auf dem Handy funktioniert: Strategie. Um Armored Forces zu spielen, muss
man sein Handy nicht umbringen. Man kann ganz entspannt Einheiten setzen und dabei auch noch vernünftige Gespräche führen. Aber nicht nur das gefällt an Armored Forces. Entgegen meiner Erwartungen hat mich
vor allem die Komplexität des Spiels fasziniert. Unglaublich, wie viel in dieses Handy-Advance Wars hineingepackt wurde. Alle gängigen Strategiefeatures sind
enthalten, und das Problem des geringen Speicherplatzes ist man geschickt mit einer Uploadfähigkeit umgangen. So können die etwas mageren zehn Missionen
nachträglich aufgestockt werden. Grafik und Präsentation sind ebenfalls gut gelungen und sogar fast auf GBANiveau. Ein weiteres Lob verdient die Bedienbarkeit.
Durch zahlreiche Steuerungshilfen kommt man auch
ohne Mouse schnell voran und wünscht sich eigentlich
nur noch eines: Neue Levels! (AH)
Endlich findet sich auch das Bildungsbürgertum im großen Programmheft der Videospiele widergespiegelt. Wer
sich als ZEIT-Leser gerne die Zeit bis zum Fünf-Uhr-Tee
mit intellektuell anregenden Rätselmissionen vertreibt,
sollte sich für die nächste Flugreise zu den Eltern nach
Sun City eine PSP und Go! Sudoku zulegen. Das Spiel erscheint auf den ersten Blick wie ein Relikt aus vergangenen Tagen: Keine aufwendige Grafik, keine Spezialeffekte, keine Physikengine. Nur neun Rechtecke, die
wieder in neun Rechtecke aufgeteilt sind. Und die Zahlen
Eins bis Neun. Jene müssen möglichst schnell und mathematisch korrekt innerhalb des einzelnen Kästchens
sowie im Rahmen des gesamten Kästchengefüges platziert werden. Eine hoch komplexe Welt tut sich da auf,
die erst gar nicht so wirkt, einen aber schnell einnehmen
kann. Vorausgesetzt es besteht eine zumindest latente
Neigung zu absurden Mathematikknobeleien. Persönlich habe ich das immer für albern gehalten, bis mir der
Schriftsteller Simon Singh die Augen für die Schönheit
der Mathematik geöffnet hat. So macht auch Go! Sudoku
für mich absolut Sinn. (CG)
MARIO KART DS
SYSTEM: PLAYSTATION PORTABLE
HERSTELLER: SONY
GENRE: PUZZLE
RELEASE: 7. DEZEMBER 2005
ONLINE: JA (WIRELESS)
SYSTEM: NINTENDO DS
HERSTELLER: NINTENDO
GENRE: RENNSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: JA (WiFi + WIRELESS)
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Im Zuge einer erneuten Neuauflage schickt Nintendo
seinen Dauerbrenner als Version für das Nintendo DS
ins Rennen. Mario Kart DS sieht grafisch extrem gut
aus auf dem DS und spielt sich ohne Touchpadunterstützung so perfekt wie eh und je. Inhaltliche Neuerungen gibt‘s im Detail: neben 16 bekannten Strecken
aus alten Versionen 16 neue Kurse, die wesentlich länger und ausgefuchster gelayoutet sind. Im Einzelspielermodus warten Grand Prix, Time Trial, Vs- und Battle- sowie der neue Missionsmodus. Mehrspielermäßig
ist Mario Kart DS einerseits mit bis zu acht Spielern via
Wireless-Netzwerk nutzbar. Doch viel grandioser ist,
dass der kleinen Kasten erstmals die integrierte WiFiFunktion des DS nutzt. Will heißen, mit dem DS kann
man ab sofort unterwegs online spielen. Und zwar völlig
kostenlos! Dazu sind zum einen die rund 5500 WLANHotSpots der T-Com und von T-Mobile im Rahmen einer
exklusiven Kooperation nutzbar. Ein paar Klicks reichen
– und völlig unkompliziert ist man online und kann mit
Spielern aus der ganzen Welt zocken. Auch alle anderen
WLANs stehen offen. Bis zu drei Accounts können angelegt werden, auch verschlüsselte Netze sind mit Passwortkenntnis nutzbar. (CG)
STORIES: UNTERWEGS
GO! SUDOKU
KRITIK
LIEBESGRÜSSE AUS MOSKAU
WWE SMACKDOWN VS RAW 2006
GTA: LIBERTY CITY STORIES
CALL OF DUTY 2
MARIO SMASH FOOTBALL
SOUL CALIBUR 3
d
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Augeum Auge,
Rad umRad.
Verfolgungsjagd durch die Stadt!
Du kommst durch das Villenviertel.
Eigentlich eine ruhige Gegend, bevor du da warst.
Jetzt driftest du durch jede Kurve und zeigst ihnen,
was Spaß bedeutet. Als kleines Dankeschön hetzen
sie alle Cops der Stadt auf dich.
Du genießt es, denn jetzt ist mal Action angesagt
in dieser langweiligen Gegend.
