Berufsorientierung in Neubrandenburg

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Berufsorientierung in Neubrandenburg
RÜM-Befragungen 2011
Berufsorientierung in Neubrandenburg
Impressum
Herausgeber
Stadt Neubrandenburg
Der Oberbürgermeister
Friedrich-Engels-Ring 53
17033 Neubrandenburg
Verantwortlich für den Inhalt:
Projektteam Regionales Übergangsmanagement
Regionales Übergangsmanagement
Stadt Neubrandenburg
Stadt Neubrandenburg
Tel.: 0395 555-2416/2657 • Fax.: 0395 555-2762
[email protected]
[email protected]
www.neubrandenburg.de/ruem
Autorinnen:
Andrea Thode
Christine Lorenz
Mona Kleine
Wissenschaftliche Begleitung:
Gabriele Taube-Riegas
Lena Irmler
Raimund Harloff
Julia Taube
Redaktion und Lektorat:
Andrea Thode
Fotos Deckblatt:
Stadt Neubrandenburg
Layout/Druck:
PAPIER- & DRUCK-CENTER GmbH & Co. KG Henryk Walther
April 2012
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das zentrale arbeitsmarktpolitische Förderinstrument der Europäischen Union.
Er leistet einen Beitrag zur Entwicklung der Beschäftigung durch Förderung der Beschäftigungsfähigkeit, des Unternehmergeistes, der Anpassungsfähigkeit sowie der Chancengleichheit und der Investition in die Humanressourcen.
1
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung und Situationsanalyse
1.1
Regionales Übergangsmanagement in Neubrandenburg
1.2
Wie ist Neubrandenburg aufgestellt?
1.2.1 Bildungssituation vor Ort?
1.2.2Situation am Übergang:
Finden Wirtschaft und Azubis zueinander?
1.2.3 Basisdatenerhebungen in 2011: Den Überblick schaffen
3
3
4
4
2.
8
8
9
Bestandsaufnahme und Schulabgangserhebung
2.1
Bestandsaufnahme: Wer bietet was am Übergang Schule – Beruf?
2.2
Schulabgangserhebung: „Was machst du in sechs Wochen?“
3.
Befragung der Schülerinnen und Schüler
3.1
Die befragte Gruppe: Geschlecht, Klassenstufe, Schulform
3.2Neigungen, Prioritäten und Kompetenzen:
Wie sehen die Jugendlichen sich selbst?
3.2.1
Kompetenzen
3.2.2
Lieblingsfächer
3.3
Rund um den Beruf: Orientierung, Wünsche und Chancen
3.3.1 Klarheit bei der Berufswahl
3.3.2
Berufswünsche, Wunschberufe
3.3.3 Der ideale Beruf
3.3.4
Interessierte Betriebe
3.4Neubrandenburg als Arbeits- und Lebensumfeld:
Welche Faktoren spielen eine Rolle?
3.4.1 Finden wir hier Arbeit?
3.4.2 Gehen oder bleiben?
3.4.3 Welche Jugendlichen wollen bleiben?
3.4.4 Was macht die Region attraktiv?
4.
Schwerpunktauswertung: Berufsorientierung und Praktikum
4.1
Was sind die wichtigsten Möglichkeiten zur Berufsorientierung?
4.2
Gibt es Unterschiede in der Bewertung?
4.3
Schlaglicht: Praktikum
4.4
Ausgewählte regionale Angebote
4.5
Relevanz des sozialen Umfelds
5
5
11
11
14
14
15
18
18
19
20
21
22
22
23
25
27
28
28
30
31
35
38
2
5.
Die Elternbefragung: Wie gut sind die Berufsberater Nr. 1 gerüstet?
5.1. Die befragte Gruppe
5.2
Berufsorientierung: wichtig, Informationsstand: mäßig
5.3
Berufsorientierung: Wer ist zuständig?
5.4
Angebote: Bekanntheit ≠ Nutzen
5.5Worüber und in welcher Form möchten Eltern mehr Informationen?
40
40
41
42
45
48
6.
Befragungen 2011 und: Wie geht es weiter?
50
Raum für Notizen
53
Anhang58
3
1. Einleitung und Situationsanalyse
1.1
Regionales Übergangsmanagement in Neubrandenburg
Im Rahmen des „Regionalen Übergangsmanagement Stadt Neubrandenburg“ (RÜM) wurden in der ersten Jahreshälfte 2011 Schülerinnen und Schüler aus Neubrandenburg zu
ihren Vorstellungen und Wünschen zu Schule, Ausbildung und Studium, Berufswünschen
und Berufsorientierung befragt. In der zweiten Jahreshälfte erfolgte eine Elternbefragung
zu den Wünschen und Bedarfen an Informations- und Beratungsangeboten zur Berufsorientierung.
Als Strukturprogramm hat RÜM die Aufgabe, das Übergangssystem zu optimieren. Die
vorliegende Studie „Berufsorientierung in Neubrandenburg – Befragungen von Schülerinnen, Schülern und Eltern 2011“ ist ein Baustein dieser Arbeit.
Die Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf haben sich in den letzten Jahren
entscheidend verändert. Sie sind für die Jugendlichen und ihre Eltern, aber auch für die
Akteure der Berufsorientierung, unübersichtlicher und risikoreicher geworden. Eine Struktur dieser Angebote können die Nutzerinnen und Nutzer oft nur schwer erkennen. Gleichzeitig sehen sich die Jugendlichen und deren Eltern hohen Anforderungen gegenüber. So
müssen sie eigene Fähigkeiten und Fertigkeiten einschätzen können, ihre Interessen mit
den Angeboten und Bedarfen der Wirtschaft vergleichen und auf der Grundlage dieser
Voraussetzungen weitreichende Entscheidungen treffen, deren Erfolg nicht im Detail vorhersehbar ist.
Ziel ist, mehr über die Orientierungsprozesse von Jugendlichen im Spannungsverhältnis
zwischen den schulischen/regionalen/überregionalen Angeboten der Berufsorientierung zu
erfahren. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass Schülerinnen und Schüler, Eltern
und Lehrkräfte sowie die anderen Akteure der Berufsorientierung den Berufswahlprozess
und das Berufswahlgeschehen als gemeinsame Aufgabe verstehen müssen.
4
1.2 Wie ist Neubrandenburg aufgestellt?
Aus den unterschiedlichen Sichtweisen und Professionen der in RÜM versammelten Partner stellen sich unterschiedliche Fragen nach der Ausgangssituation im Übergang von der
Schule in den Beruf:
• Was sind die beruflichen Ziele der Schülerinnen und Schüler?
• Was benötigen die Jugendlichen für einen gelingenden Übergang in den Beruf?
• Was finden sie hilfreich?
• Wie sieht die Schullandschaft aus? Welche Angebote der Berufsorientierung gibt es?
• Welche Unterstützung wünschen sich die Eltern für ihre Kinder?
• Welche Informationen und Unterstützung benötigen die Eltern selbst?
• Was macht für die Jugendlichen eine attraktive, lebenswerte Stadt aus?
• U
nter welchen Bedingungen möchten sie in Neubrandenburg leben und arbeiten?
1.2.1 Bildungssituation vor Ort
In der Stadt Neubrandenburg sind alle Betreuungs- und Schulformen vorhanden. Es gibt
für den Bereich der frühkindlichen Bildung 32 Kindertagesstätten. Von sechs Grundschulen sind zwei Europaschulen. Als weiterführende Schulen stehen vier Förderschulen, drei
Regionale Schulen, eine Integrierte Gesamtschule (Europaschule) und zwei Gymnasien,
davon ein Sportgymnasium, sowie die gymnasialen Klassenzüge an der Gesamtschule
zur Verfügung. Neubrandenburg ist Standort des Produktiven Lernens (ab Klassenstufe 8
des Regionalschulbereichs). Außerdem wird in Klasse 7 das Projekt „Handeln, Entdecken,
Erkunden“ (HEE) an der Regionalen Schule Mitte umgesetzt.
Es gibt folgende berufliche Schulen: Wirtschaft, Handwerk, Industrie mit Ausbildungsstätte
Sonderpädagogik; Wirtschaft und Verwaltung; Berufliche Schule am Dietrich-BonhoefferKlinikum; Bildungsinstitut für Umweltschutz und Wasserwirtschaft Neubrandenburg e.V.
An der Hochschule Neubrandenburg University of Applied Sciences besteht für ca. 2.200
Personen die Möglichkeit an vier Fachbereichen zu studieren.
Darüber hinaus gibt es Schulen sowie die Schulstation „Das Boot“ in anderer Trägerschaft
sowohl für den Grundschul- als auch im weiterführenden Bereich, ein Abendgymnasium,
die Volkshochschule und den Musikschulzweckverband.
5
1.2.2 Situation am Übergang: Finden Wirtschaft und Azubis zueinander?
Rein zahlenmäßig betrachtet hat sich die Lage am Ausbildungsmarkt 2010/11 landesweit
durch die verbesserte Konjunktur und den demografisch bedingten Rückgang der Schulabgängerinnen und ‑abgänger entspannt. Doch die Schwierigkeiten im Übergang sind damit nicht für alle Jugendlichen gelöst. Zahlen aus dem aktuellen Arbeitsmarktmonitor des
Arbeitgeberverbands Nordmetall und der IG Metall Küste für Mecklenburg-Vorpommern
sind alarmierend: „Immer mehr Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern verlassen die
Schule ohne Berufsreife. Mit 14 % im Jahr 2011 ist der Anteil doppelt so hoch wie der
Durchschnitt aller norddeutschen Bundesländer. 1.345 Jugendliche in MV sind davon betroffen“, berichtete am 5. März die Ostsee-Zeitung.1 Diese Jugendlichen sowie jene mit
einem schlechten Schulabschluss haben am Übergang Schule – Beruf eine besonders
schwierige Ausgangslage.
Unternehmen beklagen weiterhin fehlende oder unpassende Qualifikationen. Hinzu
kommt, dass die Interessen der Jugendlichen oft nicht mit den Bedarfen der Wirtschaft
übereinstimmen. Besonders problematisch ist das im Maschinenbau und im Hotel- und
Gaststättenbereich. Auch für viele kleine Betriebe stellt sich das Problem, dass sie Auszubildende als Arbeitskräfte einsetzen (müssen), aber zunehmend jene Jugendliche einstellen müssen, die eigentlich mehr Förderung benötigen. „Kein Wunder also, dass man
Handwerksmeister und Hoteliers klagen hört, die Schulabgänger seien heutzutage nicht
mehr ‚ausbildungsreif‘ – die Betriebe mussten es selbst lange Zeit nicht sein“, konstatiert
Bernd Kramer zusammen mit der Soziologin Heike Solga: „Im Moment ist unser ganzes
System nicht ausbildungsreif“, sagt die Professorin der Freien Universität Berlin.2
1.2.3 Basisdatenerhebungen in 2011: Den Überblick schaffen
„Wenn aus dir beruflich etwas werden soll, musst du die Region verlassen!“ – Diese Meinung
hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei den meisten Eltern im Land verfestigt.
