Rügen. - MARRIAGE

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Rügen. - MARRIAGE
Rügen.
Wir sind Insel …
… Leinen los zu maritimen Abenteuern.
www.rügen.de
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Wir sind Freiheit.
Willkommen auf der Insel Rügen.
Wir sind Ostsee. Wir sind 574 km Küste, moderne Marinas, pulsierende Seebäder, weltberühmte Aussichten und
traumhaftes Segelrevier. Wir sind Tradition. Wir sind
Bootsbau in Vollendung - ob traditionell oder High-Tech,
formvollendet und individuell. Wir sind Bewegung.
Wir sind Wassersport in allen Facetten, atemberaubende Surf-
und Kitespots mit idealen Wasser- und Windbedingungen.
Wir sind Entspannung. Wir sind offenes Meer, stiller
Bodden, verträumte Fischerdörfer, Hering im März, Hornfisch
im Mai und eines der besten Lachsreviere Europas.
Wir sind Ihr Urlaubsziel.
Sechs Geschichten von Abenteuer und Freiheit.
www.wirsindinsel.de
4 - 7 Ein Törn durch das Sehland | Segeln
8 - 11 12 - 15 Der Flug über das Meer | Katsegeln
16 - 21 Der Alchimist von Posewald | Bootsbau
22 - 25 Impressionen einer Paddeltour | Kajak
26 - 28 Drachenstark im Wind | Kitesurfen
29 30 - 33 Kampf der Giganten | Angeln
34- 35 Ein Segeltörn in die South Coast Baltic | Logbuch
Die Kutschen der Seebarone | Zeesbootsegeln
Interview | Windsurfen
Impressum
Herausgeber Tourismuszentrale Rügen GmbH, Geschäftsführer
Kai Gardeja (V.i.S.d.P.), Ringstraße 113-115, 18528 Bergen auf Rügen
Fon + 49 (0) 38 38 | 80 770 Fax + 49 (0) 38 38 | 254 440
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Kataloge, Information & Buchung
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Konzept und Gesamtherstellung Tourismuszentrale Rügen
GmbH Gestaltung Kommunikationsdesign Björn Hinze
Fotos Florian Melzer, Thomas Klatte, istockphoto@mbbirdy
Telefon
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Autoren Maik Brandenburg [MB], Gudrun Krüger [GK]
Druck rügendruck GmbH putbus
Gedruckt auf
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Ein Törn durch das Sehland | Segeln
Ein Törn durch
das Sehland
S
Man könnte die Szenerie für das Bild
eines von der Natur berauschten
Schwärmers halten. Nichts ist
eben romantischer als die Wirklichkeit
anft schlagen die Wellen an das Boot, der
Wind trägt den Geruch
von Ostsee und Ferne mit sich und kräuselt das grünblauschwarze Wasser. Die Brise streichelt die Segel unseres Folkeboots, gemächlich rauscht es übers Wasser.
Steuerbord, im Hafen von Lauterbach, schaukeln die
Masten anderer Segelschiffe, von Backbord grüßt die
Insel Vilm. Ihr gegenüber erheben sich die Bäume des
Hochwaldes von Goor. Im Laub, in den Baumhöhlen
der uralten Gehölze leben Schwarzspechte, Waldkäuze,
manchmal kreisen Seeadler hoch darüber. Nicht viel,
meint man, und die Goor und der Vilm können die Wipfel ihrer Bäume zu einem riesigen, grünen Dach vereinen. Wie durch einen Park gleitet das Boot durch dieses Ensemble, Kurs Gustow. Rund 40 Seemeilen über
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den Greifswalder Bodden,
entlang eines grandiosen
Ufers: Kleine Sandstrände
wechseln sich ab mit Mini-Kliffs, Bäume greifen mit
ihren Ästen ins Meer, Buchten voller Schilf, aus denen
Wildenten fliehen. Das „Gelbe Ufer“, das so heißt, weil
die Sonne sein Steilufer wie Gold erstrahlen lässt. Dann
Palmer Ort, der „Südpol“ Rügens, ein paar Schläge weiter der Fähranleger von Glewitz. Das Boot fährt in den
Strelasund, in der Ferne sieht man die Silhouette der
Ziegelgrabenbrücke. Weiter geht es entlang der einst
trocken gefallenen Puddeminer Wiek, dann die Gustower Wiek, in denen bereits Silberreiher durchs Seichte
waten, nahe bei der Gustower Werder mit seiner seltenen Seeschwalbenkolonie. Beinahe atemlos stehen wir
an der Reling und mögen den Blick nicht abwenden,
Aquarell Die untergehende Sommersonne taucht
den Hafen von Gustow in ein malerisches Licht
aus Angst, etwas zu verpassen. Auf gerade ein paar
Meilen zeigt sich, was die Insel Rügen so einzigartig
macht: ihre ungeheure Vielfalt, die sich erst recht vom
Wasser aus erschließt. Andere Gegenden an der Ostsee
mögen mehr Küstenlinie haben, doch nirgends gibt sie
sich so abwechslungsreich wie hier. Die Buchten, die
bewaldeten Ufer, die idyllischen Fischerdörfer, die Kreidefelsen, die kleinen und großen Sandstrände – Rügen
ist See- und Sehland, in dem nur, im wahrsten Sinne
des Wortes, Wasser, Wind und Vögel den Ton angeben.
Während an der westlichen Ostsee oder in der Dänischen Südsee ein Verkehr wie auf der Straße herrscht,
ist man vor Rügen selbst zur Hochsaison allein mit der
Stille und dem wunderbaren Schauspiel der Natur.
Einfahrt in den Naturhafen von Gustow. Hier riecht das
Meer nicht nach Tang, sondern nach Braten. Ein knusp-
riges Wildschwein brutzelt am Spieß, vom kleinen Lokal nahebei klimpert eine Bluesband. Im Hafenbecken
dümpeln zahlreiche Yachten, mit und ohne Segel. Fische springen nach Mücken, Schwalben kreisen knapp
überm Wasser und machen ihnen die Beute streitig.