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needforspeed.de
PlayStation®Portable
© 2005 Electronic Arts Inc. Electronic Arts, Need for Speed, EA and the EA logo are trademarks or registered trademarks of Electronic Arts Inc. in the U.S. and/or other countries. All Rights Reserved. The BMW logo,
wordmark and model designations are trademarks of BMW AG and are used under license. Xbox, Xbox 360, and the Xbox, and Xbox 360 logos are either registered trademarks or trademarks of Microsoft Corporation in the U.S. and/or other
countries and are used under license from owner. “PlayStation” and the “PS” Family logos are registered trademarks of Sony Computer Entertainment Inc. “
” is a trademark of Sony Computer Entertainment Inc. NINTENDO GAMECUBE,
THE NINTENDO GAMECUBE LOGO, GAME BOY ADVANCE AND NINTENDO DS ARE TRADEMARKS OF NINTENDO. All other trademarks are the property of their respective owners. EA™ is an Electronic Arts™ brand.
LIEBESGRÜSSE
AUS MOSKAU
10
KRITIK
70
SYSTEM: GAMECUBE, PLAYSTATION 2, XBOX
HERSTELLER: ELECTRONIC ARTS
GENRE: 3D-ACTION-SHOOTER
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: NEIN
Seit Mitte der 80er Jahre werden die Leinwandabenteuer des
bekanntesten Geheimagenten ihrer Majestät von passenden
Spieleumsetzungen begleitet. Da das Lebenswerk des BondErfinders Ian Fleming schon lange ausgeschöpft ist, so dass
die aktuelleren Filme ohne eine Romanvorlage auskommen
mussten, sah man auch bei Electronic Arts keine Notwendigkeit mehr, auf Kino-Nachschub zu warten. Die Konsolentitel
Agent im Kreuzfeuer, Nightfire und Alles oder Nichts boten
zwar die Gesichtszüge von Pierce Brosnan sowie bekannte
Gadgets, Autos und Girls, die Stories waren jedoch eigens für
die Spiele geschrieben worden. Während sich die Welt momentan fragt, wie findige Stylisten den Blondschopf vom neuen 007-Gesicht Daniel Craig in eine Bond-kompatible Form
bringen werden, besann man sich bei EA kurzerhand der Wurzeln des Agentenmythos und lizenzierte das Konterfei des jungen Sean Connery sowie weitere Ingredienzien des Klassikers
Liebesgrüße aus Moskau.
Schon im spielbaren Epilog und dem Intro wird deutlich, dass
die Entwickler das Ziel hatten, den legendären Charme der
Vorlage mit den Charakteristika ihrer Eigenentwicklungen zu
paaren. So ist die Third-Person-Ansicht nebst Zielsystem aus
Alles oder Nichts übernommen, als Pixel gewordenes BondGirl muss Natasha Bedingfield herhalten, und in den Fahrbzw. Flugabschnitten detonieren die Raketen im Sekundentakt. Die übertriebene Action der späteren Leinwandabenteuer
wird somit in die Anfänge der Serie retransplantiert. Es kracht
und scheppert an allen Enden. Mr. Bond lässt sich wunderbar
direkt durch die Levels steuern, wobei eine einzige Taste als
kontextsensitiver Heilsbringer zum Springen, Abseilen, Tische
umwerfen und Nachladen dient. Findige Agenten halten diesen Button also in Dauerbetrieb, genau wie den Trigger für die
automatische Zielfunktion, die jeden lebensmüden Ostblockschurken sofort in den Mittelpunkt des Geschehens rückt.
Jetzt nur noch den Abzug von einer der zahlreichen Handfeuerwaffen betätigt - als Vorbilder dienen die üblichen Verdächtigen von der Walther PPK bis zur AK47 - und schon heißt es
leben und sterben lassen.
Besonders filmgetreu mutet dabei die Tatsache an, dass
selbst Minigun-schwingende Iwans den britischen Superspion in Ruhe lassen, so lange sich dieser im Nahkampf befindet. Wird in Gegnernähe nämlich eine eingeblendete Taste in
Quicktime-Event-Manier gedrückt, entschwindet der Schurke nach einer martialischen Animation ins Reich der Träume.
