LOGO Ausgabe 1/2011

Transcription

LOGO Ausgabe 1/2011
Ausgabe 1 / 2011
DAS
MAGAZIN
Wohnangebot
Mehr Eigenverant­
wortung
» Seite 15
Arbeitsplatz
In Bad Saulgau Fuß
gefasst
» Seite 20
Krankheit
Wenn die Sinne
täuschen
» Seite 23
Abschied vom Zivildienst:
Was kommt nachher?
» Seite 3-10 in dieser Ausgabe
Foto: Udo Dilger
In dieser Ausgabe
Einkaufstraining mit Dagmar Braun für die Männer aus der Trainingswohnung Robert Stanischa, Benjamin Dingler und
Karl-Heinz Keckeisen. Mehr zum Thema „Ambulantes Wohnen“. Lesen Sie mehr ab Seite 15.
Bildhinweise
Der Zurückbleibende
leidet.
Henry W. Longfellow
Inhalt
Impressum
Denk mal ................................................................................ 3
Schwerpunktthema
Zivildienst ..................................................................... 4 - 10
Herausgeber
Oberschwäbische Werkstätten für Behinderte gem. GmbH und Wohnheime - Einrichtungen - Ambulante Dienste gGmbH
Gottlieb-Daimler-Straße 35, 88214 Ravensburg, www.owb.de
Ausflugtipp ................................................................ 12 - 13
Verantwortliche für Artikel, deren Inhalt und Layout
Gerd Bantle, Alexander Fischer, Elke Herzer, Edeltraud Kopp
Jubilare ................................................................................. 14
Ambulante Wohnformen ...................................... 15 - 19
Werkstattnachrichten ............................................. 20 - 21
Selbstbestimmungsgremium .......................................... 22
Nachruf................................................................................. 22
Fortbildung................................................................. 23 - 25
Personal................................................................................. 26
Preisrätsel ............................................................................ 27
2
Titelmotiv:
"Der Zug mit den Zivildienstleistenden ist abgefahren"
Foto: Udo Dilger
Erscheinungsweise
Das OWB-Magazin LOGO erscheint in vier Quartalen jährlich:
Mitte Februar, Mai, August, November. Abgabeschluß für Beitäge ist
jeweils der 15. des Vormonats: Januar, April, Juli, Oktober.
Anschrift der Redaktion
Edeltraud Kopp, Förder- und Betreuungs-Bereich
Maximilian-Haller-Str. 18, 72488 Sigmaringen
Tel.: 0 75 71 / 74 59-72, Fax: 0 75 71 / 74 59 44 10 70 oder
E-Mail an: [email protected]
Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzung vor.
Auflage
Gesamtauflage: 1600 Stück
Gestaltung und Layout
heersmaconcept, Weingarten
Denk mal
Vom Zivildienst zum Freiwilligendienst
Die Titelseite dieser LOGO-Ausgabe zeigt eine Abschiedsszene am Bahnsteig. Sie soll das Abschiednehmen vom Zivildienst symbolisieren, der nach dem Willen des Gesetzgebers durch einen
Bundesfreiwilligendienst ersetzt werden soll.
Ein Stück Wehmut kann man mit dem Wort Abschied in Verbindung bringen. Ein solches Gefühl
ist bei der Verabschiedung des Zivildiensts durchaus angebracht. Viele Behinderte haben von der
Arbeit der Zivildienstleistenden profitiert, haben zu ihnen oft ein herzliches, vertrauensvolles Verhältnis entwickelt. Die Erinnerungs- und Erfahrungsbeiträge in diesem Heft zeugen davon.
Sie zeugen weiter davon, dass darüber hinaus Grund zur Dankbarkeit besteht: Nicht nur auf Seiten derer, die von Zivildienstleistungen und –leistenden profitieren durften. Für viele „Zivis“ selber
war ihr Einsatz eine gute Lebensschule. Hier konnte soziales Bewusstsein reifen und sich weiter
entwickeln, und dies war oft ausschlaggebend für die spätere Berufswahl.
Mit der Aussetzung des Zivildiensts soll nun ein Bundesfreiwilligendienst eingerichtet werden.
OWB-Geschäftsführer Egon Streicher berichtet in einem gesonderten LOGO-Beitrag darüber, äußert dabei auch seine Zweifel und eine gewisse Skepsis, ob das neue Modell für Menschen mit
Behinderungen zum Nutzen werden kann.
Nach den Worten der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder wurde mit dem Bundesfreiwilligendienst „ein überzeugendes Konzept“ erarbeitet, „mit dem…wir…den Wegfall des Zivildienstes“ wenigstens „teilweise kompensieren können“. Hier ist Skepsis wirklich angebracht. Nach Meinung des Präsidenten des Sozial- und Wohlfahrtsverbands „Volkssolidarität“,
Professor Dr. Gunnar Winkler, wird das neue Modell den Anforderungen nicht gerecht.
Die Umstellung darf nicht dazu führen, dass in wichtigen
Bereichen, wie zum Beispiel bei der Betreuung von schwerbehinderten Menschen, Leistungen wegfallen.
Deshalb muss verstärkt die Schaffung von personaler Assistenz
Prof. Dr. Gunnar Winkler
gefördert werden…
Neu an dem Modell ist, dass es bei den Freiwilligendiensten keine Altersbeschränkung gibt. Es
können sich also auch Senioren beteiligen. Ob sich letztere maßgeblich einbinden lassen, kann
bezweifelt werden.
Das Werben um freiwilliges Engagement von Senioren ist in unserer Gesellschaft groß. Familien
(Babysitter gesucht), Kindergärten (Vorlese-Omas und –Opas sind begehrt), Schulen (Betreuung
bei Hausaufgaben zum Beispiel), Vereine, Kirchen und andere Organisationen, auch die Wirtschaft, buhlen seit langem um rüstige und kompetente Vertreter der älteren Generation. Wird
diese Entwicklung in absehbarer Zeit allenthalben zu einem bezahlten Ehrenamt führen?
Der Zivildienst gibt jungen Leuten die Möglichkeit,
in a­ ndere Bereiche sozialer
­Arbeit zu schauen und auch
die Möglichkeit, nicht zur
Bundeswehr zu müssen.
Zivildienst kann man zum
Beispiel in Krankenhäusern,
Kinder- oder Jugend-Einrichtungen, Altersheimen oder
Einrichtungen für behinderte
Menschen machen oder aber
auch im Ausland. Das gilt nur
noch bis Sommer dieses Jahres, dann wird der Zivildienst
abgeschafft, weil der Wehrdienst ausgesetzt wird.
Mit der Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des
Zivildienstes vom Juli 2011 an
soll gleichzeitig ein Bundesfreiwilligendienst eingeführt
werden. Es sollen bundesweit
35 000 Plätze geschaffen
werden.
Viele Fragen sind noch offen.
3
Schwerpunktthema Zivildienst
Bundesfreiwilligendienst soll Zivildienst ersetzen
Nach dem Gesetzesentwurf aus dem Bundesfamilienministerium soll ein Bundesfreiwilligen­
dienst zum 01. Juli 2011 in Kraft treten. Hintergrund ist die Aufhebung der Wehrpflicht
und damit der Wegfall des Zivildienstes.
Das Bundesfamilienministerium will für den
neuen Freiwilligendienst des Bundes Frauen
und Senioren gewinnen. Auf die Neuregelung
hat man sich innerhalb der Koalition mit den
Ländern und den Trägern geeinigt. Der Bund
finanziert demnach den Bundesfreiwilligendienst.
Das neue soziale Angebot des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) soll das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologische Jahr
ergänzen. Das heißt, FsJ und FöJ bleiben also
weiterhin bestehen. Der Bundesfreiwilligendienst soll eine harmonische Ergänzung und
Stärkung der bestehenden freiwilligen Dienste
darstellen.
Im April 2011 wäre
er 50 geworden,
gerne hätte man ihm
­gratuliert dem Zivildienst.
Die sozialen Einrichtungen in der Bundesrepublik, die bislang jährlich noch insgesamt
90.000 Zivildienstleistende eingesetzt hatten,
müssen sich nun nach Alternativen umsehen.
Wie bekannt ist, plant das Bundesfamilienministerium mit maximal 35.000 Plätzen als
Teilersatz für den wegbrechenden Zivildienst.
In ganz Deutschland soll der neue Dienst für
junge Frauen und Männer im Alter von 16 bis
27 Jahren und neu auch für Personen über 27
Jahren offen sein.
Nachdem was bekannt ist und wie die Vorstellungen der Bundesregierung sind, ist heute
schon klar, es wird riesiger Anstrengung bedürfen, ab Sommer 2011 weitere 35.000 Menschen für einen freiwilligen Dienst zu gewinnen. Selbst wenn diese Plätze besetzt werden
könnten, ist Fakt, dass eine gravierende Lücke
bestehen bleibt, die nur über andere, letztlich
kostenträchtige Maßnahmen wie sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, Minijobs, zusätzliche Ehrenämter usw. ausgeglichen werden kann oder aber zu einem Verlust an Qualität
1961
340 Zivis treten i­hren zwölfmonatigen Dienst an
für die jeweils unterstützten Personengruppen
führt.Mit dem Gesetz hat damit der Ausverkauf des Zivildienstes auf Raten seinen Höheund Schlusspunkt erreicht.
Die OWB setzt in all ihren Betriebsteilen über
50 Zivildienstleistende in der Betreuung und
Versorgung von Menschen mit Handicap ein.
Der Wegfall dieser Zivildienststellen bedeutet
für die OWB einen herben Einschnitt, d.h. wir
unternehmen große Anstrengungen, dass wir
Menschen für den Bundesfreiwilligendienst
gewinnen.
Die Schwierigkeit, einen guten Übergang zu
schaffen, ist aber dadurch gefährdet, da der
Gesetzgeber relativ geringe Übergangszeiten
wählt. Die Neuregelung wird auch dazu führen, dass die Eingliederung von Menschen mit
Behinderung in Arbeit oder in die Gesellschaft
teurer wird, und man manche Leistung so nicht
mehr erbringen kann.