Auch in Schulen und in Freizeiteinrichtungen war und ist dieser Satz zu hören. Bestätigung
fand die Aussage in Zahlen, die einen Überhang an Auszubildenden in fast allen Bereichen
deutlich machten. Durch den demografischen Wandel hat sich dieses Bild umgekehrt.
http://www.ostsee-zeitung.de/nachrichten/brennpunkt/index_artikel_komplett.
phtml?param=news&id=3384241, Stand: 5.3.2012.
2
Kramer, Bernd, „Das ist zu viel zu wenig!“ in: jetzt SCHULE & JOB N° 1/12, Beilage der Süddeutschen Zeitung, S. 32-35
1
6
RÜM Neubrandenburg wollte es genauer wissen und hat dazu im Frühjahr 2011 umfangreiche Basisdatenerhebungen gestartet. Im Einzelnen wurden folgende Erhebungen zeitlich und organisatorisch unabhängig voneinander durchgeführt und ausgewertet:
1) Bestandsaufnahme zu Aktivitäten und Akteuren im Übergang Schule – Beruf:
Anfang 2011 wurde Professor Dr. Thomas Gericke von der Universität Magdeburg und
der Forschungsstelle EVALOG mit einer Bestandsaufnahme beauftragt. Hierfür wurden demografische Daten aus amtlichen Statistiken sowie Zahlen aus Statistiken der
Bundesagentur für Arbeit zusammengetragen. Ergänzt wurden diese Daten durch eigene Erhebungen und Befragungen an allgemeinbildenden Schulen und bei Akteuren
zu ihren Aktivitäten. Wesentliche Ergebnisse der Bestandsaufnahme sind in Kapitel 2
zusammengefasst.
2) Schulabgangserhebung „Was machst du in sechs Wochen?“:
Angelehnt an die Schulabgangsbefragung des Regionalen Übergangsmanagements
in Kiel hat RÜM Neubrandenburg im Juni 2011 ein Pilotprojekt durchgeführt. In der Abgangsklasse 10 der drei Regionalen Schulen, der Integrierten Gesamtschule „Vier Tore“
und in der Klasse 9 der Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen sowie emotionale
und soziale Entwicklung Pestalozzischule (im Folgenden „Förderschule“ genannt) wurden insgesamt 151 Schülerinnen und Schüler anhand eines Erhebungsbogens durch
die Lehrkräfte gefragt, welche Pläne (Ausbildung, weiterer Schulbesuch etc.) sie für die
Zeit nach ihrem Schulabgang haben.3 Die Daten wurden anonymisiert ausgewertet. Die
Ergebnisse der Erhebung sind in Kapitel 2 zusammengefasst.
3) Schülerinnen- und Schülerbefragung über Vorstellungen und Wünsche zu Schule, Ausbildung und Studium, Berufswünschen und Berufsorientierung:
An der Befragung beteiligten sich 1.064 der insgesamt 1.436 Schülerinnen und Schüler
im Schuljahr 2010/2011. Die schulformübergreifende Befragung wurde an sieben Schulen in den Klassenstufen 8 bis 11 von April bis Juni 2011 anhand von halbstandardisierten, anonymisierten Fragebögen4 durchgeführt. Die Fragebögen waren vom Projektteam RÜM in Zusammenarbeit mit dem Projekt „Praxispilot“ der Ausbildungsgemeinschaft Industrie, Handel und Handwerk Neubrandenburg e. V. (ABG e. V.) gemeinsam
ausgearbeitet worden. Durch Letztgenannte erfolgte die Befragung im Klassenverband
beziehungsweise im Rahmen von Projekttagen. Der vorliegende Ergebnisbericht wurde
durch eine Arbeitsgruppe aus dem Projektteam RÜM sowie externen Wissenschaft3
4
Erhebungsbogen im Anhang („Meldebogen“)
Fragebogen „Schülerbefragung“ im Anhang
7
lerinnen und Wissenschaftlern und einer Fachjournalistin zusammengestellt. Die Daten
wurden in MS-Excel und SPSS differenziert nach Geschlecht, Klassenstufe, Schulform
sowie nach einzelnen zentralen Fragestellungen ausgewertet und bearbeitet. Die Auswertung der Befragung ist Gegenstand der Kapitel 3 und 4.
4) E
lternbefragung zur Berufsorientierung von Jugendlichen – Wünsche und Bedarfe an Informations- und Beratungsangeboten für Eltern:
Die Eltern wurden anhand von standardisierten Fragebögen5 zu Beginn des Schuljahres
2011/2012 im August und September befragt. Mit 702 eingegangenen Antworten beteiligte sich ein großer Teil der Eltern aus dem Schuljahr (Gesamtzahl der Schülerinnen
und Schüler im Schuljahr 2011/2012: 1.416). Die Entwicklung, die Befragung selbst und
die Auswertung (in MS-Excel und SPSS) erfolgte durch denselben Personenkreis, der
auch die Schülerinnen- und Schülerbefragung durchgeführt hat.
Beide Fragebögen wurden vom RÜM-Team in verschiedenen Arbeitsgremien, Workshops
sowie in der Steuerungsgruppe RÜM vorgestellt und diskutiert.
5
Fragebogen der Elternbefragung im Anhang
8
2. Bestandsaufnahme und Schulabgangserhebung
2.1 Bestandsaufnahme: Wer bietet was am Übergang Schule – Beruf?
Die Bestandsaufnahme zu den Aktivitäten und Akteuren im Übergang Schule – Beruf, im Wesentlichen durchgeführt in den Monaten März bis Juni 2011, gliedert sich in vier Teilbereiche:
1)
Demografische Aspekte: Bevölkerungsentwicklung, Schülerbestand und
Schulabsolventen, zusammengeführt aus amtlichen Statistiken des Statistischen Amts Mecklenburg-Vorpommern, ergänzt durch eigene Berechnungen, Recherchen und Interviews
Materialien zum Ausbildungsmarkt aus Statistiken der Bundesagentur für Arbeit
2)
3)Kurzumfrage bei sieben öffentlichen allgemeinbildenden Schulen zu ihren
Aktivitäten im Bereich der Berufsorientierung und dem Bedarf an Förderung
Akteure und ihre Angebote zur Verbesserung der Übergänge von Schule in
4)
Ausbildung, erstellt aus Internetrecherchen, Telefoninterviews, E-Mail-Anfragen und Interviews mit Vertretern aus Institutionen, z.B.:
• Agentur für Arbeit Neubrandenburg
• Industrie- und Handelskammer zu Neubrandenburg
• Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern
• Berufsschule für Wirtschaft, Handel und Industrie
• Stadtverwaltung Neubrandenburg – Jugendamt
• Stadtverwaltung Neubrandenburg – Bildungskoordination
Ergebnis der Bestandsaufnahme ist, dass die Angebotslandschaft qualitativ vielfältig ist
und quantitativ eine genügende Anzahl an professionell arbeitenden Trägern zur Verfügung steht, um den regionalen Bedarf zu decken.
Defizite stellten sich bei der Transparenz und Kenntnis der Angebote heraus. Es sind nicht
nur die Jugendlichen selbst und ihre Eltern, die keine umfassende Kenntnis aller Angebote
haben. Die Bestandsaufnahme ergab, dass selbst den handelnden Expertinnen und Experten, den Lehrkräften und anderen professionellen Betreuungs- und Beratungspersonen
der Überblick schwerfällt.
Trotz Vielfalt und Anzahl der Angebote gelingt nicht allen Jugendlichen der Übergang von
der Schule in den Beruf und ebenfalls gelingt es nicht, alle ausgeschriebenen Ausbildungsplätze zu besetzen. Defizite ergeben sich für einzelne Zielgruppen mit spezifischen Förderbedarfen (ohne Schulabschluss oder mit Abschluss 9. Klasse, schlechte Mittlere Reife, Altbewerberinnen und Altbewerber, Maßnahmeteilnehmerinnen und ‑teilnehmer). Aus
Unternehmenssicht wiederum ergeben sich für einige Wirtschaftscluster Probleme, ihren
9
Fachkräftebedarf zu decken. Dies betrifft insbesondere den Hotel- und Gaststättenbereich
sowie den Maschinenbau.
Dem Mangel an Transparenz im regionalen Übergangssystem wurde bereits durch RÜMAkteure mit einem Info-Poster über Bildungswege in Neubrandenburg begegnet, das in der
schulischen und außerschulischen Berufsorientierung als Lehrmaterial eingesetzt wird (als
Download auf www.neubrandenburg.de/ruem).
Die Bestandsaufnahme wird über die Jahre 2012 und 2013 fortgeschrieben und um qualitative Untersuchungen ergänzt. Anhand von konkreten Fallstudien werden die Wirksamkeit
regionaler Förderangebote, des regionalen Übergangssystems aus der Sicht von Schulabgängerinnen und Schulabgängern sowie aus der Sicht kommunaler Experten untersucht.
Unter www.neubrandenburg.de/ruem sind die zentralen Ergebnisse der Bestandsaufnahme 2011 veröffentlicht.
2.2 Schulabgangserhebung: „Was machst du in sechs Wochen?“
Schülerinnen und Schüler der Abgangsklasse 10 der Regionalen Schulen, der IGS „Vier
Tore“ sowie der Klasse 9 der Förderschule wurden durch ihre Lehrkräfte anhand von Meldebögen zu ihren Anschlussperspektiven nach bevorstehendem Schulabschluss befragt.
Die Auswertung erfolgte anonymisiert. Die 151 Antworten verteilten sich wie abgebildet:
Abbildung 1
Ergebnisse der Schulabgangsbefragung: Was machst du in sechs Wochen?
10
Zwar müssen Verzerrungen berücksichtigt werden (Planänderungen etc.), gleichwohl
liefert die Erhebung einen Überblick über die Anschlussperspektiven Neubrandenburger
Schulabgängerinnen und Schulabgänger. So erhalten nicht nur die Schulen wertvolle Informationen und können bei unversorgten Jugendlichen unterstützend tätig werden. Auch
andere Akteure im Übergang Schule – Beruf sehen dies als sinnvolles Instrument, um
den voraussichtlichen Unterstützungsbedarf abzuschätzen und ihr Angebot entsprechend
anzupassen.