So können dicht zusammenstehende Feindesgruppen in aller
Ruhe ungefährlich gemacht werden, ohne dass die Lizenz zum
71
Die Lokalitäten, die Bond in Schweizer Käse umwandeln darf,
sind selbstverständlich an die Handlung des Films angelehnt,
und die Schlüsselszenen werden überzeugend in Spielgrafik
wiedergegeben. Besonders die digitalen Konterfeis der Hauptdarsteller sind gelungen, und so freuen sich Fans über ein
Wiedersehen mit Q, Moneypenny und der herrlich fiesen Rosa
Klebb. Unterteilt ist jede Mission in einzelne Abschnitte, so
dass Schießereien, Schleichmissionen, Verfolgungsjagden und
Railshooter-Sequenzen abwechslungsreich unter einen Hut
gebracht werden. Der Handlungsfreiraum ist dabei allerdings
sehr eingeschränkt, meistens führt nur ein vorgegebener Weg
zum Ziel und auch Vehikel wie der berühmte Raketenrucksack
lassen sich nicht frei einsetzen. Das Salz in der Suppe ist für
anspruchsvollere Spieler also das bereits aus den Vorgängern
bekannte Belohnungssystem: Durch Erreichen gewisser ParWerte und der Durchführung spektakulärer 007-Aktionen, von
denen allerdings nur noch eine pro Level existiert, lassen sich
vier Bonusmissionen freischalten. Wer im „Impossible Mission“-Stil gewissenhaft Aktenschränke durchsucht kommt darüber hinaus an Forschungspunkte, die in Upgrades für Waffen
und die beliebten Gadgets aus dem Q-Labor investiert werden
können. So werden die Magazine erweitert, Feuerraten optimiert und – ganz wichtig – die Dicke der kugelsicheren Weste
erhöht. Gekonnte Moves wie Körperzonentreffer oder Nahkampfattacken werden zu guter Letzt in Skill-Punkte umgemünzt, mit denen sich zusätzliches Material wie Trailer oder
Mehrspielercharaktere freischalten lassen. Unter letzteren
befinden sich illustre Herrschaften wie Goldfinger und Doktor No, die sich wie gehabt im Splitscreen gegenseitig in den
Rücken fallen. Diesmal stehen dabei sogar einige Vehikel zum
Einsatz bereit, Bots sind hingegen immer noch nicht zuschaltbar – obwohl deren Herstellung für einen gewissen Herrn Q
doch überhaupt kein Problem sein dürfte! (KH)
POPWISSEN
DAS PERFEKTE GEFÄHRT
Der silberfarbene Aston Martin DB 5 ist wohl das schönste aller Autos, das
je von 007 gesteuert wurde. Haben sich wohl auch die klugen Designer bei
Electronic Arts gedacht, und den britischen Sportwagen mit dem klappbaren Kennzeichen BMT 216 A (die andere Version zeigt 4711 EA 62) in
ihr neues Spiel integriert. Nur allzu verständlich dieser Schritt, dummerweise spielt der Aston Martin DB 5 in der Filmfassung von Liebesgrüße aus Moskau keine Rolle, sondern taucht erst im danach abgelieferten
Goldfinger auf. Korrekterweise dürfte Bond im Spiel nur im Bentley Mark
IV Convertible chauffiert werden, so war es in der Filmvorlage. (CG)
KALLE MAX HOFMANN
HILFLOSE SCHÖNHEIT GEGEN WINTERDEPRESSION
Der Name James Bond steht schon seit Anbeginn eher für dicke Explosionen, potente Luxuskarossen und hilflose Schönheiten, als für Subtilität und Tiefgang. Von daher haben EA mit ihren Adaptionen immer voll
ins Schwarze getroffen und das Software-Equivalent zum Popcorn-Kino
geschaffen: Abwechslungsreiche, actiongeladene und einfach spaßige
Spiele. Liebesgrüße aus Moskau bereichert diese Kollektion um ein
weiteres Exemplar, das seinen Vorgängern gleicht, wie ein Fabergé-Ei
seiner Kopie. Die Schattenseite ist, dass der Profi-Zocker erneut wehmütig an Rares N 64-Interpretation des 007-Themas denkt. Es geht halt
auch komplexer, und gerade bei einer Anlehnung an die Connery-Ära
hätte ich mir mehr Mut zur Extravaganz gewünscht. Aber gegen Winterdepressionen helfen Actionfilme einfach besser als Dogma-Schwergewichte, und so können Fans bedenkenlos zugreifen.
KRITIK
Töten überstrapaziert wird. Das ist wirklich mehr Connery
als Brosnan, Knochenbrüche oder gar Blutfontänen gibt es in
einem Spiel des Gentleman-Agenten natürlich sowieso nicht
zu sehen. Was Kollateralschäden angeht, gibt sich EA hingegen nicht mit den genretypischen explodierenden Fässern
zufrieden – die meisten Levels lassen sich fast schon in Crisis Zone-Manier in Einzelteile zerlegen, bis der Putz von den
Wänden rieselt.
WWE SMACKDOWN
VS RAW 2006
KRITIK
72
SYSTEM: PLAYSTATION 2, PSP
HERSTELLER: THQ
GENRE: PRÜGELSPORTSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (JA), CONTENT (NEIN)
Wer bei Begriffen wie Clothesline oder Irish Whip ans Wäschetrocknen oder sahnehaltige Liköre denkt, braucht gar
nicht erst weiter zu lesen. WWE Smackdown vs Raw 2006 ist
nämlich ein Spiel für beinharte Wrestling-Kenner, die seit
den Tagen des N 64 auf einen Thronfolger für den Genrekönig WWF No Mercy warten. Seit dieser Zeit hat sich bei der
Präsentation natürlich viel getan, und mit der nochmaligen
Erhöhung der Polygonzahl sind im vorliegenden Titel mit Sicherheit die detailliertesten Konsolenwrestler aller Zeiten
zu bewundern. Auch die Einmärsche der Superstars wurden
noch einmal aufgebohrt und sind erstmals auch selbst editierbar, so dass authentische Fernsehatmosphäre aufkommt.