Das späte Licht dieses Tages glitzert an den Rümpfen
der Boote, es spiegelt sich in den Wellen. Schwermütige Musik, leckeres Essen und eine goldene Abendsonne, die hinter die grünen Wipfel der Gustower Wiek fällt
– man könnte die Szenerie für das Bild eines von der
Natur berauschten Schwärmers halten. Nichts ist eben
romantischer als die Wirklichkeit.
Seit zweieinhalb Jahren, dem Winter 2011, gibt es den
Naturhafen Gustow erst. Doch schon jetzt ist er so etwas wie ein Geheimtipp unter den Skippern.
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Ein Törn durch das Sehland | Segeln
„Manche kommen am Wochenende extra aus Stralsunder
Yachthäfen und legen bei uns an. Dann sind sie einfach
hier, liegen auf dem Sonnendeck und genießen die
wundervolle Stimmung“, sagt Portmeister Christian
Rahtleff. Einige vertäuen ihr Schiff auch für länger: Bereits jetzt sind viel mehr Dauerlieger zu verbuchen als
anfangs zu erwarten war. „Ein Dauerlieger aus Leipzig
hat sich sogar entschlossen, ganz nach Rügen zu ziehen“, erzählt der Hafenchef, „Der kündigte Wohnung
und Arbeit und kommt jetzt her.“
Ein Port, der Leben umkrempelt. Allerdings schafft
er das nicht alleine. Es liegt auch an der Umgebung
ringsum. Sanfte Fahrradwege führen übers Feld nach
Altefähr; kleine, gut begehbare Pfade machen Spa-
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ziergänge durch die Wäldchen zum tatsächlich reinen
Vergnügen. Dazu kommen die stillen, schilfbewachsenen Buchten der Gustower und Puddeminer Wiek. Aus
ihnen steigen immer mal Kormorane und Fischreiher
und eben auch die Silberreiher, die in der Region sonst
kaum zu finden sind. Im nahen Prosnitz nistet ein Seeadlerpärchen und unter den Bootsstegen die flinken
Uferschwalben. Ein Wellenbrecher am Hafeneingang
sorgt dafür, dass die Hechte und Barsche in Ruhe gedeihen. Auch wegen der Aussicht auf die fetten Fänge seien die Vögel hier. Christian Rahtleff meint sogar, dass
ihre Anzahl zugenommen hat, seit es den Hafen gibt.
Dabei gab es anfangs Befürchtungen gegenteiliger Art.
Seinerzeit erwarteten einige durch den Bau im Naturschutzgebiet Auswirkungen auf Fauna und Flora der
Gegend. „Die Ängste haben sich nicht bewahrheitet,
auch wegen der strengen Auflagen der Behörden, die
wir erfüllen“, sagt Rahtleff, der sich eigens für seinen
Hafenjob zum Naturschutzwart ausbilden ließ. Nicht
umsonst ist der Naturhafen Gustow zum Europäischen
Vogelschutzgebiet erklärt worden.
Hafenmusik Zum „Wilden Grillen“ in Gustow
spielt eine Bluesband auf. Ansonsten gibt hier
die Natur den Ton an
Wieder läuft ein Schiff ein. Es ist ein größerer Pott. Er
hat kein Problem mit dem Tiefgang. Gustow war schon
zu DDR-Tagen gut ausgebaggert, hier schlug die Marine ihre Panzer um. Den nächsten Hafen, der größere
Boote aufnehmen kann, gibt es erst in Lauterbach, dem
Ausgangspunkt unseres kleinen Törns. Dort, in der Wasserferienwelt „im jaich“, ist der wohl beste Seglerhafen
der Insel. Er entstand nach der Wende und gehört mittlerweile zu den größten Yachthäfen der Region.
Ein Pärchen, auf Tour rund um Rügen, springt von Bord
und hält die Nasen hoch. „Riecht es hier nach Wildschwein?“, fragen sie verwundert. Sie riechen richtig.
Und eine dicke Scheibe ist sogar noch übrig. [MB]
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Die Kutschen der Seebarone | Zeesbootsegeln
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Die Kutschen
der Seebarone
Ihre braunen Segel sind die Markenzeichen
der Zeesboote. Nur noch ein paar fahren in Rügens Gewässern. Erinnerung an eine ferne Zeit
W
er fürchtet sich vorm schwarzen Mann? Für die
Kinder um Stralsund, die so schon vor hundert
Jahren riefen, war das nicht nur ein Spruch. Sie wussten genau: Ihr schwarzer Mann hieß Johannes Kröger.
Der Fischer mit dem Walrossbart trug stets eine Melone, und sein Gesicht sei tiefdunkel gewesen vom Teer
- pechschwarz wie sein Zeesboot. Hannes Kröger, den
alle nur „Schwart Johann“ riefen, ist längst tot. Sein
Boot aber gibt es immer noch.
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Die Kutschen der Seebarone | Zeesbootsegeln
Nur schwarz ist es nicht mehr. Der braune Rumpf der
„Schwart Johann“ pflügt durch den Bodden vor Gager.
