Karriere entlang der Firmenphilosophie - neue

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Karriere entlang der Firmenphilosophie - neue
PERSONALITY
Karriere entlang der
Firmenphilosophie
Mathias Schliep, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Thimm im Personality-Portrait |
Nein, die Kommunikationstechnik-Designer bei Nokia und Co haben in ihm keinen Anhänger
gefunden. GPS, Handy-Web, Terminkalender, Fotoapparat oder MP3-Musikmaschine gehen an
ihm vorbei. Mathias Schliep reduziert das mobile Telefon auf die schnörkellose Funktion, für die
es erfunden wurde. Trotz der Ablehnung dieser Kommunikations-Schnickschnacks: Die Welt
des Verpackungsmanagers ist zukunftsgerichtet, wie die Strategie des Familienunternehmens,
mit dessen Namen seine Karriere dauerhaft verknüpft ist. Die berufliche Karriere des Göttingers
verbindet sich ausschließlich mit dem Northeimer Verpackungskonzern Thimm.
ebenfalls
schweizerischen
Business
School in St. Gallen unterstreichen die
strategische Ausrichtung der Ausbildung.
Nach seinem Studium arbeitete Mathias Schliep zunächst als Verkaufsleiter für
Spezialprodukte in Europa. Es folgt die
Verantwortung für den Aufbau des Key
Account Managements. Im Jahr 1994
übernimmt Schliep die Vertriebsleitung
und zieht in der Geschäftsleitungsetage
ein. Im Rahmen des Supply Chain Managements verantwortet er zusätzlich den
Aufbau neuer Dienstleistungsfelder.
Seit 1999 in der Geschäftsführung
Mathias Schliep und sein Credo für die Verpackung: „Weniger ist oft mehr.“
S
chliep, im Juni 1962 geboren und
verheiratet, arbeitet seit 23 Jahren
für die Niedersachsen. 1982 beginnt er nach dem Abitur am Corvinianum im Northeim eine Ausbildung zum
Industriekaufmann. Der Ruf des Unternehmens, die Qualität der Ausbildung
und die internationale Ausrichtung sind
Gründe für den Einstieg beim Wellpappenhersteller. Offen bekennt Mathias
Schliep, dass Wellpappenprodukte anfangs zweitrangig waren. Die inneren
Werte, wir erinnern, damals punktete
Unternehmenskultur beim Image, gaben
den Ausschlag. Dabei gilt Thimm als einer
der Verpackungs- und Displayanbieter,
der frühzeitig den Markenwert und die
Werbewirkung der Umverpackung propagierte. Farbe ist auch heute noch nicht
144]neue verpackung 9.2006
Standard in der Wellpappe. Aber sie ist
auf dem Weg dorthin und Thimm kann
sich als einer der Schrittmacher bezeichnen. Der Ausbildung schließt sich eine
Außendiensttätigkeit für die Northeimer
in Süddeutschland an. Der deutschen
Provinz folgt allerdings bald die extrem
marktorientierte Welt der Amerikaner
mit einem Studium an der Virginia Commonwealth University in Richmond. Es
findet sein Ende mit dem Abschluss als
Bachelor of Science, Business Administration & Management. Die Studienschwerpunkt Strategie und Marketing
passen haargenau ins Unternehmenskonzept daheim.
Auch die spätere Weiterbildung am
IMD, International Institute for Management Development in Lausanne und der
Seit Januar 1999 ist Mathias Schliep Geschäftsführer der Thimm Verpackung
GmbH + Co. und in dieser Funktion auch
Sprecher der Geschäftsführung. Im Mai
2000 schussendlich folgt die Ernennung
zum Vorsitzenden der Geschäftsführung.
Er ist seitdem gesamtverantwortlich für
die Unternehmens-Gruppe. Mit zehn
Standorten und einem geplanten Umsatz
von mehr als 250 Mio. Euro in diesem
Jahr ist Thimm heute die Nummer vier
der deutschen Wellpappen-Industrie.
