tennis-lehrplan

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tennis-lehrplan
TENNIS-LEHRPLAN
Deutscher
/S^
Tennis Bund I S P
BAND 2
TENNIS-LEHRPLÄIi
Deutscher
Tennis Bund
BAND 2
Unterricht & Training
Bibliografische Information
Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet
diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.ddb.de abrufbar
Bearbeitet von
Rüdiger Bornemann
Hartmut Gabler
Gerhard Gläsbrenner
Jock Reetz
Richard Schönborn
Peter Scholl
Karl Weber
Bildnachweis
Archiv Deutsche Tennis Zeitung: S. 213
Baader: S. 9, 92, 95, 102, 182, 197 re., 216
Collmann: S. 64
Exler: S. 2/3, 21, 22 (2x), 41, 49, 52, 53 (2x), 108, 111, 122, 123 (2x), 125, 127, 128,
129, 130, 151, 160/161, 191, 192, 197 li., 198, 200, 208, 220, 247, 249
Jakobs: S. 172 (3x), 173 (2x), 174, 175 (3x), 176 (3x), 177 (3x), 178 (3x), 179 (3x),
180 (8x)
Reetz: S. 12, 31, 56, 57, 68, 69, 74, 75, 115
Weber: S. 232
Zeichnungen: Jörg Mair
Umschlagfoto: Thomas Exler
Umschlaggestaltung: Werbeagentur Sander & Krause
Layout: Bücherwerkstatt A. v. Ertzdorff
BLV Verlagsgesellschaft mbH
München Wien Zürich
80797 München
8., durchgesehene Auflage
© BLV Verlagsgesellschaft mbH, München 2004
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist
urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages
unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung
in elektronischen Systemen.
Druck und Bindung: Stalling GmbH, Oldenburg
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in Germany • ISBN 3-405-16833-3
Vorwort
Der Deutsche Tennis Bund (DTB)
umfaßt zur Zeit ca. 2,3 Millionen
Mitglieder. Von diesen Mitgliedern
betreiben fast alle ihren Sport aktiv und mit Begeisterung, denn der
Tennissport ist eine faszinierende
Sportart. Doch für viele ist er zugleich auch unerwartet schwierig.
Auf allen Leistungsebenen - von
der einfachen Übungsstunde über
die Clubmeisterschaften und Verbandsspiele bis hin zum Spitzentennis - besteht deshalb ein
großes Interesse daran, diese
schwierige Sportart zu verbessern,
um noch erfolgreicher spielen zu
können und dadurch mehr Freude
am Tennis zu haben. Der Deutsche
Tennis Bund hat daher seine Lehrarbeit in den letzten Jahren stark
intensiviert und auf eine breite
Basis gestellt. In diesem Rahmen
ist auch diese Ausgabe des auf den
neuesten Erkenntnissen beruhenden Tennis-Lehrplans »Unterricht
& Training« zu sehen. Er ergänzt
den Tennis-Lehrplan Band 1
»Technik & Taktik«. Diese beiden
Bände sollen jedoch nicht nur die
Grundlage für die Lehrarbeit der
C-, B- und A-Trainer darstellen,
sondern auch allen Interessierten vom Anfänger über den Fortgeschrittenen bis zum Turnierspieler-,
helfen, mehr vom Tennis zu verstehen und ihr Spiel zu verbessern.
Der Lehrplan wurde von Autoren
erstellt, die nicht nur den Ausschuß für Lehrarbeit und den
Ausschuß für Sportwissenschaft
des Deutschen Tennis Bundes vertreten, sondern auch in der Tennislehrer- und Trainer-A-Ausbildung
mitwirken und somit Praxis
und Theorie gut miteinander
verbinden.
Der erste Teil dieses neu konzipierten Bandes, der den Unterricht
thematisiert, beantwortet die
Frage, wie die im Tennis-Lehrplan
Band 1 »Technik & Taktik« dargestellte Technik gelehrt und gelernt
werden kann. Deshalb soll dieser
Lehrplan Hilfe und Anregung für
die Unterrichtspraxis, aber auch
für die Ausbildung im Bereich
des Deutschen Tennis Bundes
darstellen.
Im Hinblick auf den zweiten Teil
des Bandes, der das Training thematisiert, sollten wir uns immer
wieder vergegenwärtigen, daß das
hohe Niveau des deutschen Tennissports auf der Grundlage einer
jahrelangen soliden Arbeit der
Trainer beruht. Ein zentrales Ziel
des Deutschen Tennis Bundes besteht deshalb darin, die Nachwuchsförderung so zu intensivieren, daß die derzeitigen Erfolge bis
zum Jahr 2000 und darüber hinaus fortgesetzt werden können.
Ich wünsche deshalb gerade auch
diesem Buch eine gute Resonanz,
hoffe, daß es zur Fortsetzung des
derzeitigen hohen Leistungsstandards beiträgt und danke dem
Verlag sowie insbesondere den
Autoren für das große Engagement, das sie bei der vorliegenden
völligen Neubearbeitung aufgebracht haben.
Dr. Claus Stauder
Präsident des
Deutschen Tennis Bundes
Inhalt
5 Vorwort
8 Einleitung
10 Merkmale des
Tennisspiels als
Grundlage für
Unterricht und
Training
13 Grundlagen des
Tennisunterrichts
Faktoren des
Unterrichtsgeschehens 14
Lernen 16
Lehren 25
Methodische Konzeptionen 27
Unterrichtsmaßnahmen 30
Planung und Durchführung
des Tennisunterrichts 41
Lernen und trainieren in
Gruppen 46
50 Tennisunterricht
mit verschiedenen
Zielgruppen
Anfängertennis - Kleinfeldtennis Kindertennis 50
Allgemeines zum Tennisunterricht
mit Anfängern 51
Elementarschule 56
Fortgeschrittene Erwachsene
im Freizeittennis 60
Schultennis 64
Tennis mit Behinderten 66
70 Konzept der
trefforientierten
Methode
93 Leistungsanforderungen als Grundlage
des Trainings
Das Konzept der funktionalen
Bewegungsanalyse 70
Physikalische und biomechanische
Analyse der Tennistechnik 94
Leistungsphysiologische Aspekte 96
Psychische Anforderungen 97
Analysen von Weltklassespielern 99
75 Anwendung
der methodischen
Reihen
Grundschlag Vorhand und Rückhand 76
103 Leistungsentwicklung und Leistungsprognose
Aufschlag 78
Aufschlag mit Drall 79
Talentbestimmung 103
Talentsuche 105
Talentförderung 106
Schmetterball 80
Schmetterball
aus dem Sprung 82
Flugball Vorhand und Rückhand 83
LobVorhand und Rückhand 84
Topspin Vorhand und Rückhand 86
Slice Vorhand und Rückhand 87
StopVorhand und Rückhand 89
Halbflugball Vorhand und Rückhand 90
112 Allgemeine
Trainingsgrundlagen
Belastung und Anpassung 112
Belastung und Erholung 114
Überbelastung und Übertraining 115
117 Koordinationstraining
Definition und Systematik 117
Koordinative Fähigkeiten 117
Prinzipien des
Koordinationstrainings 120
Qualitätsmerkmale des
Koordinationstrainings 121
131 Techniktraining
Bedeutung der Technik 131
Technikarten 131
Tennistechnische
Entwicklung 131
Individuelle
Voraussetzungen 133
Einführung in die
Trainingspraxis 133
Dosierung der Belastung 134
Methodische Hinweise
zum Techniktraining 135
145 Taktiktraining
Taktik erlernen 145
Taktik trainieren 146
Aufschlagtraining 148
Returntraining 149
Grundlinienspiel 149
Netzspiel 150
152 Konditionstraining
Ausdauer 153
Kraft 159
Schnelligkeit 164
Beweglichkeit 170
Heimprogramm 173
181 Psychologische
Grundlagen/
Psychologisch
orientiertes Training
Auffallende
psychologische Phänomene
und Probleme 181
Psychologische
Trainingsformen 182
Psychologisches oder psychologisch
orientiertes Training? 193
Abschließende Bemerkungen 198
201 Trainingsund Wettkampfplanung
Periodisierung 201
Steuerung des Trainings 203
Trainingseinheit 203
Training mit verschiedenen
Zielgruppen 205
Talentierte Kinder und
Jugendliche 206
Training mit Frauen 211
Training im Senioren-Wettkampftennis 212
214 Wettkampfbetreuung
Einführung 214
Betreuung im Wertkampf 216
Betreuung
nach dem Wettkampf 219
Betreuung bei mehreren
Wettkämpfen an einem Tag 221
Weiterführende Betreuung 221
222 Sportmedizinische
Aspekte
Sportmedizinische
Betreuung 222
Verletzungen im Tennis 223
Leistungskontrolle und
Leistungstest 232
Tennis unter extremen
Bedingungen 238
Ernährung
des Tennisspielers 243
250 Zur pädagogischen
Verantwortung des
Trainers
Einleitung
Der vorliegende Tennis-Lehrplan
Band 2 »Unterricht & Training«
stellt eine Überarbeitung und
Zusammenfassung der beiden bisherigen Bände »Methodik« (1993)
sowie »Training und Wettkampf«
(1993) dar. Er ergänzt den Lehrplan Band 1 »Technik & Taktik«,
der 1995 neu überarbeitet
erschien.
Hauptziel des ersten Teils dieses
Bandes, der den Unterricht im
Tennis thematisiert, ist, nützliche
Hilfen, Empfehlungen und
Informationen für die Praxis des
Tennisunterrichts zu geben. Die
methodischen Aussagen zu den
einzelnen Problemen und Fragen
des Lernens und Lehrens basieren
auf praktischen pädagogischen
und methodischen Erfahrungen
sowie auf sportwissenschaftlichen
Erkenntnissen.
Adressaten sind alle diejenigen,
die sich in irgendeiner Weise direkt
oder indirekt mit dem Lehren und
Lernen von Tennis befassen. Das
können Tennislehrer und Trainer in
den Vereinen, Verbänden oder
Tennisschulen sein, aber auch
Lehrkräfte und Studenten an
Schulen und Hochschulen sowie
schließlich Tennisanfänger oder
Fortgeschrittene, die sich selbst
oder anderen im Tennis weiterhelfen wollen. Nicht zuletzt ist auch
an die Eltern gedacht, die ihren
Kindern beim Erlernen des Tennisspiels konkrete Hilfen geben wollen.
Das Lehrplanwerk des Deutschen
Tennis Bundes ist so konzipiert,
daß die einzelnen Bände einerseits
spezielle Aspekte des Tennis
behandeln, andererseits aber auch
aufeinander aufbauen und sich
ergänzen. So bildet der Lehrplan
Band 1 »Technik & Taktik« eine
Grundlage für diesen Band, in ihm
werden die Tennistechniken in
Wort und Bild dargestellt und
begründet. Mit Hilfe des ersten
Teils dieses Bandes können diese
Techniken nun im Tennisunterricht
gelehrt und gelernt werden.
Dieser methodische Teil kann und
will keine Patentrezepte anbieten,
dafür sind die Situationen im Tennisunterricht aufgrund sich ständig
ändernder Bedingungen zu vielfältig und verschieden. Er skizziert
aber Methoden und Verfahren,
die sich bewährt haben und gibt
praktische Beispiele.
In der Praxis des Tennissports wird
noch vielfach die Auffassung vertreten, das beste Training zur Vorbereitung auf Wettkämpfe bestehe darin, Trainingsspiele durchzuführen und an möglichst vielen
Wettkämpfen teilzunehmen.
Demgegenüber zeigt die Entwicklung der Spitzenleistungen im Tennis und in anderen Sportarten, die
in starkem Maße auch von der
Entwicklung der Trainingswissenschaft beeinflußt wird, daß ein
gezieltes und systematisches Training von Technik und Koordina-
tion, Taktik, Kondition und Psyche,
verbunden mit einer langfristigen
Trainingsplanung, regelmäßiger
sportmedizinischer Betreuung und
einer intensiven Wettkampfbetreuung, zu einer wesentlichen
Steigerung der allgemeinen und
individuellen Leistungsfähigkeit
führt.
Diese Themen werden im zweiten
Teil dieses Bandes hauptsächlich
behandelt. Die Auswahl der Themen und ihr Umfang orientieren
sich vor allem an den praktischen
Erfordernissen und am Stand des
Wissens.
Aus Platzgründen konnte einiges,
was den einen oder anderen sicher
interessiert hätte, nicht aufgenommen oder erschöpfend behandelt
werden; hier wird auf die Buchreihe »DTB-Trainerbibliothek« verwiesen.
Lehrpläne dieser Art sind vor allem
durch das Problem gekennzeichnet, Theorie und Praxis angemessen zu verbinden. Im folgenden
wird versucht, die theoretischen
Zusammenhänge nur so weit darzustellen, daß die praktischen Beispiele begründet werden können
und somit auch eine Basis dafür
gegeben ist, daß jeder Trainer
eigene Übungsformen entwickeln
kann. Die angeführten Beispiele
stellen deshalb keine Rezepte dar,
sie sollen vielmehr als exemplarische Anregungen aufgefaßt werden, die in der Praxis des Trainings
mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unter besonderer
Berücksichtigung des Leistungsniveaus und geschlechtsspezifischer
Gesichtspunkte flexibel umgesetzt
werden sollen. Eine weitere
Schwierigkeit eines solchen Lehrplans besteht auch darin, daß
nicht alle Erkenntnisse der allgemeinen Trainingslehre ohne weiteres auf den Tennissport übertragen
werden können. Deshalb wird im
folgenden versucht, so weit wie
möglich von einer spezifischen
Analyse der Struktur der Sportart
Tennis auszugehen.
Hauptadressaten des zweiten Teils
dieses Bandes sind Trainer und
Sportlehrer. Aber auch für jeden
am Training und Wettkampf Interessierten soll dieser Band Informationen und Anregungen vermitteln. Die Anregungen sollen auch
so verstanden werden, daß sie kritisch überprüft und in der Praxis
weiterentwickelt werden können.
Denn nicht nur das Spiel unterliegt
ständigen Veränderungen, das
gleiche gilt auch für die allgemeine
und sportartspezifische Trainingslehre.
Schließlich soll noch darauf hingewiesen werden, daß dieser Lehrplan als Handbuch im Sinne eines
Nachschlagewerkes gedacht ist.
Man kann ihn zu bestimmten
Themenbereichen und Einzelfragen von Unterricht und Training
gezielt zu Rate ziehen, ohne ihn
von vorne bis hinten studieren zu
müssen.
Rüdiger Bornemann
Hartmut Gabler
Gerhard Glasbrenner
Jock Reetz
Richard Schönborn
Peter Scholl
Karl Weber
9
Merkmale des Tennisspiels
als Grundlage für Unterricht
und Training
Gruppierung von
Sportarten
nach Leistungsanforderungen
Die einzelnen Sportarten unterscheiden sich u.a. durch die unterschiedliche Ausprägung der leistungsbeeinflussenden Faktoren.
Betrachtet man die Sportarten
unter diesem Aspekt, lassen sie
sich in Gruppen zusammenfassen.
So kann man z. B. fünf Gruppen
voneinander unterscheiden:
•
Kampfsportarten (z.B. Boxen,
Ringen)
• Kraft- und Schnellkraftsportarten (z.B. Gewichtheben,
Sprünge, Sprint)
• Ausdauersportarten (z. B.
Langstreckenlauf, Rudern)
• Kompositorische Sportarten
(z.B. Geräteturnen, Eiskunstlaufen)
• Sportspiele (z.B. Fußball,
Tennis)
D. h., in jeder dieser Gruppen sind
bestimmte Faktoren (z. B. Ausdauer oder Schnelligkeit) in besonderem Maße notwendig, um hohe
Leistungen erzielen zu können.
Trotzdem gibt es innerhalb jeder
Gruppe noch viele Besonderheiten, wie unterschiedliche Ausprä-
10
gungen einzelner Faktoren und
deren Zusammenhänge untereinander.
Um internationales Spitzenniveau
zu erreichen, benötigt ein Spieler
ca. 8 bis 10 Jahre. Ist dieses Niveau erreicht, was nur wenigen
gelingen kann, dauert es noch ca.
2 bis 4 Jahre, bis der Spieler seine
individuelle Höchstleistung erreicht. Diese relativ lange Zeitspanne (ca. 10 bis 14 Jahre) macht
deutlich, daß die Entwicklung der
leistungsbestimmenden Faktoren
im Tennis insgesamt viel Zeit in
Anspruch nimmt.
Bedenkt man, daß im Tennis eine
Vielzahl von leistungsbestimmenden Faktoren von Bedeutung ist,
was später im einzelnen noch ausgeführt wird, dann wird deutlich,
wie schwierig diese Sportart auch
auf niedrigeren Leistungsstufen ist.
Spezifische
Kennzeichen
des Tennisspiels
Ball und Schläger
Beim Tennis muß man nicht nur
ein, sondern zwei Objekte beherrschen - den Ball und den Schläger.
Dabei muß über das eine (Schläger) das zweite Objekt (Ball) gesteuert werden. Hinzu kommen
spezifische Besonderheiten wie
enorme Ballgeschwindigkeiten (bis
über 200 km/h) und Schlägergeschwindigkeiten (bis 150 km/h)
sowie das Schlägergewicht.
Rückschlagspiel
Die Besonderheit dieses Rückschlagspiels besteht darin, daß die
Spielpartner/Gegner durch ein
Netz voneinander getrennt sind
und daß es dadurch zu keinem
Körperkontakt kommen kann, wie
dies z.B. bei Mannschaftssportspielen der Fall ist. Wie auch bei
anderen Schläger-Rückschlagspielen ist beim Tennis im Vergleich zu
Mannschaftsspielen wie Fußball
o.a. (auch Volleyball) ein wesentlicher Unterschied darin zu sehen,
daß der Ball jeweils hin- und hergespielt wird.
Unterschiedliche Zählweise
und Regeln
Die traditionelle Zählweise des
Tennissports findet man in keiner
anderen Sportart wieder. Die Besonderheit der Zählweise und der
Regeln besteht vor allem darin,
daß jedes Spiel in jedem Satz von
neuem beginnt und daß deshalb
ein Spieler auch bei sehr hoher
Führung im Satz oder Match seines Sieges noch keineswegs sicher
sein kann.
Merkmale des Tennisspiels
Keine Zeitbegrenzung eines
Matches
Die meisten Sportarten haben eine
festgelegte oder zumindest eine
ziemlich genau absehbare Zeitabgrenzung. Ein Tennismatch kann
beim Spiel über zwei Gewinnsätze
zwischen ca. 30 Minuten und 3 1 / 2
Stunden dauern; ein Match über
fünf Sätze überschreitet u. U. die 5
Stunden. Schon diese unterschiedliche Matchdauer fordert von den
Spielern eine Reihe von Eigenarten, die bei anderen Sportarten
gar nicht oder nur begrenzt in dieser Qualität und in diesem Umfang auftreten.
Intervallartige Belastung
Die Ballwechsel erstrecken sich
über 20 bis 25% der Spieldauer
(auf Sand). Der Rest des Matches
besteht aus Pausen.
Turniercharakter und
ganzjährige Saison
Das Wettkampftennis besteht aus
Turnieren und aus Mannschaftswettkämpfen.
Die Turniere werden in der Regel
in Form von Ausscheidungswettbewerben (K.-o.-System) gespielt.
Der Spieler muß hierbei im allgemeinen pro Tag mindestens ein
Match absolvieren. Die internationalen Turniere dauern meistens
eine Woche, die »Grand-SlamTurniere« sogar zwei Wochen. Es
gibt aber auch dreitägige Veranstaltungen (Freitag bis Sonntag),
bei denen ein Spieler sogar mehrere Spiele am Tag spielen muß.
Bei fast allen Turnieren kommen
noch Doppelkonkurrenzen hinzu.
Das hat besondere Anforderungen
an die Spieler zur Folge. Oft werden ganze Turnierserien gespielt,
bei denen für die einzelnen Veranstaltungen sogar von Kontinent zu
Kontinent gewechselt wird oder
bei denen sich Turniere im Freien
und in der Halle abwechseln.
Die zunehmende Professionalisierung des Turniertennis und die
damit verbundene Abhängigkeit
der Spieler von Ranglistenergebnissen führt zu einer nahezu
ganzjährigen Spielsaison für die
Besten.
Spiel- und Wettkampftätigkeit
auf verschiedenen Alters- und
Leistungsstufen
Im Gegensatz zu den meisten
anderen Sportarten kann man organisiertes Wettkampftennis in
nahezu jedem Alter und auf jeder
Leistungsebene ausüben. Viele
ehemalige Spitzensportler aus anderen Sportarten steigen nach der
Beendigung ihrer Karriere auf Tennis um und versuchen sogar bis ins
hohe Alter, Tennis wettkampfmäßigzu spielen. In kaum einer
anderen Sportart gibt es so viele
aktive Sportler jeden Alters wie im
Tennis.
Der Tennissport
aus breitensportlicher
Perspektive
Der Tennissport ist in erster Linie
Breitensport. Tennis kann man mit
Freunden, Bekannten, Familienangehörigen, mit Jungen, mit Älteren, zu zweit, zu viert und beim
Unterricht in der Gruppe spielen.
Tennis kommt vielfältigen Motiven
entgegen, z.B. dem
• Geselligkeits- und Kommunikationsbedürfnis,
• Leistungsmotiv,
• Bedürfnis nach sozialer Anerkennung,
• Gesundheits- und Fitneßmotiv,
• Bedürfnis nach Spannung und
Entspannung,
• Bedürfnis nach sportlichem
Ausgleich,
• Wunsch nach Selbsterfahrung.
Tennis kann im Freien und in der
Halle als Ganzjahressport gespielt
werden - und dies ein Leben lang.
Tennis ist in diesem Sinne eine
sog. Lifetime-Sportart: Dies hängt
auch damit zusammen, daß der
persönliche Aufwand im Spiel
leicht dosierbar ist. Tennis kann
man mit geringer Anstrengung
spielen, man kann es mit einem
weit schwächeren Partner aufrechterhalten, und man kann das
Spiel zeitlich stark verkürzen. Man
kann sich aber auch mit totalem
Engagement in einem Hitzematch
gegen einen etwa gleich starken
Gegner völlig verausgaben.
Schließlich bietet der Tennissport
auch deshalb günstige Bedingungen, weil er einen geringen Organisationsgrad aufweist. Im Vergleich zu manch anderen Sportarten kann man dem Tennissport als
Hobbysport terminlich relativ flexibel nachgehen, zumal nur ein
Spielpartner notwendig ist.
Diese Merkmale des Tennisspiels seine spezifischen Leistungsanforderungen, seine strukturimmanenten Kennzeichen (Ball und Schläger, Rückschlagspiel, Regeln u.a.)
und seine breitensportlichen
Merkmale - beeinflussen im übergeordneten Sinne den Unterricht
und das Training im Tennis.
11
Grundlagen des Tennisunterrichts
12
Grundlagen
des Tennisunterrichts
Tennisunterricht ist (wie jeder Unterricht) eine Veranstaltung geplanten und organisierten Lernens,
die mit pädagogischen Zielen verbunden ist.
Die Pädagogik befaßt sich mit der
Frage, wie vor allem die Entwicklung heranwachsender Menschen
(Kinder und Jugendliche) durch Erziehung sinnvoll beeinflußt werden kann. In zunehmendem Maße
befaßt sie sich aber auch mit der
Lebensgestaltung erwachsener, älterer und behinderter Menschen.
Die Sportpädagogik ist ein Teilgebiet dieser allgemeinen Erziehungswissenschaft und ein Teilgebiet der Sportwissenschaft. Sie
bemüht sich um die Zusammenhänge von Sport und Erziehung.
Auf den Tennisunterricht bezogen,
liefert sie zum einen die theoretische und möglichst wissenschaftlich abgesicherte Grundlage für
die Praxis des Unterrichts und gibt
zum anderen dem Unterrichtenden (also dem Lehrer) Hilfen
dafür, sein Unterrichtsverhalten
pädagogisch verantworten zu
können. Die pädagogische Verantwortung des Lehrers besteht
darin, daß er all seine unterrichtlichen Maßnahmen vorwiegend an
der Entwicklung seines Schülers
ausrichtet, und nicht etwa, wie
man es im Tennis leider immer
wieder erlebt, z. B. am Ehrgeiz von
Funktionären und Eltern. Pädagogische Verantwortung zu tragen
heißt auch, sich um die Gesamtentwicklung des Schülers zu sorgen und nicht nur den Erfolg im
Tennis im Auge zu haben. Dieses
Problem stellt sich für den Trainer
besonders, wenn es z.B. um die
Entscheidung geht, ob sein Schüler frühzeitig die Schullaufbahn
zugunsten einer Profitenniskarriere
aufgeben soll.
Einleitend wurde schon gesagt,
daß der Tennisunterricht eine Veranstaltung geplanten und organisierten Lernens ist, die mit pädagogischen Zielen verbunden ist.
Von diesem Ansatz lassen sich drei
Merkmale ableiten, die den
Tennisunterricht kennzeichnen:
• Lernziele und Inhalte des
Unterrichts (Didaktik)
• Bedingungen des Unterrichts
• Planen, Organisieren und
Durchführen des Unterrichts
(Methodik)
Die Didaktik befaßt sich vor allem
mit den Zielen und Inhalten des
Unterrichts. Lernziele sind technische, taktische, konditionelle und
psychische Fertigkeiten, aber auch
Kenntnisse über Regeln und Strukturen des Tennissports sowie soziale Kompetenzen wie z.B. Fairneß und Kameradschaftlichkeit.
Die Inhalte des Unterrichts bestehen dementsprechend aus Übungen im Technik-, Taktik-, Konditionsbereich usw. Es können aber
auch Gespräche sein, um bestimmte Einstellungen des Schülers
kennenzulernen und zu entwickeln. Im Zentrum der Inhalte
des Unterrichts steht die Tennistechnik (Schlagtechniken, Beinarbeit) mit ihren verschiedenen
Lösungsmöglichkeiten für taktische Aufgaben - unabhängig davon, in welchem Rahmen der Tennisunterricht (ob im Verein, in der
Schule oder in einer kommerziellen Einrichtung) stattfindet. Denn
das oberste didaktische Ziel ist
stets, die Spielfähigkeit zu erreichen und zu verbessern, sowohl
im Sinne des Miteinander- als
auch des Gegeneinanderspielens.
Es ist deshalb wichtig, daß der
Lehrer die Tennistechnik gemäß
ihrer Struktur angemessen vermittelt, d.h. beispielsweise besonderen Wert auf das richtige Treffen
des Balles (im Zusammenhang mit
Beinarbeit, Ausholen, Gewichtsverlagerung und Ausschwung)
legt.
Die Bewegungslehre als wichtiges
Teilgebiet der Sportwissenschaft
liefert hierzu die Grundlage (siehe
Tennis-Lehrplan Band 1, Technik &
Taktik). Je mehr die Ziele im Tennisunterricht nicht nur am Erlernen
des Tennisspiels, sondern auch an
Leistungssteigerungen ausgerichtet werden, desto mehr ergeben
sich Überschneidungen mit dem
Bereich der Trainingslehre, die
hierfür die Grundlage liefert.
In jedem Unterricht muß berücksichtigt werden, welche Bedingun-
13
Grundlagen des Tennisunterrichts
gen dem Unterricht zugrunde
liegen. So macht es einen Unterschied, ob der Unterricht unter
schlechten oder unter günstigen
institutionellen (räumlichen, personellen und finanziellen) Bedingungen stattfindet. Unterschiede ergeben sich z. B. auch beim Vergleich des Unterrichts in einem
Verein oder in einer kommerziellen
Tennisanlage bzw. im Rahmen
eines Tenniskurses im Urlaub. Aktuelle Unterrichtsbedingungen ergeben sich durch die Person des
Schülers und des Lehrers sowie
durch die Beziehungen zwischen
Lehrer und Schüler bzw. Schüler
und Schüler: Wie sind die Schüler
motiviert? Wie lernfähig sind sie?
Ist die Gruppe homogen? Welchen Führungsstil bevorzugt der
Lehrer? Wie können die Lerneffekte kontrolliert werden? Mit solchen und anderen Fragen befaßt
sich die Sportpsychologie.
Die Methodik des Tennisunterrichts stellt nun die Lehre von den
Vermittlungs- und Aneignungsverfahren (Methoden) dar, das »Wie«
der Gestaltung der unterrichtlichen Lehr- und Lernprozesse.
Während die allgemeine Methodik
das behandelt, was für alle Sportarten gültig ist, z.B. das Prinzip
»vom Leichten zum Schweren«,
versucht die spezielle Methodik,
die Erkenntnisse der allgemeinen
Methodik auf einzelne Sportarten,
in diesem Fall auf das Tennisspiel,
zu übertragen.
Nach den bisherigen Ausführungen wird deutlich, daß sich die
Methodik des Tennisunterrichts
vor allem auf die Sportpädagogik,
Bewegungslehre, Sportdidaktik,
Trainingslehre und Sportpsychologie stützt. Sie befaßt sich also mit
der Frage, wie einzelne konkrete
Lernschritte schnell erreichbar
sind, wie übergreifende Fähigkeiten langfristig zu entwickeln sind,
14
wie Unterrichtsstunden aufgebaut
werden können, wie der Unterricht zu organisieren und der Ablauf zu optimieren ist und wie die
Lernkontrolle durchgeführt werden kann. Als Grundlage des Tennisunterrichts werden behandelt:
• Faktoren des Unterrichtsgeschehens (im Sinne eines
Überblicks)
• Lernen (des Schülers)
• Lehren (durch den Unterrichtenden)
• Unterschiede von Einzel- und
Gruppenunterricht
• Methodische Konzeptionen (als
grundlegende Konzepte des
methodischen Vorgehens)
• Einzelne Unterrichtsmaßnahmen (wie z.B. Korrigieren, Vormachen, Zuspielen)
• Planung und Durchführung des
Tennisunterrichts (auf der
Grundlage der vorangegangenen Punkte)
Faktoren des
Unterrichtsgeschehens
Nach diesen einführenden begrifflichen Erläuterungen läßt sich der
Tennisunterricht als ein Geschehen
auffassen, in dem der Lehrer auf
der Grundlage didaktischer Zielvorstellungen versucht, dem
Schüler (den Schülern) bestimmte
Inhalte mit entsprechenden Methoden zu vermitteln, wobei der
Schüler im Zentrum der pädagogischen Bemühungen des Lehrers
steht. Anders formuliert: Der Unterricht ist auch als ein interaktives
Geschehen zwischen Lehrer und
Schüler(n) zu verstehen, in dem
sich beide mit den weiteren Faktoren des Unterrichtsgeschehens,
den Zielen, Inhalten und Metho-
den auseinandersetzen, wobei sich
alle diese Faktoren gegenseitig bedingen. Die Faktoren können zur
Verdeutlichung noch weiter differenziert werden. Zu den einzelnen
wesentlichen Faktoren werden im
folgenden verschiedene Bedingungen und Eigenschaften aufgeführt.
Der (die) Schüler
• Allgemein-sportliche Voraussetzungen
• Tennisspezifisches Können
• Lernbereitschaft
• Lernfähigkeit
• Interessen
Jeweils in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand
Die Ziele
• Fertigkeiten wie Aufschlag,
Vorhand, Lob erwerben und
verbessern
• Taktische Kenntnisse und Verhaltensregeln erwerben und
verbessern
• Fähigkeiten wie Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer verbessern
• Wissen z. B. über Regeln, Wettspielordnung aneignen
• Einstellungen, Motivationen
entwickeln
• Wettkämpfe auf bestimmtem
Niveau spielen können u.a.
Inhalt/Stoff
Übungs-, Spiel- und Trainingsformen
• Technischer Aspekt
• Taktischer Aspekt
• Konditioneller Aspekt
• Psychologischer Aspekt
Lehrer
• Äußere Erscheinung
• Auftreten
• Pädagogisches Geschick
• Tennisspezifisches Wissen und
Können
• Motivations- und Begeisterungsfähigkeit
Faktoren des Unterrichtsgeschehens
Abb. 1 Erleichterte Aufschlagbewegung: Hochnehmen des Schlägers vor
dem Körper (links), Schlagen nach vorne
oben (rechts)
Der konkrete Ablauf des Unterrichts hängt von all diesen Bedingungen ab, also vom Schüler, den
Zielen, den Inhalten und dem Lehrer. Daß sich diese Bedingungen
gegenseitig beeinflussen, soll an
zwei Beispielen deutlich gemacht
werden:
Beispiel 1: Ein erwachsener Anfänger möchte gerne das Tennisspiel
so schnell und gut erlernen, daß er
mit seinen Bekannten spielen
kann. Zunächst paßt der Lehrer
die Lernziele den Interessen und
Lernvoraussetzungen des Schülers
an. Dann wird der Stoff so strukturiert, daß er den Lernzielen angemessen ist. Beim Aufschlag z.B.
könnte das Lernziel vor allem auf
Sicherheit ausgerichtet werden.
Dies führt dazu, daß Hauptaktion
und Hilfsaktionen des Aufschlages
(vgl. Tennis-Lehrplan Band 1) wesentlich vereinfacht werden, indem der Schüler den Schläger mit
dem Vorhandgriff faßt, ihn vor
dem Körper aufwärts führt und
ihn schließlich kontrolliert gegen
den Ball beschleunigt (Abb. 1).
Diese Technik ist schnell zu erlernen und bietet eine relativ große
Sicherheit. Sie ermöglicht allerdings kaum schnelle und mit Drall
geschlagene Bälle, was im Wettkampf auf mittlerer und höherer
Leistungsstufe jedoch erforderlich
wäre, und ist deshalb keine allgemein (sondern nur ganz speziell)
zu empfehlende Technik.
An der Strukturierung dieses Stoffes richtet sich der Lehrer auch
aus, wenn er seine Methoden der
Stoffvermittlung wählt. So entscheidet er sich in diesem Falle
z. B. für die Ganzheitsmethode
und bevorzugt die methodischen
Maßnahmen des Anweisens, Erklärens und Korrigierens.
Beispiel 2: Ein 9jähriger talentierter
Junge möchte das Tennisspiel so
gut erlernen, daß er gegebenenfalls einmal ein guter Turnierspieler
werden kann. Somit ergeben sich
spezifische Ziele, die vor allem an
den Strukturen des Wettkampftennis orientiert sind. Der Lehrer
berücksichtigt in besonderem
Maße den körperlichen und psychischen Entwicklungsstand seines
Schülers, um ihn angemessen zu
fordern (allerdings auch nicht zu
überfordern). Er strukturiert den
Stoff so, daß ihn der Schüler (Jahre
später) optimal im Wettkampf einsetzen kann, d.h., daß er beispielsweise einen Aufschlag lehrt,
bei dem der Schläger mit Rückhandgriff in der Hauptaktion steil
aufwärts-vorwärts bis zum Treffpunkt des Balles optimal beschleunigt wird (Abb. 2). Dies ermöglicht
schnelle und mit Drall geschlagene
Bälle. Dazu sind allerdings bestimmte Hilfsaktionen zweckmäßig, wie Schwingen des Schlägers in einen tiefen Punkt der
Schleife hinter dem Rücken, Bo-
Abb. 2 Optimale Aufschlagbewegung:
Beschleunigen des Schlägers aus einer
tiefen Schleife (links) steil aufwärts-vorwärts zum Treffpunkt in größtmöglicher
Reichhöhe (rechts)
genspannung u.a. Eine solche
Technik ist schwerer zu erlernen
und bedarf ausgeprägter motorischer Grundeigenschaften. Der
Lehrer wird also diesen Stoff im
Sinne einer langfristigen Planung
vermitteln und dementsprechend
Übungsreihen anbieten, Bewegungsaufgaben stellen usw. Die
Ziele und Voraussetzungen des
Schülers sowie die gewählten Methoden der Stoffvermittlung wirken sich schließlich wiederum auf
seinen Unterrichtsstil aus.
An diesen beiden Beispielen zeigt
sich also, daß für den konkreten
Unterricht keine Patentrezepte gegeben werden können. Vielmehr
muß der Lehrer die verschiedenen
Faktoren in ihrer prinzipiellen Wirkung kennen und auf die konkrete
Unterrichtssituation anwenden.
An dieser Stelle muß deshalb auch
darauf hingewiesen werden, daß
sich die im Lehrplan Band 1 behandelten Techniken nur auf allgemeine Grundsituationen beziehen.
Individuelle Bedingungen und spe-
15
Grundlagen des Tennisunterrichts
•^v-'^fl«a
zielle Zielsetzungen konnten nur
vereinzelt berücksichtigt werden,
denn die Vielfalt der möglichen
Techniken, die sich ergeben, wenn
man Ziele, Situationen und individuelle Bedingungen stark variiert,
hätte nicht in übersichtlicher Form
dargestellt werden können.
Da der Ablauf des Unterrichts
von den verschiedenen Faktoren
des Unterrichtsgeschehens
(Schüler, Lehrer, Ziele u.a.) abhängt, werden diese Faktoren im
nächsten Kapitel im einzelnen
behandelt. Zunächst wird auf das
Lernen der Schüler und auf ihre
individuellen Lernvoraussetzungen
eingegangen. Dann folgt eine Beschreibung allgemeiner Anforderungen an den Tennislehrer.
Der nächste Abschnitt ist je nach
den Unterrichtszielen den unterschiedlichen methodischen Konzeptionen (spielorientierte oder
technikorientierte Konzeption,
Ganzheits- oder Teilmethode, deduktives oder induktives Vorgehen) gewidmet. Dann folgt eine
Beschreibung der konkreten Unterrichtsmaßnahmen, wie z.B.
Vormachen, Zuspielen, Korrigieren
.und Organisieren. Zum Abschluß
dieser Grundlagen werden
Gesichtspunkte der Planung
und Durchführung des Tennisunterrichts beschrieben. Dieser
Abschnitt beginnt mit der Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile des Einzel- bzw. Gruppenunterrichts.
Lernen
Ein Tennislehrer, der mit einer
Gruppe von Kindern, Jugendlichen
oder Erwachsenen einen Tenniskurs durchführt, wird nach einiger
Zeit Änderungen im Verhalten seiner Schüler erkennen können. Eine
ursprünglich nicht gekonnte Be-
16
wegung (z.B. ein Topspinschlag
mit Vorhand), ein angemessenes
taktisches Verhalten (z.B. Angriffsschlag mit der Rückhand) oder
aber das Verlieren-Können werden
sichtbar. Man sagt in diesem Falle
dann: Die Schüler haben etwas
gelernt.
Lernen stellt ein zentrales Ziel des
Unterrichts dar. Dabei ist zunächst
zu klären, was unter Lernen verstanden wird und welche Formen
des Lernens sich unterscheiden
lassen. Anschließend wird versucht, den Vorgang des Lernens
zu erklären und Phasen des Lemvorgangs zu beschreiben. Im letzten Teil dieses Kapitels werden individuelle Voraussetzungen des
Lernens behandelt.
Was heißt Lernen?
Unter Lernen versteht man einen
Vorgang, der aufgrund der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen zu relativ dauerhaften Veränderungen des Verhaltens, der Einstellungen, der Gewohnheiten und des Könnens
führt.
Kurzfristige Verhaltensänderungen, die durch Ermüdung, Verletzung, Alkoholkonsum, Drogeneinwirkung oder Motivationsschwankungen zustande kommen, werden nicht als Lernen bezeichnet.
Lernen ist ebenfalls zu unterscheiden von Verhaltensänderungen,
die durch Vorgänge wie Reifen,
Wachsen und Altern bedingt sind.
Während es sich bei Reifungs-,
Wachstums- oder Alterungsprozessen vorwiegend um endogen
(von innen) gesteuerte Vorgänge
handelt, werden Verhaltensänderungen im Rahmen von Lernvorgängen primär durch äußere Informationen bzw. durch Erfahrungen hervorgerufen.
Was ist der Unterschied zwischen Lernen und Trainieren?
Den Unterschied von Lernen und
Trainieren kann man sich wie folgt
klarmachen:
Lernen bezieht sich vor allem auf
den (Neu-)Erwerb von Kenntnissen, Einstellungen, motorischen
Fähigkeiten oder taktischen
Grundmustern.
Training bezieht sich auf die planmäßige und systematische Erhaltung, Förderung oder Wiederherstellung der sportlichen Leistungsfähigkeit.
Technik lernen
Einen Vorhand-Topspin zu erlernen bedeutet z. B., die Grundform
dieser Technik neu zu lernen und
anzuwenden. Anwenden heißt,
mit dieser neuen Technik eine taktische Aufgabe (z. B. den Ball so zu
schlagen, daß er schnell und hoch
vom Boden abspringt) lösen zu
können und sie im »Spiel miteinander« einzusetzen.
Taktik lernen
Analog zu den einzelnen Techniken, die als Grundmuster zur Lösung von Bewegungsaufgaben zu
betrachten sind, heißt Taktik erlernen, taktische Grundmuster erlernen und durchspielen. Taktische
Grundmuster sind typische und erfolgversprechende Lösungen für
bestimmte Situationen, wie z. B.
ein Angriffsschlag longline mit
Rückhand-Slice und abschließendem Flugball cross. Voraussetzung
für diesen taktischen Spielzug ist
allerdings, daß die Gelegenheiten
(mögliche Position für den Angriffsschlag longline und Treffpunkthöhe für den Flugball cross)
gegeben sind. Der Spieler muß
also die Situation wahrnehmen,
Lernen
beurteilen und entscheiden, ob die
Voraussetzungen gegeben sind,
und dann entsprechend handeln.
