Wichtiges über die Haut

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Wichtiges über die Haut
Rückenbeschwerden
(aus Sendungen im BR, NDR und HR)
Stand vom 1. Mai 2010
Es wird zu oft operiert
Etwa zwölf Prozent der Deutschen leiden täglich an Rückenschmerzen. Damit zählen
Rückenbeschwerden zu den häufigsten Volkskrankheiten in Deutschland. Die Kosten für ihre
Behandlung liegen bei etwa 35 Milliarden Euro jährlich. Jedes Jahr lassen sich in Deutschland rund
230.000 Patienten wegen Rückenbeschwerden operieren. Doch in vielen Fällen bleibt der erwünschte
Erfolg aus. Im schlimmsten Fall leiden die Patienten nach der Operation sogar unter noch größeren
Schmerzen als vor dem Eingriff. Denn operationsbedingte Nerven- und Gewebeschädigungen sowie
Narben und Verwachsungen im Operationsgebiet können zusätzliche Beschwerden verursachen.
Regelmäßige Bewegung hilft gegen Rückenbeschwerden.
Vier von fünf Operationen lassen sich vermeiden
Experten warnen daher davor, die Risiken operativer Eingriffe zu unterschätzen. Sie raten den
Betroffenen, vor der endgültigen Entscheidung für einen operativen Eingriff eine zweite
Expertenmeinung einzuholen. Studien haben ergeben, dass sich vier von fünf Operationen durch
konservative Behandlungsmethoden vermeiden lassen. Medikamentöse Schmerztherapie,
krankengymnastische Übungen zur Stärkung der Rücken- und Bauchmuskulatur, Massagen,
Akupunktur sowie Kälte- und Wärmeanwendungen stellen für viele Patienten gute und erfolgreiche
Alternativen zu einem operativen Eingriff dar. 80 Prozent der Betroffenen können ihre Beschwerden
bereits durch regelmäßige körperliche Bewegung beseitigen.
Das Kreuz mit dem Kreuz (HR)
Autorin: Eva Maria Siefert
Schmerzlinderung durch Massage
Wie kann man seine Muskeln stärken, um gar nicht erst Rückenschmerzen zu bekommen? Was sind
die Ursachen für die Beschwerden im Kreuz, und wie werden akute Rückenschmerzen am besten
behandelt?
Starke, plötzlich einschießende Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, quälend verspannte
Muskeln am unteren Rücken, stark eingeschränkte Beweglichkeit - das können erste Anzeichen für
einen Hexenschuss sein. Ähnlich schmerzhaft sind Ischiasbeschwerden, Bandscheibenvorfälle oder
ein zu enger Spinalkanal.
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Würde man von jedem Bundesbürger über 50 Jahre ein Röntgenbild der Wirbelsäule anfertigen,
fänden sich dort typische Hinweise für Abnutzungen und Verschleiß. Und trotzdem gibt das Röntgenbild kaum Auskunft über die Rückenschmerzen, unter denen so viele leiden. Denn nur bei 10 bis 20
Prozent der Schmerzgeplagten finden sich beim Röntgen, der Computer- oder Kernspintomografie
tatsächlich Strukturen, die für das Schmerzgeschehen verantwortlich sind. Beim Rest bleibt der
Rückenschmerz unspezifisch, heißt: bei der Untersuchung sind keine Befunde zu erheben, die das
Schmerzgeschehen hinreichend erklären.
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Mögliche Ursachen von Rückenschmerzen:
Fehlhaltungen, Fehl- oder Überbelastungen, Schonhaltungen, die zu Muskelverspannungen
führen
Instabilität von Haltebändern, bspw. nach dem "Einrenken"
Arthrose in den Facettengelenken, also den kleinen Gelenken zwischen Wirbelkörper und
Rippen
Verrutschte Bandscheiben
Knochenveränderungen, z. B. Wirbelbrüche bei Osteoporose, Randzacken oder
Knochenwulste, die die Beweglichkeit der Wirbelsäule erheblich einschränken
Psychische Auslöser
Kontakt
Adressen:
Deutsche Schmerzliga e.V.
Adenauerallee 18 61440 Oberursel
Tel.: 0700/ 375375375, werktags 9 - 12 Uhr (14 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunktarife
können abweichen)
Fax: 0700/ 37537538 (9 - 18 Uhr: 14 Cent/Min., 18 - 9 Uhr: 6 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz,
Mobilfunktarife können abweichen)
www.schmerzliga.de
Forum Gesunder Rücken - besser leben e.V.
Postfach 3564 65025 Wiesbaden
Tel.: 0611/ 5893836
Fax: 0611/ 5893832
[email protected]
Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie e.V.
Kronprinzendamm 15 10711 Berlin
Tel.: 030/ 79744444
Fax: 030/ 79744445
[email protected]
Aktion Gesunder Rücken (AGR) e.V.
Postfach 103 27443 Selsingen
Tel.: 0700 / 247 11 111 (0,12 €/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunktarife können abweichen)
Fax: 0700 / 247 22 222 (0,12 €/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunktarife können abweichen)
Forum Schmerz im Deutschen Grünen Kreuz e. V.
Tel.: 06421/ 293-124
Mobil: 0176/ 12930015
www.forum-schmerz.de
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Seltene Ursachen von Rückenschmerzen (weniger als ein Prozent aller Rückenschmerzpatienten):
Tumore (insb. im Rückenmarkskanal) oder Metastasen (Tochtergeschwülste bei Krebs)
Entzündungen z. B. bei Rheuma, Diabetes, entzündlichen Darmerkrankungen
Nierenerkrankungen, Nierensteine, Herzinfarkt, Gallensteine, Blasenerkrankungen
Knochenbrüche
Die Behandlung von Rückenschmerzen ist teuer, bei geschätzten fünf Milliarden Euro liegen allein die
direkten Kosten für Arztbesuche, Medikamente, Krankengymnastik und Kuren. So mancher hat dann
nach Wochen bereits eine kleine Odyssee bei Ärzten hinter sich - und vielleicht ganz unterschiedliche
Therapien ausprobiert. Doch Vorsicht: Rückenschmerzen tendieren dazu, chronisch zu werden. Dann
reichen minimale Reize, um das Schmerzgedächtnis umgehend an den Rückenschmerz vor Wochen
zu erinnern - und der Schmerz ist wieder mit voller Wucht da. Aber: Nicht bei jedem Rückenschmerz
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ist ein Arztbesuch erforderlich. Denn immerhin 80 Prozent aller Rückenschmerzen klingen auch ohne
Behandlung oder dank Physiotherapie und leichten Schmerzmitteln innerhalb von sechs Wochen
spontan wieder ab.