Ein viel größeres Problem stellte aber in den letzten Jahren
das Gameplay dar, vor allem die Computergegner ließen sich
meist mit – im wahrsten Sinne des Wortes – bis zum umfallen wiederholten Billigattacken platt machen. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde die Kampfengine um zwei kleine, aber
strategisch extrem wertvolle Komponenten erweitert: Die
Ausdauer- und Momentum-Werte. Hyperaktive Wrestler geraten durch zu viele Powermoves aus der Puste, sie taumeln
dann durch den Ring und müssen per Tastendruck neue Kraft
schöpfen. Dabei sind sie gegnerischen Angriffen allerdings
wehrlos ausgesetzt. Besonders variantenreiche Kampftaktiken begeistern hingegen die Fans und füllen die Momentum-Anzeige – ist diese voll, kann ein Finisher ausgeführt
werden, der auf Wunsch auch für einige neue Anwendungen
aufgehoben werden kann. Besonders hinterlistig ist dabei die
Möglichkeit, sich K.o. zu stellen und dann den siegessicheren
Gegner zu überwältigen – dirty!
Ein für die taktische Würze der Kämpfe ebenfalls erheblicher Faktor ist natürlich die Intelligenz der Computergegner, und auch in diesem Bereich wurde noch einmal nachgelegt. Generell spielen die CPU-Kollegen nun überlegter, und
die Künstliche Intelligenz kann in verschiedenen Parametern angepasst werden. Leider gilt dies global für alle Kämpfer, durch eine individuelle Einstellung eines jeden Wrestlers
hätte leicht noch ein höheres Maß an Abwechslung erreicht
werden können. Apropos Abwechslung: Wie es sich für ein
Profisport-Update gehört, sind auch hier einige interessante
73
Dieses Defizit wird jedoch durch die größte Neuerung der
2006er-Ausgabe mehr als aufgewogen: Nach dem Vorbild anderer Sportumsetzungen haben die Entwickler diesmal einen kompletten Managerteil integriert. Als Vorsitzender von
Smackdown oder Raw gilt es, der jeweils anderen Veranstaltungsreihe den Rang abzulaufen. Dazu wollen Kämpfe organisiert, Buchhaltungen gewälzt und genretypisch tonnenweise von einprogrammierten E-Mails gelesen werden. Natürlich
bleiben diese Mühen nicht umsonst. Zahlreiche Old-SchoolWrestler warten darauf, freigespielt zu werden. Um in den
Genuss sämtlicher versteckter Extras zu kommen, reichen
aber Erfolge als Superstar und Manager nicht – auch die Connectivity mit dem in Bälde erscheinenden WWE-Titel für die
PSP verspricht noch einiges an Geheimnissen.
So richtig in Fahrt kommt ein Wrestling-Game jedoch trotz
all dieser herrlichen Features nur im Mehrspielermodus.
Offline fliegt bei 6-Spieler-Multitap-Royal-Rumbles so richtig die Kuh, aber auch im Internet steht endlich das Gros der
Spielmodi zur Verfügung. Durch Spieler-Ratings und neue Sicherheitsfeatures ist hier eine höhere Transparenz gewährleistet, leider fehlen immer noch Buddy-Listen und vor allem
ein Voice-Support, der den Spaßfaktor von Tag-Team-Matches
sicherlich noch einmal gehörig anheben würde. Dafür können
selbstgebaute Wrestler nun auch online getauscht werden,
und dank der immensen Reichhaltigkeit der vorhandenen Gestaltungsoptionen wird sicherlich bald der eine oder andere
heruntergeladene Promi für Lacher im Ring sorgen! (KH)
POPWISSEN
GLOCKENGELÖT
Dass die Stars der amerikanischen Wrestling-Ligen ein sehr expressives Völkchen sind, ist nicht erst seit den rosa Hosenträger von Bret
The Hitman Hart klar. Auch als Sänger versuchen sich die Muskelpakte
seit Jahrzehnten, mit mäßigem Erfolg. Auf routiniert geschmackssicheren Plattencovern schenkt uns Hulk Hogan sein Lächeln, während
Randy Savage garstig mit den Ketten rasselt. Jesse Ventura hat auch
mal eine Platte gemacht, bis er zum 38. Gouverneur des US-Bundesstaates Minnesota aufstieg. (KH)
KALLE MAX HOFMANN
DIE NEUE WRESTLING-REFERENZ
Die Experten sind sich einig, und ich stimme vorbehaltlos zu: WWE
Smackdown VS Raw 2006 ist die neue Referenz im Wrestling-Genre.
Echte Kenner des Sports wähnen sich aufgrund der Optionsvielfalt im
Paradies, Anfänger haben dagegen einen schweren Stand: Die Dokumentation ist leider etwas dürftig ausgefallen, in der Anleitung werden die
umfangreichen Möglichkeiten nur kurz angerissen und ein Tutorial sucht
man vergebens. Aber was soll’s, Fans von komplexen Virtua-Fights oder
blitzschnellen Smash-Brothers-Scharmützeln werden mit dem rustikalen Flair der amerikanischen Ringer-Shows sowieso nicht warm werden.
