Zeitungsartikel

Transcription

Zeitungsartikel
WIRTSCHAFT
Freitag, 12. August 2011
Rückgang
bei MediClin
Offenburg (dpa/lsw). Der bundesweit
tätige Klinikbetreiber MediClin, der seinen Sitz in Offenburg hat, verbucht im
ersten Halbjahr des aktuellen Geschäftsjahres bei einem leicht steigenden Umsatz
ein schlechteres Ergebnis als im Vorjahr.
Ausschlaggebend für diese Entwicklung
seien im Wesentlichen höhere Personalkosten gewesen. Der Aufwand stieg in diesem Bereich um 4,7 Millionen Euro.
Grund für die enorme Steigerung ist nach
Angaben der Klinikgruppe der höhere
Personalbedarf sowie Tariferhöhungen,
teilte MediClin mit.
Der Konzernumsatz des börsennotierten Unternehmens stieg im ersten Halbjahr leicht auf 242,9 (Vorjahreszeitraum:
241) Millionen Euro, das Betriebsergebnis
sank um 3,1 Millionen Euro auf 1,8 (4,9)
Millionen Euro. Für das Gesamtjahr geht
die Offenburger Klinikgruppe von einem
leichten Umsatzanstieg und einem Betriebsergebnis unter dem Vorjahresniveau
aus.
Im vergangenen Geschäftsjahr lag der
Gewinn bei 16,9 Millionen Euro, der Umsatz bei 487,2 Millionen Euro. MediClin
betreibt deutschlandweit 52 Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen mit rund
8 000 Betten. Der Konzern beschäftigt in
elf Bundesländern 8 200 Mitarbeiter.
Personalien
Axel Tausendpfund ist neuer hauptamtlicher Vorstand des Landesverbandes der
Eigentümerschutzgemeinschaft Haus &
Grund Baden mit Sitz in Karlsruhe. In der
Dachorganisation der badischen Haus-,
Wohnungs- und Grundeigentümer sind
rund 64 000 Mitglieder in 48 Haus &
Grund-Ortsvereinen in Baden zusammengeschlossen. Der 36-jährige Jurist folgt
dem im Februar verstorbenen Vorstand
Peter M. Hamm und übernimmt auch die
Leitung der Geschäftstelle in der Karlsruher Lessingstraße.
BNN
Düsseldorf/Essen/München (dpa). Der
Energieriese E.ON hat mit seinen Überlegungen zum Abbau von weltweit bis zu 11 000
Stellen Sorgen und Gegenwehr ausgelöst.
Nachdem die Gewerkschaft Verdi bereits Widerstand gegen die Sparpläne angekündigt
hatte, bedrängen jetzt auch Kommunalvertreter den Vorstand des größten deutschen
Energiekonzerns. Das Management informierte gestern die Mitarbeiter der Konzernzentrale in Düsseldorf und der Tochter Ruhrgas in Essen über die Hintergründe der Sparpläne. Heute sollen die Mitarbeiter Kraftwerke in Hannover informiert werden. Konkretes wird auch hier nicht erwartet.
Ausgabe Nr. 185 – Seite 7
Eine Herausforderung für den Gaumen
70 Experten testen derzeit in Karlsruhe Wein und Sekt für die bevorstehende DLG-Prämierung
Von unserer Mitarbeiterin
Ingrid Vollmer
Karlsruhe. Kann Wein nach Mäusekot
schmecken oder nach Geranien riechen? Er
kann. Bei der Bundesweinprämierung der
Deutschen-Landwirtschafts-Gesellschaft
(DLG) machen sich derlei Notizen auf den Bewertungsbögen nicht gut. Was wirklich guten
Wein oder Sekt ausmacht, stellen derzeit 70
Weinprüfer an sechs Tagen bei der DLGWeinprämierung in Karlsruhe fest. In dieser
dritten Prüfrunde des Jahres sind 2 600 Sekte
und Weine den kritischen Augen, Nasen und
Gaumen der Weinexperten ausgesetzt.
Ohne einen weißen Kittel kommt in diese
Veranstaltung keiner rein. Egal ob Prüfer, Organisator, Servierpersonal oder Gast – bei der
Weinprämierung im großen Seminarraum der
Karlsruher Raiffeisenakademie geht es fast
steril zu. Und für den ersten Moment auch geschmacks- und geruchsneutral. After Shave ist
genau so verpönt wie Kaugummi, weichge-
Äußere Einflüsse
werden ausgeschaltet
spülte Pullis oder Blumenschmuck. Alle sensorischen Einflüsse von außen werden ausgeschaltet.