Wir befürchten, dass in Zukunft das Angebot
für Menschen mit Behinderung in der Bundesrepublik noch mehr leiden wird. In den
vergangenen Jahren mussten immer wieder
notdürftig Löcher gestopft werden. Sich auf
gebrechliche und behinderte Menschen einzulassen, braucht Zeit, Vertrauen und Verlässlichkeit.
Es bleibt abzuwarten, ob es die Bundesrepublik
Deutschland schafft, eine Republik der Freiwilligen zu werden, die sich ehrenamtlich engagiert - weit mehr als bisher.
Egon Streicher, Geschäftsführer der OWB
1962
Dienstverlängerung, zunächst
auf 15, dann auf 18 Monate
Schwerpunktthema Zivildienst
Foto: Privat
Umfrage: Wie hat der Zivildienst Ihr Leben verändert?
Betreuerteam 1982 (Manfred Amann: hinten rechts)
Manfred Amann, Kisslegg
Mein Name ist Manfred Amann (49) und ich
war vom Januar 1982 bis Ende Mai 1983 Zivildienstleistender in den OWB in Kisslegg. Das
bedeutete damals 16 Monate Dienst. Wie hat
der Zivildienst nun mein Leben beeinflusst?
Ich hatte beschlossen, den Kriegsdienst zu verweigern – wer kann von sich schon behaupten,
Menschen töten zu können? Leider war das genau in meiner Zeit nicht so einfach. Neben dem
Einreichen einer langen schriftlichen Begründung musste ich ein Anerkennungsverfahren
beim Kreiswehrersatzamt über mich ergehen
lassen und bei diesem scheiterte ich. Also ging
ich in die Berufung. In zweiter Instanz musste
ich nach Tübingen und dort eine weitere mehrstündige Befragung über mich ergehen las-
1973
Dienstverkürzung
auf 16 Monate
sen, um schließlich auch dort zu scheitern. Ich
ging wieder in die Berufung und musste vor
das Verwaltungsgericht in Sigmaringen. Hierfür nahm ich einen Anwalt. Schließlich wurde
ich nach insgesamt mehrmonatigem Verfahren
dann auch anerkannt. Zwischenzeitlich hatte
ich mich um einen Zivildienstplatz in Kisslegg
bei den OWB, unter Werkstattleiter Pierre Barcons beworben. Ich hatte also einen recht beschwerlichen Weg, überhaupt Zivi „werden zu
dürfen”.
Als ich dann endlich den Dienst angetreten
hatte, war das Ganze zunächst doch noch
recht befremdlich.
Fortsetzung auf Seite 6
1977
Die Gewissensprüfung wird abgeschafft,
dafür verlängert sich die Dienstzeit um
zwei Monate
Weit mehr als zweieinhalb
Millionen junge Männer,
am Ende jeder Vierte eines
Jahrgangs, haben in den
vergangenen 50 Jahren in
Deutschland Krankenbetten
geschoben, Behinderte begleitet oder Jugendherbergen
unterhalten. Nun, nach einem
halben Jahrhundert, da das
Ende beschlossen ist, bringt
das Land zum ersten Mal das
Interesse auf, sich ernsthaft
zu fragen, was dieser Dienst
für die bedeutet hat, die ihn
leisteten. Wir haben bei ehemaligen Zivildienstleistenden
der OWB nachgefragt, wie der
Zivildienst ihr Leben ­
verändert hat.
Schwerpunktthema Zivildienst
Fortsetzung von Seite 5
Das legte sich aber bald. Die Betreuer und die
Mitarbeiter haben sich mir schnell angenommen und besonders Margret Wenzel half mir,
mich dann schnell einzugliedern. Es fing an,
mir richtig Spaß zu machen. Ich bekam alsbald
auch Freiheiten, die mir erlaubten, mich einzubringen. Ein wichtiger Schritt war dann auch
die Entscheidung mit der Schwerbehindertengruppe (so hieß diese damals) in die damalige Außenstelle in der Kisslegger Blumenstraße
umzuziehen.
Manfred Amann
Ich habe eine überaus
p­ ositive Erinnerung an die
nun schon fast 30-jährige
Erfahrung.
1978
Das Verfassungsgericht untersagt
die Verweigerung mit Postkarte
Aber es hat auch noch was anderes ausgelöst:
Meine Leidenschaft zum (Renn-) Radfahren.
Denn ich hatte über Monate hinweg die 20 Kilometer von meinem Heimatort wochentäglich
mit dem Rad zurücklegen müssen und das hat
mich letztlich infiziert, bis heute ein begeisterter Radler zu sein.
Ich finde es schade, dass der „Berufstand” der
Zivis in der OWB zu Ende geht. Zum einen haben die Zivis die Möglichkeit gehabt, sich zu
orientieren, einen wirklich sinnvollen Dienst zu
tun und zum anderen brachten Zivis auch ein
wenig frischen Wind in die Betriebe und Einrichtungen. Die Erfahrungen, die ich gemacht
habe, kann ich nur jedem jungen Menschen
wünschen.
Alexander Fischer, Sigmaringen
Nach fünf Jahren Tätigkeit als Metallblasinstrumentenmacher kam ich auf eigenen Wunsch
1990 als Zivildienstleistender in den Rossentalkindergarten für Lern- und sprachbehinderte
Kinder nach Albstadt-Truchtelfingen. Schnell
merkte ich, dass ich mich in einem größeren
Team mit anderen Zivis, Praktikantinnen und
Erzieherinnen wohler fühlte, als zuvor im DreiMann-Betrieb. Selbst meine frühere Freundin
und jetzige Frau meinte, dass ich seit Beginn
des Zivildiensts viel zufriedener und besser gelaunt war als zuvor.
Foto: Privat
Neben dem unweigerlichen
Einfluss des Zivildienstes auf
mein Leben hat er letztlich
auch in zweifacher Hinsicht
mein Leben verändert:
So hat der Zivildienst mich
damals reifer gemacht und
zum Nachdenken über Erziehung angeregt.
Dort war ich dann stärker in die Betreuung
eingebunden und konnte mich auch noch stärker einbringen. Dort blieb ich wirklich gern bis
zum Ende des Dienstes. Ich meine, sowohl mit
den Betreuern, aber auch mit den behinderten
Mitarbeitern gute – ja richtig freundschaftliche - Beziehung gehabt zu haben. Mit den Betreuerkollegen, als Kollege fühlte ich mich, traf
ich mich auch privat. Mit Margret Wenzel halte ich bis heute noch Kontakt.
In meiner Lebenseinstellung hat der Zivildienst
zu einem positiven, natürlichen Bild über behinderte Menschen beigetragen. Trotz anfänglicher Überlegung, nach dem Zivildienst einen
sozialen Beruf zu ergreifen, habe ich dann doch
ein technisches Studium gemacht.
Für die WfbM Bisingen fuhr ich morgens und
abends die Werkstatt-Mitarbeiter, mit denen
ich mich auf Anhieb gut verstand, mit einem
Mercedesbus über den ganzen Heuberg.
1984
Dienstverlängerung auf
20 Monate
Foto: Edeltraud Kopp
Schwerpunktthema Zivildienst
Tagsüber war ich in einer Kindergartengruppe eingesetzt und hatte die Aufgabe, schwerpunktmäßig ein blindes Mädchen zu betreuen. Zum Wickeln haben mich die Erzieherinnen
auch meistens geschickt, wodurch ich bei meinen eigenen Kindern gleich wusste, wie es geht.
Da Männer einfach besser Lego bauen und
Holzeisenbahn spielen können als Erzieherinnen, war ich immer gut beschäftigt.
Weil mir die Arbeit mit den behinderten Kindern so viel Spaß machte, verlängerte ich meinen Zivildienst von 15 auf 20 Monate.
Nach dieser Zeit versuchte ich wieder, in meinem alten Beruf zu arbeiten, was mir jedoch
immer schwerer fiel; die Sehnsucht nach dem
„Lebensverändernden Zivildienst“ war zu
1990
Verkürzung der Zivildienstzeit
auf 15 Monate
Andre Streich, Mengen
Ich musste 1998 bis 1999 noch 13 Monate Zivildienst ableisten und war in der Gardena-Gruppe
bei Wilfried Hehl in Mengen. Diese Arbeit hat
meine soziale Denkweise komplett verändert,
weil ich bis dahin noch nie mit Behinderungen
konfrontiert war. Ich konnte Vorurteile insofern
abbauen, da den Mitarbeitern viel mehr zuzutrauen ist und sie zum Teil ganz schön belastbar
sind. Man braucht sie nicht mit Samthandschuhen anzufassen, wozu anfangs verleitet wird.
Die Ausdauer bei gleichbleibenden Arbeiten ist
oft unglaublich, denn manche können beispielsweise täglich 150 Schalter in die Gardena-Stiele einbauen. Seit meiner Zivildienstzeit ist der
Kontakt zu den OWB Mengen nicht abgebrochen. Eine Fortbildung für die Arbeit mit geistig behinderten Menschen vor etwa fünf Jahren
ergänzte meinen Beruf als Musiklehrer. An der
Musikschule unterrichte ich Schlagzeug auch
mit behinderten Schülern und gebe regelmäßig
hier in Mengen einen Trommelkurs, was allen,
einschließlich mir, sehr viel Spaß macht und wobei auch schnell Fortschritte zu erkennen sind.
Alexander Fischer
Schade, dass der Zivildienst
nun wegfällt und Jugendlichen die Chance ein Stück
weit genommen wird, Erfahrungen, die möglicherweise
ihr Leben im positiven Sinne
verändern, zu machen.
groß. 1993 fasste ich den Entschluss, eine
Umschulung zum Arbeitserzieher in Wilhelmsdorf zu machen.
Bis heute habe ich den Entschluss, meinen
Lehrberuf aufzugeben, noch nicht bereut und
ich hoffe, es bleibt noch lange so. Mittlerweile habe ich schon zwei ehemalige Kindergartenkinder aus meiner Zivizeit in der Werkstatt Sigmaringen wieder getroffen, wodurch
schöne Erinnerungen wach wurden.