Beim Erlernen der Taktik (Durchspielen und Festigen taktischer
Grundmuster) spielt das Gegnerverhalten noch keine Rolle.
Technik trainieren
Technik trainieren bedeutet nun,
die erlernte Technik unter erschwerten Bedingungen anzuwenden und im »Spiel gegeneinander« einzusetzen. Dies bedeutet
nicht, daß kein Lernen mehr stattfindet; denn Lernen bedeutet immer auch Änderung des Verhaltens im Sinne der Anpassung an
neue Situationen. Allerdings steht
beim Trainieren das Lernen als Ziel
nicht im Vordergrund, vielmehr die
Anwendung der Technik unter erschwerten Bedingungen.
Techniktraining Vorhand-Topspin
• Auf die Rückhand zugespielte
Bälle werden umlaufen und mit
Vorhand-Topspin in unterschiedliche Zielfelder (longline,
cross) gespielt.
• Relativ hoch zugespielte Bälle
sollen nach dem Aufsprung
zunächst im abfallenden, dann
im aufsteigenden Ast getroffen
werden.
Bei diesen Formen des Techniktrainings ist die Situation (Schlagart,
Schlagrichtung etc.) weitgehend
vorgegeben. Obwohl immer eine
taktische Zielsetzung gegeben ist,
konzentrieren sich Spieler und
Trainer hauptsächlich auf die Technik. Korrekturen beziehen sich auf
die zweckmäßige und »richtige«
Ausführung der Bewegungen.
wenden. Das Können und die Position des Gegners werden in die
Wahmehmungs-, Beurteilungsund Entscheidungsprozesse mit
einbezogen. Der Spieler kann auch
aus verschiedenen Möglichkeiten
(Richtung, Schlagtechnik etc.) auswählen, je nachdem, welche Lösung für die Situation günstig erscheint und dem Können des Spielers entspricht. Analog zum »Technik trainieren« geht es nunmehr
auch hier um das »Spiel gegeneinander«.
Taktiktraining des Angriffsschlages mit abschließendem Flugball
• Spieler B erhält die Aufgabe, A
so unter Druck zu setzen, daß
er selbst mit einem Rückhandschlag angreifen kann. Nunmehr ist er allerdings in seiner
Entscheidung frei, cross oder
longline anzugreifen und den
Flugball cross, longline oder als
Flugballstop zu spielen. Dies
hängt vor allem auch von der
angemessenen Wahrnehmung
und Beurteilung des Verhaltens
des Gegners im Blick auf seine
eigenen Möglichkeiten, also
von der Interaktionssituation,
ab.
Die bisherigen Formen des Erlernens und Trainierens haben
sich auf den einzelnen Ballwechsel bezogen. Im Tennis erfolgreich zu sein bedeutet jedoch, viele Ballwechsel in ein
übergeordnetes taktisches Konzept und in eine Matchstrategie
einzuordnen. Taktik trainieren
heißt also auch, solche Strategien im Matchtraining oder in
matchähnlichen Trainingsformen zu trainieren.
Taktik trainieren
Taktik trainieren heißt, die erlernten taktischen Grundmuster unter
erschwerten Bedingungen in
matchähnlichen Situationen anzu-
Was heißt Üben?
Von Üben spricht man, wenn bereits Gelerntes durch wiederholte
Ausführung oder durch Anwen-
dung unter verschiedenen äußeren Bedingungen (z.B. Variation
von Höhe und Geschwindigkeit
des ankommenden Balles) stabilisiert wird. Üben erfolgt sowohl im
Rahmen von Lern- als auch von
Trainingsprozessen; demnach sind
Übungsformen sowohl dem Lernen als auch dem Trainieren zuzuordnen.
Einerseits sollten die Unterschiede
zwischen Lernen und Trainieren
sowie die gleichzeitige Zuordnung
des Übens zu Lernen und Trainieren beachtet werden; andererseits
ist aber auch noch einmal darauf
hinzuweisen, daß die Übergänge
zwischen Lernen und Trainieren
fließend sind. Die aufgezeigten
Unterschiede sollen dazu helfen,
in der Praxis von Unterricht und
Training die mit den einzelnen
Übungen verfolgten Ziele deutlich
zu machen, damit die Schüler
auch bewußter lernen können. Da
es in der Praxis z. B. auch zwischen
dem Technik- und dem Taktiktraining fließende Übergänge gibt,
empfiehlt es sich, den Schülern
klarzumachen, welcher Schwerpunkt in der Trainingseinheit (eher
Technik oder eher Taktik) angestrebt wird.
Formen des Lernens
Lernvorgänge im Tennis beziehen
sich häufig auf das Erlernen von
Bewegungsfertigkeiten (motorischen Fertigkeiten), wie z.B. auf
das Erlernen des Aufschlags. Motorische Lernformen stellen ein
zentrales Ziel des Tennisunterrichts
dar. Zum Erwerb einer umfassenden Spielfähigkeit im Tennis sind
jedoch neben motorischen Fertigkeiten weitere Fähigkeiten zu erlernen (vgl. Tab. 1, S. 18): Das
Entwickeln einer erfolgversprechenden Taktik ist nur dann möglich, wenn der Spieler gelernt hat,
17
Grundlagen des Tennisunterrichts
Motorische
Lernformen
Kognitive
Lernformen
Emotionale
Lernformen
Soziale
Lernformen
Allgemein
Gehen,
Laufen,
Radfahren
Rechnen,
Lesen
sich beherrschen
Toleranz
Tennisspezifisch
(bzw. sportartspezifisch)
Schlagtechniken,
Beinarbeit
Regeln, taktisches
Verhalten
Niederlagen
verarbeiten
mit Partner
kooperieren
Fairneß
Tab. 1 Beispiele für Lemformen
wie er sich in bestimmten Spielsituationen zu verhalten hat, d.h.,
wie er sich zwischen verschiedenen Spielmöglichkeiten zu entscheiden hat und welche strategischen Pläne angemessen sind. Solche Lernvorgänge beziehen sich
auf Wahmehmungs-, Vorstellungs-, und Denkleistungen und
werden als kognitive Lernformen
bezeichnet.
Die richtige Taktik führt erst dann
zum Erfolg, wenn der Spieler - neben den entsprechenden motorischen Voraussetzungen - über
emotionale/motivationale Fähigkeiten verfügt. Der Spieler muß
z.B. lernen, sich beharrlich anzustrengen, sich bei Ärger zu beherrschen und gegenüber äußeren
Einflüssen stabil zu sein.
Solche Formen des Lernens werden als emotionales Lernen bezeichnet.
Ein Spiel gegen- oder miteinander
ist nur dann sinnvoll, wenn gewisse soziale Umgangsformen eingehalten werden. Hierzu zählen
das Einhalten von Spiel- und
Wettkampfregeln, von informellen
Regeln (Fairneß), von Kameradschaftlichkeit u.a.
Die aufgeführten Lernformen lassen sich nur theoretisch voneinander trennen. In der Unterrichtspraxis sind sie eng miteinander verbunden. So kann das Erlernen
einer bestimmten Schlagtechnik
auch an emotionales, kognitives
und soziales Lernen geknüpft sein.
Der Schüler versucht während des
Lernprozesses, sich ein Bild von
18
der Struktur der betreffenden
Schlagtechnik zu machen, er benötigt die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und ausdauernd zu
üben, und er sollte in der Lage
sein, sich innerhalb einer Gruppe
zurechtzufinden. Schließlich sei
darauf hingewiesen, daß Lernen
nicht immer geplant und in einer
gezielt herbeigeführten Lernsituation stattfindet (sondern auch so
nebenbei erfolgen kann), und daß
Lernergebnisse nicht immer positiv
sein müssen. So werden häufig
unökonomische Bewegungen
erlernt und stabilisiert, oder es
werden negative emotionale
Reaktionen (z.B. Schläger wegwerfen) von Spitzenspielern nachgeahmt.
Wie kommt Lernen
zustande?
Die Vielfalt der Lernformen, der
Lernsituationen und der individuellen Voraussetzungen der Lernenden deutet an, daß Lernen auf
vielfältige Art und Weise zustande
kommt. Deshalb verwundert es
nicht, daß es derzeit keine allgemeine Lerntheorie gibt, aus der erkennbar wäre, was sich während
des Lernprozesses abspielt.
Statt dessen gibt es zahlreiche
Lernmodelle mit einem mehr oder
weniger engen Erklärungswert. Im
folgenden werden vier der bekanntesten Lernmodelle kurz beschrieben und ihre Bedeutung für
die Tennispraxis aufgezeigt.
Lernen am Erfolg
Beim Lernen am Erfolg (das auch
mit Lernen nach Versuch und Irrtum, Verstärkungslernen oder Lernen durch operantes Konditionieren bezeichnet wird) wird von folgender Annahme ausgegangen:
Folgt einer Reaktion (einem Verhalten) ein verstärkender Reiz (Erfolg), so resultiert daraus eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit,
daß diese Reaktion später unter
ähnlichen Umständen wieder auftritt. Gelingt es z. B. einem Tennisspieler, mit einer bestimmten Griffhaltung den Topspinschlag mit der
Vorhand häufig nach seinen Vorstellungen erfolgreich zu spielen,
so wird er wahrscheinlich diese
Griffhaltung beibehalten. Hat er
dagegen mit einer bestimmten Bewegungsausführung häufig keinen
Erfolg, so wird er Versuchen, seine
Technik zu verändern. In der Unterrichtspraxis liegt Lernen am Erfolg beispielsweise auch dann vor,
wenn der Tennislehrer bestimmte
Schlagausführungen oder soziale
Verhaltensweisen (Reaktionen)
seiner Schüler lobt oder tadelt
(verstärkender Reiz).
Eine erweiterte Form des Lernens
am Erfolg stellt das sogenannte
Shaping dar. Beim Shaping wird
jede Verhaltensweise verstärkt, die
in die Richtung des gewünschten
Zielverhaltens weist; es wird also
nicht gewartet, bis das gesamte
Zielverhalten auftritt. Damit ist es
möglich, auch komplexere Verhaltensweisen, die in der Regel nicht
spontan gelernt werden, durch
schrittweise Annäherung zu erlernen. Allerdings beschränkt sich der
Anwendungsbereich des Shaping
(und erst recht der des »einfachen« Lernens am Erfolg) auf eher
einfache Lernvorgänge. Es kann
kaum erwartet werden, daß die
komplexen Anforderungen im
Tennis und hierbei insbesondere
die Gesamtheit aller Schlagtechniken nur über das Lernen am Erfolg
entwickelt werden könnten. Zur
Erklärung solcher Lernvorgänge
bedarf es deshalb weiterer Theorien des Lernens.
Lernen am Modell
Hinter der Theorie des Lernens am
Modell (Beobachtungslernen)
steht die Annahme, daß neue Verhaltensweisen durch Beobachtung
des Verhaltens anderer entstehen.
Diese im Zusammenhang mit dem
Phänomen des sozialen Lernens
entwickelte Modellvorstellung
wird häufig auch in der Praxis des
Lernens von Bewegungen sichtbar.
Insbesondere Kinder sind in der
Lage, allein durch das Beobachten
fremden Verhaltens (z.B. einer
sportlichen Bewegung) relativ
schnell zu lernen (man spricht in
diesem Zusammenhang auch
von »Lernen auf Anhieb«). Dabei
wird ein beobachtetes Verhalten
nicht einfach kopiert, sondern vielmehr bewertet und anschließend
nachgeahmt oder nicht. So werden im Bereich des motorischen
Lernens in der Regel nur Bewegungen von erfolgreichen Sportlern oder anerkannten Trainern
nachgemacht.
Im Unterricht wird versucht, der
Theorie des Lernens am Modell
dadurch gerecht zu werden, daß
der Lehrer die gewünschten Verhaltensweisen (z.B. richtige Technik) selbst demonstriert oder mit
Hilfe von Medien (Filme, Reihenbilder) zeigt.
Kognitives Lernen
Bei den kognitiven Lerntheorien
(z.B. Lernen durch Einsicht) überwiegen Wahrnehmungs-, Vorstellung-, Gedächtnis- und Denkprozesse. Während des Lernprozesses
wird versucht, durch die Verknüpfung vorliegender Erfahrungen
und Kenntnisse mit aktuellen Gegebenheiten ein bestehendes Problem zu lösen, d.h., das Problem
wird vor allem auf gedanklicher
Ebene angegangen. Setzt sich z.B.
ein Tennisspieler zum Ziel, einen
Ball mit starkem Vorwärtsdrall zu
spielen, und orientiert sich nicht
wesentlich an Vorbildern, dann
kann er sich, sofern er über die
nötigen Erfahrungen und Kenntnisse verfügt, klarmachen, daß
eine steile vorwärts-aufwärts gerichtete Bewegung des Schlägerkopfes nötig ist. Dies wiederum
ermöglicht ihm, einen geeigneten
(an taktischen Konzepten/Strategien orientierten) Handlungsplan
zu entwerfen und diesen gezielt
auszuführen. Da zur Strukturierung von Problemsituationen
mehr oder weniger umfangreiche
Vorerfahrungen notwendig sind,
sind kognitive Lerntheorien insbesondere für ältere Jugendliche und
Erwachsene von Bedeutung. Dies
wirkt sich auch auf den Unterricht
aus, in dem häufig Bewegungserklärungen gezielteres und schnelleres Lernen ermöglichen.
Lernen als »inneres Spiel«
Neuerdings wird vor allem empfohlen, das Lernen nicht so sehr
am Erfolg, über Vorbilder und mit
Hilfe von kognitiven Prozessen
aufzubauen, sondern mehr Prozesse des Erlebens, des Erfühlens,
des Spielen-Lassens zu betonen.
Dabei wird davon ausgegangen,
daß Gedanken z. B. an die einzelnen Teile der Bewegung oder an
Dinge, die mit der Aufgabe nichts
zu tun haben, den Bewegungsablauf stören und demnach auszuschalten sind. Man sollte sich vielmehr auf das »Hier und Jetzt« in
entspanntem Zustand konzentrieren. Es wird angenommen, daß
die Verbindung von Wahrnehmung und Handlung als Einheit zu
erleben ist, welche durch keine
willentlichen Eingriffe in einzelne
Abschnitte des Bewegungsablaufs
gestört werden sollte, vielmehr soll
der gesamte Bewegungsablauf als
in sich stimmig erlebt werden. Ein
wichtiges Merkmal dieser Lern-,
Übungs- und Spielform ist das
»Geschehen-Lassen«.
Phasen des Lernens
sportlicher
Bewegungen
Der Prozeß der Aneignung sportlicher Bewegungen wird häufig in
charakteristische Phasen unterteilt.
So wird im Verlaufe des Lernprozesses zwischen drei Lernphasen
unterschieden:
- Erste Lernphase - Entwicklung
der Grobkoordination (Grobform)
- Zweite Lernphase - Entwicklung der Feinkoordination
(Feinform)
- Dritte Lernphase - Stabilisierung der Feinkoordination
(Stabilisierung)
Der Lernende durchläuft diese
Phasen in der angegebenen Reihenfolge. Andererseits stellen
diese Phasen kein starres Schema
dar. Die Übergänge sind fließend,
der zeitliche Umfang der einzelnen
Phasen ist individuell und dem
Schwierigkeitsgrad der Aufgabe
gemäß recht unterschiedlich.
Erste Lernphase - Grobform
Die erste Lernphase umfaßt den
Lernverlauf vom ersten näheren
19
Grundlagen des Tennisunterrichts
Bekanntwerden mit der neuen Bewegung bis zu einem Stadium, in
dem der Lernende die Bewegung
bei günstigen Bedingungen in der
Grobform ausführen kann. In dieser Phase besteht noch kein oder
nur ein undeutliches Bewegungsgefühl. Die Verbesserung des
Bewegungsablaufs bei den wiederholten Bewegungsversuchen
erfolgt vorwiegend über die Orientierung am Ergebnis der Bewegungshandlung und selbstverständlich auch über neue Informationen des Lehrers.
Kennzeichen der Grobform
• Grundtechnik ist sichtbar
• Überflüssige Mitbewegungen
• Hastige Ausführung
• Verkrampfte Ausführung
• Mangelhafte Verbindung der
Teilbewegungen
• Hoher Konzentrationsaufwand
• Hoher Energieaufwand (Ermüdung)
Konsequenzen für die Lehrpraxis
• Häufiges und deutliches Demonstrieren
• Kurze erläuternde Informationen, damit der erste Versuch
gelingt
• Anknüpfen an bekannte Bewegungen (z.B. Aufschlagbewegung vom Wurf ableiten)
• Hauptaugenmerk liegt auf der
Hauptaktion
• Konzentriertes, aber zeitlich begrenztes Üben der vereinfachten Gesamtbewegung
• Erste Versuche unter erleichterten Bedingungen (z.B. Schlagen
eines ruhenden Balles)
Zweite Lernphase - Feinform
Die zweite Lernphase umfaßt den
Lernverlauf von der Grobform bis
zu einem Stadium, in dem der Lernende die Bewegung unter günstigen Bedingungen annähernd feh-
20
lerfrei (Feinform) ausführen kann.
In dieser Phase wird allmählich ein
besseres Bewegungsgefühl aufgebaut. Dadurch verbessert sich die
Selbstkontrolle während des Bewegungsablaufs. Das verbesserte
Bewegungsgefühl ist außerdem
mit der eigenen bildlichen Vorstellung von der Bewegung verbunden. Durch neue Informationen
und Korrekturen des Lehrers wird
diese bildliche Vorstellung umfassender und genauer. Dies hat zur
Folge, daß der Bewegungsablauf
in seiner räumlich-zeitlichen Abstimmung ständig genauer wird.
In zunehmendem Maße soll in
dieser Phase dem Übenden die
Bedeutung des Bewegungsablaufs
als Teil einer übergreifenden Spielhandlung klarwerden. Das bedeutet, daß seine Aufmerksamkeit
vermehrt auf die Beobachtung
von Partner und Ball gelenkt wird
und die Bereitschaft zur flexibleren, situationsangepaßten Anwendung der gelernten Bewegungsabläufe größer wird. Das Verständnis
für die taktische Bedeutung der
neuen Techniken kann dadurch
gefördert werden. Da das Üben
zeitlich weiter ausgedehnt wird
und ungewohnte Bewegungsabläufe mit den gegebenen körperlichen Voraussetzungen nicht immer bewältigt werden können, ist
im Übergang vom Üben zum Trainieren für eine angemessene
Berücksichtigung von Kraft-,
Schnelligkeits-, Ausdauer-, Beweglichkeits- und Koordinationsübungen zu sorgen.
Kennzeichen der Feinform
• Genaue Ausführung
• Sichere Ausführung
• Gute Verbindung von Teilbewegungen
• Angemessener Konzentrationsaufwand
• Angemessener Energieaufwand
• Allerdings noch Unsicherheit
und Ungenauigkeit bei extremen Änderungen äußerer Bedingungen
Konsequenzen für die Lehrpraxis
• Intensive und vielseitige Bildinformationen über den Bewegungsablauf (Vormachen,
Video, Bildreihe)
• Genaue Beschreibung
• Intensives Üben unter weitgehend konstanten Bedingungen
• Systematische Korrekturen (von
groben zu feinen Fehlern)
• Mentales Üben
• Bei Beschreibung von Teilbewegungen auf das Bewegungsgefühl hinweisen (Muskelspannung, Schwunggefühl usw.)
• Teilbewegungen beim Schlagen
bewußt beobachten lassen (z.B.
Kontrollieren des Winkels zwischen Hand und Schläger beim
Ausschwingen!)
• Teilbewegungen, die normalerweise nicht im Gesichtsfeld liegen, beim Üben ohne Ball
wahrnehmen lassen (Absenken
des Schlägerkopfes beim Übergang von der Aushol- zur
Schlagphase beobachten)
• Überprüfung der gespeicherten
Bewegung, d. h. gezieltes Abfragen von Einzelheiten
• Verabredete Variationen des
Zuspiels hinsichtlich Ballflughöhe, -richtung, -länge und
-geschwindigkeit in Verbindung
mit genauer Beobachtung der
Bewegungen des Zuspielers,
Beobachtung des Ballfluges und
seines Auf- und Absprunges
• Üben in spielnahen Situationen
(Taktik)
• Taktikunterricht
• Arbeit mit Film- und Videomaterial (Strukturierung der Wahrnehmung von Spielsituationen)
• Techniknahe Konditions- und
Koordinationsübungen
Lernen
Dritte Lernphase Stabilisierung
Die Spielhandlung stabilisiert sich,
wenn es dem Übenden gelingt,
die ßewegungsfertigkeit immer
besser an die sich ständig ändernde Spielsituation anzupassen.
Das bedeutet, daß er schließlich
• seine Fertigkeiten taktisch bewußt zur Bewältigung der
Spielsituation einsetzen kann,
also die Aktion erfolgreich wie
zuvor durchführen oder völlig
neu planen kann,
• den ankommenden Ball genau
berechnen kann,
• die automatisierte Fertigkeit in
ihrem zeitlich-dynamischen Ablauf an den Ballflug und
-absprung anpassen kann.
Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es nur noch punktueller,
selbstverständlich funktionaler Informationen und Korrekturen des
Lehrers.
Kontrolle und Berichtigung des
Bewegungsablaufes erfolgen jetzt
überwiegend über den inneren
Rückmeldekreis (»Bewegungsgefühl«). Die so verbesserte Stabilisierung erlaubt, die Aufmerksamkeit auf die Veränderung der
Spielsituation und nur noch auf
persönlich wichtige Knotenpunkte
der Bewegung zu richten. Damit
sind zunehmend schnellere und
genauere Reaktionen auf wechselnde äußere Bedingungen und
plötzliche Störungen möglich.
Wenn in gleicherweise die motorischen Grundeigenschaften
(Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und
Beweglichkeit) verbessert werden,
ist der Bewegungsablauf nun auch
mit optimaler Bewegungsdynamik
und über längere Zeiträume ausführbar.
Kennzeichen der Stabilisierung
• Sichere und genaue Ausführung (auch bei sehr schnellem
Ablauf)
• Optimale Verbindung von Teilbewegungen
• Stabile Ausführung bei wechselnden äußeren Bedingungen
• Stabile Ausführung bei plötzlichen Störungen
• Geringer Konzentrationsaufwand
Konsequenzen für die Lehrpraxis
• Erklären von Einzelheiten
• Feinkorrektur von Einzelheiten
• Üben unter wechselnden Bedingungen (z.B. Returnübungen bei ständig variierten Aufschlägen)
• Mentales Üben von Knotenpunkten der Bewegung (z. B.
gedankliches Training des oberen Bogens beim Ausholen zum
Topspin mit Vorhand)
• Hinweise auf das Bewegungsgefühl (Beispiele: siehe Feinform)
• Beobachtungstraining
(Video/Film)
• Taktiktraining (Theorie und
Praxis)
• Spezielle Konditions- und Koordinationsübungen
Individuelle Voraussetzungen des
Lernens, Übens und
Train ierens
Die beschriebenen Lernvorgänge
verlaufen nicht bei jedem Schüler
gleich schnell. Auch ergeben sich
auf dem Weg zu den verschiedenen Zielen individuell unterschiedliche Lernergebnisse. Dies liegt
auch an den unterschiedlichen
Voraussetzungen, die die einzelnen Schüler mitbringen. Die wichtigsten individuellen Voraussetzungen, die der Lehrer im Unterricht berücksichtigen sollte, sind:
• Konstitutionelle Merkmale (wie
Größe, Gewicht und Körperproportionen)
• Konditionelle Merkmale (wie
Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit
und Beweglichkeit)
Abb. 3 Kinder sind mit Eifer bei der Sache
21
Grundlagen des Tennisunterrichts
•
Koordinative Fähigkeiten (s. Kapitel Koordinationstraining)
• Motorische Lernfähigkeit
• Intellektuelle Fähigkeiten (z.B.
Antizipationsfähigkeit und
Spielintelligenz)
• Motivationale Merkmale (wie
Leistungsmotivation und Bedürfnis nach sozialer Anerkennung)
• Vorerfahrungen, die der einzelne Schüler im Hinblick auf
den Unterrichtsstoff bereits erworben hat
Diese individuellen Voraussetzungen sind in den verschiedenen
Entwicklungsabschnitten unterschiedlich ausgeprägt.
Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen in verschiedenen Entwicklungsabschnitten
Im folgenden werden einzelne
Merkmale, eingeschränkt auf konstitutionelle und konditionelle
Merkmale sowie auf motorische
Lernfähigkeit, je nach besonderer
Ausprägung, in sieben Entwicklungsabschnitten (beginnend im
Alter von 6 bis 7 Jahren bis zum
späten Erwachsenenalter mit 60
bis 70 Jahren) kurz beschrieben.
Es sollte allerdings berücksichtigt
werden, daß das kalendarische
Alter nicht stets mit dem biologischen Alter gleichzusetzen ist.
Vielmehr ist von einer relativ großen Streubreite des Entwicklungsgeschehens auszugehen, d.h. beispielsweise, daß die einen Kinder
im Vergleich zum Durchschnitt
eher akzeleriert sind (ihre Entwicklung ist beschleunigt), die anderen
dagegen eher retardiert (ihre Entwicklung ist verlangsamt).
Jüngere Schulkinder
(etwa von 6 bis 10 Jahren)
Während des Grundschulalters
kommt es sowohl bei den Jungen
als auch bei den Mädchen zu ei22
Abb. 4
Ein Vorhand-Flugball wird auf Anhieb gelernt
nem verstärkten Breitenwachstum
und damit zu einer günstigen Veränderung der Körperproportionen,
insbesondere zu einer Verbesserung des Last-Kraft-Verhältnisses.
Diese Veränderungen bewirken in
Verbindung mit einer deutlichen
Erhöhung des Lerneifers eine
schnelle Zunahme der motorischen Lernfähigkeit. Die Kinder
lernen eher ganzheitlich und in
spielerischer Form. Ausführliche
Bewegungserklärungen sind wentg zweckmäßig, eher dagegen
vielfältige Bewegungsaufgaben
und häufiges Vormachen, da die
Kinder Bewegungsabläufe zumeist
durch Beobachten (Lernen am
Modell) bzw. Ausprobieren (im
Sinne von Lernen am Erfolg) erlernen. Hinsichtlich der Leistungsfaktoren Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination sind die Kinder in diesem
Alter unterschiedlich belastbar. So
sollten Maximalkraft und anaerobe Ausdauerbeanspruchungen
vermieden werden, während aerobe Ausdauerbelastungen sowie
Anforderungen an Schnelligkeit,
Beweglichkeit und Koordination in
der Regel unbedenklich sind.
Im Hinblick auf die Trainierbarkeit
kann von besonders günstigen
Voraussetzungen bezüglich Beweglichkeit und vor allem Koordination ausgegangen werden,
während Kraft und Ausdauer noch
nicht optimal gefördert werden
können.
Abb. 5 Gleiches Alter, aber unterschiedliche körperliche Entwicklung
Lernen
Dies hat zur Folge, daß vorrangig
(aber nicht ausschließlich) vielfältige koordinative Bewegungsaufgaben gestellt werden sollten, so
daß sowohl im tennisspezifischen
als auch im allgemeinen sportmotorischen Bereich eine breite
Grundlage an Bewegungsfertigkeiten gelegt werden kann.
Ältere Schulkinder (etwa von 10
bis 12/13 Jahren)
Etwa bis zum 10. Lebensjahr haben sich die konstitutionellen
Merkmale soweit verändert, daß
von harmonischen Körperproportionen und einem sehr guten LastKraft-Verhältnis ausgegangen
werden kann. Die Kinder zeichnen
sich durch einen hohen Bewegungsdrang und hohen Lerneifer
aus. Die motorische Lernfähigkeit
ist in diesem Alter ausgezeichnet.
Man spricht von der Phase der besten motorischen Lernfähigkeit.
Einfachere Bewegungen werden in
diesem Alter ganzheitlich und
häufig auf Anhieb gelernt (Lernen
am Modell). Darüber hinaus kann
auch zunehmend - und dies ist
besonders für das Erlernen schwieriger Bewegungsabläufe wichtig von kognitiven Lernprozessen ausgegangen werden. Das späte
Schulkindalter ist demnach sowohl
dafür geeignet, neue Bewegungsabläufe zu erlernen, als auch bereits in der Grobform gekonnte
Bewegungen zu verfeinern. Die
für die jüngeren Kinder im Blick
auf die Belastbarkeit und Trainierbarkeit gemachten Aussagen gelten im wesentlichen auch für die
10- bis 12-/13jährigen. Es empfiehlt sich daher, auch im späten
Schulkindalter schwerpunktmäßig
koordinative Fähigkeiten in vielfältiger Weise (allgemeiner und tennisspezifischer) zu fördern. Ziel
von Unterricht und Training in diesem Alter sollte also der Ausbau
der allgemeinen Motorik und die
Verfeinerung der vielseitigen (tennisspezifischen) technischen und
taktischen Grundlagen sein. Maßnahmen zur Verbesserung der
physischen Leistungsfaktoren
Kraft und Ausdauer vervollständigen den Unterricht, sie sollten allerdings überwiegend in spielerischer Form durchgeführt werden.
Jüngere Jugendliche (Mädchen
etwa von 12 bis 14 Jahren, Jungen etwa von 13 bis 15 Jahren)
In dieser ersten puberalen Phase,
deren Beginn, Verlauf und Ende
erheblichen geschlechtsspezifischen und auch individuellen Unterschieden unterliegen, ist ein
deutlich verstärktes Längenwachstum zu beobachten; unharmonische Größenverhältnisse zwischen
Rumpf und Extremitäten sind die
Folge. Die Bewegungskoordination von Schülern, die im Kindesalter nur geringe, insbesondere
noch nicht stabilisierte Vorerfahrungen im motorischen Bereich
sammeln konnten, wird in dieser
Phase der Pubertät labil. Die besonders günstigen Lernvoraussetzungen der vorangegangenen
Phase sind nicht mehr gegeben.
Das Erlernen neuer Bewegungsabläufe bereitet größere Probleme.
Ganzheitliches Lernen tritt weniger häufig auf. Ziel des Unterrichts
sollte deshalb vor allem sein, die
im Kindesalter erlernten Bewegungsfertigkeiten zu wiederholen
und zu festigen. Trotz dieser mehr
oder weniger großen Einschränkungen im koordinativen Bereich
sollte nicht von einer Krisen- oder
Schonzeit gesprochen werden.
Vielmehr nimmt die Trainier- und
Belastbarkeit im konditionellen Bereich zum Teil erheblich zu. Hormonelle Veränderungen bewirken
in diesem Alter eine bessere Trainierbarkeit der Ausdauer und der
Kraft, wobei aufgrund noch nicht
verknöcherter Wachstumsfugen
auf ein Maximalkrafttraining verzichtet werden sollte. Berücksichtigt man die Entwicklungsvoraussetzungen der jüngeren, pubertierenden Jugendlichen, dann könnte
man folgende Leitlinie für den Unterricht ableiten: Stabilisierung und
Verfeinerung von bereits Gelerntem im koordinativen Bereich und
vermehrtes Training konditioneller
Merkmale, insbesondere Kraft und
Ausdauer.
Ältere Jugendliche (Mädchen
etwa von 14 bis 17 Jahren, Jungen etwa von 15 bis 18 Jahren)
In der zweiten Phase der sogenannten Reifezeit (Adoleszenz)
verlangsamt sich das Längenwachstum, und es setzt ein verstärktes Breitenwachstum ein.
Diese Veränderungen wirken sich
positiv auf die Körperproportionen
(insbesondere auf das Verhältnis
von Rumpf und Extremitäten) und
auf das Last-Kraft-Verhältnis aus,
womit wieder günstigere Voraussetzungen für neue koordinative
Anforderungen und motorische
Lernprozesse vorliegen.
Es wird zwar seltener als im späten
Schulkindalter ganzheitlich und
auf Anhieb gelernt, andererseits
sind die Jugendlichen nun eher in
der Lage, Lernvorgänge auch auf
gedanklicher Ebene zu unterstützen (kognitives Lernen), wodurch
das Erlernen komplexerer Bewegungsabläufe begünstigt wird.
Die Belastbarkeit für physische Beanspruchungen jeder Art ist in hohem Maße gegeben, wobei allerdings bei der Anwendung intensiver Trainingsbelastungen (z.B. für
anaerobe Ausdauer und Maximalkraft) darauf zu achten ist, daß ein
entsprechend guter Trainingszustand bereits vorliegt. Die Trainierbarkeit aller konditioneller Merk-
Grundlagen des Tennisunterrichts
male ist gut ausgeprägt (allerdings
bei den Jungen vor allem im Bereich von Kraft und Schnelligkeit
deutlich besser als bei den Mädchen), so daß ein hohes physisches Leistungsniveau erreicht
werden kann. Diese Voraussetzungen wirken sich positiv auf das Erlernen bestimmter schwieriger Bewegungsabläufe aus (z. B. Rückhand-Schmetterball), die nicht nur
ein hohes Maß an koordinativen
Fähigkeiten, sondern auch an konditionellen Fähigkeiten erfordern,
und somit im Kindesalter nur bedingt erlernt werden können.
Junge Erwachsene (etwa von
17/18 bis 30/35 Jahren)
Bei Erwachsenen ist noch stärker
zwischen Geübten bzw. Trainierten und Personen, die keinen
(Tennis-)Sport betreiben oder erst
damit beginnen wollen, zu differenzieren als bei Kindern und Jugendlichen.
Im Leistungssport kann das frühe
Erwachsenenalter als Phase der
vollen Ausprägung der motorischen Leistungsfähigkeit angesehen werden. In den meisten
Sportarten, so auch im Tennis,
werden in diesem Alter die höchsten Leistungen erzielt. Dies gilt
sowohl für den koordinativen als
auch für den konditionellen Bereich. Bei Ungeübten bzw. Untrainierten kann in diesem Alter zwar
von einer stabilen Alltags- und Arbeitsmotorik ausgegangen werden, im sportmotorischen Bereich
sind aber bereits um das 30. Lebensjahr nicht unerhebliche Leistungseinbußen, insbesondere
durch ßewegungsmangel im Alltag hervorgerufen, zu verzeichnen. Dennoch kann durch intensives Üben auch von Anfängern
(insbesondere von sog. Späteinsteigern, die von anderen Sportarten kommen) noch ein relativ hohes technisches Niveau erreicht
werden, wobei kognitive Lernprozesse im Vordergrund stehen. Dasselbe gilt für den konditionellen
Bereich, wo in allen Bereichen
(insbesondere bei der Ausdauer)
von einer sehr guten Trainierbarkeit und Belastbarkeit ausgegangen werden kann,
Erwachsene im mittleren Alter
(etwa von 30/35 bis 45/50
Jahren)
In diesem Entwicklungsabschnitt
treten noch stärkere Unterschiede
im sportmotorischen Bereich zwischen sportlich aktiven und sportlich inaktiven Personen auf.
Bei Geübten bzw. Trainierten kann
das mittlere Erwachsenenalter als
ein Zeitraum der Erhaltung noch
relativ hoher motorischer Leistungen angesehen werden. Die Leistungen liegen sowohl im koordinativen als auch im konditionellen
Bereich im allgemeinen nicht wesentlich unter denen im Höchstleistungsalter. Dabei ist allerdings zu
beachten, daß nicht alle Leistungsfaktoren im gleichen Maße altersstabil sind (besonders altersstabil
ist die Ausdauer), so daß das absolute Leistungsniveau entsprechend sinkt.
Zwar kann auch bei Ungeübten
bzw. Untrainierten im Bereich der
Alltagsmotorik von einem Altersabschnitt der relativen Erhaltung
ausgegangen werden, bei sportmotorischen Anforderungen zeigen sich jedoch zunehmend deutlichere Leistungseinbußen, sowohl
Tab. 2 Charakteristische Entwicklungsabschnitte (in modifizierter Anlehnung an WINTER)
Entwicklungsabschnitt
Charakterisierung
Altersspanne
Jüngere Schulkinder
Die Phase schneller Fortschritte in der
motorischen Lernfähigkeit
etwa von 6 bis 10
Ältere Schulkinder
Die Phase der besten motorischen Lernfähigkeit
in der Kindheit
etwa von 10 bis 12/13
Jüngere Jugendliche
Die Phase der Umstrukturierung von
motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten
Mädchen - etwa von 12 bis 14
Jungen - etwa von 13 bis 15
Ältere Jugendliche
Die Phase der sich ausprägenden geschlechtsspezifischen Differenzierung, der fortschreitenden
Individualisierung und der zunehmenden
Stabilisierung
Mädchen - etwa von 14 bis 17
Jungen - e t w a von 15 bis 18
Junge Erwachsene
Die Jahre der relativen Erhaltung der
motorischen Leistungsfähigkeit
etwa von 17/18 bis 30/35
Erwachsene im mittleren Alter
Die Jahre der allmählichen motorischen
Leistungsminderung
etwa von 30/35 bis 45/50
Ältere Erwachsene
Die Jahre der verstärkten motorischen
Leistungsminderung
etwa ab 45/50
24
Lehren
in koordinativer als auch in konditioneller Hinsicht. Die motorische
Lernfähigkeit nimmt deutlich ab,
so daß das Neu-Erlernen vielfältiger Bewegungsformen zunehmend schwieriger wird. Bevorzugt
werden bereits automatisierte
Handlungen. Die motorische Aktivität läßt ebenfalls nach. Eine zunehmende Tendenz zur Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Ökonomie der Motorik ist zu beobachten. Dennoch ist auch in diesem
Alter, trotz stärker eingeschränkter
Lernfähigkeit, durch entsprechendes Üben für den Anfänger noch
ein mittleres Niveau in technischer
und konditioneller Hinsicht erreichbar.
Ältere Erwachsene (etwa von
45/50 bis 60/70 Jahren)
Mit zunehmendem Alter treten
immer größere Unterschiede zwischen regelmäßig sportlich aktiven
und sportlich inaktiven Personen
auf.
Sowohl im koordinativen als auch
im konditionellen Bereich gelingt
es regelmäßig trainierenden Personen dieses Alters, ein zwar allmählich immer mehr abnehmendes,
aber im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung und zu nicht
mehr regelmäßig trainierenden
Personen hohes Leistungsniveau
zu halten. Defizite in der Alltagsmotorik sind bei diesem Personenkreis kaum festzustellen.
Dagegen wird der motorische Leistungsrückgang bei sportlich inaktiven Personen nun auch im Bereich der Alltagsmotorik spürbar.
Charakteristisch ist eine starke Beschränkung auf bereits automatisierte Handlungen, während das
Erlernen neuer Bewegungen
größere Schwierigkeiten bereitet.
Dennoch können auch in diesem
Alter durch entsprechendes Üben
tennisspezifische Bewegungsfer-
tigkeiten noch über die Grobform
hinaus erlernt werden, wenngleich
dies längerfristige Übungsprozesse
erfordert. Ebenso kann durch ein
geeignetes Training der altersbedingte konditionelle Leistungsabfall erheblich verlangsamt werden.
Hinsichtlich der Belastbarkeit im
physischen Bereich sollte besonders in diesem Alter berücksichtigt
werden, daß häufig bereits bestehende Erkrankungen ein erhöhtes
Risiko bei sportlichen Aktivitäten
bedingen und daß die Belastungen
sowohl in qualitativer als auch in
quantitativer Hinsicht altersangepaßt sein sollten. Deshalb sollte
der Tennislehrer darauf achten,
daß sich seine »Schüler«, vor allem in diesem Altersabschnitt, regelmäßig sportmedizinisch untersuchen lassen.
Lehren
Was macht einen guten Tennislehrer aus? Diese Frage ist sehr
schwierig zu beantworten, weil
Beobachtungen zeigen, daß sich
viele Tennislehrer recht unterschiedlich verhalten und doch
ähnliche Erfolge aufweisen, wobei
sich der Erfolg vor allem darin
zeigt, ob die Unterrichtsziele erreicht werden und der Unterricht
den Schülern mehr oder weniger
gefällt.
Fragt man Schüler nach Merkmalen eines guten Tennislehrers,
dann erhält man z.B. folgende
Antworten:
- »Er kann gut erklären.«
- »Er spielt gut zu.«
- »Er kann gut korrigieren.«
- »Er versteht es, mich zu motivieren.«
- »Er ist geduldig.«
- »Ich kann ihm vertrauen.«
- »Er kümmert sich um alle
gleich.«
Eher negative Urteile der Schüler
lauten z.B.:
- »Er kritisiert nur.«
- »Er ist launisch.«
- »Er strengt sich kaum an.«
- »Er überfordert mich.«
- »Er sagt überhaupt nichts.«
- »Er ist ungerecht.«
- »Er kommt oft zu spät.«
- »Er hat keinen Plan.«
Anforderungen an den
Tennislehrer
Solche eher positiven und eher
negativen Urteile zeigen, daß
Tennislehrer verschiedene Aufgaben haben, d.h. auch, verschiedenen Erwartungen entsprechen
sollten. Solche Verhaltenserwartungen werden als soziale Rollen
bezeichnet.