Information
Literatur zum Thema:
Martin Marianowicz: "Aufs Kreuz gelegt: Warum 80 % der Rückenoperationen überflüssig sind"
Goldmann Verlag 2010
ISBN-10: 3442338654
ISBN-13: 978-3442338658
Preis: 17,95 Euro
Carola Bleis u.a. "Die neue Wirbelsäulengymnastik: Das einfache Übungsprogramm mit großer Wirkung"
Blv Buchverlag, 2. Aufl., Neuausgabe 2010
ISBN-10: 3835406574
ISBN-13: 978-3835406575
Preis: 14,95 Euro
Wolfgang Möhring: "Der kleine Rückentrainer: Schnelle Übungen für zu Hause und unterwegs"
Heyne Verlag 2008
ISBN-10: 3453214218
ISBN-13: 978-3453214217
Preis 3,00 Euro
Dieter Grabbe: "Rücken Quickies - das Schnellprogramm: Dehnen - Mobilisieren - Kräftigen - Entspannen"
BLV Buchverlag 2008
ISBN-10: 3835403087
ISBN-13: 978-3835403086
Preis: 10,95 Euro
Michael Buhr: "Der gesunde Rücken. Rückenschmerzen vorbeugen und heilen"
Humboldt/ Schlütersche Verlagsanstalt 2008
ISBN-10: 3899942043
ISBN-13: 978-3899942040
Preis: 12,90 Euro
Hans-Dieter Kempf: "Die Rückenschule: Das ganzheitliche Programm für einen gesunden Rücken"
Rowohlt-Verlag 2008
ISBN-10: 3499623463
ISBN-13: 978-3499623462
Preis: 9,95 Euro
Hexenschuss - schlimmer Schmerz, oft harmlose Ursachem
Autorin: Claudia Banse
Der Schmerz kam aus dem Nichts - Gerd S. aus Hofheim war gerade am Tisch abräumen als plötzlich
nichts mehr ging. In seinem Rücken fühlte es sich an, als habe ihm dort jemand ein Messer "reingerammt", erzählt er selbst. Es tat höllisch weh, er kam kaum mehr hoch. Liegen, stehen, sitzen, alles tat
weh, deshalb stellte er sich kurz darauf beim Orthopäden vor. Nach der genauen Befragung wurde
Gerd S. genau körperlich untersucht, der Orthopäde schaute sich sein gesamtes Körperskelett an,
begutachtete seine Haltung, teste die Nervenfunktion. Alles, um eine Schädigung der Bandscheiben,
einen Bandscheibenvorfall auszuschließen. Zum Abschluss dann noch ein Röntgenbild. Dann stand
die Diagnose fest: der Mann aus Hofheim hat einen Hexenschuss. Durch die Bewegung hat sich eine
Blockade im Wirbelgelenk ergeben, dadurch wird die Kapsel eingeklemmt. Die so genannte Blockade
lässt sich durch eine manuelle Therapie lösen, doch weil die Fehlstellung zu einer Nervenentzündung
geführt hat, spritzt der Orthopäde zusätzlich ein schmerzlinderndes, antientzündliches Arzneimittel.
Außerdem bekommt Gerd S. noch ein Rezept zur Physiotherapie. Mit der sollen Verhärtungen und
Muskelverspannungen gelöst werden. Um einem erneuten Hexenschuss vorzubeugen, ist jedoch eine
dauerhafte Kräftigung der Rücken- und Bauchmuskulatur nötig. Und dafür muss Gerd S. auch künftig
regelmäßig diese Muskeln trainieren.
Was im Volksmund "Hexenschuss" heißt, nennt der Arzt "Lumbago", "akute Lumbalgie" oder "akutes
Lendenwirbelsäulen(LWS)-Syndrom. Sie alle sind keine Diagnose im eigentlichen Sinn, sondern eher
die Beschreibung eines Krankheitszustandes. Zieht der Schmerz bis ins Bein, ist häufig auch der
Ischiasnerv mit betroffen, der Arzt nennt das dann fachmännisch "Lumboischialgie". Zwar klingen
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gerade die medizinischen Begriffe nach schwerer Krankheit, tatsächlich aber steckt hinter einem
Hexenschuss meist eine recht harmlose Ursache: eine Verrenkung der Wirbelsäule, meist ausgelöst
durch eine plötzliche Drehbewegung. Oder durch Verschiebungen im Bereich der
Zwischenwirbelgelenke (so genannte Facettengelenke), die die einzelnen Wirbelkörper miteinander
verbinden. Dadurch verspannt sich dann sofort die Muskulatur, der Betroffene kann sich kaum noch
bewegen. Am häufigsten "schießt die Hexe" im Bereich der Lendenwirbelsäule, denn sie ist das
schwächste Glied unserer Köperachse, trägt aber das größte Gewicht und muss sich am meisten
bewegen. Vier von fünf Rückenschmerzgeplagten klagen über Beschwerden in diesem Bereich.
Begünstigt und ausgelöst werden solche Verspannungen durch mangelnde oder falsche
Bewegungen, Stress, Übermüdung, Zug, einen kleinen Infekt im Körper oder Unterkühlung.
Beschwerden
Als Soforthilfe versucht unser Körper, möglichst all jene Bewegungen zu vermeiden, die den Schmerz
auslösen oder verstärken können. Er nimmt automatisch eine Schonhaltung ein, man kann
beispielsweise nicht mehr aufrecht stehen. Die Rückenmuskeln sind hart und verspannt,
Missempfindungen auf der Haut wie Kribbeln oder eine erhöhte Schmerzwahrnehmung auf der Haut
können vorkommen. Bei 80 Prozent der Schmerzgeplagten verschwinden die Beschwerden auch
ohne Arzt innerhalb weniger Tage. Treten aber Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühle oder
wellenförmige Schmerzen in den Beinen auf, kann auch ein Bandscheibenvorfall dahinter stecken.
