Rotary – ein Service Club

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Rotary – ein Service Club
Soziale Netzwerke
Rotary – ein Service Club
Geschrieben von Christian Düblin
Einleitung
Xecutives.net widmet sich in den nächsten Monaten dem Thema „Soziale Netzwerke“. In
einer Reihe von Interviews und Fachbeiträgen wird versucht, ausgewählte NetzwerkVereinigungen und Organisationen sowie deren Zielsetzungen vorzustellen.
Rotary ist zweifelsohne einer der ältesten und bekanntesten Service Clubs auf der Welt. Der
nachfolgende Beitrag über Rotary soll dem interessierten Leser Einblicke in ein gut
organisiertes und potentes soziales Netzwerk geben, ohne dabei jedoch den Anspruch auf
Vollständigkeit zu erheben. Er soll lediglich der Orientierung dienen und soll dem
interessierten Leser einen Überblick verschaffen.
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1.1.
Allgemeines zu „Service Clubs“
Ein Service Club ist ein auf Statuten basierender Verein1, in dem sich Menschen
zusammenfinden und die Geselligkeit pflegen, der Hilfs- und Spendenprojekte durchführt,
auf die eine oder andere Art und Weise wohltätig ist und wo berufliche sowie geschäftliche
Kontakte gepflegt werden2. Service Clubs kamen anfangs des 20. Jahrhunderts vor allem in
den USA auf3. Schon 1905 wurde Rotary gegründet4. Bald darauf folgten Lions und Kiwanis.
Sie alle verbindet die gemeinsame Idee, in der Gesellschaft wohltätige Zwecke zu
verfolgen5.
Die heute noch bekannten Service Clubs standen vorerst nur Männern offen. Es gab jedoch
vor allem in den USA auch eine Vielzahl von wohltätigen Vereinigungen, die von Frauen
geleitet und organisiert wurden. Viele Service Clubs nehmen heute Frauen auf.
Die grosse Anzahl der Mitglieder in all diesen Service Clubs rechtfertigt es, auf diese
Netzwerke etwas näher einzugehen.
Die bekanntesten und in den meisten Ländern auf dieser Welt aktiv tätigen Service Clubs
sind Rotary, Lions und Kiwanis. Zahlreiche Gespräche mit Netzwerkspezialisten zeigen,
dass Rotary als der etablierteste Service Club gilt. Aus diesem Grunde soll in der Folge
etwas näher auf Rotary und seine Geschichte eingegangen werden.
Der geschichtliche Hintergrund der einzelnen Service Clubs muss bekannt sein, will man
sich über diese Netzwerke ein Bild machen. Was in der Folge über Rotary gesagt wird, kann
analog auch auf die anderen Service Clubs übertragen werden. Die Zielsetzungen und
Leitbilder der diversen Service Clubs unterscheiden sich in der Regel nur unwesentlich.
1 Der Verein ist eine personenbezogene Körperschaft zur Verfolgung nichtwirtschaftlicher Zwecke, die ein
kaufmännisches Unternehmen betreiben kann und für deren Verbindlichkeiten, vorbehältlich einer anderen
statutarischen Ordnung, ausschliesslich das Körperschaftsvermögen haftet. Der Verein wurde als
Organisationsform zur Verfolgung nicht wirtschaftlicher, sogenannter idealer Zwecke ausgestaltet. In ihm sollten
sich wissenschaftliche, kulturelle, politische, wohltätige, gesellige und ähnliche Verbindungen organisieren
können. S. Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 und Schweizerisches
Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907.
2 S. www.wikipedia.org.
3 Die Idee, sich in Clubs zu treffen, ist schon viel älter. Fast alle Service Clubs wurden von Logen inspiriert, die
von europäischen Einwanderern in die USA „importiert“ worden sind. So ist bekannt, dass viele Rotarier in den
USA auch Freimaurer waren, also beiden Vereinigungen angehört haben.