Unter einer sozialen Rolle wird die
Gesamtheit der Verhaltenserwartungen verstanden, die an Inhaber
bestimmter Positionen (z.B. Positionen in einem Verein wie Vorsitzender, Geschäftsführer, Wirt,
Tennislehrer) innerhalb eines gegebenen sozialen Systems (wie in
unserem Beispiel im Vereinswesen)
herangetragen werden. Demnach
wird nicht davon ausgegangen,
daß es dje Persönlichkeit des Tennislehrers gibt, genauso wenig,
wie es dje Persönlichkeit des Tennisspielers gibt. Vielmehr ist es
sinnvoller, die soziale Rolle des
Tennislehrers zu beschreiben. Von
diesem Ansatz aus kann man auch
nach Rollenkonflikten fragen, also
nach Unterschieden zwischen den
an den Tennislehrer herangetragenen Erwartungen und seinen
eigenen Erwartungen bzw. Fähigkeiten. Welches sind nun solche
Rollenerwartungen? Faßt man die
wichtigsten Erwartungen zusammen, dann ergeben sich vor allem
vier Rollen.
Grundlagen des Tennisunterrichts
Der Tennislehrer als
Fachmann
Der Tennislehrer sollte nicht nur
über fachliches Wissen, sondern
auch über praktisches Können verfügen. Das fachliche Wissen bezieht sich vor allem auf die Bewegungslehre, Methodik und Trainingslehre. Das praktische Können
und die eigenen Erfahrungen ermöglichen es, schülergemäß zu
demonstrieren, angemessen zuzuspielen, ab und zu mitzuspielen
und sich in die Situation seiner
Schüler hineinzuversetzen. Nicht
zuletzt wird er vom Schüler vor
allem auch aufgrund seines praktischen Könnens akzeptiert.
Der Tennislehrer als
Pädagoge
Vor allem im Kinder- und Jugendtraining hat der Tennislehrer nicht
nur die Aufgabe, Tennis zu vermitteln, sondern auch erzieherisch zu
wirken. Auf das Tennisspiel bezogen muß er motivieren können
und dazu beitragen, daß Siege
und Niederlagen angemessen verarbeitet werden sowie Selbstbeherrschung, Verantwortung für die
Gesundheit, Fairneß und kameradschaftliches Verhalten hoch bewertet werden. Über das Tennisspiel hinaus erstreckt sich die
pädagogische Verantwortung auf
die Gesamtentwicklung des jungen Menschen. Dabei sind all jene
Erwartungen und Anforderungen
zu berücksichtigen, mit denen sich
junge Tennisspieler in Training und
Wettkampf sowie außerhalb des
Sports auseinandersetzen müssen.
Solche Erwartungen und Anforderungen kommen vor allem von Eltern, anderen Tennislehrern und
Trainern, Vereins- und Verbandsfunktionären, gegebenenfalls von
Sponsoren und Medienvertretern
und schließlich von der Schule. Sie
treffen auf Kinder und Jugendli-
26
che, die ganz allgemeine Bedürfnisse haben: z.B. das Bedürfnis
• nach vielfältigen Erfahrungen
und Erlebnissen,
• nach angemessenem Lob und
Anerkennung,
• nach emotionaler Wärme,
• nach eigener Verantwortung
(mit zunehmendem Alter).
Neben den Beziehungen zwischen
Lehrer und Schüler ist auch zu berücksichtigen, daß sich - vor allem
im Verlauf des Gruppenunterrichts
- relativ stabile Beziehungen zwischen den Schülern herausbilden.
Die Schüler lernen sich nicht nur
kennen, sondern entwickeln auch
emotionale Beziehungen untereinander. Solche Beziehungen machen die Struktur der Gruppe aus.
In dieser Struktur hat der einzelne
Schüler seine Position, z. B. als
»Star«, »Außenseiter« oder »Mitläufer«. Manche Gruppenmitglieder nehmen besondere Rollen ein,
z.B. der »Sprecher«, »Führer«
oder »Spaßmacher«. Zur Frage
der Gruppenstruktur gehört auch,
ob die Gruppe insgesamt eher homogen (gleiches Leistungsniveau)
oder heterogen (deutliche Leistungsunterschiede) ist, ob es Cliquen und Konflikte u.a. gibt. Alle
diese Gesichtspunkte machen die
Gruppendynamik aus. Für den
Lehrer ist es also nicht nur wichtig
zu wissen, welche Beziehungen
die Schüler zu ihm haben (und
umgekehrt), sondern auch welche
Beziehungen die Schüler untereinander haben, damit er dies in seinen Unterrichtsplanungen berücksichtigen kann.
Der Tennislehrer als
Betreuer
Oft kommt auf den Tennislehrer
auch die Aufgabe zu, bei Turnieren, Reisen oder im Trainingslager
Betreuungsfunktionen für seine
Schüler zu übernehmen.
Der Tennislehrer als
Organisator
Schließlich wird vom Tennislehrer
auch erwartet, daß er z. B. ein Gesamtkonzept für das Jugendtraining entwirft und realisiert, ein
Turnier vorbereitet und durchführt
sowie ein Trainingslager organisiert und leitet.
Führungsstile (LehrerSchüler-Verhältnis)
Aus der Pädagogik werden häufig
auch für den Tennisunterricht drei
verschiedene Führungsstile, der
autokratische, der Laissez-faireund der demokratische Führungsstil theoretisch abgeleitet.
Je mehr der Tennislehrer in der
Gruppe unterrichtet, desto mehr
kann sein Verhalten im Unterricht
auch unter dem Gesichtspunkt des
Führungsstils betrachtet werden.
Beim autokratischen Führungsstil
dominiert der Lehrer. Er bestimmt
das Unterrichtsgeschehen, erklärt,
demonstriert, beurteilt, gibt Anweisungen und Befehle, tadelt
und lobt vor allem jene, die sich
voll dem Unterricht anpassen.
Beim Laissez-faire-Führungsstil
wird das Geschehen vorwiegend
den Schülern überlassen. Dieses
Lehrerverhalten ist im engen Sinne
nicht als »Führungs«-Stil zu bezeichnen und ist in der Praxis des
Tennisunterrichts unbedeutend.
Beim demokratischen Führungsstil
wird das Unterrichtsgeschehen
partnerschaftlich zwischen Lehrer
und Schülern gemeinsam diskutiert und entschieden. Der Lehrer
regt an, die Schüler sollen jedoch
so weit wie möglich selbst die Lösungen für ihre Aufgaben finden.
Dieser Unterrichtsstil ist also ge-
Methodische Konzeptionen
>:>Mrdth-*im><
kennzeichnet durch offene Aufgabenstellungen und verständnisvolles Eingehen des Lehrers auf die
einzelnen Schüler.
In der Praxis ist es nicht sinnvoll,
sich zwischen dem autokratischen
und dem demokratischen Führungsstil zu entscheiden. Vielmehr
kommt es auf die jeweilige Situation an. So kann es im Verlauf des
Unterrichts (vor allem mit Kindern
oder beim Training mit Jugendlichen) durchaus angemessen sein,
einen relativ strengen Unterricht
(autokratisch) zu praktizieren. Der
demokratische Führungsstil dagegen ist vor allem dann zweckmäßig, wenn der Unterricht gemeinsam geplant wird und am
Rande des Unterrichts Probleme
erörtert werden.
Methodische
Konzeptionen
Ist sich der Tennislehrer über Lernziele und Lerninhalte seines Unterrichts klargeworden, dann muß er
sich die Frage nach dem methodischen Vorgehen stellen. Insbesondere gilt es zu entscheiden,
• in welcher Reihenfolge und in
welchem Umfang die Inhalte
(Technik, Spiel usw.) angeboten
werden,
• welche Unterrichtsmaßnahmen
(Vormachen, Erklären, Hilfsmittel, Organisationsformen) geeignet sind, die angestrebten
Ziele zu erreichen.
es zwei grundsätzliche Konzeptionen: sie sind eher spielorientiert
oder eher technikorientiert
(Abb. 6).
Wie stark der Schwerpunkt der
einen oder anderen Konzeption
ausgeprägt ist, hängt von der Person des Tennislehrers, den Schülern und den äußeren Bedingungen und Umständen ab. Ein einseitiges Vorgehen entsprechend
der spiel- oder technikorientierten
Konzeption ist nicht zu empfehlen
(s. auch S. 28).
Spielorientierte
Konzeption
Im Mittelpunkt steht die Verwirklichung des Spielgedankens. Es wird
von Anfang an gespielt. Dabei
kann das Spielgeschehen zunächst
sehr vereinfacht werden. Diese
Vereinfachungen beziehen sich
auf das Spielfeld (Kleinfeld), die
Geräte (Kurzschläger, Schaumstoffball) und die Regeln (Ball
springt zu Anfang zweimal, kein
Aufschlagfeld usw.). Durch den
schrittweisen Verzicht auf die ge-
Das Verhalten des Lehrers im Unterricht sollte auch nicht allein
nach der Wahl des Führungsstils
beurteilt werden. Vielmehr kommt
es auch darauf an, daß er durch
sein eigenes, vorbildliches Auftreten und Verhalten die Kriterien erfüllt, die vor allem bei der Funktion des Tennislehrers als Pädagoge beschrieben wurden. Dazu
gehören:
Wahl des richtigen
methodischen Vorgehens
• Äußeres Erscheinungsbild (Kleidung, Körperpflege)
• Verhalten beim eigenen Tennisspiel (gegenüber sich selbst,
dem Partner/Gegner, dem
Schiedsrichter)
• Verhalten (Sprache, Mimik und
Gestik) gegenüber seinen
Schülern, das im Prinzip wohlwollend sein sollte, d.h. im Detail hilfsbereit, gerecht, zuverlässig und vor allem auch engagiert
Abb. 6 Methodische Konzeptionen und Verfahren
Unabhängig von möglichen ergänzenden pädagogischen oder
sozialen Lernzielen des Unterrichts
soll immer Spielfähigkeit vermittelt
werden. Für die Vermittlung gibt
Grundlagen des Tennisunterrichts
nannten Vereinfachungen im Rahmen eines angemessenen
Übungsprozesses wird die Spielfähigkeit zunehmend besser. Technik und Taktik entwickeln sich im
Spiel. Die vereinfachten Spiele
nähern sich immer mehr dem regelgerechten Tennisspiel an. Sie
stellen in ihrer Gesamtheit eine
Spielreihe dar. Der Lehrer kann dabei eher deduktiv oder eher induktiv vorgehen.
Deduktiv bedeutet im Rahmen der
spielorientierten Konzeption, daß
der Lehrer Spiele und Spielformen
genau vorschreibt, induktiv dagegen, daß er die Schüler im Rahmen der vorgegebenen äußeren
Gegebenheiten Spiele ausprobieren und selbst finden und variieren
läßt.
Technikorientierte
Konzeption
Im Mittelpunkt steht hier die
schrittweise Vermittlung von Teilen des Spiels, also vor allem von
technischen Fertigkeiten (diese jedoch auch unter taktischen Gesichtspunkten).
Es wird davon ausgegangen, daß
sich durch die schrittweise Einführung, Verbesserung und Erweiterung der einzelnen Techniken
auch die Qualität des Spiels verbessert.
Die Vermittlung der notwendigen
Fertigkeiten kann ganzheitlich
oder teilorientiert erfolgen (vgl.
Abb. 6, S. 27).
Von einer Ganzheitsmethode
spricht man dann, wenn eine
Technik ohne Zwischenschritte als
Ganzes erlernt wird. Das bedeutet
für den Tennislehrer, daß er entweder
- die zu erlernende Technik als
Ganzes vormacht und sie danach vom Schüler in einer an-
28
gemessenen Übungsphase
nachvollziehen läßt und ggf.
korrigiert,
- die Technik wiederholt vormacht und jeweils in kürzeren
Abständen (10-20 Sek.) vom
Schüler nachmachen läßt
(Imitationslernen, Lernen auf
Anhieb, s.S. 18/19) oder
- ohne vorherige Demonstration
eine Aufgabenstellung vorgibt
und den Schüler die Technik
ganzheitlich in einer angemessenen Übungsphase herausfinden läßt.
Unter Teilmethode versteht man
ein Verfahren, bei dem der Tennislehrer das Erlernen einer Fertigkeit
über eine Reihe von Zwischenschritten organisiert und vermittelt. Es werden zunächst Einzelteile
der Zielform erlernt und diese
anschließend zusammengesetzt.
Idealtypisches methodisches Mittel
eines solchen Verfahrens stellt die
Übungsreihe dar.
2. Bewegungsablauf des rechten
Armes ohne Schläger:
Den Ball aus der Ausgangsstellung mit der rechten Hand über
das Netz bzw. in das gegenüberliegende Aufschlagfeld
werfen.
3. Bewegungsablauf des rechten
Armes mit Schläger:
Der Schüler steht in Ausgangsstellung hinter einer Linie (T-Linie oder Grundlinie)
und übt in flüssiger und
rhythmischer Folge mit dem
Schläger in der rechten Hand
die Aushol-, Schlag- und
Ausschwungbewegung.
4. Koordination von Wurf- und
Schlagbewegung:
Den Ball mit der linken Hand
hochwerfen und ihn in der
oben beschriebenen Form mit
dem Schläger nach vorne-oben
wegschlagen.
Sowohl die ganzheitliche Fertigkeit
als auch Teilbewegungen können
den Schülern vorschreibend (deduktiv) oder ausprobierend (induktiv) angeboten werden.
Am Beispiel einer Übungsreihe
zum Erlernen des Aufschlags ist
das Vorgehen nach der Teilmethode dargestellt:
1. Hochwerfen des Balles mit der
linken Hand:
Spielorientierte oder
technikorientierte
Konzeption
Mit der linken Hüfte nahe an
eine Wand oder einen Zaun
stellen. Die Wurfhöhe ist durch
eine Markierung angedeutet.
Der Ball soll mit der linken
Hand bis zur Markierung steil
nach oben geworfen werden.
Vor der linken Fußspitze ist im
Abstand von ca. 30 cm eine
kleine Zielfläche markiert (Zeitung, Reifen, Tennisschläger,
Schlägerhülle). Auf diese Fläche
soll der Ball nach dem Hochwerfen auftreffen.
In der Regel sollten die gegensätzlichen Konzeptionen miteinander
kombiniert werden, sich also gegenseitig ergänzen. Für die konkrete Unterrichtssituation müssen
diese Kombinationen in Abhängigkeit von Gruppe, Zielstellung und
Leminhalt festgelegt werden. Da
jeder Tennisunterricht am Ende
Spielfähigkeit anstrebt, ob wettkampforientiert oder nicht, sollten
immer wieder tennisähnliche
Spiele angeboten werden. Diese
Spiele müssen dem Niveau der
Schüler angepaßt sein, d. h., sich
folgerichtig an den vorher erlernten Techniken ausrichten. Die zunehmend komplexer werdenden
tennisähnlichen Spiele stellen also
die Spielreihe dar, bilden aus der
Methodische Konzeptionen
•
Die zu erlernende Technik ist
für einen einzelnen Schüler zu
schwierig (z. B. Aufschlag).
• Der Tennislehrer hat Schüler mit
Lernschwierigkeiten, denen ein
ganzheitliches Lernen auch im
Kleinfeld und mit Lerngeräten
nicht gelingt.
• In ganzheitlich probierten Techniken gelingen dem Schüler
Teilbewegungen nicht, so daß
diese in besonderem Maße geschult und verbessert werden
müssen (z.B. Schlinge hinter
dem Rücken beim Aufschlag).
Deduktives oder
induktives Vorgehen
Abb. 7 Möglichkeit für eine kombinierte Spielkonzeption für die Einführung von
Tennis mit Kindern
Sicht der spielorientierten Konzeption gleichsam die »Hauptstraße«
des Unterrichts. In diesem Fall
müssen jedoch auf »Nebenstraßen« stets auch technische und
taktische Fertigkeiten vermittelt
werden (Abb. 7). Andererseits
sollte der Lehrer, der eher technikorientiert vorgeht, auch daran
denken, die erlernten Techniken in
Spielformen anwenden zu lassen.
Nur in den folgenden Ausnahmefällen sollte sich der Tennislehrer
für eine rein spiel- oder rein technikorientierte Konzeption entscheiden:
•
•
Der Tennislehrer sollte bei der Vermittlung von Techniken vorrangig
ganzheitlich vorgehen. Allerdings
bietet sich in folgenden Fällen eine
Teilmethode an:
Ein Schüler wünscht ausdrücklich, daß ihm der Lehrer nur bestimmte Techniken vermittelt
oder verbessert (technikorientiert).
Ein Schüler wünscht, daß der
Lehrer ausschließlich mit ihm
spielt (spielorientiert).
• Lernschwache Schüler sind über
längere Zeit noch nicht in der
Lage, Erlerntes im Spiel anzuwenden (technikorientiert).
• Schüler haben stabile Techniken, deren taktische Anwendung im Spiel verbessert werden soll (spielorientiert).
Ganzheits- oder
Teilmethode
Die Entscheidung für die eine oder
die andere Verfahrensform (s. Tab.
3) ist abhängig von
• der zur Verfügung stehenden
Übungszeit,
• dem Alter der Schüler,
• dem Schwierigkeitsgrad der zu
erlernenden Fertigkeit,
• der Wichtigkeit übergeordneter
(nichtmotorischer) Lernziele.
Es ist offenkundig, daß ein induktives Darbieten und Erlernen länger dauert und nicht immer zum
gewünschten Ziel führt. Es ist daher normalerweise ein deduktives
Vorgehen vorzuziehen.
Trotzdem sollte der Tennislehrer
in seinem Unterricht gelegentlich
induktiv vorgehen, um Selbständigkeit, Kreativität und Einsicht
seiner Schüler zu entwickeln und
zu fördern:
• Insbesondere Kinder könnte
man hin und wieder induktiv
lernen lassen. Selbständiges
Ausprobieren regt die Phantasie
an und motiviert besonders
zum Üben.
• Bei der Einführung von neuen
Techniken könnte man induktiv
beginnen und nach angemesse-
29
Grundlagen des Tennisunterrichts
Deduktives Verfahren: Lehrergibt vor
Induktives Verfahren: Schüler probiert aus
Arbeitsschritte
1. Bewegungsbeschreibung und
Demonstration
2. Bewegungsanweisung (Übungsorganisation
3. Ggf. Bewegungshilfe
4. Bewegungskorrektur
5. Ggf. weitere Bewegungsanweisungen
6. Situative Anwendung
1. Bewegungsaufgabe
2. Lenken der Versuche und des Erprobens
3. Herausstellen günstiger Lösungsmöglichkeiten
4. Demonstration günstiger Lösungen
und Bewegungserklärung
Kennzeichen
-
Ziel im Vordergrund
Lenkendes Vorgehen des Lehrers
Konkrete Bewegungsvorstellung
schnelles Erreichen des Zieles durch
ökonomisches Vorgehen
- Motivation oft nur von außen durch
den Lehrer möglich
-
Beispiel:
Einführung des Schmetterballs
1. Erläuterung von Situation und
Absicht
2. Demonstration
3. Bestimmung des Treffpunkts
(Ballangel)
4. Strecken des Schlagarms zum Treffpunkt
5. Einnehmen der seitlichen Schlagstellung
6. Anwerfen des Balles durch den Lehrer
- Wegschlagen über das Netz mit
einer sehr kurzen Schlagbewegung
(nur Hauptaktion)
7. Ggf. Korrekturen
1. Schüler am Netz aufstellen. Lob zuspielen, Aufgabenstellung: »Ball ins
Feld spielen«
2. »Versuch, den Ball schnell und seitlich herauszuspielen«
3. »Schaut, wie Monika den Ball spielt versucht das nachzumachen«
4. »Ich zeige und erkläre euch nochmals, wie Monika den Ball geschmettert
hat«
5. »Dieter, du hast Probleme, den Ball
gut zu treffen, wir machen nochmals
folgende Vorübungen ...«
Lernprozeß im Vordergrund
Selbständiges Erproben
Konkrete Aufgabenstellung
Zielerreichung auf Umwegen
Schüler meistens durch die Aufgabe
motiviert
Tab. 3 Gegenüberstellung von deduktivem und induktivem Verfahren
ner Zeit deduktiv weiterarbeiten. Bei vereinfachten Aufgabenstellungen erkennen die
Lernenden die taktische Notwendigkeit der Technik und
den möglichen Fortschritt.
Zusammenfassung
Es lassen sich insgesamt folgende
Empfehlungen geben:
1. Spiel- und technikorientiertes
Vorgehen im Tennisunterricht
sollte möglichst miteinander
kombiniert, d.h. erlernte Techniken anschließend immer in
Spielformen erprobt und angewendet werden.
2. Unterrichtet der Tennislehrer im
Kleinfeld und verwendet Lernschläger und -balle, sollte spielorientiertes Vorgehen Vorrang
haben, d.h., es sollte überwiegend gespielt und Techniken
30
und Taktik oft im Spiel erarbeitet
werden.
3. Schlagtechniken sollten vorwiegend ganzheitlich vermittelt
werden.
4. Induktives Vorgehen ist insbesondere bei Kindern vorzuziehen. Der Tennislehrer könnte
oft induktiv beginnen und bei
Lernschwierigkeiten deduktiv
weiterarbeiten.
Diese Hinweise sind selbstverständlich nur Empfehlungen. Auch
hier führen viele Wege nach Rom.
Das bedeutet, es wird manche Situation geben, wo ein anderes
Vorgehen sinnvoll ist. Das wurde
zuvor im Text in einer Reihe von
Ausnahmen deutlich gemacht.
Entscheidend ist, daß die Schüler
vom Unterricht begeistert sind.
Unterrichtsmaßnahmen
Die konkreten Maßnahmen des
Tennislehrers im Unterricht sind:
• Vormachen
• Bewegungen beschreiben
• Bewegungen erklären
• Bewegungen anweisen
• Bewegungsaufgaben stellen
• Bewegungen korrigieren
• Zuspielen
• Organisieren
• Verwenden von Medien und
Hilfsmitteln
Vormachen
Das Vormachen (Demonstration)
durch den Lehrer ist zunächst die
wichtigste und in der Regel immer
die erste Informationsquelle für
Unterrichtsmaßnahmen
Grundsatz
Begründung
Beispiel
Auf optimale Stellung zum Schüler
achten
Der zu beobachtende Teil der Bewegung muß deutlich zu sehen sein
Mit dem Rücken zum Schüler stehen,
um die Schlägerbewegung in
der Schleife beim Aufschlag demonstrieren zu können
Technisch richtig vormachen
Schaffen einer optimalen Bewegungsvorstellung für den Schüler
Deutliches Beibehalten der seitlichen Schlagstellung beim Rückhand-Flugball
Schwerpunkt für die Beobachtung
angeben
Lenkung der Aufmerksamkeit auf
bestimmte Bewegungsteile
Beobachten der linken Hand beim
Rückhand-Grundschlag
Unmittelbaren Nachvollzug der
Demonstration ermöglichen
Information bleibt innerhalb von
etwa 20 Sekunden gegenwärtig und
kann sofort umgesetzt werden
Technik des Flugballs auf Zuspiel
durch die Ballmaschine sofort nachvollziehen lassen
Demonstration häufig wiederholen
Schaffung einer vollständigen und
genaueren ßewegungsvorstellung
Schlagbewegung beim VorhandFlugball mehrfach hintereinander
und mehrfach zwischendurch zeigen
Schülergerecht demonstrieren
Anpassen der räumlichen und zeitlichen Struktur an den Leistungsstand der Schüler
Räumlich: starkes Kniebeugen zum
Halbflugball. Zeitlich: verlangsamte
Aufschlagbewegung
Demonstration als begleitende
Information zum taktischen
Zusammenhang geben
Bewußtmachen von Situationen und
Zielen für die Anwendung der
Schlagarten
Wann und wohin spielt man einen
Stop?
Auch ohne Ball demonstrieren
(Trockendemonstration)
Ablenkung des Schülers durch den
Ballflug vermeiden
Vorhand-Grundschlag als Gesamtbewegung vormachen
Erforderlichenfalls Teilbewegungen
angemessen vormachen
Herausstellen wesentlicher Bewegungsdetails
Ausholbewegung zum Schmetterball vormachen
Tab. 4 Grundsätze und Formen für eine optimale Demonstration
den Schüler. Sie erfüllt folgende
wichtige Funktionen:
• Die Lernenden bekommen auf
schnelle und zugleich genaue
Weise eine erste Information
über das, was sie lernen sollen
und wollen.
• Der Lehrer zeigt mit seiner Demonstration, daß er das, was er
vermitteln will, ernst nimmt und
selbst beherrscht.
•
Der Lehrer motiviert die Lernenden durch sein persönliches
Vorbild.
• Die Schüler können unter Umständen ganzheitlich lernen.
• Durch gleichzeitiges Mitvollziehen der gezeigten Bewegung
(Imitation) ist ein direktes Lernen möglich.
Einordnung des Vormachens
in den Lernprozeß
Die zu erlernende Technik sollte
zunächst in ihrem taktischen Zusammenhang erläutert und ggf.
gezeigt werden. Dadurch können
die Lernenden die entsprechende
Fertigkeit in ihrer Bedeutung für
das Spiel einordnen und deren
Stellenwert für ihre eigene Spielfähigkeit abschätzen.
Anschließend erfolgt die eigentliche, schülergerechte Demonstration, um eine erste räumliche,
ggf. auch zeitlich-dynamische Bewegungsvorstellung als bildlichen
Eindruck zu erreichen. Tabelle 4
faßt die wichtigsten Grundsätze
und Formen für eine optimale
Demonstration zusammen.
Abb. 8
Lehrerdemonstration
31
Grundlagen des Tennisunterrichts
— • • • • • — • • B — B w a m t a i ^ ••,. u; ,;.'
Sprache und Sprechen
im Unterricht
Die Sprache im Unterricht umfaßt
alle Äußerungen des Lehrers, mit
denen er das Lernen anleitet und
organisiert. Es umfaßt aber auch
die Äußerungen der Schüler sowie
das Gespräch zwischen Lehrer und
Schüler.
Mit Sprechen kann der Lehrer
• Bewegungen beschreiben
• Bewegungen erklären
• Bewegungen anweisen
• Bewegungsaufgaben stellen
• Bewegungen korrigieren
Wesentliche Anforderungen an die
Sprache des Lehrers sind in Tabelle
5 zusammengefaßt.
Anpassung der Sprache
an die Schüler
Benutzt der Tennislehrer die Sprache der Lehrpläne, dann ist sicher
die sachliche Richtigkeit gegeben.
Allerdings wird diese Sprache den
Schülern oft nicht verständlich
sein. Nun sind die Lehrpläne in erster Linie für den Lehrer geschrieben worden. Für ihn haben sie
eine Wissensfunktion.
Demgegenüber soll die Sprache im
Unterricht für die Schüler eine
handlungsanregende Funktion besitzen. Sie soll die Bewegungsvorstellungen und Handlungspläne
der Schüler entwickeln und verbessern helfen sowie motivierend
wirken. Insofern muß sich Unterrichtssprache sehr oft von Lehrplanssprache unterscheiden. So
kann man z.B. den Schülern beim
Üben des Grundschlages mit der
Vorhand sagen, sie mögen den
Ball mit dem Schläger lange in
Schlagrichtung »führen«, obwohl
der Kontakt zwischen Ball und Besaitung nur wenige Tausendstel
Sekunden beträgt. Trotzdem wird
diese Information in vielen Fällen
den Schülern helfen, genauer zu
treffen, weil sie während der
Schlagphase das Gewicht nach
vorne verlagern und den Oberkörper mitdrehen.
Die Sprache im Unterricht muß
sich also ausrichten:
• an der Struktur des zu vermittelnden Stoffes,
• am Auffassungs- und Vorstellungsvermögen der Schüler, das
durch deren Alter, Intelligenz
und bisherige Ausbildung bestimmt wird.
Insbesondere ist es wichtig zu
wissen, daß der Lehrer zumeist die
Bewegung anspricht, die er als
Betrachter sieht, also die Außenperspektive der Bewegung. Er orientiert sich vornehmlich am räumlich-zeitlichen Ablauf der Bewegung. Seine Sprache ist deshalb an
der visuellen Wahrnehmung orientiert. Die Schüler dagegen nehmen
die Bewegung eher über die Innenperspektive (sog. kinästhetische Wahrnehmung) wahr. Sie
»fühlen«, daß der Ball zu spät getroffen wurde und »spüren«, daß
sie sich in Rücklage befanden und
den Schläger zu wenig geschwungen hatten usw. Sie brauchen des-
halb vom Lehrer auch Informationen, die diese Innenperspektive
ansprechen. Dies ist nicht immer
leicht, da sich manche Phänomene
der Innenperspektive der Bewegungshandlungen sprachlich nur
teilweise fassen lassen, was sich
auch darin äußert, daß die Schüler
ihre inneren Erlebnisse häufig
sprachlich nicht konkretisieren
können.
Der Lehrer muß bei seinen Äußerungen auch berücksichtigen, ob
er die Schüler vor, während oder
nach der Handlung anspricht.
• Vor der Handlung sollte der
Lehrer sich hauptsächlich fragen, wie er den Schülern beim
Aufbau ihres Handlungsplanes
helfen kann; dabei sollte er
nicht zu viele Informationen
geben, um die Schüler nicht zu
überfordern.
• Während die Schüler handeln,
können sie kaum ausführliche
Informationen aufnehmen und
verarbeiten; deshalb müssen
sich die sprachlichen Äußerungen auf Akzentuierungen des
Bewegungsablaufs oder auf
Rhythmisierung beschränken.
• Nach der Handlung muß der
Lehrer berücksichtigen, daß
auch die Schüler ihre Bewegung
wahrgenommen haben und
verarbeiten. Es kommt also darauf an, diese Verarbeitung so
zu unterstützen oder zu korrigieren, daß sie den Aufbau der
nächsten Handlungspläne verbessert.
Tab. 5 Anforderungen an die Sprache (verbale Information) des Lehrers
Sachliche
Richtigkeit
Günstiger
Informationsfluß
Verständlichkeit
- Übereinstimmung
mit Lehrplantechnik (biomechanisch und situativ
ermittelt)
- methodisch richtig
- Sprechtempo
- Sprechpausen
-
32
Gliederung/Ordnung,
Einfachheit
Kürze/Prägnanz
Stimulanz/Anregung
der Sprache
- Anpassung
an Alter und
Vorkenntnisse
der Schüler
Akustisches
Verstehen
Klang
Übereinstimmung
mit
Körpersprache
- Lautstärke
- Deutlichkeit
-
- Freundlichkeit
- angemessene
Gestik
Modulierung
Tonhöhe
Klangfülle
Sympathie
Unterrichtsmaßnahmen
Bewegungen
beschreiben
Bewegungen
erklären
Bewegungsaufgaben
stellen
Die Bewegungsbeschreibung dient
zur Vorbereitung und Ergänzung
der visuellen Informationen und
damit zur Verbesserung der Bewegungsvorstellung des Lernenden.
Sie ist eine geordnete Darstellung
des räumlichen, zeitlichen und
dynamischen Ablaufs der entsprechenden Fertigkeit.
Die Bewegungsbeschreibung hat
folgende Funktionen:
• Sie präzisiert die Zielangabe
(z.B. beim Aufschlag: »Der
Schläger wird hinter dem
Rücken zunehmend beschleunigt«),
• Sie kann die Aufmerksamkeit
der Lernenden auf Wesentliches lenken (z.B. beim Topspin:
»Achtet auf die steile und
schnelle Aufwärtsbewegung
des Schlägers«).
• Sie kann an Bekanntem anknüpfen (»Nehmt den Schläger
so zurück wie beim Ausholen
zum Flugball« als Beschreibung
der Ausholbewegung beim
Rückhandreturn auf einen
Twist-Aufschlag).
Die Bewegungsbeschreibung dient
zur Begleitung und Ergänzung des
Vormachens. Das bedeutet:
• Sie kann Ordnung in die Bewegungsvorstellung der Lernenden bringen (z.B. beim Aufschlag: »Das linke Knie streckt
sich bereits, wenn der Schlägerkopf noch nach unten zum
Wendepunkt hinter dem
Rücken schwingt«).
• Sie kann Wesentliches deutlich
von Unwesentlichem trennen
(z. B. beim Topspin mit der Vorhand: »Es ist wichtig, daß der
Schläger schnell und steil nach
oben geschwungen wird, egal
dagegen wohin und wie weit
ihr ausschwingt«).
Die Bewegungserklärung kann der
Ergänzung und Begründung der
Bewegungsbeschreibung dienen,
soweit sie für nötig erachtet oder
von den Schülern verlangt wird.
Mit der Bewegungserklärung sollen vor allem funktionale Zusammenhänge vermittelt werden. So
kann den Schülern deutlich gemacht werden, welche Funktion
die Hauptaktion einer Technik bei
der Lösung einer taktischen Aufgabe hat, inwieweit bestimmte
Ausprägungen der Hilfsaktionen
vorbereitend, unterstützend oder
behindernd wirken. Damit hilft die
Bewegungserklärung, Einsicht und
Überzeugung für das Gelernte zu
vermitteln.
Die gegebenen Bewegungserklärungen sollten
• kurz und bündig sein, wenn sie
unmittelbar am Tennisplatz
erfolgen,
• in Gespräch und Diskussion
nach dem Unterricht münden,
wenn die Lernenden dies wünschen oder der Lehrende es für
erforderlich hält,
• gegebenenfalls durch eine
gleichzeitige Demonstration
unterstützt werden.
Die Bewegungsaufgabe stellt im
Gegensatz dazu den wesentlichen
Teil eines induktiven Vorgehens
dar (s. S. 29). Wird dabei der Lösungsspielraum der Übenden nicht
eingeschränkt, spricht man von einer »freien Bewegungsaufgabe«.
Wird, um ein Ziel schneller zu
erreichen oder um die Einsicht der
Lernenden zu fördern, vorher eine
Information zur Orientierung
gegeben, so handelt es sich um
eine »gebundene Bewegungsaufgabe«.
Bewegungen
anweisen
Mit einer Bewegungsanweisung
organisiert der Lehrer das Üben
und leitet die Lernenden an. Er
gibt in der gebotenen Kürze, aber
so genau wie möglich an, wie der
jeweils nächste Lernschritt und die
entsprechende Organisationsform
aussehen sollten. Damit ist die Bewegungsanweisung vor allem ein
Merkmal des deduktiven Unterrichts (s. S. 29).
Bewegungen
korrigieren
Beim Erlernen von neuen Fertigkeiten entstehen zwangsläufig
auch Fehler. Bewegungen werden
korrigiert, wenn sie
• direkt zu Fehlern (Ball nicht
getroffen, im Netz oder Aus)
führen,
• zu taktisch ungünstigen Situationen (z.B. Ball zu kurz)
führen,
• langfristig die Weiterentwicklung des Lernenden
(z. B. Mittelgriff verhindert
extremen Vorwärtsdrall)
behindern.
Feststellen des Fehlers
Entsprechend der funktionalen Bewegungsanalyse (s. Band 1, Seite
20ff.) sollte der Tennislehrer seine
Korrektur an der Erreichung des
taktischen (Bewegungs-)Ziels
orientieren. Das bedeutet, daß er
beurteilt, inwieweit die entsprechende Technik geeignet und der
Spieler in der Lage ist, die taktische Aufgabe zu erfüllen.
Insofern empfiehlt sich für den
Lehrer beim Feststellen von Feh-
Grundlagen des Tennisunterrichts
lern grundsätzlich folgendes Vorgehen:
• Beobachten der betreffenden
Technik möglichst im Spiel oder
unter bei spielnahen Bedingungen oder entsprechendem Zuspiel
• Feststellen, ob
- der Ball nicht getroffen
wurde
- der Ball im Netz oder Aus
landete
- die taktische Aufgabe nicht
erfüllt wurde
• Beurteilen der Hauptaktion der
Technik in bezug auf die genannten Fehlerarten
• Beurteilen der Hilfsaktionen ggf. als Ursache für eine fehlerhafte Hauptaktion (Fehler/
Folgefehler)
• Beurteilen der Spielräume der
Hilfsaktionen in Abgrenzung zu
Fehlern und Mängeln
• Beurteilen der Bewegungen des
Kopfes, des linken Armes oder
der Beinarbeit als Komponenten, die häufig nicht als Hilfsaktionen beschrieben werden
viel zu schnell gespielt) und taktischer Fehleinschätzungen
• Konditionelle Schwächen
• Allgemeine koordinative
Schwächen (auch Mangel an
sportlichen Vorerfahrungen)
• Mangelndes Ballgefühl
• Fehlende Motivation
Bevor der Lehrer diese Mängel
nicht durch geeignete Vorübungen, ergänzende Übungsprogramme und spezifische Maßnahmen ausgeglichen hat, werden
seine Bewegungskorrekturen relativ unwirksam bleiben.
Ursachen für Fehler
•
Fehler entstehen zunächst aufgrund von Koordinationsproblemen beim Erlernen neuer Techniken. Weil Gesehenes und Gehörtes in unterschiedlicher Weise in
Bewegung umgesetzt wird, können bei verschiedenen Schülern
ganz unterschiedliche Fehler entstehen. Ist der Lehrer geduldig,
das heißt, wiederholt er seine
Informationen und gibt ausreichend Zeit zum Erproben, verschwinden manche Fehler von
selbst. Darüber hinaus gibt es eine
Reihe von weiteren Ursachen:
•
Fehler als Folge von Fehlern in
der Ballberechnung (Timing,
Abstand)
• Fehler als Folge unangemessener Absichten (z.B. Ball wird
34
•
•
•
•
•
Grundsätze für Bewegungskorrekturen
Bei den Korrekturen sind folgende
Grundsätze zu beachten:
• Fehlerursache ergründen.
• Der Lehrer soll zunächst einmal
abwarten, bevor er korrigiert;
der Schüler muß Zeit „haben, '
sich mit der Bewegung vertraut
zu machen, so daß falsche Bewegungen beim Üben unter
Umständen von selbst abgestellt werden oder der Schüler
sich bewußt selbst korrigiert.
Erfolgt diese Selbstkorrektur
nicht, dann soll die Korrektur
möglichst sofort nach der
falschen Bewegungsausführung
erfolgen.
• Zuerst Korrekturen, die helfen,
den Ball zu treffen und ins
Spielfeld zu schlagen; d.h. in
der Regel, Fehler in der Hauptaktion oder in den Hilfsaktionen, die die Hauptaktion negativ beeinflussen, korrigieren.
• Die Notwendigkeit einer Korrektur sollte sich zunächst an
der taktischen Aufgabe, und
nicht am Bewegungsablauf
orientieren, d.h., sie sollte erst
einsetzen, wenn die Funktion
der entsprechenden Technik in
der Spielsituation nicht erfüllt
werden kann.
•
•
Nur einen Fehler und nicht
mehrere gleichzeitig ansprechen.
Korrekturen selten mit Kritik,
sondern eher mit Ermunterung
verbinden.
Korrekturen nicht negativ formulieren (z.B. »zu später Treffpunkt«), sondern möglichst als
Hilfestellung anbieten (z.B.
»früher vorschwingen«).
Schülergerecht, d.h. dem Leistungsstand entsprechend korrigieren (keine Feinkorrektur im
Stadium der Grobform).
Kein Beharren auf Korrekturhilfen, wenn diese nicht zum
Erfolg führen; andere Hilfe anbieten, sonst wird der Schüler
entmutigt.
Teilbewegungen gegebenenfalls auch isoliert bearbeiten
und dann die richtige Teilbewegung in die Gesamtbewegung
einbauen (z.B. nur Ausholbewegung zum Flugball schulen).
Vorsicht mit der Demonstration
von Fehlerbildern (Störung der
richtigen Bewegungsvorstellung).
Korrekturmaßnahmen
Um auftretende Fehler zu korrigieren, bieten sich die folgenden
Maßnahmen an:
• Bewegungs-Anweisung; z. B.
»Strecke deinen Arm beim
Zuschlagen« oder »Spiele länger an die Grundlinie«
• Erneute Demonstration von
Teilen der Technik oder der
Gesamtbewegung, auch durch
Video, Bildreihe u.a.
• Aufgabenstellung:
- Günstige taktische Lösung
durch entsprechende Aufgabenstellung erreichen (z.B.:
»Spiele höher« und damit
länger)
- Vereinfachte Aufgaben; z.B.
mit weniger Schwung über
kürzere Entfernung spielen
Aufgaben mit bildhafter Vorstellung; z.B. Gewichtsverlagerung beim Flugball, so als
ob man eine Stufe hinuntersteigen wollte
- Aufgaben, die das Gefühl
ansprechen; z.B. Ausführung
der Schlagbewegung mit
einem schweren Tennisschläger, so daß der
Schwung beim Aufschlag
verspürt wird
- Aufgaben mit einem Vergleich; z.B. Aufschlagbewegung wie eine Wurfbewegung durchführen
- Aufgaben mit bewußter
»Übertreibung«; z.B. bei zu
großer Schleife beim Grundschlag-Vorhand die Ausholbewegung geradlinig nach
hinten-unten beginnen
• Korrektur durch Zuspiel; z. B.
kann ein kurzes Zuspiel einen
frühen Treffpunkt erzwingen
• Korrektur durch Lernhilfen
(s. S. 38)
• Korrektur durch rhythmische
Zurufe zur Unterstützung der
Bewegung
-
Zuspielen
Ein genaues Zuspiel erleichtert es
den Lernenden,
• den Ball unter konstanten oder
systematisch variierten Bedingungen und
• im idealen Treffpunkt zu
schlagen.