„Der riecht buttrig, da hab ich einen Punkt
abgezogen“, sagt Barbara Roth, die zur Sektkommission gehört. Sie hat heute 50 Sekte und
Proseccos zu beurteilen und nimmt ihren Job
ernst: die 33-Jährige aus der Pfalz dreht das
Glas, riecht, nimmt einen Schluck in den
Mund, spuckt ihn in einen Eimer, überlegt und
fängt wieder von vorne an. Punkte von eins bis
fünf kann sie für Aussehen, Geruch, Geschmack und Typizität vergeben.
Die junge Winzerin, die ihren Diplom-Ingenieur in Weinbau hat, nimmt aus der Weinprüfung auch Anregungen mit. „Man kriegt einen
tollen Überblick über den Markt und wird
nicht betriebslind“, sagt sie. Die drei Kollegen
der Kommission diskutieren. „Käsig“, meint
da einer, oder „lahm, wenig ausgeprägtes Sortenaroma“ – die Experten kritisieren, sind sich
aber bei absoluten Spitzenprodukten ganz
schnell einig.
Während die Sektkommission „nur“ 50 Sorten am Tag verkostet, bekommen die Weinprüfer täglich bis zu 80 Weinproben vorgesetzt.
Eberhard Lang probiert gerade den 30. Dornfelder. „Der Gerbstoff belegt die Zunge und
man muss sich zum Schluss sehr konzentrieren“, meint der Kellermeister aus Württemberg. Seine eigenen Weine tragen bereits DLGMedaillen, jetzt wirft
er kritische Blicke auf
Rotweine, von denen
er nicht weiß, von
welchem Winzer sie
stammen.
„Ein ganz fetter
Riesling“, sagt gerade
Bruno Fuchs an einem
Weißwein-Tisch. Die
Gährung wird diskutiert und schließlich
eine
Silbermedaille
vergeben. Der nächste
Riesling
fällt
bei
Christoph Schüßler in
dieser Gruppe fast
durch. Der 31-Jährige EIN SCHARFES URTEILSVERMÖGEN und ausgeprägte Weinkenntnisse werden von den 70 Prüfern verlangt. Die Verkostung von
Foto: ivo
aus dem Rheingau ist bis zu 80 Weinen täglich ist auch für professionelle Weinprüfer anstrengend.
integriert werden“, erläuterte er. Dies könne
„gegebenenfalls auch zu einer räumlichen
Verlagerung führen und würde in Bezug auf
diese Aufgaben den Standort München der
dichtmachen. Das habe das Unternehmen E.ON Energie infrage stellen.“
gestern bei einer Veranstaltung vor Ort deutAuch in Essen, am Standort von E.ON
lich gemacht, sagte der bei der Gewerkschaft Ruhrgas, wurden Sorgen laut. Eine mögliche
Verdi zuständige Betreuer Jürgen Feucht- Schließung hätte gravierende Auswirkungen
mann in München. Details zu den Folgen für auf den Arbeitsmarkt in der gesamten Metrodie 400 Mitarbeiter habe es nicht gegeben.
pole Ruhr, erklärte die Direktorin des kom-
munalen Regionalverbandes Ruhr, Karola
Geiß-Netthöfel. Man werde das Gespräch mit
dem Vorstand suchen. Auch in Hannover ist
die Besorgnis nach Verdi-Angaben groß. „Es
wird wohl noch in der Schwebe bleiben, wie
viele Jobs wegfallen könnten“, sagte ein Vertreter der Gewerkschaft in Hannover.
Dienstleister MLP
wird stark belastet
Die Sparkassen
geben mehr Kredite
Wiesloch (dpa/lsw). Den Finanzdienstleister
MLP haben die Abfindungen im Zuge des
Stellabbaus auch in der Führungsetage im ersten Halbjahr stark belastet. Der Konzernüberschuss lag dadurch in den Monaten Januar bis
Juni nur bei 0,3 Millionen Euro nach 5,3 Millionen im Vorjahr.
Berlin (dpa). Die deutschen Sparkassen haben ihre Kreditvergabe an Unternehmen und
Selbstständige im ersten Halbjahr deutlich erhöht. Zugesagt wurden Darlehen im Volumen
von 32,5 Milliarden Euro, das waren 12,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie der Deutsche
Sparkassen- und Giroverband (DSGV) in Berlin mitteilte.
Im zweiten Quartal rutschte das Unternehmen sogar in die roten Zahlen. „MLP hat ein
erfolgreiches erstes Halbjahr absolviert“, sagte
der Vorstandsvorsitzende Uwe SchroederWildberg. „Dabei liegen wir sowohl bei der
Umsatzentwicklung als auch bei der Umsetzung unseres umfangreichen Investitions- und
Effizienzprogramms voll auf Kurs.“
Die scharfen Messer vom Neckar
Die Produkte der Manufaktur Friedr. Dick aus Deizisau sind in Küche und Schlachterei im Dauereinsatz
Von unserer Mitarbeiterin
Anna Schürmann
Deizisau (dpa/lsw). Scharf müssen sie sein
und durch Fleisch oder Gemüse nur so gleiten.
