Chromeo

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Chromeo
Ein paar Fragen an Chromeo . USBlutsauger
Homepage: www.myspace.com/chromeoner; www.spreadcolor.ch
Welche Kunst machst du? Warum diese Form?
Es ist immer schwierig, sich einzuordnen. Ich würde mich wahrscheinlich als
postmodernen Semi-Photorealisten bezeichnen… ;)
Postmodern vor allem, weil ich gerne bestehendes und eigenes Bild- und
Arbeitsmaterial benutze, um es schliesslich in einen neuen Kontext zu bringen.
Semi-Photorealist weil meine Arbeiten zwar realistisch gemalt sind, aber es
Hperrealisten wie Tasso und Belin gegenüber ein Affront wäre, wenn ich mich da in die
gleiche Sprühlade stecken würde…
Wann hast du damit angefangen und wie ist es dazu gekommen?
Angefixt wurde ich schon als kleiner Sprenzel, durch die guten, alten
Autobahnbombings, die mich Autoscheiben anlaufen, und in diesen milchigen Flächen
meine ersten Tags enstehen liessen.
1998 schliesslich verlor ich meine Unschuld. Meine ersten Flirts mit der
Sprühlackbüchse fanden vor allem im nächtlichen Rahmen statt. Danach ging ich
vorwiegend den legalen Weg, wobei ab und an immer noch genacht und –nebelt werden
muss…
Was erhoffst du dir von der IBUg? Warst du schon mal bei der IBUg?
Ich erhoffe mir in erster LInie richtig schön abgefuckte, vergangenheitsgeprägte, Spots,
die nach Penetration schreien.
Aber auch gegen ne gesunde Erweiterung meines Netzwerkes hab ich nichts
einzuwenden… ;)
Was bewegt und inspiriert dich zu deiner Kunst? /
Grundsätzlich sehe ich mich als Schwamm(kopf), der mit offenen Poren durch den
Alltag streift, immer auf der Suche nach neuen Geschichten, die erzählt werden wollen.
Inspirieren lasse ich mich von allem, was mir vor die Iris kommt. Ob dies nun andere
Künstler sind, oder auch nur Wände, die mir Dinge suggerieren, ist egal.
Gibt es etwas was du mit deiner Kunst vermitteln willst?
Das Wort “Vermitteln” hat so einen elitären, subordinierenden Anstrich….
Mit meinen Arbeiten will ich eher erzählen, manchmal amüsieren, ab und an aber auch
Rotlicht-Signale setzen. Ich sehe mich als subjektiven Spiegel, in dem sich mein
Zeitgeist reflektiert.
Welche Materialien und Farben benutzt du am liebsten?
Die Sprühdose ist die ruhende Konstante, deren Begleitung aber regelmässig wechselt.
Im Moment interessiert mich im Kunststudium vor allem die Materialien Bitumen, Zucker
(auch in karamellisierter Form) und diverse zueinander heterogene Lackfarben.
An der Wand sind es eher die üblichen Verdächtigen wie Streichfarbe, Kleister,
Schablonen, etc.
Was war dein spannendstes Erlebnis mit deiner Kunst?
Eine dreitägige Odyssee nach Italien, bei der unsere einzige Intention war, möglichst
viele Abbruchhäuser und –fabriken aufzuspüren und farbig auszuräuchern… ;)
So fuhren wir schliesslich für zwei Wände, bzw. zwei Fotos 1700km in drei Tagen und
fanden Spots, die mir heute noch chromiges Salzwasser in die Tränensäcke schiessen
lässt, wenn ich nur daran denke…
Hast du Lieblingskünstler? Wenn ja, welche?
Diese Liste ist relativ lang…
Sie dreht sich rund um den Überbegriff Realismus:
Von der Farbigkeit und Lichtgebung sind Edward Hoppers (amerikan.Realismus) aber
auch Belin’s Werke sehr beeindruckend.
Technisch faszinieren mich die amerikanischen Hyperrealisten wie Ralph Goings(!), und
Richard Estes, aber auch Sprühlackierer wie Aryz, Sex, Tasso, Akut und Dome’s Duktus
sehr.
Von der Bildsprache- und Komposition her betört mich die Maclaim-Bande schon sehr!
Ganz aktuell aber driftet mein Interesse stark in Richtung “Nouveaux Réalistes” wie
Jackson Pollock. Statt der ewigen Frage: Was male ich? interessiert mich je länger, je
mehr die Frage: wie male ich, und wie kann ich meine Malverhaltensmuster brechen.
Auch die Auseinandersetzung mit indirektem Farbauftrag und dem Zufall in der Kunst
sind prägende Fragen, welche die Schiess-und Spritzbilder von Niki de Saint Phalle und
Pollock in mir ausgelöst haben...
Was ist deine Lieblingsmusik?
Mit der Musik führe ich ein polygames Verhältnis. So höre ich von Classics wie Bob
Dylan und Frank Sinatra, Marvin Gaye und Al Green zu feinstem Indy-Rap wie
Atmosphere und Brother Ali, weiter zu Elektro und Minimal alles, was Blues und Funk
hat…;)
Welcher ist der verrückteste Ort an dem du jemals Kunst gemacht hast?
Ich hoffe mal, das wird die IBug-Location sein… ;)
Nein, ich glaube, das war in Leipzig in einer alten Russenresidenz, in der jahrelang kein
Mensch war und russische Wandmalereien die Wände zierten.
Im obersten Stock hatte es ein Loch in der Decke, aus dem schon meterhohe Gebüsche
wuchsen. Und die Tapeten in dieser Villa…
mmmmmmm es war Liebe auf den ersten Cap-druck!
Oder wars doch in Italien, als wir eine Fabrik fanden, in der die Wände alle 50 Meter ihre
Farbe wechselten, bzw. es verschiedene Farbräume für jeden Geschmack hatte…
Gibt es für dich in deiner Kunst Tabus?
Naja, “Tabus” und “Kunst” im selben Satz ist schon fast Blasphemie…;)
Aber in der Tat gibt es einige Motive, denen ich mich wohl nie bedienen werde, ausser
vielleicht für ne kleine Persiflage davon: und zwar wären das die klassischen 0815Motive der Graffitiszene, die mir jedes Mal wieder die Kotze in Auge und Hirn schiessen
lassen: Die da wären: Porträts von Rappern wie 2Pac, 50Cent, etc. und chauvinistische
Motive wie halbnackte Frauen in Bikinis oder generell pornografisches Bildmaterial usw.
Ich glaube generell langweilt mich die blosse Wiedergabe einer Fotografie.
Will heissen, wenn du der Wand ein Gesicht gibst, dann schau, dass sein Mund auch
was zu sagen hat… ;)