Dieses Zuspiel des Balles kann
durch einen Lehrer, einen Partner
oder auch durch eine Ballmaschine
erfolgen.
Gegenüber dem Zuspiel der Ballmaschine hat das Lehrerzuspiel
den Vorteil, daß es schneller an
den (die) Schüler angepaßt werden kann und so ein besseres Eingehen auf das unterschiedliche
Leistungsniveau der Teilnehmer
möglich ist. Außerdem ermöglicht
die Ballmaschine für den Schüler
keine spieltypische Vorausberechnung des Ballfluges. Allerdings
kann die Ballmaschine den Lehrer
stark entlasten.
Abb. 10 Zuwurf von oben
Abb. 9 Zuwurf von unten und leicht diagonal zum Treffpunkt, Lehrer steht dem Schüler genau gegenüber
Grundlagen des Tennisunterrichts
Das Zuspiel des Lehrers (auch Zuwurf) soll in der Regel von unten
erfolgen (Abb. 9, S. 35), damit
sich der Schüler besser auf seinen
Schlag vorbereiten kann.
Verfolgt man jedoch die Absicht,
daß der Schüler den Ball im Aufsteigen schlagen soll (Slice, Stop),
kann auch von oben zugeworfen
werden (Abb. 10, S. 35).
Folgende Punkte sind beim Zuspiel
zu beachten:
• Richtung
• Länge
• Höhe
• Geschwindigkeit
• Frequenz
• Drallart
Richtung des Zuspiels
Der »stehende« Ball
Der Ball wird genau senkrecht
über dem beabsichtigten Treffpunkt fallengelassen (Abb. 11)
bzw. angeworfen (Abb. 12); er
springt dann vom Boden so hoch,
daß sein Umkehrpunkt (Kulminationspunkt) genau in Treffpunkt-
höhe liegt; der Ball »steht« also im
Treffpunkt.
Das Anwerfen des Balles durch
den Lehrer schult beim Schüler das
Erkennen des Ballflugrhythmus
und fördert das Gefühl für einen
entsprechenden Schlagrhythmus.
Ein bloßes Fallenlassen des Balles
stellt erhöhte Anforderungen an
die Reaktion und Koordination des
Schülers, ist also nicht so günstig.
Der Ball kann auch vom Schüler
selbst angeworfen werden. Beim
Anwurf zum Grundschlag Rückhand wird in der Schlagstellung
der Schläger mit der linken Hand
am Schlägerhals gehalten, mit der
rechten Hand (Schlaghand) wird
der Ball angeworfen und anschließend der Schläger mit der rechten
Hand mit Rückhandgriff gefaßt
und der Schlag ausgeführt.
Zuspiel genau aus Schlagrichtung
des Schülers
Der Zuspieler steht genau gegenüber dem Treffpunkt, der Schüler
darf aber aus Sicherheitsgründen
den Ball nur so weich zurückspie-
Abb. 11 Ball wird über dem geplanten Treffpunkt
fallengelassen
36
len, daß ihn der Zuspieler ohne
Schwierigkeiten fangen kann
(Abb. 13). Bei diesem Zuspiel haben Anfänger den größten Erfolg.
Zuspiel aus seitlich leicht
versetzter Richtung
Der Schüler soll schlagen können,
ohne Angst haben zu müssen, den
Zuspieler mit dem Ball zu treffen
(Abb. 14, S. 37). Es muß gewährleistet sein, daß der Schüler keine
Schwierigkeiten bekommt, den
seitlichen Abstand zum Treffpunkt
einzuhalten; der Ball darf also weder auf den Körper des Spielers
zufliegen noch aus zu diagonaler
Richtung zugespielt werden.
Zuspiel von hinten
Der Zuspieler steht hinter dem
Schüler (Abb. 15, S. 37) und wirft
den Ball in Schlagrichtung. Beim
Tennisspielen kommt diese Situation zwar nicht vor, man kann
aber einen deutlich vor dem Körper liegenden Treffpunkt und eine
gute Gewichtsverlagerung in
Schlagrichtung schulen.
Abb. 12 Ball wird über dem geplanten Treffpunkt senkrecht
nach oben geworfen
Unterrichtsmaßnahmen
Abb. 13 Zuwurf erfolgt genau aus der
Schlagrichtung des Schülers
Abb. 14 Zuwurf erfolgt aus zur
Schlagrichtung seitlich versetzten
Position, Ball springt nach dem Aufsprung auf dem Boden vom Schüler
weg
Abb. 15
Länge des Zuspiels
Geschwindigkeit und Frequenz
des Zuspiels
Organisieren
Sowohl Geschwindigkeit als auch
Frequenz müssen so gewählt werden, daß die Schüler ihrem Leistungsniveau entsprechend ausreichend Zeit für die Schlagvorbereitung und -durchführung
haben.
Die Planung der einzelnen Unterrichtseinheiten muß unter der
gegebenen Zielstellung auch
jeweils die Auswahl sinnvoller und
geeigneter Organisationsformen
einschließen.
Vom Tennislehrer muß vorher festgelegt werden,
• wo die Lernenden stehen und
üben sollen (etwa dicht am
Netz, hinter der T-Linie, hinter
der Grundlinie, eventuell vor
einer Wand usw.) - abhängig
von der jeweiligen Aufgabenstellung und vom Könnensstand der Schüler,
• wie sich die Lernenden aufstellen sollen (Aufstellungsformen)
- abhängig von dem zur Verfügung stehenden Platz und dem
geplanten Ablauf,
• in welcher Reihenfolge die geforderten Aufgaben erfüllt werden sollen (Verfahren des
Übungsablaufs).
Es soll so zugespielt werden, daß
der Schüler den Ball möglichst
leicht im idealen (gewünschten)
Treffpunkt schlagen kann. Das bedeutet, daß der Ball weder zu lang
noch zu kurz zugespielt werden
darf.
Höhe des Zuspiels
Je nach Schlagart bzw. entsprechender Situation liegt der Treffpunkt unterschiedlich hoch, z.B.:
• in Kniehöhe beim tiefen Flugball,
• in Brusthöhe beim Topspin-Lob,
• über Kopfhöhe beim Schmetterball.
Der Ball muß so zugespielt werden
(direkt oder indirekt), daß er in der
gewünschten Höhe geschlagen
werden kann.
Bei unterschiedlichen Körpergrößen in einer Gruppe hat das
Zuspiel mit der Ballmaschine hier
Nachteile, weil keine individuelle
Anpassung möglich ist.
Drall des Zuspiels
Beim Zuspiel des Balles mit Vorwärts- oder mit Rückwärtsdrall
müssen Flugkurve sowie Absprungverhalten einkalkuliert und
den Schülern bewußt gemacht
werden, um sie nicht zu überfordern.
Die Bälle sollten nicht nur einzeln
zugespielt, sondern, sobald
methodisch sinnvoll, auch vom
Lehrer zurückgespielt werden
(Ballwechsel).
Der Erfolg im Tennisunterricht
hängt weitgehend von einem
guten, schülerangepaßten Zuspiel
ab.
Zuwurf von hinten
Grundlagen des Tennisunterrichts
Übliche Aufstellungsformen für größere Gruppen
Anwendungsmöglichkeiten
Freie Aufstellung mit jeweils entsprechend großem
Abstand zwischen den Partnern
Übungen zur Gewöhnung an Ball und Schläger,
Gymnastik, Stretching
Kreisaufstellung mit entsprechendem Abstand zu den
Nebenleuten
Übungen zur Gewöhnung an Ball und Schläger, einfache Spielformen wie Nummernspiel, Wanderball, etc.
Halbkreisaufstellung
Gymnastik, Stretching, Ansagen, Erklärungen für alle
Linienaufstellung, auch zwei Linien hintereinander,
ggf. versetzt
Gymnastik, Stretching, Laufen, Sprints, Schlagbewegungen
ohne Ball, Beinarbeit (Schrittkombinationen, Laufrhythmus)
Rundlaufaufstellung; Spieler verteilen sich gleichmäßig
auf beiden Seiten des Netzes
Rundlauf; bei ungerader Teilnehmerzahl bringt die
Gruppe den Ball ins Spiel, die einen Teilnehmer mehr
hat; Schlagrichtung vorgegeben
Spieler verteilen sich gleichmäßig auf beiden Seiten des
Netzes und bilden dort zwei oder drei Untergruppen, die
hinter zugeordneten Positionen (Linien, Markierungen) stehen
Rundlauf mit zwei oder drei Bällen gleichzeitig, bei vorgegebener Schlagrichtung
Gassenaufstellung
Zuwurf und Zuspiel partnerweise
Reihenaufstellung (nur bei zwei bis höchstens vier Teilnehmern)
Spiel gegen die Wand, Schläge auf Zuspiel durch den
Lehrer oder die Ballmaschine; nach einem oder mehreren
Schlägen, auch von verschiedenen Positionen aus, stellt sich
der Spieler wieder am Ende der Reihe an
Tab. 6 Aufstellungsformen und Verfahren für den Übungsablauf
Aufstellungsform und Verfahren
des Übungsablaufs (Tab. 6) müssen gewährleisten, daß
• der Lehrer alle Schüler gut
beobachten kann,
• alle Schüler sinnvoll beschäftigt
sind,
• keine längeren Pausen entstehen,
• die Sicherheit der Schüler
garantiert wird.
Verwenden von
Medien und
Bewegungshilfen
Wenn Ziele und Methoden des
Unterrichts festliegen, wenn der
Tennislehrer weiß, wo sein Unterricht stattfindet (Freiplatz oder
Halle), dann kann er entscheiden,
ob der Einsatz von Medien und
Lernhilfen sinnvoll ist. Das bedeutet, daß er abwägen muß, ob der
Nutzen für den Lernfortschritt den
notwendigen Aufwand für den
Einsatz sowie gegebenenfalls für
Auf- und Abbau der Geräte lohnt.
38
Medien
Darunter versteht man:
• Bildmedien:
- Einzel- und Reihenbilder,
- Film, Video,
• gedruckte Medien:
- Lernkarten und Lernprogramme.
Die wichtigsten Vorteile von
Medien (s. Tab. 7) sind:
• Bestmögliche Information
• Besondere Motivierung
• Verstärkte selbständige Arbeit
der Lernenden
• Entlastung des Lehrers für individuelle Betreuung
Bewegungshilfen
Bewegungshilfen dienen der Erleichterung und Unterstützung des
Lernens sowie zur Motivierung der
Schüler. Man unterscheidet Gerätehilfen (Tab. 8, S. 39) und personale Hilfen ( Tab. 9, S. 39).
Bewegungshilfen, die nur eine gewünschte Lösung zulassen, führen
zu einerzwingenden Situation:
z.B. Einschränken der Ausholweite
beim Flugball durch Hinhalten
eines Schlägers (Abb. 18, S. 40).
Im einzelnen verfolgt der Einsatz
von Bewegungshilfen folgende
Ziele:
• Bewußtmachen des Bewegungsablaufs
• Erleichterung der Unterrichtsorganisation
• Gewährleistung von Sicherheit
und Genauigkeit
• Unterstützung der Konstanz der
Bedingungen
• Unterstützung der Motivation
Bewegungshilfen zum Bewußtmachen der Bewegung
Der räumliche Verlauf der Bewegung und das Bewegungsgefühl
sollen bewußt gemacht werden,
insbesondere sollen Hauptaktion
und Lage des Treffpunkts herausgestellt werden.
Beispiele:
Hauptaktion Flugball:
• Erzwingen der Schlagrichtung
mit Hilfe einer am Netz befestigten, durch die Besaitung des
Schlägers geführten und gespannten Schnur
Treffpunkt bei allen Schlagarten:
• Ball an einer Angel wird in den
idealen Treffpunkt gehalten
Unterrichtsmaßnahmen
Vorteile
Nachteile
Gezeichnete Bildreihe
- Beschränkung auf wesentliche
Informationen
- beliebig langes und häufiges Hinschauen möglich
- geeignete methodische Übertreibungen möglich
- Unpersönlich (Motivierung durch
Vorbild fehlt)
- zeitlich-dynamischer Ablauf fehlt
Fotografierte Bildreihe
- Wie oben, Motivierung durch
Vorbild
- Methodische Übertreibungen kaum
möglich
- zeitlich-dynamischer Ablauf fehlt
Einzelbilder
(Foto/Zeichnung)
- Konzentration auf wesentliche
Schwerpunkte (hervorgehoben)
möglich
- Bedeutung des Einzelbilds für die
Ganzheit des Bewegungsablaufs
wird nicht deutlich
Video
(Normalgeschwindigkeit)
- Optimaler Gesamteindruck mit genauem zeitlich-dynamischem Ablauf
(Sollwert)
- Möglichkeit der Analyse der aufgezeichneten
Schülerleistung
(Istwert)
- Viele Informationen in kurzer Zeit
(hohe Informationsdichte)
- organisatorischer und zeitlicher Aufwand
- Schüler-Fehlerbilder stören den
Lernprozeß
Video
(Zeitlupe)
- Geringe Informationsdichte, Detailinformationen
- Zeitlich-dynamischer Ablauf verzerrt
Bewegte Bilder
Stehende Bilder
Technische Möglichkeiten
Tab. 7
Bildmedien
Geräte
Einsatzmöglichkeiten
Schläger:
Holzbrett, Kobaschläger, Lernschläger, Lochschläger, Kescher
Softbälle, Lernbälle
Bälle:
Ballwurfmaschine:
Lern- und Spielgeräte zur Technikschulung (besonders
»Treffpunktschulung« in Anpassung an Lernstadium,
Körpergröße und Kraft der Schüler
Genaues Zuspielen des Balles mit der Möglichkeit,
Frequenz, Geschwindigkeit, Flughöhe, Flugweite,
Richtung und Drall einzustellen
Ballwand:
Parabolwände aus Stein oder
Holz, gerade Steinwände, schräge
Steinwände, Schaumstoff-, Netz-,
Trampolinwände
Technikschulung, Zielgenauigkeits- und Reaktionstraining
»Schlagentwickler«:
Ballangel, Ballpendel, fest fixierte
Bälle
Technikschulung
Zielstangen, Reifen,
Hütchen, Schnüre, Leinen
Training von Ballflughöhe und Zielgenauigkeit,
Orientierungshilfen für Laufwege
Tab. 9
Beispiele für personale Hilfen im Tennisunterricht
Funktion der Hilfe
Vermittlung der beschleunigen den Dynamik beim Aufschlag,
Abbau möglicher Pausen oder Verzögerungen
Festhalten und leicht nach hinten ziehen des linken Armes
beim Rückhandschlag
Fixierung der seitlichen Stellung
Führen der Schlaghand des Lernenden durch den Lehrer
beim Halbflugball (Abb. 17, S. 40)
Bewußtmachen und Erfühlen
der Bewegung
Zuruf: »Beug - und - hopp« (»Beug« für Kniebeugen
bei Pendel, Kniestrecken bei »und«,
Ellenbogenstrecken bei »hopp«)
Verbesserung der aufeinanderfolgenden Bewegungskopplung
von Knie- und Armstreckung beim Aufschlag
Zuruf: »und jetzt«
Unterstützung des Beginns des Vorschwungs, um den Ball
rechtzeitig zu treffen
Beinarbeit gleichzeitig mitmachen lassen
Imitation des Lehrervorbilds (»Schattenübung«)
Schüler beginnt mit der Ausholbewegung,
wenn der Schläger des Lehrers beim Zuspiel vorschwingt
Unterstützung des richtigen Timings
Taktile
Hilfe
Beschreibung der Hilfe
Vorschleudern des Oberarmes durch Stoßen
am Ellenbogen beim Einschwung des Schlägers
in die Kehre des Aufschlags
Akustische
Hilfe
Die wichtigsten Gerätehiifen für den Tennisunterricht (s. auch Abb. 20, S. 41)
Optische
Hilfe
Tab. 8
Grundlagen des Tennisunterrichts
Abb. 16
Lehrer führt den linken Arm des Schülers beim Rückhandschlag zur Beibehaltung der seitlichen Schlagstellung
Abb. 18
Abb. 17
40
Lehrer führt den Schlagarm
Ausholbewegung zum Vorhand-Flugball endet am Schläger des Lehrers
Planung und Durchführung
Schwunggefühl Aufschlag:
• Erzwingen einer schwunghafter
Aufschlagbewegung mit Ballpendel am Schläger (Abb. 19,
S. 40) - Ball darf den Schläger
nicht berühren
Hilfen zur Erleichterung
der Organisation
Hütchen, Schlägerhüllen, Sprungseile usw. dienen zur Markierung
von Ausgangspositionen und
Laufwegen und unterstützen so
den organisatorischen Ablauf des
Unterrichts.
Hilfen für Sicherheit und
Genauigkeit
Gerätehilfen werden zur Zielorientierung eingesetzt.
Beispiele:
• Erhöhtes Netz (Sicherheit von
Schlägen; Flugkurve von Topspin und Twistaufschlag)
• Über das Netz gehängtes
Handtuch (Kontrolle der
Schlagrichtung)
• Reifen, Schlägerhüllen, Seile als
Hilfslinien usw. (Markierung
von Treffzonen)
Hilfen zur Konstanz der
Bedingungen
Mit Hilfe von Ballwurfmaschinen
oder Tenniswänden können vorübergehend nahezu konstante
Ballflugkurven geschaffen werden.
Damit können Lernen von neuen
Techniken und Umlernen erleichtert werden.
Hilfen zur Motivierung
Gerätehilfen, Ballwurfmaschinen
usw. schaffen Abwechslung und
lockern damit das Unterrichtsgeschehen auf. Dadurch kann der
Lehrer seine Schüler erforderlichenfalls zusätzlich motivieren.
Allerdings ist darauf zu achten,
daß der Einsatz von Gerätehilfen
nicht übertrieben wird.
Abb. 20
Gerätehilfen für Tennisunterricht
Planung und
Durchführung
des Tennisunterrichts
Im vorangegangenen Kapitel sind
die Bedingungen des Lehrens und
die möglichen Unterrichtsmaßnahmen für den Tennisunterricht dargestellt worden. Im folgenden sollen auf der Grundlage dieser Darstellung die notwendigen Arbeitsschritte für die Planung konkreten
Unterrichts zusammengefaßt
werden.
Die Planung von Unterricht, also
die Vorbereitung auf die jeweilige
Unterrichtssituation, soll sicherstellen, daß die Schüler am Schluß
tatsächlich etwas gelernt haben
und daß schließlich jene Ziele angesteuert und möglichst erreicht
worden sind, die sich Schüler und
Lehrer zu Anfang gesetzt haben.
Einzel- und Gruppenunterricht
Neben dem traditionellen Einzelunterricht (der früher die häufigste
Unterrichtsform war) hat sich in
zunehmendem Maße auch der
Gruppenunterricht etabliert. An
Schulen und Hochschulen wurde
aus personellen und räumlichen
Gründen immer schon vorwiegend
in Gruppen unterrichtet. Die meisten in diesem Band beschriebenen Spiel-, Übungs- und Wettkampfformen eignen sich besonders für den Gruppenunterricht.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß
sowohl Einzel- wie auch Gruppenunterricht Vor- und Nachteile
haben, deren wichtigste im Anschluß an diesen Abschnitt aufgezählt werden.
Insgesamt gesehen, hat der Gruppenunterricht jedoch mehr Vor- als
Nachteile. Er hat sich auch deshalb
in der Praxis bewährt und durch-
41
Grundlagen des Tennisunterrichts
gesetzt, weil alle Lerngruppen Anfänger, Fortgeschrittene, Turnierspieler, Kinder, Jugendliche
und Erwachsene - ihn gerne praktizieren und davon profitieren. Es
muß jedoch darauf hingewiesen
werden, daß dem Gruppenunterricht Grenzen gesetzt sind, wenn
die Teilnehmerzahl zu groß oder
die Gruppe in der Leistung zu
unterschiedlich ist (Heterogenität).
Das wichtigste Ziel aller Unterrichtsmaßnahmen ist die Vermittlung und Optimierung von Spielfähigkeit. Für den Gruppenunterricht kommen dabei selten technikorientierte, sondern vorrangig
spielorientierte Konzepte zum
Tragen.
Der Tennislehrer muß so organisieren können, daß alle beteiligten
Schüler ihrem individuellen
Könnensstand entsprechend das
Tennisspielen partnerschaftlich
erlernen können. Die Schüler übernehmen gegenseitig Verantwortung für das Vorankommen und
erwerben mit Hilfe des Tennislehrers Kontroll- und Korrekturkompetenz.
Der Lehrer hat für optimale Unterrichtsbedingungen zu sorgen
(Spielfelder, Lernhilfen und Organisation) und fördert die Eigeninitiative der Schüler. Der Gruppenunterricht stellt an den Tennislehrer in organisatorischer und
methodischer Hinsicht hohe
Ansprüche.
Im Vergleich zum Einzelunterricht
muß der Lehrer bei seiner Unterrichtsplanung und -durchführung
zusätzlich folgende
Voraussetzungen berücksichtigen:
• Anzahl der Schüler und Plätze
• Homogenität bzw. Heterogenität der Gruppe
• Struktur der Gruppe (Alter,
Geschlecht usw.)
• Unterschiedliche Interessen
innerhalb der Gruppe
42
Um auch im Gruppenunterricht
die Lernziele zu erreichen und den
Lernerfolg jedes einzelnen Schülers zu sichern, sollten folgende
Prinzipien beachtet werden bzw.
gewährleistet sein:
• Effektivität: optimale Platzausnutzung, ausreichende Anzahl
von Bällen, individuelle Betreuung und Korrektur
• Intensität: häufigen Ballkontakt
und angemessene Belastung
• Sicherheit: geeignete Organisationsformen, Orientierungshilfen und Kontrolle des
Lehrers
• Variabilität: Partner- und Aufgabenwechsel
• Funktionalität: Übertragung
bestimmter Aufgaben wie Zuspieler, »Balljunge«, Schiedsrichter o.a.
• Schülergemäßheit: schülergerechte Spiel- und Übungsformen sowie differenzierte Maßnahmen
Vorteile des Einzelunterrichts
• Der Lehrer kann intensiv auf die
Individualität des Schülers eingehen
• Der Schüler hat einen Partner,
Zuspieler bzw. Gegner, mit dem
er auch alle taktischen Situationen des Einzels durchspielen
und trainieren kann
• Der Schüler hat in der Person
des Lehrers ein Vorbild
Nachteile des Einzelunterrichts
• Der direkte Leistungsvergleich
mit Gleichaltrigen und Gleichstarken fehlt
• Einige wichtige Lernziele können nicht realisiert werden (z.B.
Gruppenarbeit, Fairneß, Toleranz, Hilfsbereitschaft)
• Das Lernen, Spielen und Üben
mit demselben Lehrer bzw.
Partner kann auf die Dauer einseitig und monoton werden, so
•
•
•
•
daß die Lernmotivation nachläßt
Das Doppelspiel wird nicht
geübt
Die Unterstützung und Bestärkung durch andere Mitglieder
einer Gruppe entfällt
Der Einzelunterricht ist in der
Regel teurer als der Gruppenunterricht
Besonders für Anfänger und
Neulinge wird die soziale Integration in den Verein erschwert
Vorteile des Gruppenunterrichts
• Durch Partnerwechsel und
differenzierte Aufgaben entsteht mehr Abwechslung und
neue Lernmotivation
• Der Schüler gewöhnt sich von
vornherein an verschiedenartige
Partner, Technik- und Spielarten
• Der direkte Leistungsvergleich
mit Gleichaltrigen und Gleichstarken ist gegeben
• Viele tennisspezifische Spiel-,
Übungs- und Wettkampfformen lassen sich nur in kleinen
Gruppen durchführen (z.B. das
sog. »Drilltraining« oder Aufstellungsformen und Schlagkombinationen für das Doppelspiel)
•
In der Gruppe lernt sich häufig
leichter, weil man sich mit
seinen Mitspielern identifizieren kann und immer einen
passenden Partner oder Gegner
findet
• Der einzelne Schüler steht nicht
ständig unter der Kontrolle und
Beobachtung des Lehrers
• Die Tennisanlage kann bezüglich des Platzbedarfs intensiver
genutzt werden
• Es entwickeln sich positive soziale Eigenschaften, wie Teamgeist, Kameradschaft, Toleranz,
Hilfsbereitschaft und Selbständigkeit
Planung und Durchführung
•
Für Anfänger und Neulinge
wird die Integration in den Verein erleichtert
• Der Gruppenunterricht ist in der
Regel preiswerter als der Einzelunterricht
Nachteile des Gruppenunterrichts
• Die individuelle und intensive
Betreuung durch den Lehrer ist
selten möglich
• Ein guter Zuspieler fehlt manchmal
• Das Matchspiel kommt teilweise zu kurz
Stufen der
Unterrichtsplanung
Es ist sinnvoll, jede einzelne Unterrichtseinheit innerhalb eines größeren Zeitraums unter Berücksichtigung der festen äußeren Vorgaben zu planen. Daraus ergeben
sich folgende Stufen der Unterrichtsplanung (Abb. 21).
• Erhebung der allgemeinen
Vorbedingungen
• Gesamtplanung
• Planung der einzelnen Unterrichtseinheiten
Erhebung der Vorbedingungen
In der Regel ist die einzelne Unterrichtseinheit Teil eines Gesamtkonzepts. Das bedeutet, daß zunächst
die für eine Gesamtplanung zutreffenden Vorbedingungen erhoben werden sollten. Es geht dabei
um Voraussetzungen der Schüler
und äußere Gegebenheiten.
Die Analyse des Lerngegenstandes
muß bei der Konzeption einer Gesamtplanung nicht immer wieder
vorgenommen werden.
Kenntnis der leistungsbestimmenden Faktoren im Zusammenhang
mit den technischen und taktischen Anforderungen des Tennis
und ihrer sachgerechten Vermitt-
Abb. 21
Stufen der Planung von Tennisunterricht, modifiziert nach HEYMEN/LEUE
lung im Unterricht ist sozusagen
»stillschweigende« Voraussetzung
jeder Unterrichtsplanung.
Voraussetzungen der Schüler
Aufgrund dieser Voraussetzungen
können sowohl die Lernziele den
Tennisschülern angepaßt als auch
die Belastung und die möglichen
Reaktionen der Schüler besser vorausgeschätzt werden.
Allgemeine Voraussetzungen
• Alter
• Körpergröße
• Motorische Lernfähigkeit
• Motorische Grundeigenschaften
• Motivation, Interessen
• Soziales Verhalten (Kooperationsfähigkeit, Selbständigkeit)
Tennisspezifische
Voraussetzungen
• Analyse des tennisspezifischen
Könnens
Äußere Voraussetzungen
Äußere Voraussetzungen beeinflussen insbesondere die Organisa43
Grundlagen des Tennisunterrichts
tionsformen, aber auch den Einsatz von Lernhilfen. Sie können
unter Umständen auch die Zielfestsetzung einschränken. Es geht
im einzelnen um die Berücksichtigung folgender Voraussetzungen:
Räumliche Gegebenheiten
• Hallen- oder Freiplätze
• Anzahl, Größe, Lage der Plätze
• Medienraum, Stromanschluß
Gerätepark
• Anzahl der Bälle, Ballkörbe
• Leih,- Lern-, Ersatzschläger
• Hilfsgeräte, Medien
gen. Damit können dann für die
einzelnen Unterrichtseinheiten in
der entsprechenden Reihenfolge
sowohl Teilziele (Elemente von
Spielfähigkeit und übergeordnete
Lernziele) als auch Inhalte (Techniken, Spielreihe) festgelegt werden.
Planung der einzelnen
Unterrichtseinheit
Kern der Unterrichtsplanung stellt
die Vorbereitung der jeweiligen
Unterrichtsstunde dar, an deren
Ende ein schriftlich oder gedanklich festgehaltener Unterrichtsentwurf stehen sollte.
Nach Feststellung der Vorbedingungen kann eine Gesamtplanung
erfolgen.
Es geht auf der Grundlage der
Analyse des Lerngegenstandes
Tennis um die Formulierung einer
umfassenden Zielstellung, der
Festlegung einer methodischen
Konzeption und entsprechender
Teilziele und Inhalte.
Festlegung der Lernschritte
Der Tennislehrer entscheidet, ob
Fertigkeiten und Spielformen
ganzheitlich oder teilorientiert,
deduktiv oder induktiv dargeboten werden.
Davon abhängig müssen dann die
für die Erreichung der festgelegten
Teil-Lernziele notwendigen Lernschritte festgelegt werden. Das
können sein:
• Stufen einer methodischen
Reihe
• Informationen zu einer ganzheitlich darzubietenden Fertigkeit
• Spielformen im Wechsel mit
Übungsformen
Festlegung der Lernziele
Da der Unterricht über einen längeren Zeitraum läuft, müssen
Lernziele für die Gesamtplanung
festgelegt werden. Sie sind auf der
Grundlage der äußeren Bedingungen abhängig von den Voraussetzungen der Lernenden und deren
Interessen und Wünschen auszusuchen. Ausgehend von der umfassenden Zielstellung sowie den
zeitlichen und räumlichen Voraussetzungen, muß die Entscheidung
für eine eher spiel- oder eher technikorientierte Konzeption erfol-
Lehrerinformationen
Der Tennislehrer sollte sich auf das
Verhältnis zwischen Vormachen
und Sprechen sowie auf die Korrekturen zu erwartender typischer
Fehler vorbereiten.
Das muß geschehen unter Berücksichtigung
• der geplanten methodischen
Verfahren,
• der Schwierigkeiten der zu vermittelnden Fertigkeiten bzw.
Fähigkeiten,
• des Alters und der Lernstufe der
Lernenden.
Organisatorische
Voraussetzungen
• Gesamtzahl und Verteilung der
Unterrichtseinheiten
• Länge der einzelnen Einheit
• Anzahl der Schüler
Gesamtplanung
44
Medien und Lernhilfen
Die Notwendigkeit einer Ergänzung durch Lernhilfen oder
Medien hängt im wesentlichen
ab von
• der Schwierigkeit des Lerngegenstands,
• dem Motivationsbedürfnis der
Lernenden,
• der verfügbaren Zeit.
Zuspiel
Überlegungen zum Zuspiel oder
Zuwurf durch Lehrer oder Schüler
als methodische Hilfe sind abhängig von
• der Größe der Gruppe,
• der zu lernenden Technik bzw.
Taktik,
• der Lernstufe der Schüler.
Organisationsformen
Der Tennislehrer muß Aufstellung,
Wechsel, Lauf- und Ballwege festlegen in Abhängigkeit von
• der Größe der Gruppe,
• dem vorhandenen Raum,
• den Leistungsschwankungen in
der Gruppe (gleiche oder unterschiedliche Aufgaben),
• der Selbständigkeit der
Lernenden,
• den Sicherheitsüberlegungen
(fliegende Bälle usw.).
Lernzielkontrollen
Lemzielkontrollen sollten unter
zeitökonomischen Überlegungen
immer dann eingeplant werden,
• wenn ein neuer Lernschritt
stark von der Qualität des vorangegangenen abhängt,
• wenn die Lernenden eine Rückmeldung über ihren Lernfortschritt, auch zur neuen Motivierung benötigen,
• wenn der Erfolg der gesamten
Lerneinheit festgestellt werden
soll, um die Planung zu bestätigen oder gegebenenfalls zu
verändern.
Planung und Durchführung
Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:
• Kontrolle durch Ziele: über
Markierungen, in Treffzonen
usw. spielen (ggf. normiertes
Zuspiel durch Ballwurfmaschine)
• Kontrolle der Bewegungsausführung (ggf. auch mit Video)
• Überprüfung im Wettkampf:
Spielbeobachtung und Matchanalyse
• Bewertung durch Konditionstests: Überprüfung der motorischen Grundeigenschaften
• Durchführung eines Unterrichtsgesprächs: feststellen, ob
die Schüler alles verstanden
haben, Wünsche erfüllt
wurden, sie sich angemessen
gefordert fühlten usw.
Unterrichtsentwurf
Der geplante Ablauf des Unterrichts sollte in der Reihenfolge der
Lernschritte möglichst schriftlich in
einem Unterrichtsentwurf festgehalten werden. Dies kann eine
umfassende Ausarbeitung, aber
auch eine kurze Ablaufskizze sein.
Mögliche Alternativen zur Planung
könnten in den Entwurf eingeschlossen werden.
In Abhängigkeit von Zeitvorgaben
werden die Lernschritte geordnet
und gegebenenfalls didaktischmethodisch begründet. Ergänzend
können Angaben zum Zuspiel, zu
Medien und Lernhilfen, Organisa-
Tab. 10
tionsformen, möglichen Hauptfehlern und deren Korrekturen sowie
zu Lernkontrollen festgehalten
werden (vgl. Tab. 10).
Durchführung des
Tennisunterrichts
Der Tennislehrer hat seine Unterrichtseinheit gewissenhaft geplant,
eventuell skizziert und nochmals in
Gedanken durchgespielt. Es geht
nun darum, diese Planung in die
Tat umzusetzen. Dabei gilt es, folgende Punkte zu beachten:
Vor Unterrichtsbeginn:
• Anwesenheit des Lehrers rechtzeitig vor Beginn
• Kontrolle von Platz, Geräten
usw.
• Gegebenenfalls Beschäftigung
zu früh erscheinender Schüler
Bei Unterrichtsbeginn:
• Begrüßung, gegebenenfalls
Vorstellung (Lehrer-Schüler,
Schüler-Schüler)
• Gegebenenfalls Anwesenheit
feststellen
• Unterrichtsziele vorstellen
• Eventuelle Wünsche der Schüler
feststellen, deren Fragen beantworten (u.U. Plan ändern)
• Aufbau von Geräten/Einrichtungen organisieren
• Eindringlich auf Sicherheitsgewährleistung hinweisen (Bälle,
Geräte, Ballmaschine usw.)
Unterrichtsverlauf:
• Realisierung des geplanten
Ablaufs
• Aufmerksame Kontrolle des
Ablaufs, um erforderlichenfalls
- Veränderungen vorzunehmen (etwa bei Über- oder
Unterforderung, Lernproblemen, Konzentrationsschwächen, Wetteränderungen),
- unterschiedliche Aufgaben in
Gruppen zu stellen (Differenzierung),
- bei Sicherheitsproblemen
schnell reagieren zu können.
• Ansagen und Demonstrationen
in der Regel für alle gemeinsam
geben
• Organisationsformen nicht nur
erklären, sondern mit einer Teilgruppe zeigen
• Wenn nötig, immer wieder zum
konzentrierten Mitmachen motivieren
• Schwache Schüler ermutigen,
ihnen gegebenenfalls besondere Hilfe geben
Unterrichtsende:
• Pünktlich schließen, möglichst
letzte Übungsform oder Gespräch nicht abrupt abbrechen
• Gegebenenfalls »Hausaufgaben« stellen: Was sollte bis zur
nächsten Stunde geübt werden?
• Am Ende sollte möglichst ein
positives Erlebnis stehen
• Verabschiedung mit kurzem
Resümee und Ausblick auf die
nächste Stunde
Ausschnitt aus einen- ausführlichen Unterrichtsentwurf zum Thema »Einführung des Vorhand-Grundschlages«
Zeit
Lernschritt
Did.-meth.
Anmerkung
Medien/
Lernhilfen
Organisationsform
Mögl. Fehler/
Korrektur
Lernkontrolle
15'
Wegspielen
eines »stehenden« Balles
TOM, ganzheitlich-deduktiv
Zeitung als
Ziel
Zweiergruppen
Schläger
nicht vorwärts
- aufwärts:
hinten absenken
T-Bereich
hinter Netz
treffen
45
Grundlagen des Tennisunterrichts
Nachbereitung
•
Die Nachbereitung des Unterrichts, also die weitgehend subjektive Einschätzung von Verlauf und
Erfolg des Unterrichts, dient dazu,
• die längerfristige Unterrichtsplanung zu bestätigen oder zu
verändern,
• die eigene Unterrichtsfähigkeit
zu verbessern.
Seine eigenen Beobachtungen
sollte der Tennislehrer gelegentlich
durch gezielte Befragung seiner
Schüler überprüfen oder auch
Kollegen bitten, den Unterricht zu
beobachten und zu kommentieren.
Zur Beurteilung seines Unterrichts
könnte sich der Lehrer folgende
Fragen stellen:
•
• Sind die Ziele erreicht worden?
• War die Inhaltswahl angemessen?
• Waren die Schüler motorisch
bzw. physisch über- oder auch
unterfordert?
• Sind die Demonstrationen
gelungen?
• Sind die sprachlichen Äußerungen verstanden worden?
• Waren Standorte für Anweisungen und Demonstrationen
immer günstig?
• Waren Korrekturen überwiegend erfolglos/erfolgreich?
• Haben Bewegungshilfen funktioniert?
• Sind die Medien angenommen
worden, haben sie nicht zu Verzögerungen des Unterrichts
geführt?
• Ist das Zuspiel gelungen?
• Haben die Schüler gut zugespielt/zugeworfen?
• Ermöglichten die Organisationsformen einen reibungslosen
Ablauf?
• Wurde der Raum gut ausgenutzt?
• Ist ausreichend, zu wenig oder
zu viel gespielt worden?
46
•
•
•
Konnten Leistungsunterschiede
gut aufgefangen werden?
Konnten unerwartete Probleme
aufgefangen werden?
Konnten Wünsche der Schüler
berücksichtigt werden?
Haben Lernzielkontrollen
gemessen, was sie messen
sollten?
Waren die Schüler motiviert,
gerne mitzumachen?
Lernen und
trainieren
in Gruppen
An früherer Stelle (s. S. 41) wurden die wesentlichen Voraussetzungen, Vor- und Nachteile des
Gruppenunterrichts gegenüber
dem Einzelunterricht beschrieben.
Im folgenden werden Lern-,
Übungs- und Trainingsformen
vorgestellt, die in Gruppen mit
unterschiedlicher Schülerzahl sinnvoll anwendbar sind und die
Freude am Lernen, Üben und
Trainieren erhöhen.
Gruppenunterricht
mit großen Gruppen
Gruppenstärke
8 bis 24 Schüler auf einem Tennisplatz. Die Gruppengröße orientiert
sich immer am Könnensstand der
Schüler und den geplanten Unterrichtsinhalten. In der Großgruppe
werden die Grundlagen für die
Spielfähigkeit gelegt, was sich
normalerweise im Kleinfeld erschöpft.
Anwendungsbereiche
Schultennis, Anfängerbereich.
Voraussetzungen
Die Schüler haben bereits Erfahrungen im Umgang mit Ball und
Schläger gemacht, durch Übungen
zur Ballgewöhnung und zur Verbesserung der Koordination und
der Geschicklichkeit.
Zielsetzung des Gruppenunterrichts
Die Schüler sollen (und wollen)
auf einfache Weise mit der Grobform der Tennistechnik vertraut
gemacht werden. Da der Lehrer
nicht alle Schüler im Auge behalten kann, findet die Erfolgskontrolle stets über die jeweilige eindeutige Aufgabenstellung statt,
deren Erfolg vom Schüler selbst
oder gegebenenfalls von seinem
Partner bewertet werden kann.
Die Möglichkeiten günstiger Aufstellungsformen werden im entsprechenden Kapitel dieses Bandes
ausführlich beschrieben (s. S. 38).
Von Übungen mit Ballwänden,
Ballmaschinen und anderen Hilfsgeräten wird an dieser Stelle abgesehen, weil nur von Voraussetzungen ausgegangen wird, die überall
zur Verfügung stehen.
Erlernen einfacher Schlagtechniken für Vorhand,
Rückhand und Flugball
Die Reihenfolge zum Erlernen
dieser drei Grundschlagarten ist
völlig beliebig, da sie eine elementare Grundeinheit in der Anfängerschulung darstellt.
Organisatorisch sollte das »Teamteaching« stark in den Vordergrund gerückt werden, bei dem
die Schüler jeweils auch als Hilfslehrer, Ballanbieter und Bewerter
eingesetzt werden. Als Aufstellungsform empfiehlt sich zuerst
die Gassenaufstellung, bei der sich
die Partner gegenüberstehen und
dazwischen gegebenenfalls Hindernisse stehen, über die gespielt
wird (Linien, gespannte Schnüre,
Netze ...). Die trefforientierte
Methode kommt voll zum Tragen,
da zuerst immer nur die Haupt-
Lernen und trainieren in Gruppen
aktion erlernt wird und der Umfang der Schlagbewegung mit der
Schlagdistanz wächst. Die Ballberechnung aus der Bewegung
und die entsprechende Beinarbeit
zu unterschiedlichen Treffpunkten
sollten als wichtigstes Kernstück
zur Erlangung von Spielfähigkeit
im Mittelpunkt des Gruppenunterrichts stehen.