4 S. www.rotary.org.
5 Ein Experte (Name dem Verfasser dieser Arbeit bekannt) meint: „Vorbilder der Service Clubs waren Logen.
Man muss sich vorstellen, dass es in den meisten Ländern damals noch nicht möglich war, einen Verein zu
gründen. Auch heute noch ist dies in vielen Ländern nicht möglich. Vor allem kirchliche und staatliche
Institutionen sind dieser Art von Organisationen, in denen man sich getroffen hat, ein Dorn im Auge gewesen, da
sie nicht kontrolliert werden konnten. Das hat dazu geführt, dass Service Clubs, aber auch andere Netzwerke, die
sozialen Ziele in den Vordergrund gesetzt haben. Man nannte sich „gemeinnützig“ oder „wohltätige“
Gemeinschaft, um keine Angriffsfläche für Kritik zu bieten. Den Service Clubs ist es auch darum gegangen, die
Rituale, die innerhalb der Logen praktiziert worden sind, zu kappen.“
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Manch ein Club mag sich mehr der Kultur widmen, andere Clubs haben sich zum Ziel
gesetzt, Kindern zu helfen und die Armut zu bekämpfen6. Der Aufbau, die Organisation
sowie die Aufnahmekriterien sind bei all diesen Clubs ähnlich.
Festgestellt werden kann in Bezug auf die einzelnen Service Clubs eine weitere
Gemeinsamkeit. Die einzelnen Clubs innerhalb ein und desselben Service Clubs sind von
Klassenunterschieden geprägt. Ein Rotary Club in den grossen Zentren wie Basel oder
Zürich kann nicht tel quel mit einem Rotary Club in einer ländlichen und weniger
industrialisierten Gegend verglichen werden. Diese Betrachtung wird von vielen Vertretern
der einzelnen Clubs nicht geteilt. Im Gespräch mit Netzwerkspezialisten und auf die Frage,
ob es solche Klassenunterschiede in einem und demselben Service Club gebe, kommt klar
hervor, dass es Klassenunterschiede gibt.
Für die Auseinandersetzung mit den Service Clubs ist diese Erkenntnis wichtig, denn sie
zeigt auf, dass jeder einzelne Club eines Service Clubs in Bezug auf Prestige und
Establishment gesondert betrachtet werden muss. Auch gibt es länderspezifische
Unterschiede. So kann es sein, dass ein Service Club in einem Land einer breiten
Bevölkerungsschicht offen steht, in einem anderen Land aber nur gehobene Schichten in
einen Club aufgenommen werden. Es bedarf deshalb bei jedem einzelnen Club einer
gesonderten Betrachtung. Rotary ist deshalb nicht einfach Rotary.
1.2.
Rotary
1.2.1. Geschichtliches
Der Rotary-Club ist weltweit der wohl bekannteste und renommierteste Service-Club. Er gilt,
wie oben dargestellt, unter den Service Clubs als Spitzenclub.
Die Rotarier sind weltweit vertreten und stellen ein beachtliches Netzwerk dar. Die Mitglieder
setzen sich in der Regel aus berufstätigen Führungskräften und Geschäftsleuten zusammen.
Gegründet wurde Rotary am 23. Februar 1905 in Chicago, Illinois/USA7. Paul Harris, ein
Rechtsanwalt, beschloss damals zusammen mit drei Freunden, gute geschäftliche Kontakte
zu pflegen, wohltätig zu sein und sich diesbezüglich in gewissen Zeitabständen zu treffen.
Dabei wurde zwischen den Büroräumlichkeiten der vier Freunde rotiert. Man gab dem Club
6 S. z.B. Kiwanis.
7 In den Zehner- und Zwanzigerjahren wurden eine ganze Anzahl weiterer Clubs gegründet. So entstanden
„Kiwanis“ (1915) und „Lions „ (1917). Diese Social Clubs, in denen man sowohl Privates als auch Geschäftliches
austauschte und sich wohltätigen Zwecken widmete, trafen den damaligen Zeitgeist, nämlich wirtschaftlich in
einer freien Marktwirtschaft tätig zu sein, sich aber verantwortungsvoll gegenüber der Gesellschaft zu verhalten.