Ab Schuljahr 2011/12 wird die Schulabgangserhebung um den regionalen Bezug ergänzt,
d. h. es wird erfragt, ob die Jugendlichen eine Ausbildung/ein Studium oder eine weitere
schulische Laufbahn vor Ort, in der Umgebung, in Mecklenburg-Vorpommern oder in anderen Bundesländern beziehungsweise im Ausland planen.
11
3. Befragung der Schülerinnen und Schüler
Die Angebote und unterschiedlichen Formen der Berufsorientierung bilden eine wichtige
Grundlage zur Berufsvorbereitung für Schülerinnen und Schüler und auch für ihre Eltern.
Um genauere Aussagen zur Wirksamkeit dieser Angebote aus Sicht der Nutzerinnen und
Nutzer machen zu können, haben die RÜM-Akteure in Neubrandenburg einen frühzeitigen
Einstieg in das Übergangsmanagement gewählt und beziehen bereits die Klassenstufe
8 ein. Die Befragung erfolgte durch den ABG e. V. mit Unterstützung von Lehrkräften in
den Schulen von April bis Juni 2011. Sie wurde als Längsschnittstudie angelegt. Aus den
bereits vorliegenden Ergebnissen wird aber sichtbar, dass besonders Fragen zu den individuellen Orientierungsgründen und dem Orientierungsbedarf offen bleiben. Es ist deshalb
beabsichtigt, die Untersuchung mit einem angepassten Fragedesign als Längsschnitt weiterzuführen.
Um die Ergebnisse den Schulen und Lehrkräften zugänglich zu machen, wurde in den
Häufigkeitsanalysen nach Schulform und Klassenstufe differenziert. Außerdem wurden die
Daten differenziert danach ausgewertet, ob die Jugendlichen bereits einen Berufswunsch
haben oder nicht, und ob sie sich Neubrandenburg und/oder die nähere Umgebung als Studien- oder Ausbildungsort vorstellen können. Aufgrund der Datenfülle werden hier nicht alle
Einzelergebnisse dargestellt, jedoch wird auf signifikante Zusammenhänge hingewiesen.
Die Auswertungen nach Geschlecht liegen vor. Da diese jedoch keine Signifikanzen aufweisen, wurde bis auf wenige Ausnahmen auf eine Darstellung verzichtet.
Die Ergebnisse zu den Fragen, die sich auf die Berufswahl und Berufsorientierung sowie
auf das Praktikum beziehen, werden aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für das
Übergangsmanagement in Kapitel 4 fokussiert und in Kapitel 5 den Ergebnissen der Elternbefragung gegenübergestellt.
3.1 Die befragte Gruppe: Geschlecht, Klassenstufe, Schulform
Mit 1.064 wurden 74 % aller Schülerinnen und Schüler (1.436) in dem entsprechenden
Schuljahr 2010/11 in Neubrandenburg befragt. Damit können die Ergebnisse als repräsentativ gewertet werden. Die Geschlechterverteilung ist ausgewogen mit 527 oder 49,5 %
Schülerinnen und 536 oder 50,5 % Schülern.
Die Verteilung der Befragten auf die Schulformen ist repräsentativ für die Neubrandenburger Schullandschaft.
12
Abbildung 2
Besuchte Schulform der befragten Jugendlichen
An der Befragung haben sich diese sieben Schulen beteiligt:
• Regionale Schulen/Gesamtschule
Regionale Schule Mitte „Fritz Reuter“
Regionale Schule Nord
Regionale Schule Ost „Johann Heinrich Voß“
Integrierte Gesamtschule (IGS) „Vier Tore“ (ohne Oberstufenzweig in 2010/2011)
• Gymnasien
Albert-Einstein-Gymnasium
Sportgymnasium mit Schulteil Regionale Schule
• Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen sowie emotionale und soziale
Entwicklung Pestalozzischule (im Folgenden „Förderschule“ genannt)
Im Folgenden steht die Bezeichnung „Regionale Schule“ auch für die IGS und den Regionalschulbereich des Sportgymnasiums.
Die Befragten verteilen sich auf Klassenstufen und Schulformen entsprechend der beiden
folgenden Abbildungen.
13
Abbildung 3
Klassenstufen der befragten Schülerinnen und Schüler
Abbildung 4
Klassenstufen und Schulformen der befragten Schülerinnen und Schüler
14
3.2 Neigungen, Prioritäten und Kompetenzen: Wie sehen die Jugendlichen sich
selbst?
Bezüglich persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie sozialer Kompetenzen wurden
die Jugendlichen nach ihrer Selbsteinschätzung gefragt. Damit sind die Ergebnisse als Abbild realer Verhältnisse nur bedingt geeignet. Jedoch verweisen sie im Sinne eines ganzheitlichen Beobachtungsansatzes auf Selbstbild und Reflexionsfähigkeit der Befragten.
3.2.1 Kompetenzen
Während die Schülerinnen und Schüler ihr Lernverhalten eher selbstkritisch einschätzen
– 72 % finden, sie könnten mehr für die Schule tun – fällt die Selbsteinschätzung bei verschiedenen personalen und sozialen Kompetenzen sehr positiv aus:
Abbildung 5
Personale und soziale Kompetenzen
15
Die Jugendlichen heben insbesondere hervor, einen höflichen Umgang mit anderen Menschen zu haben, gut mit anderen für ein gemeinsames Ziel arbeiten zu können und ihre
Fähigkeiten gut einschätzen zu können. Offene Fragen, die nur im Rahmen von weiteren
ergänzenden Befragungen, auch der Eltern und Lehrkräfte, geklärt werden könnten, sind
dabei:
a)
ind die Einschätzungen realistisch oder besteht ein Mangel an ReflexionsfähigS
keit?
b)
Besteht eine falsche Selbsteinschätzung/Überschätzung/Unterschätzung?
c)Als Forschungsfragen formuliert: Können die Jugendlichen ihre „Kernkompetenzen“ (d. h. soziale, personale, methodische Kompetenz) in Bezug auf spätere
Wunschberufe und Berufschancen realistisch einschätzen? Besteht ein Defizit in
der Einschätzung der „Kernkompetenzen“ auf Seiten der Jugendlichen, das einen
erfolgreichen Übergang in das Berufsleben erschwert?
3.2.2 Lieblingsfächer
Bei der Frage Welche Fächer interessieren dich besonders? konnten die Jugendlichen in
einem offenen Antwortformat Mehrfachnennungen vornehmen. Sport steht hierbei an der
Spitze, gefolgt von Mathematik. Auch die Fächer Kunst auf Rang 3 und Musik auf Rang
5 erfreuen sich großer Beliebtheit. Die zusätzliche Betrachtung der zweiten und dritten
Nennungen der Jugendlichen zeigt zudem, dass die Naturwissenschaften immer unter den
ersten zehn genannten Lieblingsfächern sind.
Nach Klassenstufen differenziert zeigt sich, dass Sport am beliebtesten unter den jüngeren
Schülerinnen und Schülern ist, während Biologie und Kunst zu den ersten Lieblingsfächern
unter den Schülerinnen in der Klassenstufe 10 und 11 aufsteigen.
Nach Schulformen differenziert haben die Schülerinnen und Schüler der Förderschule und
der Regionalen Schulen die Rangfolge Sport – Mathematik – Kunst – Biologie – Musik für
die ersten fünf Fächer. Am Gymnasium sind dies die gleichen Fächer lediglich in leicht vertauschter Reihenfolge: Sport – Biologie – Mathematik – Kunst – Musik.
In der folgenden Tabelle werden die nach Rangfolge zehn erstgenannten Fächer aus den
drei Antwortmöglichkeiten für alle Schulformen und Klassenstufen aufgeführt.
16
Rang 1. Fach
Anzahl
%
2. Fach
Anzahl
%
3. Fach
Anzahl
%
1
Sport
220 21%
Sport
116 11%
Sport
88
8%
2
Mathematik
120 11%
Kunst
110 10%
Biologie
74
7%
3
Kunst
107 10%
Biologie
98
9%
Musik
70
7%
4
Biologie
102 10%
Chemie
86
8%
Chemie
65
6%
5
Musik
74
7%
Mathematik
79
7%
Kunst
59
6%
6
Englisch
65
6%
Musik
71
7%
Mathematik
57
5%
7
Geschichte
56
5%
Physik
68
6%
Englisch
53
5%
8
Chemie
52
5%
Englisch
64
6%
Deutsch
44
4%
9
Deutsch
40
4%
Geschichte
48
5%
Physik
43
4%
10
Physik
39
4%
Geographie
46
4%
Geographie
42
4%
Tabelle 1
Welche Fächer interessieren dich besonders? Die ersten zehn Nennungen
Die folgende Abbildung zeigt über alle Schulformen und Klassenstufen hinweg die Lieblingsfächer, die die Befragten an erster Stelle nannten. Dabei fällt auf, dass Sprachen nicht
sehr oft genannt wurden: Englisch steht auf Platz 6, Deutsch auf Platz 9, auf Platz 16 und
17 Spanisch und Französisch, Latein auf Platz 20 und die Nennungen Sprachen, Russisch
und Fremdsprachen bilden sogar den Abschluss der Liste.
Fächer wie AWT, Hauswirtschaftslehre, Informatik und Werken, in denen sich durch die
Nähe zu beruflichen Themen Möglichkeiten zur Berufsorientierung eröffnen könnten, sind
ebenfalls unter den weniger beliebten Fächern.
17
Abbildung 6
Welche Fächer interessieren dich besonders? (Gesamt)
18
3.3 Rund um den Beruf: Orientierung, Wünsche und Chancen
Der überwiegende Teil der Fragen an die Schülerinnen und Schüler hatte einen beruflichen
Bezug. Neben Bekanntheit und Nutzen schulischer und außerschulischer Angebote der Berufsorientierung wurden Ausbildungs-, Studien- und Berufswünsche erfragt. Von Interesse
waren aber auch Aussagen der Schüler und Schülerinnen zu Lebensplanungen und Einstellungen (Möchten sie in der Stadt oder Region bleiben oder weggehen? Was ist ihnen im Beruf
und „im Leben“ wichtig?).
Der folgende Abschnitt widmet sich diesem Themenkomplex im Hinblick auf Vorstellungen
und Wünsche bezüglich des späteren Berufs. Der Berufsorientierungsprozess und das Praktikum werden im Kapitel 4 genauer und nach Schulformen sowie Klassenstufen differenziert
betrachtet.