Längst trägt es keinen Fischer mehr, sondern Ausflügler. Schon in den 80-er Jahren des vorigen Jahrhunderts warf der letzte Zeesbootfischer für immer den
Anker. Niemand hisst mehr die braunen Segel und geht
mit Zeesbooten auf Aal und Hering. Auch die „Schwart
Johann“ fährt Touristen über den Bodden. An ihrem
Heck sitzt Kapitän Otto - ebenfalls mit Bart, die Pinne
fest in der Hand und vor allem sauber gewaschen - und
erzählt seine Döntjes. Ein kräftiger Wind bläht die Segel. „Ihre braune Farbe kommt vom Ochsenblut, mit
dem die Fischer damals ihre Segel gegen Wind und
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Wetter schützten“, ruft Otto gegen die Brise. Dazu kamen Teer, Rindertalg, Gerblauge von Eichen und sogar
Lebertran. Teure weiße Segel aus Leinen, die speziell
präpariert waren, konnten sich nur große Kauffahrer
leisten. Dennoch waren auch die Zeesbootfischer nicht
die Ärmsten. Ihr Geschäft mit Aal, Hering, Zander oder
Barschen erlaubte es, auf ihren Booten kleine Kajüten
oder Pantrys einzubauen. „Barone der See“ wurden sie
darum auch gerufen, ihre Zeesboote spöttisch oder
neidvoll „Kutschen“ genannt. Ein anderer Spitzname
lautete: „Ackerbauern der Meere.“ „An ihren Netzen,
den Zeesen, hingen oft Hühnergötter“, weiß Skipper
Otto. „Die Steine hielten das Netz auf Grund und so
Land in Sicht Von Gager aus segelt die
„Schwart Johann“ an den Zickerschen Bergen vorbei
Ein Kahn voller Geschichten Skipper Otto und Bootsfrau
Christa unterhalten die Gäste mit Döntjes und Musik
pflügten die Fischer beim Schleppen den Boden um.“
Diese umweltschädigende Art des Fischens ist heute verboten. Aber fischen wollen die Passagiere der
„Schwart Johann“ sowieso nicht. Sie wollen in Ruhe die
Landschaft genießen, die wunderbare Aussicht auf die
Zickerschen Berge oder den Vilm. Und dabei vielleicht
noch ein Liedchen singen, am besten einen ordentlichen Shanty. Kein Problem: Bootsfrau Christa schnallt
ihr Akkordeon um und schon trecken die Ostseewellen
auch musikalisch an den Strand, steigt „La Paloma“ in
den Himmel über Rügen. Vor drei Jahren stand Christa winkend an der Pier von Gager und wollte „einfach
nur mal mitsegeln“. Wenig später saß sie das erste
Mal samt Schiffermütze und Akkordeon auf der Ducht.
Seitdem ist die 72-jährige ehemalige Musiklehrerin so
etwas wie das Maskottchen an Bord der „Schwart Johann“. Das Holzboot wurde übrigens vor ein paar Jahren generalüberholt. Seitdem glänzt der 1901 gebaute
Kahn wieder wie frisch gehobelt. „Acht Tonnen wiegt er,
er ist eigentlich ein Baum“, sagt Otto augenzwinkernd.
Nur noch zwei Zeesboote fahren auf Rügen (Gager und
Schaprode). Sie sind die letzten Zeugen einer Jahrhunderte alten Fischertradition. [MB]
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Der Flug über das Meer | Katsegeln
Der Flug
über das
Meer
Zwei kleine Rümpfe, zwei Segel und
ab die Post - Katsegeln ist rasanter Sport.
Zum Glück weiß einer, wie man bremst
P
lötzlich kentert der Katamaran. Fast, jedenfalls.
Während der eine Rumpf im Wasser ist, drückt
sich der andere weit heraus. Beinahe senkrecht rasen
wir über den Bodden. Ich kann von oben auf die Bäume der nahen Insel Vilm sehen, als schwebte ich darüber. Gleich wird das Boot ganz umschlagen, dann
Gute Nacht. Wie war das? Beim Kentern einfach unterm
Segel durchrutschen, keinesfalls auf’s Segel springen.
Und bloß nicht das Seil loslassen, sonst treibt das Boot
weg. Noch weiter steigt die Kufe aus dem Wasser. Verzweifelt schaue ich zum Skipper neben mir. Er hängt
wie ich weit über den Rumpf heraus, um das Boot zurück aufs Wasser zu drücken. Schaffen wir es?
„Um Himmelswillen!“, schreie ich.
„Ja, toll, was?“ ruft Skipper Robby fröhlich zurück. „Genieß‘ die Aussicht.“
Ich hatte mir einen gemütlichen Törn vorgestellt, als
wir den kleinen Katamaran bestiegen. Das war im flachen Wasser vor der Marina „im jaich“. Langsam trieben
wir auch aus dem Hafenbereich. Hin zu unserer Bahn
zwischen dem Vilm und dem Strand von Goor. Ab Höhe
Vilmer Urwald griff Robby das Seil seines Großsegels
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fester, gab mir ein anderes für das kleinere Vorsegel.
Ich hängte mich ins Trapez, indem ich mich per Sicherheitsdraht mit dem Mast verband. Robby zog an seinem
Seil und – wusch!, ging es ab! Von Null auf mindestens
15 Knoten schoss der Kat davon. Ein klassischer Hochstart. Ein Rumpf drückte sich weit raus, und ich konnte,
wie gesagt, Vilms Bäumen auf den Kopf spucken.
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Der Flug über das Meer | Katsegeln
… kleine
Regenbogen
glitzern …
Kurz bevor wir auf den Strand
schießen, stoppt Robby das Boot.
Der hochfliegende Rumpf kippt
aufs Wasser zurück, wir liegen wieder horizontal. Ich löse mich aus
dem Trapez und krieche auf ein kleines Netz, das zwischen den Rümpfen gespannt ist. Robby kommandiert
„Fock über!“ Ich löse ein Seil am Segel, ziehe straff am
anderen, schon schlägt das Segel über meinen Kopf –
wir wenden. Der Kat ruckelt wild hin und her, wie ein
hitziges Fohlen, kaum zu bändigen. Als ich mich wieder
ins Trapez eingehängt habe, richtet Robby das Segel
abermals am Wind aus. Freund Rasmus packt das Boot,
das „Fohlen“ bäumt sich auf, wir zischen wieder ab.
Kurz vorm Vilm stoppt Robby, eine weitere Wende, Momente später rast der Kat ein weiteres Mal knapp unter
der Lichtgeschwindigkeit.
Immer neu ziehen wir die Bahn, hin und her, und lang-
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sam macht es Spaß. Ich beginne tatsächlich, die Aussicht zu genießen.
Die Gischt schäumt, kleine Regenbogen glitzern in dem Schleier aus Wassertropfen, die wir aufwirbeln. Der
Wind pfeift mit anständigen 5 Beaufort. Wird er noch
stärker, denke ich, heben wir ganz ab. Es ist wirklich
wie fliegen, und ich bin eine Schwinge dieses Plastikvogels: Weit hänge ich mich heraus, um der Schräglage
des Kats entgegenzuwirken. Manchmal, im Wellental,
tauche ich ganz ins Wasser, nehme den „Vollwaschgang“. Manchmal stoße ich mit dem Kopf fast an die
Sonne, so hoch geht das Boot. Robby bleibt stets locker. Er hat die Pinne fest in der einen Hand, mit der andern bedient er das Segel. Immer knapp vorm Kentern
bremst das Boot. Wie Robby das macht, bleibt unklar.