Hierfür brauchte man den Begriff „civic responsibility“.
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daher den Namen „Rotary“. Mit der Zeit stiessen immer mehr Personen zu Rotary.
Anfänglich durfte nur eine Person einer Berufsgruppe vertreten sein.
Die Idee, Freundschaft und Geschäft zu verbinden, entsprach dem damaligen Zeitgeist.
Schon im Jahre 1911 wurden dann erste Rotary-Clubs in Europa gegründet. Im zweiten
Weltkrieg wurde Rotary vom NS-Regime in Deutschland verboten8, was zu einer kurzen
Stagnation führte.
Die Entwicklung von Rotary ist imposant. Einige aktuelle Zahlen sollen hier kurz aufgeführt
werden9:
•
32'403 Rotary Clubs
•
1'221'920 Rotarier
•
168 Rotary Länder.
Rotary steht allen Kulturen und Religionen offen und ist politisch unabhängig. 1989 entschied
Rotary, auch Frauen aufzunehmen10.
Interessant ist, dass Rotary, insbesondere in den USA, den Freimaurern sehr nahe stand.
Etliche Rotarier aus den USA waren in der Vergangenheit auch Mitglieder bei den
Freimaurern11.
Zahlreiche bekannte Menschen gehörten und gehören Rotary an. So waren bzw. sind
beispielsweise der Schriftsteller Thomas Mann, der Mickey Mouse-Erfinder und -Zeichner
Walt Disney, die amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy sowie Ronald Reagan, der
chilenische Diktator Pinochet sowie Prinz Rainier III. von Monaco Rotarier gewesen12.
1.2.2. Ziele
Die Ziele von Rotary sind kurz zusammengefasst Folgende:
•
Freundschaften pflegen;
8 Rotary hat in Deutschland in den Dreissigerjahren angefangen, jüdische Mitglieder auszuschliessen und hat mit
der NSDAP kooperiert. Auch der Eintritt von hohen Nazi-Schergen konnte dann aber nicht verhindern, dass
Rotary trotzdem verboten wurde. Die internationalen Beziehungen und die Zielsetzungen von Rotary passten
nicht ins Bild des Nazi-Regimes. Die Nazi-Kontakte von Rotary-Deutschland werfen einen Schatten auf Rotary
und
führen
auch
heute
noch
zu
zahlreichen
Diskussionen.
S.
hierzu
beispielsweise:
www.wikipedia.org/wiki/Rotary_International, mit weiteren Informationen und Hinweisen.
9 Aus Rotaryworld, Ausgabe Oktober 2005, GE, Band 12, No. 2.
10 Kiwanis nimmt seit 1947 Frauen auf!
11 Brodbeck Karl, Freimaurerlogen, Die verschiedenen Systeme und ähnliche Organisationen, Verlag Paul
Haupt, Bern 1948, S. 135 f. Am Schluss des Buches wird auf „Andere Organisationen“ eingegangen. Nebst
Rotary werden unter diesem Titel noch Schlaraffia und die „Philantropische Gesellschaft, Union“ beschrieben.
12 Unter www.rotaryhistoryfellowship.org/history/famous/ finden sich weitere illustre Namen aus der Rotary-
Gemeinde.
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•
für die Allgemeinheit nützlich sein und hohe ethische Grundsätze verfolgen;
•
sich gegenseitig beruflich fördern;
•
einen Beitrag für den Weltfrieden leisten.
Der Grundsatz lautet: „Service above self – Selbstloses Dienen“.
Rotary setzt sich weltweit für eine ganze Anzahl von gemeinnützigen Projekten ein. Das wohl
bekannteste Projekt der Rotarier ist „PolioPlus“, das 1985 in die Welt gerufen wurde. Ziel ist
es, alle Kinder gegen Kinderlähmung zu impfen und damit die Ausrottung der Kinderlähmung
auf der Welt herbeizuführen. Das fast vollständige Verschwinden dieser Krankheit ist
wesentlich den zahlreichen Aktivitäten der Rotarier zu verdanken.