3.3.1 Klarheit bei der Berufswahl
Weißt du schon, welchen Beruf du später einmal ausüben möchtest? beantworten 48 % zwar
damit, bereits zu wissen, welchen Beruf sie später ausüben möchten. Das heißt aber auch,
dass über die Hälfte der befragten Jugendlichen noch keine Klarheit haben: 38 % sind sich
unsicher und 14 % wissen noch gar nicht, wo es hingehen soll. Dies gibt Hinweis darauf, dass
Verbesserungen im Berufsorientierungssystem wichtig und notwendig sind.
In der folgenden Abbildung sind die Antworten der Jugendlichen aufgeführt, die die Frage mit
„ja“ beantworteten, differenziert nach Klasse und Schulform. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Klassenstufe die Berufswünsche klarer werden. Am klarsten sind die Schülerinnen und
Schüler der Regionalen Schulen orientiert, insbesondere jene in den Schulabgangsklassen.
Abbildung 7Weißt du schon, welchen Beruf du später einmal ausüben möchtest? Antwort „Ja“
nach Klassenstufe und Schulform
19
Das Ergebnis, dass mehr als die Hälfte, nämlich 52 % der Befragten noch keine oder keine
sichere Vorstellung von ihrem späteren Beruf haben, sollte einer Ursachenanalyse unterzogen werden. Vor dem Hintergrund der Selbsteinschätzung der Befragten scheint dieses
Ergebnis außerdem widersprüchlich. Der Großteil, 93 % der Schülerinnen und Schüler, hatten angegeben, „Ich weiß, über welche Fähigkeiten ich verfüge“ (52 % Trifft zu + 41 % Trifft
eher zu). Dieses Ergebnis gibt Hinweise darauf, wie wenig erfahren die Jugendlichen in ihrer
Selbsteinschätzung sind und dass sie hier Anleitung und Unterstützung benötigen.
3.3.2 Berufswünsche, Wunschberufe
Durch die offenen Antwortmöglichkeiten auf die Frage Wenn ja, welche/n Berufswunsch/wünsche hast du? sind die Ergebnisse sehr komplex, vielfältig und reflektieren zum Teil
bereits sehr konkrete Berufswünsche. Die Daten stehen als Arbeitsgrundlage zur Verfügung; eine detaillierte Auswertung kann aufgrund der Fülle des Datenmaterials an dieser
Stelle nicht erfolgen. Für interessierte Leserinnen und Leser befindet sich im Anhang die
Tabelle Welchen Berufswunsch hast du? Hier wurden die Berufswünsche, die an erster
Stelle angegeben wurden, zusammengefasst und, so weit wie möglich, nach Ausbildungswegen (universitär/hochschulisch, betrieblich/schulisch oder unterschiedlich) geordnet.
504 beziehungsweise 47 % der Jugendlichen haben hier einen Berufswunsch angegeben.
Dieses Ergebnis stimmt überein mit dem Angaben der Jugendlichen, die in der vorhergehenden Frage bejaht hatten, bereits zu wissen, welchen Beruf sie ausüben möchten. Etwa
40 % der genannten Berufe erfordern eine Hochschulausbildung, 47 % eine betriebliche
oder schulische Ausbildung und weitere 13 % können auf unterschiedlichen Wegen erlernt
werden. Nicht-akademische Pflege- und Gesundheitsberufe werden am häufigsten mit 59
Nennungen angeführt. Ärztin/Arzt ist mit 38 Nennungen ein beliebter Beruf. Ingenieursberufe (22) sowie Mechaniker/in, Mechatroniker/in, Elektroberufe und Bauberufe (35 und 13
Nennungen) werden ebenfalls häufig genannt.6
Ein detaillierter Abgleich mit Kompetenzen und Neigungen sowie angestrebten Schulabschlüssen könnte Gegenstand weiterer Forschung sein.
6
siehe Tabelle „Welchen Berufswunsch hast du?“ im Anhang
20
3.3.3 Der ideale Beruf
Was ist für dich wichtig bei der Wahl eines Berufes? Hierzu konnten die Jugendlichen auf
einer vierstufigen Likert-Skala – Sehr wichtig, Wichtig, Eher unwichtig, Unwichtig – 13 Faktoren ihres zukünftigen Wunschberufs bewerten.
Abbildung 8
Was ist für dich wichtig bei der Wahl eines Berufes?
In der Auswahl ihres Wunschberufes halten die Schülerinnen und Schüler einen gesicherten Arbeitsplatz (77 %), Zeit für die Familie (54 %) und die Arbeit mit Menschen (38 %)
für besonders wichtig. Geregelte Arbeitszeiten (37 %) und ein guter Verdienst (36 %) sind
ebenfalls wichtige Faktoren. Die hier recht hoch gewichteten Faktoren Familienfreundlichkeit und Verdienstmöglichkeiten spiegeln sich in ihrer Ausprägung auch in den Ergebnis-
21
sen zur Frage nach den allgemeinen Faktoren der Attraktivität der Region als Arbeits- und
Lebensumfeld wider.
Ob sich diese Anforderungen in Bezug auf die Berufswahl erfüllen lassen und wie sie mit
den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes in Einklang zu bringen sind, ist dabei keinesfalls
gesichert.
3.3.4 Interessierte Betriebe
Die Jugendlichen wurden gebeten, folgende Aussage zu bewerten: Die Unternehmen in
der Region interessieren sich für zukünftige Auszubildende/Studenten. Hierfür konnten
sie eine Möglichkeit ankreuzen: Stimmt voll und ganz, Stimmt eher, Stimmt eher weniger,
Stimmt überhaupt nicht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Jugendlichen sich bei
den Betrieben eher willkommen fühlen: 72 % stimmen der Aussage voll und ganz beziehungsweise eher zu.
Abbildung 9Die Unternehmen in der Region interessieren sich für zukünftige Auszubildende/
Studenten
22
3.4 Neubrandenburg als Arbeits- und Lebensumfeld: Welche Faktoren spielen
eine Rolle?
3.4.1 Finden wir hier Arbeit?
Die Frage nach der Möglichkeit, ihren Wunschberuf in Neubrandenburg erlernen zu können, beantworten die Jugendlichen relativ homogen zu 28 % mit Ja, 30 % mit Nein und
36 % sind sich nicht sicher. 47 % der Schülerinnen und Schüler könnten sich vorstellen,
ihren Wunschberuf in Neubrandenburg auszuüben. Nur 14 % gaben an, dies nicht zu können, 33 % sind sich unsicher.
Abbildung 10Kannst du deinen Wunschberuf in Neubrandenburg erlernen?
Könntest du in diesem Beruf in Neubrandenburg arbeiten?
Nach Schulformen differenziert zeigt sich, dass es vor allem die Gymnasialschülerinnen
und ‑schüler sind, die davon ausgehen, ihren Beruf nicht in Neubrandenburg erlernen zu
können, während die Schülerinnen und Schüler an der Förderschule und den Regionalen
Schulen diese Frage jeweils zu 48 % bejahen. Dagegen zeigen sich bei der Frage nach
der Möglichkeit einer Berufsausübung in Neubrandenburg weniger Differenzen zwischen
den Schulformen. Insgesamt wird die Möglichkeit, später in der Region im Wunschberuf
arbeiten zu können, optimistischer eingeschätzt als die Möglichkeit, hier eine Ausbildung
oder ein Studium zu absolvieren. Es ist zu vermuten, dass die Jugendlichen nach wie vor
nicht über alle regionalen Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten, einschließlich dualer
Studiengänge, informiert sind.
23
3.4.2 Gehen oder bleiben?
Auf die Frage Wo würdest du eine Ausbildung/ein Studium beginnen? standen mit der
Möglichkeit der Mehrfachantworten folgende Angaben zur Verfügung:
• In Neubrandenburg
• In der näheren Umgebung
• In Mecklenburg-Vorpommern
• In anderen Bundesländern
• Im Ausland
Insgesamt gab es 1.455 Nennungen von Wunschausbildungsorten. In der folgenden Tabelle sind die Prozentwerte jeweils in Bezug auf die Gesamtgruppe (1.064 befragte Jugendliche) und in Bezug auf alle Nennungen (1.455 Antworten aufgrund von Mehrfachnennungen) aufgeführt.
Häufigkeit
Prozent
(n=1.064)
Prozent
(n=1.455)
In Neubrandenburg
215
20%
15%
In der näheren Umgebung
180
17%
12%
In Mecklenburg-Vorpommern
260
24%
18%
In anderen Bundesländern
643
60%
44%
Im Ausland
157
15%
11%
Tabelle 2
Wo würdest du eine Ausbildung/ein Studium beginnen?
Es können sich 60 % aller Befragten vorstellen, in einem anderen Bundesland zu studieren
oder eine Ausbildung zu absolvieren. Gleichzeitig können sich aber auch insgesamt 61 %
vorstellen, in Neubrandenburg, der näheren Umgebung oder in Mecklenburg-Vorpommern
ihre Ausbildung/ihr Studium zu beginnen. Im Ausland zu studieren oder eine Ausbildung
aufzunehmen, erwägen rund 15 % (siehe auch Abbildung 11).
Bei einer Differenzierung der Wunschorte nach Schulform zeigt sich, wenig überraschend,
dass es insbesondere die Gymnasialschülerinnen und ‑schüler sind, die beabsichtigen,
in anderen Bundesländern ein Studium oder eine Ausbildung aufzunehmen; 72 % geben
diese Absicht an. Die Schülerinnen und Schüler der Regionalen Schule zeigen die höchste
Tendenz, in der Region bleiben zu wollen. Überraschend dagegen ist der hohe Anteil der
24
Förderschülerinnen und ‑schüler, die angeben, die Region verlassen zu wollen. Die Hälfte
von ihnen geben an, in ein anderes Bundesland oder ins Ausland gehen zu wollen (siehe
auch Abbildung 12), was jedoch als unrealistisch zu bewerten ist.
Abbildung 11Wo würdest du eine Ausbildung/ein Studium beginnen?
(bezogen auf 1.064 Befragte; Mehrfachnennungen möglich)
Abbildung 12Wo würdest du eine Ausbildung/ein Studium beginnen?
(nach Schulform, bezogen auf 1.064 Befragte)
25
3.4.3 Welche Jugendlichen wollen bleiben?
Wie komplex sich die Berufsorientierungen im Kontext Lebensplanung aus der Sicht der
Schülerinnen und Schüler gestaltet, war Hintergrund der folgenden Analyse. Welche Jugendlichen können sich vorstellen, für ihre Ausbildung oder ihr Studium in Neubrandenburg zu bleiben? Was kennzeichnet sie, was ist ihnen wichtig? Besonderer Beliebtheit als
Ausbildungs- oder Studienort erfreut sich Neubrandenburg unter den Schülerinnen und
Schülern der Regionalen Schulen und hier besonders in der Klassenstufe 10. Es folgen die
Schülerinnen und Schüler an den Förderschulen.