Ich habe meine Gedanken sowieso ganz woanders: Wie
rette ich mich noch mal beim Kentern?
Das Revier vor Rügen ist ein Geheimtipp unter sportlichen Seglern. Hier drehen die Winde rasch, das macht
das Manövrieren anspruchsvoll. Nicht wie in der Südsee, sagt Robby, wo die Lüfte beständig aus einer Richtung wehen. Mit dem Kat habe man außerdem schon
bei wenig Wind viel Spaß, das gehe mit einer Jolle nicht.
Robby segelt seit Jahren auf den zwei Rümpfen. Der Segellehrer von „im jaich“ weiß schon Sekunden vorher,
wann eine Bö kommt, wo es gleich ein Windloch gibt
oder wie weit wir ans Ufer können. Das heißt, eigentlich könnten wir mit dem Kat sogar problemlos auf den
Strand schießen und die Sonnenbader erschrecken. Ein
Kat kann fast überall anlanden. Noch eine Bahn zum
Abschied. Der Wind greift das Segel, wieder drückt sich
ein Rumpf aus dem Wasser: Volle Kraft voraus. Eine
Möwe neben uns schreit aufgeregt. Sicher meckert sie,
weil wir sie überholen. [MB]
Tolle Aussicht Noch dümpelt der Kat vorm
Badehaus von Goor. Gleich schießt er los
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Der Alchimist von Posewald | Bootsbau
Der Alchimist
von Posewald
Philipp Schwitalla scheint aus der Zeit gefallen. Er nennt seine Werft nach einem Totenreich und sehnt sich nach den Tagen, als die
Zünfte noch was galten. Von gestern ist er
dennoch nicht - und ein Meister seines Fachs
K
urz hinter Putbus, knapp vor Vilmnitz, vorher
links ab nach Binz, danach in Posewald - Vorsicht! - die unbeschrankten Gleise der Dampfbahn „Rasender Roland“ überqueren, schließlich rechts auf das
Gutshaus zu, schon ist man da: Ein Acht-Meter-Kutter
steht am Eingang des Grundstückes, wie ein Zunftzeichen. Es sagt: Hier arbeitetet ein Bootsbauer. Sein
Name ist Philipp Schwitalla. Vor der großen Werfthalle
rekelt sich Tweedy, der Dackel, zwischen Bauholz-Abfall und beschattet von kleinen Linden.
Schwalben flattern heraus, eine weitere „Schwalbe“, das
berühmte DDR-Moped, steht vor der Halle. Daneben
noch ein Boot, es ist ein aufgebockter „Königskreuzer“,
ein Segelboot, das auf seine Restaurierung durch den
Meister wartet. Am Giebel ein von Sommergestrüpp
umrankter Angelkahn, auch schon ziemlich ramponiert. Philipp Schwitalla nennt solche Boote „Gefallene“.
In der germanischen Sagenwelt der Wikinger erwarten
sie ihre Auferstehung im Totenreich „Walhalla“. Und so
nennt Schwitalla seine Werft: „Walhalla“. Ansonsten
hat er es nicht so mit den alten Nordmännern. Außer
es geht um einen so genannten Haikutter, ein skandinavisches Segelboot, von dem Schwitalla träumt. Mit
solch einem Anderthalbmaster will er eines Tages auf
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Ein Mann, ein Boot Holz ist das Lebenselexier
von Phillip Schwitalla
große Fahrt gehen. „Irgendwann als Rentner“, sagt er
lächelnd. In der Zwischenzeit möchte er auf Rügen
sesshaft werden. Auf der Walz verschlug es ihn vor einigen Jahren vom Breisgau ins Örtchen Posewald und
in die dortige Gesellenbude. Tischler wollte er eigentlich werden. Als Praktikant eines Bootsbauers in Niendorf lernte er das Segeln. „Die Elemente Wasser, Land
und Wind, das war‘s“, sagt Philipp Schwitalla. „Von da
ab wollte ich Boote bauen.“ Neben der Gesellenbude
am Gutshaus entdeckte er die verlotterten Hallen der
einstigen LPG und besetzte sie. Er trug seine alte Matratze herein, legte sie auf Spanbretter und heizte den
Ofen an. „Ich erkannte sofort das Potenzial der Hallen.
In die große sollte die Werft, in die kleinere Halle ein
Winterlager für Boote.“ Die kleine Halle hat ein zweites
Stockwerk, dort will er einmal wohnen. Oder Tanzkurse
anbieten. „Ich liebe Tango. Tango rettet mich über den
Winter“, sagt Schwitalla.
Ein alter Plattenspieler dudelt Orgelstücke. Ein Regal
voller Platten steht gegenüber der Hobelbank; afrikanische Musik, Hannes Wader, Hardrock – der Geschmack
des Bootsbauers ist so variantenreich wie die Bootsklassen. Derzeit restauriert er einen Jollenkreuzer, dazu
passt wohl am besten Bach.
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Der Alchimist von Posewald | Bootsbau
Zur gemütlichen Ecke der Werft gehören noch ein verschossenes Sofa und der bullrige Holzofen „Bruno“. Der
hat winters ordentlich zu tun, um die ungedämmte
Halle warm zu kriegen.
Das Boot steht mitten in der Halle unter einem Kran.
Den ganzen kommenden Winter wird Philipp Schwitalla
daran werkeln müssen. Risse durchziehen das Deck,der
Boden ist ohne Planken, das Mahagoniholz des Rumpfes hat die Gelbsucht, er ist ausgebleicht von der Sonne.
Irgendwann soll er wieder rotgolden glänzen. Und das
Kajütdach soll wieder eine echte Leinwandbespannung bekommen. Der Eigner des Bootes, Besitzer eines
Autohauses, hatte einfach eine Art Cabrioverdeck drauf
genagelt. Die muss nun erst mal mühselig runter. Überhaupt zeigen sich viele „Krankheiten“ des Schiffes erst
jetzt, während der Restaurierung. Die wird also ganz
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gewiss teurer als vorher ausgemacht. Für Schwitalla
kein Grund, nachzuverhandeln. Was gilt, das gilt.