Ich denke, dass bei uns kein Zivi mit dem
Gedanken geht, dass es „verlorene Zeit“
war und hoffe, dass für Jugendliche wieder
Möglichkeiten geschaffen werden, in sozialen Einrichtungen zu arbeiten und etwas für
das Leben mitnehmen zu können.
1995
Erneute Verkürzung auf
13 Monate
1997
Zum ersten Mal sind 150000
Zivis gleichzeitig im Dienst
Schwerpunktthema Zivildienst
Gregor Strobel
Kurz und gut, die Zivildienstzeit hat mir viel Spaß
gemacht. Sie hat mir geholfen, Vorurteile zu verlieren,
neue Freunde zu finden und
Freundschaften zu knüpfen.
Freundschaften übrigens,
die bis zum heutigen Tag bestehen und sich in gemeinsamen Unternehmungen,
Festen und sogar Urlauben
manifestieren.
Gregor Strobel bei der Montage
Gregor Strobel
Zivildienstleistender in den OWB Ravensburg
in den Jahren 1992/1993, vorwiegend in der
von Stefan Hohl und Hans Maucher geleiteten
Gardena- Montagegruppe
Wie war sie, meine Situation und Ausgangslage im Jahr 1991? Nachdem ich meine Ausbildung bei der Deutschen Bahn abgeschlossen
hatte, arbeitete ich als Reiseberater am Fahrkartenschalter in Friedrichshafen. Das Thema
Eisenbahn hatte und hat mich auch immer privat interessiert, es war nicht nur ein Job, sondern eine für mich faszinierende Materie. Demnach hätte eigentlich alles prima sein müssen,
wären da nicht die vielen organisatorischen
und anderen Mängel an meinem speziellen Arbeitsplatz gewesen, die mir viel Ärger bereitet
hatten.
Als mich dann das Bundesamt für Zivildienst
„einlud", dachte ich, ich weiß zwar nicht, was
mich erwartet, aber es kann eigentlich nur
2000
Dienstdauer jetzt
elf Monate
besser werden. Durch den Zivildienst meines
Bruders erfuhr ich von den Oberschwäbischen
Werkstätten für Behinderte in Ravensburg.
Aber meine Unsicherheit war groß. Was wusste
ich schon von Menschen mit geistiger Behinderung? Was ist der Unterschied zu psychisch
kranken Menschen? Wie verhalten sich geistig
Behinderte; werden sie unvermittelt aggressiv, laufen sie plötzlich gegen die Wand? Hatte
ich in der Schulzeit darüber etwas gelernt? Ich
glaube nicht, da standen binomische Formeln
und die Sahel-Zone im Vordergrund. Immerhin hatte ich die positiven Erfahrungen meines
Bruders, der wie ich eher von zurückhaltender
Natur ist, von seiner Zeit bei den OWB.
Mit diesen Ängsten behaftet, begann ich dann
meinen Dienst im Januar 1992 und bald zeigte
sich, was die Realität war. Menschen mit geistiger Behinderung sind wie „Nichtbehinderte",
nämlich von Person zu Person verschieden,
mit Schwächen, aber oft auch mit erstaunli-
2002
Zehn Monate
­Zivildienst
Schwerpunktthema Zivildienst
chen Stärken. Häufig war es zum Beispiel im
Arbeitsprozess so, dass nicht ich etwas erklären konnte, sondern die Mitarbeiter zeigten
mir, wie man richtige Knoten macht oder das
hergestellte Produkt sicher verpackt. Ich erkannte auch schnell, dass in der Montagegruppe der Eine vor Arbeitseifer kaum zu bremsen
war, während der Andere nicht unbedingt „von
Schaffhausen" war, wie man manchmal umgangssprachlich zu sagen pflegt. Kurzum, eine
Situation, wie sie wohl in vielen Unternehmen
zu finden ist. Um darzulegen, wie gering sich
mir die Unterschiede zwischen Menschen mit
und ohne geistige Behinderung darstellten,
darf ich an dieser Stelle vielleicht die Anekdote
Stefan Hohl, Kisslegg
Von März 1986 bis Oktober 1987 habe ich
meinen 20 Monate dauernden Zivildienst in
der „Blumenstraße“, damals eine Außenstelle der OWB Kisslegg mit Margret Wenzel als
Gruppenleiterin, abgeleistet. Bis zu diesem
Zeitpunkt war ich der Mechaniker durch und
durch. Mein Leben bestand praktisch rund
um die Uhr, sowohl beruflich, wie auch in der
Freizeit, aus Schrauben, Schweißen, Bohren,
Fräsen. Zum Zivildienst entschloss ich mich,
neben der Ablehnung von kriegerischen Handlungen, besonders aus der Neugierde heraus,
einen Einblick in das Leben von Menschen mit
Behinderungen zu bekommen. Bestärkt von
den negativen Eindrücken bei meiner Musterung, machte ich mich voller Tatendrang an die
schriftliche Niederlegung der Beweggründe
für meine Verweigerung. Es war ein umfangreiches Schriftwerk und führte direkt zum positiven Bescheid. Während eines Ferienjobs bei
der Firma Gardena, unter dem Dach der OWB
Kisslegg, lernte ich dann den Werkstattleiter
Pierre Barcons kennen. Auf die Frage, ob ich
denn vielleicht bei ihm in der Werkstatt den Zivildienst ableisten könnte, antwortete der lässig sportlich gekleidete Werkstattleiter mit „Ja,
das kannst du machen“.
2004
Mit neun ­Monaten dauern
erstmals Wehr- und Zivildienst
gleich lang
einfließen lassen, dass ich einen neuen Mitarbeiter für den Arbeitstrainingsbereich am Anfang für einen Zivildienstleistenden hielt. Ich
wunderte mich lediglich, dass er den Busdienst
in Anspruch nahm... Auch an den mir gestellten Aufgaben konnte ich, wie man so schön
sagt, wachsen. Die Mithilfe beispielsweise
beim Toilettengang stellte sich wider Erwarten
als eine Tätigkeit heraus, die auch mental gut
zu bewerkstelligen war. Auf jeden Fall werde
ich meinen Zivildienst als spannende, lustige
und interessante Zeit im Gedächtnis behalten;
als eine Zeit, die mich von Vorurteilen befreite
und mich tolle Momente mit Menschen erleben ließ.
Stefan Hohl
Meine Erfahrung aus
der ganzen Zeit möchte
ich so beschreiben:
Die Menschen mit Behinderung sind in meinen Augen
eine Bereicherung für die
„normale“ Welt.
Stefan Hohl als Neandertaler bei der OWBFasnet, zweiter von rechts
Somit war diese Hürde auch genommen. Ich
trat voll gemischter Gefühle meinen Dienst in
der Werkstatt an. Aber der Einstieg fiel mir gar
nicht schwer. Ich lernte die Mitarbeiter und
Kollegen sehr schnell als lebensfrohe, freundliche Menschen kennen. Von der Herzlichkeit
und Bescheidenheit der Betreuten war ich im
höchsten Maß beeindruckt. Ich arbeitete sehr
gern in diesem Umfeld. Die Zeit verging wie im
Flug, und ich genoss diese vom ersten bis zum
letzten Tag.
Fortsetzung auf Seite 10
2010
Schwarz-Gelb beschließt sechs Monate
Dienstzeit und dann die Wehrpflicht und
den Zivildienst abzuschaffen
Schwerpunktthema Zivildienst
Nun begannen aber mit der Aufnahme meiner alten Schlossertätigkeit in der Industrie für
mich unerwartet Probleme. Ich dachte stets
an die Sinn gebende Arbeit der zurückliegenden Zivi-Zeit zurück. Die von mir verrichteten
Arbeiten erfüllten mich nicht mehr. Ich sah die
von mir gefertigten oder montierten Teile bereits wieder verrosten. Ich malte mir immer
aus, wie die Dinge in 10, 15 Jahren wertlos auf
den Schrott wandern werden. Das hätte ich
mir 20 Monate zuvor nicht träumen lassen. So
versuchte ich im Jahr darauf mit einem neuen
Arbeitsplatz als Betriebsschlosser in einer Ziegelei neuen Auftrieb mit meinem erlernten Beruf zu bekommen. Aber das Umfeld passte nun
wirklich gar nicht zu meiner Lebenseinstellung.
Es herrschten sehr raue Bedingungen dort. Genau in diesen Wochen kamen noch zwei einschneidende Schicksalsschläge dazu, was mich
umso mehr innerlich umtrieb. Bereits nach
sechs Wochen konnte ich nicht mehr anders,
als an dieser Arbeitsstelle meine Kündigung
einzureichen. Dann regelte ich alles, um ein gutes Jahr später die Umschulung zum Arbeitserzieher in Wilhelmsdorf anzutreten. In der Zwischenzeit lernte ich dann als Zusteller bei einem
bekannten Paketdienst noch mal eine ganz andere Seite des Lebens kennen. Zumindest hatte
ich während dieser Zeit genug Bewegung. Von
Mitte 1990 an durchlief ich an der GotthilfVöhringer-Schule in Wilhelmsdorf die zweijährige Ausbildung zum Arbeitserzieher. Seit
Juli 1992 bin ich nun wieder in den OWB tätig;
seither als Gruppenleiter im Werkstättenbereich. Auch heute noch erfüllt mich die Arbeit
in diesem Beruf sehr. Sie gibt einfach Sinn, und
die Rückmeldungen durch die Menschen dort
tun sehr gut. Außerdem kann ich meine Ausbildung zum Maschinenschlosser samt nebenberuflicher Meisterausbildung (2004 -2006)
bei dieser Tätigkeit wertvoll im Arbeitsalltag
einbringen. Es macht einfach Freude zu sehen,
wie man anderen Menschen durch sein Handeln helfen und ihnen damit Freude am Leben
bereiten kann. Meine Mutter fragte mich vor
wenigen Tagen, ob ich mit meinem Leben zufrieden bin. Sie fragte ganz speziell auch danach, ob ich meinen beruflichen Werdegang
wieder so planen würde, wenn ich nochmals
jung wäre. Sie kennt die Menschen, die ich täglich um mich herum haben darf, nicht, weshalb
sie sich wohl nicht vorstellen kann, wie gern ich
meine Arbeit täglich hier verrichte. Sie freute
sich offensichtlich über mein eindeutiges „ja“.