Um diese Gruppen näher zu beschreiben, wurden die Daten differenziert danach ausgewertet, ob Jugendliche Neubrandenburg und die nähere Umgebung als möglichen Ausbildungs- oder Studienort in Betracht ziehen (die „Bodenständigen“ im weiteren Text), oder
ob sie ausschließen, in der Region zu bleiben (die „Aufbruchslustigen“ im weiteren Text).
Die „Aufbruchslustigen“ sind 72 % oder 767 der Befragten, die bei der Frage nach dem
Ausbildungs- oder Studienort nicht Neubrandenburg oder die nähere Umgebung angekreuzt haben, während für die 28 % oder 296 „bodenständigen“ Befragten Neubrandenburg und Umgebung in Frage kommen.
Vergleicht man diese beiden Gruppen in Bezug darauf, ob sie bereits einen Berufswunsch
haben, dann fällt folgendes auf: Die „Bodenständigen“ geben mit 60 % wesentlich häufiger
Abbildung 13Weißt du schon, welchen Beruf du später einmal ausüben möchtest * Studium/
Ausbildung in oder außerhalb Neubrandenburgs und Umgebung
26
an, bereits einen Berufswunsch zu haben. Dagegen wissen nur 44 % der „aufbruchslustigen“ Jugendlichen, was sie beruflich machen möchten.
Die Gruppe der „bodenständigen“ Jugendlichen ist, wie aus der folgenden Tabelle, Punkt
1 und 2, hervor geht, auch überdurchschnittlich zuversichtlich, in Neubrandenburg lernen
und arbeiten zu können.
Sie können sich im Vergleich zu den „Aufbruchslustigen“ fast doppelt so häufig vorstellen,
in ihrem letzten Praktikumsbetrieb eine Ausbildung zu beginnen; 33 % der „Bodenständigen“ bejahen dies im Vergleich zu 17 % der „Aufbruchslustigen“ (Punkt 3).
Außerdem geben die Erstgenannten häufiger an, dass das Praktikum ihnen sehr geholfen habe bei der Berufsorientierung (Punkt 4).
Auch die Faktoren Geregelte Arbeitszeiten, Mit modernster Technik arbeiten sowie Zeit für
Familie als Kriterien bei der Berufswahl werden von den „Bodenständigen“ stärker gewichtet. Familienfreundlichkeit als Gegebenheit in der Region ist ihnen noch wichtiger als dies
bei den „Aufbruchslustigen“ der Fall ist (Punkte 5 bis 8). Schließlich haben die „bodenständigen“ Jugendlichen auch noch stärker als die übrigen Befragten den Eindruck, dass die
Unternehmen in der Region sich für zukünftige Auszubildende/Studierende interessieren
(Punkt 9).
„Bodenstän- „Aufbruchsdige“
lustige“
Vergleich:
alle
1) K
annst du deinen Wunschberuf in Neubrandenburg
erlernen? – Ja
50%
22%
28%
2) K
önntest du in diesem Beruf in Neubrandenburg
arbeiten? – Ja
64%
44%
47%
3) S
päter möchte ich in diesem Unternehmen lernen/
eine Ausbildung beginnen – Trifft zu
33%
17%
22%
4) P
raktikum – Sehr geholfen (bei Berufsorientierung)
49%
39%
41%
5) Geregelte Arbeitszeiten – Sehr wichtig + Wichtig
89%
74%
78%
6) M
it modernster Technik arbeiten – Sehr wichtig +
Wichtig
50%
44%
45%
7) Zeit für Familie – Sehr wichtig
58%
53%
55%
8) F
amilienfreundlichkeit (Gegebenheit in der Region) –
Sehr wichtig
59%
48%
51%
9) D
ie Unternehmen in der Region interessieren sich
für zukünftige Auszubildende/Studenten – Stimmt
voll und ganz + Stimmt eher
85%
75%
78%
Tabelle 3
Ausgewählte Ergebnisse im Vergleich zwischen „Bodenständigen“ und „Aufbruchslustigen“
27
3.4.4 Was macht die Region attraktiv?
Eine weitere Frage zielt darauf ab zu erfassen, wie Jugendliche ihre Region einschätzen.
Bei Wie schätzt du folgende Gegebenheiten in deiner Region ein? sollten zehn Kriterien
anhand einer vierstufigen Skala – Sehr wichtig, Wichtig, Eher unwichtig, Unwichtig – bewertet werden. In der folgenden Grafik sind jeweils die Bewertungen Sehr wichtig + Wichtig
sowie Eher unwichtig + Unwichtig zusammengefasst und die bewerteten Faktoren sind
entsprechend ihrer Rangfolge abgebildet. Mehrfachnennungen waren möglich.
Abbildung 14
Wie schätzt du folgende Gegebenheiten in deiner Region ein?
Ob es sich um die Formulierung von Wünschen oder um eine realistische Einschätzung
von Gegebenheiten handelt, bleibt offen. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.
28
4. Schwerpunktauswertung: Berufsorientierung und Praktikum
Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse der Schülerinnen- und Schülerbefragung
vorgestellt. Sie beziehen sich auf drei Aspekte: die Entscheidungskriterien bei der Berufsorientierung, die Bedeutung des Praktikums und die Rolle der Eltern im Berufswahlprozess.
4.1 Was sind die wichtigsten Möglichkeiten zur Berufsorientierung?
Zunächst werden die Antworten der Jugendlichen auf die beiden Fragen zu Möglichkeiten
der Berufsorientierung jeweils in einer Rangfolge dargestellt. Bei Welche Möglichkeiten
der Berufsorientierung kennst du? sollten die Schülerinnen und Schüler aus einer Liste von
22 Möglichkeiten die ankreuzen, die sie kennen.
Abbildung 15
Welche Möglichkeiten der Berufsorientierung kennst du?
29
Anschließend konnten die Jugendlichen bei der Frage Wer oder was hat dir bei der Berufsorientierung geholfen? aus einer Liste von 25 verschiedenen Möglichkeiten zur Berufsorientierung auswählen. In der folgenden Grafik sind die Ergebnisse zusammengefasst. Am
bekanntesten und am hilfreichsten ist das Praktikum: 95 % der Jugendlichen kennen es
und 80 % stufen es mit Sehr geholfen oder Geholfen ein. In der Bewertung, wie hilfreich
die Möglichkeiten waren, folgen nach dem Praktikum die Eltern und Freunde sowie die
Projekttage der Berufsorientierung des ABG e.V.
Die Grafik zeigt, dass es zahlreiche Angebote zur Berufsorientierung gibt.
Abbildung 16Wer oder was hat dir bei der Berufsorientierung geholfen? (Antworten: Sehr geholfen + Geholfen)
30
Wir wissen allerdings zuwenig darüber, wie hilfreich und wirksam diese Angebote zur Berufsorientierung für die Schülerinnen und Schüler der einzelnen Schulformen und Klassenstufen sind. Hier besteht Handlungsbedarf für die RÜM-Akteure in Neubrandenburg.
4.2 Gibt es Unterschiede in der Bewertung?
Ausgewählte Ergebnisse der Befragung der Jugendlichen wurden sowohl nach Klassenstufe als auch nach Schulform differenziert. Zunächst ist die Gesamtbewertung aller Angebote der Berufsorientierung dargestellt.
Abbildung 17Gesamtbewertung der Berufsorientierungsmöglichkeiten nach Schulform und
Klassenstufe (Mittelwerte)
31
Die angebotenen Berufsorientierungsmöglichkeiten werden von den Jugendlichen aller
Schulformen als hilfreich eingeschätzt (Mittelwert = 2,81). Schülerinnen und Schüler der
unteren Klassenstufen 8 und 9 bewerten das Angebot im Mittel besser als die Schülerinnen
und Schüler der höheren Klassenstufen 10 und 11. Am zufriedensten sind die Schülerinnen und Schüler der achten Klassenstufe an der Förderschule. Schülerinnen und Schüler
der höheren Klassenstufen an Gymnasien geben an, das die vorhandenen Angebote am
wenigsten hilfreich waren.
4.3 Schlaglicht: Praktikum
Der größere Teil der Jugendlichen bewertet das Praktikum als besonders hilfreich. Sie verknüpfen hier Arbeitserfahrungen mit Interessen und Neigungen. Das wird als sehr hilfreich
beschrieben. Aufgrund der hohen Bedeutung, die die Jugendlichen dem Praktikum für die
Berufsorientierung beimessen, werden hier die Ergebnisse zu den auf das Praktikum bezogenen Fragen unter die Lupe genommen. Wie hat dir dein letztes Praktikum gefallen?
wurde sehr positiv beantwortet:
Abbildung 18
Wie hat dir dein letztes Praktikum gefallen?
32
Was traf auf dein letztes Praktikum zu? Dies war eine weitere Frage an die Jugendlichen,
bei der sie gebeten wurden, zu neun verschiedenen Aussagen Stellung zu beziehen.
Prozent bei n=1.064
Ich wurde nur für Hilfsarbeiten eingesetzt
Trifft zu
Trifft nicht
keine Angabe Summe
zu
32%
58%
10%
100%
22%
68%
11%
100%
Ich durfte Aufgaben selbständig erledigen
81%
10%
9%
100%
Ich habe mich insgesamt wohlgefühlt
77%
13%
10%
100%
41%
47%
12%
100%
Die Tätigkeit war interessant
72%
19%
9%
100%
Ich wurde im Unternehmen ernst genommen
78%
12%
10%
100%
80%
11%
9%
100%
Eine Arbeit in diesem Berufsfeld liegt mir
58%
31%
10%
100%
gar keine Aussage hierzu
8%
Später möchte ich in diesem Unternehmen lernen/Ausbildung beginnen
Ich möchte Kontakt zu diesem Unternehmen
halten
Ich habe unterschiedliche Arbeitsaufgaben
bekommen
Tabelle 4
Was traf auf dein letztes Praktikum zu?
Während die Jugendlichen überwiegend zufrieden scheinen mit den Aufgabenstellungen
und den Tätigkeiten, sich ernst genommen fühlten und fanden, dass ihnen das Berufsfeld
liegt, ist es überraschend, dass nur 41 % Kontakt zum Unternehmen halten möchten. Nur
22 % sich vorstellen können, in dem Unternehmen eine Ausbildung aufzunehmen. Hier
besteht weiterer Forschungsbedarf.
Aufschlussreich waren die Antworten auf die offene Fragestellung Was sollte deiner Meinung nach verändert werden, damit das Praktikum erfolgreicher ablaufen kann? Die Vorschläge zeugen zum überwiegenden Teil von hoher Motivation und großem Interesse am
Praktikum. Die Tätigkeiten sollten anspruchsvoller, vielfältiger und stärker von Ernstcharakter geprägt sein. Die Praktika selbst sollten länger dauern! Aufgrund der Datenfülle ist
die ausführliche Tabelle im Anhang beigefügt.