An der Wand hängen die Werkzeugschränke und eine
ansehnliche Urkunde. Seit 2008 darf er sich Meister
nennen. „Tu ich aber nicht“, sagt Schwitalla. „Wenn ich
am Ende meiner Tage ein Meister bin, kann ich froh
sein.“ Meister sein ist für ihn keine Frage einer staatlichen Anerkennung. Es ist ein Lebensweg. Sein Lebensweg. Er hat sich dafür entschieden, und er lebt ihn mit
aller Konsequenz. Eben auch damit, dass das Wort eines Handwerkers Ehrensache ist.
Schwitalla scheint aus der Zeit gefallen, im besten Sinne. Gern redet er vom „guten Handwerk“. Es gehört in
die Zeit der Zünfte, als noch der Radmacher neben dem
Schmied werkelte oder der Spinner neben dem Färber.
Als die Zunftmeister noch etwas zu sagen hatten, auch
„Wenn ich
am Ende
meiner Tage ein
Meister bin,
kann ich
froh sein“
in der Politik. Nicht, dass er ins
Mittelalter zurück möchte, „Leibeigenschaft und die Pest wären
auch nichts für mich“, sagt er lächelnd. Aber die Ruhe, in der die
Schaffenskraft liegt, die nicht in
jeden Winkel durchautomatisierte
Arbeitswelt, die Zeit für die Auseinandersetzung mit dem Material – von solcher Vergangenheit träumt der 35-jährige. Er sieht sich selbst
als einen Alchimisten. Er meint, dass jeder Werkstoff
mehr ist als sein fassbarer, sein sichtbarer Stoff. Das
Kupfer etwa, das neben dem Boot liegt und später in
die Spanten eingearbeitet wird. Es steht bei Schwitalla
für das Verbindende einer Gemeinschaft. Und ist so ein
Boot nicht eine Gemeinschaft von Spanten und Masten,
von Ruderblatt und Bugspriet und der Fertigkeit seines
Skippers? Oder das Blei.
Im Kiel eingelegt stabilisiert es den Rumpf, es gibt ihm
und den Dingen an sich eine erhaltende Struktur. Der
scharfe Stahl dagegen schneidet alles Unnötige weg.
Unnötig ist für Schwitalla, was nicht mit Booten oder
Segeln zu tun hat. Die „Schwalbe“ erzählt von seinen
Ansprüchen, der klapprige Pritschenwagen, das fehlende Leitungswasser in der Werft, das überflüssige
Bauholz, das er statt teurer Kohlen an „Bruno“ verfüttert. Mehr Ruhe beim Arbeiten, ein paar weniger Rechnungen im Briefkasten, das wäre Luxus für Schwitalla.
Und der Haikutter, sein Traumschiff. Er wird bald einen
1:1-Riss zeichnen, einen so genannten Schnürboden. Anhand
dieser Schablone wird er die Teile
bauen für den Haikutter. Jahr für
Jahr eine neue Spante, eine weitere Schmiege, eine nächste Planke.
Die Teile wird er in die Ecke stellen
und mit Wurzelteer konservieren.
Eines Tages wird er das Puzzle zum 18-Meter-Schiff zusammensetzen, vielleicht in 30 Jahren. „Und dann die
Segel setzen und ab nach Ithaka, wie Odysseus“, sagt
Philipp Schwitalla. Chartertörns möchte er anbieten
und sich und das Schiff damit über Wasser halten.
Vorerst, wie gesagt, will er sich auf Rügen festsetzen.
Wurzeln schlagen, im wahrsten Sinne: Im Park des
Gutshauses gegenüber der Werft steht der Torso eines Nussbaumes, ihn hatte ein Blitz gefällt. Am 4. August 2008, Schwitallas Geburtstag, pflanzte er neben
dem alten Baum einen Nussbaum-Schößling. Philipp
Schwitalla sieht das als gutes Zeichen. [MB]
Stillleben Während der Arbeit hört Phillip Schwitalla
alte Platten, quer durch alle Stilrichtungen.
In einer Ecke bullert Holzofen „Bruno“ vor sich hin
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Impressionen einer Paddeltour | Kajak
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Einer für alle? Nein, auch Zweier und ein Kanadier sind dabei, als die Truppe des Rügener Kajakvereins
„Wassersportfreunde Albi“ zur großen Fahrt aufbricht. Hier stechen sie am Palmer Ort, Rügens Südpol, in die See
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Impressionen einer Paddeltour | Kajak
Leichtmatrosen Jakob und Lotti haben gut Lachen.
Kein Wunder, sie werden ja chauffiert
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Raststätte Grüner wird‘s nicht. Und schöner kaum
Hot Music am Ende der Tour
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Drachenstark im Wind | Kitesurfen
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„Ich sehe einen Kiter,
der gigantisch abhebt.
Mir wird mulmig.“
Drachenstark
im Wind
Der Kite zieht und zerrt mit voller Kraft. Hoch
in der Luft stehend, reißt er am Trapez. Dann
zischt das Brett mit „Flugschülerin“ Evi ab
D
rachen sind starke Wesen. Jedenfalls im Märchen. Sie können furchteinflößend sein, gefährlich. Besser, man geht ihnen aus dem Weg. Ich aber
bin heute zu einem unterwegs.
Meiner ist ein Wasserdrache. Ein Kite. So heißen die
segelartigen Fallschirme, die mit Leinen am Körper
befestigt werden. Auf einem Brett stehend, wird man
damit durchs Wasser gezogen. Oder weit darüber. Einigen Kitern gelingen sogar Luft-Sprünge bis über zehn
Meter Höhe. Ganz so hoch will ich heute nicht hinaus.
Mir reicht es schon, wenn ich heil ein paar Meter auf
dem Wasser schaffe. Der Wind ist stark böig, „Hackwind“
nennt man das in der Szene. Auf dem Weg zum Strand
sehe ich einen Kiter, der abhebt und gigantisch durch
die Luft segelt. Mir wird mulmig. Leo, der Kite-Lehrer
von Windsurfing-Rügen erwartet mich. Er zeigt mir die
Ausrüstung: Neoprenanzug, das Trapez, also den Gürtel
mit Haken dran, in den die Leinen geklinkt sind.