Nirgends sonst als bei meiner täglichen Arbeit
treffe ich im Alltag auf so viel Freundlichkeit,
Offenheit, Menschlichkeit, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Bescheidenheit wie hier in meinem
Arbeitsumfeld. Deshalb gehe ich dort auch
nach wie vor immer gern hin.
Thomas Reck, Mengen
Ich kann behaupten, dass mich die Zivildienstzeit maßgeblich beeinflusst hat. Während dieser Zeit hatte ich mir auch mal überlegt, ob ich
nicht sogar eine Ausbildung oder ein Studium
im sozialen Bereich machen soll. Ich bin jedoch
in der Bankwirtschaft angekommen - die eine
komplett andere Welt ist. Insofern bin ich froh
über die für mich wichtigen Zeiten und Erinnerungen an die OWB. Was ich mich immer wie-
der selbst frage und auch als kleinen Plan habe,
ist, dass ich in späteren Berufsjahren mir sicher
überlegen werde, ob ich nicht sogar wieder in
den sozialen Bereich wechseln werde. Ich habe
mich von Zeit zu Zeit damit beschäftigt, irgendwann einmal wieder im sozialen Bereich
tätig zu werden und kann mir gut vorstellen,
die letzten meiner Berufsjahre wieder in den
OWB zu arbeiten.
Fortsetzung von Seite 9
Thomas Reck
In Erinnerung bleiben mir
viele einzelne Menschen von den Betreuern und auch
von den OWB-Mitarbeitern.
Da waren interessante und
lehrreiche Erfahrungen.
Was ich da gelernt habe,
war auch beispielsweise das
Funktionieren von Teams
und Gruppen und auch die
Möglichkeit, hier Einfluss zu
nehmen.
2011
Zivildienst wird ausgesetzt
und ein neuer Freiwilligendienst geschaffen
2011
Zuletzt waren 90555 Kriegsdienstverweigerer überwiegend
im sozialen Bereich tätig.
Zeitleiste zitiert aus
der Wochenzeitschrift
„Die Zeit"
Ausflugstipp
Der Verein „Hilfe für Behinderte“ im Landkreis Sigmaringen bietet auch in diesem Jahr zwei Halbtags-Ausflüge für
Behinderte, deren Angehörige und Freunde an:
Botanischer Garten Tübingen
Ausflug ins Schmeiental
Wann: Pfingstsamstag, 11. Juni 2011
Wann: 24. September 2011
Der botanische Garten ist ein Erholungsparadies, der
sich im Juni in ein Blütenparadies verwandelt.
Wir machen gemeinsam eine herbstliche Tour ins
Schmeiental bei Strassberg.
Fotos: Botanischer Garten Tübingen
(http://www.botgarten.uni-tuebingen.de/
Verbindliche Anmeldungen zu den Ausflügen, bei denen neben kleinen Spaziergängen und Wanderungen auch
eine Einkehr auf dem Programm stehen, nehmen die Organisatoren, Gerd und Traude Bantle in Sigmaringen,
Telefon 07571 / 51921, entgegen. Abfahrtsorte sind die Marstall-Passage in Sigmaringen und das OWB-Wohnheim
in Scheer. In der Regel sind die Abfahrtszeiten (sie werden bei der Anmeldung bekannt gegeben) gegen 12 Uhr, und
die Rückkehr ist meist zwischen 18 und 19 Uhr. Die Fahrtkosten für die Ausflüge übernimmt der Verein „Hilfe für Behinderte“. Die Einkehrkosten müssen selber getragen werden.
11
Geschäftsführung
Alles Käse, oder was?
12
Geschäftsführung
Zum Neujahrsempfang lud Geschäftsführer Egon Streicher seine Führungsriege in
die Käseschule. Die erste und einzige Käseschule in Süddeutschland befindet sich im
Dorfhaus in Thalkirchdorf.
Hier hatten wir die Möglichkeit, in uriger Umgebung die Herstellung von Käse unter
Anleitung des Käsemeisters Georg Gündel zu erlernen. In zweieinhalb Stunden fertigten wir aus drei Litern Frischmilch und Milchsäurebakterien unter Rühren und Erhitzen auf 39 Grad Celsius und Zugabe von Lab einen faustgroßen Weichkäse. Diesen
durften wir spätabends mit nach Hause nehmen. Während des Schaukäsens erhielten und probierten wir Käsespezialitäten.
Eine außergewöhnliche Kostprobe war die von Georg Gündel erfundene Käsepraline.
Die Geschmacksrichtungen Ananas-Käse und Trüffel mit Chilli-Käse waren in eine
Bitterschokoladenhohlform gepresst, ungewöhnlich, aber lecker. In Zukunft wollen
wir eine Käsepraline mit Cappuccinogeschmack in der OWB-Kaffee-Rösterei anbieten.
In der Neujahrsansprache dankte Geschäftsführer Egon Streicher den Mitarbeitern,
dass sie im vergangenen Jahr nicht nur Käse produziert hatten. Er stimmte optimistisch auf das Jahr 2011 ein und erhofft sich nach Erholung der Konjunktur das erfolgreichste Geschäftsjahr aller Zeiten für die OWB.
Elke Herzer

Höchste Konzentration beim Produzieren und Probieren von Käse
Fotos: Alexandra Schwarz

Die OWB-Führungsriege produzierte unter Anleitung einen Weichkäse
13
Jubilare
Fotos: Alexander Fischer
Jubilare 2010
Die Jubilare der OWB Sigmaringen
Mengen
Ravensburg
10 Jahre Sven Hermann
10 Jahre Sandra Gall, Stefan Winkler,
Christian Miller
20 Jahre Christine Holl, Michaela Rees
25 Jahre Karl Günther, Ulrika Neuburger,
Werner Reiner, Barbara Zielinski
25 Jahre Gabriele Hund, Gabi Brauner,
Bernhard Assfalg
30 Jahre Dagmar Aupperle, Brigitte Großkopf,
Elisabeth Hepp, Helga Schickinger
35 Jahre Michael Zilker
Kisslegg
Sigmaringen
10 Jahre Halil Akpinar, Evelyn Beck,
Klaus Bernhard, Manuela Dornhege,
Peter Feistle, Josef Mayer,
Rainer Natterer, Michael Rupp
10 Jahre Cornelia Herschmann, Jürgen Luibrand,
Daniela Marquart, Martina Melcher,
Nicolai Stiefel, Sabine Wurst, Simone Poch,
Norbert Krall
20 Jahre Alfred Heine, Robert Krug,
Christa Schwarz, Karlheinz Schwarz,
Alfons Weber
20 Jahre Norbert Blum
30 Jahre Wolfgang Ganser, Claudia Halder,
Thomas Keitel, Horst Schele
35 Jahre Günter Simon, Dieter Braun,
Manfred Fetscher, Rosalinde Wolfer
35 Jahre Josef Braun, Anneliese Frank,
Susanne Indruch, Heidemarie Schmidt,
Karl Schweizer
40 Jahre Martin Buck
14
20 Jahre Marion Wiedmann, Stefan Kammerer
25 Jahre Ute Reutter
Ambulante Wohnformen
„ABW Plus“ – neues ambulantes Wohnangebot
Durch die Entwicklung von „ABW Plus“ für den Landkreis Ravensburg können wir zukünf­
tig auch den Personen ein Leben in einer eigenen Wohnung ermöglichen, die zeitlich und
praktisch viel mehr ambulante Unterstützung benötigen, als dies im bisherigen Ambulant
Betreuten Wohnen möglich war - ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung selbstbe­
stimmtes Wohnen inmitten der Gesellschaft.
Auf den Weg gebracht wurde diese neue
Wohnform von einer Arbeitsgruppe, bestehend
aus Vertretern des Landkreises und der freien
Träger, an der auch die OWB beteiligt waren.
Unterstützt von der Sozialdezernentin Raedler,­
wurde das neue Wohnmodell als Richtlinie im
Kreistag von allen Fraktionen einmütig begrüßt und verabschiedet.
Die OWB haben damit den rechtlichen und
­finanziellen Rahmen, um ab 2011 dieses neue
Wohnangebot umzusetzen. Ausgehend vom
Gedanken der Inklusion, dem Leben inmitten
der Gemeinschaft, ermöglichen wir nun Wohnen in den eigenen vier Wänden für Menschen
auch mit höherem Hilfebedarf. Bereits vor drei
Jahren haben wir hierzu in enger Zusammenarbeit des stationären und ambulanten Bereichs der OWB eine Konzeption erarbeitet,
also die pädagogisch-inhaltliche Umsetzung
dieser intensiven Wohnassistenz.
„ABW Plus“ als sehr personenzentriertes
Wohnangebot richtet sich an Menschen mit
Behinderung, die im Rahmen des bisherigen
ABWs überfordert wären, aber mit Hilfe von
„ABW Plus“ eine stationäre Betreuung nicht
mehr benötigen.
Voraussetzung für eine Betreuung im „ABW
Plus“ ist natürlich die Motivation des Betreuten, möglichst selbständig zu leben. Die Betreuten müssen beispielsweise aber auch die
Fähigkeit mitbringen, einige Stunden ohne Betreuung selbstständig verbringen zu können.
Desweiteren sollten sie Absprachen in der Regel einhalten und eine gewisse Verkehrstauglichkeit mitbringen sowie im Bedarfsfall auch
die Helfer anrufen können.
Für eine gelingende Betreuung im ambulanten Bereich ist es unbedingt erforderlich, geeignete Gruppenangebote und Bildungs- und
Freizeitangebote zu haben. Auch hier sind die
OWB sehr gut aufgestellt. Beispiel Standort
Kisslegg: Mit den regelmäßigen Feierabendtreffs und dem Samstagstreff der Ambulanten
Dienste bieten wir sehr gute Möglichkeiten,
gemeinsam in der Gruppe Freizeitaktivitäten
und freundschaftliche Kontakte zu pflegen.