Wenn die sich nicht innerhalb von 24 Stunden bessern oder sogar schlimmer werden, sollten Sie
umgehend einen Arzt aufsuchen.
Was kann man selbst tun?
Autorin: Eva Maria Siefert
1. Wärme
Sie fördert die Durchblutung und lindert Verkrampfungen und Verspannungen in der Muskulatur.
Geeignet sind Wärmflasche, Körner- oder Kirschkernkissen, Rotlichtlampen, Sportsalben mit
Wärmewirkung oder Wärmepflaster aus der Apotheke. Achten Sie darauf, dass zwischen
Wärmflasche und Haut ein Handtuch liegt, und Sie das Rotlicht nur im richtigen Abstand und nicht zu
lange anwenden. Sonst gibt es Verbrennungen auf der Haut! Wenn Sie sich wieder ein bisschen
besser bewegen können, ist ein heißes Bad empfehlenswert. Am besten mit Heublumenzusatz, das
verstärkt die entspannende Wirkung. Hierfür Heublumen aus der Apotheke aufkochen, ziehen lassen
und in das heiße Badewasser geben.
2. Stufenlagerung
Dadurch wird vor allem der untere Rücken im Lendenwirbelbereich entlastet. Stuhl oder Kiste
aufstellen, deren Höhe etwa der Länge Ihres Oberschenkels entspricht. Davor legen Sie sich flach auf
eine feste Unterlage (am besten auf eine Wolldecke am Boden), die Beine legen Sie nun auf Stuhl,
Kiste oder was immer Sie verwenden. Mindestens 15 Minuten liegen bleiben, dabei auf gleichmäßiges
Ein- und Ausatmen achten! Noch besser können Sie entspannen, wenn Sie dabei leise Musik hören.
Keinesfalls darf der Rücken auf zu kaltem Untergrund auskühlen, das verstärkt nämlich die
Verspannungen !
3. Sanfte Streich-Massagen
Das "Durchkneten" der Muskeln ist in den ersten Tagen nicht empfehlenswert, da sich die Muskulatur
dadurch reflektorisch noch weiter verspannen kann. Zudem sollte man das lieber den Profis
überlassen. Sanfte Streichmassagen allerdings haben eine beruhigende Wirkung auf das vegetative
Nervensystem, können die irritierte Haut und die Muskeln beruhigen und tun grundsätzlich gut.
Körper- oder Massageöl auf die Haut geben, und mit den Handflächen oder den Fingerspitzen mit
leichtem Druck und immer in der gleichen Richtung (am besten herzwärts, das fördert die
Durchblutung) über die Haut streichen. Vor allem, wenn die Verspannungen zu Kopfschmerzen
führen, sollten sie immer vom Kopf weg und zum Rücken hin ausstreichen.
n.
4. Schmerzmittel/ Salben
Nicht rezeptpflichtige Schmerzmittel aus der Apotheke lindern den Schmerz. Man kann sich dann
auch beim Hexenschuss besser bewegen (s.u.). Allerdings sollten sie die angegebenen Tageshöchstdosierungen nicht überschreiten und Schmerzmittel nicht länger als drei bis fünf Tage einnehmen.
Haben sich die Beschwerden dann nicht maßgeblich gebessert, sollten Sie zum Arzt gehen. Eine
ähnliche Wirkung wird auch Schmerz- und Sportsalben zugeschrieben. Sie enthalten allerdings oft
durchblutungsfördernde Wirkstoffe, die zu Hautunverträglichkeiten führen können. Bevor Sie solche
Salben großflächig auftragen, erst die Verträglichkeit an einer kleinen Hautstelle testen.
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5. Heiße Rolle
Hilft sehr gut bei Verspannungen in Schulter, Nackenmuskulatur, Brustmuskulatur und Gesäß. Dafür
brauchen Sie ein Küchenhandtuch (Halbleinen), zwei bis drei Frotteehandtücher(60x90) und
kochendes Wasser. Alle Handtücher der Länge nach falten, dann das Küchenhandtuch zu einer
festen Rolle zusammenwickeln, die Frotteehandtücher leicht schräg außen herum, so dass ein
Trichter entsteht. Den füllen Sie zu einem Drittel mit kochendem Wasser (ca. einen dreiviertel Liter).
So wärmt sich die Rolle, ohne außen nass zu werden. Jetzt unbedingt Temperatur prüfen. Ist Ihnen
die Rolle noch zu heiß, wickeln Sie einfach noch ein Handtuch drum herum. Damit nun den Rücken
abtupfen oder abrollen, am besten von der Schulter zur Wirbelsäule hin. Sobald die Rolle kühler wird,
wickeln Sie einfach ein Handtuch ab. Danach noch einige Minuten gut zugedeckt ruhen.
Und das Wichtigste:
Bloß nicht schonen! Es ist in Ordnung, wenn Sie in den ersten ein, zwei Tagen weniger aktiv sind,
beispielsweise auf Ihren regelmäßigen Sport verzichten. Unbeweglich im Bett liegen aber sollten Sie
keinesfalls, das führt meist zu weiteren Fehlhaltungen und Muskelverspannungen. Und damit zu
einem Teufelskreis aus Schmerzen und zunehmender Unbeweglichkeit.
Rückentipp - Gute Haltung macht froh
Ob im Job oder privat, wer sich richtig bewegt, schont den Rücken. Wir zeigen, wie es geht. Was dem
Rücken gut tut, das weiß ganz genau Dr. Ingo Tusk. Dieses Mal schaut der Chefarzt bei seiner
Oberschwester Erika genauer hin - ihr Rücken hat schon einiges mitgemacht. Sie sollte deshalb
besonders auf rückenschonendes Arbeiten achten.