Messer, die aus der Manufaktur Friedr. Dick in
Deizisau (Landkreis Esslingen) kommen, liegen später meist in den Händen von Profiköchen oder Metzgern. „Vom Sternerestaurant
bis zur Betriebskantine, vom Metzger an der
Ecke, aber auch in der Industrie, wo im Akkord gearbeitet wird“, beschreibt Sprecherin
Claudia Scholz-Knobloch die Einsatzorte.
2 000 verschiedene Messer hat das Unternehmen im Angebot. Nur ein kleiner Teil geht an
ambitionierte Hobbyköche, ein Dick-Messer
ist selten im Einzelhandel zu finden. Die Firmengeschichte reicht bis ins 18. Jahrhundert
zurück. Noch heute sind die alten Gebäude der
Firma in Esslingen am Neckar zu erkennen –
von wo die Firma 1997 nach Deizisau zog. Der
Historie fühlt sich die Firma verpflichtet.
„Wir müssen einen anderen Qualitätsmaßstab erfüllen als Händler für Privathaushalte.
Profis haben einen anderen Anspruch als private Menschen, weil sie den ganzen Tag damit
arbeiten“, meint Scholz-Knobloch. Dennoch
wollen immer mehr Hobbyköche die gleichen
Messer wie ihre Vorbilder verwenden.
„Es gibt einen eindeutigen Trend zu den
hochwertigen Produkten, und davon profitiert
die Branche auch“, sagt der Geschäftsführer
des Industrieverbands Schneid- und Haushaltswaren (IVSH), Jens-Heinrich Beckmann.
Vor allem Männer hätten nichts dagegen, ein
paar Euro mehr auszugeben. „Das ist wie früher bei den Bohrmaschinen. Die können nicht
teuer genug sein.“
Einige Produktionsschritte sind bei Dick
heute noch Handarbeit. Arbeiter sitzen an funkensprühenden Schleifmaschinen oder richten
die Messer nach dem Härten per Hand. „Das
Messer ist kein Produkt, das man automatisieren kann“, ist sich Geschäftsführer Wilhelm
Leuze sicher. Nichtsdestotrotz sitzen den Men-
EINEN WETZSTAHL für die GEFERTIGTEN Präzisionsmesser präsentiert in der Endfertigung der Manufaktur Geschäftsführer Wilhelm Leuze. Die Firmengeschichte des Traditionsunternehmens reicht bis in das 18. Jahrhundert zurück.
Foto: dpa
schen in der Messer-Manufaktur auch häufiger
einem Roboter gegenüber.
Er habe zu den scharfen Messern auch schon
Pflaster verschenkt, erzählt Produktionsleiter
Richard Vater. Früher waren die Messer aus
Carbonstählen – noch schärfer und dünner,
dafür rosteten sie schneller. Heute wird rostfreier Stahl verwendet. Hierfür seien die Preise
in den vergangenen Jahren allerdings stark gestiegen, sagt Vater.
Auch Nickel, der für die Legierung der Messer wichtig sei, sei teurer geworden, fügt Beckmann vom IVSH hinzu. Die Rohstofffrage
stellt sich also wie in anderen Branchen auch.
Dick steht in Konkurrenz zu anderen Marken-
zwei Stunden Mittagspause machen darf.
Rasch tauscht sie die weingeschwängerte Luft
des Prüfraums mit der frischen im Garten.
Trockenes Brot neutralisiert ihren Gaumen,
der bald schon wieder herausschmecken muss,
ob der Sekt vielleicht doch einen Geranienton
hat oder eher zu grobperlig für eine Silbermedaille ist.
Neben den DLG-geprüften Experten gibt
es auch Gastprüfer,
denen die letzten
„Weihen“ samt Prüfpass noch fehlen. Ihre
Punktevergaben zählen für die Wertungen
nicht, werden aber
kritisch von der DLG
analysiert. DLG-Projektleiter
Benedikt
Bleile sieht auf Auswertungsprotokollen
genau, wenn einer der
Prüfanwärter mit den
Beurteilungen völlig
danebenliegt. „Auswertungsbögen gibt es
von jedem Prüfer“,
sagt Bleile. „So sehen
wir ständig, wo es
Diskrepanzen gibt.“
Zwei
Prüfbevollmächtigte
können
dann notfalls regulierend eingreifen.