Auch steht das gesamte Bildungs- und Freizeitangebot (siehe Bildungsprogramm 2011)
der OWB zur Verfügung. Darüber hinaus sorgen nicht nur die sozialpädagogischen Betreuer der Ambulanten Dienste, sondern auch
noch ehrenamtlich Tätige für die ausreichen-
Seit 2011 gibt es auch im
Landkreis Ravensburg ein
neues, intensiv betreutes
Wohnangebot. Es richtet sich
an Menschen mit Behinderung mit höherem Hilfebedarf. Bisher gab es entweder
Ambulant Betreutes Wohnen,
das ein hohes Maß an Selbständigkeit von den Betreuten
verlangt, oder die Betreuung
im Wohnheim sowie im Betreuten Wohnen in Familien,
für Menschen mit Behinderung, die eine umfassendere
und zeitlich intensivere Betreuung benötigen.
Was ist „ABW Plus“?
„ABW Plus“ ermöglicht, ganz flexibel am persönlichen Hilfebedarf ausgerichtet, das selbständige Wohnen für Menschen mit höherem
Hilfebedarf. Das Angebot richtet sich an Menschen mit Behinderung mit der Bereitschaft
und voraussichtlich auch den Fähigkeiten zum
alleinverantwortlichen Wohnen mit intensiver
Betreuung. In ausführlichen Vorgesprächen
mit erfahrenen Mitarbeitern vom Ambulanten Dienst entwickeln wir gemeinsam mit allen Beteiligten die zu erwartende Unterstützungsleistung beim selbständigen Wohnen.
Dabei werden neben der fachlichen sozialpädagogischen Betreuung durch die Mitarbei-
ter des Ambulanten Dienstes der OWB auch
hauswirtschaftliche Kräfte und geeignete ehrenamtlich Tätige bei der Erbringung der Hilfe mit eingebunden - je nach persönlichem
Bedarf. Durch diesen „Hilfemix“ ermöglichen
wir eine nahezu tägliche Betreuung, auch am
Wochenende. Dabei ist der zuständige Sozialarbeiter des Ambulanten Dienstes immer gesamtverantwortlich tätig, damit das Wohnen
und Leben im Rahmen des „ABW Plus“ gut
gelingen kann. Wir sind Interessenten und den
Angehörigen auch behilflich bei der Antragstellung der Hilfe und bei der gemeinsamen
Hilfeplanung mit dem Kostenträger.
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Ambulante Wohnformen
Mein Name ist Ursula Heim
und ich habe die Leitung
der Ambulanten Dienste, die
bisher von Emil Brandenburg
geführt wurden, übernommen und freue mich sehr
auf das neue und vielfältige
Aufgabenfeld in den OWB.
Ursprünglich komme ich
aus Oberstaufen im Allgäu.
­Geboren 1969, habe ich
nach der Schule eine Ausbildung zur ländlichen Hauswirtschafterin gemacht. Im
Anschluss ging ich über den
Deutschen Bauernverband
für über zwei Jahre in die
USA und nach Australien,
um dort auf Bauernhöfen zu
arbeiten. Natürlich bin ich
auch viel gereist und hatte
genügend Zeit, mir Land und
Menschen anzuschauen.
Die anschließenden 16 Jahre
habe ich in München verbracht, wo ich nach dem
Studium zur Sozialpädagogin im Bereich der Psychiatrie gearbeitet und dabei
ambulante und stationäre
Wohnformen kennengelernt
habe.
>> Fortsetzung Randspalte
Seite 17
16
de und an den persönlichen Bedürfnissen der
Menschen ausgerichtete Unterstützung in der
Freizeit. Sie begleiten ganz persönlich bei den
Freizeitaktivitäten der Betreuten. Zusätzlich
kooperieren wir sehr eng mit den Angeboten
der Lebenshilfe vor Ort. Selbstverständlich
sind auch die anderen Standorte des Ambulanten Dienstes ähnlich aufgestellt.
Situation im Landkreis Sigmaringen
Im Landkreis Sigmaringen bieten wir diese Wohnform schon seit zwei Jahren als „Intensiv Betreutes Wohnen“ an. Die Nachfrage
nimmt stetig zu. Wir begleiten und betreuen
in diesem intensiven ambulanten Wohnange-
bot bereits acht Menschen mit Behinderung
in Wohngemeinschaften, im Paarwohnen oder
einzeln in einer eigenen Wohnung. Die durchweg positiven Erfahrungen, die wir in dieser
Zeit gemacht haben, bestärken uns, dass wir
mit dieser Wohnform auf dem richtigen Weg
sind.
Neben dem Haus Schmid in Laiz, in dem wir
in mehreren Wohnungen Menschen mit Behinderung betreuen, steht uns seit Herbst 2010
in Sigmaringen im Oberen Wentel zusätzlich
ein Einfamilienhaus mit verschiedenen abgeschlossenen Wohneinheiten für insgesamt sieben Personen zur Verfügung. Ein Paar ist bereits im Dachgeschoss eingezogen. Auch beim
Beispiele für das Gelingen des neuen Wohnangebots
Im Landkreis Sigmaringen haben wir seit zwei
Jahren bereits Erfahrungen in der intensiven
ambulanten Betreuung, die jetzt auch im
Landkreis Ravensburg möglich ist. Hier einige
Beispiele:
gen. Sie ist sehr stolz darauf, nach reiflicher
Überlegung und guter Vorbereitung den Einzug
in die eigene Wohnung mit der gebotenen Unterstützung „geschafft“ zu haben und nun in
mehr Eigenverantwortung zu leben.
Eine Frau, die bisher viele Jahre in Betreuung im Wohnheim gewohnt hatte, lebt nun
seit Ende 2009 in intensiver ambulanter Betreuung in einer eigenen Wohnung in Men-
Drei junge Frauen haben sich in einer Wohngemeinschaft im Haus Schmid in Laiz gefunden und freuen sich, dass sie gemeinsam ihren Lebensalltag nicht nur bewältigen, sondern
Ambulante Wohnformen
>> Fortsetzung von
Randspalte Seite 16
Meine vorige A
­ rbeitsstelle
war in einer Einrichtung, die
unter anderem Betreutes
Einzelwohnen für psychisch
kranke Frauen anbietet. Die
letzten fünf Jahre davon war
ich als Einrichtungsleitung
tätig. Inhaltlich ging es vor
allem um die Unterstützung
und Begleitung der Frauen im
Alltag, vorrangiges Ziel war,
möglichst selbständig und
selbstbestimmt zu leben.
umgebauten Wohnheim Scheer bieten wir in
mehreren Appartements Intensiv Betreutes
Wohnen an. Ebenso im Saatkornhof, in dem
uns eine neu ausgebaute Wohnung für Intensive ambulante Betreuungen zur Verfügung
steht, kombiniert mit attraktiven Arbeitsplätzen in der Versorgung der Tiere, in der Hauswirtschaft und in der Betreuung der Gäste des
Saatkornhofs.
Könnte ABW Plus eine
Wohnmöglichkeit sein?
Falls Sie oder Ihr Angehöriger eine Wohnbetreuung jetzt oder in naher Zukunft benötigen,
könnte nicht auch das „ABW Plus“ eine gute
Wohnalternative sein?
auch Spaß an gemeinsamen Unternehmungen
haben. Durch die intensive Betreuung, die auch
das Wochenende mit einschließt, sind sie in der
Lage, recht selbstverantwortlich in den eigenen
vier Wänden zu leben. Alle drei arbeiten in der
WfbM der OWB in Sigmaringen.
Ein Paar lebt zusammen in einer Dachgeschosswohnung in Sigmaringen. Während er
im Rahmen des herkömmlichen Ambulant Be-
Im Landkreis Ravensburg sind die Mitarbeiter/innen des Ambulanten Dienstes gut darauf vorbereitet, Betreuungen in dieser neuen
Wohnform mit Ihnen gemeinsam zu gestalten
und umzusetzen. Wir beraten Sie gern. Neben
der Möglichkeit, allein in eine eigene Wohnung zu ziehen, werden viele aber auch in einer Wohngemeinschaft wohnen wollen. Diese
Menschen entscheiden sich dafür, weil in der
Gemeinschaft das selbständige Leben eher gelingt und einer möglichen Vereinsamung vorbeugt. Auch können wir seitens der OWB die
tagtägliche Erbringung der Hilfe leichter und
umfassender organisieren. Die Betreuten haben es einfacher, Kontakte und Freundschaften zu knüpfen und können sich beim Start in
das Wohnen in mehr Selbständigkeit gegensei-
treuten Wohnens betreut wird, findet die Unterstützung für sie in der neuen intensiven
Wohnform statt.
Mit dieser am jeweiligen persönlichen Hilfebedarf orientierten Unterstützung leben beide zusammen und bewältigen das selbständige Wohnen in einer eigenen Wohnung mit
Hilfe der sozialpädagogischen ambulanten
Betreuung.
Die Arbeit in München hat
mir viel Spaß gemacht und
ich würde es wahrscheinlich
noch immer machen, wenn
mein Lebenspartner nicht im
Wangener Raum leben würde.
Und so hat es sich wunderbar ergeben, dass die OWB im
letzten Jahr eine neue Leitung
für die ambulanten Dienste
gesucht und wir uns füreinander entschieden haben.
Die Arbeit mit Menschen mit
Behinderung ist relativ neu
für mich. Einige Bereiche
und Themen der inhaltlichen
Arbeit sind mir vertraut, andere Bereiche sind neu und
ich freue mich darauf in den
nächsten Wochen und Monaten die verschiedenen Bereiche der OWB kennenzulernen.
Schwerpunktmäßig werde ich
mich in der nächsten Zeit in
die Bereiche, die neu sind, einarbeiten, um mit den Teams
weiterhin die hohe Qualität
der Betreuung sicherzustellen. Eine gute Betreuung der
Menschen mit Behinderung zu
bieten und zu sichern, ist mir
ein großes Anliegen.