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Drachenstark im Wind | Kitesurfen
Auch Helm und Prallschutz legt er mir an. Prallschutz!
Die Aussicht, aufs Wasser zu knallen, entspannt mich
nicht gerade. Leo beruhigt mich. Wir üben im Wasser
stehend die Lenkbewegungen. Der Kite schwebt schon
senkrecht über mir, „auf 12 Uhr“. Je nachdem, wie ich
an den Leinen ziehe, ist er auf „1 Uhr“, auf „2 Uhr“, auf
„11 Uhr“, „10 Uhr“ und so weiter. Ich spüre den Zug des
Drachens, er will mich wegreißen. Beinahe schafft er es:
Plötzlich bin ich einen halben Meter in der Luft. Zum
Glück hält mich Leo am Trapez sicher fest.
Dann üben wir den „Body drag“. Ich greife Leos Gürtel,
bäuchlings zieht uns der sieben Quadratmeter große
Drache durch die Fluten. Huuhh. Dann machen wir es
umgekehrt, jetzt bin ich vorne. Ich schlucke nicht mal
Wasser und bin stolz. Leo zeigt mir jetzt, wie ich aufs
28
Brett komme. Man macht sich ganz klein und rollt den
Körper rauf. Dreimal versuche ich es, vergebens.
Doch auf einmal bin ich drauf - und rase schon los. Wie
bitte, ich fahre? Tatsächlich, die Landschaft rauscht vorbei. Leo jubelt, ich finde es cool, wie alles funktioniert.
Bin aber auch etwas verwirrt. Mache ich alles richtig?
Wie lenkt man noch mal? Bevor es mir einfällt, sehe ich
schwarz. Denn so schnell wie ich stand, bin auch schon
wieder abgetaucht. Eine Böe hat mich umgehauen. Es
tut nicht weh, war eher ein unbeholfenes Hinfallen.
Also noch mal rauf, wäre doch gelacht. Immer wieder.
Am Ende dieser ersten Stunde habe ich 50 Meter auf
dem Brett gemeistert. Andere brauchen dafür viel länger, lobt Leo. Und mich hat das Kite-Fieber gepackt: Kiten ist Adrenalin pur, das will ich wieder! [MB]
Interview | Windsurfen
„Rügen ist
großeVielfalt“
Andreas Erbe, Chefredakteur „Surf-Magazin“
Ist Rügen ein guter Ort zum Surfen?
Rügen bietet für Surfer eine große Vielfalt: Die flachen
Bodden, die lange Küstenlinie mit dem offenen Meer,
da ist für den Anfänger bis für den Profi alles dabei.
Dazu kommen die Möglichkeiten an Land, man kann
auch abseits der Boards viel Spaß haben. In den Boddengewässern kann man leicht lernen, die Ufer sind
seicht und die Wellen niedrig. Da eignen sich vor allem
die Spots bei Wiek und Schaprode und der Jasmunder
Bodden sehr gut. Auch der Süden am Greifswalder Bodden taugt dafür hervorragend. Wir bieten mit der Surfschule UST Rügen in Dranske übrigens ein einwöchiges
Jugendcamp an, samt Komplettbetreuung.
Und was sagen die Experten?
Bei Kreptitz kommt der Wind über die offene Ostsee,
entsprechend sind Dünung und Wellen. Da haben arrivierte Surfer ordentlich zu tun. Dort, im Norden, ist
der beste Wind der deutschen Ostsee, vergleichbar mit
dem Superrevier bei Fehmarn. Thiessow hat bei West
und Südwestwind auch herrliche Wellen. Thießow hieß ja in
der Szene zu DDR-Zeiten „Thiewaii“, in Anlehnung an Hawaii.
Und vor Neu-Mukran geht es
im Frühjahr richtig ab, wenn
der Ostwind Dampf macht.
Da kann man denn schon mal Weltmeister sehen wie
das Wunderkind Philip Köster. Der zweimalige Champion macht sich schon mal extra von Gran Canaria auf
nach Rügen, wenn die Wettervorhersage für die Regatta stimmt.
Dennoch kommen kaum Surfer aus dem Westen.
Für die Surfer aus dem Westen Deutschlands ist Rügen
eigentlich Neuland. Über Jahrzehnte waren sie vertraut
mit den Revieren in Fehmarn und Holland, das sind sozusagen ihre Stammplätze. Oft gibt es auch Vorbehalte: Ist denn der „Osten“ wirklich gerüstet für uns. Dabei
wissen sie gar nicht, was ihnen auf Rügen entgeht. Die
Infrastruktur auf Rügen ist sehr gut ausgebaut, es gibt
viele Übernachtungsmöglichhkeiten, auch in unmittelbarer Nähe der Surfspots. Dabei brauchen Surfer gar
nicht viel, sie sind besser als ihr Ruf. Parkplätze für Surferbusse reichen ihnen meist. Oder Campingplätze mit
Mülltonne, Dusche und Toiletten, mehr brauchen sie ja
nicht. Beim Müll hat übrigens
in der Szene ein Umdenken
eingesetzt. Früher hat man
sich kaum drum gekümmert.
Heute wird er meist eingesammelt oder von vorneherein vermieden. [MB]
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Kampf der Giganten | Angeln
L
Kampf der
Giganten
ohmes Hafen scheint
Ein Boot, ein paar Angeln und drei zu allem ßer als unser Sechs-Meterentschlossene Helden vs. Salmo salar
an diesem Morgen
Boot. Aber was bedeutet
noch zu träumen. Still liedas schon? Wahre Größe
gen ein paar Boote vertäut, das Wasser ist klar und
zeigt sich sowieso erst im Kampf Mann gegen Fisch.
glatt, der Wind ein schwaches Lüftchen. Wir steigen in
Mit voller Kraft steuert Kapitän Klatte die „Nautilus“
ein Aluboot, zweieinhalb zu allem entschlossene Mänhinaus, die Gischt vorm Bug wirft Regenbogen. Hinter
ner. Erst hievt sich der halbe Mann an Bord, das ist mein
uns scheint der Königsstuhl zu schrumpfen. Schließlich
12-jähriger Sohn Emil, dann ich und Torsten, ein Freund.
stoppt Klatte das Boot. Mit schnellen Griffen installiert
Skipper und Angelguide Thomas Klatte auf seiner „Nauer neun Angeln an Bord, jede mit einem anderen Köder
tilus“ wartet längst, ein kurzer Monolog zur Sicherheit
bestückt und auf verschiedene Tiefen eingestellt. Denn
an Bord, schon tuckern wir auf‘s Meer. Kumpel Torsten
nie weiß man, wo der „König der Fische“ ist, er gilt als
ist im Gegensatz zu mir ein erfahrener Angler. Hechte,
schwer auszurechnen. Was aber klar ist: Er liebt Futter,
Zander, Meerforellen hatte er bereits am Haken. Dieser
das sich bewegt. Darum auch lässt Thomas Klatte den
Fisch aber ist auch für ihn eine Premiere.