Richtig Sitzen
Wer beispielsweise aus beruflichen Gründen täglich fast acht Stunden sitzen muss, den werden bald
schon Rückenschmerzen plagen. Denn viel Sitzen schadet dem Rücken und ist die Hauptursache für
Rückenschmerzen. Arbeitnehmer denken leider viel zu selten daran, dass es eine Vielzahl an
Hilfsmitteln gibt, um ihren Rücken zu schonen. Und dass der Arbeitgeber beispielsweise die Kosten
für einen ergonomisch geformten Stuhl gegen Vorlage eines entsprechenden Attestes übernimmt.
Tagsüber sollten Sie immer wieder überprüfen, ob Sie einige Arbeiten nicht ebenso im Stehen
verrichten können.
Drei Grundregeln des Sitzens:
Stellen Sie Ihre Sitzhöhe richtig ein. Arme und Beine sollten dabei einen rechten Winkel bilden. Die
Füße sollten dabei vollständig auf dem Boden stehen und die Arme locker auf dem Tisch bzw. vor der
Tastatur aufliegen können.
Nutzen Sie möglichst die gesamte Sitzfläche aus, mindestens 60 Prozent der Oberschenkel sollten
dem Stuhl aufliegen. Auch die Rückenlehne sollten sie einstellen. Die Wölbung sollte passend zu Ihrer
Körpergröße sein, damit die Wirbelsäule im Lendenbereich genügend Unterstützung bekommt. Der
Oberlehrersatz "sitz gerade!" gilt schon längst nicht mehr. Wer rückenschonend arbeiten will, sollte
seine Sitzposition immer wieder wechseln. Und zwischendurch immer wieder aufstehen, herumlaufen
oder im Stehen arbeiten.
Tipp: Praxistraining gibt es in der so genannten Rückenschule. Viele Krankenkassen übernehmen
zumindest einen größeren Teil der Kosten für entsprechende Kurse.
Vorsicht beim Heben !
"Ich hab mich verhoben" - dieser Satz kommt nicht von ungefähr. Denn wer falsch hebt, mutet seiner
Wirbelsäule und vor allem den kleinen Bandscheiben zu viel zu. So hat eine normale Wasserkiste ein
Gewicht von etwa zwölf Kilo - durch die Hebelwirkung unserer Arme aber lastet auf den Bandscheiben
das über zwanzigfache Gewicht, nämlich 225 Kilo!
Wichtig: Schwere Gegenstände nie aus dem Rücken heben. Die Kraft dazu kommt aus den Beinen: in
die Hocke gehen, dabei den Rücken gerade halten und mit einem kleinen Schritt nach vorne die
Wasserkiste mit der Muskelkraft aus den Oberschenkeln hochziehen. Schwere Gegenstände sollten
Sie immer nah am Körper heben, denn dann verringert sich die Krafteinwirkung auf die sensiblen
Bandscheiben. Ach ja: auch wenn Ihnen nur ein Kuli herunterfällt - auch den sollten Sie nur aus der
Hocke aufheben!
Die richtige Haltung
Das Wichtigste vorweg: Sie sollten nicht nach einem Preis für besonders akrobatische Bewegungen
schielen. Denn wer sich vor allem reckt und beim Staubwischen zu den hintersten Ecken hangelt, wird
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das mit Rückenschmerzen büßen. Stellen Sie Ihren Staubsauger auf Ihre Körpergröße ein, das
Spinnennetz an der Decke lässt sich mit einem Teleskopstil mit wenig Anstrengung prima erreichen.
Egal ob beim Putzen, Bügeln, Abwaschen oder Kochen - auf die richtige Höhe kommt es an. Und die
sollte auf Ihre Körpergröße abgestimmt sein. Das Bügelbrett beispielsweise muss auf Beckenhöhe
sein, denn so wird der Rücken automatisch gerade gehalten. Und noch etwas: den Wäschekorb
stellen Sie am besten auf einen Stuhl oder Hocker. Damit entfällt das lästige Bücken und die
Wirbelsäule wird geschont.
Wie man sich bettet so liegt man
Gut ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch im Bett. Im Schlaf tankt der Körper neue Kraft und
regeneriert sich. Auch die Bandscheiben erholen sich in der Nacht. Um die Wirbelsäule optimal von
Druck zu entlasten, benötigt man die richtige Matratze. Dabei sollte eine gute Matratze weder zu hart
noch zu weich sein. In Rückenlage sollte das Becken etwas einsinken, beim Schlafen auf der Seite
sollte die Wirbelsäule in einer geraden Position Halt finden. Ob eine Matratze diese Anforderung
erfüllt, hängt mit vom Schläfer und dessen Körpergewicht ab. Deshalb gibt es nicht die ideale Matratze
für jeden. Außerdem müssen Matratze und Lattenrost aufeinander abgestimmt sein.
Schaumstoff, Latex oder doch Taschenfederkern?
Auch hier kommt es sehr auf die individuellen Bedürfnisse an. Schaumstoffmatratzen sind preiswert
und passen sich dem Körper gut an, sind aber für stark schwitzende Schläfer eher ungünstig.
Federkernmatratzen bieten ein gutes Klima, passen sich aber schlecht an Schulter und Hüfte an
(Punktelastizität). Taschenfederkernmatratzen sind in dieser Hinsicht deutlich besser, haben aber
ihren Preis. Latex passt sich den Körperkonturen gut an, ist aber sehr schwer. Eine Matratze sollte
darum den Bedürfnissen des Käufers angepasst sein. Es empfiehlt sich deshalb ein Kauf im
Fachladen mit Probeliegen und kompetenter Beratung. Das hat seinen Preis. 500 Euro sollte man
investieren, um dauerhaft gut gebettet zu sein. Bei einer Lebensdauer von sieben bis zehn Jahren,
sind das weniger als 20 Cent pro Nacht.