Usula Heim
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Fotos: Udo Dilger
Ambulante Wohnformen
Ansprechpartner für
Ambulante Dienste
Landkreis Sigmaringen:
Susanne Groß
Tel. 0 75 71 / 74 59-33
und Friedrich Kipke
Tel. 0 75 71 / 74 59-35
Ansprechpartner
Ambulante Dienste
Ravensburg:
Uschi Keller
Tel. 07 51 / 3 63 38-524
und Michael Haid
Tel. 07 51 / 3 63 38-29
Ansprechpartner
Ambulante Dienste
Kisslegg:
Petina Funk
Tel. 0 75 63 / 91 03-55 und
Markus Widmann
Tel. 0 75 63 / 91 03-11
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tig unterstützen. Wir sind gern auch behilflich
bei der Suche nach geeignetem Wohnraum.
In Kisslegg werden wir zudem nach der Fertigstellung des neuen Wohnheims im Frühjahr das
bisherige alte Wohnheim renovieren. Wir werden auf einer Etage Platz für die Außenwohngruppe des Wohnheims haben und in zwei
Etagen auch zwei größere Wohnungen für die
ambulante Betreuung, also auch für Menschen
mit Behinderung, die im „ABW Plus“ betreut
werden wollen. Beide Häuser sind etwa zwei
Minuten zu Fuß voneinander entfernt und
sehr zentral am Kisslegger Schlosspark gelegen. Auch in Ravensburg sind wir gern behilflich, geeigneten Wohnraum zu finden. Im Haus
der Außenwohngruppe in der Kuppelnaustrasse
beispielsweise haben wir eine Dachwohnung, in
der wir bereits zwei Personen intensiver ambulant betreuen. Inklusion und Integration in
die Gemeinschaft müssen keine Schlagwörter
bleiben. Mit „ABW Plus“ haben wir ein weiteres Wohnangebot zur Verfügung, Menschen
mit einer Behinderung – auch mit höherem
Hilfebedarf - ein hohes Maß an selbständigem
Leben in einer eigenen Wohnung mitten in der
Gemeinschaft zu ermöglichen. Passgenau und
personenzentriert, je nach dem, wie Unterstützung und Hilfe benötigt wird.
Bitte nehmen Sie Kontakt auf mit unseren
Mitarbeiter/innen vom Ambulanten Dienst für
Fragen rund um das „ABW Plus“ und informieren Sie sich über diese neue Wohnform.
Emil Brandenburg / Fotos: Udo Dilger
Ambulante Wohnformen
OWB baut ambulantes Wohnplatzangebot aus
Mittlerweile betreuen die Ambulanten Dienste
der OWB im Landkreis Sigmaringen acht Personen in diesem Rahmen. Dies geschieht im
Einzelwohnen, im Wohnen als Paar sowie in
kleineren Wohngemeinschaften mit maximal
drei Personen. So kann den Bedürfnissen nach
Individualisierung, nach Paarwohnen und gegen eine Überforderung durch das Alleinsein
Rechnung getragen werden.
Die anhaltende Nachfrage nach Wohnplätzen im Rahmen einer Wohngemeinschaft fiel
im vergangenen Sommer mit der Möglichkeit
zusammen, in Sigmaringen ein Wohnobjekt zu
erwerben, welches in hervorragender Weise
die Bedürfnisse für solche Wohngemeinschaften bedient.
Im Herbst 2010 zog bereits ein Paar in die
Dachgeschoßwohnung ein und fühlt sich dort
sehr wohl. Im Erdgeschoß steht Wohnraum
für drei Personen zur Verfügung mit je einem
Einzelzimmer und sehr großzügigen Gemeinschaftsräumen wie Wohn-/ Esszimmer, Wohnküche mit Einbauküche, Bad mit WC und separatem WC, Balkon. Für zwei der Zimmer gibt es
bereits ernsthafte Interessenten.
Im Untergeschoß stehen nochmals zwei Einzelzimmer zur Verfügung, Dusche/WC, ein großes
Wohnzimmer sowie eine neue Einbauküche mit
Sitzmöglichkeit. Alle drei Ebenen sind separate
Wohneinheiten mit eigenen Eingängen.
Abgerundet wird das Ganze durch eine große
Doppelgarage und einen Gartenbereich, der
im Frühjahr von der Garten- und Landschaftsbautruppe der OWB Werkstätten neu angelegt
wird.
Ein „Hausmeister“ sorgt dafür, dass auftretende technische Probleme zeitnah gelöst werden,
er kümmert sich im Winter um das Schneeräumen und nimmt sich auch sonst der Außenanlagen an.
Mieter sind jeweils die Personen, die dort von
den Mitarbeitern der Ambulanten Dienste im
Rahmen des IBW oder ABW betreut werden
– einzeln innerhalb einer Wohngemeinschaft
oder als Paar.
Die schöne und ruhige Wohnlage „im oberen
Wentel“ inmitten einer gewachsenen Wohngegend fördert in hohem Maß die Inklusion von
Menschen mit Behinderung, die so als Nachbarn selbstverständlich wahrgenommen werden. Die nahe Bushaltestelle sorgt für eine sehr
gute Anbindung in die Stadt und auf dem täglichen Weg zur Arbeit.
Foto und Text: Friedrich Kiepke
Nach der Deckelung der
stationären Wohnplätze
für Menschen mit geistigen Behinderungen durch
die Kostenträger haben die
OWB - Ambulante Dienste mit
anderen Leistungserbringern
und dem Referat Soziales am
Landratsamt Sigmaringen
den Rahmen für ein Intensiv Betreutes Wohnen (IBW)
geschaffen. Diese Betreuungsform schließt nun seit
etwa zwei Jahren die Lücke
zwischen dem klassisch ambulant betreuten Wohnen
(ABW) und einer stationären
Unterbringung.
Interesse?
Interessenten ­können sich jederzeit an
die Ansprechpartner der Ambulanten
Dienste der OWB Sigmaringen wenden:
OWB Sigmaringen
Ambulante Dienste
Wachtelhau 3
72488 Sigmaringen
Tel. 07 51 / 74 59-33 oder -35
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Werkstattnachrichten
Man merkt bei einer Führung durch die Werkstatträume, dass es hier ein Konzept gibt und
viel im Vorfeld geplant und schon realisiert
wurde.
„Ein Meilenstein
für die Stadt“
Mit diesen Worten eröffnete Werkstattleiter Kugler die
neue OWB-Werkstatt in Bad Saulgau und begrüßte die
30 Mitarbeiter mit ihren Gruppenleitern Ingrid Neher
und Wilfried Hehl der OWB Mengen, die nun den Standort wechselten. An diesem ersten Arbeitstag empfingen
Dieter Braun und Lydia Gebhart im Namen des Arbeitskreises „Mehr Miteinander“ aus Bad Saulgau alle Mitarbeiter des neuen Betriebs mit einer roten Rose. „Wir
freuen uns, dass ihr da seid“, waren die herzlichen Begrüßungsworte der „Einheimischen“ und: „Wir möchten
noch viel mit euch unternehmen“.
Dies bezog sich sicher nicht nur auf die Arbeit, denn das
Verpacken von Möbelteilen und Glasscheiben des Möbelunternehmens Staud aus Bad Saulgau wird hier noch
eingerichtet werden. Nach einem großen Zeitungsartikel haben sich noch andere Firmen aus Bad Saulgau für
die OWB interessiert.
Die Räume sind freundlich, großzügig und hell,
Farbakzente wie OWB-blaue Rahmen ziehen
sich als Leitlinie durch das Haus. Ingrid Neher
hat sich ein einfaches, aber zweckmäßiges
System der Essensauswahl und –ausgabe ausgedacht. Im Flur wird alles überschaubar erklärt. Hier hängt auch eine lange Tafel für Infos
oder den Spruch der Woche.
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Kurze Wege für die Mitarbeiter, das Wegfallen von Zugfahrten und Bustransporten sind eine große Erleichterung für die OWB-Mitarbeiter, viele können jetzt länger
schlafen und zu Fuß kommen oder im Sommer mit dem
Fahrrad. Das Einzugsgebiet umfasst die Teilorte Bad
Saulgaus und Ostrachs. Die Kosteneinsparung wird sich
sicher noch bemerkbar machen.
Den Gruppenleitern ist es sehr wichtig, ein positives Bild
nach außen zu spiegeln: Beispielsweise müssen Raucher
achtlos weggeworfene Kippen aufsammeln. Ebenso ist
die Pünktlichkeit ein Schwerpunkt: es gibt keinen Pausengong, also muss man sich an die Gruppenleiter halten, denn wer zu früh zum Essen geht, bekommt als
letzter geschöpft.
Am Freitag wird nach dem Mittagessen die Produktion
eingestellt und alle Räume werden aufgeräumt, um danach in einem Gesprächskreis die Woche zu beenden.
Jeder soll die Gelegenheit haben, sich und seine Anliegen hier einzubringen. Es gibt keine blöden Fragen, Kritik und Lob und Tadel werden Platz finden. Dies stärkt
die Gemeinschaft und nur so kann ein gutes Team zusammenwachsen. Es wird auch mal ein Kuchen gebacken, um das Gefühl für die Gemeinschaft zu stärken.
Werkstattnachrichten
Aus der Mengener Werkstatt ist die gesamte Produktion der Firma Gardena mit drei Arbeitsstraßen für die Herstellung von Gießstäben, Gartenduschen und Greifern für das Abfallsammeln nach Bad
Saulgau verlagert worden. Auch für das Lattenbekleben für die Firma Zollern wird es hier noch eine
Produktionsgruppe geben.
Arbeitsbegleitende Maßnahmen für Dekorationen und Bilder finden vor Ort statt, dagegen wird es gemeinsame Veranstaltungen
wie Weihnachtsfeier und Fasnetsball in der
Mengener Werkstatt geben, um alte Freunde
mal wieder sehen und mit ihnen feiern zu
können.
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Selbstbestimmungsgremium I Nachruf
Rückblick des Selbstbestimmungsgremiums
Das SG (Selbstbestimmungsgremium) der ambulanten Wohnformen in den OWB ist die gewählte Interessenvertretung aller Klienten, die im ABW (Ambulant Betreutes Wohnen), IBW (Intensiv Betreutes Wohnen) oder BWF
(Betreutes Wohnen in der Familie) betreut werden.