Bei dessen Umsetzung wurden allerdings wirklich alle Register gezogen,
mir haben besonders die herrlichen Cutscenes gefallen. Hier wird der
leicht cheesige Charme des Originals mit einem netten Schuss Selbstironie perfekt rübergebracht.
KRITIK
neue Spielmodi hinzugekommen. Auf das Buried Alive Match
warten Fans des Undertaker schon lange, endlich können
auch auf Konsole unliebsame Kontrahenten erst weichgeklopft, dann eingesargt und schließlich standesgemäß beerdigt werden. Und in Käfig-, Leiter- und Barschlägereien geht
es ebenfalls gewohnt ruppig zur Sache. Der Storymodus eliminiert mit den sehr engagiert eingesprochenen Stimmen der
Originalakteure eines der Mankos des Vorjahres. Die Präsentation der Cutscenes ist nun sehr professionell und unterstreicht mit zahlreichen Anspielungen die Liebe zum Detail.
Erkauft wird dies allerdings mit weniger Entscheidungsfreiheit seitens des Spielers, so dass die Motivation zu einem erneuten Durchspielen etwas leidet.
GTA: LIBERTY CITY
STORIES
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KRITIK
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SYSTEM: SONY PSP
HERSTELLER: ROCKSTAR LEEDS, ROCKSTAR NORTH
GENRE: ACTION-ADVENTURE
RELEASE: ENDE OKTOBER 2005
ONLINE: MEHRSPIELER (JA, WIRELESS)
Es tut gut, wieder daheim zu sein. Daheim in Liberty City.
Gut, dass GTA wieder ein Mafiaspiel ist. Ein leidenschaftliches Epos über die vermeintlich einfachen Dinge im Leben
eines Mannes. Vertrauen, Betrug, Liebe, Geld, Drogen und
Autos. Das ist auch 1998 nicht anders, in dem Jahr, als Tony
Cipriani zurück nach Liberty City kommt, um die Stadt zurückzuerobern. Er will das Drogengeschäft, die Nutten und
die Gewerkschaften kontrollieren. Erst warten lauter kleine
Drecksjobs, und am Ende die fetten Deals. Rockstar fährt
erneut das gesamte, politisch vollkommen unkorrekte Programm ab, und bleibt sich damit in jederlei Hinsicht treu.
So bleibt es nicht aus, dass der gute Tony Cipriani zwischen
die Fronten gerät, innerhalb der Gangwelt aus Triaden und
rivalisierender Italo-Mafia, kolumbianischen Drogenbossen und korrupten Gewerkschaftlern. Die Handlung startet
stringent, fächert sich im Spielverlauf astartig in mehrere
Stränge auf. Die können wie gewohnt nach Lust und Laune
in beliebiger Reihenfolge abgehakt werden. Kein Problem
also, eben der Frau vom Boss beim bargeldlosen Shoppen
zu assistieren, um kurz danach für den guten Salvatore ein
Casino zu schützen. Im Spiel werden immer wieder aus alten Teilen bekannte Charaktere und Szenarien zitiert. Das
macht es für Fans der Serie an vielen Stellen zu einer Reise
in die Vergangenheit. Wobei ausdrücklich festgehalten wer-
den muss, dass GTA: Liberty City Stories kein Clone eines
alten GTA-Teiles ist. Alle Missionen sind komplett neu, auch
die Stadt ist leicht verändert. Auch einen komplett eigenen
Soundtrack hat Rockstar spendiert, der wieder einmal hervorragend mit dem Spiel-Setting korrespondiert. Besonderes Schmankerl ist diesmal ein vollwertiger Mehrspielermodus, der bis zu sechs Spielern die Möglichkeit gibt, via
Wireless-Netzwerk miteinander (oder besser gesagt: gegeneinander) zu spielen. Als Levelgrundlage dienen jeweils
Areale von Liberty City, viele der im Spiel auftauchenden
Charaktere sind spielbar. Als Modi gibt es Death Match, Capture The Flag und eine extrem lustige Variante, wo sich alle
Spieler als Autodiebe messen müssen. Optisch erhellt GTA:
Liberty City Stories die PSP auf erstaunliche Weise, sieht
absolut besser aus als die Playstation 2-Version. Da gibt es
nichts zu meckern. Die Steuerung funktioniert intuitiv hervorragend, wurde sanft den Eigenheiten der PSP angepasst.