33
Abbildung 19
Bewertung des Praktikums nach Schulform und Klassenstufe (Mittelwerte)
Das Praktikum wird insgesamt von allen Schülerinnen und Schülern positiv bewertet. Bei
den Regionalen Schulen sowie in einem Gymnasium wird das Praktikum bereits in Klasse
7 durchgeführt. Hier setzt das Projekt „Schoolfactory“ an – ein einwöchiges Angebot des
ABG e. V. zur Verbesserung der Feinmotorik und Sensibilisierung für die Bereiche Holz,
Metall und Elektronik. Angeleitet werden die Jugendlichen von Azubis aus verschiedenen
Betrieben der Stadt. Das Projekt wird in den Räumen einer Beruflichen Schule umgesetzt.
Es wird von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern sowie von beteiligten Wirtschaftsvertretern als sinnvolles und nachhaltiges Berufsorientierungsangebot eingeschätzt.
34
In der 8. Klasse organisiert derselbe Bildungsträger ein 14-tägiges Gruppenpraktikum für
die genannten Schulen. Den ersten Tag gestaltet das Berufsinformationszentrum (BIZ).
Anschließend gehen die Jugendlichen in Kleingruppen für je vier Tage in ein Unternehmen.
Die Auswahl erfolgt auf der Grundlage einer Potenzialanalyse oder eines Berufswahltrichters. Würde sich die Vielfalt der Betriebe erweitern, könnten die Wünsche der Jugendlichen noch besser berücksichtigt werden. In der 9. Klasse haben die Jugendlichen nun
schon bessere Kenntnisse von der Betriebslandschaft in Neubrandenburg und suchen in
der Regel ihren Praktikumsbetrieb selbst. Dennoch kennen sie, ihre Eltern und ihre Lehrer
nicht alle Betriebe, die einen Praktikumsplatz zur Verfügung stellen. Durch RÜM-Akteure
ist deshalb eine Übersicht an Praktikumsplätzen und entsprechenden Betrieben in Arbeit.
Die Hochschule Neubrandenburg bietet für Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen an Gymnasien ein zweiwöchiges Schnupperstudium mit individueller Begleitung durch
Mentorinnen und Mentoren (Studierende) an.
Da das Praktikum einen hohen Stellenwert besitzt, wird im AK SCHULEWIRTSCHAFT
Neubrandenburg kontinuierlich an der Verbesserung dieses Bereichs gearbeitet. Dabei
gilt es vor allem, den unterschiedlichen Ansprüchen der Schulformen gerecht zu werden.
So wurde zum Beispiel für Förderschülerinnen und ‑schüler der 9. Klasse wurde im Schuljahr 2011/12 erstmals die Ausbildungswerkstatt der Handwerkskammer genutzt.
35
4.4 Ausgewählte regionale Angebote
Abbildung 20
Bewertung Projekttage des ABG e.V. (Mittelwerte)
Projekttage zur Berufsorientierung des ABG e.V. werden insgesamt mit drei bis vier (Geholfen bis Sehr geholfen) bewertet. Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums bewerten
dieses Angebot als weniger hilfreich, verglichen mit den Antworten der Jugendlichen an
Förderschule und Regionalen Schulen.
Dabei ist zu erwähnen, dass aufgrund fördertechnischer Voraussetzungen diese Angebote
nicht in allen Schulen umgesetzt werden können. Kontinuierliche Projekttage zur Berufsorientierung erfolgen seit Jahren auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung mit den
drei Regionalen Schulen, der IGS und dem Albert-Einstein-Gymnasium.
In der Förderschule fanden die letzten Angebote in Klasse 5 und 6 vor drei Jahren statt, die
laut Einschätzung der befragten Förderschülerinnen und -schüler sehr nachhaltig gewesen
sein müssen.
36
Abbildung 21
Bewertung AWT-Unterricht (Mittelwerte)
Der AWT-Unterricht wird von den Jugendlichen an allen Schulformen als weniger hilfreich
bei der Berufsorientierung eingestuft. Auffällig ist die Bewertung der Gymnasialschülerinnen und ‑schüler verglichen mit den Jugendlichen an Förder- und Regionalen Schulen.
Dabei sei erwähnt, dass der AWT-Unterricht an Gymnasien laut Lehrplan theoretischer
ausgerichtet ist als an Regionalen Schulen. In Klasse 7 und 8 der Gymnasien werden
Informationen zu Berufsbildern vermittelt. In Klasse 9 werden Inhalte theoretisch besprochen, zum Beispiel über Unternehmensstrategien oder Funktionen eines Unternehmens,
um auf das Betriebspraktikum vorzubereiten. In Klasse 10 gibt es seit zwei Jahren das
Fach Studienorientierung und ab Klasse 11 folgt das Fach Wirtschaft. Letzteres kann von
den Jugendlichen angewählt werden.
37
Abbildung 22
Bewertung Girls’ Day (Mittelwerte)
Die Schülerinnen der Förderschule beurteilen den Girls’Day als sehr hilfreich im Rahmen
der Berufsorientierung. In den Regionalen Schulen und am Gymnasium wird das Angebot
als weniger nützlich empfunden. Die Zielgruppe des Girls’Day, dem im Idealfall ein Praktikum in einem ähnlichen Berufsfeld folgen sollte, sind Mädchen in unteren Klassenstufen.
Dies erklärt u. U., dass Schülerinnen in höheren Klassenstufen dieses Angebot der Berufsorientierung als weniger hilfreich einschätzen.
38
4.5 Relevanz des sozialen Umfelds
Bei allen Jugendlichen zeigt sich: je hilfreicher der eine Elternteil bei der Berufsorientierung
bewertet wird, desto positiver wird auch der andere Elternteil beurteilt.
Abbildung 23
Einfluss von Mutter, Vater und Freunden auf die Berufsorientierung (Mittelwerte)
Mütter und Väter werden von Förderschülerinnen und ‑schülern als große Hilfe bei der Berufsorientierung benannt, wohingegen die Unterstützung durch die Väter bei Schülerinnen
und Schülern der Regionalen Schule und des Gymnasiums als weniger hilfreich beschrieben wird. An diesen beiden Schulformen beurteilen die Schülerinnen und Schüler die Un-
39
terstützung der Mutter als sehr hilfreich in der Phase der Berufsorientierung. Jungen sehen
die Unterstützung durch den Vater bei der Berufsorientierung hilfreicher als die Mädchen.
Eine wichtige Unterstützung erfahren die Jugendlichen des Weiteren durch Freunde. In
den Förder- und Regionalen Schulen bewerten die Befragten die erhaltene Unterstützung
durch Freunde als hilfreich, während Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums den
Freundeskreis weit weniger hilfreich einschätzen.
Bei der Auswertung der Daten zeigte sich, dass auch das nähere soziale Umfeld der Jugendlichen eine große Hilfe bei der Wahl des Berufes oder der Ausbildung darstellt. Zur
Klärung der Frage, welche Angebote als wirksam und hilfreich bewertet werden, kann nicht
nur die eigene Bewertung der Schülerinnen und Schüler herangezogen werden. Vor allem
die Eltern haben eine wichtige Rolle bei der Berufsorientierung. Daher wird im Folgenden
die Rolle der Eltern anhand der Ergebnisse aus der Elternbefragung analysiert.
40
5. Die Elternbefragung: Wie gut sind die Berufsberater Nr. 1 gerüstet?
Ebenso wie die Jugendlichen wurden die Eltern anonym und anhand eines Fragebogens
befragt, den das Projektteam RÜM gemeinsam mit dem Projekt „Praxispilot“ des ABG e.V.
erarbeitet hat. Die Eltern erhielten die Fragebögen zu Beginn des Schuljahres 2011/12,
nachdem vorher in den Elternversammlungen darüber informiert wurde. Der Rücklauf der
Fragebögen erfolgte bis Oktober 2011.
5.1 Die befragte Gruppe
Mit 702 eingegangenen Fragebögen7 beteiligten sich Eltern der Klassenstufen 8 bis 11 von
knapp der Hälfte der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2011/2012 an der Befragung
(Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2011/2012: 1.416). Nicht erfasst
wurde, ob die befragten Eltern noch weitere schulpflichtige Kinder in den Klassenstufen 8
bis 11 haben. Bei der hohen Beteiligung können die Ergebnisse als repräsentativ betrachtet werden.
Abbildung 24
7
Mein Kind besucht... (Schulform)
Fragebogen siehe Anhang
41
5.2 Berufsorientierung: wichtig, Informationsstand: mäßig
Die Befragung der Eltern erfasst deren Rolle im Berufswahlgeschehen. Bei der Auswertung
wurden erste Zusammenhänge beobachtet. Diese bezogen sich auf:
• R
elevanz sowie Informiertheit zum Thema Berufsorientierung;
• Zuständigkeiten, die die Eltern bezüglich der Berufsorientierung ihrer Kinder
sehen;
• B
ekanntheit und Nutzen institutioneller Angebote zur Berufsorientierung;
• Informationsbedarf und Formen der Informationsbereitstellung.
Die ersten beiden Fragen lauteten:
1.
Wie wichtig ist Ihnen als Elternteil das Thema berufliche Orientierung und die Berufswahl für Ihr Kind? (Antworten: Sehr wichtig, Wichtig, Weniger wichtig, Gar nicht
wichtig)
2.
Wie gut fühlen Sie sich als Eltern zum Thema berufliche Orientierung und Berufswahl Ihres Kindes informiert? (Antworten: Sehr gut, Gut, Weniger gut, Gar nicht gut)
Abbildung 25
Wie wichtig ist Ihnen Berufsorientierung/Wie gut fühlen Sie sich informiert?
Anhand der Grafik wird deutlich, dass das Thema Berufsorientierung und Berufswahl für
die Eltern einen sehr hohen Stellenwert hat. Wie bereits die Befragung der Schülerinnen
und Schüler erkennen lässt, sind die Eltern daher eine wichtige Unterstützungsgröße für
die Jugendlichen im Prozess der Berufswahl. Anhand der Grafik ist ebenfalls ersichtlich,
dass Bedeutung der Berufsorientierung und Informiertheit unterschiedlich bewertet wer-
42
den. Die Mehrzahl der Eltern (52 %) fühlt sich gut oder sehr gut informiert; 46 % der Eltern
fühlen sich weniger gut oder gar nicht gut informiert.