Gut beraten: Kopfkissen
Wie man sich bettet, so liegt man. Und das falsche Kissen kann zu ganz üblen Verspannungen,
Nacken- und Kopfschmerzen führen. Augen auf beim Kissenkauf! Es ist fast jede Nacht dasselbe:
Horst S. versucht zu schlafen, doch irgendetwas stimmt nicht. Und so wälzt er sich im Bett hin und her
und stopft das Kissen zurecht. Doch ohne Erfolg - richtig gut schläft er nicht, morgens plagen ihn
Nackenschmerzen. Als die Schmerzen zu stark werden sucht er Rat bei seiner Ärztin. Sie stellt fest,
dass die Muskulatur sehr verspannt und verhärtet ist, verschreibt Massagen. Und empfiehlt Host S.
auch, über ein neues Kopfkissen nachzudenken, damit die Schmerzen nicht wiederkommen. Das
Kissen müsste aber bestimmte Anforderungen erfüllen: speziell für die Halswirbelsäule ist in der
Rückenlage ein recht dünnes Kissen wichtig, damit der Kopf nicht zu weit angehoben wird. Liegt man
aber auf der Seite, muss die relativ breite Schulterhöhe ausgeglichen werden. Keine leichten
Anforderungen also an das Kissen, Hans S. lässt sich deshalb in einem Fachgeschäft beraten. Denn
die Auswahl an Nackenstützkissen ist groß: es gibt Formkissen, die in der Mitte eine Mulde haben und
links und rechts erhöht sind. Oder Latexstützkissen, die so elastisch sind, dass sie dort wo der Kopf
liegt nachgeben, den Nacken aber wieder stützen. Und als weitere Variante die Körnerkissen. Auch
die Materialien der Kissen spielen eine wichtige Rolle, denn einige Chemikalien könnten Giftstoffe
ausdünsten, die wir dann die Nacht über einatmen. Hans S. probiert alle Varianten, und bei der
Auswahl dauert es nicht lange, dann hat er das für ihn ideale Kissen gefunden hat.
Welcher Sport tut dem Rücken gut?
1. Krafttraining
Die knöchernen Strukturen unseres Körpers werden vor allem durch eine gut ausgebildete Muskulatur
gestützt, gestärkt und gehalten. Weil der Mensch heute aber kaum Arbeit leistet, die unsere Muskeln
trainiert und dazu sich noch zu wenig bewegt, fehlt den meisten Menschen dieser stabilisierende
Muskelmantel. Wesentlich bei Rückenproblemen ist daher ein gezieltes Krafttraining sowohl für die
Rücken- als auch die Bauchmuskulatur, denn die bildet sozusagen einen stabilisierenden Gegenpol.
Allerdings sollte man von einem ungezielten Training absehen, das kann die Beschwerden eher
verschlechtern. Am besten ist ein Training unter Aufsicht eines ausgebildeten Therapeuten, der auf
die individuelle Situation abgestimmte Trainingseinheiten auswählt. Der Trainer sollte die Übungen
demonstrieren und deren richtige Ausführung zumindest am Anfang auch überwachen. In Studien ließ
sich zeigen, dass Probanden, die an einem gezielten Krafttraining teilnahmen, ihre Rückenprobleme
und vor allem ihre Rückenschmerzen um die Hälfte reduzieren konnten.
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2. Ausdauertraining
Die ideale Sportart für Einsteiger mit Rückenschmerzen ist Nordic Walking. Denn dabei werden von
der Rücken- bis zur Bein- und Armmuskulatur alle Muskelgruppen gefordert. Die harmonischen
Bewegungsabläufe lösen sogar Muskelverspannungen im Schulter- und Nackenbereich, und dazu
wird das Herz-Kreislauf-System gestärkt. Schwimmen ist durch den Auftrieb im Wasser besonders
rückenfreundlich, Gelenke und Wirbelsäule müssen da nämlich viel weniger Gewicht bewegen.
Zudem stärkt Schwimmen die Rückenmuskulatur. Zwar tut das Rückenschwimmen der Wirbelsäule
besonders gut, grundsätzlich empfehlen Experten aber, einseitige Bewegungen zu vermeiden und
deshalb lieber öfters zwischen den verschiedenen Schwimmstilen zu wechseln.
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Gute Rückensportarten:
Schwimmen
Nordic Walking
Skilanglauf
Gymnastik
Ausdauer - Kraft - Training
Wandern
Fahrradfahren
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Eher ungeeignet:
Tennis
Squash
Ski Alpin
Reiten
Kegeln
Bandscheibenvorfall - der Fall Maren S.
Bei Maren S. ist ein Bandscheibenvorfall zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel der Grund für ihre
Rückenschmerzen. Die Bandscheibe ist ausgetreten und drückt auf den Nerv. Doch operieren lassen
will sie sich auf gar keinen Fall. Und das aus gutem Grund: vier von fünf Patienten haben nach der
Bandscheibenoperation noch immer Beschwerden. Denn Bandscheibenvorfall ist nicht gleich
Bandscheibenvorfall. Treten Lähmungen der Beine, Blasen-Mastdarmstörungen auf, ist sicher die
Operation die Methode der Wahl. Bestehen aber "nur" extreme Schmerzen, sind konservative
Methoden ebenso erfolgreich. Seit über 20 Jahren schon hat Maren S. Rückenprobleme. Ihr
Orthopäde macht als erstes eine ausführliche Anamnese. Er will wissen, wie genau sich der Schmerz
anfühlt, wo er sitzt, wann er auftritt.
Das Röntgenbild verrät zwar viel, mindestens genauso viel erfährt der Orthopäde aber durch das
Abtasten mit den Händen. So kann er feststellen, ob das Becken schief steht, die Beine unterschiedlich lang sind, ob und wo Haut und Muskeln verspannt sind. Eine zusätzliche DiagnoseMöglichkeit: die Standanalyse. Ein Scanner tastet den Körper der Patientin ab und errechnet daraus
ein Bild ihrer Wirbelsäule. Das zeigt, welche Fehlhaltung sie einnimmt, um den Schmerz zu
vermeiden. Bei einem gesunden Rücken federn die Bandscheiben mit ihrem flüssigen Kern jede
Erschütterung ab, sorgen dafür, dass die Wirbelsäule beweglich und stabil bleibt. Bei einem
Bandscheiben-Vorfall wölbt sich die Bandscheibe vor, der Gallertkern tritt aus und drückt auf die
Nervenwurzel. Das macht Schmerzen! Außerdem verspannen sich dadurch die Muskeln, was
wiederum zu Schmerzen und schlimmstenfalls zur Lähmung führt.