Im Jahr 2010 traf sich das SG sechsmal zu Sitzungen und
einmal zur Exkursion in den Saatkornhof. Für die Gestaltung
des Bildungsprogramms 2011 haben wir Vorschläge zu Freizeitaktionen und Urlaubszielen gesammelt und über die Vertrauenspersonen an das Gesamtteam der Mitarbeiter in den
ambulanten Diensten weitergegeben. In diesem Jahr hat das
SG ein standortübergreifendes Kegelturnier in Ravensburg
geplant und durchgeführt. Für das nächste Jahr ist bereits
ein Ausflug zum Abenteuer-Minigolf in den Seepark Pfullendorf geplant. Möglichkeiten zu Sprechzeiten mit SG-Vertretern gibt es in Kisslegg im Rahmen des „Feierabend-Cafés“, in Mengen und Sigmaringen wurden in Absprache mit
den Sozialdiensten und Werkstattleitungen extra Zeiten und
Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Themen der SG-Sitzungen waren unter anderen: Öffentlichkeitsarbeit, Anliegen
und Probleme von Klienten in den ambulanten Wohnformen,
Informationen über neue Wohnmöglichkeiten (Besichtigung
des umgebauten Wohnheims in Scheer und des „neuen“
Hauses in Sigmaringen). SG-Mitglieder waren bei fachlichen
Fortbildungen in Leutkirch und bei der „BRIDGE“- Konferenz
der Lebenshilfe Baden-Württemberg zum Thema „Inklusion
von Menschen mit Behinderung“ in Bad Boll. In der letzten
SG-Sitzung standen – bedingt durch das Ausscheiden von
Arthur Kästner als Mitglied und Vorsitzender – Neuwahlen
der Funktionsträger an. Neuer Vorsitzender ist Franz Mahle
aus Kisslegg, Stellvertreter Christian Miller aus Ravensburg,
Schriftführerin Claudia Hartneck aus Kisslegg.
Ein herzliches Dankeschön für die gute Arbeit als Vorsitzender geht an Arthur Kästner sowie an Volker Keune,
der als Schriftführer zwei Jahre lang mit gut formulierten Protokollen diente.
Volker Keune
Nachruf
Siegfried Füssel, ehemaliger Bewohner und Mitarbeiter der OWB-Werkstatt in Ravensburg, verstarb am 18.
Januar­2011 im Alter von 58 Jahren.
Siegfried Füssel ist in Mochenwangen bei Ravensburg
aufgewachsen und trat nach seiner Schulzeit im September 1970 in die Werkstatt der OWB Ravensburg ein.
Im April 1989 wurde er im Wohnheim Ravensburg,
Wohngruppe 2, aufgenommen. Eine kurzzeitige Betreuung fand Herr Füssel ab Sommer 2010 in der Tagesbetreuung für Senioren. Krankheitsbedingt wurde er im
September 2010 in das Pflegeheim „Haus am Mehlsack“
Ravensburg verlegt.
22
Siegfried Füssel war ein sehr angenehmer Mensch,
­humorvoll, liebenswert, kontaktfreudig und immer für
einen Spaß zu haben. Er war ein guter und charmanter
Unterhalter. Er konnte auch eigenwillig sein und seinen
Standpunkt mit Nachdruck vertreten. Herr Füssel legte
Wert auf gute Umgangsformen. Seine Persönlichkeit war
durch seine offene, sympathische Ausstrahlung mit einer
sehr positiven Lebenseinstellung geprägt, obwohl er wegen einer Hautkrankheit nie ganz schmerzfrei war. Siegfried Füssel liebte das Leben, war kulturell allseits interessiert und war gern unter Leuten. Seine Interessen galten
vorwiegend der Musik. Besonders liebte er Volksmusik
und Marschmusik. Im Rahmen der arbeitsbegleitenden
Maßnahmen
besuchte
er viele Jahre die Musikgruppe und trat auch als
„Dirigent“ bei Festen und
Feierlichkeiten auf. Ferner
interessierte sich Siegfried
Füssel für Billard, Kegeln
und Tischtennis.
Siegfried Füssel war fast 40 Jahre in der Werkstatt
Ravensburg beschäftigt. Er arbeitete außerordentlich gern, kontinuierlich und ausdauernd. Er war für
die Firma Gardena tätig. Ferner faltete er Kartons für
die „Ravensburger Spiele“ und montierte Autoteile für
Opel.
Über 20 Jahre war das Wohnheim sein Zuhause. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin bewohnte er im
Wohnheim ein eigenes Appartement. Für mehrere Jahre wurde er in den Heimbeirat gewählt.
Herr Siegfried Füssel wurde von allen Mitbewohnern
und Arbeitskollegen sehr geschätzt. Wir werden ihn in
angenehmer Erinnerung behalten.
Text: Mitarbeiter Wohnheim Ravensburg
Foto: Hildebrand Weber
Fortbildung
Foto: iStockphoto yalayama
Schizophrenie
Vortrag von Dr. Assauer in der Veranstaltungsreihe des Gemeindepsychiatrischen Zentrums (GPZ) Überlingen.
1. Erklärungsversuch der Schizophrenie
❚❚ Sozialer Rückzug
Eugen Bleuler (1908) erklärt die Schizophrenie als Spaltung
der Seele in eine allgemeine und private Wirklichkeit. Sie
wird in die Gruppe der Psychosen eingeteilt, neben der
schizoaffektiven Psychose. Die Psychosen begleiten einen
zeitweiligen Realitätsverlust.
❚❚ Sprachverarmung
2. Symptome der Schizophrenie
Positive (sichtbare, nach außen gekehrte) Symptome:
❚❚ Halluzinationen: Stimmenhören, verschobene Wahrnehmung im Sinnesbereich beim Sehen, Fühlen, Riechen,
Schmecken
❚❚ Wahnvorstellungen: Verfolgungs-, Bedrohungswahn
und Eigenbezug (alles bezieht der Kranke auf sich)
❚❚ Denkstörungen: Logisches Denken wird verschoben
❚❚ Ich-Störungen: Der Kranke verliert das Ich
Negative (nach innen gefühlte/gerichtete) Symptome:
Die Wahnentwicklung:
❚❚ Wahnstimmung (Etwas stimmt nicht)
❚❚ Einfache Eigenbeziehung
❚❚ Wahnwahrnehmung (Äußere Reize bezieht der Kranke
auf sich)
❚❚ Wahneinfälle Wahnsystem (Ein Wahnsystem wird aufgebaut, von außen kommende Reize werden eingebaut)
Die Sinnestäuschungen
(krankmachende Sinnestäuschung)
Es gibt immer wieder im Leben eines Menschen Sinnestäuschungen, die gewöhnlich nicht krank machen. Im
System der Schizophrenie gehören diese aber zu den
krankmachenden.
❚❚ Befehlsstimmen (Hier gelingt die Unterscheidung von
real und nicht real nicht mehr. Die Stimme wird real)
❚❚ Antriebsarmut
❚❚ Gefühlsverflachung
❚❚ Kommentierende Stimmen (Stimmen, die im Kopf eines
Erkrankten über den Patienten reden)
23
Fortbildung
❚❚ Dialogisierende Stimmen (Stimmen, die im Kopf eines
Erkrankten einen Dialog führen)
❚❚ Lautes Hören der eigenen Gedanken
❚❚ Hören von Tönen und Geräuschen
❚❚ Leibhalluzinationen (Schmerzen, die nicht nachweisbar
sind, Hautbrennen)
❚❚ Sinnestäuschungen auf verschiedenen Sinnesgebieten
(schmeckt vergiftet, riecht ätzend…)
Störung des Denkens:
Auch hier ist das Auftreten dieser Störungen in gewisser
Weise als normal zu verzeichnen, diese Störungen sind
in der Summe mit anderen Störungen als Symptome der
Schizophrenie gedacht.
❚❚ Gedanken, die abreißen (Gedankenfolge die auf einmal
aufhört, krankmachend)
❚❚ Danebenreden (s.o.)
❚❚ Ideenflüchtiges Denken (Aneinanderreihung von ­Ideen,
s.o.)
❚❚ Denkzerfahrenheit (unkonzentriertes Denken, s.o.)
❚❚ Wortneuschöpfungen (s.o.)
Störung der Gefühle:
Wieder sind diese Störungen hier in der Summe mit anderen Symptomen der Schizophrenie zu sehen.
❚❚ Gereiztheit
Erkrankten leiden unter Bewegungsstörungen, Bewegungseinfrierung und Steifheit oder Muskelerstarrung
Diese Erscheinungsbilder sind zu unterscheiden von den
organischen Psychosen, die durch Tumore, Stoffwechselstörungen, Epilepsie, Entzündungen, Drogen oder auch
Vergiftungen ausgelöst worden sind.
4. Verlauf der Schizophrenie
Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt hier zwischen
18 und 35 Jahren. Meist entwickelt sich die Schizophrenie
schleichend. Zwei Drittel der Betroffenen erkranken vor
dem 20. Lebensjahr.
Die Frühwarnzeichen werden von der akuten Psychose
mit den positiven Symptomen abgelöst und nach der Negativsymptomphase verebbt die akute Erkrankung langsam.
Danach folgt die Erholungsphase. 65% der an Schizophrenie Erkrankten erholen sich wieder.
In der häufigsten Verlaufsform entwickeln die Patienten
drei Psychosen in elf Jahren. Bei 70% bleiben lebenslange
Beeinträchtigungen, 10% begehen Suizid.
5. Epidemiologie
Insgesamt entwickelt 1% der Bevölkerung eine Schizophrenie. Dies sind also von 100 000 Leuten etwa 1000
Menschen. Im Bodenseekreis leben ca. 2000 Menschen
die an Schizophrenie erkrankt sind.
Männer erkranken 1,4:1 öfters an Schizophrenie, durchschnittlich zwischen 20 und 25 Jahren. Frauen erkranken
durchschnittlich im Alter zwischen 25 und 30 Jahren. Ab
der Menopause erkranken im Schnitt mehr Frauen als
Männer in diesem Alter.
