In Stuttgart gibt es bisher keinen Grund zur Panik Ein Volk für 70 Euro

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In Stuttgart gibt es bisher keinen Grund zur Panik Ein Volk für 70 Euro
STUTTGART
Stuttgarter Zeitung Nr. 127
Dienstag, 5. Juni 2007
19
Bienensterben in Amerika beunruhigt auch in Deutschland viele Menschen
Ein Volk
für 70 Euro
Wissenswertes über die Bienen
Die Deutschen lieben Honig, doch meistens kommt er heute aus dem Ausland –
dies sind die wichtigsten Fakten rund um
Bienen, Imker und Honig.
Bisher alles in Ordnung: der Hobbyimker Uwe Krüger inspiziert seine Völker.
Fotos
Heinz Heiss
In Stuttgart gibt es bisher keinen Grund zur Panik
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Imker haben aber Probleme mit Milben, der landwirtschaftlichen Monokultur und dem Mangel an Nachwuchs
Das dramatische Bienensterben in Amerika bewegt auch in Europa die Gemüter
– die emotionale Bindung an alle kleinen
Bienen Maja scheint riesengroß zu sein.
In der Region Stuttgart sehen Imker aber
keinerlei Anlass zu Panik. Doch sie kämpfen gegen viele andere Probleme.
Von Thomas Faltin
Fast liebevoll streicht der Hobbyimker Uwe
Krüger ganze Hundertschaften von Bienen
mit der bloßen Hand von den Seiten seines
Bienenstocks ab, um den Metalldeckel wieder aufsetzen zu können – gestochen wird er
dabei nicht ein einziges Mal. „Heute werden
vor allem sanftmütige Völker gezüchtet, um
dem Imker die Arbeit zu erleichtern“, erklärt
der promovierte Chemiker und biologisch
arbeitende Imker, dessen zehn Völker in
einem Schrebergarten in Kaltental stehen.
Der Nachteil der Sanftmut: die Bienen verteidigen sich selbst dann nicht mehr richtig,
wenn es um ihr Leben geht. Im vergangenen
Jahr haben Hornissen so ein Jungvolk Krügers
ausgeräubert und komplett ausgelöscht.
Drei herausragende Jahre
Doch die weltweite Tendenz der Schmusezucht dürfte mit dem dramatischen Bienensterben in den Vereinigten Staaten nichts zu
tun haben. Dort beklagen manche Imker den
Verlust von 80 Prozent ihrer Völker über den
Winter. Katastrophenszenarien geistern seither durch die Gazetten, frei nach dem Motto
„Erst stirbt die Biene, dann der Mensch“.
Tatsächlich sind zahlreiche Pflanzen, zum
Beispiel Obstbäume, zwingend auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen; der Ertrag
könnte also ohne Bienen deutlich sinken.
Allerdings haben an der Bestäubung bei vielen Pflanzen auch andere Insekten sowie der
Wind ihren Anteil.
Viele Naturschützer, Imker und Honigmäuler blicken seit diesem Frühjahr sorgen-
Start in eine ungewisse Zukunft: Bienen sind anfälliger gegen Krankheiten geworden.
voll nach Amerika, denn das Massensterben
dort ist mysteriös und umso beängstigender,
als viele Menschen zur Honigbiene eine besondere emotionale Beziehung besitzen. Sie
ist uns irgendwie nah und leistet Vorbildliches: Apis mellifera bildet Völker, sie hat
eine Sprache, sie macht eine Blüte erst zu
einem Apfel, und sie zaubert Honig in die
Waben, der nicht nur süß schmeckt, sondern
dem auch Heilkräfte zugeschrieben werden.
Zu großer Sorge gibt es allerdings derzeit
in Deutschland – und auch in der Region
Stuttgart – keinen Anlass: Den vergangenen
Winter haben, je nach Schätzung, nur zwischen 7,4 und 11,3 Prozent der Völker nicht
überlebt. Diese Größenordnung sei völlig normal, sagt Peter Rosenkranz, der Leiter der
Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim: „Die vergangenen drei
Jahre kann man sogar als herausragend bezeichnen.“ Auch Uwe Krüger schmunzelt
eher, wenn ihn Spaziergänger, die am Gartentor ein Glas Honig kaufen, mit betrübter
Miene nach dem Bienensterben fragen: „Das
ist ein Stück weit von Fernsehen und Zeitungen hochgezogen worden“, sagt er. Peter
Rosenkranz kann ein langes Lied vom Medienrummel singen: 50 Interviewern hat er
zuletzt Rede und Antwort stehen müssen.
Dabei hat er gebetsmühlenartig immer
dasselbe wiederholt: keine Panik bitte – aber
die baden-württembergischen Imker haben
durchaus ihre Probleme. Ob diese in Zusammenhang mit dem Bienensterben in Amerika
stehen, ist aber völlig unklar. Das größte
Problem ist laut Peter Rosenkranz die Varroamilbe, die vor 30 Jahren aus Indien eingeschleppt worden ist und sich mittlerweile in
jedem Bienenstock pudelwohl fühlt. Die
Milbe zapft das Blut der Bienen an, schwächt
die Völker und macht sie anfälliger für Krankheiten. Dramatisch war der Varroabefall im
Jahr 1997/98 – seither ist jedem Imker klar,
dass seine Völker keine Chance haben, wenn
er die Milben nicht wirksam bekämpft. Daneben ist auch die Faulbrut, die durch ein sehr
ansteckendes Bakterium ausgelöst wird, eine
Bedrohung: Ein befallenes Volk muss in der
> Wie viele Imker und Bienenvölker gibt es
in Deutschland? Laut Deutschem Imkerbund
ist die Zahl der Bienenvölker in Deutschland
von 1,2 Millionen Anfang der 90er-Jahre auf
rund 800 000 zurückgegangen, die Zahl der
Imker von 180 000 auf 80 000. In Württemberg gibt es 100 Imkervereine mit etwa 9000
Mitgliedern. Insgesamt dürften in Württemberg rund 90 000 Bienenvölker – mit jeweils
10 000 bis 40 000 Bienen – ihre Arbeit tun.