Rotary unterstützt weltweit hunderte von Projekten zur Bekämpfung von Hunger,
Analphabetismus und AIDS-, Drogen- sowie Umweltschutzprogramme. Ausserdem setzt
sich Rotary für Kinder und Betagte ein. Ein weiteres herausragendes Programm nennt sich
3-H-Zuwendungen. Die drei „H“ stehen für „Hunger, Health and Humanity“.
Rotary International unterhält eine grosse Stiftung, die zahlreiche Personen oder Projekte
unterstützt (The Rotary Foundation, TRF). So werden beispielsweise Hochschuldozenten
finanziell unterstützt, die sich bereit erklären, in abgelegenen und minder privilegierten
Regionen zu dozieren. Rund 1'000 Stipendien werden jährlich von Rotary an Studenten
vergeben, die für Studienaufenthalte ins Ausland gehen13.
Erwähnenswert ist, dass Rotary beste Beziehungen mit dem Economic and Social Counsel
(ECOSOC) der UNO pflegt und dort beratend tätig ist. Dasselbe gilt für die Educational
Scientific and Cultural Organization (UNESCO)14.
1.2.3. Organisation
Die Dachorganisation der Rotarier ist Rotary International mit 17 Vorstandsmitgliedern. Diese
werden am Jahreskongress der Rotarier auf jeweils zwei Jahre gewählt. Der Jahreskongress
wird jedes Jahr in einem anderen Land abgehalten. Das Rotary-Sekretariat befindet sich in
Chicago/USA, dem ehemaligen Gründungsort von Rotary.
Rotary wird von einem Präsidenten und einem Zentralvorstand verwaltet. Der Service Club
teilt die Welt in verschiedene geografische Distrikte ein. Jeder Distrikt hat einen sogenannten
Governor. In der Schweiz gibt es deren drei. Es herrschen klare Regeln und
13 Der Zeitschrift „Rotaryworld“, Ausgabe Oktober 2005, GE, Band 12, No. 2, kann entnommen werden, dass
Rotary in den letzten 10 Jahren rund 10 Mio. Dollar „für Initiativen, die hauptsächlich der Aus- und Weiterbildung
Jugendlicher dienten“ ausgegeben hat. S dazu auch www.rotary .org mit weiteren Informationen zur Stiftung und
zu diversen Projekten.
14 Die Gründung der UNESCO reicht ins Jahr 1942 zurück. Damals legte man an einer Rotary-Konferenz in
London die Grundbausteine für die UNESCO.
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Gesetzmässigkeiten. Rotary ist bis ins Detail organisiert. Die einzelnen Club-Präsidenten
haben sich nach Möglichkeit an diese Regeln zu halten und dafür zu sorgen, dass die
Vorschriften eingehalten werden.
Rotary setzt also ein klares Bekenntnis auf Seiten der Mitglieder voraus15. Jedem Rotary
Mitglied steht es frei, eine gewisse Anzahl von Meetings in einem anderen Club zu
besuchen, um seiner Präsenzpflicht gerecht zu werden. Es erhält dann eine Präsenzkarte,
die bestätigt, dass es in einem anderen Club am wöchentlichen Treffen anwesend war. Die
Präsenzpflicht beträgt seit 2008 50%.
Die Frage an diverse Rotarier, wie gross der Zeitaufwand für die Mitgliedschaft in einem
Service Club durchschnittlich pro Woche etwa sei, ergab einen Durchschnittswert von rund 3
Stunden. Einige Netzwerkspezialisten gehen von einem halben Tag pro Woche aus. Viele
Gesprächspartner machten darauf aufmerksam, dass sich der zeitliche Aufwand mit
speziellen Ämtern im Service Club noch wesentlich erhöhen könne.