Die Orthopäden behandeln den Bandscheibenvorfall zuerst mit Schmerzmitteln: Tabletten oder
Spritzen. Die lösen die Verspannung der Muskulatur. Parallel dazu geben sie mit einer Infusion
entzündungshemmende Medikamente. Dadurch schwillt die Entzündung ab, Schmerzen und
Verspannungen gehen zurück, der Teufelskreis aus Schmerz, Verspannung und Entzündung der
Nervenfasern wird durchbrochen. Nach einigen Tagen, wenn der Schmerz abgeklungen ist, kommt
dann die Physio- und Manualtherapie hinzu - und zwar so lange, bis der ganze Bewegungsapparat
wieder im Lot ist. Bei Maren S. ist der Bandscheibenvorfall zwar geblieben, aber Schmerzen hat sie
nur noch selten. Und wenn, dann weiß sie was sie tun muss.
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Neues Programm gegen altes Leid (BR)
Von Jan Kerkhoff
Stand: 08.01.2010
Vier von fünf Menschen haben mindestens einmal im Leben Rückenschmerzen. Die gute
Nachricht ist: Bei den meisten verschwinden die Schmerzen so schnell, wie sie gekommen
sind, in der Regel sind die Patienten nach vier Wochen wieder beschwerdefrei. Doch bei etwa
zehn Prozent der Betroffenen bleiben die Schmerzen.
Bei Vielen werden sie so stark, dass sie das ganze Leben bestimmen, den Alltag und den Beruf zur
Qual machen. Viele Patienten haben das Problem, dass die Befunde, die bei der Untersuchung und
den Röntgen- oder Kernspinaufnahmen (MRT) erhoben werden, die Stärke der Schmerzen nicht
erklären. Dies liegt daran, dass die Ursachen von chronischen Rückenschmerzen vielfältig sind:
Neben verhärteten Muskelanteilen (sogenannte Myogelosen), Fehlhaltung und Fehlbelastung sowie
Verschleißerscheinungen spielen auch psychosoziale Faktoren wie Anspannung, mangelnde
Stressbewältigung und sozialer Rückzug oft eine wesentliche Rolle.
Bildunterschrift: Chronische Rückenschmerzen können viele Ursachen haben.
Meist ist der berühmt-berüchtigte Bandscheibenvorfall nicht vorhanden oder nicht die eigentliche
Ursache der Schmerzen. Experten schätzen, dass etwa jeder Zweite zwar schon einmal eine
Bandscheibenvorwölbung hatte, diese aber gar nicht bemerkte. All dies zeigt, wie schwierig eine
Diagnose oft sein kann. Eine Fachdisziplin alleine ist da nicht selten überfordert; gefragt ist ein
Zusammenarbeiten verschiedener Fachrichtungen.
Das Münchner Rückenintensivprogramm (MRIP)
In der Schmerzambulanz der Klinik der Universität München in Großhadern wird dieser Ansatz
verfolgt. "Multimodal" nennen die Ärzte dort ihr "Münchner Rückenintensivprogramm", kurz MRIP.
Multimodal, weil hier Anästhesisten, Ärzte für physikalische Medizin und Rehabilitation, Neurologen,
Psychologen, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Masseure gemeinsam die Patienten
untersuchen und behandeln. Im Fokus haben sie dabei nicht Patienten mit akuten Rückenschmerzen,
die etwa gerade eine Operation oder Rückenverletzung auskurieren oder bei denen davon
auszugehen ist, dass ihre Schmerzen in wenigen Wochen abgeklungen sein werden, sondern
diejenigen, die seit Jahren Beschwerden haben, bei denen vermeintlich keine Therapie mehr hilft.
"Bio-psycho-sozialer" Ansatz
Die Ärzte und Therapeuten des MRIP verfolgen bei der Behandlung den "bio-psychosozialen" der
Schmerzentstehung , wie der Oberarzt der Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Dr.
Eduard Kraft, erklärt: "Damit meinen wir, dass bei chronischen Rückenschmerzen nicht nur der Körper
behandelt werden muss, sondern auch die Psyche und darüber hinaus auch das soziale Umfeld, der
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Arbeitsalltag, und die Familie der Patienten bei der Therapie berücksichtigt werden müssen." So nützt
zum Beispiel das beste Trainingsprogramm nichts, wenn der Patient es Zuhause im Alltag nicht
umsetzen kann. Ein wichtiger Punkt im MRIP ist daher die selbstständige Umsetzung des Erlernten im
Alltag, um den Schmerz zu bewältigen.
Vier Wochen für ein neues Leben
Das MRIP dauert vier Wochen. Es wird zurzeit dreimal jährlich für zirka acht Patienten angeboten. Die
Patienten werden vorher auf ihre Eignung hin ausgewählt. Wer gerade erst frisch operiert wurde, ist
nicht geeignet. "Wichtig ist auch, dass jeder Teilnehmer offen ist für psychologische Methoden der
Schmerzbewältigung wie Entspannungstechniken und Verhaltenstherapie. "Ebenso legen wir
besonderen Wert auf die Teamfähigkeit der Patienten. Im Vordergrund des Programms steht nämlich
nicht die Einzelbehandlung, sondern die Therapie in der Gruppe", betont PD Dr. Shahnaz Christina
Azad, Oberärztin der Klinik für Anästhesiologie.
Körper und Geist
Das Ziel ist es zum einen, die Patienten wieder zu mobilisieren, sie aktiv werden zu lassen. Denn
mittlerweile steht für Mediziner fest: Wenn nicht akute Infektionen oder Wirbelbrüche vorliegen, ist
Ruhe bei chronischen Rückenschmerzen nicht die richtige Behandlung. Vielmehr sollte der Körper in
Bewegung bleiben, regelmäßig trainiert werden. Beim MRIP erhält jeder Patient Trainingsvorschläge
und bekommt gezeigt, welche Übungen für ihn sinnvoll sind und wie er sie effektiv und richtig
ausführen kann. Denn gut gemeintes, aber falsch ausgeführtes Training kann die
Rückenbeschwerden noch verstärken.