Methodisches Vorgehen
1. Die Hauptaktion wird vom Lehrer gezeigt und von den
Schülern zuerst als Trockenbewegung, später mit Ball nachvollzogen. Zuerst wird aus seitlicher Stellung auf den stehenden Ball (Selbstanwurf) gespielt,
später wirft der Partner von
unten frontal auf den idealen
Treffpunkt zu. In beiden Fällen
ist die Aufgabe erfüllt, wenn
der Ball dem Partner in Brusthöhe zugespielt wird und dieser
den Ball auffangen kann. Wird
der ankommende Ball vom
Schüler mit dem Schläger zuerst
leicht nach oben gespielt
(Selbstzuspiel) und erst anschließend zum Partner zurückgespielt, so sprechen wir von
einem »Kontrollschlag« zur
Ballberechnung. Das Miteinanderspielen steht anfangs im
Vordergrund, die Anzahl der
gelungenen Versuche oder der
einwandfreien Ballkontakte
wird gezählt und verglichen.
2. Wenn aus Schlag- und Ausgangsstellung mit einer hohen
Erfolgsquote gespielt wird, gilt
es, die Schlagstellung aus verschiedenen Platzpositionen und
auf unterschiedliche Zuspiele zu
erreichen. Das gelingt in Partnerarbeit sehr gut, wenn die
Variation des Zuwurfs systematisch erweitert wird (bezüglich
Richtung, Länge, Höhe und Geschwindigkeit).
Wenn die Schüler darüber hinaus auch noch aus verschiedenen Platzpositionen die Zuwurfbzw. Zuspielvariationen bewältigen und in verschiedene Zielmarkierungen zurückspielen
können, ist der Grundstein für
das Tennisspielen gelegt, was in
entsprechenden Anwendungsformen überprüft werden kann.
Anwendungsbeispiele:
Beim Rundlauf mit einem Ball ist
die Laufrichtung im bzw. gegen
den Uhrzeigersinn, um ein Netz
herum, nahe beim Netz mit Entfernungsvergrößerungen bis zur
T-Linie, je nach Leistungsvermögen der Gruppe. Ein Aufteilen der
Großgruppe auf mehrere Kleinfelder (bis zu acht Kleinfeldnetze
pro Platz) kommt dem Lerneffekt
besonders zugute.
Variationsmöglichkeiten durch
Vorgabe verschiedener vorgeschriebener Ballwege (gerade,
diagonal, über Hindernisse).
Bei Rundläufen mit zwei oder drei
gleichzeitig im Spiel befindlichen
Bällen wird im T-Feld je ein Ball
über die zwei äußeren Seitenlinien
und ein Ball über die Mittellinie
gespielt (ggf. auch zweimal cross
und über die Mitte gerade).
Nach jedem Ballkontakt wird um
eine Position im oder gegen den
Uhrzeigersinn gewechselt. Mögliche Erleichterungen für Anfänger
durch leichtere und langsamere
Bälle, kurze und leichte Schläger
und individuelle Aufgabenstellungen, wie z.B. Kontrollschlag bei
jedem Ballkontakt. Bei Rundlaufformen sollte ein Ausscheiden
von Schülern vermieden werden,
denn es trifft meist die schwachen
Schüler zuerst, für die das Üben
besonders wichtig ist. Es ist günstiger, Punkte zu zählen und alle
Schüler im Wettbewerb zu belassen. Man kann auch Partnerschafts- und Teamwertungen
durchführen, in denen die Punkte
von Besseren und Schwächeren
addiert werden. Weiterhin ist es
oft sinnvoll, für bessere Schüler
Handicaps einzuführen (linke
Hand in der Hosentasche, Rucksack oder Tasche tragen, oder
ähnliches).
Bei Ziehharmonikaformen findet
ein ständiger Wechsel statt von
kurzen zu größeren Entfernungen
und wieder zurück, mit und ohne
Kontrollschlag. Nach erfolgreichem Miteinanderspielen einer
vorgegebenen Zahl von Ballkontakten wird der Abstand jeweils
um eine bestimmte Entfernung
(z. B. 1 m) vergrößert. Welches
Paar erreicht zuerst die Grundlinie? Die Partner können gewechselt werden, bis jeder mit jedem
gespielt hat und sich am Ende der
beste Zuspieler herausgestellt hat.
Die Schläge Vorhand, Rückhand
und Flugball können variabel
kombiniert werden. Alle aufgeführten Anwendungsformen beinhalten die Grundbausteine des
Tennisspiels, zu denen dann nur
noch der Aufschlag fehlt.
Erlernen des Aufschlags
In der Partnerarbeit einer Tennisgruppe ist der Aufschlag nach folgendem Vorschlag leicht und effizient erlernbar. Das Hauptproblem
beim Aufschlag liegt in der Koordination der Bewegung von
Schlagarm und Wurfarm. Die
Schlagbewegung wird vom Lehrer
zuerst langsam, anschließend mit
richtigem Timing vorgezeigt und
kann von allen Schülern fast auf
Anhieb als Trockenbewegung gut
nachvollzogen werden. Manche
Schüler sind sofort in der Lage, die
Schlagbewegung mit der Bewegung der ballführenden Hand zu
kombinieren, vor allem dann,
wenn Vorerfahrungen aus anderen
Sportarten vorhanden sind (z.B.
Grundlagen des Tennisunterrichts
Volleyball). Wenn das nicht der
Fall ist, kann Partnerhilfe zu überraschenden Erfolgen führen. Der
Ball wird vom Partner zum richtigen Zeitpunkt in den idealen Treffpunkt senkrecht hochgeworfen
und vom Lernenden diagonal in
die Aufschlagfelder gespielt. Dabei
steht der Partner seitlich vor dem
Lernenden und wirft den Ball zuerst mit seiner Wurfhand, später
mit der anderen Hand hoch und
übt somit schon das Anwerfen des
Balles mit der Nichtschlaghand für
seine nachfolgenden eigenen Aufschlagversuche. Der Schüler kann
sehr bald den Ball zuerst von der
T-Linie, später von der Grundlinie
in das gegenüberliegende Aufschlagfeld spielen. Die Schlagbewegung des Lernenden und das
Hochwerfen des Balles durch den
Partner beginnen gleichzeitig nach
einem akustischen Signal (Auftakt)
mit anschließender Bewegungsbegleitung, z.B. »und rück und vor«
oder »und eins und zwei«. Nach
mehreren erfolgreichen Versuchen
mit Partnerhilfe wird dem Schüler
ein Ball zum Selbsthochwerfen so
übergeben, daß er (ohne ans
Hochwerfen zu denken) im vorher
geübten Rhythmus aufschlagen
kann. Im Wechsel von geglückten
Versuchen mit Partnerhilfe und
direkt nachfolgenden Selbstversuchen läßt der Erfolg nicht lange
auf sich warten. Die Begeisterung
über den ersten gelungenen Aufschlag gibt dem Schüler dann so
viel Selbstvertrauen, daß der richtig koordinierte Aufschlag bald
beherrscht wird.
Als Übungs- und Spielform eignet
sich Prellball, wobei sich die Partner in Gegenüberstellung Bälle mit
dem Schläger zuprellen, die jeweils
über dem Kopf (Aufschlagtreffpunkt) getroffen werden sollen
und zwischen den beiden Partnern
aufspringen (Ballwechsel zählen).
48
Bei Übungs- und Spielformen zum
Aufschlag und Überkopfschlägen
sind in besonderer Weise Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, und
große Aufmerksamkeit der Schüler
ist auf fliegende Bälle zu richten.
Das bedeutet, daß entweder
• alle Übenden auf gleicher Höhe
in nur eine Richtung schlagen,
oder
• bei Partnerübungen, wo beide
gegenüberstehen, die seitlichen
Abstände groß genug sein
müssen.
Spielfähigkeit
Mit der Grobform der Schlagbewegungen von Vor- und Rückhand, Flugball und Aufschlag und
der jeweils zuzuordnenden Ballberechnung und Beinarbeit sind alle
grundlegenden Voraussetzungen
für die Spielfähigkeit gelegt. Über
das Spiel auf Kleinfeldern (s. Kap.
Kleinfeldtennis, S. 53), halben und
ganzen T-Feldern und ein schrittweise Zurückgehen von der T-Linie bis zur Grundlinie erfolgt eine
methodische und systematische
Entwicklung des individuellen
Spielvermögens bis zum normalen
Tenniswettspiel.
Der Übergang zum Großfeld kann
in Gruppengrößen bis zu 6
Schülern stattfinden.
Gruppenunterricht
mit kleinen Gruppen
(3 bis 6 Schüler)
In der kleineren Gruppe kommt
auf den Lehrer in verstärktem
Maße die Aufgabe des Zuspielers
zu. Mit Geschick und Fingerspitzengefühl muß es dem Lehrer
auch gelingen, kleine Unterschiede in der Leistungsfähigkeit
der Schüler auszugleichen und individuell angepaßte Aufgaben zu
stellen.
Da anfangs die Präzision und der
Rhythmus des Lehrerzuspiels viel
zum Erfolg und zur Motivation des
Schülers beitragen, kommt zunächst dem Zuspiel aus der Hand
größere Bedeutung zu. Oberstes
Ziel für Lehrer und Schüler ist aber
immer der Ballwechsel, den es zu
erarbeiten gilt. Das kann mit einzelnen Schlagarten geschehen,
aber auch mit vielfältigen Variationen verschiedener Schlagarten bis
hin zu taktischen Spielzügen. Die
Auswahl der einzelnen Lern- und
Übungsformen läßt der Lehrerphantasie freien Lauf und ergibt
eine große Auswahl an Möglichkeiten.
Variiert werden können
• Schülerlaufwege (nach beiden
Seiten, nach vorne und hinten,
schräg vor und zurück in zwei
Richtungen und aneinandergereiht und kombiniert)
• Lehrerzuspiel (Geschwindigkeit,
Richtung, Drall, Frequenz und
Abwechslung)
• Schlagarten (einfach, in regelmäßigem und unregelmäßigem
Wechsel, kombiniert unter dem
Aspekt von Sicherheit, Genauigkeit, Geschwindigkeit, Drall
und Rhythmus)
• Individuell verschiedene Aufgabenstellungen innerhalb
einer Gruppe
Der gut vorbereitete Gruppenunterricht kann bezüglich der Belastung des einzelnen Schülers dem
Einzelunterricht nahekommen,
weist aber deutliche Vorteile auf
durch die Wirkung der Gruppendynamik, der Motivation und des
Wetteifers der Schüler untereinander. Aus Kosten- und Platzgründen wird dem Unterricht in der
Gruppe sicherlich die Zukunft
gehören. Das Lernen und Üben
der Elemente des Tennisspiels
stehen hier eindeutig im Vordergrund.
Lernen und trainieren in Gruppen
Gruppentraining
(3 bis 4 Spieler)
Das Gruppentraining auf dem
Großfeld macht letztendlich nur
mit 3 oder 4 Spielern einen Sinn,
was auf die doppelte Anzahl von
Trainierenden (z. B. Mannschaft
Abb. 22
und Ersatzspieler) erhöht werden
kann, wenn 2 Tennisfelder zur
Verfügung stehen.
Der Übergang zum Gruppentraining vollzieht sich fließend, wobei
es hier vorrangig um die Anwendung von Technik und Taktik un-
ter Belastungsgesichtspunkten
geht. Gruppentraining ist besonders sinnvoll und effektiv in Vierergruppen oder in Dreiergruppen,
bei denen sich dann der Lehrer
oder Trainer als 4. Spieler ggf. in
die Gruppe integrieren kann.
Gruppenunterricht mit Anfängern
49
Tennisunterricht mit
verschiedenen Zielgruppen
Hier werden methodische Gesichtspunkte behandelt, die sich
konkret auf verschiedene Gruppen
im Tennis beziehen, d. h. auch,
daß Themen, die im vorangegangenen Teil eher in allgemeiner
Weise erörtert wurden, nun an
unterschiedlichen Adressatengruppen konkret dargestellt werden sollen.
Die Auswahl von Adressaten kann
erfolgen aufgrund der Kriterien
Alter, Können, Zielvorstellungen
und Rahmenbedingungen. Danach
ergeben sich folgende Kapitel:
• Anfängertennis: Kleinfeld- und
Kindertennis.
• Elementarschule: Sie richtet sich
an Tennisanfänger vom Kindesalter bis ins Alter.
• Tennisunterricht mit fortgeschrittenen Erwachsenen im
Freizeittennis: Hier sind Erwachsene gemeint, die über mehr
oder weniger umfangreiche
Tenniserfahrungen verfügen.
Sie wollen zwar ihr Tennisspiel
verbessern, haben jedoch keine
leistungssportlichen Ambitionen
im organisierten Wettkampfsystem.
• Tennisunterricht mit talentierten
Kindern und Jugendlichen: Methodische Hinweise orientieren
sich hier an dem Ziel, ein hohes
Leistungsniveau im Turniertennis zu erreichen.
• Schultennis: Um Tennis in der
50
Schule zu unterrichten, müssen
im besonderen didaktische und
organisatorische Gegebenheiten berücksichtigt werden.
• Tennisunterricht mit Behinderten: Dieses abschließende Kapitel betrifft sicherlich nur einen
kleinen Adressatenkreis, allerdings einen bislang vernachlässigten, aber aus sozialen Gründen sehr wichtigen.
Anfängertennis Kleinfeldtennis Kindertennis
Die Zielgruppe Tennis-Anfänger
(Einsteiger, Beginner) erstreckt sich
heute auf jedes Lebensalter. Es
gibt 3- bis 4jährige Kinder, aber
auch ältere Menschen, die schon
bzw. noch mit Tennis beginnen;
trotz unterschiedlicher individueller Lernvoraussetzungen können
sie aufgrund günstiger äußerer
Voraussetzungen (Schläger, Bälle,
Spielfeldgröße, Netzhöhe u.a.)
bald in der Lage sein, einfache
Ballwechsel durchzuführen.
So kann man heute fast ohne
Einschränkung sagen, daß Tennisspielen in jedem Alter erlernbar ist. Entscheidend für den Start
sind Lust am Umgang mit Schläger und Bällen sowie Spaß und
Freude am Erlernen des Tennisspiels.
Dabei wird der Tennislehrer bei
seinen Schülern nicht nur Bewegungsabläufe der Techniken, sondern insbesondere auch die Spielfähigkeit zu entwickeln haben.
Dabei kommt der Schulung von
Wahrnehmungsfähigkeit eine
besondere Bedeutung zu. Das
bedeutet, daß seine Schüler
lernen müssen,
• zunächst die Geschwindigkeit,
die Flugkurve und das Absprungverhalten des Balles zu
berechnen,
• ihre Beinarbeit und Schlagbewegungen daran anzupassen
(Timing),
• später aber auch die Schlagbewegung ihrer Spielpartner zu
beobachten und in ihren Wirkungen vorauszuschätzen (Antizipation).
Die Verschiedenartigkeit der Gruppen der Tennisanfänger war noch
nie so groß wie heute. Es stellt sich
die Frage, ob man in allen Gruppen beiderlei Geschlechts (Kinder,
Jugendliche, jüngere Erwachsene
und Senioren) nach ähnlichen
Lehr- und Lernmustern verfahren
kann oder ob spezifische Differenzierungen notwendig sind.
Noch vor wenigen Jahren spielten
z. B. Tennislehrer mit erwachsenen
Schülern fast ausschließlich im Einzelunterricht. Gruppenunterricht
wurde hauptsächlich aus Kostenersparnisgründen für Kinder und
Jugendliche in Schule und Verein
sowie in kommerziellen Tennisanlagen angeboten.
Inzwischen haben sich die Auffassungen geändert, und Tennis wird
heute in allen aufgeführten Zielgruppen vorwiegend in der Gruppe gelehrt und gelernt. Unbestritten ist die Tatsache, daß sich der
gut organisierte Gruppenunterricht
für ajje Tennis-Anfänger bewährt
hat, vor allem deshalb, weil Lernen in der Gruppe mehr Spaß
macht und sich die Beteiligten gegenseitig motivieren.
Allgemeines
zum
Tennisunterricht
mit Anfängern
Laufwege und Schlagrichtungen,
Abstand zu anderen Spielern). Im
Zweifelsfall muß die Übung immer
unterbrochen werden.
Unterricht bei
unterschiedlichem
Leistungsniveau
Bei größeren Gruppen findet man
meistens ein unterschiedliches Leistungsniveau. Da jeder Teilnehmer
vom Unterricht profitieren will,
wird es oft notwendig sein, unterschiedliche Aufgaben, Ziele oder
Zählweisen anzubieten, um sich
der jeweiligen Könnensstufe der
Teilnehmer anzupassen. Besonderes Augenmerk ist auf das entsprechende Zuspiel zu legen.
Der Unterricht ist für den Lehrer in
diesen Fällen besonders schwer,
aber um so befriedigender, wenn
er die Situation gemeistert hat.
Organisation
Zielsetzungen
vermitteln
Jeder Teilnehmer will wissen,
warum er was machen soll. Der
Sinn bzw. die Absicht, die mit der
Aufgabe verfolgt wird (taktischer
Hintergrund), muß immer bewußt
gemacht werden. Es gibt unterschiedliche technische Lösungen
für gleiche Situationen. Der Unterrichtende sollte in der Lage sein,
Situation und Lösung der Aufgabe
jeweils aus dem Blickwinkel der
Teilnehmer zu sehen.
Sicherheit
Bei allen Übungen, besonders in
größeren Gruppen, ist auf die
Sicherheit der Teilnehmer zu
achten (Position und Einsatz von
Hilfsgeräten, herumliegende Bälle,
Die Teilnehmer müssen den Ablauf
der Aufgabe verstehen.
Bei jeder neuen Übung muß eine
gewisse Zeit eingerechnet werden,
die die Teilnehmer brauchen, um
ihre persönliche Aufgabe (zuspielen, schlagen, zurückspielen, Bälle
fangen) zu verstehen.
Bei der Einführung von neuen Regeln oder anderer Zählweise muß
man sicher sein, daß die Teilnehmer alles verstanden haben,
bevor die Übung beginnt.
Nachfragen der Teilnehmer sind
immer ein Zeichen dafür, daß die
Erklärungen unklar oder unvollständig waren.
Für den Unterricht mit Anfängern
gilt grundsätzlich:
1. Die Reihenfolge der zu lösenden Aufgaben ist bei jeder
Schlagtechnik:
-
Ball treffen
Ball über das Netz spielen
(relativ hoch)
- Ball plazieren (links-rechts,
lang)
- Ball mit Geschwindigkeit
spielen
2. Am Anfang stehen Bewegungen mit geringem Bewegungsumfang beim Ausholen und
Schlagen:
- Variation des Treffpunktes
bezogen auf den Abstand
zum Körper (nah-weit)
- Variation des Treffpunktes
bezogen auf den Abstand
zum Boden (tief-hoch)
- Variation des Treffpunktes
bezogen auf die Schlagrichtung (vorne-hinten)
Hinweis: - Bei allen Bewegungen
ist immer der gesamte
Körper beteiligt.
3. Die Entfernung und die Richtung, aus der der Ball angeworfen/zugespielt wird, wird
vergrößert:
- Variation der Zuspielrichtung
bei festgelegter Schlagposition
- Variation des Beginns der
Vorbereitung/des Ausholens
(früh-spät) auf die Länge
des Ballflugs abgestimmt) bei
festgelegter Schlagposition
- Variation der Schlagposition
(Beinarbeit)
- Variation der Geschwindigkeit bei der Schlagbewegung
Hinweis: - Wenig mit dem »stehenden« Ball arbeiten.
- Kleiner Bewegungsumfang beim Ausholen
und Schlagen bleibt.
- Ausschwungrichtung
(und -weite) kann angesprochen werden.
51
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
4. Erst wenn von T-Linie zu T-Linie
gespielt wird, sollte der Abstand
zwischen den Spielern
(Lehrer/Schüler) vergrößert
werden.
Hinweis: - Wenn bei gewünschtem kleinem Bewegungsumfang der Ball
nicht über das Netz
gespielt werden kann,
dann muß zunächst
die Zuspielgeschwindigkeit und dann die
Geschwindigkeit der
Schlagbewegung gesteigert werden.
5. Die Vergrößerung des Umfangs
der Aushol- und Schlagbewegung erfolgt auf langsam
(weich) zugespielte Bälle.
Hinweis: - Die Vergrößerung des
Bewegu ngsu mfangs
ist
sinnvoll bei:
Vorhand, Rückhand,
Lob, Schmetterball,
Aufschlag
nicht sinnvoll bei:
Flugball, Halbflugball,
Stop.
Tennisschläger
(Lernschläger)
Die Größe des besaiteten Schlägerkopfes entspricht dem Normalschläger, das Schlägergewicht ist
jedoch bedeutend geringer. Die
Schlägerschäfte sind kürzer und
die Schlägerlänge ist somit insgesamt geringer. Die Schläger sind
handlicher und mit weniger Anstrengung (Kraftaufwand) zu spielen; trotzdem erlauben sie eine
sichere Ballkontrolle. Schlägergewicht und Schlägerlänge wachsen
mit dem Lernfortschritt und sind
immer mit den körperlichen Voraussetzungen der Lernenden in
Einklang zu bringen. Stehen nur
normale Schläger zur Verfügung,
so kann man diese notfalls entsprechend kürzer greifen.
Tennisbälle
Günstige Lern-Tennisbälle sind
leichter als Normalbälle und fliegen langsamer. Bei gleicher Größe
sehen die Spezialbälle wie Normalbälle aus und werden von den
Abb. 23
Eine wichtige Voraussetzung für
den Erfolg im Anfängertennis ist
auch, daß Spielgeräte (Schläger,
Bälle), Spielfeldgröße und Netzhöhe individuell angepaßt werden
und mit dem Spielvermögen der
Lernenden wachsen. Einem ausgebildeten Tennislehrer sollte es
dann nicht schwerfallen, Anfänger
in allen Altersgruppierungen individuell richtig zu fördern und entsprechend zu motivieren. Die
nachfolgenden konkreten Empfehlungen beziehen sich auf alle
Tennis-Anfänger.
52
Lernenden eher akzeptiert als
optisch deutlich unterschiedliche
Lern balle.
Der langsame Flug der empfohlenen Lernbälle erlaubt den Anfängern eine bessere Ballberechnung
und gibt ihnen mehr Zeit zur
Schlagvorbereitung und -durchführung.
Stehen allerdings keine Lernbälle
zur Verfügung, so sind auch
weiche, abgespielte Normalbälle
geeignet.
Tennisfeld Größe und Netzhöhe
Jeder Anfänger möchte so schnell
wie möglich zum Tennisspielen,
d.h., zu regelmäßigen Ballwechseln kommen. Dies gelingt ihm am
besten in einem kleineren Tennisfeld mit niedrigerem Netz. Man
kann solche Felder auf allen ebenen Flächen einzeichnen und über
gespannte Zauberschnüre, Leinenoder Behelfsnetze spielen (s. Schultennis, S. 64). Sobald aber einfachste Zähl- und Spielformen
Kinder spielen mit entsprechend kleineren Schlägern
Kleinfeldtennis Spielfelder und Netzanlagen
Abb. 24
Kleinfeld für Kinder unter Einbezug vorhandener Spielfeldmarkierungen
sowie Wettkämpfe durchgeführt
werden, ist es vorteilhaft, nach
festen Spielregeln auf gleichgroßen, deutlich markierten Spielfeldern mit gleichhohen und festgespannten Tennisnetzen zu spielen. Deshalb sollte dann ein Kleinfeld von der Optik und den Abmessungen her eine echte Kleinausgabe des normalen Tennisfeldes darstellen.
Das auf jedem Tennisplatz vorhandene Kleinfeld zwischen EinzelSeitenlinie, T-Linie und Mittellinie
entspricht diesen Vorstellungen
nur teilweise und kann deshalb
nur als Behelf gelten. Besonders
empfehlenswert und praktikabel
ist eine mobile Tennis-Kleinfeldanlage, die einen normalen Tennisplatz unter Einbezug der vorhandenen Spielfeldmarkierungen in
zwei Kleinfelder teilt.
Die zusätzlich anzubringenden
seitlichen Begrenzungslinien der
Kleinfelder können nach dem Spiel
problemlos entfernt und wiederverwendet werden. Höhenverstellbare Netzanlagen sind in kürzester
Zeit auf- und abgebaut und können auch nach dem Gebrauch zur
Seite gerollt werden.
Auf den so entstehenden Kleinfeldern kommen die Lernenden sehr
schnell zum Tennisspielen und zu
einfachen Wettkampfformen. Wer
im Kleinfeld die Tennis-Spielidee
richtig erfahren und begriffen hat,
kann ohne Schwierigkeiten leicht
zum Spiel auf dem großen Feld
geführt werden.
Abb. 25 Aufbau mehrerer Kleinfelder
Entsprechend den Vorstellungen
des DTB wird eine Netzanlage
von 6,10 m Breite und einer Netzhöhe von 80 bis 85 cm empfohlen. Durch Zusammenstellen von
2 Mininetzen mit je 3,05 m Breite
kann die geforderte Spielfeldbreite
von 6,10 m ebenfalls erreicht werden. Solche Mininetze werden
vorwiegend zu Hause (Garage,
Hof, Garten ...) verwendet und
dienen dem Hometraining von
allen Lernenden in jedem Alter.
Sie gewinnen aber auch immer
mehr Bedeutung im Tennisunterricht mit Großgruppen (Schule,
Breitensport ...), weil hierdurch
die Spielidee Tennis von der ersten
Tennisstunde an zum Tragen
kommt.
Kleinfelder können auf allen
Tennisplätzen, aber auch auf allen
halbwegs ebenen Hartplätzen
(Schulhöfe, Parkplätze) installiert
werden. Stellt man die Netze quer
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
zum Normaltennisfeld auf, so
können die vorhandenen Spielfeldmarkierungen sinnvoll genutzt
werden, und man muß nur noch
wenige Zusatzlinien ziehen. Auf
einem Tennisfeld kann man 4
große oder 8 kleine Netze aufstellen und somit 4 x 6 = 24 Schüler
oder 8 x 4 = 32 Schüler sinnvoll in
das Tennisspiel einführen. Soll auf
anderen Sand-, Hart- oder Kunststoffplätzen (also auf Plätzen, die
nicht für Tennis eingerichtet sind)
Tennis gespielt werden, so braucht
man pro Minifeld eine Fläche von
3,05 x 10 m und für ein Wettkampfkleinfeld 6,10x11 m.
Die Spielfeldmarkierungen können
dann je nach Belag mit Kreide,
Klebebändern, Seilen oder »mobilen« Linien gekennzeichnet
werden.
Grundüberlegungen zum
Kleinfeldtennis
Die Tennistechnik entwickelt sich
spielerisch mit dem Erfolgserlebnis
beim Erfüllen der verschiedenen
gezielten, aber spielerischen Aufgabenstellungen. Dies entspricht
der spielorientierten Konzeption.
Der Tennislehrer achtet darauf,
daß die Grobform einer akzeptablen Tennistechnik durch alle
Spieleinheiten erhalten bleibt und
sich zunehmend zur Feinform entwickelt. Es gibt kein »Falsch« und
kein »Richtig«, sondern nur Vorschläge zur Lösung der gestellten
Aufgaben und Erfolgskontrollen,
die der Lernende in den meisten
Fällen auch selbst durchführen
kann.
Der schnelle Schlag spielt im Kleinfeldtennis eine völlig untergeordnete Rolle gegenüber dem gefühlvollen, gezielten und sicheren
Schlag. Deshalb kommt zuerst
auch dem Miteinanderspielen die
wichtigste Bedeutung zu, verbunden mit dem Ziel, häufige Ballkon-
54
takte innerhalb der verschiedenen
Ballwechsel zu haben. Das übergeordnete Motto lautet dann immer: Wer schafft mit wem die
meisten Ballkontakte innerhalb der
Ballwechsel?
Wenn mit den Schlagtechniken,
Vorhand, Rückhand, Flugball und
Aufschlag genügend Ballsicherheit
erreicht worden ist, macht auch
das Gegeneinanderspielen richtig
Spaß. Erst dann ist es möglich,
technische und taktische Finessen
zum Einsatz zu bringen und spielerisch zu nutzen. Auf dem Kleinfeld
wird lebendiges, vielseitiges Tennis
gespielt. Der Tennislehrer kann
sich bei allen Spielformen als Mitspieler integrieren, er kann aber
auch von außen gut beobachten
und Tips geben, wenn die Kinder
schon untereinander spielen können. Als Pädagoge wird der Tennislehrer immer den Schwächeren
helfen und die Besseren fordern.
Das kann er durch entsprechend
variiertes Zuspiel bewerkstelligen.
Nachfolgender Aufbau von
Spielreihen wird für Kleinfeldtennis empfohlen
Miteinanderspielen
1. Der Lehrer spielt mit der
Gruppe die Grundschläge Vorhand, Rückhand und Flugball
mit Tips für die Schlägerhaltung, Schlagstellung, Treffpunkt, Timing.
Die Schüler spielen aus dem
Stand und aus der Bewegung
zum Lehrer zurück und kommen schnell zu einem regelmäßigen Ballwechsel (z.B.
Rundläufe). Die Aufgaben können vielfältig variiert und kombiniert werden (Laufwege, Art
und Zahl der Ballkontakte, Zuspiel, Zielräume etc.).
2. Der Lehrer spielt nacheinander
• mit jedem Schüler der Gruppe
frontal im halben Kleinfeld
möglichst lange Ballfolgen mit
Vorhand, Rückhand und Flugball. Er lernt dabei jeden Schüler
kennen, mit dessen Stärken,
Schwächen und Eigenheiten.
Wenn die Ballwechsel mit dem
Lehrer klappen, wird es nicht
lange dauern, bis die Schüler
untereinander spielen können
und möglichst lange Ballwechsel zustande bringen wollen.
3. Der Lehrer spielt nacheinander
mit jedem Schüler diagonal von
der linken in die rechte (oder
von der rechten in die linke)
Kleinfeldhälfte. Dabei werden
die Schlagarten Lob, Schmetterball und Stop sowie das taktisch
wichtige Winkelspielen eingeführt und geübt. Die Aufgabe
für den Schüler könnte dann
zum Beispiel lauten, es darf nur
mit Vorhand, oder nur mit
Rückhand gespielt werden.
Dabei bleibt der längstmögliche
Ballwechsel aber immer oberstes Gebot.
Gegeneinanderspielen
Wenn genügend lange Ballwechsel in den verschiedenen Schlagarten und Schlagkombinationen zustande gebracht werden (Ziel: 10
Ballkontakte), sind die erforderlichen Grundkenntnisse für das
Gegeneinanderspielen gelegt. Eine
Einführung über ein Doppel Lehrer/Schüler gegen Schüler/Schüler
hat sich beim Kleinfeldtennis als
sehr vorteilhaft erwiesen.
In der einfachsten Form ist jeder
Spieler nur für seine Spielfeldhälfte
verantwortlich, darf seine Bälle
aber beliebig in die gegnerische
Hälfte spielen. Der Ball wird diagonal von unten ins Spiel gebracht
und es wird numerisch gezählt.
Der Lehrer spielt zuerst mit dem
schwächsten Schüler, um diesen
zu motivieren.
Anfängertennis
Tennis-Doppel
Der Lehrer spielt anfangs wieder
mit, vor allem als Unterstützung
der schwächeren Spieler. Später
spielen die Schüler untereinander,
und der Lehrer gibt nur Tips von
außen. Es wird ein normales Tennis-Doppel mit Aufschlag von unten gespielt. Die Ballkontakte der
Beteiligten sind jetzt beliebig, und
dementsprechend entwickeln sich
schon bald spielerische Standardsituationen und verschiedenartig
taktische Lösungsmöglichkeiten.
Alle zuvor erprobten Schlagarten
können jetzt situationsangepaßt
eingesetzt werden. Das vielseitige,
variable Spiel gewinnt sehr an Bedeutung.
Tischtennis-Doppel
Als Vorbereitung für das Einzelspiel kommt dieser Form eine
wichtige Bedeutung zu. Gespielt
wird zuerst mit dem Lehrer - später nur mit Schülerbeteiligung.
Die Ballkontakte der Doppelpartner wechseln regelmäßig nach
jedem Schlag, wie beim Tischtennis; jeder Spieler muß sich jetzt in
der ganzen Spielfeldhälfte zurechtfinden. Die Raumaufteilung
und die Spielübersicht werden
geschult.
Doppel mit Schlägerwechsel
Jeder Spieler muß jetzt unter Zeitdruck (Schlägerwechsel) konzentriert den Ball verfolgen und wird
von seinem Mitspieler kaum mehr
entlastet. Auf beiden Seiten wird
jeweils nur mehr mit einem
Schläger gespielt, der nach jedem
Ballkontakt vom Mitspieler übernommen wird (s. Abb. 24, S. 53).
Jeder Spieler übernimmt innerhalb
des Doppels auch den Part eines
Einzelspielers. Diese Spielform
eignet sich hervorragend zur
Schulung von Reaktion und Koordination.
Vom Doppel- zum Einzelspiel
Im Einzel ist jeder Spieler nur noch
auf sich alleine angewiesen, und
es gilt, die eigenen Fähigkeiten
und Möglichkeiten behutsam zu
erproben.
Deshalb sollte das erste Einzel immer zwischen Lehrer und Schüler
stattfinden. Der Lehrer kann den
Schwächeren aufbauen und den
Vorwitzigen in den richtigen
Schranken halten.
Von der numerischen Zählweise
kann zu den normalen Tennisregeln übergegangen werden,
wobei im Kleinfeld vielfach Tiebreak-Regeln und Zeitspiele sinnvoll angewendet werden können.
Der Aufschlag kann weiterhin von
unten ausgeführt werden. Wenn
Aufschläge von oben erlaubt
werden, so darf nur ein Versuch
gewährt werden, damit keine Aufschlagdominanz entsteht. Im
Kleinfeldtennis sollen möglichst
lange Ballwechsel stattfinden, und
nicht schnell (Bum-Bum-Tennis),
sondern gefühlsbetont gespielt
werden.
Kleinfeldtennis-Turniere
Wenn Tennisschüler Spaß an Tenniswettkämpfen gefunden haben,
sollte es auch Möglichkeiten für
sie geben, an Kleinfeldtennis-Turnieren teilzunehmen. Dabei sollte
darauf geachtet werden, daß alle
Beteiligten oft zum Zuge kommen
und lieber die Spieleinsätze der
Beteiligten kurz ausfallen. Sehr
vorteilhaft wäre ein Spielplan nach
Zeit, wie etwa bei einem GongTurnier mit Spielzeiten von 10 bis
15 Minuten.
Wenn anfangs in kleine Gruppen
eingeteilt wird, in denen jeder
gegen jeden (4er-Gruppen) spielt
und je nach Gruppenplatz weiter
eingeteilt wird, haben alle Beteiligten ein gleiches Maß an Spielzeit,
Anstrengung und Spaß gehabt.
Darauf sollte die Absicht des
Wettkampfs im Kleinfeld vorrangig abzielen und eine gute Voraussetzung bieten für eine erstrebenswerte Einstellung für den
Übergang zum Tenniswettkampf
auf dem großen Tennisfeld. Ballund Körperbeherrschung bringen
Spaß und Freude beim Tennisspiel.
Auf dem Kleinfeld lernt man beides am leichtesten.
Übergang zum
Normaltennis auf dem
Großfeld
Je nach Spielvermögen und Ambitionen der Lernenden erfolgt eine
allmähliche Steigerung zum normalen Großfeldtennis durch stufenweisen Abbau aller zuvor gewährten Erleichterungen. Die
Anforderungen in bezug auf
Schläger, Bälle, Netzhöhe und Spielfeldgröße werden entsprechend
der sich verbessernden Spielfähigkeit in individuell angepaßten
Dosierungen erhöht. Die persönlichen Ambitionen der Lernenden
sollten dabei in jedem Falle berücksichtigt werden. So könnte
es durchaus sein, daß ein Teil der
Anfänger (z.B. ältere Menschen)
gar nicht bis zum »Normaltennis«
kommen und mehr Spaß beim
Spiel mit Erleichterungen durch
Gerät und Spielfeld findet. So gibt
es heute im Zuge des Breiten- und
Freizeitsports auch schon Veranstaltungen, die Tennis nur im
Kleinfeld vorsehen, als Selbstzweck und ohne weitere Steigerung. Anders ist es im Tennis mit
Kindern von 4 bis 6 Jahren; hier
dient Kleinfeldtennis als wichtige
Vorstufe zur Talentsichtung und
als spielerische Grundlage zur
sinnvollen Entwicklung des Großfeldtennis.
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
Die Entwicklung des Spielgedankens und eine frühzeitige taktische
Schulung und Ausbildung stehen
hier im Vordergrund aller Überlegungen.
Tennislernen im Anfängerbereich
findet in vielfältigerweise und
unter sehr unterschiedlichen äußeren Gegebenheiten statt: im Verein,
in derSchule, auf Mietplatzanlagen,
in Ferien-Camps oder in speziellen
Tennisschulen. In allen Fällen
bietet der Unterricht in einer
Gruppe Vorteile gegenüber dem
traditionellen Einzelunterricht.
Im Gruppenunterricht spornen
sich die Lernenden gegenseitig an,
unterstützen und motivieren sich
untereinander und erleben Tennis
in einer entspannten Atmosphäre.
Kindertennis sollte vorrangig induktiv über Aufgabenstellungen
und Spielreihen in Kleinfeldern
eingeführt und entwickelt werden.
Ball indirekt diagonal über das Netz spielen
Elementarschule
Unter dem Leitgedanken »vom
Kleinfeld (kurze Entfernung) zum
Großfeld (große Entfernung)«
stellt die Elementarschule einen
möglichen Weg für das Anfängertennis dar.
Nach Abschluß eines systematisch
aufgebauten 10-Stunden-Programms sollen die Teilnehmer
(relativ unabhängig vom Alter)
folgendes können:
- miteinander im Kleinfeld
spielen,
- auf Zuspiel des Lehrers von der
Grundlinie und vom Netz
zurückspielen,
- aufschlagen und schmettern.
Die Konzeption dieser Elementarschule hat folgende Schwerpunkte:
• Gruppenunterricht von vorzugsweise 4 Personen auf
einem Platz.
• Sowohl technik- als auch spielorientierte Vorgehensweise
kommen zur Anwendung.
• Als methodische Maßnahmen
stehen Demonstration und
geschickte Aufgabenstellung
im Vordergrund.
• Bilaterales Tennis hat eine hohe
Bedeutung, d.h. das Spielen sowohl mit der rechten als auch
mit der linken Hand ebenso wie
das beidhändige Spielen auf
beiden Seiten. Die allgemeine
Koordination wird besser
geschult, die Körperausbildung
erfolgt auf beiden Seiten gleichmäßig, und es kommt nicht so
leicht zu Überlastungsschäden.
Ein gewisser positiver Lerntransfer in der Tennistechnik ist
sicherlich vorhanden, d.h., das
Üben eines Schlages mit der linken Hand kann die Schlagausführung mit der rechten Hand
verbessern. Schließlich macht
gerade Kindern der vielseitige
Umgang mit dem Schläger
Spaß, so daß Bewegungsaufgaben im Tennisunterricht im
Sinne des bilateralen Tennis
auch zur Auflockerung des
Unterrichts beitragen.
•
Die Aufgaben können zunächst
mit kürzeren und leichteren
Tennisschlägern (gegebenenfalls mit kurzgefaßten Normalschlägern) und mit langsam
fliegenden Spezial-Lernbällen
durchgeführt werden.
• Geübt wird weitgehend mit
Partnerhilfe. Der Partner übernimmt die Aufgabe des Ballanbietens, und anschließend
erfolgt ein Rollentausch.
• Beim Spielen über größere Entfernungen übernimmt zunächst
der Lehrer die Aufgabe des
Zuspiels.
56
Elementarschule
Das 10-Stunden-Programm im Überblick
1. Stunde
Indirektes, senkrechtes Hochspielen des Balles
2. Stunde"| Indirektes Hochspielen des Balles
über größer werdende Entfernungen
3. Stunde") Anwenden von
Vorhand und Rückhand im T-Feld
| 4. Stunde"! 1. Schwerpunkt:
Flugball-Vorhand
und -Rückhand
2. Schwerpunkt:
Vorhand und
Rückhand im
T-Feld als
Wiederholung
| 5. Stunde"] Anwenden von
Vorhand, Rückhand
und Flugball im
T-Feld
| 6. Stunde" 1. Schwerpunkt:
Schmetterball
2. Schwerpunkt:
Vorhand und Rückhand bei variabler
Distanzvergrößerung in Richtung
Grundlinie
| 7. StundeH 1 • Schwerpunkt:
Aufschlag
2. Schwerpunkt:
Vorhand und Rückhand bei variabler
Distanzvergrößerung in Richtung
Grundlinie, Flugball
auf Zuspiel aus
unterschiedlichen
Entfernungen
| 8. Stunde Kombination der
bekannten Schlagtechniken
| 9. Stunde7] Wiederholung aller
Techniken und Vorbereitung auf den
Abschlußtest
|10. Stunde | Abschlußtest
Ball indirekt knapp über das Netz spielen
57
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
^^^
fcf^jfosfefr*
^ Ifetu ricl^
Aufgaben sollen sowohl mit der rechten und der linken Hand als auch
beidhändig und jeweils mit der Vorhand- und Rückhandseite gelöst werden; alle Übungen beginnen mit dem
Anwerfen des Balles.