Rotary fällt als sehr gut organisiert auf. Es gibt kaum eine Frage, die nicht in einem
Reglement oder in einem sonstigen Dokument beantwortet würde. Interessant ist die
Website von Rotary16. Sie bietet eine ganze Anzahl von Hinweisen und Verhaltensregeln
sowie dutzende von Beiträgen zum Thema „Rotary“. So kann hier nachgelesen werden, wie
man ein neues Club-Miglied behandelt und wie man seine Kinder und die Familie Rotary
näher bringt. Es gibt spezielle Rotary-Clubs für Kinder zwischen 14 und 18 Jahren (Interacts)
und Jugendliche zwischen 18 und 30 Jahren (Rotaracts). Letztere zählen weltweit bereits
über 145'000 Mitglieder. Für Nachwuchs, so scheint es jedenfalls auf den ersten Blick, ist
gesorgt. Gemäss der Zeitschrift „Cash“ ist die Zahl der Rotary-Mitglieder in den reichen
Ländern trotzdem rückläufig. Ein Rotary-Governor erklärt dies mit dem Stress der Leute im
Geschäftsalltag17. PD Dr. Urs Herzog, Governor in der Schweiz, stellt im Gespräch fest, dass
dieser Mitgliederschwund nur auf die USA, Japan und Kanada zutreffe. In Europa sei Rotary
am Wachsen. Rotary sei in den letzten Jahren in der Schweiz jährlich 3 bis 5% gewachsen.
Die meisten traditionellen Netzwerke bis hin zu den Zünften und Studentenverbindungen
beklagen sich über rückläufige Mitgliederzahlen und leiden an Überalterung.
1.2.4. Mitgliedschaft
Eine Mitgliedschaft bei Rotary kommt in der Regel zustande, indem ein Rotarier eine
interessierte Person vorschlägt. Dieser Rotarier nimmt in einem solchen Fall die Funktion
15 Die meisten Service Clubs aber auch Logen kennen diese „Präsenzpflicht“.
16 www.rotary.org.
17 Albisser, Eugen: Networking Businessclubs, Vitamin in konzentrierter Form, in: Cash, 17.2.2005, Nr. 7, S. 28.
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eines Mentors (Götti- oder Pate-Prinzip) ein. Andere Rotarier können Einspruch erheben.
Nur wenn alle einverstanden sind, wird das neue Mitglied in den Kreis der Rotarier
aufgenommen. Es herrscht somit das Einstimmigkeitsprinzip. Nach Angaben von Mitgliedern
wird hier allerdings nicht überall gleich verfahren.
Auch hier stellt man im Gespräch mit Mitgliedern fest, dass es durchaus auch andere
Vorstellungen gibt, wie man Mitglieder aufnehmen könnte. Viele Rotary-Mitglieder würden es
begrüssen, wenn ein Kandidat einfach einen Vortrag vor dem Club halten würde. Somit
würde man von einem Interessenten einen guten Eindruck erhalten und könnte sich die
ganze Administration ersparen.
Wie sich ein Mentor gegenüber seinem Mentee (man könnte auch sagen „Schützling“)
verhalten soll, ist reglementarisch ebenfalls genau beschrieben.
Aber auch hier muss klar gestellt werden, dass viele dieser oben genannten „Regeln“ von
den Clubs nicht, oder nicht konsequent, angewendet werden. Jeder Club hat seine eigenen
Statuten und somit sein Eigenleben.
1.2.5. Einschätzung und Nutzen
Rotary ist ein potentes Netzwerk und kann sich in Bezug auf eine Karriereplanung positiv
auswirken. Gerade das Prinzip, dass von jeder Berufsgattung nur eine bestimmte Anzahl von
Mitgliedern pro Club erwünscht ist, macht sich für die entsprechenden Vertreter natürlich
bezahlt18. Konkurrenz gibt es nur sehr beschränkt und man behält seine Mitgliedschaft bis
zum Tode oder bis zum Austritt.