Individueller Trainingsplan
Bildunterschrift: Rückentherapie
Gemeinsam mit den Therapeuten erstellen die Patienten daher ihren eigenen, ganz auf ihre
Bedürfnisse und Beschwerden zugeschnittenen Trainingsplan. Dies können gymnastische Übungen
zuhause, Training im Fitness-Center oder im Schwimmbad (Vorteil: entspannende Wärme und wenig
Belastung im Wasser) sein. Und er bekommt Sportarten gezeigt, die ihm ebenfalls bei seinen
Rückenschmerzen helfen. Wichtig ist dabei, dass die Therapeuten ein Bewegungsprogramm mit dem
Patienten erarbeiten, das ihm auch Spaß macht, denn das beste Training nützt nichts, wenn man
keine Lust dazu hat.
Tipps zur Motivation
"Wer zu unserem MRIP kommt", so der Physiotherapeut Andreas Kutter "sollte auch bereit sein,
etwas für seinen Körper zu tun." Denn vielen Patienten fällt es schwer, regelmäßig - und darauf
kommt es an - Gymnastik oder einen anderen passenden Sport zu betreiben. Kutters Kollege
Alexander Cmrecnjak hat ein paar Tipps parat, den inneren Schweinehund zu überwinden:
Dem inneren Schweinehund Beine machen

Tun Sie sich mit anderen zusammen. In einer Gruppe trainiert es sich leichter und die
Mitglieder motivieren sich gegenseitig, um bei der Stange zu bleiben. Die Gruppe sollte
einen Plan aufstellen und sich regelmäßig zum Training treffen.

Versuchen Sie, die Übungen in den Alltag einzubauen. Erstellen Sie einen eigenen
Trainingsplan, an dem Sie ihre Übungen zeitlich festlegen.

Führen Sie ein Trainingstagebuch. Legen Sie zu Beginn des Trainings fest, was Sie
sich vornehmen wollen. Nach einer Woche können Sie jeweils abgleichen: Was habe ich
erreicht, was nicht? Für Alexander Cmrecnjak steht fest: "Wenn man es über einen längeren
Zeitraum siebenmal nicht schafft, sein Training zu leisten, ist das kein Problem. Umso mehr
sollte man sich dann über das erfüllte Pensum freuen und als Ansporn für weiteres Training
nutzen. 5x15 Minuten oder 3x30 Minuten pro Woche ist schon ein gutes Ziel."
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Falsches Training, richtiges Training
Den Physiotherapeuten am MRIP ist auch bewusst, dass viele Patienten, die ohne Anleitung mit Sport
beginnen, oft zu intensiv trainieren. Häufig werden dann einzelne Bauch- und Rückenmuskeln
einseitig belastet. Das Übungsprogramm in Großhadern ist daher darauf ausgelegt, den Patienten
dazu anzuleiten, eher weniger Übungen durchzuführen , diese aber dafür sorgfältiger und mit der
richtigen Körperhaltung, um Fehlhaltungen und damit erneute Schäden und Schmerzen zu vermeiden.
Wichtig ist auch, nicht nur einen Muskel bzw. eine Muskelpartie, sondern auch den entsprechenden
Gegenspieler-Muskel zu trainieren. "Letztlich", so der Therapeut Alexander Cmrecnjak, "ist die
Ursache von Rückenschmerzen ein Ungleichgewicht von Muskulatur, Bändern, Knochen und Sehnen.
Das Gleichgewicht muss wiederhergestellt werden, und daher sollte das Training möglichst
ausgewogen sein."
Das Training in MRIP ist daher so gestaltet, dass es nicht nur auf Kräftigung der Muskulatur
ausgerichtet ist, sondern auch auf Stabilisierung, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination des
gesamten Bewegungsapparates. Bei diesem Training lernen die Teilnehmer auch auf Muskeln zu
achten, die vielen unbekannt sind und die man in der Regel nicht spürt, geschweige denn bewusst
ansteuern kann.
Ganzkörpertraining
Beim Bauchmuskel-Training, bei Sit-Ups etwa, wird in der Regel die "globale" Muskulatur gestärkt.
Dies sind die Muskelpakete, die unmittelbar unter der Haut liegen, allgemein auch als Six-Pack- oder
Waschbrettbauch-Muskel bekannt. Wichtig sind jedoch auch die darunterliegenden Muskeln, etwa der
Musculus transversus abdominis. Dieser Muskel hat eine besondere Bedeutung als Stütze der
Wirbelsäule, da er diese in die Rumpfwand einbindet und damit eine Stabilisierung des Rumpfes
ermöglicht. Im Unterschied dazu ist die oberflächliche Bauchmuskulatur ("Six-Packs") für die
Beweglichkeit zuständig.
Das Problem: Der "Musculus transversus abdominis", wie ihn die Mediziner nennen, ist schwer zu
spüren und nur mit viel Übung anzusteuern. Beim MRIP erlernen die Patienten mit Hilfe von
Ultraschall über eine Rückmeldung (Biofeedback) die gezielte Ansteuerung und das Trainieren dieses
Muskels.
Leben mit dem Schmerz
Ein weiteres Ziel ist es, mit Hilfe von psychologischen Methoden den Schmerz zu bewältigen, damit er
das Leben der Patienten nicht zu sehr bestimmt und langfristig beeinträchtigt. Dazu müssen die
Patienten nicht unbedingt schmerzfrei werden, dies ist oft gar nicht möglich. Vielmehr sollen sie
lernen, mit dem Schmerz zu leben, ihn im Alltag zu bewältigen. Die Psychologen, Ärzte und
Physiotherapeuten versuchen, den Teilnehmern Möglichkeiten aufzuzeigen, wie ihnen trotz des
Schmerzes gelingen kann, wieder ein angenehmes und zufriedenes Leben zu führen. Dabei kommen
unter anderem die "Progressive Muskelrelaxation" nach Jacobson (PMR) und das Genusstraining
(Euthymes Verfahren von griechich "eu" = gut; "thymos" = der Sinn) zum Einsatz.