Motor wenig später wieder an. Jetzt tuckern wir mit
gut zwei Knoten kreuz und quer zum fernen Ufer. Im
Es geht um den Lachs, genauer, um den Atlantischen
Schlepp ziehen wir die Leinen mit glitzernden, vielfarLachs, um Salmo salar. Er wird in den Flüssen Eurpoas
bigen Metallplättchen dran, den Ködern.
oder Nordamerikas geboren, wohin er auch zurückkehrt, zum Laichen oder zum Sterben. Den größten
Trolling oder Schleppangeln nennt sich diese Art des
Teil seines Lebens aber verbringt er weit draußen, wo
Angelns. Die Leinen sind erstaunlich dünn, daran sollen
er sich bis zu anderthalb Meter Größe und gut 20 Kilo
wir gleich Fische so groß wie Riesenfüße rausziehen?
herauf frisst. Im Winter folgt er dem Hering bis vor die
Plötzlich schnurrt eine der Sehnen los. „Biss!“ ruft SkipInsel Rügen. Das macht er schon seit Jahrzehnten, koper Klatte, zieht eine Angel aus der Reling und reicht
mischerweise war der Atlantische Lachs bei den Angsie erst zu mir. Das hatten wir vorher ausgelost. Ich
lern lange Zeit dennoch nicht im Visier. Inzwischen
greife zu, die Rolle surrt, der Fisch am anderen Ende
aber ist er zum vielleicht begehrtesten Fisch geworden,
zieht die Schnur. Oft gehen so an die 200 Meter ab, sagt
und nirgendwo sind die Reviere besser als hier. DarKlatte später. Die Angel zu früh gespannt, kann den
um werden wir von einem Geschwader anderer Boote
Fisch entkommen lassen, zu spät ebenso. Dann geht
umkreist. An die 20 mögen es sein, alle bewehrt mit
es los: Ein Ruck, das so genannte Drillen beginnt. Ich
langen, starken Ruten, die
hebe oder senke die Rute,
an der Reling stecken wie
zwischendurch kurble ich
Antennen. Viele sind gröan der Rolle.
Die Sehnen spannen
sich und surren los.
„Biss!“
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31
Kampf der Giganten | Angeln
Die Rute spannt sich, gleich reißt die dünne Sehne.
Nein, sie hält. Ich kurble, senke oder hebe, ich schwitze.
Herrjeh, was wehrt sich da am anderen Ende, ein halber
Hai? Doch ich gebe nicht auf, ich habe „Der alte Mann
und das Meer“ gelesen, das ist mein Fisch, ich bringe
ihn nach Hause. Der Fisch zuckt und zappelt, ich kurble und keuche. Jetzt heißt es Er oder Ich! Da, endlich,
ein Schatten dicht am Boot! Klatte greift den Käscher
und holt - einen mickrigen Lachs hoch, kaum größer
als mein Unterarm und auch nicht dicker. Na gut, will
ich sagen, besser als nix, da schmeißt Klatte meinen
großen Fang auch schon wieder über Bord. Der darf
noch wachsen.
Thomas Klatte legt die Angeln wieder aus. Er hatte sie
eingeholt, damit sich beim wilden Kampf ihre Sehnen
nicht verwirren. Kaum ist das geschehen, schnurrt es
wieder los. „Biss!“ Diesmal ist es Kumpel Torsten, der
drillen darf. Die Sehne ist gespannt, die Rute gebogen.
Auch dieser Fisch wehrt sich, im wahrsten Sinne des
Wortes, verbissen. Da, kaum hundert Meter vom Boot,
schießt er plötzlich aus dem Wasser. Wow, scheint ein
Prachtexemplar zu sein. Kann es sein, dass Torsten, der
wohl nicht mehr lange mein Freund ist, einen größeren
Lachs fängt als ich? Ruhig und konzentriert drillt er seine Beute ran, darauf bedacht, die Sehne stets straff zu
halten. Manchmal scheint es, als sei der Fisch vom Haken, die Sehne erschlafft. Doch das war nur eine kurze
Atempause. Fast eine halbe Stunde dauert der Kampf,
dann liegt ein riesiger, schuppiger Fisch auf dem Boden der „Nautilus“. Angelguide Klatte misst nach. „Einskommaneun Meter“, verkündet er. Torsten strahlt, als
als sei er mit Gold gewaschen. Ich wünsche fröhlich
„Petri Heil“, drinnen aber rumort es: Einskommaneun,
das riecht nach Weltrekord. Doch Skipper Klatte tröstet: „In der Ostsee
gefangene Lachse messen auch mal fast 1,30 Meter.“
Ich fasse wieder Mut. Weit vor oder hinter uns drillt
die Konkurrenz. Über uns krakeelen die Möwen, dann
schießen sie auf einen Punkt in der Nähe. „Wo Möwen
sind, ist der Lachs nicht“, sagt aber der erfahrene Klatte.