1. Alleine (Spiel mit sich selbst) den
Ball indirekt senkrecht hochspielen
2. Partnerweise abwechselndes,
indirektes und senkrechtes Hochspielen des Balles
- Ball springt im Korridor auf
- Spieler stehen außerhalb des
Korridors
3. Ball indirekt über das Netz
zuspielen
- Ball soll hoch über das Netz
fliegen
- Ball soll knapp hinter dem Netz
aufspringen
- Ball soll in bedrängten Situationen zunächst sich selbst hochgespielt werden (Kontrollschlag) und dann erst über das
Netz zum Partner
a) Spieler stehen jrn Korridor
(frontale Position zum
Netz)
b) Spieler stehen außerhalb
der Einzel- bzw. Doppellinien (seitliche Position
zum Netz)
2. Ball indirekt diagonal über das
Netz zuspielen (s.S. 56)
- Position nah am Netz, frontale
Stellung zum Netz
- Ball soll innerhalb bzw. außerhalb der Einzellinie aufspringen
(Empfehlung für Griffhaltungen)
3. Partner bewegen sich parallel zum
Netz, einer spielt diagonal, der andere longline
4. Partner spielen diagonal über
größere Entfernungen
- Position nah am Netz, frontale
Stellung zum Netz (in bezug
auf die Schlagrichtung des Balles steht der Spieler in einer
seitlichen Schlagstellung)
- Ball auch sich selbst hochspielen (Kontrollschlag)
5. Ball longline im Korridor über das
Netz spielen
- Spieler stehen außerhalb der
Seitenlinien in seitlicher Schlagstellung
- Abstand vergrößern und verkleinern
6. Spiel 2 gegen 2, abwechselnd
schlagen
::ÄH^
4. Spielerstehen im Kreis und spielen
sich den Ball abwechselnd indirekt
Aufgaben sollen vorrangig mit der
gewohnten Schlaghand oder beidhändig gelöst werden; Ball durch Anwurf für sich selbst ins Spiel bringen.
5. Spiel 2 gegen 2, abwechselnd
schlagen
1. Im Aufschlagfeld miteinander über
das Netz spielen (longline und
cross)
Aufgaben sollen sowohl mit der rechten und der linken Hand als auch
beidhändig und jeweils mit der Vorhand- und Rückhandseite gelöst
werden; Ball kommt durch Zuwurf
zum Partner oder Anwurf für sich
selbst ins Spiel.
1. Ball indirekt über das Netz zuspielen
- Position nah am Netz, seitliche
Schlagstellung zum Netz
- Ball soll im Korridor aufspringen
58
2. Schulung des seitlichen Abstands
zum Treffpunkt
- Partner steht auf der gleichen
Seite des Netzes wie der Spieler
und wirft den Ball auf einer
Seitenlinie an
a) Spieler schlägt aus vorgegebener Platzposition
b) Schulung der Beinarbeit zur
Seite zur Schlagposition
(Cha-Cha-ChaRhythmus)
3. Ballwechsel im Aufschlagfeld
- Schulung des seitlichen Ab-
-
stands (auch mit Kontrollschlag); nach dem Schlag zwei
bis drei Seitstepschritte in Richtung Mitte des Aufschlagfeldes
nur cross oder nur longline
spielen
4. Ballwechsel im Aufschlagfeld
- Schlagrichtung ändern
- Ball auffangen und neu anspielen oder Ballwechsel mit bzw.
ohne Kontrollschlag spielen
5. Spiel 2 gegen 2, mit- oder gegeneinander
6. Rundlauf um den Lehrer
|
• -grer/. -4 -Stunde- >>^~^f-S\
Aufgaben 1 bis 6 sollen sowohl mit
der rechten als auch mit der linken
Hand und jeweils mit der Vorhandund Rückhandseite gelöst werden.
1. Ball partnerweise direkt über das
Netz spielen
- Naher Abstand zum Netz
- Abstand variieren
2. Ball partnerweise über das Netz
werfen und fangen
3. Zugeworfenen Ball vom Schläger
abprallen lassen
- Erfahrung mit verschiedener
Schlagflächenstellung
4. Zugeworfenen Ball weich nach
oben zurückspielen
5. Zugeworfenen Ball sich selbst
2-3mal hochspielen, dann über
das Netz nach vorne-oben
zurückschlagen (Partner soll den
Ball fangen)
6. Von der T-Linie aus zugespielten
Ball als Flugball zurückspielen
- Zuspieler: Ball auffangen und
neu anspielen oder Ballwechsel
mit bzw. ohne Kontrollschlag
weiterführen
7. Flugball miteinander im Aufschlagfeld
8. Spielen von Vorhand und Rückhand im T-Feld als Wiederholung
der letzten Stunde
Elementarschule
| ' - r-^M^v-StiTna^
•EB>-' '•"* I
Aufgaben sollen mit der gewohnten
Schlaghand oder beidhändig gelöst
werden; als Spielfeld gelten die Aufschlagfelder.
1. Wiederholung von Vorhand, Rückhand und Flugball
2. Kombination dieser drei Techniken
3. Lösen taktischer Aufgaben
bezüglich
- Schlagrichtung .
- Schlaglänge
- Ballflughöhe
4. Spiel gegeneinander
E
7. Stünde
[
Aufgaben sollen mit der gewohnten
Schlaghand gelöst werden.
Aufgaben sollen mit der gewohnten
Schlaghand oder beidhändig gelöst
werden.
1. Ball von der T-Linie aus im
hohen Bogen über das Netz
werfen
1. Wiederholung aller Schlagtechniken mit individueller Schwerpunktsetzung
2. Ball auf Partnerzuwurf nach vorne
wegspielen
2. Durchspielen der Testübungen
3. Ball sich selbst anwerfen und nach
vorne wegspielen
3. Regelkunde/»Etikette« (Verhaltensnormen)
4. Abstand vom Netz zunehmend
vergrößern (bis zur Grundlinie)
und Ball
a) in höherem Bogen
b) in flacherem Bogen über das
Netz ins Aufschlagfeld spielen
:
Aufgaben sollen mit der gewohnten
Schlaghand gelöst werden.
5. Vorhand und Rückhand mit variabler Abstandsvergrößerung in
Richtung Grundlinie spielen
1. Ball mit dem Schläger auf den
Boden prellen
6. Flugball auf Zuspiel aus zunehmender Entfernung spielen
3. Hoch über das Netz zugeworfenen
Ball über Kopfhöhe nach vorne
über das Netz wegspielen
4. Hoch zugeworfenen Ball zunächst
in, dann über Kopfhöhe über das
Netz nach unten spielen
- Ausholen vor dem Körper,
Griffhaltung, seitliche Schlagstellung
5. Laufen unter den späteren Treffpunkt und zugeworfenen/zugespielten Ball
a) mit Nichtschlaghand fangen
b) schmettern
c) schmettern in Zielfelder
6. Vorhand und Rückhand mit variabler Abstandsvergrößerung in
Richtung Grundlinie auf Zuspiel
durch den Lehrer, später auch
partnerweise, spielen; zu weit
gespielte Bälle auffangen und neu
anspielen, nach einem Kontrollschlag oder als Flugball zurückspielen
L_
8. Stunde
10. Stunde
]
Abschlußtest:
Aufgaben sollen mit der gewohnten
Hand oder beidhändig gelöst werden.
jglStüncIg^tgg^
2. Hoch zugeworfenen Ball über
Kopfhöhe fangen (vorrangig mit
der nicht gewohnten Hand)
9. Stünde
|
1. Miteinander spielen
- Spielfeld: zwei gegenüberliegende Aufschlagfelder
- Beginn: beide Partner hinter der
T-Linie
- Modus: jeder Spieler hat 9 Versuche, der Ball muß bei einem
Versuch 10mal über das Netz
fliegen
Aufgaben sollen mit der gewohnten
Schlaghand oder beidhändig gelöst
werden.
2. Aufschlag
- Von 10 Versuchen müssen 3 im
Aufschlagfeld landen
1. Vorhand und Rückhand von der
Grundlinie auf Lehrerzuspiel vom
Netz
3. Vom Lehrer zugespielte Bälle mit
Vorhand und Rückhand von der
Grundlinie aus zurückschlagen
- Lehrer in Netzposition spielt
abwechselnd 10mal auf Vorhand und 10mal auf Rückhand
zu; Schüler muß 5 Vorhandund 5 Rückhandschläge ins
Einzelfeld spielen
2. Flugball-Vorhand und -Rückhand
auf Lehrerzuspiel von der Grundlinie
3. Partnerweises Spiel mit Vorhand
und Rückhand von der Grundlinie
und Spiel am Netz
4. Aufschlag und Return
5. Spiel 2 gegen 2 von der Grundlinie, jeweils abwechselnd schlagen
a) miteinander spielen
b) gegeneinander spielen
4. Vom Lehrer zugespielte Bälle als
Flugball und Schmetterball zurückschlagen
- Lehrer spielt von der T-Linie
nacheinander 6mal zum Flugball-Vorhand, 6mal zum Flugball-Rückhand und 10mal zum
Schmetterball zu; Schüler muß
3 Flugbälle Vorhand, 3 Flugbälle Rückhand und 5 Schmetterbälle ins Einzelfeld spielen
Alle Anforderungen müssen erfüllt
werden
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
Fortgeschrittene
Erwachsene im
Freizeittennis
Zielgruppenbeschreibung
Neben Anfängern aller Altersgruppen stellen Erwachsene, die über
mehr oder weniger umfangreiche
Spielerfahrungen, also auch über
entsprechende Techniken verfügen, sicherlich eine der größten
Schülergruppen des Tennislehrers
dar. Gemeint sind hier sogenannte
Freizeitspieler, also Erwachsene,
die keine besonderen leistungssportlichen Ambitionen haben.
Das sind vor allem Tennisspieler,
die zwar schon seit längerer Zeit
Tennis spielen, sich allerdings nicht
am organisierten Wettkampfsystem beteiligen, und oft sind es
Tennisspieler, die Tennis erst sehr
spät gelernt oder sehr lange nicht
mehr gespielt haben. Erwachsene
Freizeitspieler können ganz unterschiedliche Motive haben, Tennis
zu spielen und ihr Spiel zu verbessern. Insofern sind auch ihre Erwartungen und Wünsche an den
Tennislehrer recht verschieden.
Die Unterschiede in dieser Adressatengruppe ergeben sich aus
• der Altersspanne (vom Übergang des Jugendalters über das
Erwachsenenalter bis zum
Seniorenalter),
• dem grundsätzlichen Stellenwert sportlicher Betätigung
(Geselligkeit, Fitneß, soziale
Anerkennung),
• dem Stellenwert von Tennis in
der Freizeit und die dafür zur
Verfügung stehende Zeit (täglich oder selten spielen),
• dem jeweiligen Freizeitumfeld
(Verein, Tennisschule, Urlaub),
60
• den sozialen Beziehungen im
Freizeitbereich (Tennis mit
Familie, Freunden, Geschäftspartnern, neuen Bekannten).
Der Tennislehrer muß versuchen,
die Erwartungen seiner Schüler im
Gespräch zu erfahren, um
• seinen Unterricht zu planen,
• sich auf die speziellen Bedürfnisse seiner Schüler einzustellen,
• die Vorstellungen der Schüler
nötigenfalls auf ein realistisches
Maß zu reduzieren oder zu
erweitern,
• seine Schüler gegebenenfalls in
eine passende Gruppe einteilen
zu können.
Trotz unterschiedlicher Erwartungen und Voraussetzungen von
Freizeitspielern gibt es durch den
gemeinsamen Wunsch, Tennis
besser spielen zu wollen, noch
genug Übereinstimmungen. Insofern lassen sich die verschiedenartigen Motive in zwei allgemeine
Zielstellungen zusammenfassen:
• Miteinander paarweise oder in
Gruppen Tennis spielen
• Gegeneinander im Einzel und
Doppel Tennis spielen
Dabei kann für einzelne das Tennisspielen durchaus noch andere
Zielaspekte, wie die oben beschriebenen, einschließen.
Konzeption
»Miteinander
spielen«
Ausgehend von einer übergeordneten Konzeption, ergeben sich
inhaltliche Folgerungen.
Die Partner wollen paarweise,
möglicherweise in Gruppen miteinander Tennis spielen. Das geschieht im allgemeinen ohne
Wettkampf, aber im Rahmen des
Spielgedankens (unter Umständen
mit veränderten Regeln).
Spezielle Zielstellungen
• Längere Ballwechsel im Grundlinienspiel
• Spielformen: Entwicklung einer
individuell realistischen Spielvorstellung, Ballwechsel mit
einer mittleren Höhe und
Geschwindigkeit zu spielen
• Haupttechniken: Grundschläge
Vor- und Rückhand, zur Abwechslung und als Koordinationsschulung auch Aufschlag
und andere Techniken
• Beweglichkeit und Ausdauer
auf dem Tennisplatz
• Gelegentlich Übungen zur Entwicklung der Stützmuskulatur
(Rumpf)
Konzeption
»Gegeneinander
spielen«
Die Partner wollen wettkampfmäßig, im Einzel oder Doppel,
gegeneinander spielen. Sie spielen
dabei im Einzel vorwiegend von
der Grundlinie aus.
Spezielle Zielstellungen
• Taktik: Entwicklungeines individuell realistischen Spielkonzepts, d. h. Anwendung der
Techniken vorwiegend unter
dem Aspekt ihrer Sicherheit und
Plazierung (Fehler vermeiden),
Doppeltraining
• Grundschläge verbessern und
zunehmend durch Drall sicherer
machen
• Individuelle Aufschläge mit
Drall entwickeln
• Entwicklung von Topspin-Vorhand und Slice-Rückhand
• Returnschulung im Zusammenhang mit Wahrnehmungsschulung
• Im Zusammenhang mit Doppeltraining Flugbälle und
Schmetterball verbessern, an-
Fortgeschrittene Erwachsene im Freizeittennis
n
dere Techniken auf Wunsch
und zur Koordinationsschulung
anbieten
• Aufwärm- und Beweglichkeitsprogramm quasi als Ritual entwickeln
• Spielnahes Ausdauertraining
anbieten
• Tips zum ergänzenden Krafttraining geben
Allgemeine
methodische Hinweise
Umlernen
Bei der Verbesserung der oft über
sehr lange Zeiträume automatisierten Technik sollte der Lehrer bevor er das sehr schwierige Umlernen empfiehlt - versuchen,
durch geeignete Bewegungsaufgaben taktische Grundhaltungen
zu verändern. Bevor also festgefahrene Bewegungsabläufe oder
gar Griffhaltungen korrigiert werden, könnte man seine Schüler
z.B. davon überzeugen, langsamer
oder höher zu spielen. Erst wenn
solche Aufgabenstellungen nicht
zum Ziel führen, sollten gezielte
Korrekturen von Bewegungsabläufen einsetzen.
Korrekturmaßnahmen
Dabei empfiehlt es sich, durch
geeignete Maßnahmen (s. Vorschläge zur Bewegungskorrektur
S. 34) vor allem die Hauptaktionen im Auge zu haben.
Spielräume in den Hilfsaktionen
sollten weitgehend belassen und
sogar weiter ausgeschöpft, leichte
Mängel so weit wie möglich akzeptiert werden. Es ist Wert zu
legen auf angemessenen Bewegungsrhythmus und Bewegungsfluß. »Zwingende« Bewegungshilfen, Ballmaschine und Video
können die empfohlenen Lernprozesse unterstützen.
Organisationsformen
Als Organisationsform bietet sich
der Gruppenunterricht mit drei bis
vier Erwachsenen an. Das gilt um
so mehr, als Spielformen zur Entwicklung der Spielfähigkeit bzw.
des taktischen Denkens im Mittelpunkt des Unterrichts erwachsener
Fortgeschrittener stehen sollten.
Einzelunterricht empfiehlt sich dagegen vor allem bei der Korrektur
spezifischer individueller Probleme.
Maßnahmen
• Spielerinnen und Spieler überzeugen, ihre eigenen Ansprüche auf ein realistisches
Maß zu begrenzen; Erwachsene
brauchen oft einsichtige Begründungen als Motivation und
viel Geduld zu Veränderungen
• Lernhilfen verwenden: Netz
erhöhen, im T-Feld und halben
Feld spielen, verstärkt mit Vorwärts-, aber auch mit Rückwärtsdrall spielen
Spezifische
methodische Probleme
und Maßnahmen
Schlechte Stellung zum Ball
Ursachen hierfür liegen in unzureichender Ballberechnung und mangelhafter (häufig »bequemer«)
Beinarbeit.
Bei erwachsenen Fortgeschrittenen im Freizeittennis liegen oft
verfestigte Fehler und Probleme
vor. Das ergibt sich aus ihrer Lerngeschichte. Sie spielen in der Regel
schon lange, aber nicht immer regelmäßig Tennis, haben sich vieles
selbst angeeignet und eventuell
bei unterschiedlichen Lehrern Unterricht gehabt. Wie bereits angemerkt, sind eine Reihe von Problemen durchaus über die einsichtige
Veränderung von taktischen
Grundhaltungen zum Spiel lösbar.
Dadurch kann zeitaufwendiges,
wenig motivierendes und nicht
immer erfolgreiches Umlernen
vermieden werden.
Folgende Probleme tauchen bei
erwachsenen Fortgeschrittenen
häufig auf:
Maßnahmen
• Systematisch variiert (und verabredet) zuspielen (Länge,
Richtung, Höhe, Geschwindigkeit, Drall), verbunden mit
Beobachtungsaufgaben von
gegnerischem Schlägerschwung
und Ballflug
• Gezielt ständige Bewegung der
Beine erzwingen, auch in
Erwartung des Balles
• Fuß- und Beinarbeit betonen,
mit gymnastischer Aufwärmung
schulen
• Technik ständig aus der Bewegung heraus trainieren
• Schläge aus Notsituationen
üben
Hohe Fehlerquote
Ursachen hierfür finden sich oft in
einer falschen Spielvorstellung, die
auch durch eine unangemessene
Orientierung am Spitzentennis
provoziert wird. Zu hohe Schlaggeschwindigkeit, zu knapp über
das Netz geschlagene Bälle und zu
»schöne« Bewegungen führen zu
vielen unnötigen Fehlern.
Mangelhafte Griffhaltungen
Ursachen hierfür liegen in der
Lerngeschichte. In der Regel wird
bei mangelhaften Griffhaltungen
die Schlagflächenstellung durch
automatisierte Drehung des
Unterarms korrigiert.
Maßnahmen
Umlernen ist aufgrund der automatisierten Bewegung sehr langwierig oder gar unmöglich. Dies
61
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
sollte deshalb nur dann versucht
werden,
- wenn mangelhafte Griffhaltungen das Neulernen von Techniken wesentlich erschweren
(z.B. erschwert ein Rückhandgriff das Erlernen eines TopspinVorhand) und
- wenn der Lernende sehr motiviert ist, etwas zu verbessern.
Als Alternativen bieten sich an,
- besser mit dem gegebenen
Griff umzugehen, also in
schwierigen Situationen langsamer zu spielen und
- Techniken zu benutzen, zu
denen die Griffe passen (z.B.
Slice spielen, wenn Vorhandgriff auf der Rückhandseite
benutzt wird).
Später Treffpunkt
Die Ursache hierfür kann ebenfalls
in einer mangelhaften Griffhaltung
liegen. Häufig ist die Ursache aber
auch bei der Verfestigung falschen
Timings aufgrund mangelhafter
Ballberechnung zu suchen, wobei
die Kompensation mit Handgelenkseinsatz, verbunden mit unökonomischem Kraftaufwand,
ständig zu einer zu hohen Fehlerquote führt.
Maßnahmen
Versuchen, die Ballberechnung des
Schülers zu verbessern; andererseits gilt es jedoch, das Timing wie
folgt zu verändern:
• Schlagen unter verabredeten,
erleichterten Bedingungen
(Treffpunkt festlegen)
• Zwingende Situation schaffen,
z. B. Bälle besonders kurz zuspielen; erzwingen, daß die
Füße hinter einer Hilfslinie bleiben; fordern, daß der Schläger
weit über den Treffpunkt hinaus schwingt
• Den Rhythmus zwischen Ausholen und Schlagen verändern;
62
Ausholen während der ersten
Flugphase des Balles - Übergang zum Vorschwung beim
Auftreffen des Balles am Boden
(Auftreffpunkt großflächig
markieren)
Aufschlagprobleme
Die Ursachen der Aufschlagprobleme liegen vor allem in der
Ungenauigkeit des Ballanwurfs,
Koordinationsschwierigkeiten
zwischen Ballanwurf und Schlagbewegung sowie deutlich ausgeprägter Pause in der Schlinge
hinter dem Rücken. Sie sind in
der langen Lerngeschichte der
Erwachsenen begründet und in
der Regel sehr verfestigt. Grundsätzliche Veränderungen des
Bewegungsablaufs empfehlen
sich deshalb nur äußerst selten.
Maßnahmen
• Schlaggeschwindigkeiten im
Training und Wettkampf reduzieren, auch bei ersten Aufschlägen, denn die Koordinationsprobleme treten vor allem
bei hohen Bewegungsgeschwindigkeiten auf
• Wurfgenauigkeit verbessern
• Situation zeitweilig vereinfachen (z. B. von T-Linie aus
aufschlagen)
• Pause in der Ausholbewegung
akzeptieren, aber an das Ende
des Rückwärtspendels verschieben (»absichtliche« Pause vor
dem Einschwung in die Kehre,
auch zur Konzentration auf das
Werfen)
Flugballschwäche
Die Ursache hierfür liegt häufig im
späten Erlernen des Flugballs und
dadurch begründetem negativem
Transfer von den Grundschlägen
(zu große Ausholbewegung, kein
vorwärts-abwärts gerichtetes
Schlagen).
Abb. 26 Beim »Lenkradvolley« wird
der Schlägerkopf mit beiden Händen
gehalten
Maßnahmen
• Zwingende Situation: Flugball
mit dem Rücken zur Wand oder
»Lenkrad-Volley« (Schlägerkopf
mit beiden Händen wie ein
Lenkrad fassen und so den Ball
als Flugball spielen, s. Abb. 26)
• »Überkorrekturen« verwenden:
geblockte Flugbälle ohne Ausholen und Schlagen spielen
• Vorwärts-abwärts gerichtete
Bewegung von der Slice-Bewegung ableiten, ggf. über den
Slice einführen
• Übungsmatches mit »PflichtAngriffen« spielen lassen
Tennisspielen außerhalb von Vereinen
Bis vor etwa 40 Jahren war Tennis
ausschließlich in speziellen Tennisvereinen und in Abteilungen von
Turn- und Sportvereinen angesiedelt.
Ein großes Münchner Sportgeschäft leitete dann mit seinen
kommerziell betriebenen Tennisplätzen und -hallen eine neue
Fortgeschrittene Erwachsene im Freizeittennis
Tennisära ein, die in den letzten
4 Jahrzehnten zahlreiche ähnlich
aufgebaute Nachfolger gefunden
hat. In fast allen mittleren und
größeren Städten findet man
heute kommerziell betriebene
Tennisanlagen, die ein ganz eigenes
Publikum haben. Was treibt die
Leute dorthin, und wo liegen die
Unterschiede im Tennisangebot
dieser Anlagen zu dem der Tennisvereine?
Vorrangig sind es Tennisspäteinsteiger und sog. Freizeitspieler, die
ihren Tennisspaß in der kommerziellen Anlage suchen. Sie haben
kaum Interesse am Leistungsoder am Mannschaftstennis. Sie
wollen ihre festen Stunden
buchen und nicht auf einen freiwerdenden Platz oder gar auf einen
Partner warten. Sie suchen aber
auch den persönlichen Erfolg und
nehmen gerne das Angebot der
Tennisschulen wahr, ohne die
kommerzielle Tennisanlagen normalerweise nicht auskommen.
Das Ziel heißt dann, möglichst
rasch spielfähig zu werden, damit
man sich schon bald mit anderen
Gleichgesinnten verabreden kann.
Da eine Spielpartnervermittlung
auf der kommerziellen Anlage im
Gegensatz zu den Vereinen fast
ausnahmslos angeboten wird, ist
dieses Ziel schnell realisierbar. Die
Tennisschulprogramme sehen
dafür meist fest umrissene Kursprogramme vor, die im untersten
Fall nach 10 Unterrichtsstunden
mit einem ersten Spielfähigkeitstest enden (vgl. Kapitel »Elementarschule«).
Der Spaß an der Bewegung und
am Spiel steht absolut im Vordergrund, und der gute Animateur ist
für diese Zielgruppe ein wichtigerer Ansprechpartner als ein Lehrer,
dem Systematik und Methodik
über alles geht. Die spezifischen
methodischen Probleme und
Maßnahmen in dieser Zielgruppe
sind im Kapitel »Fortgeschrittene
Erwachsene im Freizeittennis«
ausführlich beschrieben und bedürfen keiner weiteren Erläuterung.
Die Zeichen unserer Zeit weisen
aber eindeutig darauf hin, daß sich
zukünftig die Positionen von Tennisverein und kommerzieller Tennisanlage immer stärker überlagern, denn der Breiten- und Freizeitsport gewinnt im Tennisverein
immer mehr an Bedeutung und
läßt den Vereinen langfristig nur
dann eine Überlebenschance,
wenn sie auch dem Hobbyspieler
adäquate Möglichkeiten und Anreize offerieren. Für die kommerziellen Anlagen gibt es umgekehrt
auch die Möglichkeit, durch die
Konstruktion eines Clubs in ihrer
Anlage gewisse Vorteile der Vereinsstrukturen nachzuvollziehen
und für die Minderheit ihrer Kunden eine Möglichkeit zu schaffen,
sich an Mannschaftswettbewerben zu beteiligen.
Tennis in Ferienclubs und
Camps, Tenniswochen und
-weekends
In den letzten Jahren hat sich die
Anzahl derjenigen stark vermehrt,
die ihre ersten Tennisschritte in
Ferienclubs getan haben, oder in
Reisetennisschulen in Wochenoder Weekendkursen erstmals mit
Tennis konfrontiert wurden.
In entspannter Urlaubsatmosphäre
und in netter Gesellschaft von anderen Tennisinteressierten herrscht
in den dort angebotenen Gruppenkursen ein ausgesprochen
günstiges Lernklima. Weiterhin
wirkt es sich sehr vorteilhaft aus,
daß der Tennisunterricht in sehr
komprimierter Form stattfindet
und der Lernerfolg bei 2 bis 6
Stunden Tennis pro Tag viel deutlicher und schneller sichtbar wird,
als zu Hause bei einer Unterrichtsstunde pro Woche. Diese Vorteile
haben inzwischen auch viele Tennislehrer dazu bewogen, mit ihren
eigenen Schülern Tenniscamps
und Tennis-Weekends im sonnigen Süden, zumindest aber in
außerhalb ihrer Vereine gelegenen
Tennisanlagen abzuhalten. Die damit verzeichneten Erfolge und Anerkennungen für die Tennisschule
sind zum Teil überragend und weisen neue Wege für die Zukunft.
Besonders effizient wirken sich
dabei mannigfaltige Programme
mit unterschiedlichen Anziehungspunkten aus, die in multifunktional ausgerichteten Anlagen möglich sind. Das reicht dann vom
Tennis über Squash, Badminton,
Golf, Fitneß, Billard, Sauna und
Solarium usw. bis zu kulinarischen
Genüssen und gesellschaftlichen
Anbindungen, wie Tanz, Disko
und anderen Vergnügungen.
Diese Tendenzen sind für kommerzielle Überlegungen unverzichtbar und werden auch bald für
Vereine eine wichtige Rolle
spielen, vor allem dann, wenn der
fast überall feststellbaren Mitgliederstagnation entgegengewirkt
werden soll.
Sport treiben und speziell auch
Tennis spielen ist heutzutage so
vielfältig möglich, daß es nur in
den seltensten Fällen noch
genügt, die dazu erforderlichen
Sportanlagen zur Verfügung zu
stellen. Es muß schon auch etwas
»losgemacht« werden, wobei der
gesellschaftliche Anspruch jedweder Art heute schon längst den
leistungsbezogenen, sportlichen
Ambitionen den Rang abgelaufen
hat. Spaß muß es machen, und
rühren muß sich was, sonst läuft
nicht mehr viel. Das gilt für Vereine ebenso wie für alle Unternehmungen und Veranstalter, die mit
Tennis zu tun haben.
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
Schultennis
Schülerumfragen gemäß gehört
Tennis zu den beliebtesten Sportarten des Schulsportangebots.
Leider steht der praktischen Umsetzung dieser Interessen eine Vielzahl von Problemen gegenüber.
Gibt es fachkompetente Lehrer
(Tennislehrer, Sportlehrer mit tennisspezifischer Ausbildung)? Wo
ist Schultennis möglich (Turnhalle,
Hartplatz, Pausenhof, Verein)?
Sind brauchbare Materialien vorhanden (Schläger, Bälle, Kindertennisnetze)? Ist eine Einführung
des Tennisspiels im Klassenverband gewünscht und möglich,
oder besteht eher die Tendenz,
Tennis im differenzierten Sport für
Interessengruppen anzubieten?
Darüber hinaus sind Fragen bezüglich Genehmigungen bzw.
Haftung bei einer Kooperation mit
einem Verein sowie Zielsetzungen,
Unterrichtsgestaltung, Ergiebigkeit
usw. zu lösen.
Die Einführung des Tennisspiels in
der Schule als sog. Rückschlagspiel, dem Hin- und Herspielen
eines Balles über ein Netz mit Hilfe
von Schlägern, ist in fast allen
Schulen realisierbar, wenn Schulleitung, Kollegium, Eltern und
Schüler ein solches Angebot
wünschen und unterstützen.
Bei der Einführung von Tennis im
regulären Sportunterricht geht es
in erster Linie um die Vermittlung
von Grundlagen im Sinne einer
Hinführung zum richtigen Tennis,
das dann möglichst im Verein,
aber auch in der kommerziellen
Tennisanlage oder auf dem kommunalen Tennisplatz weiterentwickelt werden kann. Diese Hinführung zum Tennis ist verbunden
mit dem Ziel, daß die Schüler die
Sportart Tennis im Rahmen des
Schulsportunterrichts kennenlernen, insbesondere im Hinblick
64
Abb. 27 Schultennisset des DTB
auf das Sporttreiben in ihrem späteren Leben. Gerade dem Lifetime-Sport Tennis kommt hier
eine besondere Bedeutung zu.
Beim Schultennis geht es also zunächst um Erwerb und Verbesserung der Geschicklichkeit im Umgang mit Schläger und Ball sowie
um die direkte Erfahrung der Spielidee. Aus der Gewöhnung an Ball
und Schläger entwickelt sich das
Miteinanderspielen im Sinne des
Sich-Zuspielens. Erst bei ausreichender Ballsicherheit, die ein
regelmäßiges Hin- und Herspielen
ermöglicht, kann man an einfache
Formen des Gegeneinanderspielens und des Wettspiels herangehen, bei dem es dem Gegner
schwergemacht wird, den Ball zu
erreichen.
Dort wo die institutionellen, räumlichen, materiellen und personellen
Bedingungen gegeben sind - und
in zunehmendem Maße sehen die
Lehrpläne der einzelnen Bundesländer dies vor - , kann Tennis aber
auch im Rahmen des Neigungsgruppenangebots, von Projektwochen, Schnupperkursen, freiwilligen Schülersportgemeinschaf-
ten, Talentgruppen zwischen
Schule und Verein und schließlich
im Rahmen des Schulsportwettbewerbs »Jugend trainiert für
Olympia« angeboten werden.
Für solche Fälle brauchen keine
besonderen methodisch-didaktische Hinweise gegeben werden.
Die folgenden Hinweise geben in
erster Linie methodisch-didaktische Hinweise zur Einführung des
Tennisspiels im Klassenverband
unter schulischen Bedingungen.
Organisatorische
Überlegungen
Schülerzahl
Eine Gruppenstärke von 20 bis 25
Schülern sollte bei der Einführung
des Tennisspiels im Arbeitsgemeinschaftsbereich möglichst nicht
überschritten werden. Für eine
längerfristig angelegte Ausbildung
über ein oder mehrere Schuljahre
ist eine Teilnehmerzahl von 12 bis
16 Schülern günstig, wenn mindestens zwei Tennisplätze oder eine
Doppel- bzw. Dreifach-Sporthalle
zur Verfügung stehen.
Schultennis
Spielgeräte (Bälle, Schläger)
Spielfelder und Netze
Wenn zur Beschaffung von speziellen Lernbällen und Schlägern
keine Mittel vorhanden sind, so
kann man sich auch mit abgespielten Tennisbällen und alten Tennisschlägern (kurz fassen) behelfen,
die man über den örtlichen Tennisverein erhalten kann. Durch Zuwendungen von Schulämtern,
Sportämtern, Elternbeirat oder
Sponsoren können vielfach auch
Grundausrüstungen angeschafft
werden. Hier kann das vom Deutschen Tennis Bund angebotene
Schultennisset (Abb. 27, S. 64)
mit verschiedenen Kinderschlägern
und unterschiedlichem Ballmaterial
empfohlen werden, welches über
das Referat Schultennis auch in
den einzelnen Landesverbänden
des Deutschen Tennis Bundes
leihweise zur Verfügung gestellt
werden kann.
In allen Schulsporthallen und auf
Außenspielplätzen sind zum Tennisfeld zusätzlich Spielfeldmarkierungen anderer Sportspiele aufgetragen (Basketball, Badminton,
Handball, Volleyball), die als Grenzen von Tennis-Kleinfeldern genutzt werden können oder mit
Klebebändern, Linienbändern oder
anderen Markierungen zu TennisKleinfeldern ergänzbar sind.
Die Spielfelder bzw. -zonen sind
zuerst so klein wie möglich zu
halten; sie wachsen mit dem fortschreitenden Spielvermögen der
Schüler.
Als Netzersatz dienen anfangs
gespannte Zauberschnüre oder
Leinen, erhöhte Langbänke bzw.
aneinandergereihte Kastenteile
und sogar Hürden.
Turnhallenwände können nutzbringend in den Tennisunterricht
einbezogen werden und stellen
mit variabel angebrachten Zielmarkierungen (z.B. Klebeband,
Zeitungen, Gymnastikreifen) einen
besonderen Reiz für viele Aufgaben dar.
Schulhöfe und alle größeren
ebenen Flächen im Schulbereich
bieten gute Voraussetzungen für
eine Tenniseinführung, wenn
Kleinfelder eingezeichnet werden
dürfen und Schnüre, Leinen oder
Netze gespannt werden können.
Ideal sind mobile Tennis-Übungsanlagen, deren Auf- und Abbau
schnell und problemlos erfolgen
kann.
Die Markierung dieser Kleinfelder
bezieht die Linien des normalen
Feldes mit ein und wird nur durch
zusätzliche Seitenlinien ergänzt. In
Turnhallen und Pausenhöfen kann
aber auch in kürzester Zeit eine
Neumarkierung der Kleinfelder mit
mobilen Speziallinien vorgenommen werden.
Auf Normaltennisplätzen wird
Für Schultennis am besten geeignet sind besaitete Schläger mit
normaler Schlägerkopfgröße,
geringem Schlägergewicht (ca.
300 g) und einer Gesamtlänge
zwischen 55 und 65 cm in den
Griffstärken von 1 bis 3. Neben
den bekannten Schaumstoffbällen
mit den Durchmessern 70 und
90 mm sind die neu entwickelten
Lerntennisbälle zu nennen, die
sich äußerlich nicht von normalen
Tennisbällen unterscheiden; sie
sind jedoch leichter, weicher und
sie fliegen langsamer bzw. werden
beim Aufsprung auf den Boden
stark abgebremst.
Aufgrund des leichten Gewichts
stellen diese Bälle auch ein geringes Sicherheitsrisiko dar und helfen damit, Unfälle, Verletzungen
oder Sachschäden zu vermeiden.
dann quer gespielt, und dabei
können bis zu drei Kleinfelder auf
jeder Spielfeldhälfte genutzt werden. Das »Netz« sollte ca. 80 bis
90 cm hoch sein. Mobile Kindertennisnetze in verschiedenen Ausführungen bereichern das Schultennis insbesondere im Wettkampfbereich, wenn es um gleiche
Voraussetzungen von Spielfeld,
Netz und Regeln geht. Die Größe
der Kleinfelder ergibt sich ebenfalls
aus den Bedingungen in der
Schule. Hier empfehlen sich Vorgaben von 9 bis 13 m Länge und
5 bis 6 m Breite.
Empfehlungen zum
Lehren und Lernen im
Schultennis
•
•
Das vorhandene Platzangebot
muß jeweils optimal ausgenutzt
werden. Die vom Sportunterricht bekannten Aufstellungsformen wie Linien, Reihen,
Gassen, Blöcke und Kreise können je nach Gruppenstärke und
Übungsform vielseitig angewendet und entsprechend
kombiniert werden.
Klare Übungsansagen und eine
zweckmäßige Übungsauswahl
garantieren die notwendige
Sicherheit im Unterricht.
• Der Lehrer muß sich auch am
Leistungsvermögen der
schwächsten Schüler orientieren. Die besten Schüler können
auch einmal als »Assistenten«
eingesetzt und somit zum eigenen Nutzen ganz speziell gefordert werden.
• Anfangs muß den Schülern eine
ausreichende Zeitspanne zum
Ausprobieren der neuen Spielgeräte - Schläger und Ball eingeräumt werden.
• Alle Übungsaufgaben sollten
mehrfach wiederholt und auch
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
66
immer in einfachen Wettbewerbsformen durchgeführt
werden.
Die Partner sollten oft gewechselt werden, wobei schwächere
und stärkere Schüler unterschiedliche Spielerfahrungen
vermitteln.
Von Anfang an müssen alle
Bewegungs- und Übungsaufgaben gleichmäßig auf der
Vorhand- und Rückhandseite
versucht werden, damit insbesondere die Rückhandseite
nicht vernachlässigt wird.
Ballsicherheit geht immer vor
Ballgeschwindigkeit. Die Flugbahn des gespielten Balles sollte
anfangs stark gekrümmt sein;
mit steigender Ballsicherheit soll
sie flacher werden.
Die Anforderungen durch Bälle,
Schläger und Spielfeld wachsen
mit steigendem Spielvermögen
der Schüler.
Der Lehrer sollte im Unterricht
durchaus selbst mitspielen,
wenn es der Unterricht im Rahmen der Gesamtorganisation
zuläßt.
Alle Schüler können mit verantwortlichen Aufgaben betraut
werden, wie Ausgabe und Einsammeln von Leihschlägern,
Bällen, Hilfsgeräten u.a.
Circuitformen mit verschiedenen Aufgaben an mehreren
Stationen sind für eine Tenniseinführung in der Schule sehr
gut geeignet; auf wenig Raum
kann man intensiv arbeiten.
Eine Tenniseinführung in der
Schule behandelt sicherlich vorrangig die Grundschläge Vorhand und Rückhand, aber auch
Flugball und Aufschlag sowie
einfachste Formen des Schmetterballs und Lobs können
berücksichtigt werden.
Einfache taktische Überlegungen und Aufgaben sind von
Anfang an in den Unterricht
einzubauen, insbesondere
wenn die Schüler ihre ersten
Tenniswettkämpfe schon bald
auf dem Kleinfeld austragen.
• Eine Unterrichtsdokumentation,
bei der auch mit Video gearbeitet werden kann, sichert die
Unterrichtserfahrungen für alle
Beteiligten.
Schultennis mit fortgeschrittenen Schülern
An manchen Schulen wird Tennis
auch für Schüler angeboten, die
Vorerfahrungen aus dem Verein
oder dem Spielen auf kommerziellen Anlagen mitbringen. Das ist
meist dann der Fall, wenn sich die
Schule an Wettkämpfen der Aktion »Jugend trainiert für Olympia« beteiligt. Wie in allen ähnlich
gearteten Schulsportwettbewerben anderer Sportarten spiegelt
eine solche differenzierte Sportgruppe selten eine echte Schulsport-Lehrarbeit wider, da sie sich
weitgehend auf Vereinsspieler
stützt. Bei guten äußeren Bedingungen und einer geeigneten
Lehrkraft kann jedoch auch hier
(ebenso wie in anderen Sportarten) der Grundstein für eine engere Zusammenarbeit zwischen
Schule und Verein gelegt werden,
die letztlich allen Beteiligten zugute kommt. Außerdem zeigt die
Schule ihren Schülern damit, daß
sie auch spezielle (»außerschulische«) Fähigkeiten fördert.
Wenn allerdings bei der Verteilung
von Sportstunden die Wahl zwischen Tennis-Einführung und Tennis-Weiterbildung von Schülern zu
treffen ist, so sollte sich die verantwortliche Tennislehrkraft eher für
eine Einführung stark machen, um
möglichst vielen Schülern dieses
Erlebnis zu vermitteln.