Die toll erzählten Missionen sind grundsätzlich kurz, dauern
maximal vielleicht vier bis sechs Minuten. Synonym zu GTASpielen stehen seit jeher die große Bewegungsfreiheit und
die wenigen Einschränkungen. Die gefühlte Freiheit ist und
bleibt auch bei Liberty City Stories enorm. (CG)
KRISTIAN METZGER
DER ABSOLUTE PFLICHTKAUF FÜR DIE PSP
In den letzten Monaten habe ich die PSP mehr zum Vorzeigen rausgeholt, als zum wirklichen Spielen. Bis auf wenige Ausnahmen sind mir
die meisten PSP-Spiele doch noch zu gewöhnlich und bieten keinen
wirklichen Mehrwert. Zu wenige Entwickler haben sich die Mühe gemacht, das bewährte Playstation-Gameplay für den mobilen Einsatz zu
adaptieren oder gar zu optimieren. Selbst wenn man also unterwegs
ist, sorgen lange und sperrige Levels mehr für Frust als für Lust. So
musste erneut Rockstar ankommen, um den ultimativen Grund für den
Kauf einer Sony-Konsole zu liefern. Mit GTA: Liberty City Stories haben
die amerikanischen Entwickler nicht nur eine mobile Version von GTA 3
abgeliefert, sondern das beliebte Spielprinzip perfekt für den mobilen
Gebrauch angepasst. Kurze, spannende Missionen und eine geniale
Grafik machen GTA zum absoluten Pflichtkauf für die PSP.
CALL OF DUTY 2
12
75
Eigentlich ist es ja langweilig, immer über innovationslose Spiele und lieblose Multiplattform-Titel zu jammern.
Schließlich machen die meisten Titel trotzdem Spaß und
erfüllen ihren Zweck. Trotzdem wünscht man sich gerade bei der nächsten Generation mehr als nur ein Grafikupdate. Ein gutes Beispiel hierfür ist Call of Duty 2, das sich
nicht nur erneut beim ausgelutschten Weltkriegs-Szenario
bedient, sondern sich trotz überlegener Technik und größerer Freiheit kaum vom ersten Teil unterscheidet Erneut wird
der „große“ Krieg aus der Sicht von drei alliierten Soldaten
erzählt, die sich von Stalingrad über die Wüste rund um El
Alamein bis hin zum D-Day durch die deutschen Abwehrreihen kämpfen müssen. Erneut wird rotzfrech aus Filmvorlagen geklaut und spielerisch vor allem auf Elemente aus dem
ersten Teil zurückgegriffen. Allein die gigantischen Levels
mit ihrer spielerischen Freiheit überzeugen völlig. Dank des
hervorragenden Schussverhaltens werden so selbst kleine
Scharmützel zu verbissenen Feuergefechten, die durch die
intelligenten Gegner nur selten langweilig werden.
Das Gameplay unterscheidet sich trotzdem über die gesamte Länge kaum von vergleichbaren Spielen, außer das
man nur selten an Levelbarrieren stößt. In nahezu jedem
Szenario gibt es verschiedene Wege, um zum Beispiel eine
MG-Stellung auszuheben oder ein Farmhaus einzuneh-
men. Auch die Reihenfolge der Ziele ist nicht fest vorgegeben, trotzdem muss der Spieler am Ende alle Aufgaben
lösen – Sekundärziele, Fehlanzeige. Während in der Gameplaysektion alles beim Alten geblieben ist, hinterlässt die
Grafik schon eher einen bleibenden Eindruck. Was Infinity Ward da auf den Bildschirm gezaubert hat, schlägt selbst
Grafikschwergewichte wie Half-Life 2 um Längen. Tonnenweise Spezialeffekte, gelungene Details wie stimmungsvolle
Schneeverwehungen oder Seriennummern auf den Waffen
sorgen, zusammen mit dem besten Rauch in der Spielgeschichte, für eine geniale Atmosphäre.
Unverständlich ist dagegen der fehlende Einsatz eines Physik- und Ragdoll-Systems. Gerade weil das Spiel so viel
Wert auf Authentizität legt, stören die immer gleichen Sterbeanimationen und die Unverwundbarkeit der Gegenstände.
Selbst ein schnöder Eimer wird durch den Schuss aus einer Handfeuerwaffe nicht einen Millimeter verschoben. Hier
wirkt Call of Duty 2, genauso wie bei den geskripteten Ereignissen, über weite Strecken arg altbacken. Im Jahr 2005 und
angesichts der existenten Möglichkeiten sollten solche Krücken eigentlich nicht mehr nötig sein. (KM)
MATTHIAS ADLER
UNGEMEIN DICHTE ATMOSPHÄRE
Besonders originell ist die Idee, einen Egoshooter in die Zeit des Zweiten
Weltkriegs zu verlegen, ja beileibe nicht mehr. Call of Duty 2 geht dabei
allerdings wie sein Vorgänger vollkommen andere Wege, wenn es um die
Präsentation des Ganzen geht. Und die Faszination Call of Duty 2 leitet
sich von der ungemein dichten Atmosphäre her. Mehr als bei jedem anderen Shooter fühlt man sich direkt in einen damals Beteiligten versetzt.
Die geskripteten Ereignisse und das relativ gute Verhalten der Bots, der
gezielte Einsatz von Soundeffekten und die sehenswerte Grafik kommen hier in annähernder Perfektion zusammen. Nachdem man die ersten Levels hinter sich hat, drängt sich der Eindruck auf, das Geschehene
tatsächlich erlebt zu haben. Leider hat das Vergnügen einen sehr hohen
Preis. Den der Hardware nämlich. Erst auf modernsten Rechnern kann
man sich trauen, das Detail um eine Stufe höher zu stellen.