Nach Schulformen differenziert zeigt sich für diese beiden Kategorien, dass sich die Eltern
der Förderschülerinnen und Förderschüler mit 90 % Sehr gut und Gut am besten informiert
fühlen, gefolgt von den Eltern der Schülerinnen und Schüler an Regionalen Schulen mit
56 % und schließlich den Eltern der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten mit 48 %. Hier
könnte eine Verzerrung des Antwortverhaltens im Sinne sozialer Erwünschtheit denkbar
sein.
Abbildung 26
5.3 Wie gut fühlen Sie sich zur Berufsorientierung/Berufswahl informiert?
Berufsorientierung: Wer ist zuständig?
Bei der Frage Wer sollte sich um die Berufsorientierung Ihres Kindes kümmern? meinen
84 % der Eltern, dass ihre Kinder zunächst selbst dafür verantwortlich sind. Erst an zweiter
Stelle (76 %) halten die Eltern sich selbst für zuständig, wenn es um die Berufsorientie-
43
rung ihrer Kinder geht. Im Gegensatz dazu erhoffen sich die Schülerinnen und Schüler
hauptsächlich Unterstützung durch die Eltern bei der Berufsorientierung. Nachrangig geben Eltern institutionelle Angebote an wie Berufsberaterinnen und Berufsberater der Bundesagentur für Arbeit (63 %) und Lehrerkräfte an weiterführenden Schulen (44 %).
Abbildung 27Wer sollte sich aus Ihrer Sicht um die Berufsorientierung Ihres Kindes kümmern?
(Gesamt)
44
Nach Schulformen differenziert zeigen sich folgende Ergebnisse:
Abbildung 28Wer sollte sich aus Ihrer Sicht um die Berufsorientierung Ihres Kindes kümmern?
(Nach Schulform)
45
Die „Top 3“ der Berufsorientierung sind schulformübergreifend die Jugendlichen selbst, die
Eltern und die Berufsberaterinnen und ‑berater der Agentur für Arbeit. Nach Schulformen
differenziert zeigen sich bei der Gewichtung Unterschiede: Bei den Eltern von Förderschülerinnen und -schülern steht die Berufsberatung der Agentur für Arbeit an erster Stelle. Zudem sprechen sie sich eine genauso große Verantwortung zu wie den Jugendlichen selbst.
Die Eltern von Kindern in Gymnasien und Regionalen Schulen betonen am stärksten die
Eigenverantwortung der Jugendlichen.
Die Frage der Eigenverantwortung beantworten Eltern, deren Kinder die Regionale Schule
oder das Gymnasium besuchen, ähnlich. Unterschiede zeigen sich bei der Bewertung der
Verantwortlichkeit von Institutionen. Eltern von Förderschülerinnen und ‑schülern erwarten
mehr Unterstützung durch Institutionen als Eltern von Gymnasialschülerinnen und ‑schülern.
Unterstützung durch Unternehmen erwarten nur zwei Prozent der Eltern der Förderschülerinnen und ‑schüler. Eltern von Gymnasialschülerinnen und ‑schülern erwarten deutlich
mehr Unterstützung durch Unternehmen. Hochschulen, Universitäten und Fachhochschulen werden von keinem der Befragten in diesem Zusammenhang genannt.
In folgenden Untersuchungen wird die Bedeutung der Grundschullehrerinnen und ‑lehrer
bei der Empfehlung für weiterführende Schulen zu untersuchen sein. Nur ein Prozent der
Eltern, deren Kinder das Gymnasium beziehungsweise die Regionale Schule besuchen,
nennen diese Möglichkeit. Eltern, deren Kinder die Förderschule besuchen, führen diese
Möglichkeit gar nicht an.
5.4 Angebote: Bekanntheit ≠ Nutzen
Die folgenden Grafiken zeigen die Ergebnisse auf die Fragen Welche Informationsmöglichkeiten und Beratungsangebote für Eltern kennen Sie? sowie Welche der genannten
Informationsmöglichkeiten und Beratungsangebote waren für Sie nützlich? jeweils nach
Schulformen differenziert.
46
Abbildung 29 Welche Informationsmöglichkeiten und Beratungsangebote für Eltern kennen Sie?
47
Abbildung 30 Welche der genannten Informationsmöglichkeiten und Beratungsangebote waren für
Sie nützlich?
48
Schulformübergreifend sind die Berufsberatung der Agentur für Arbeit, das Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit (BIZ) sowie Klassen- bzw. Schulelternabende am
bekanntesten. Sehr unterschiedlich wird von den Eltern jedoch die Nützlichkeit dieser
Angebote eingeschätzt. Während über die Hälfte der Eltern von Förderschülerinnen und
-schülern die Berufsberatung als nützlich bewertet, fällt die Einschätzung bei Eltern der
anderen beiden Schulformen wesentlich kritischer aus.
Auffallend ist die relativ geringe Bekanntheit und Nützlichkeit des Internets als Berufsorientierungsangebot – vor allem angesichts einer Vielzahl von Online-Portalen unterschiedlichster Anbieter.
Lediglich alle Eltern von Förderschülerinnen und -schülern empfinden mindestens ein abgefragtes Angebot der Berufsorientierung als nützlich.
5.5 Worüber und in welcher Form möchten Eltern mehr Informationen?
Hinweise zur Konkretisierung des Informationsbedarfs wurden erfasst mit der Frage Über
welche Themen möchten Sie informiert werden? Mehrfachantworten waren unter den Vorgaben möglich. Auf die Schulform bezogen gaben Eltern diese Antworten:
Abbildung 31
Über welche Themen möchten Sie informiert werden?
49
Eltern von Förderschülerinnen und ‑schülern wünschen sich mehr Informationen zu Ausbildungsinhalten und finanzieller Unterstützung als Eltern, deren Kinder das Gymnasium oder
die Regionale Schule besuchen. Eltern von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten möchten
eher über Studienmöglichkeiten, Zugangsvoraussetzungen und finanzielle Unterstützung
informiert werden. Demgegenüber wünschen Eltern von Schülerinnen und Schülern der
Regionalen Schulen Informationen über Ausbildungsmöglichkeiten in regionalen Unternehmen, Zugangsvoraussetzungen, Berufsbilder und Ausbildungsformen.
Die Aussagen der Eltern zu gewünschten Informationsformen geben sowohl Hinweise zu
möglichen Forschungsthemen als auch zur Entwicklung der ganz praktischen Elterneinbindung. Es bestehen folgende Wünsche nach Formen der Beratung:
Abbildung 32
Welche Form der Beratung und Information wünschen Sie sich?
Eltern von Förderschülerinnen und ‑schülern äußern einen auffälligen Bedarf an Einzelberatungen, wohingegen Eltern, deren Kinder das Gymnasium oder die Regionale Schule
besuchen, ihren Informationsbedarf eher über regionale Veranstaltungen abdecken möchten. Ein Unterschied zeigt sich auch bei der Bewertung überregionaler Veranstaltungen.
Diese Form der Beratung wünschen sich vor allem Eltern von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. Es ist zu vermuten, dass Eltern aus dem bildungsfernen Milieu eher Entscheidungen durch die Beratung und Unterstützung von Institutionen treffen. Eltern aus dem
bildungsnahen Milieu vertrauen stärker auf ihre eigenen Erfahrungen.
50
6. Befragungen 2011 und: Wie geht es weiter?
Die Berufswahl „heute“ kann mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr auf Grund einer
punktuellen Entscheidung getroffen werden. Das bedeutet: die Berufsorientierung ist ein
langer Prozess, der nicht ab einer bestimmten Klassenstufe beginnt und nach der Ausbildung oder dem Studium endet. In diesen Findungsprozess fließen sowohl persönliche
Handlungsstrategien, soziale Kompetenzen, die Berufsbiografie der Eltern als auch die
Identifikation mit dem sozialen Umfeld sowie die Bedarfe der Wirtschaft. Diese Faktoren
kennzeichnen die Komplexität und Notwendigkeit gemeinsamer Strategien beim Übergang Schule – Beruf.
Ziel der ersten Befragungen war, mehr über die Prozesse der Berufsorientierung von
Schülerinnen, Schülern sowie Eltern zu erfahren. In den Befragungen 2011 wollte RÜM
Neubrandenburg wissen: Wie nehmen Schülerinnen und Schülern sowie die Eltern Berufsorientierung in Neubrandenburg wahr? Was hat ihnen geholfen? Können sich die Jugendlichen Neubrandenburg und Umgebung als Arbeits- und Lebensort vorstellen?
RÜM Neubrandenburg hat einen frühzeitigen Einstieg in das Übergangsmanagement gewählt. Dieser erfolgt bereits ab der achten Klassenstufe und fokussiert die regionalen Angebote der Berufsorientierung. Die Befragungsergebnisse geben diesem Vorgehen Recht.
Zum einen gilt das vor dem Hintergrund der Übergangsprobleme von Jugendlichen, die
die Schule ohne Schulabschluss oder lediglich mit der Berufsreife verlassen. Und zum
anderen zeigen die Ergebnisse, dass sich Jugendliche, die schon früh wissen, welchen beruflichen Weg sie einschlagen wollen, eher für eine Ausbildung in der Region entscheiden.
Angebote zur Berufsorientierung
Auf der vierstufigen Likert-Skala, deren Wertebereich von eins (Gar nicht geholfen) bis vier
(Sehr geholfen) reicht, bewerten die Schülerinnen und Schüler alle erfassten Angebote
zur Berufsorientierung im Durchschnitt mit 2,81 Punkten. Demnach liegt die Gesamtbewertung aller Angebote zur Berufsorientierung im Bereich zwischen Geholfen und Weniger
geholfen.
Statistisch signifikante Unterschiede zeigen sich in der Bewertung der Einzelangebote.
Die Bewertungen des Praktikums, des Girls’Day und der Projekttage des ABG e. V. unterscheiden sich je nach Schulzugehörigkeit oder Klassenstufe. Die Rolle des Vaters, der
Mutter und der Freunde wird je nach Schulzugehörigkeit, Klassenstufe und Geschlecht unterschiedlich eingeschätzt. Die befragten Förderschülerinnen und -schüler bewerten diese
51
Angebote als signifikant hilfreicher als die Schülerinnen und Schüler an den Regionalen
Schulen und Gymnasien.
Weggehen oder Bleiben?