Über das Echolot ziehen Punkte, Striche, Kleckse. Meist
sind es Schwärme von Sprotten und Heringen. Hornhechte sind gleichfalls dabei, sie zeigen das Ende der
Lachssaison an. Wir haben an diesem Tag noch einige
an der Angel, etwa ein Meter lange Pfeile, schlank, mit
spitzem Maul und sehr lecker. Auch Lachse tauchen auf
dem Display auf, als fette, lang gezogene Kleckse, sie
wirken wie Wassernixen. Doch auch da sagt Klatte: „Die
Lachse, die wir auf dem Echolot sehen, sind meist nicht
die, die wir fangen.“ Die
Zeit vergeht. In den Sehnen
verfangen sich glitzernde
„Es gibt keinen
stärkeren Fisch in der
Ostsee“
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Fette Beute
Verbissen wehrt sich der Lachs
Fäden. Es sind Spinnweben, die von Land über‘s Meer
geweht werden. Langsam frischt es auf, das Boot tanzt.
Mein Sohn Emil wird der nächste sein, angespannt
beobachtet er die Angeln. Wann schnurrt wieder eine
los? Da, jetzt! Nur die Ruhe bewahren, denke ich. Ich
meine nicht meinen Sohn, der drillt wie ein alter See-
hase. Ich selbst bin nervös – wenn er jetzt auch einen
größeren Fisch fängt, bin ich blamiert. Es sieht so aus:
Auch dieser Fisch zieht, dass Emil der Schweiß von der
Stirn perlt. Minuten vergehen, eine Viertelstunde. Nicht
selten sollen die Kämpfe Stunden dauern. Der Lachs ist
ein cleverer, zäher Bursche, er verharrt, er schießt in
alle Richtungen, er schwimmt unter dem Boot durch,
er springt in die Luft. „Es gibt keinen stärkeren Fisch in
der Ostsee“, weiß Klatte.
Am Ende liegt er doch im Boot. Genau einen Meter in
der Länge. Bei meinem Sohn würden wir jetzt glatt auf
die doppelte Länge kommen, so groß ist er vor Stolz.
Und ich ebenfalls. Da macht es nichts, dass der Lachs,
den ich wenig später noch erwische, doch nicht den
meines Freundes Torsten toppt. Er misst 1,04 Meter.
Egal, mit dem Fisch meines Sohnes kommen wir auf
über zwei Meter - Familienehre gerettet.
Nach einem halben Tag auf dem Meer holt Kapitän
Klatte die Ruten wieder ein. Der Motor heult auf, wir
preschen zurück an Land. Abends liegt die Beute in unserer Badewanne, am Ende waren es sogar drei Lachse
für uns. Ich denke an Kampf und Heldenmut, Selbstüberwindung, Gefahr. Wäre ich Hemingway, würde ich
mich jetzt an den Schreibtisch setzen und einen Roman
von Weltklasse schreiben. Stattdessen nehme ich das
Messer und beginne zu schuppen. [MB]
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Ein Segeltörn in die South Coast Baltic | Logbuch
Wer von Rügens Küste
gen Osten segelt,
erreicht wunderschöne
Marinas in Polen wie
Zachodniopomorskie
und Pomorskie …
Das Logbuch
… oder auch Klaipeda in Litauen. Erika Blaesing und ihr Ehemann und
Kapitän Hannes Ullrich „Haue“ Lieckfeldt lieben das Abenteuer und die
Freiheit. Im Sommer 2012 verließen die beiden ihre Lieblingsinsel für
einen Segeltörn in die South Coast Baltic.
01
  27. Juni
Insel Rügen | Lauterbach
Freudige Tränen! Es geht los – auf
nach Klaipeda! Insel Rügen adé.
02
  28. Juni
Stralsund
Landgang. Haben im Ozeaneum
all das gesehen, was uns in der
Ostsee unter Wasser erwartet …
und Pinguine!
03
  30. Juni
Ahlbeck | Insel Usedom
Zitat Haue: „Das wird knapp, Sch…
herrje!“
04   1. Juli
Ahlbeck | Insel Usedom
(immernoch)
Unerwarteter, längerer Aufent-
halt in Ahlbeck, aufgrund von kleinen
Reparaturarbeiten am Bug …Haben
dafür die wohl schönste Seebrücke
hautnah in Augenschein nehmen
dürfen.
05
  2. Juli
Wollin
Cześć! Haue meint, er hätte Vineta gesehen … Ich sag nichts dazu. Entlang
der polnischen Küste geht’s weiter an
Kolberg vorbei (Top Marina!), Richtung Gdansk.
06
  8. Juli
Sopot | Gdansk
Zwei Tage Windstille. Waren in Polens
größtem Ostseekurort auf dem längsten Holzseesteg Europas unterwegs.
In Danzig dann noch kurz Bernsteinschmuck für Oma Elisabeth gekauft.
07
  9. Juli
Petla Zulawska
Endlich wieder auf See. Und: endlich wieder Wind. Kleiner Umweg
über Vistula Lagoon und Vistula Delta. Zum Mittag gab‘s Pierogi. Wenn‘s
nach Haue geht, gibt’s die jetzt jeden
Tag.
08
  12. Juli
Klaipeda
Die Sonne strahlt uns ins Gesicht,
während wir bei tollem Ausblick mit
litauischem Bier anstoßen. So kann
unser South Coast Baltic Abenteuer
unendlich weitergehen … [GK]
10 nm
Liepāja
LV
Baltic Sea
Karlskrona
LT
Baltic Sea
SE
Malmö
Ystad
Baltic Sea
Rønne
KLAIPEDA
REGION
Klaipeda
DK
Kaliningrad
Gdynia
Stralsund
RÜGEN
Lauterbach
Greifswald
VORPOMMERN
Sopot
ska
Gdańsk
Petla Zulaw
Koszalin
POMORSKIE
Ahlbeck
Wollin
ZACHODNIOPOMORSKIE
PL
Szczecin
DE
RU
KALININGRAD REGION
Bydgoszcz
Toruń
Berlin
Poznań
Warszawa
„South Coast Baltic” is a joint boating marketing initiative of institutions from Vorpommern /
DE, Zachodniopomorskie / PL, Pomorskie / PL, Kaliningrad region / RU and Klaipeda region /
LT. It is implemented within the INTERREG IVA project “MARRIAGE” (www.project-marriage.de)“
Part-financed by the European Union (European Regional Development Fund)
within the South Baltic Cross-border Co-operation Programme 2007-2013.
www.rügen.de
36
www.wirsindinsel.de facebook.com/ruegen.de