> Wie viel Honig stellen die Bienen her?
Ein Volk produziert jährlich 15 bis 20 Kilogramm. In Deutschland wurden 2006 etwa
22 000 Tonnen Honig gesammelt. Das entspricht 20 Prozent des hier verkauften Honigs. Die Deutschen sind Honigweltmeister:
Jeder vernascht pro Jahr 1,4 Kilogramm.
> Wie wird man Imker? Erste Kenntnisse
vermittelt ein Einführungskurs, den Vereine
oder die Landesanstalt für Bienenkunde anbieten (Adressen unten). Die Mitgliedschaft
im Verein ermöglicht es, dass Profis einem in
der Anfangszeit über die Schultern schauen.
Ein Bienenvolk gibt es von 70 Euro an.
> Wo stellt man die Bienenstöcke auf?
Wer einen guten Ertrag haben will, sollte die
Stöcke nicht das ganze Jahr über an einem
Standort belassen, sondern mit der „Tracht“
ziehen. Bisher musste man Bauern zumindest mit ein paar Gläsern Honig belohnen,
damit sie das Aufstellen auf ihrem Besitz
erlauben. Künftig wird es wohl umgekehrt
sein, und der Bauer, dessen Erträge mangels
Bestäubung zurückgehen, bezahlt gerne für
Bienenstöcke in der Nähe. In Amerika gibt es
bereits den Beruf des „Pollinators“: Er stellt
auf Bestellung Stöcke in den Feldern auf und
erhält dafür bis zu 125 Dollar pro Volk.
> Wie entsteht Honig? Blütennektar und
Honigtau sind noch kein fertiger Honig. Vielmehr verarbeitet die Biene diese Stoffe in
ihrer Honigblase, indem sie Enzyme zugibt.
Im Stock wird dann durch Weiterreichen des
Regel getötet werden. „Abschwefeln“ heißt
das im Imkerjargon.
Pestizide und genveränderte Pflanzen stehen ebenfalls im Verdacht, die Bienen zu
schwächen. Peter Rosenkranz ist mit solchen
Aussagen aber vorsichtig, denn jeder neue
Wirkstoff wird auf seine Verträglichkeit für
die Bienen getestet – eine wissenschaftliche
Untermauerung der Giftthese kann er nicht
bieten. Ein größeres Risiko sieht der Bienenexperte in der zunehmenden Monotonie der
Landschaft: Blütenreiche Biotope an Hecken
und Feldrändern werden untergepflügt, und
Herbizide lassen kaum noch blühende Ackerunkräuter zu. Stattdessen fliegen die Bienen
über für sie unendliche Ackerflächen, die
ihnen kaum noch Pollen liefern. Milben,
Gifte, Monokultur und vielleicht noch manches mehr – all dies könnte einen Einfluss
auf die Tatsache haben, dass in Deutschland
alle drei bis sieben Jahre ein „Katastrophenjahr“ auftritt, in dem ein Viertel oder mehr
der Völker zu Grunde geht. Rosenkranz
räumt deshalb ein: „Wir haben nicht auf alle
Fragen eine zufrieden stellende Antwort.“
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Manche Landschaft ist ausgeräumt
Eines der wohl größten Probleme für die
Bienen liegt aber woanders; man müsste
eigentlich nicht vom Bienen-, sondern salopp
formuliert vom Imkersterben sprechen. Anders gesagt: es fehlt der Nachwuchs. Nur
noch 500 Imker betreiben bundesweit ihr
Gewerbe hauptberuflich, sodass auch die
Zahl der Völker zuletzt rapide geschrumpft
ist. Tatsächlich liegt der Altersschnitt auch
im Böblinger Verein von Uwe Krüger bei
mehr als 60 Jahren. Und da man sich um
Bienen intensiv kümmern muss, und da das
Tragen und Schleudern der 30 Kilo schweren
Stöcke harte Arbeit ist, liegt das Hobby nicht
gerade im Trend – obwohl man mit dem
Honig sogar ein wenig Geld verdienen kann.
Aber Peter Rosenkranz hat wohl Recht, wenn
er sagt: „Für 1000 Euro im Jahr macht sich
heute keiner mehr krumm.“
Rechtlich maßgeblich ist allein der zu diesem Produkt gehörige
Basisprospekt mit den entsprechenden endgültigen Bedingungen.
Honigs Wasser entzogen. In den Waben wird
das Produkt durch Drüsenfermente in fertigen Honig umgewandelt.
> Wo findet man weitere Informationen? Der Landesverband Württembergischer
Imker mit Sitz in Reichenbach/Fils bietet
unter www.lvwi.de zahlreiche Informationen; Telefon: 0 71 53/5 81 15. Wissenswertes
gibt es auch unter www.deutscherimkerbund.de. Ihre Forderungen artikulieren die
Imker unter der Adresse www.bienensterben.info. Die Landesanstalt für Bienenkunde
an der Universität Hohenheim findet man
unter www.uni-hohenheim.de/bienenkunde.
Am Sonntag, 8. Juli, veranstaltet das Institut
von 10 Uhr an einen Tag der offenen Tür. fal
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