Jugendliche, die in der Region bleiben wollen, entwickeln frühzeitiger einen stabilen Berufswunsch. Sie fanden ihr Praktikum sehr hilfreich und können sich auch eher vorstellen,
im Praktikumsbetrieb eine spätere Ausbildung zu beginnen, als dies bei den Jugendlichen
der Fall ist, die die Region verlassen wollen. Schülerinnen und Schüler der Regionalen
Schulen zeigen die höchste Tendenz, in der Region bleiben zu wollen. Sie haben auch am
ehesten einen festen Berufswunsch. Nicht unerheblich ist hier die Einschätzung Jugendlichen zur Familienfreundlichkeit der Unternehmen und der Region. Gymnasialschülerinnen und -schüler sind am unsichersten in ihrer Berufsorientierung und haben die höchste
Tendenz, die Region zu verlassen. Unter den Förderschülerinnen und -schülern geben 60
% an, die Region verlassen zu wollen, wobei diese Gruppe es voraussichtlich schwerer
haben wird, ihre Pläne in anderen Regionen umzusetzen.
Eltern und Berufsorientierung
Die Befragungen von Schülerinnen, Schülern und Eltern ergaben folgende Hinweise: Eltern
sind die wichtigsten Berufsberaterinnen und -berater für ihre Kinder. Fast die Hälfte der
Eltern fühlt sich jedoch für diese wichtige Aufgabe nicht ausreichend gerüstet. Auf die Frage Wie gut fühlen Sie sich als Eltern zum Thema berufliche Orientierung und Berufswahl
Ihres Kindes informiert? wird ein Mittelwert von 2,53 Punkten auf der Likert-Skala erreicht.
Die Befragung zeigte auch, dass aus Sicht der Eltern ihre Kinder die Berufsentscheidungen
weitestgehend selbständig treffen sollten. Internetangebote zur Berufsorientierung wurden
als wenig bekannt bzw. wenig hilfreich eingeschätzt.
52
Und wie weiter?
Aus Forschungssicht können die Fragen zur Wirksamkeit von Berufsorientierung nur adäquat erfasst werden, wenn sowohl die Strukturen und Formen der Berufsorientierungsangebote als auch individuelle Dispositionen stärker miteinander in Verbindung gebracht
werden. Durch die Zusammenarbeit mit der Hochschule Neubrandenburg sowie durch die
Fortschreibung der Bestandaufnahme werden in Folgeuntersuchungen aktuelle interaktionstheoretische Ansätze einfließen und der Einfluss von Interaktionsdynamiken im Berufswahlprozess genauer untersucht.
Anhand von exemplarischen, individuellen Fallstudien wird der Übergang von Schulabgängern mit Abschlüssen unterschiedlicher Schulformen aufbereitet. Die Fallstudien ergänzen
die Befunde der Schülerbefragungen qualitativ, indem sie den konkreten, individuellen Prozess der Berufsorientierung und des Übergangs in den Mittelpunkt rücken. Dazu werden
die Jugendlichen und Vertreter ihres familiären und schulischen Umfeldes befragt und die
in Anspruch genommenen Unterstützungs- bzw. Beratungsangebote mit ihren Wirkungen
berücksichtigt. Am Beispiel von konkreten Förderangeboten am Übergang Schule – Beruf wird deren Wirksamkeit untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Angeboten der
Berufsorientierung in den Schulen, die gemeinsam mit Trägern durchgeführt werden. Ein
wichtiger Punkt ist der Abgleich der Angebote mit den regionalen Bedarfen der Wirtschaft.
Allen beteiligten Einrichtungen und Personen, die sich so engagiert
eingebracht und die Befragung unterstützt haben mit aktivem Arbeitseinsatz, guten Vorschlägen und nicht zuletzt mit ganz viel Vertrauen,
danken wir an dieser Stelle ausdrücklich!
Projektteam RÜM Neubrandenburg
53
Notizen
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Notizen
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Notizen
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Notizen
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Notizen
58
Anhang
• Erhebungsbogen: „Meldung von Schulabgängerinnen und Schulabgängern“
2011
• Fragebogen „Schülerinnen- und Schülerbefragung im Rahmen des Regionalen
Übergangsmanagement Stadt Neubrandenburg (RÜM)“ 2011
• Fragebogen zur „Berufsorientierung von Jugendlichen – Wünsche und Bedarfe
an Informations- und Beratungsangeboten für Eltern“ 2011
• Tabelle „Welchen Berufswunsch hast du?“
• Tabelle „Was sollte deiner Meinung nach verändert werden, damit das Praktikum
erfolgreicher ablaufen kann?“
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
Antworten auf die Frage Welchen Berufswunsch hast du?
Welchen Berufswunsch hast du?
Ärztin/Arzt
univers./
hochsch.
38
Apotheker/in
3
Ernährungswissenschaftler/in
2
Sportwissenschaftler/in
1
Psychologe/Psychologin
10
Pflege- und Gesundheitsberufe, nicht-akademisch
(Alten-, Kranken-, Kinder-, Therapeut/innen)
Veterinärmediziner/in, -psychologe/-psychologin
59
7
Tierberufe, nicht-akademisch (Tier-, Pferdewirt/in)
Lebensmitteltechnologe/-technologin
16
3
Lebensmittelhandwerk
10
Hotelfachfrau/-mann, Restaurantfachfrau/-mann, Kellner/in
Studium Biologie, Chemie, Biochemie, Physik, Naturwissen.
7
6
Laborberufe
2
Ingenieur/in, (Innen-)Architekt/in, Maschinenbau
22
IT-Berufe, akademisch
12
IT-Berufe, nicht-akademisch
betriebl./
unterschulisch schiedlich
8
Mechaniker/in, Mechatroniker/in, Elektroberufe
35
Bauberufe, Schreiner/in, Tischler/in, Maler/in
13
Straßenwärter/in
1
Fachkraft für Lagerlogistik
4
Fluglotse/-lotsin, Pilot/in
6
Lokführer/in
2
Berufskraftfahrer/in, Verkehr und Logistik
4
Landwirt/in, Landwirtschaft, Natur, Umwelt
12
Bestattungsfachkraft
1
Gärtner/in (Friedhof)
2
69
Florist/in
3
Archivar/in, Bibliothekar/in
2
Beamte/r, Verwaltungsangestellte/r
16
Berufssoldat/in
13
Polizist/in (mittlerer oder gehobener Dienst)
22
Lehrer/in
24
Soziales, Pädagogik (akademisch)
14
Soziales, Pädagogik (nicht-akademisch, Erzieher/in)
25
Kauffrau/-mann
Jurist/in
43
10
Rechtsanwaltsgehilfe/-gehilfin
1
Journalist/in
5
Politikwissenschaftler/in
1
Coach/in im Personalmanagement
1
Sprachwissenschaftler/in
3
Designer/in, Mediengestalter/in
15
Fotograf/in
7
Clown/in
1
Eventmanager/in
1
Spieleentwickler/in
1
Maskenbildner/in, Kosmetiker/in
4
Regisseur/in, Sänger/in, Schauspieler/in, Musiker/in
Summe
Prozent der Ausbildungswege
6
203
235
66
40%
47%
13%
Gesamtzahl und Prozent Berufswünsche (von 1.064)
504
47%
Gesamt ohne Angabe, unspezifisch (Studium 1,
Dienstleistung 2), Anzahl und Prozent (von 1.064)
560
53%
Tabelle 5
Welchen Berufswunsch hast du?
70
Antworten auf die Frage Was sollte deiner Meinung nach verändert werden, damit das Praktikum erfolgreicher ablaufen kann?
Häufigkeit
Prozent
624
Das Praktikum war gut/ich war zufrieden/keine Veränderungsvorschläge
66
Die Tätigkeiten sollten anspruchsvoller/vielfältiger sein, über Hilfstätigkeiten hinausgehen und Einblick in den Beruf bieten/mehr Ernstcharakter (im Betrieb, nicht überbetrieblich) und Selbständigkeit
132
31%
Das Praktikum sollte länger dauern (2 Wochen und mehr)
59
14%
Es sollte mehr Auswahl an Praktikumsplätzen/Betrieben/Berufen geben
(u. a. auch IT und Musik genannt)
29
7%
Bessere Vorbereitung im Vorfeld des Praktikums, Probe-/Schnuppertag,
Informationen zu Betrieb, Beruf, Aufgaben, Angebotslisten in den Schulen bereitstellen, Berufstests
29
7%
Es sollte mehr Praktika geben
22
5%
Freie Wahl des Praktikumsplatzes (auch schon in früheren Jahrgängen)
21
5%
Bessere Betreuung
20
5%
Bessere Integration in Betrieb, bessere Arbeitsatmosphäre, freundlicheres Verhalten der Mitarbeiter im Betrieb
18
4%
Bessere Auswahl der Betriebe, bessere Kontrolle und bessere Vorbereitung der Praktika im Betrieb („Betriebe sollten sich besser einstellen und
informieren“, „Nicht erst über die Tätigkeiten nachdenken, wenn der Tag
anfängt“), geregelte Zeiten, Abläufe
16
4%
Betonung der Eigenverantwortung der Schüler/innen für Praktikumswahl
(besser und rechtzeitig kümmern, auf Betriebsgröße, Interessen achten)
12
3%
Praktika sollten auch in anderen Städten/Regionen/Bundesländern möglich sein
11
3%
Es sollte später Praktika geben, auch für höhere Schulabschlüsse und
Jahrgänge
7
2%
Bessere Organisation des Praktikums
6
1%
Eine feste Kontaktperson zur Betreuung/Begleitung einsetzen
6
1%
keine Angabe
71
Arbeitsanweisungen müssten klarer/konkreter sein
6
1%
Bessere Abstimmung Schule/Betrieb, weniger Schulaufgaben während
des Praktikums
5
1%
Anforderungen während des Praktikums sind zu hoch
5
1%
Praktikumsbericht abschaffen bzw. reduzieren
5
1%
Gemeinsam mit Freunden/Mitschülern Praktikum durchführen
2
0%
Das Praktikum sollte bezahlt werden
2
0%
Die 2 Wochen Praktikum sollten auch auf zwei Betriebe verteilt werden
können
2
0%
Lehrer sollten die Praktikanten besuchen.
2
0%
Es sollte schon früher Praktika geben
1
0%
Das Praktikum sollte abgeschafft werden
1
0%
Es sollte kein Gruppenpraktikum geben und wenn, sollten die Plätze gerecht verteilt werden.
1
0%
Ich fände es toll, wenn die zukünftigen Praktikanten bei älteren Kinder
eingesetzt werden.
1
0%
Man könnte sich mehr auf einen einzigen beschränken, wenn er es denn
nötig hat. Die Arbeit in der Gruppe könnte einiges vernachlässigen.
1
0%
Praktikum bei der späteren Berufswahl mit beachten
1
0%
weniger Pausen
1
0%
Anzahl der genannten Veränderungen:
424
Anzahl der Personen, die Veränderungen aufführten:
404
Tabelle 6Was sollte deiner Meinung nach verändert werden, damit das Praktikum erfolgreicher ablaufen kann?
72