KRITIK
SYSTEM: PC, XBOX 360
HERSTELLER: INFINITY WARD, ACTIVISON
GENRE: 3D-EGOSHOOTER
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (NEIN)
MARIO SMASH
FOOTBALL
KRITIK
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SYSTEM: GAMECUBE
HERSTELLER: NEXT LEVEL GAMES, NINTENDO
GENRE: SPORTSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (NEIN)
Wenn Nintendo für eines wirklich bekannt ist, dann waren
und sind das immer wieder Sequels des ewigen Mario-Themas. Ich würde mich freuen, wenn sich ein Kollege einmal
die Mühe machen und auszählen würde, für was der arme
Klempner schon alles herhalten musste. Jump’n’Run, Golf,
Tennis, Malen, Graffitis entfernen oder Party machen – fast
nichts wurde in der bewegten Vergangenheit ausgespart.
Außer Fußball. Aber auch das hat seit Ende November endlich ein Ende. Mit Mario Smash Football arbeitet sich der
wohl amerikanischste Italiener zur sportlichen Heimat vor:
auf den grünen Fußballrasen.
Ganz im Sinne von Sport-Versoftungen der Mario-Serie geht
es aber weniger um authentische Simulation, sondern um
eine augenzwinkernde Umsetzung des Themas. So wartet
auch dieses Mal keine aufwendige Knopfdrück-Kombinationsparade auf die Nintendo-Fans, sondern simpel umgesetzter Spielspaß. Selbst die (sorry: oft weibliche) Ichdrück-einfach-mal-drauf-los-Fraktion ist binnen Minuten
mit dem Spielkonzept vertraut und liefert sich packende
Duelle auf dem Kleinfeld. Jede Mannschaft hat vier Spieler,
einen Kapitän und drei Gefolgsleute. Der Boss hat spezielle
Fähigkeiten, kann mit einem ausdauernden Druck auf die
rote Taste Energie aufladen, die sich in einem Super-Schuss
entlädt und den Keeper mit ins Netz befördert.
Bis zu vier Spieler können sich im Offline-Mehrspielermodus in ein oder zwei Teams verteilen. Das Spiel dort wird übrigens schnell extrem chaotisch und durcheinander, da der
mangelnde Simulationsanspruch mit ordentlicher Action
ausgeglichen wurde. Wer etwa fies foult (was eigentlich fast
automatisch passiert), versorgt sich selbst mit einem echten Nachteil. Die gegnerische Mannschaft kriegt als FoulAusgleich ein Item auf ihr Konto gut geschrieben, das sofort
zum eigenen Vorteil nutzbar ist. Der Sturmlauf kann so mit
roten, ihr Ziel selbständig suchenden Schildkrötenpanzern
unterstützt werden. Oder der Gegner wird auf Knopfdruck
eingefroren, von Bomben gegrillt oder rutscht auf den nebenbei fallen gelassenen Bananen aus. Natürlich kann man
auch jederzeit selbst von diesen Unglücken ereilt werden,
was das Chaos auf dem Spielfeld nur noch verstärkt. Wenn
dann noch Bowser auftaucht und das Spielfeld Feuer spuckend zu einer Seite kippt, ist der Wahnsinn perfekt. Doch
auch abseits des dominanten Mehrspielermodus bietet Mario Smash Football Kurzweil für so einige Stunden, in denen
man sich durch diverse Cups und Meisterschaften spielen
kann. Und im Legendenmodus sind die Gegner wirklich eine
echte Herausforderung! (CG)
CHRISTIAN GACA
SIMPEL + SPASSIG + SCHÖN = SMASH FOOTBALL
Mario Smash Football ist auf seine Art ein famoses Spiel. Es ist einfach,
so einfach, dass es wirklich jeder Neuling in drei Minuten verstanden
hat. Trotzdem bietet es genügend Spieltiefe, um selbst gestandene Zocker eine Weile bei der Stange zu halten. Das liegt wohl primär daran,
dass es Nintendo wie kein zweiter Publisher versteht, spaßig schöne
Spielkonzepte simpel umzusetzen. Dem freundlichen und knallbunten
Design können sich nur die miesmuscheligsten Zeitgenossen wirklich
entziehen. Und wer einmal im Battlemodus gelandet ist, drückt fast
fremdgesteuert immer wieder die Rematch-Taste. Nach dem Motto:
Klar will ich noch mal, die Niederlage gerade war doch reines Glück.
Das lustige ist, dass das irgendwie sogar stimmt. Denn manchmal nützen bei Mario Smash Football alle Skills nichts. Dann sind einfach alle
und ist alles gegen einen. Herrlich!