Tennis mit
Behinderten
Die bislang vorliegenden TennisLehrbücher richten sich an Kinder,
Jugendliche und Erwachsene, die
entweder über »normale« körperliche und geistig-psychische oder
(im Hinblick auf das Erbringen hoher Leistungen) außergewöhnlich
günstige Voraussetzungen (Talente) verfügen. Nicht behandelt
wird dagegen die Frage, ob (und
wenn ja, wie) Personen, deren
Spielräume im wahrsten Sinne des
Wortes beim Erlernen und Ausüben sportlicher Bewegungen aufgrund körperlicher und geistigpsychischer Behinderungen eingeschränkt sind, das Tennisspiel
erlernen sollen und können.
Das betrifft folgende Personengruppen:
•
•
Körperbehinderte
Personen mit Behinderungen im
Bereich der inneren Organe
(z.B. Herzinfarktpatienten)
• Sehbehinderte
• Hörbehinderte und Taubstumme
• Geistig Behinderte
• Personen mit Beeinträchtigungen durch psychische
Probleme
Auch für sie gelten zunächst
didaktische Überlegungen, d.h.,
auch für sie kann Sporttreiben
positive gesundheitliche Wirkungen haben, Erfahrungen der eigenen Leistungsfähigkeit vermitteln,
zu mehr Selbstvertrauen beitragen, soziale Kontakte ermöglichen
und Stunden voller Freude und
Glück bringen. Vielfach wird noch
gar nicht erkannt, daß auch das
Tennisspiel für behinderte Menschen von besonderer Bedeutung
sein kann. Dabei soll es nicht
darum gehen, Tennis in Konkurrenz zu anderen Sportarten zu
Tennis mit Behinderten
sehen und zu bewerten. Vielmehr
soll (bei vorliegendem Interesse
und günstigen äußeren Bedingungen, die für das Tennisspiel notwendig sind) danach gefragt werden, welche spezifischen methodischen Gesichtspunkte im Tennisunterricht mit Behinderten zu
berücksichtigen sind.
Ganz allgemein gilt für Behinderte,
daß mit Einschränkungen im
Bereich der körperlichen Belastbarkeit, des Koordinationsvermögens,
der motorischen Lernfähigkeit und
der psychischen Belastbarkeit
gerechnet werden muß. Deshalb
müssen Behinderte in besonderem
Maße vor Überforderungen geschützt werden. Darüber hinaus ist
das Prinzip der Behinderungsgemäßheit zu berücksichtigen,
d.h., die funktionellen Fähigkeiten
des Behinderten sind einerseits voll
auszuschöpfen, andererseits müssen aber auch die durch die Behinderung gegebenen Grenzen
erkannt werden. Methodische
Maßnahmen sind an diesem Prinzip (häufig in Form von Kompromissen) auszurichten. Dies bedeutet z. B. bei Sehbehinderten, daß sofern die Sehbehinderung nicht
zu groß ist - spezielle fluoreszierende Bälle verwendet werden
sollten. Für Körperbehinderte, die
z.B. einen Arm verloren haben,
bedeutet dies, daß sie lernen müssen, beim Aufschlag den Ball, der
auf der Schlagfläche liegt, mit dem
Schläger anzuwerfen oder den Ball
auch mit der Schlaghand hochzuwerfen. Grundsätzlich gilt für Behinderte sicherlich, daß beim Erlernen des Tennisspiels das Spielen
im kleineren Feld von besonderer
Bedeutung ist und von vielen das
Spielen im Kleinfeld und mit langsam fliegenden Bällen beibehalten
wird, also nicht als Vorstufe zu betrachten ist. Im folgenden wird
das Rollstuhltennis exemplarisch
behandelt. Dies hat zwei Gründe:
Zum einen läßt sich hier das Prinzip der Behinderungsgemäßheit
deutlich aufzeigen. Zum anderen
hat das Interesse am Rollstuhltennis in den letzten Jahren stark zugenommen.
Rollstuhltennis
Das Prinzip der Behindertengemäßheit bezieht sich im Rollstuhltennis vor allem auf zwei augenscheinliche Gesichtspunkte:
Der Rollstuhlfahrer schlägt im
Sitzen, und bei der Fortbewegung
ist er auf die Möglichkeiten (und
Grenzen) des Rollstuhls angewiesen. Darüber hinaus gibt es noch
zwischen den Rollstuhlfahrern wesentliche Unterschiede. Sie beziehen sich vor allem auf den Umfang der Lähmung, insbesondere
auf die Funktion der Bauchmuskulatur. Je weniger die Bauchmuskeln eingesetzt werden können,
desto instabiler ist der Oberkörper
und desto mehr muß er, insbesondere beim Schlagen, von der
Nicht-Schlaghand abgestützt
werden. In solchen Fällen empfiehlt es sich, daß der Rollstuhlfahrer mit einem Gurt an der
Rückenlehne des Rollstuhls fixiert
wird, um sich im Rollstuhl schneller und geschickter fortbewegen
zu können und um bei der Schlagbewegung größere Sicherheit und
Genauigkeit zu erreichen.
So grundlegend im Tennis der
»Fußgänger« die Beinarbeit ist, so
wichtig ist das Erlernen und ständige Trainieren der Fahrtechnik zur
angemessenen Benutzung des
Rollstuhls. Im Rollstuhl-Wettkampftennis darf der Ball zweimal
aufspringen, damit der Rollstuhlfahrer viele Bälle erreichen kann.
Das Schlagen aus dem Rollstuhl im
Blick auf die Hauptaktion, nämlich
das Treffen, unterscheidet sich
prinzipiell nicht vom allgemeinen
Tennis. Allerdings kann der Rollstuhlfahrer aufgrund seiner Behinderung eine Reihe von Hilfsaktionen nicht einsetzen, die dem
Nicht-Behinderten zur Verfügung
stehen: So ist z. B. die Ausholbewegung eingeschränkt; Gewichtsverlagerung und Körpereinsatz
beim Schlagen sind kaum möglich;
beim Rückhandschlag kann die
linke Hand bei der Ausholbewegung nicht hilfreich sein; insgesamt ist die richtige Position zum
Treffpunkt aufgrund der nicht
gegebenen Beinarbeit sehr schwer
zu erreichen. Ausgehend von den
Prinzipien der trefforientierten
Methode, empfiehlt es sich bei der
Einführung des Tennisspiels bei
Rollstuhlfahrern (in Ergänzung zu
den Empfehlungen beim Anfängertennis), die Situation so zu
vereinfachen, daß die ersten
Bewegungsaufgaben von Anfang
an gelöst werden und somit frühe
Erfolgserlebnisse vermittelt werden
können. Eine solche Bewegungsaufgabe besteht darin, den zugespielten Ball als Flugball abblocken
zu lassen, wobei sich der Rollstuhl
frontal oder leicht diagonal und
dicht am Netz befindet und der
Übende den Schläger zunächst
kürzer faßt. Kleinere Auftakt- und
Schlagbewegungen bestimmen
die frühe Konzentration auf die
Hauptaktion. Danach werden
Situationen und Aufgaben zunehmend komplexer: Der Schläger
wird zunehmend weiter hinten
gefaßt; der Abstand zum Netz
vergrößert sich; mit zunehmender
Entfernung vom Netz erhält der
Spieler die Aufgabe, den Ball erst
nach dem Aufspringen zurückzuschlagen, d.h., nach dem Flugball
erlernt der Spieler den Grundschlag mit Vorhand und Rückhand, wobei immer mehr Hilfsaktionen (Griffwechsel, Ausholbewe-
Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen
gung, Ausschwungbewegung)
hinzukommen. Solche Hilfsaktionen sollten an den spezifischen
Behinderungen ausgerichtet werden. So empfiehlt sich z. B. der
Rückhandgriff bei tiefen und der
extreme Vorhandgriff bei hohen
Vorhandschlägen; beim Aufschlag
wird vor allem der Vorhandgriff
angewandt, würde der Rückhandgriff verwandt, dann müßte sich
der Spieler so weit strecken, daß
er in Gefahr gerät, seine Balance
zu verlieren. Frühzeitig sollte gelernt werden, mit dem Rollstuhl
vor dem Schlag eine Achtel-Drehung auszuführen; danach wird
der Ball so zugespielt, daß der
Schüler zunächst fahren und
68
bremsen muß, um den Ball treffen
zu können. Bei Vorhandschlägen
empfiehlt es sich, mit dem Stuhl in
einer ca. 45°-Stellung zur gewünschten Flugbahn des Balles zu
stehen; bei Rückhandschlägen ist
eine 90C-Stellung optimal, wobei
beim Slice auch eine mehr frontale
Stellung möglich ist. Daß die verschiedenen Aufgaben mit dem
Schaumstoffball oder langsam fliegenden Lernbällen leichter zu lösen sind, ist selbstverständlich.
Ein schwieriger Übergang besteht
vom Spiel auf Zuspiel durch den
Tennislehrer bzw. durch den nicht
behinderten Tennispartner zum
freien Spiel von Rollstuhlfahrern
untereinander. Deshalb sollte ver-
sucht werden, sich den Ball zunächst drei- oder viermal zuzuspielen, bevor ein direkter Punkt
erzielt werden darf. Es ist nicht
möglich, und von Rollstuhlfahrern
auch unerwünscht, ein höheres
Netz einzurichten, damit die Spielidee besser umgesetzt werden
kann.
Unabhängig von den verschiedenen Aufgabenstellungen und Trainingsformen sollte jedoch stets im
Vordergrund stehen, daß die Rollstuhlfahrer Freude an diesem Spiel
haben, ihr Selbstgefühl gesteigert
wird und sie vielleicht die Möglichkeit erhalten, regelmäßig auch
mit Nichtbehinderten spielen zu
können.
Tennis mit Behinderten
69
Konzept
der trefforientierten
Methode
Im folgenden wird die trefforientierte Methode angesprochen. Sie
ist der auf Seite 28 vorgestellten
technikorientierten Konzeption zuzuordnen. Vor allem für den Unterricht mit Anfängern soll aufgezeigt werden, welche Aufgaben
sich im Rahmen der einzelnen
Lehrstufen anbieten. Aber auch
für den Unterricht mit Fortgeschrittenen gibt die trefforientierte
Methode praktische Hinweise, insbesondere für die Fehlerkorrektur.
Da die trefforientierte Methode
auf dem Konzept der »funktionalen Bewegungsanalyse« beruht,
wird dieses Konzept zunächst
nochmals behandelt, so daß dann
der Bezug der trefforientierten
Methode zum Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse deutlich werden kann. Anschließend
werden auf der Grundlage der
trefforientierten Methode die methodischen Schritte zum Erlernen
der wichtigsten Schlagtechniken
beschrieben.
70
Das Konzept der
funktionalen Bewegungsanalyse
Der aktuelle Tennis-Lehrplan Band
1 (Technik & Taktik) basiert auf
dem Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse. Es hat das
frühere Konzept der Ablaufanalyse
abgelöst. Bei der Ablaufanalyse
wurden die drei aufeinanderfolgenden Phasen:
• Ausholbewegung (im Sinne einer Vorbereitungsphase),
• Schlagbewegung (mit dem Ziel
des Treffens des Balles),
• Ausschwungbewegung (zum
Ausklingen der Schlagbewegung),
ohne besondere Gewichtung
nacheinander beschrieben.
Die Schwierigkeit dieses am zeitlichen Bewegungsablauf orientierten Konzepts bestand darin, daß
die Bedeutung der einzelnen Bestandteile (Elemente) der Bewegung im Hinblick auf die Bewegungsaufgabe nicht gewichtet
waren. Fragen, wie wichtig eine
bestimmte Form der sogenannten
Schleife in der Ausholphase ist,
was das Strecken der Beine und
die Gewichtsverlagerung in der
Schlagphase erbringen oder wie
bedeutsam das ausgeprägte Ausschwingen in Schlagrichtung in
der Ausschwungphase für das optimale Treffen des Balles ist, konnten nicht klar beantwortet werden. Auch Experten konnten sich
häufig über die Bedeutung einzelner Technikelemente nicht einigen
und verwiesen auf die Schlagtechniken der aktuellen Spitzenspieler.
Ein Vergleich dieser Spitzenspieler
bringt jedoch ebenfalls keine Klarheit. Andererseits ist jedoch in der
Praxis bei der Bewegungsanweisung und Bewegungskorrektur zu
beobachten, daß bestimmte Elemente des Ablaufs, z. B. die Stellung der Schlagfläche beim Treffen
des Balles, als wichtige Elemente,
andere, wie z. B. die Höhe der
Ausholbewegung und die Position
des linken Armes, als weniger
wichtige Elemente bezeichnet
werden. Will man die Bedeutung
einzelner Phasen berücksichtigen,
dann darf man nicht nur am Ablauf entlang beschreiben. Dann ist
es vielmehr von Vorteil, ein Analysekonzept zu wählen, das die
Funktion der Elemente in den Vordergrund stellt. Man muß also ein
Konzept benutzen, mit dem es gelingt, den einzelnen Elementen des
Bewegungsablaufes eine Funktion,
d.h. einen Sinn im Hinblick auf die
Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse
zentrale Bewegungsaufgabe, zuzuordnen. Dieses Konzept wird
nach GÖHNER funktionale Bewegungsanalyse genannt.
Am Beispiel des Flugballstop läßt
sich das funktionsanalytische Konzept gut verdeutlichen:
Das Ziel des Flugballstop besteht
darin, daß der Ball knapp hinter
dem Netz aufspringt (möglichst
mit Rückwärtsdrall), damit (dies
wäre die dahinter stehende Absicht) der Gegner den Ball nicht
mehr erreichen kann. Dieses Ziel
erreicht man durch eine Schlägerbewegung, die innerhalb
der Schlagphase mit geringer
Geschwindigkeit kurz und flach
vorwärts und abwärts erfolgt.
Diese Aktion wird als Hauptaktion
bezeichnet. Sie erfüllt die unmittelbar zum Ziel führenden zwei
Funktionen, d.h., die beschriebene
vorwärts-abwärts gerichtete
Schlägerbewegung hat den
Zweck, den Rückwärtsdrall zu erzeugen, die langsame Schlägerbewegung und das Nachgeben vor
allem des Handgelenks beim Treffen des Balles bewirken, daß der
Ball abgestoppt wird.
Weitere Aktionen, wie z. B. kurze
Ausholbewegung, Beugen des
netznäheren Beines, Gewichtsverlagerung, Beugen des Armes sind
Hilfsaktionen: Sie sind zur Vorbereitung und zur Unterstützung der
Hauptaktion zweckmäßig, allerdings in ihrer Form nicht exakt
vorgeschrieben.
Nach diesen beispielhaften Ausführungen kann eine Antwort auf
die Frage gegeben werden, was
bei der Bewegungsausführung als
richtig und was als falsch zu beurteilen ist: Die zur Lösung einer bestimmten Bewegungsaufgabe notwendige Hauptaktion ist festgelegt. Ein Abweichen von dieser
festgelegten Bewegungsform ist
fehlerhaft und muß im Unterricht
korrigiert werden. Im Rahmen der
Hilfsaktionen - vor allem innerhalb
der Aushol- und Ausschwungphase, weniger dagegen innerhalb
der Schlagphase - sind jedoch
zum Teil solch große Bewegungsspielräume mit ihren jeweiligen
Vor- und Nachteilen gegeben, daß
es schwierig ist, ihre Grenzen zu
markieren.
Hilfsaktionen sind erst dann als
fehlerhaft zu bezeichnen und auf
jeden Fall im Tennisunterricht zu
korrigieren, wenn durch sie die
Hauptaktion nicht zweckmäßig
unterstützt, sondern gegebenenfalls geradezu negativ beeinflußt
und behindert wird. Es empfiehlt
sich deshalb, nicht nur von Fehlern, sondern auch von Mängeln
zu sprechen, wenngleich der
Übergang zwischen Mängeln und
Fehlern fließend ist. Unter Mangel
wird hierbei verstanden, wenn die
Hilfsaktionen die Hauptaktion
nicht optimal unterstützen. Der
Mangel wird dann zum Fehler,
wenn die Nachteile der Hilfsaktionen gegenüber den Vorteilen
überwiegen.
Da die Hilfsaktionen relativ große
Spielräume zulassen, kann in ihnen die individuelle Ausprägung
der Bewegungen am besten zur
Geltung und sichtbar zum Ausdruck kommen, zumal die Ausholund Ausschwungphase auch zeitlich gesehen den größten Spielraum ermöglichen. Diese individuelle Bewegungsausprägung wird
als Bewegungsstil bezeichnet und
kommt vor allem in der räumlichen und zeitlichen Gestaltung der
Gesamtbewegung zum Ausdruck.
Merkmale dieser individuellen
Bewegungsdynamik und Bewegungsform sind z.B. Bewegungsumfang und Bewegungsrhythmus.
Inwieweit ein Mangel korrigiert
wird, hängt also davon ab, wie
bedeutsam die Nachteile der
Hilfsaktion gegenüber ihren Vorteilen sind und inwieweit durch
eine Korrektur der individuelle Stil
negativ beeinflußt wird.
Bezug des Konzepts
der trefforientierten
Methode zum Konzept
der funktionalen
Bewegungsanalyse
Dieser Bezug soll mit der Diskussion von fünf Themen verdeutlicht
werden:
• Bedeutung eines methodischen
Konzeptes
• Grundsätze der trefforientierten
Methode auf der Grundlage
des funktionalen Bewegungsverständnisses
• Lehrstufen der trefforientierten
Methode
• Unterschied zwischen dem
Konzept der trefforientierten
Methode und früheren
Konzepten
• Allgemeine methodische
Grundlagen, Konzeptionen und
Maßnahmen, die auch bei der
trefforientierten Methode angewandt werden
Bedeutung eines
methodischen Konzeptes
Zunächst sei herausgestellt, daß
ein methodisches Konzept keine
garantierten Rezepte für das Lehren der Tennistechniken liefern
will. Ein methodisches Konzept
will lediglich Grundsätze (Prinzipien) anbieten, die dem Lehrer in
der Praxis des Unterrichts helfen
können,andere Lehrwege zu
überprüfen, eigene zu entwickeln,
insbesondere aber auch spontan
im Unterricht auftretende Probleme so zu behandeln, daß auch
die individuellen Eigenarten der
Konzept der trefforientierten Methode
Schüler berücksichtigt werden
können. Entscheidend ist, die Prinzipien zu verstehen, die hinter der
trefforientierten Methode stehen,
um eigenständig den Unterricht
planen und Bewegungskorrekturen im Rahmen von Lehrwegen
vornehmen zu können.
Grundsätze der
trefforientierten Methode
auf der Grundlage
des funktionalen
Bewegungsverständnisses
• Von Anfang an steht die
Hauptaktion im Vordergrund.
Es werden Aufgaben gestellt,
die allein mit dem Ausführen
der Hauptaktion gelöst werden
können (mit wenig Schwung
über kurze Entfernungen spielen). Erst im Anschluß an das
Erlernen der Hauptaktion
folgen die Hilfsaktionen.
•
•
Innerhalb der Hilfsaktionen
werden zunächst diejenigen
geschult, die nah an der Hauptaktion liegen und dann diejenigen, die selbst als Vorbereitung und Unterstützung der
gelernten Hilfsaktionen dienen.
Die Hinzunahme der Hilfsaktionen ergibt sich aus den
Veränderungen der Situation
(z. B. größere Entfernung zum
Netz erfordert mehr Schwung
und somit ein ausgeprägtes
Ausholen).
• Bewegungsabläufe sind häufig
durch funktionale Überlagerungen gekennzeichnet; z.B. ist
beim Vorhand-Grundschlag in
der Ausholphase auf folgendes
zu achten: Bogenförmiges
Zurückführen des Schlägers,
Drehen des Oberkörpers, Senken des Körperschwerpunktes
u.a. Lehrmaßnahmen sollten
anfangs solche Überlagerungen
trennen. D.h., beispielsweise
auf das Ausholen bezogen, daß
72
zunächst aus der Schlagstellung
und später aus der Ausgangsstellung mit Oberkörperdrehung ausgeholt wird.
• Beim Aufbau der einzelnen
Übungen kommt es oft zu
Mißerfolgen bei den Schülern,
bereits Gekonntes kann wieder
»verlernt« werden. Es müssen
»Rück«-Verzweigungen eingeplant werden, d. h., bei mehrfachem Mißerfolg, dessen Ursache in fehlerhafter Bewegungsausführung liegt, kann auf vorausgegangene Lehrstufen
zurückgegangen werden.
Hilfsaktionen sollten nicht isoliert für sich eingeübt werden,
damit einzelne Bewegungsteile
nicht aus ihrem funktionalen
Zusammenhang gerissen
werden.
Bewegungsaufgaben stehen im
Vordergrund. Der Lehrer muß
prüfen, ob sie aus funktionaler
Sicht sinnvoll sind, und muß sie
so formulieren, daß den Schülern klar ist, welche Aufgaben
zu erfüllen sind.
• Die Schüler sollen die funktionale Bedeutung der Lehrmaßnahmen selbst erfahren und
erkennen.
Es ist zu wenig und kann höchstens eine Zwischenstufe sein,
wenn man sich damit zufriedengibt, nur mit dem Tennislehrer und
seinem idealen Zuspiel zu spielen.
Deshalb bekommt das der Situation entsprechende Ballanbieten
innerhalb der verschiedenen Lehrstufen (stehender Ball, Zuwurf,
Zuspiel) eine entscheidende
Bedeutung.
Im Sinne einer Vorstufe erfolgt
beim Lehren aller Schlagtechniken
zunächst eine Einstimmung auf
das jeweilige Thema, durch Information über das Lernziel, durch
Aufwärmen und Ballgewöhnungsübungen oder Einspielen mit
bekannten Schlagtechniken.
Nun folgen jeweils vier Lehrstufen:
•
Lehrstufen der
trefforientierten
Methode
Das Lehren der einzelnen Schlagarten im Tennis findet nach einem
systematisch und methodisch entwickelten Grundmuster auf mehreren Lehrstufen statt.
Die zeitliche Verweildauer auf den
einzelnen Stufen kann dabei sehr
unterschiedlich ausfallen und richtet sich am jeweiligen Schülererfolg aus.
Von entscheidender Bedeutung ist
die Zielsetzung für den Schüler,
»Tennisspielen« mit und gegen
unterschiedliche Partner zu lernen.
•
Erlernen der Hauptaktion aus
der Schlagstellung.
Kleine Auftakt- und Ausschwungbewegungen sind
erlaubt, weil sie natürlich sind.
Die Hauptaktion darf dabei
aber nicht negativ beeinflußt
werden.
• Variation der Hauptaktion
durch unterschiedliche Zielvorgaben, durch Spielen über Hindernisse, in verschiedene Richtungen mit unterschiedlichen
Treffpunkten.
• Erlernen der günstigsten Griffhaltungen und Treffpunkte in
bezug auf den Körper (Höhe,
Abstand ...).
• Wegspielen des jeweils stehenden Balles, ggf. auch des über
sehr kurze Entfernungen zugeworfenen Balles.
Konzept der funktionalen Bewegungsanalyse
älkÄMk
Erlernen von Hilfsaktionen, die
nahe an und in der Hauptaktion
liegen.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der
Schlagstellung.
Zurückspielen eines entgegenkommenden, zugeworfenen
Balles, zunächst nur aus der
Schlagstellung, dann nach
Übergang aus der Frontalstellung in die Schlagstellung.
Verdeutlichen der Gewichtsverlagerung beim Schlagen.
Variation der Ausholbewegung
in allen zulässigen Variablen
(auch geradlinig).
Schläge mit geringem Tempo
auf genauen Zuwurf des Partners oder Lehrers im T-Feld.
äiaüB&afe
(Wichtigste Lehrstufe auf dem
Weg zur Spielfähigkeit)
• Fließender Übergang aus der
Bereitschaftsstellung in die
Schlagstellung (Ausnahme Aufschlag).
• Lehrer steht (mit Ausnahme
beim Flugball und Schmetterball) zunächst noch auf der
Platzfeldhälfte des Schülers und
bietet den stehenden und zugeworfenen Ball variabel an.
• Schulung der Wahrnehmung
und des Distanzverhaltens vom
angesagten oder angezeigten
Ballanbieten (durch den Lehrer)
bis zum selbst berechneten Ball
durch den Schüler.
• Schulung der Beinarbeit und
der Bewegungskoordination
des Schülers.
• Schulung von Schlagrhythmus
und Timing durch Bewegungsanpassung an die Flugkurve des
variabel zugeworfenen Balles.
• Steigerung des Ballanbietens
durch Übergang von der verabredeten zur völlig freien, unbekannten Situation und durch
Zuspiel über das Netz.
Wann der Lehrer vom Zuwurf
zum Zuspiel über das Netz
übergeht, hängt von den Fähigkeiten der Schüler und seinem
eigenen Geschick ab.
Diese 3. Lehrstufe kommt im Tennisunterricht leider oft zu kurz,
weil der Tennislehrer die Defizite
des Schülers beim Ballberechnen,
in der Bewegungskoordination
und im Timing meistens durch
jeweils der Situation angepaßtes,
ideales Ballanbieten ausgleicht. So
kommt auch meist ein Ballwechsel
über das Netz zustande, leider
aber nur mit dem Lehrer. Beim
Spiel mit Partnern oder Freunden
kommt der Ball nicht mehr so genau und dosiert an, die laufenden
erfolgreichen Ballkontakte gehen
erheblich zurück. Die Spielfähigkeit des Schülers wird nur unzureichend entwickelt.
<&(yätafiife
Gesamtbewegung aus der Bereitschaftsstellung auf ideales
und variables Zuspiel (Ausnahme Aufschlag). Die Komplexität der situativen Bedingungen wird durch die steigende
Schwierigkeit des Zuspiels voll
erfaßt.
Die Abstandsvergrößerung erfolgt am besten in der Art, daß
der Schüler in seiner gewohnten Entfernung zum Netz bleibt
und der Lehrer schrittweise bis
zur Grundlinie zurückgeht. So
kann der Schüler auch auf
größer werdende Entfernungen
noch immer mit seiner gelernten kleinen Schlagbewegung
auskommen und muß diese erst
vergrößern, wenn er selbst
weiter zurückgeht.
• Zurückspielen schnell zugespielter Bälle, auch in verschiedene
Richtungen.
• Zurückspielen mit Drall zugespielter Bälle in Zielräume.
• Komplexe Spielzüge nach festgelegten taktischen Mustern.
• Komplexe Spielzüge mit freier
Wahl taktischer Lösungen.
Unterschied zwischen dem
Konzept der trefforientierten
Methode und früheren
Konzepten
Frühere methodische Konzepte
folgten vor allem dem bewegungsanalytischen Konzept der
Ablaufanalyse. Dies bedeutete
z. B. beim Erlernen des VorhandGrundschlags, daß zunächst das
isolierte Üben der Ausholbewegung und der Übergang in die
Schlagphase (Schleife) empfohlen
wurde. Demgegenüber steht bei
der trefforientierten Methode das
Treffen (orientiert am letzten Abschnitt der Schlagphase, insbesondere auch an Treffpunkthöhe, Abstand vom Körper) von Anfang an
als Hauptaktion im Vordergrund,
weil es für das Gelingen des Schlages entscheidend ist und alle anderen Bewegungen (die Hilfsaktionen) sich auf diese Hauptaktion
ausrichten.
Dies bedeutet nicht, daß auf diese
Weise die Ganzheit einer Bewegung zerstört wird. Vielmehr wird
die Situation so vereinfacht, daß
die zur Lösung der Bewegungsaufgabe zweckmäßige Technik als
ganzheitliche Bewegung betrachtet werden kann. Das beim Erlernen des Flugballs am Anfang
zweckmäßige Abprallen-Lassen
eines einfach zugespielten Balles
am Netz oder das Zurückschlagen
eines aus der Hand zugespielten
Balles mit Kurzgriff (ohne jeweilige
besondere Betonung der Ausholbewegung und anderer Hilfsaktio-
Konzept der trefforientierten Methode
Partnerin wirft Ball zum Aufschlag an
nen) sind Beispiele für solche vereinfachten und doch ganzheitlich
erfahrbaren Hauptaktionen.
Allgemeine methodische
Grundlagen, Konzeptionen
und Maßnahmen und ihr
Bezug zur trefforientierten
Methode
Wichtige allgemeine methodische
Gesichtspunkte, wie sie bislang in
diesem Lehrplan vorgestellt wurden, sind selbstverständlich auch
bei der trefforientierten Methode
gültig:
• Alle verschiedenen Formen des
Lernens können berücksichtigt
werden. Wenngleich sich insbesondere das »kognitive Lernen«
anbietet, damit die Schüler die
74
Bedeutung der Lehrmaßnahmen selbst erfahren können,
sind »Lernen am Erfolg«, »Lernen am Modell«, und »Lernen
als inneres Spiel« unverzichtbar.
Die Gewichtung der einzelnen
Lemformen hängt vor allem
vom Alter der Schüler, ihrer
Individualität und vom Unterricht des Lehrers ab.
• Der Verlauf des Lernprozesses
in drei Lernphasen (Grobkoordination, Feinkoordination,
Stabilisierung der Feinkoordination gegen Störeinflüsse) gilt
auch für die trefforientierte
Methode.
• Wie bereits angesprochen, werden auch bei der trefforientierten Methode ganzheitliche Vor-
stellungen bevorzugt; dabei
wird vor allem bei jüngeren
Schülern das induktive Verfahren im Zusammenhang mit
Bewegungsaufgaben empfohlen, auch wenn der Lernfortschritt langsamer verläuft. Aber
auch Demonstrationen und Bewegungsanweisungen können
den gleichen Zweck erfüllen.
• Grundsätzlich gilt, daß die trefforientierte Methode eher der
technikorientierten methodischen Konzeption und weniger
der spielorientierten Konzeption
zuzuordnen ist. Der Lehrer
sollte jedoch im Unterricht nicht
nur einseitig eine dieser übergeordneten Konzeptionen bevorzugen.
Anwendung der
methodischen Reihen
Die Reihenfolge, in der die Erarbeitung der einzelnen Schlagtechniken nach der trefforientierten
Methode vorgestellt wird, kann
selbstverständlich verändert werden; sie stellt keine verbindliche
Reihenfolge dar.
Es gibt z. B. gute Gründe dafür,
den Schmetterball vor dem Aufschlag, den Flugball-Stop vor dem
Flugball, den Flugball vor den
Grundschlägen oder den Rückhand-Slice vor dem RückhandGrundschlag zu erlernen.
Die einzelnen Schlagtechniken
sind auf den nächsten Seiten nach
folgendem Prinzip dargestellt:
In der linken Spalte werden die
Aktionen beschrieben, die der
Spieler ausführen sollte, um die
gestellte Aufgabe lösen zu können. In den beiden rechten Spalten werden Erläuterungen (Beschreibungen, Tips, methodische
Hilfen, Grafiken) zur Durchführung der Aktion gegeben. Die
dazugehörigen Abbildungen dienen der Verdeutlichung einzelner
Erläuterungen, sie stellen also
keine lückenlose Bebilderung des
methodischen Vorgehens bzw.
aller Erläuterungen dar. Die einzelnen Aktionen sind kleine, aufeinander aufbauende Schritte, die
beim Lehren und Lernen einer
Schlagtechnik aber nicht unbedingt in der angegebenen Reihenfolge vermittelt werden müssen.
Es können auch Aktionen übersprungen werden, wenn es die
Situation erlaubt. Die Kenntnis
methodischer Schritte bietet dem .
Tennislehrer die Möglichkeit, den
Leistungsstand der Schüler einzuordnen, so daß er sie weder unternoch'überfordert. Schafft ein
Schüler eine gestellte Anforderung
nicht, so muß er wieder an der
Stelle weiterarbeiten, an der er
zuletzt Erfolg hatte. Er muß von
dort aus in kleineren Schritten
weitermachen, um voranzukommen. Der individuelle Erfolg des
Schülers bestimmt stets den
methodischen Weg, auf dem er
sich mit Hilfe des Lehrers vorwärts
bewegt.
Zuwurf zum Erlernen des Flugballs
75
Anwendung der methodischen Reihen
Grundschlag - Vorhand und Rückhand
Aktionen
Erläuterungen
Schläger mit locker gestrecktem
Arm vorwärts-aufwärts zum Treffpunkt schwingen (Hauptaktion)
Schüler steht in Schlagstellung, bei Vorhand
seitlich oder leicht offen, bei Rückhand seitlich, hinter der T-Linie (Spielrichtung Netz);
Durchführung der Hauptaktion mit Ballpendel, stehendem Ball oder leicht zugeworfenem Ball;
es wird mit Vorhand- und Rückhandgriffen
gespielt, die mit der Stäbchenmethode kontrolliert werden können;
der Ball wird seitlich vor der Hüfte mit fester
Griffhaltung und offener Schlagfläche getroffen.
Abb. 28 Stäbchen zeigt beim Vorhandgriff
nach unten (li.)
Abb. 29 Stäbchen zeigt beim Rückhandgriff
nach vorne (re.)
Schläger vorwärts-aufwärts zum
Treffpunkt schwingen
(Variation der Hauptaktion)
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
76
Die Vorwärts-aufwärts-Bewegung erfolgt
flacher oder steiler; sie wird durch Spielen
über verschieden hohe Hindernisse oder Zielmarkierungen (Leinen) verdeutlicht.
Lehrer kann den Arm des Schülers führen
oder spiegelbildlich mit ihm arbeiten (Timing);
der Schläger bewegt sich nach dem Treffen in
Richtung des wegfliegenden Balles.
Abb. 30
Abb. 31 Lehrer und Schüler führen die
Bewegung spiegelbildlich aus
Lehrer führt den Arm des Schülers
Unterarm des Schlagarmes anheben und
Rückführen des Schlägers nach oben in
einem Bogen, mit fließendem Übergang den
Schläger in einem Bogen nach unten absenken, die Schlagbewegung nach vorne-oben
einleiten.
Erfühlen des oberen und unteren Bogens
(Schleife) durch Schwingen um einen vom
Lehrer seitwärts hingehaltenen Schläger;
Variationen der Ausholbewegung anbieten,
wenn es die Situation (Schüler) erfordert. Verdeutlichung der Gewichtsverlagerung durch
einen Schritt vom hinteren auf das vordere
Bein, (Rückhand früher, Vorhand später) oder
durch zwei Schritte aus der seitlichen Schlagstellung in dieselbe Schlagstellung seitlich versetzt, Schrittkombination bei Vorhand rechtslinks, bei Rückhand links-rechts. Übergang
aus der frontalen Stellung zum Netz in die
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und
ausschwingen.
Abb. 32 Schüler führt die Aushol- und
Schlagbewegung um den Schläger des
Lehrers durch
Grundschlag - Vorhand und Rückhand
Aktionen
Erläuterungen
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung 1 bis
2 m hinter der Mitte der T-Linie; die weich
zugeworfenen Bälle sollen über der T-Linie
getroffen werden; die Ausholbewegung wird
aus der Bereitschaftsstellung durch eine
Oberkörperdrehung mit gleichzeitigem Drehschritt des treffpunktnäheren Beines eingeleitet, der Körperschwerpunkt wird durch Beugen der Knie nach unten verlagert. Trockenbewegung nach Lehrervorbild oder mit dem
Lehrer zusammen (Tanzkurs!);
gleichzeitiger Beginn von Lehrerzuwurf und
Ausholbewegung des Schülers; Anpassen der
Bewegungsausführung an den Ballflug des
zugeworfenen Balles: der Schläger zeichnet
die Flugkurve des zugeworfenen Balles nach,
wenn der Ball aufspringt, ist auch der Schläger hinten unten.
Schulung des richtigen Timings der Schlagbewegung durch akustische Unterstützung des
Lehrers (»Ausholen und Schlagen«, »Schritt
rechts und Schwung«, »Schulter drehen und
vor...«).
Abb. 33 Schüler macht die Bewegung des
Lehrers gleichzeitig mit
Beinarbeit zum Erreichen der
entsprechenden Schlagposition aus
verschiedenen Richtungen sowie
unterschiedlichen Entfernungen
und Schlagen des Balles
Schüler steht hinter der T-Linie. Das Ballanbieten durch den Lehrer erfolgt von
verschiedenen Positionen auf der gleichen
Platzfeldhälfte, auf der der Schüler steht.
Zunächst wird die Anwurfrichtung und -länge
angesagt, später muß der Schüler den Ballflug
selbst berechnen. Es wird die Wahrnehmung
und das Distanzverhalten, der richtige
Abstand zum Treffpunkt, geschult.
Die Beinarbeit mit entsprechenden Schrittkombinationen und die Koordination von
Beinarbeit und Schlagtechnik werden
geschult.
Mit dem Zuspiel über das Netz, zunächst
genau und angesagt, später variabel, kommt
es zum Ballwechsel über das Netz.
Spielen aus der Bereitschaftsstellung
in verschiedene Ziele und von
verschiedenen Platzpositionen aus;
Abstandsvergrößerung und Treffen
des Balles in unterschiedlichen
Treffpunkthöhen
Schüler steht hinter der T-Linie. Der Abstand
zwischen Lehrer und Schüler wird dadurch
vergrößert, daß zunächst der Lehrer schrittweise in Richtung Grundlinie zurückgeht,
dann erst geht auch der Schüler in Richtung
Grundlinie zurück. Das Zuspiel wird variiert in
Geschwindigkeit, Höhe und Drall; die vom
Schüler anzuspielenden Zielräume führen ihm
die jeweils günstigsten taktischen Lösungen
der einzelnen Spielsituationen vor Augen und
lassen seine Stärken und Schwächen deutlich
werden; aus den so gewonnenen Erkenntnissen lassen sich taktische Grundkonzepte je
nach Schüler- und Spielertyp entwickeln.
Der Lehrer wird vom Zuspieler zum Gegner
und erprobt in spielnahen Trainingsformen Sicherheit, Genauigkeit und Wirksamkeit der
Grundschläge seiner Schüler, auch bei Schlägen mit unterschiedlichen Treffpunkthöhen.
Anwendung der methodischen Reihen
Aufschlag
Aktionen
Erläuterungen
Strecken des gebeugten Schlagarmes nach oben zum Treffpunkt
(Hauptaktion)
Schüler steht hinter der T-Linie (kurzer
Abstand vom Ziel), der Schläger hängt bei
gebeugtem Schlagarm (Oberarm in Verlängerung zur Schulterachse, Winkel im Ellbogen
kleiner als 90°, Schlaghand in Kopfhöhe) hinter dem Rücken;
der Ball wird vom Schüler selbst angeworfen,
bei unkontrolliertem Wurf kann der Ball vom
Lehrer angeworfen werden; der Schlagarm
wird zum Treffpunkt gestreckt, als Auftaktbewegung für die Hauptaktion wird der Schlagarm zunächst etwas stärker gebeugt;
der Ball soll in einem deutlichen Bogen über
das Netz ins gegnerische Aufschlagfeld geschlagen werden; die Griffhaltung muß so
gewählt werden, daß die Schlagfläche im
Treffpunkt senkrecht zur Abflugrichtung des
Balles stehen kann.
Abb. 34 Lehrer wirft dem Schüler den Ball
zum Aufschlag an
Die Stellung hinter der T-Linie kann variiert
werden, je seitlicher sie ist, desto eher muß
der Rückhandgriff gewählt werden; die zum
Treffen des Balles mit Rückhandgriff notwendige Drehung des Unterarmes kann gesondert geschult werden: Treffen des Balles einmal mit der Schlägerkante, dann mit der
Schlägerkante in Richtung Treffpunkt schwingen und trotzdem mit der Schlagfläche treffen (Drehen des Unterarmes kurz vor dem
Treffpunkt);
Ballanwurf durch den Schüler selbst oder
durch den Lehrer.
Abb. 35 Ball wird mit der Schlägerkante
getroffen
Abb. 36 Schlagarm wird kurz vor dem
Treffpunkt nach außen gedreht (Pronation)
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung; Anwerfen des Balles
78
Hinweis auf die Ähnlichkeit der Aufschlagbewegung mit einer Wurf bewegung;
die Bewegung des Schlagarmes kann auch
gesondert (ohne Ballanwurf) geübt werden,
wobei es günstig ist, daß sich der linke Arm
nach oben bewegt, wenn der rechte Arm die
Ausholbewegung beginnt; die Länge der
Ausholbewegung (langes Pendel nach hinten
oder eher seitliches Hochnehmen des Schlägers) wird den Fähigkeiten des Schülers angepaßt;
ebenso kann der Ballwurf gesondert geübt
werden, der rechte Arm sollte dabei die Pendelbewegung (Beginn des Ausholens) ausführen.
Abb. 37 Lehrer und Schüler üben spiegelbildlich den Ballwurf mit Pendelbewegung
des Schlagarmes
Aufschlag
• i w J i i itan
Aktionen
Erläuterungen
Orientierungshilfen für Höhe und Richtung
des Ballwurfs angeben; spiegelbildliches
Arbeiten mit dem Lehrer;
bei der Schlagbewegung kann der Lehrer den
Arm des Schülers führen, der Schwerpunkt
liegt auf der Schulung der Koordination von
linkem und rechtem Arm.