Rotarier sind in der Regel Menschen, die in gut situierten Verhältnissen leben und in
Führungspositionen oder selbständig tätig sind. Viele Rotarier haben sich, wie auch viele
Mitglieder anderer Service Clubs, in der Gesellschaft mit bestimmten Leistungen
hervorgetan. Somit ist bereits die Eintrittshürde kurz umschrieben, die es für eine
Mitgliedschaft bei Rotary zu nehmen gilt. Die meisten Menschen, die Rotary oder ähnlichen
Netzwerken beitreten, haben zuvor die ersten wesentlichen Karriereschritte hinter sich
gebracht.
Rotary sowie auch alle anderen Service Clubs können in Bezug auf Geschäfte, Kontakte und
auch Karrieren im Ausland eine grosse Rolle spielen. Mit über 30'000 Clubs auf der ganzen
Welt ist Rotary fast überall anzutreffen. Geht ein Rotarier ins Ausland, so kann er sich mit
dem entsprechenden Club in Verbindung setzen. Diese länderübergreifenden Beziehungen
funktionieren gemäss Netzwerkexperten relativ gut und können sich auch auf das
18 Für die Anzahl Berufsgattungen in einem Club bestehen klare Regeln. Näheres hierzu findet sich z.B. unter:
www.rotary.org.
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Geschäftsleben auswirken. Tatsache ist jedoch, dass diese Netzwerke in der Schweiz nur
selten für Geschäftsbeziehungen im Ausland eingesetzt werden.
Viele Menschen wollen sich heute keinem Service Club oder ähnlichen Organisationen mehr
anschliessen, da ihnen die Präsenzzeiten und die zahlreichen Regeln nicht genehm sind und
ein Trend Richtung Internet-Netzwerke besteht, die mehr Flexibilität gewährleisten. (Die
Rotary-Präsenzpflicht wurde im Jahr 2008 auf 50% reduziert.) In einer Zeit, in der man nicht
mehr jahrelang an demselben Ort arbeitet und wohnt, ist ein geordnetes Vereinsleben auch
nicht mehr ganz so einfach, wie dies möglicherweise noch vor 10 oder 20 Jahren der Fall
war. Gefragt sind, vor allem bei jüngeren Menschen, Netzwerke, bei denen man nicht allzu
sehr geographisch gebunden ist.
Auch unter den Service Clubs herrscht somit Konkurrenz. Das führt dazu, dass Rotary die
Eintrittshürde für die Mitglieder anpassen muss, was vor allem in ländlichen Clubs bereits
geschehen ist. So ist es etwa ein grosser Unterschied, irgendwo in einer ländlichen Gegend
Mitglied in einem Rotary-Club zu sein oder in einem herausragenden Club in einer
Grossstadt. Diese Differenzen scheinen innerhalb der Rotary-Gemeinde zu einer Art
„Zweiklassengesellschaft“ zu führen, ein Phänomen, das auch bei anderen Service Clubs
sowie bei Logen zu erkennen ist.
Da Rotary, wie auch die meisten anderen Service Clubs, wie bereits erwähnt, sehr geregelt
und reglementiert daherkommen und eine ganze Anzahl von Verhaltensvorschriften sowie
Sitzungen vorgegeben werden19, fragt es sich, ob Individualisten oder freiheitsliebende
Menschen sich von Rotary angesprochen bzw. sich nicht doch eingeschränkt fühlen. Viele
Gespräche mit Netzwerkspezialisten haben denn auch gezeigt, dass diese Vorschriften oft
ein Grund zu sein scheinen, einem Service-Club nicht beizutreten. Es wurde aber auch
verdeutlicht, dass diese Regeln nicht im Vordergrund stehen und im täglichen Rotary-Leben
nicht überbewertet werden sollten.
Rotary kann also ein attraktives Netzwerk sein und sich für eine Karriere förderlich
auswirken. Ein aufgeschlossener Netzwerker hat mit Rotary weltweit eine ausgezeichnete
Plattform, um sich sozial und beruflich entfalten sowie sich in der Gesellschaft wohltätig
einbringen zu können; Vorteile, die nicht unterschätzt werden sollten.
19 Albisser (Fn. 17), S. 28.
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