Bei der PMR spannt der Patient einzelne Muskeln bewusst an, hält die Anspannung und lässt
anschließend den Muskel wieder bewusst entspannen. Der Patient soll sich dabei auf die jeweilige
Erfahrung konzentrieren, die eigene Atmung beobachten - "eine Reise durch den eigenen Körper
machen". Durch gezieltes Anleiten bringen die Psychologinnen Jessica Liermann-Schwarz und
Susanne Eckl den Teilnehmern auf diese Weise bei, sich selbst in etwa 20 bis 30 Minuten zu
entspannen. Eine Technik, die sie später auch alleine zuhause durchführen können. Für die Fachleute
vom MRIP sind solche Techniken oft entscheidend, da viele Patienten es verlernt haben, sich zu
entspannen. Viele Rückenschmerzen entstehen aber gerade durch Muskelverspannungen, oft auch
hervorgerufen durch Stress oder durch die Schmerzen selbst.
Eine zweite psychologische Methode ist das Genusstraining. Dies ist kein esoterischer
Schnickschnack, sondern ein anerkanntes verhaltenstherapeutisches Verfahren. Die Patienten lernen,
genussvolle Sinneserfahrungen im Alltag wieder bewusster wahrzunehmen. Dadurch sollen sie
langfristig wieder mehr Lebensfreude entwickeln. Zum Beispiel erleben die MRIP-Teilnehmer
bestimmte angenehme Düfte, die sie mit positiven Gefühlen, Erlebnissen oder Vorstellungen in
Verbindung bringen sollen. Oft bestimmt der Schmerz bei Rückenpatienten das ganze Leben, den
gesamten Alltag. Der Schmerz führt zu Niedergeschlagenheit, nicht selten sogar zu Depressionen.
Das Ziel des Genusstrainings ist es, den Patienten wieder einen Zugang zu angenehmen
Gefühlszuständen und somit eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen.
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Die Patienten erhalten aber auch noch andere Tricks und Techniken, um den Schmerz zu lindern, zu
bewältigen oder zu verarbeiten. Eine technische Möglichkeit ist die TENS, die Transkutane elektrische
Nervenstimulation. Dabei werden Elektroden auf die Haut der schmerzenden Rückenpartien
aufgeklebt. Über die Elektroden wird ein schwacher Reizstrom auf die Haut übertragen. Das ist nicht
schmerzhaft, der Patient verspürt nur ein Kribbeln oder leichtes Klopfen. Die Stärke des Reizes kann
der Patient über das etwa handgroße Gerät, das er auch mit nach Hause nehmen kann, selbst
einstellen. Durch das Kribbeln wird der Rückenschmerz überlagert, die Schmerzweiterleitung entlang
der Nervenbahnen zum Gehirn wird verringert. Man geht davon aus, dass TENS die körpereigenen
schmerzhemmenden Mechanismen aktiviert.
Hilfe zur Selbsthilfe
Auch altbewährte physikalische Maßnahmen wie Kneipp'sche Güsse, Wärmeanwendung oder
Eigenmassage werden den Teilnehmern vom Masseur Volker Wander vermittelt, da sie diese
Maßnahmen einfach in ihrem Alltag ergänzend einsetzen können.
Rückenschule
Wichtig ist auch die sogenannte Rückenschule. In der Tagesklinik in München-Großhadern lehren die
Ergotherapeuten, wie man beispielsweise Wasserkästen richtig hebt (mit geradem Rücken, aus der
Hocke) , die Spülmaschine ein- und ausräumt (zum Beispiel mit abgestützten Armen), ins Auto steigt
(mit dem Gesäß zuerst und dann die Beine eindrehen), richtig bei der Küchenarbeit steht (mit
Ausfallschritt und an der Arbeitsplatte abgestützt; Arbeitsplatte hoch genug, so dass kein Rundrücken
entsteht) und vor dem Computer sitzt.
Bildunterschrift: Ein richtig eingestellter Arbeitsplatz verhindert Rückenschmerzen.
Die richtige Sitzposition am Arbeitsplatz
Eine falsche Haltung in Alltagssituationen führt zu Verspannung und Haltungsschäden. Inzwischen ist
die neueste Erkenntnis aber auch, dass es keine einzelne korrekte Sitzhaltung gibt. Ärzte empfehlen
heute, die Sitzposition häufig zu wechseln - von der aufrechten Haltung auch mal in eine entspanntere
Haltung .Moderne Bürostühle etwa haben eine flexible Lehne, die auf die individuellen Bedürfnisse
eingestellt werden kann. Wichtig ist, dass die Lehne den Rücken stützt und seiner Form angepasst
werden kann, beispielsweise durch eine Auswölbung im unteren Lendenwirbelbereich, der LordoseEinstellung.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Sitzhöhe richtig ist, die Füße entspannt auf dem Boden sind,
während der Rücken in seiner gesamten Länge der Lehne anliegt. Bei der richtigen Sitzhaltung
können auch beide Unterarme entspannt auf dem Tisch liegen, wenn sie zum Oberarm in einem
Winkel von etwa 90 Grad sind.
Ein Computermonitor sollte in direkter Linie vor dem Kopf sein, nicht seitlich, und er so eingestellt sein,
dass der Kopf nicht nach unten gesenkt oder nach oben gehoben werden muss. Moderne Monitore
sind entsprechend verstellbar. Notfalls hilft auch eine Unterlage.
All dies üben und trainieren die MRIP-Teilnehmer unter Anleitung durch den Ergotherapeuten Stefan
Erhard - eine Hilfe, um den Alltag zu bewältigen, eine Anleitung zur Selbsthilfe.
Links:
Das MRIP ist ein Programm der interdisziplinären Schmerzambulanz, die gemeinsam von den
Kliniken für Physikalische Medizin und Rehabilitation und für Anaesthesiologie geleitet wird. Die
Oberärzte Frau PD Dr. Azad (Anaesthesiologie) und Herr Dr. Kraft (Physikalische Medizin und
Rehabilitation) leiten das MRIP gemeinsam. Weitere Infos zu dem MRIP erhalten Sie
unter: reha.klinikum.uni-muenchen.de und: reha.klinikum.uni-muenchen.de/3...pdf
Auskunft und Anmeldung unter 089 / 7095 - 4464 (interdisziplinäre Schmerzambulanz, Klinikum
Großhadern)
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