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SOUL CALIBUR 3
KRITIK
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SYSTEM: PLAYSTATION 2
HERSTELLER: NAMCO, SONY
GENRE: 3D-PRÜGELSPIEL
RELEASE: ERHÄLTLICH
ONLINE: MEHRSPIELER (NEIN), CONTENT (NEIN)
Trotz einiger Proberunden im Boxring und der jugendlichen
Begeisterung für Martial Arts konnten mich Beat’em-ups
nur ein paar Jahre lang in den 90ern fesseln, bis ich gelangweilt in die Shooter- und Strategiefraktion übergewechselt
bin. Vor allem die geringe Anzahl von Mitspielern, die sich in
meinem Freundeskreis finden lässt, sorgt dafür, dass selbst
ausgewachsene Prügelmeisterwerke im Schrank verstauben.
Während damals auf dem Dreamcast das alte Soul Calibur
zuletzt dafür sorgte, dass die Nacht zum Tage gemacht wurde, gingen die aktuellen Tekken- und Dead-or-Alive-Spiele an
mir vorbei. Der Kick, eine perfekte Kombo auszulösen oder
alle Spezialangriffe auswendig zu lernen, hält sich in Grenzen. Und auch die unterschiedlichen Kampfstile der Charaktere können mich nicht vom Hocker reißen. Einzelspielermissionen wie bei Tekken sind schon ein netter Ansatz, aber erst
die Optionsvielfalt von Soul Calibur 3 treibt mich wieder vors
Joypad. Die Faszination liegt hierbei nicht in der schon viel zu
oft durchgekauten Geschichte vom bösen Schwert Soul Edge
oder der gegenüber Soul Calibur 2 nur dezent verbesserten
Grafik. Vielmehr begeistert die gewaltige Optionsvielfalt und
die gigantische Spieltiefe. Ein weiterer Pluspunkt ist die erneut angewachsene Charaktergemeinde, die für jeden Spielertypus gleich eine ganze Reihe neuer Gesichter parat hält.
Siege im Einzelspielermodus ermöglichen es, im Shop mit
dem verdienten Kopfgeld den Charakteren neue Waffen oder
einfach gleich neue Charaktere zu kaufen. Die neuen Gegenstände kommen der Charakterkreation zu Gute, denn Soul
Calibur 3 enthält auch einen kompletten Kämpferbaukasten,
bei dem der Spieler nicht nur das Äußere, sondern auch den
Kampfstil und die Waffen selbst bestimmen kann. Im Handumdrehen ist so ein gestähltes Pendant seiner selbst erstellt,
das sich mit den Originalkämpfern allemal messen kann.
Allein mit diesem Tool kann man mehrere Stunden verbringen, was zusammen mit dem umfangreichen Einzespielermodus mindestens 20 Stunden Spielspaß garantiert. Gerade für
ein Beat’em-up jede Menge Spielspaß, schließlich multipliziert sich dieser Wert mit einem begeisterten Mitspieler mindestens um das Doppelte. Das bietet zwar auch die Konkurrenz, doch schließlich steht nicht immer ein Freund parat, da
muss auch der Einzelspielerspaß stimmen. Und hier schlägt
Soul Calibur 3 die Konkurrenz um Längen. (KM)
ANDREAS HEIBERGER
DAS FEELING IST UND BLEIBT GENIAL
Schon der Vorgänger hat genug Umfang für wochenlanges Zocken geboten, aber mit diesem Teil können sich Fans nun zu Hause einmauern.
Dafür sorgen nicht nur der non-lineare Einspielermodus mit alternativen Enden, der wirklich zum mehrfachen Durchspielen motiviert.
Auch 43 Kämpfer, ein umfangreicher Turnier-Modus, ein (recht simples) Strategiespiel und ein richtig guter Player-Editor kosten Zeit. Damit wird Soul Calibur 3 zum besten Beat’em-up, das sich Solo-Prügler
wünschen können. Schade, dass es nur eine PS2-Version gibt. Technische Verbesserungen fallen somit unter den Tisch. Xbox-Fans hoffen
auf eine Version für Microsofts 360, denn im Vergleich zu Dead or Alive
4 sieht das Geschehen doch etwas altbacken aus. Gut, dass Namco das
Gameplay so gelassen hat wie es ist, denn das Feeling der Kämpfe in
Soul Calibur ist und bleibt genial.
79
GHOST RECON ADVANCED WARFIGHTER
DEMNÄCHST
80
DIE NEUE [ple:] ERSCHEINT ANFANG FEBRUAR 2006
JOYSTICK & CO.
Eingabegeräte sind das Salz in der Suppe der zockenden Generation. Wo PC-Spieler auf Maus und Tastatur schwören,
können Konsolenbesitzer nicht genug von ihren Joypads und
Controllern kriegen. Und am liebsten werden diese durch
möglichst krude und abgefahrene Eingabegerätschaften ergänzt. Wir wagen einen Blick in die Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft der Signalübermittlung.
Zudem werden wir in einem weiteren Schwerpunkt die zweite
Welle der Xbox 360-Spiele unter die Lupe nehmen und schauen, wie Microsoft den Launch seiner ersten Next-Gen-Konsole
absolviert hat und was Sony entgegenzusetzen hat.
WE LOVE KATAMRI
THE LEGEND OF ZELDA: TWILIGHT PRINCESS
Bis dahin, bleibt uns treu, feiert schön Weihnachten und
kommt gut ins neue Jahr. Wir stoßen auf jeden von euch an.