Neben der Verpackung sind Displayherstellung, Druck, Serviceleistungen und
Consulting kleinere, aber beachtete Sparten, des Unternehmensverbundes. Dies
alles rangiert unter der phantasiebesetzten Dachmarke „The Highpack Company“ und schließt Vertriebsallianzen mit
britischen und spanischen Partnern ein.
Um den Erfolg der Gruppe mit dem Namen Schliep zu verbinden, hilft ein Blick
in die Bücher: Von 1999 bis 2005 ist der
Umsatz bei Thimm um 60 Prozent gewachsen. Fast alle deutschen Wellpappenhersteller schreiben zwar eine beach-
PERSONALITY
Fragen an Mathias Schliep
Wer oder was hat ihr Interesse an der
Verpackung geweckt?
Nach dem Abitur habe ich mich bei
Thimm Verpackung um eine Ausbildungsstelle zum Industriekaufmann
beworben. Schon damals war die Firma bekannt für eine sehr gute Ausbildung mit internationaler Ausrichtung.
Das war mir wichtig. Von Anfang an
war ich von dem Familienunternehmen – der Modernität, dem Arbeitsklima, den Menschen und den Werten
hier – begeistert. Das Produkt kam zunächst an zweiter Stelle – bis ich selbst
in den Vertrieb ging und den Spaß an
den vielseitigen Einsatzmöglichkeiten
von Verpackungen aus Wellpappe und
den unterschiedlichen Kunden quer
durch alle Branchen entdeckte.
Welche
verpackungstechnischen
Leistungen bewundern Sie besonders?
Generell bewundere ich innovative Lösungen, bei denen mit immer geringerem Material- und Ressourceneinsatz
immer bessere technische, gestalterische und logistische Ergebnisse möglich sind – ich sehe fast jeden Tag neue
Ideen zu den unterschiedlichsten, kundenindividuellen und branchenspezifischen Problemstellungen in unseren
diversen Entwicklungsabteilungen.
Drei Dinge, auf die Sie prima verzichten
können?
Handys, mit denen man mehr als nur
telefonieren kann, Zahlen, die sich nur
mit der Vergangenheit beschäftigen
und Menschen, die nicht ehrlich sein
können.
Wer oder was bewegt Sie nach
Büroschluss am meisten?
Zurzeit die tolle Leistung und Motivation der Handwerker, die unser gerade
erworbenes, altes Haus renovieren und
meine Frau, die das alles großartig koordiniert!
Welchen Missstand in Markt, Technik und
Gesellschaft würden Sie am liebsten auf
der Stelle ändern?
Ob in der Politik, in Unternehmensprozessen oder bei uns selbst: Zu oft wird
die Verantwortung für das Nicht-Handeln, Nicht-Können, Nicht-Ändern bei
anderen, im System oder beim Staat
gesucht. Ich bin für deutlich mehr
Selbstverantwortung und Veränderungsbereitschaft in unserem grundsätzlichen
Dasein und in unserem Sozialstaat. Denn
das ist die Basis dafür, dass Neues entstehen kann. Und ich bin gegen Versprechen, von denen wir heute bereits wissen, dass wir Sie morgen nicht halten
können.
1 Buch, 1 CD, 1 Film: Was mögen Sie nicht
missen?
Den Film: „Dead Poets Society / Der Club
der toten Dichter“ in der Regie von Peter
Weir.
Im Autoradio höre ich am liebsten...
...Nachrichten.
Mit ausreichend Geld würde ich sofort ein
Bild/eine Skulptur kaufen von...
...Christo.
Am liebsten das Bild/die Skulptur mit dem
Titel...
...“Der letzte hunt“. Ein Grubenwagen,
der nach der letzten Fahrt im Bergwerk
Rammelsberg/Goslar von Christo eingepackt wurde und heute dort im Museum
als Symbol für das Ende des einst sehr bedeutenden Bergbaus im Harz steht.
Sänger, Musiker, Schauspieler, Performer,
Aufführungen oder Sportler: Wen möchten
Sie noch unbedingt live erleben?