❚❚ Übermäßige Heiterkeit
❚❚ Niedergeschlagenheit
6. Ursachen der Schizophrenie
❚❚ Gefühl und Ausdruck passen nicht zusammen
❚❚ Genetische Faktoren beeinflussen 80% der Erkrankungen
3. Erscheinungsbilder der Schizophrenie
❚❚ Komplikationen während der Geburt und Schwangerschaft
❚❚ paranoide Schizophrenie: 65% der an Schizophrenie
Erkrankten leiden unter Wahrnehmungsstörungen
❚❚ hebephrene Schizophrenie: 15% der an Schizophrenie Erkrankten leiden unter desorganisiertem, chaotischem Verhalten
❚❚ katatone Schizophrenie: 2-8% der an Schizophrenie
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❚❚ Hirntraumata
❚❚ Alkohol- und Drogenmissbrauch in der Pubertät (z.B.
häufig Cannabis)
❚❚ Hirndefekte
❚❚ Störung des Botenstoffsystems
Fortbildung
❚❚ Feindseliger Kommunikationsstil in der Familie
8. Diagnose
❚❚ Großstädte (3-5 x höhere Erkrankungsraten!)
In der Diagnose werden organische Ursachen zuerst ausgeschlossen. Es wird ein Erstrangssymptom festgestellt,
wie Halluzinationen, Wahn oder Ich- Störungen.
7. Begleitende Erkrankungen
Als zweites werden Zweitrangssymptome wie Denkstörungen, kognitive Defizite und andere gestörte Sinneswahrnehmungen zur Diagnosebildung herangezogen.
Beim Bestehen von mehreren Symptomen wird die Diagnose festgelegt.
Begleitende Erkrankungen können sein:
❚❚ Sucht
❚❚ Zwangsstörungen
❚❚ Erschöpfungsdepression
9. Die Behandlung
❚❚ HIV und Hepatitis
Beratung und Behandlung können bei niedergelassenen Ärzten für Psychiatrie, im gemeindepsychiatrischen
Zentrum GPZ, bei der psychiatrischen Institutsambulanz
PIA, in der Fachklinik für Psychiatrie oder in den Zentren
für Psychiatrie erfolgen. Die Behandlung kann ambulant
oder stationär erfolgen. Der stationäre Aufenthalt geschieht nur bei Selbst- oder Fremdgefährdung. Eingesetzt in der Behandlung und Therapie werden:
❚❚ Herzkreislauf
❚❚ Diabetes
❚❚ Übergewicht
❚❚ Zwangsstörungen
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Hier geschieht eine Störung der Informationsverarbeitung bei erhöhtem Stress. Die Reizempfindlichkeit wird krankhaft erhöht. Im Gehirn wird bei Stress krankhaft vermehrt der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet und überreizt das
Nervensystem. Medikamente können hier die Dopaminaufnahme wieder blockieren und beruhigen, einfach gesagt,
so das Nervensystem.
Genetische Faktoren
Psychische
Behinderung
Frühe Störungen im Gehirn
Alkohol-, Medikmenten-,
Drogenmissbrauch
Einschneidende
Lebensereignisse
beeinflussen die
(z.B. Komplikationen
bei Geburt)
Psychische
Auffälligkeit
Vulnerabilität
psychische
Verletzlichkeit
+
Stress /
evtl. eintrendende
belastende
Lebenssituation
Psychische
Gesundheit
Soziales Umfeld
Selbstbewusstsein
Psychische
Erkrankung
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Personal
❚❚ Moderne Psychopharmaka
❚❚ Elektrokrampftherapie (Wird bei katatonischen Erkrankungen eingesetzt. Nicht zu vergleichen mit der früheren Elektroschocktherapie!)
❚❚ Ganzheitliche Behandlung
Foto: iStockphoto Alex Fox
❚❚ Unterstützende Gesprächstherapie
❚❚ Kognitive Verhaltenstherapie bei Wahn und
Stimmenhören
❚❚ Soziales Kompetenztraining
❚❚ Entspannungsverfahren
❚❚ Training kognitiver Funktionen
❚❚ Familientherapie
❚❚ Psychoedukation für Betreuer und Angehörige
❚❚ Soziotherapie
❚❚ Arbeitstherapie
❚❚ Umschulung
❚❚ Berentung, Grundsicherung
❚❚ Nachklinische Betreuung
❚❚ Therapeutische Betreuung
❚❚ WfbM
❚❚ Ambulant Betreutes Wohnen
10. Rückfallraten
Die Rückfallrate im ersten Jahr ohne Medikamente liegt
zwischen 70 und 80%, im zweiten Jahr ohne Medikamente bei über 80%. Mit der regelmäßigen Einnahme
von Medikamenten fällt die Rückfallquote auf unter 20
bis 30%.
11. Mortalitätsrisiko
Bei Menschen die an Schizophrenie erkrankt sind, ist das
Sterberisiko um das 2,5-fache erhöht. Die Lebenserwartung ist hier um 15 bis 20 Jahre reduziert, da das Unfallrisiko und die Suizidgefährdung erhöht sind.
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12. Prävention
Um psychischen Erkrankungen vorzubeugen, ist es
wichtig, schon in der Kindheit anzufangen. Auffällige Kinder zu beobachten oder frühzeitig psychotherapeutisch und wenn notwendig auch medikamentös zu
behandeln, ist eine Aufgabe der Prävention. Suchtprävention im Bereich Alkohol und Drogen ist hier ein sehr
wichtiger Bereich, da häufig Drogen Psychosen auslösen
können. Niederschwelligkeit der Psychiatrie ist ein weiterer Schwerpunkt, um den Bereich der Behandlung von
solchen Erkrankungen zugänglicher zu machen. Betriebliches Eingliederungsmanagemant ist eine Aufgabe des
Arbeitgebers. Es gilt hier, Arbeitsunfähigkeit möglichst
zu überwinden, erneute Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Mitarbeiters
zu erhalten. Im weiteren Sinne geht es auch hier um ein
betriebliches Gesundheitsmanagement zum Schutz der
Gesundheit der Mitarbeiter.
13. Gesellschaft heute
Hier besteht der Wunsch nach einer aufgeklärten und
inklusiven Gesellschaft, in der der Mensch mit psychischen Erkrankungen respektiert wird. Nach der UN-Behindertenrechtskonvention ist Inklusion ein kontinuierlicher Prozess. Menschen mit Behinderungen sollen die
Chance haben, an allen gesellschaftlichen Aktivitäten
teilzunehmen. Jeder Mensch hat das Recht auf volle gesellschaftliche Zugehörigkeit. Dies geschieht erst dann,
wenn Menschen mit Behinderungen die notwendige Unterstützung für ihre gesellschaftliche Teilhabe haben. Es
geht hier nicht nur um die Wiedereingliederung in die
Gesellschaft, sondern um die Umgestaltung der Umwelt,
die die Rechte aller Bürger respektiert und zu realisieren
hilft. Jeder einzelne Mensch soll dafür sorgen, dass diese
Normalität gelebt werden kann.
Beate Lehenherr
Preisrätsel
Preisrätsel
Die Gewinner der letzten Ausgabe:
Diesmal geht's drum, ob ihr den Mann auf dem Foto erkennt und ihm den richtigen Namen zuordnet.
Bitte die richtige Antwort ankreuzen und das gelöste
Rätsel beim ­Sozialdienst oder den Redaktionsmitgliedern abgeben.
■■ Claudia Hartneck, Kisslegg
■■ Nicole Sternitzky, Kisslegg
■■ Tobias Stehle, Fidelisschule
■■ Edeltraud Dehm, Mengen
■■ Monika König, Ravensburg
Herzlichen Glückwunsch!
Zu gewinnen gibt es fünfmal 5 Euro.
Wer ist dieser Mann?
 Peter Hinz
Küchenchef in Sigmaringen
 Paul Kunz
Röstmeister in Kisslegg
 Dieter Kanz
Vorsitzender des Verwaltungsrats in Ravensburg
Manuela Klob und die Waldburger Burgnarren
Wie bist Du zu den „Waldburger Burgnarren“ ge­
kommen? Vor einigen Jahren wurde ich gefragt, ob
ich als „Gastspringerin“ bei den „Burgnarren“ mitmachen möchte. Ich habe ein „Häs“ bekommen und bin
dann gleich mitgesprungen. Mir hat das so gut gefallen, dass ich seitdem immer dabei bin.
Wie heißt euer Narrenruf? (singt) Jetzt geht´s rund,
jetzt geht`s rund, der Burgnarr kumd. Super, manchmal bin ich ganz heiser vom vielen Singen.
So ein Narrensprung ist für die Teilnehmer ja auch
ganz schön anstrengend. Wie bereitest Du Dich
darauf vor? Ich bereite mich mit Wanderungen, Walking und Bauchmuskel-Training auf die närrische Zeit
vor.
Muss man vor Dir Angst haben, wenn man als Be­
sucher am Straßenrand steht? (lacht) Nein, vor mir
muss niemand Angst haben, wir Waldburger sind alle
brav. Wenn mir jemand besonders gut gefällt (zumeist männlich) bekommt er von mir sogar Süßigkeiten zugesteckt.
Manuela Klob, 48 Jahre alt,
und die Waldburger Burg­narren
Was gefällt Dir an den Umzügen? Da geht es ab, ist
immer Superstimmung, die Musik, das Schunkeln und die
vielen Kinder an der Straße gefallen mir.
Also gehe ich richtig in der Annahme, dass Du auch
sonst kein Kind von Traurigkeit bis? Absolut richtig;
ich bin fast immer gut drauf, nicht nur im Fasching. Ich
bin gern dort, wo die Post abgeht.
Das Interview führte Rudi Eberle von der Außenwohngruppe Südstadt in Ravensburg
Impressionen aus der neuen
OWB-Werkstatt Saulgau
Das Team und alle Mitarbeiter der OWB-Werkstatt Saulgau würden sich sehr
über Besuche aus den anderen OWB-Werkstätten freuen.
Werkstattleiterin Ingrid Neher: „Wer neugierig auf Bad Saulgaus neue OWBWerkstatt ist, darf uns gern besuchen.“
Oberschwäbische Werkstätten gem. GmbH
Schwarzachstraße 4
88348 Bad Saulgau
Tel. 0 75 81 48 32-25
Fax 0 75 81 48 32-29
E-mail [email protected]