Große Sorge
an E.ON-Standorten
Ein E.ON-Sprecher sagte zu der VerdiDarstellung hingegen, zur Münchner Zentrale seien bisher keine Entscheidungen getroffen worden. „Nach ersten Vorüberlegungen
zu möglichen Strukturmaßnahmen könnte
Nach Verdi-Angaben will E.ON die Zent- die Führung des Geschäfts in Deutschland in
rale der Tochter E.ON Energie in München geeigneter Form in das Group Management
schon zum vierten Mal als Prüfer mit dabei
und vergibt hier nur 2,9 Punkte. Auch wenn
Schüßler bereits leicht gerötete Wangen hat,
hat er bislang noch keinen Tropfen wirklich
geschluckt. „Wir haben schon Alkoholkontrollen durchgeführt, und keiner hatte mehr als 0,5
Promille“ sagt Benedikt Bleile. Barbara Roth
ist dennoch froh, als sie nach 25 Sektproben
anbietern wie die Solinger Zwilling J.A. Henckels und Wüsthof oder Giesser in Winnenden.
Deutschland sei zwar immer noch der größte
Messerproduzent in Europa, zahlenmäßig ist
die „Konkurrenz aus Fernost“ den hiesigen
Unternehmen aber mittlerweile weit überlegen, wie Beckmann erklärt.
In der Gemeinde am Neckar ruht das Geschäft auf drei Säulen. 70 Prozent des Umsatzes machen Messer und Wetzstähle aus, 20
Prozent Feilen und Raspeln. Rund zehn Prozent werden mit Spezialwerkzeugen erzielt,
zum Beispiel für die Klauenpflege bei Tieren
oder mit Werkzeugen für Uhrmacher oder
Goldschmiede. 2010 setzte Dick 32 Millionen
Euro um. 160 Mitarbeiter sind in Deizisau,
weitere 80 auf eine Zweigstelle in Bayreuth
und Vertriebsniederlassungen in den USA, Italien und Frankreich verteilt.
40 Prozent Marktanteil habe Dick im Profimarkt bei Kochmessern, bei Fleischermessern
komme man auf 30 Prozent, erklären die Manager. 1,5 Millionen Messer verkauft die Manufaktur im Jahr, hinzu kommen bis zu
250 000 Wetzstähle. Über die Hälfte findet den
Weg in den weltweiten Export. Ein Wetzstahl,
der Stab, an dem Köche und Metzger ihre Messer wetzen, wird bereits seit dem 19. Jahrhundert hergestellt. „Den findet man in nahezu jeder Metzgerei“, erklärt Scholz-Knobloch.
Damit standen Unternehmen und Selbstständige bei Sparkassen mit insgesamt 322,3
Milliarden Euro in der Kreide. Das entspricht
einer Zunahme um 5,3 Milliarden Euro. Zugleich reduzierten die Unternehmen ihre ständig verfügbaren Guthaben um zwei Milliarden
Euro für Investitionen.
Bessere Chancen
für junge Menschen
Wiesbaden (dpa). Junge Menschen haben es auf dem deutschen Arbeitsmarkt
leichter als die meisten ihrer Altersgenossen im brodelnden Europa. Im Juni waren
hierzulande 430 000 Menschen im Alter
zwischen 15 und 24 Jahren erwerbslos,
wie das Statistische Bundesamt gestern in
Wiesbaden mitteilte. Deutschland lag mit
einem Prozentsatz von 9,1 Prozent damit
nicht nur deutlich unter dem EU-Schnitt
von 20,5 Prozent. Es war auch gemeinsam
mit Luxemburg das einzige Land, in dem
die Situation besser war als vor der Wirtschaftskrise in den Jahre 2008/2009. Im
April 2008 hatte die Quote in Deutschland
10,7 Prozent betragen und in Europa 15,1
Prozent.
Bessere Aussichten auf Jobs als in
Deutschland hatten lediglich junge Menschen in den Niederlanden (7,1 Prozent
Erwerbslose) und in Österreich (8,2 Prozent). Nach den EU-weit erhobenen ILOVergleichszahlen waren die Chancen in
den Euro-Krisenländern Spanien (45,7
Prozent Erwerbslose) und Griechenland
(38,5 Prozent, Wert von März 2011) am
schlechtesten.
In diesen Ländern hat sich die Situation
in Folge der Krise besonders dramatisch
verschlechtert, es gab etliche Proteste der
jungen Bürger. In dem aktuell von Unruhen erschütterten Großbritannien registrierten die Statistiker für den April 2011
eine Jugenderwerbslosenquote von 19,6
Prozent.
Dennoch ist die Situation junger Arbeitssuchender in Deutschland nicht ungetrübt. Sie sind häufiger erwerbslos als
die Gesamtheit der Bevölkerung im Alter
zwischen 15 und 74 Jahren (Quote: 6,1
Prozent). Sie sind zudem wesentlich häufiger nur befristet angestellt. Nicht als erwerbslos gelten Auszubildende, Schüler
und Studenten.