Heinz Erhardt hätte ich gern einmal live
gesehen. Da das leider nicht mehr möglich ist, eine Wagner-Oper in Bayreuth.
Sportler und Sportarten, die ihre besondere
Aufmerksamkeit verdienen?
Ich bin von denen begeistert, die weder
durch Sponsoren begleitet werden noch
im Rampenlicht stehen und dennoch immer wieder die eigene Motivation zu persönlichen Höchstleistungen oder zu
Teamerfolgen entwickeln.
Treiben Sie Sport zum Ausgleich?
Ich bin auf Jogging-, Ski- und Tennisschuhen und meinem Tourenrad so oft es
geht unterwegs – auch zum Ausgleich für
den „Kochsport“ dem ich gerne fröne.
Auf meinem Nachttisch liegt gerade das
Buch mit dem Titel/Autor....
...“Achtung! Vorurteile“ von Peter Ustinov.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Es gibt auch ein Leben vor dem Tod.
Wenn ich umsiedeln müsste, dann...
...auf eine Nordseeinsel oder an die nördliche Ostküste der USA.
Drei Dinge, die ich noch unbedingt
erledigen möchte...
...geschäftlich: weiterhin unsere spannenden strategischen Ertrags- und
Wachstumsziele in der Thimm Gruppe
zu erreichen,
...persönlich: mir weiterhin Zeit für die
Pflege meiner für mich wichtigen
Freundschaften zu nehmen und eine
Schiffsreise von Seattle nach Alaska.
Was, glauben Sie, schätzen Ihre Kollegen
besonders an Ihnen?
Dass ich den Humor nie verliere.
Und mit was gehen Sie Ihnen besonders
auf den Wecker?
Mit meiner Ungeduld.
Besonders kreativ im Büro werde ich...
...wenn ich unter Druck stehe.
Welche verpackungstechnische Denkrichtung sollte unbedingt weiter verfolgt
werden?
Weniger ist oft mehr – dies gilt sowohl
für den intelligenten Einsatz von Materialien wie auch für die gestalterischen
Elemente der Verpackung.
Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Fehlentwicklungen bei der Verpackung denken?
Das Zwangspfand für Einweg-Getränkeverpackungen – ökonomischer Unsinn, ökologisch höchst fragwürdig,
eben nur politisch motiviert, ohne
Blick über den Tellerrand – beispielsweise auf das europäische Umfeld.
Welche Rolle ordnen Sie der Verpackung
in der Wirtschaft zu?
Ohne die Verpackung – hier im Besonderen auch die aus Wellpappe – gäbe es
keine modernen Warenwirtschaftssysteme, von denen Menschen in allen
Regionen der Welt und aus allen
Schichten der Bevölkerung hinsichtlich ihrer Erzeugnisse und Entwicklungen profitieren. Diese beeinflussen
deutlich ihre Ernährung, Gesundheit
und auch ihren Lifestyle. Somit ist die
Bedeutung für alle, die an der Wertschöpfungskette vom Rohstoff zum
Endprodukt beteiligt sind, wirtschaftlich enorm hoch.
tenswerte Mengenkonjunktur. Die Umsatzsteigerungen lassen aber in den Augen von Branchenbeobachtern zu wünschen übrig. Da ist dieses Wachstum
durchaus als eigener Wert zu betrachten.
Mathias Schliep betrachtet ihn als „spannend“ Der Erfolg kommt nicht von irgendwo her. Die Arbeit des – manchmal
ungeduldigen – Managers schließt den
Willen zur ständigen Veränderung und
Anpassung ein. Das ist etwas, was er auch
in der Gesellschaft sehen möchte: „Ich
unterstütze deutlich die Selbstverantwortung. Sie ist die Basis, auf der Neues
entstehen kann.“ Bernd Waßmann
146]neue verpackung 9.2006
Bereits in dieser Reihe erschienen: Bernd Jablonowski (5/06), Dr. Kristina Stabernack (6/06),
Hans-Georg Böcher 7/06), Dr. Thomas Cord (8/06)