Die Schlagposition wird von der T-Linie
zunehmend nach hinten bis hinter die Grundlinie verlegt, der Ball soll sicher in das entsprechende Aufschlagfeld geschlagen werden;
die Zuschlagbewegung wird zunehmend
schneller ausgeführt;
zum Erfühlen einer lockeren Schlagbewegung
kann der Schläger am Griffende mit drei Fingern gehalten werden.
Abb. 38
Lehrer führt den Arm des Schülers
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung, Anwerfen des Balles;
Gewichtsverlagerung, Bein- und
Körperstreckung
Spätestens wenn der Ball die linke Hand in
Kopfhöhe verläßt, muß das Körpergewicht
auf dem linken Bein sein;
Anbieten verschiedener Variationen für die
Ausgangsstellung: Gewicht auf dem rechten,
auf beiden oder auf dem linken Bein; das
linke Bein ist am Ende der Ausholbewegung
stark gebeugt und wird zur Einleitung der
Schlagbewegung gestreckt. Wenn das linke
Bein vollkommen gestreckt ist, befindet sich
der Schläger noch im tiefsten Punkt der
Schleife hinter dem Rücken. Das rechte Bein
fängt nach dem Treffen das Körpergewicht
ab. Wenn die Beinstreckung sehr dynamisch
erfolgt, dann kommt es zum Absprung vom
linken Bein; in diesem Fall fangen ca. 90%
aller Spieler das Körpergewicht auf dem linken Bein ab.
Aufschlagen in verschiedene Ziele,
auch von unterschiedlichen
Positionen aus
Der Aufschlag soll lang und links und rechts
ins Aufschlagfeld geschlagen werden; die
Stellung hinter der Grundlinie kann zwischen
Mittelzeichen und Seitenlinie variiert werden;
die Schlaggeschwindigkeit soll zunehmend
gesteigert werden.
Aufschlag mit Drall
Strecken des gebeugten Schlagarmes nach oben zum Treffpunkt
(Hauptaktion)
Schüler steht hinter der T-Linie, Schlägerkopf
hängt bei gebeugtem Schlagarm hinter dem
Rücken; der Schläger muß mit Rückhandgriff
gehalten werden; der Treffpunkt für den
Slice-Aufschlag liegt rechts oben vor dem
Körper, für den Twist-Aufschlag oben hinter
dem Kopf. Zum Bewußtmachen der Lage des
Treffpunkts wird eine Ballangel verwendet;
der Ball hängt an der Ballangel im angenommenen Treffpunkt; Strecken des Armes zum
Treffpunkt; die Auftaktbewegung für die
Hauptaktion (Beugen des Schlagarmes) wird
eingeleitet durch Beugen der Knie und Rückneigen des Oberkörpers (besonders beim
Twist-Aufschlag);
zum Erreichen des Seitwärtsdralls beim SliceAufschlag zielt man bei der Schlagbewegung
mit der Schlägerkante in Richtung rechter
Netzpfosten;
zum Erreichen des Vorwärtsdralls beim TwistAufschlag schwingt der Schläger annähernd
parallel zum Netz nach rechts oben;
die Aufschläge werden mit geringer
Geschwindigkeit, aber mit deutlichem Drall
gespielt.
Beim Twist-Aufschlag sollte die Flugkurve des
Balles besonders hoch über dem Netz sein.
Abb. 39 Treffpunkt für den Slice-Aufschlag
liegt rechts oben vor dem Körper (li.)
Abb. 40 Treffpunkt für den Twist-Aufschlag
liegt oben hinter dem Kopf, etwas tiefer als
beim Slice (re.)
Anwendung der methodischen Reihen
Aktionen
Erläuterungen
Aufschlag über eine in entsprechender Höhe
über dem Netz gespannte Leine;
die Schlagposition wird von der T-Linie zunehmend nach hinten bis hinter die Grundlinie verlegt.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung, Anwerfen des Balles;
Gewichtsverlagerung, Bein- und
Körperstreckung
Aufschlagen in verschiedene Ziele,
auch von unterschiedlichen
Positionen aus
Beim Twist-Aufschlag ist die seitliche Schlagstellung besonders deutlich ausgeprägt; hier
ist es auch hilfreich, den Schlagarm beim
Ausholen höher anzuschwingen als beim
geraden Aufschlag und beim Slice-Aufschlag
(über Schulterhöhe), weil es leichter fällt, die
geforderte deutlichere ßogenspannung einzunehmen und die Schlagrichtung vorzubereiten; nach dem Treffen des Balles wird das
rechte Bein aus Gleichgewichtsgründen seitwärts-rückwärts abgespreizt;
besonders sollte die Unterstützung der
Schlagbewegung durch Auflösen der ßogenspannung (Twist) und Drehen des Oberkörpers in Schlagrichtung (Slice) beachtet
werden.
Der Twist-Aufschlag sollte vorwiegend von
links auf die Rückhandseite des Gegners gespielt werden, die Flugkurve sollte relativ
hoch sein;
Schmetterball
Strecken des gebeugten Schlagarmes
zum Treffpunkt (Hauptaktion)
Schüler steht dicht am Netz, Schlagarm
gebeugt (Oberarm parallel zum Boden, Unterarm senkrecht nach oben), Schlägerspitze
zeigt nach hinten; Hinweis auf die Griffhaltung; Lehrer wirft den Ball aus kurzer Entfernung zu; der Schlagarm wird zum Treffpunkt
gestreckt, als Auftaktbewegung zur Hauptaktion wird der Schlagarm etwas stärker
gebeugt; der Ball soll mit gestrecktem Arm
getroffen und deutlich vor die T-Linie gespielt
werden.
Abb. 43 Schlagstellung zum Schmetterball
dicht am Netz
Strecken des gebeugten Schlagarmes
zu unterschiedlichen Treffpunkten
(Variation der Hauptaktion)
Der mit unterschiedlichen Höhen angeworfene Ball soll mit gestrecktem Arm getroffen
werden, die Schlagbewegung erfolgt zunehmend steiler vorwärts-aufwärts;
der Ball soll in unterschiedlicher Höhe und
verschieden weit vor dem Körper getroffen
werden.
Abb. 44 Im Treffpunkt (tief und weit vor
dem Körper) ist der Schlagarm gestreckt
80
Abb. 41 Auftaktbewegung mit Zurückneigen des Oberkörpers und Beugen der Knie (li.)
Abb. 42 Nach dem Treffen des Balles wird
das rechte Bein nach hinten abgespreizt (re.)
der Slice-Aufschlag sollte von rechts auf die
Vorhandseite des Gegners gespielt werden;
die Position hinter der Grundlinie wird zwischen Mittelzeichen und Seitenlinie variiert.
Schmetterball
Aktionen
Erläuterungen
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung in
Netznähe und hält den Schläger vor dem
Körper;
in der Ausgangsposition kann der Schläger
anfangs auch hochkant auf die Netzkante gelegt werden, um die im Vergleich zum Aufschlag unterschiedliche Ausholbewegung
(Hochführen des Schlägers vor der rechten
Körperseite nach hinten-oben) zu schulen.
Das gleichzeitige Heben des linken Armes
beim Ausholen führt zu einer Schulterkippe,
die als Vorbereitung für die Schlagbewegung
wichtig ist; das Körpergewicht wird während
der Schlagbewegung vom rechten auf das
linke Bein verlagert;
Bewegungsfluß und zeitlich-dynamische Gliederung beachten;
Treffen verschiedener Ziele (links, rechts)
durch Ausrichten der seitlichen Schlagstellung
entsprechend der Zielrichtung; Übergang aus
der frontalen Stellung zum Netz in die seitliche Schlagstellung, dann ausholen, schlagen
und ausschwingen.
Aus der Bereitschaftsstellung
Beinarbeit zum Erreichen der
optimalen Stellung unter dem
späteren Treffpunkt mit Aushol-,
Schlag- und Ausschwungbewegung;
Gewichtsverlagerung
Schlagen aus der Bereitschaftsstellung in verschiedene Ziele,
auch auf Zuspiel aus größerer
Entfernung
Zuwurf bzw. Zuspiel des Balles wird variiert
(links, rechts, kürzer, länger);
Schüler dreht sich aus der Bereitschaftsstellung in die Schlagstellung und paßt sich
mit entsprechender Beinarbeit unter Beibehaltung der seitlichen Position zum Netz an
den Ballflug an;
mit kleinen Schritten vorwärts bzw, rückwärts
(in Richtung Einzellinien) und Nachstellschritten vom Netz weg und zum Netz hin läuft er
zu den verschiedenen Platzpositionen und
schmettert von dort, auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, in verschiedene Ziele;
zur Kontrolle der richtigen Stellung unter dem
Treffpunkt kann der Ball auch mit gestrecktem linken Arm gefangen werden.
Schüler steht ca. 2 m vom Netz entfernt in
Bereitschaftsstellung; Lehrer variiert das
Zuspiel in Länge, Richtung und Höhe und
spielt auch aus zunehmend größerer Entfernung zu;
Schüler paßt sich mit entsprechender Beinarbeit (Seit-Steps, Kreuzschritte usw.) an die
unterschiedlichen Anflugkurven des Balles an,
schmettert in verschiedene Ziele und mit
wechselnder Geschwindigkeit;
bei sehr hohem Zuspiel ist der Ball schwer zu
schmettern, weil er annähernd senkrecht fällt
und die Berechnung des Treffpunkts viel Erfahrung voraussetzt; in diesem Fall kann der
Ball auch erst nach dem Aufsprung auf dem
Boden geschmettert werden;
beim Laufen zur Schlagposition werden linker
Arm und Schläger frühzeitig nach oben genommen; Geschwindigkeit und Richtung des
Schmetterschlages nach taktischen Gesichtspunkten fordern und später nach Schülerentscheidung spielen lassen.
Abb. 45
auf (li.)
Schläger liegt auf der Netzkante
Abb. 46 Schlägerspitze und linker Arm zeigen auf den angestrebten Treffpunkt (re.)
Abb. 47
Einnehmen der Schlagstellung (li.)
Abb. 48 Ball wird mit senkrecht nach oben
gestrecktem Arm gefangen (re.)
Abb. 49 Ball wird nicht direkt, sondern nach
dem Aufsprung auf dem Boden geschmettert
Anwendung der methodischen Reihen
Schmetterball aus dem Sprung
Aktionen
Erläuterungen
Absprung vom rechten Bein und
Strecken des gebeugten Schlagarmes zum Treffpunkt (Hauptaktion),
Landen auf dem linken Bein
Schiller steht ca. 1 m vom Netz entfernt in
seitlicher Schlagstellung, gestreckter linker
Arm zeigt zum geplanten Treffpunkt, Schlagarm ist gebeugt, Schlägerspitze zeigt nach
hinten; der zugeworfene Ball soll im Sprung
getroffen werden;
der Ball muß so zugeworfen werden, daß der
Schüler nach hinten-oben zum geplanten
Treffpunkt springen muß, weil sonst die
»Beinschere« nicht geschult werden kann;
bei der Landung auf dem linken Bein zeigt
das rechte Bein nach rechts vorne;
die Beinarbeit kann auch ohne Schlagbewegung oder mit Trockenschlagbewegung
(ohne Ball) geübt werden.
Ausholbewegung, Sprung, Schlagund Ausschwungbewegung aus der
Schlagstellung
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung in
Netznähe und hält den Schläger vor dem
Körper;
die Ausholbewegung kann variiert werden:
einigen Schülern fällt es leichter, zur Unterstützung des Absprungs die Ausholbewegung
mit einem unteren Pendel (wie beim Aufschlag) auszuführen, andere tun sich leichter
Aus der Bereitschaftsstellung
Beinarbeit zum Erreichen der
entsprechenden Schlagposition
und Schmettern aus dem Sprung
Lehrer variiert das Zuspiel; zum Ausholen
erfolgen gleichzeitig: rechtes Bein nach hinten
setzen, Körper nach rechts in die seitliche
Stellung zum Netz drehen, Heben beider
Arme; Schulung der entsprechenden Beinarbeit zur gewünschten Schlagposition: Nachstellschritte oder vorwärts übersetzen in Richtung Grundlinie;
Schmettern in verschiedene Ziele und Anpassen der Schlaggeschwindigkeit an die Lage
des Treffpunkts (sehr weit hinten liegender
Treffpunkt verlangt eine langsame Schlagbewegung).
Abb. 50 Schüler springt nach hinten oben
ab (li.)
Abb. 51 Bei der Landung auf dem linken
Bein zeigt das rechte Bein nach vorne (re.)
beim Ausholen vor dem Körper; Übergang
aus der frontalen Stellung zum Netz in die
seitliche Schlagstellung, dann ausholen, springen, schlagen, ausschwingen und landen;
der Schwerpunkt liegt auf der Schulung der
Koordination von Absprung und Schlagbewegung.
Abb. 52 Vorbereitung (Ausholen) zum
Schmettern aus dem Sprung
Abb. 53 Beinarbeit (linker Fuß vor rechten
Fuß: vorwärts übersetzen) zur entsprechenden Schlagposition
82
Flugball
Flugball - Vorhand und Rückhand
Aktionen
Erläuterungen
Strecken des gebeugten Schlagarmes
vorwärts und leicht abwärts zum
Treffpunkt (Hauptaktion)
Schüler steht zum Flugball mit Vorhand in
leicht offener Schlagstellung, zum Flugball
mit Rückhand in seitlicher Schlagstellung
dicht am Netz, der Lehrer wirft den Ball aus
kurzer Entfernung zu;
Vorhandgriff für Flugball mit Vorhand, Rückhandgriff für Flugball mit Rückhand;
der Ball soll deutlich vor dem Körper getroffen und weich zum Lehrer zurückgespielt
werden; beim Strecken des Armes sollte der
Oberarm möglichst ruhig gehalten werden;
die Schlagfläche ist etwas geöffnet.
Abb. 54 Lehrer wirft den Ball zum VorhandFlugball zu
Strecken des gebeugten Schlagarmes
zum Treffpunkt
(Variation der Hauptaktion)
Der Schüler soll den Zusammenhang zwischen der Variation der Hauptaktion und der
Abflughöhe und -weite des Balles sowie der
Stärke des Dralls erfahren:
der Schlägerkopf kann unterschiedlich steil
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung
ca. 2 m vom Netz entfernt und hält den
Schläger .vor den Körper (Schlägerkopf in
Kopfhöhe);
Lehrer wirft den Ball aus unterschiedlichen
Entfernungen zu, der Schüler paßt seine Aushol- und Schlagbewegung zeitlich und räumlich an den Ballflug und sein Ziel an;
die Schlagbewegung wird durch eine
Gewichtsverlagerung nach vorne-unten
unterstützt.
Zur Koordination von Gewichtsverlagerung
und Schlagbewegung wird gleichzeitig mit
der Ausholbewegung des Armes das netznähere Bein angehoben, mit dem Treffen des
Balles wird es wieder in Richtung Netz bei
Beugung im Kniegelenk aufgesetzt;
zur Kontrolle der Schlagrichtung erfolgt der
Ausschwung nur kurz über den Treffpunkt
hinaus, der Schläger steht nach dem Schlag
annähernd parallel zum Netz.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung
ca. 2 m vom Netz entfernt; bei Zuwurf
(Zuspiel) des Balles erfolgen: Drehschritt mit
dem zum Treffpunkt näheren Bein (Standbein), das andere Bein bleibt in der ursprünglichen Position, Oberkörperdrehung und Anheben des Unterarmes (Schlagarm) nach hinten-oben; die Schlagbewegung wird durch
Gewichtsverlagerung (Schritt in Richtung
Treffpunkt) unterstützt.
Mögliche Hilfen: akustische Unterstützung
für den zeitlich-dynamischen Ablauf der
Bewegung;
vorwärts-abwärts oder auch parallel zum Boden zum Treffpunkt gebracht werden; die
Stellung der Schlagfläche im Treffpunkt kann
von senkrecht bis stark geöffnet variiert
werden.
Abb. 55 Mit der Ausholbewegung wird das
netznähere Bein angehoben (li.)
Abb. 56 Mit dem Treffen des Balles wird
das netznähere Bein aufgesetzt (Schritt)
Anwendung der methodischen Reihen
Aktionen
Erläuterungen
optische Orientierung für die Richtung der
Schlagbewegung (z. B. Netzkante);
Lehrerführt den Arm des Schülers;
Schüler hält mit dem linken Handrücken den
Oberarm des Schlagarmes beim Ausholen
zum Flugball mit Vorhand vor dem Körper,
um die Ausholbewegung zu kontrollieren;
beim Ausholen zum Flugball mit Rückhand
zieht die linke Hand den Schläger nah an den
Körper;
Ballmaschine dient dem genauen Zuspiel.
Abb. 57 Kontrolle der Weite der Ausholbewegung mit linker Hand unter dem rechten
Oberarm
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden Schlagposition aus
verschiedenen Richtungen sowie
unterschiedlichen Entfernungen
und Schlagen des Balles
Spielen des Flugballs aus der Vorwärtsbewegung nach einem Angriffsschlag oder
nach dem Aufschlag;
Spielen des Flugballs aus der Bewegung zur
Seite, Schlagen des Balles im Sprung.
Spielen aus der Bereitschaftsstellung
in verschiedene Ziele und von
verschiedenen Platzpositionen aus;
Treffen des Balles in unterschiedlichen Treffpunkthöhen
Zuspiel des Balles aus unterschiedlichen
Entfernungen und Richtungen und mit
Variation der Höhe und der Geschwindigkeit;
der Ball wird über bzw. unter Netzhöhe
getroffen;
der Ball wird in verschiedene Ziele gespielt,
entsprechend der Schlagposition und gemäß
der richtigen Lösung der taktischen Aufgabe.
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Abb. 58 Treffen des Vorhand-Flugballes
unter Netzhöhe
Lob - Vorhand und Rückhand
Schwingen des Schlägers steil
vorwärts-aufwärts zum Treffpunkt
mit geöffneter Schlagfläche
(Hauptaktion)
84
Schüler steht in Schlagstellung hinter dem
T-Kreuz, der Schläger ist neben dem hinteren
Bein zum Boden abgesenkt;
Lehrer steht am Netz und wirft die Bälle
weich auf Vorhand und Rückhand des
Schülers zu;
Schüler spielt hoch über den vom Lehrer
senkrecht nach oben gehaltenen Schläger;
Verwendung von Vorhand- und Rückhandgriff auf den jeweils entsprechenden Seiten.
Schüler steht hinter dem T-Kreuz und schlägt
die vom Lehrer weich zugeworfenen Bälle
hoch zurück;
als Orientierungshilfen können Zauberschnüre oder Leinen in verschiedenen Höhen
oberhalb der Netzkante gespannt werden;
je höher der Lob gespielt wird, desto stärker
muß die Schlägerfläche durch Unterarmdrehung geöffnet werden;
häufiger Wechsel zwischen Crundschlag und
Lob (Erfühlen des Unterschieds und Entwickeln der Lob-Bewegung).
Lob
Aktionen
Erläuterungen
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Schlagstellung hinter dem
T-Kreuz; Rückführen des Schlägers in einer
Schleife mit fließendem Übergang in die
Schlagbewegung nach vorne-oben; der obere
Bogen der Ausholbewegung kann flacher
oder steiler sein, entscheidend beim Lob ist
ein ausgeprägter unterer Bogen in der
Schleife mit starkem Kniebeugen; als Variation kann auch geradliniges Ausholen nach
hinten-unten angeboten werden, wenn der
Schüler Probleme hat, mit der bogenförmigen
Ausholbewegung unter den späteren Treffpunkt zu kommen;
beim Zuschlagen erfolgt ein deutliches Kniestrecken nach vorne-oben mit anschließendem betont langem Ausschwung in Richtung
des abfliegenden Balles;
um den Körperschwerpunkt des Schülers weit
nach unten zu bringen, muß der Lehrer mitunter kurz und flach zuwerfen; Übergang aus
der frontalen Stellung zum Netz in die
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und
ausschwingen.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung in der
Mitte hinter der T-Linie. Lehrer spielt die Bälle
aus netznaher Position zu;
der Übergang von der Bereitschaftsstellung in
die Schlagstellung wird durch eine Oberkörperdrehung mit gleichzeitigem Drehschritt
des treffpunktnäheren Beines eingeleitet und
einem nachfolgenden Schritt des anderen
Beines vollzogen.
Trockenbewegung nach Lehrervorbild und
Bewußtmachen der typischen Lob-Ausholbewegung durch Schwingen des Schlägers um
einen großen, leichten Ball (Wasserball).
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden Schlagposition aus
verschiedenen Richtungen sowie
unterschiedlichen Entfernungen
und Schlagen des Balles
Von der T-Linie aus spielt der Schüler die vom
Lehrer variabel zugespielten Bälle als Lob
zurück;
der Lehrer kann zunächst alle auftretenden
Fehler im Distanzverhalten und Timing des
Schülers durch ausgleichendes Zuspiel kompensieren; bei zu geringem Schlagabstand erfolgt das Zuspiel weiter weg vom Schüler und
umgekehrt; bei zu hastiger Schlagbewegung
versucht der Lehrer durch langsames, weiches
Zuspiel mehr Ruhe bei der Schlagbewegung
zu erreichen;
in allen Fällen kann eine akustische Unterstützung des Lehrers verlangsamende oder beschleunigende Wirkung für die Bewegungen
des Schülers bedeuten; bei variablem Zuspiel
versucht der Schüler selbst, sein Distanzverhalten und sein Timing der Situation entsprechend anzupassen.
Spielen aus der Bereitschaftsstellung
in verschiedene Ziele und von
verschiedenen Platzpositionen aus;
Spielen des Lobs aus wettkampfnahen Spielsituationen
Zuspiel des Balles erfolgt aus unterschiedlichen Entfernungen und Richtungen mit
Variation von Höhe, Geschwindigkeit und
Drall; Schüler spielt Lobs von verschiedenen
Platzpositionen, auch von der Grundlinie;
Schüler spielt die Bälle in verschiedene Ziele,
entsprechend seiner Schlagposition und
gemäß der richtigen Lösung der jeweiligen
taktischen Aufgabe;
aus Notsituationen werden hohe Lobs an die
gegnerische Grundlinie gespielt, um Zeit für
die Einnahme der nächsten günstigen Platzposition zu bekommen;
bei zu kurzem Spiel des Gegners kann ein Lob
auch offensiv, relativ flach gespielt werden,
damit der Gegner den Ball aus der Netzposition nicht mehr erlaufen kann;
der Lob kann auch als Return gegen einen
ans Netz stürmenden gegnerischen Aufschläger genutzt werden;
der Lehrer simuliert den Gegner und spielt
mit dem Schüler alle Spielsituationen durch,
in denen der Lob sinnvoll verwendet werden
kann.
85
Anwendung der methodischen Reihen
Topspin - Vorhand und Rückhand
Aktionen
Erläuterungen
Schläger schnell und steil vorwärtsaufwärts zum Treffpunkt schwingen
(Hauptaktion)
Schüler steht in offener (Vorhand) bzw.
seitlicher Schlagstellung (Rückhand) hinter
der T-Linie, der Lehrer wirft den Ball aus kurzer Entfernung mit hoher Flugkurve zu;
Vorhandgriff für Topspin mit Vorhand, Rückhandgriff für Topspin mit Rückhand; die
Schlagfläche bleibt während der Vorwärtsaufwärts-Bewegung senkrecht.
Einklemmen eines Tennisballes zwischen
Schlägerfläche und Netzkante, Tennisball
durch Aufwärtsbewegung des Schlägers über
das Netz rollen (Bewußtmachen der Richtung
der Hauptaktion);
die gespielten Bälle sollen anfangs mindestens
2 m über Netzhöhe fliegen (Leine oder Zauberschnur oberhalb der Netzkante spannen).
Abb. 59 Ball ist zwischen Schlagfläche und
Netzkante eingeklemmt
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Schüler steht hinter der T-Linie und trifft
die weich zugeworfenen Bälle im
»abfallenden Ast« der Ballflugkurve nach
dem Aufsprung;
Spielen in markierte Zielräume vor der gegenüberliegenden T-Linie und Feststellen der
Absprungweiten der Bälle (Wirkung des
Dralls), d.h., wer schafft den größten
Abstand zwischen dem ersten und zweiten
Aufsprung des Balles?
Die Gewichtsverlagerung vom hinteren auf
das vordere Bein erfolgt auf der Rückhandseite beim Ausholen, auf der Vorhandseite
beim Durchschwingen zu den Topspin-Schlägen; Übergang aus der frontalen Stellung
zum Netz in die Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und ausschwingen.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter
der Mitte der T-Linie und trifft die weich
zugespielten Bälle zwischen Knie- und Hüfthöhe;
mit dem Zuspiel des Balles erfolgen: Drehschritt mit dem zum Treffpunkt näheren Bein,
Oberkörperdrehung und Anheben des
Schlagarmes; vielen Spielern fällt es leichter,
beim Topspin mit Vorhand die Ausholbewegung mit Heben des Ellbogens nach hinten
oben einzuleiten;
die Ausholbewegung beginnt verzögert, etwa
mit dem Aufspringen des zugespielten Balles;
die Schlagbewegung wird durch ein starkes
Kniestrecken eingeleitet und unterstützt, das
bis zu einem Abheben der Beine vom Boden
beim Ausschwung des Schlages führen kann
und darf;
Kontrolle der Endstellungen nach den Topspin-Schlägen: Vorhandstellung offen, Rückhandstellung seitlich, Schläger über Kopfhöhe.
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden Schlagpositionen
aus verschiedenen Richtungen
sowie unterschiedlichen Entfernungen und Schlagen des Balles
Spielen der Topspin-Schläge aus Bewegungen entlang der T-Linie links und rechts,
nach vorne oder nach hinten.
Anwenden der Topspin-Schläge bei tieferen
und höheren Treffpunkten; Schulung des
Distanzverhaltens bei variablem Zuspiel des
Balles.
Abb. 60
höhe
Abb. 61
terhöhe
86
Treffpunkt des Topspins in Hüft-
Treffpunkt des Topspins in Schul-
Topspin, Slice
Aktionen
Erläuterungen
Spiele in verschiedene Ziele
und von verschiedenen
Platzpositionen aus;
Treffen des Balles in unterschiedlichen Treffpunkten
(hoch, tief, vorne, hinten)
Aufgabe: Welche regelrecht vor der Grundlinie aufkommenden Topspin-Schläge haben
die höchstliegenden Auftreffpunkte am
eingrenzenden Spielfeldzaun (Wand)? Erkennen der optimalen Dosierung von Drall- und
Druck bei den Topspin-Schlägen.
Zuspiel des Balles erfolgt aus entsprechenden
Entfernungen und Richtungen mit Variation
von Höhe, Geschwindigkeit und Drall; die jeweils anzuspielenden Zielräume entsprechen
den taktischen Aufgabenstellungen;
Schüler spielt Topspinschläge aus unterschiedlichen Entfernungen vom Netz, auch nach
entsprechender Laufarbeit; alle TopspinSchläge werden auf ihre Anwendungsmög-
lichkeiten in der Offensive und der Defensive
des Wettspiels durchgespielt;
Erproben taktischer Variationsmöglichkeiten
entsprechend dem Gegnerverhalten wie z. B.
Aufrücken zum Netz (Topspin kurz cross oder
Topspin Lob usw.).
Aus den so ersichtlichen Stärken und
Schwächen der Schüler lassen sich dann taktische Grundkonzepte für deren Wettspiel entwickeln;
der Lehrer übernimmt die Rolle des Gegners
und testet und kontrolliert die Wirksamkeit
der Topspin-Schläge seiner Schüler im Wettspiel und in spielnahen Wettspielformen.
Slice - Vorhand und Rückhand
Schläger von hinten-oben flach
nach vorne-unten zum Treffpunkt
schwingen (Hauptaktion)
Schläger von hinten-oben nach
vorne-unten zu unterschiedlich
hohen und unterschiedlich weit
vor dem Körper liegenden Treffpunkten schwingen
(Variation der Hauptaktion)
Schüler steht in seitlicher Schlagstellung
hinter der T-Linie, der Lehrer wirft den Ball
vom Netz aus zu; Vorhandgriff für Slice mit
Vorhand, Rückhandgriff für Slice mit Rückhand;
der Ball soll in leichtem Bogen zum Lehrer
zurückgespielt werden.
Vor Beginn der Hauptaktion zeigt das Griffende beim Slice mit Vorhand in Richtung
Netz, beim Slice mit Rückhand zum linken
Netzpfosten.
Abb. 62 Beim Vorhand-Slice zeigt zu
Beginn der Hauptaktion das Griffende zum
Netz bzw. in Schlagrichtung
Abb. 63 Beim Rückhand-Slice zeigt zu
Beginn der Hauptaktion das Griffende zum
linken Netzpfosten bzw. deutlich links zur
Schlagrichtung
Der Schüler soll den Zusammenhang zwischen Variation der Hauptaktion und Abflughöhen und -weiten sowie der Stärke des
Dralls des Balles erfahren:
die Hauptaktion erfolgt einmal flacher, einmal
steiler vorwärts-abwärts, die Stellung der
Schlagfläche im Treffpunkt wird von nahezu
senkrecht bis stark geöffnet variiert;
ein weit vor dem Körper liegender, tiefer
Treffpunkt erfordert eine breite Schlagstellung
und ist besonders günstig zum Erlernen des
Slice.
Abb. 64 Breite Schlagstellung zum Slice mit
einem tiefen Treffpunkt
Anwendung der methodischen Reihen
Aktionen
Erläuterungen
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Schlagstellung hinter der
T-Linie oder in größerem Abstand vom Netz
(Hilfslinie zwischen T- und Grundlinie) und
hält den Schläger vor den Körper;
Lehrer wirft vom Netz aus zu;
Schüler paßt seine Aushol- und Schlagbewegung dem ankommenden Ball an. Zuwurfvarianten: Der Ball wird von oben indirekt zugeworfen, so daß der Schüler den Ball im aufsteigenden Ast treffen kann.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter
der T-Linie, Lehrer wirft vom Netz aus zu;
zum Ausholen erfolgen Oberkörperdrehung,
Drehschritt und Zurücknehmen des Schlägers
nach hinten-oben gleichzeitig;
Unterstützung für die Kontrolle der Ausholweite beim Slice mit Rückhand: der Schlägerkopf berührt den Hals;
Bewegung akustisch unterstützen (Taktieren);
die Schlagbewegung wird durch eine deutliche Gewichtsverlagerung nach vorne-unten
unterstützt;
optische Orientierung für die Richtung der
Schlagbewegung (Markierung auf dem Boden) und das Ende der Ausschwungbewegung (Kopf des Zuspielers) geben; Übergang
aus der frontalen Stellung zum Netz in die
Schlagstellung, dann ausholen, schlagen und
ausschwingen.
zum Ausführen einer guten Gewichtsverlagerung wird beim Schlag eine breite Schlagstellung eingenommen und weit nach vorne ausgeschwungen.
Abb. 65 Oberkörperdrehung und Ausholen
zum Rückhand-Slice
Beinarbeit zum Erreichen der entsprechenden Schlagposition aus
verschiedenen Richtungen sowie
unterschiedlichen Entfernungen
und Schlagen des Balles
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter
der T-Linie; Lehrer bietet den Ball variabel
an, Schüler läuft zur entsprechenden Position
und schlägt den Ball mit Slice im richtigen
Abstand zum Treffpunkt;
Schulung der Koordination von Beinarbeit
und Schlagbewegung;
Schlagen des Slice in unterschiedlichen Treffpunkthöhen.
Spielen aus der Bereitschaftsstellung in verschiedene Ziele
und von verschiedenen Platzpositionen aus; Treffen des Balles
in unterschiedlichen Treffpunkthöhen
Zuspiel des Balles erfolgt aus unterschiedlichen Richtungen und Entfernungen mit
Variation in Höhe, Länge, seitlichen
Abweichungen und Geschwindigkeit; Schüler
spielt den Slice von unterschiedlichen Platzpositionen, auch aus größerer Entfernung;
der Ball soll im aufsteigenden wie auch im
absteigenden Ast getroffen werden und
entsprechend der Situation (Platzposition,
ankommender Ball, Stellung des Gegners)
taktisch richtig gespielt werden.
88
Stop
Aktionen
Erläuterungen
Schläger von hinten-oben nach
vorne-unten zum Treffpunkt
bewegen (Hauptaktion)
Schüler steht ca. 3 m vom Netz entfernt in
seitlicher Schlagstellung;
Lehrer wirft den Ball vom Netz aus zu;
der Ball kann auch von oben zugeworfen
werden (siehe Zuspiel S. 35), so daß ihn der
Schüler leichter im aufsteigenden Ast treffen
kann;
die Schlagbewegung ist relativ kurz, der Ball
wird mit offener Schlagfläche getroffen und
soll mit Rückwärtsdrall nach hoher Flugkurve
knapp hinter dem Netz aufkommen;
der Ball kann longline oder cross über das
Netz gespielt werden, die Crossrichtung ermöglicht es dem Schüler eher, den Ball knapp
hinter das Netz zu spielen.
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Abb. 66
Ball wird von oben zugeworfen
Schüler steht ca. 4 m vom Netz entfernt in
Schlagstellung und hält den Schläger vor
den Körper;
bei Zuwurf (Zuspiel) des Balles erfolgt die
Ausholbewegung in einem flachen oberen
bei der Schlagbewegung erfolgt mit dem linken Bein (Stop mit Vorhand) ein Schritt in
Richtung Treffpunkt;
die Bewegung des Armes (erst abwärts und
dann aufwärts) wird durch die Körperarbeit
(linkes Knie beugen und strecken,
»Knicks«) unterstützt; der Schüler soll das
Gefühl haben, die Schlagfläche um den Ball
zu drehen;
zum Bewußtmachen des geringen Bewegungsumfangs kann die Bewegung dicht am
Zaun stehend geübt werden;
Schüler spielt den Stop knapp über einen
Schläger, den ein Partner in ca. 1,70 m Höhe
und ungefähr 1,50 m vom Netz entfernt hält,
um zu verdeutlichen, wo der Kulminationspunkt der Flugkurve beim Stop liegen muß,
damit der Ball knapp hinter dem Netz aufspringt.
Abb. 68 Der Stop fliegt knapp über einen
vom Partner gehaltenen Schläger (bewußt-
Abb. 67 Verdeutlichung des geringen
Bewegungsumfanges durch Ausführen der
Bewegung dicht vor einem Zaun
machen, daß der Kulminationspunkt der
Flugkurve deutlich vor dem Netz liegt)
Anwendung der methodischen Reihen
Aktionen
Erläuterungen
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter
der T-Linie;
eine geschlossene Schlagfläche beim Ausholen erleichtert es dem Schüler, die Schlagund Ausschwungbewegung entsprechend
gefühlvoll auszuführen;
Lehrer spielt zunächst vom Netz aus zu und
geht dann immer weiter bis zur Grundlinie
zurück;
Schüler muß den Schwung seiner Bewegung
an die schneller ankommenden Bälle anpassen (Schwung wird geringer).
Beinarbeit zum Erreichen der
entsprechenden Schlagposition
aus verschiedenen Richtungen
sowie unterschiedlichen Entfernungen und Schlagen des Balles
Schüler steht in Bereitschaftsstellung hinter
der T-Linie, Lehrer spielt zunächst vom Netz
aus zu, später von der Grundlinie; Variation
des Zuspiels (links, rechts, kurz, flach, hoch,
Drall);
Schüler steht hinter der T-Linie und hält den
Schläger mit leicht geöffneter Schlagfläche in
den angestrebten Treffpunkt; Lehrer spielt
von der Grundlinie aus zu; Schüler läßt den
Ball im aufsteigenden Ast vom Schläger abprallen und kontrolliert, wie weit der Ball in
Richtung Netz fliegt; es ist leicht herauszufinden, mit wie viel (wie wenig) Bewegung
(Schwung) der Schläger zum Treffpunkt kommen muß, damit der Ball knapp über das
Netz fliegt.
Schüler versucht, durch Hinlaufen bzw.
Ausweichen den richtigen Abstand zum
Treffpunkt einzunehmen und den Ball im
aufsteigenden Ast zu treffen; der Schwung
der Schlagbewegung muß an die Entfernung zum Ziel angepaßt werden.
Halbflugball - Vorhand und Rückhand
Schläger mit locker gestrecktem
Arm flach über den Boden
zum Treffpunkt schwingen
(Hauptaktion)
Schläger vorwärts-aufwärts
zum Treffpunktschwingen
(Variation der Hauptaktion)
90
Schüler steht am T-Kreuz in Schlagstellung;
der Schlägerkopf des Schülers befindet sich
knapp über dem Boden ca. 10 cm hinter dem
Treffpunkt zum Halbflugball;
durch ein Ballpendel wird der Treffpunkt
knapp über dem T-Kreuz festgelegt;
der Schläger wird aus der Ruhestellung
(Schlägerunterkante am Boden) zum Treffpunkt nach vorne geführt; Griffe wie bei den
Grundschlägen-Vorhand und -Rückhand.
Hilfen für das richtige Timing: Üben des Fußball-Drop-Kicks mit Tennisbällen (auch
Mädchen), nach Gelingen des Drop-Kicks mit
der Hand oder einem kurzgefaßten Tennisschläger versuchen, einen Halbflugball zu
spielen; Aufsprung des Balles auf dem Boden
und Treffen des Balles mit dem Schläger sollten möglichst gleichzeitig erfolgen.
Bewegungsführung (Schlaghand) durch den
Lehrer, der den Ball anwirft oder vom Schüler
anwerfen läßt; zum Erkennen des Rhythmus
(Ballaufsprung/Treffpunkt) stellt der Schüler
den Schläger in den Treffpunkt; der Zuwurf
des Balles erfolgt indirekt gegen die Schlägerfläche.
Halbflugbälle auf leichten, frontalen Ballzuwurf mit Ballaufsprung an einer markierten
Stelle (T-Kreuz, Linie usw.);
Spiel über das Netz in verschiedene Richtun-
Abb. 69 Schlagfläche ist im Treffpunkt
leicht geöffnet
Abb. 70 Lehrer wirft den Ball indirekt gegen
die senkrecht auf dem Boden stehende
Schlagfläche
gen (Ziele, Hindernisse, Hütchen usw.);
Erkennen der Zusammenhänge von Schlagstellung und Abflugrichtung des Balles.
Halbflugball
Aktionen
Erläuterungen
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Schlagstellung;
Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Schlagstellung hinter dem
T-Kreuz, Lehrer wirft die Bälle so zu,
daß sie auf der T-Linie ca. 1 m von der Mitte
entfernt getroffen werden können;
die Ausholbewegung erfolgt in einem verkürzten flachen oberen Bogen;
das Hauptaugenmerk ist auf die Beschleunigung der flachen Schlagbewegung und das
frühe Treffen des Balles nach dem Aufsprung
zu legen;
es findet immer eine Gewichtsverlagerung
auf das stark gebeugte vordere Bein statt,
weil der Ball bei tiefbleibendem Körperschwerpunkt in Höhe des vorderen Beines
getroffen werden soll;
Übergang aus der frontalen Stellung zum
Netz in die Schlagstellung, dann ausholen,
schlagen und ausschwingen.
Abb. 71 Schlagbewegung verläuft knapp
über dem Boden zum Treffpunkt
Aushol-, Schlag- und Ausschwungbewegung aus der Bereitschaftsstellung; Gewichtsverlagerung
Schüler steht in Bereitschaftsstellung ca. 1 m
hinter dem T-Kreuz; bei Zuwurf des Balles
erfolgen; Drehschritt mit dem treffpunktnäheren Bein, Oberkörperdrehung und
flacher oberer Bogen des Schlagarms nach
hinten.
Akustische Unterstützung des zeitlich dynamischen Bewegungsablaufes;
optische Orientierungshilfen für die Lage des
Treffpunktes und für die Richtung der Schlagbewegung (Linien des Spielfeldes und zusätzliche Markierungspunkte bzw. -linien);
Ballmaschine für zielgenaues Zuspiel;
Zuwurf kann in hohem Bogen (mehr Zeit)
oder flach (Ballabsprung nicht so hoch) erfolgen - entscheidend ist, womit der Schüler
besser zurechtkommt.
Beinarbeit zum Erreichen der
entsprechenden Schlagposition
aus verschiedenen Richtungen
sowie unterschiedlichen Entfernungen und Schlagen des Balles
Ausgangsposition des Schülers ca. 1 m hinter
dem T-Kreuz;
Lehrer spielt langsam und hoch in
verschiedene Zielräume zu, um dem Schüler
genug Vorbereitungszeit für die Halbflugbälle
zu geben;
bei ausreichender Sicherheit des Schülers
werden Halbflugbälle aus normalen Ballwechseln heraus gespielt, der Schüler trifft die Entscheidung, welche Bälle er als Grundschläge
und welche er als Halbflugbälle spielt.
Spielen in verschiedene Ziele
und von verschiedenen
Platzpositionen aus;
Spielen des Halbflugballs
aus spielnahen Situationen
Schüler steht in Bereitschaftsstellung zunächst
hinter der T-Linie, später hinter der Grundlinienmitte; variables Lehrerzuspiel in bezug
auf Höhe, Geschwindigkeit und Drall des Balles;
Spielen der Halbflugbälle longlinie und cross
zur gegnerischen Grundlinie und auch kurz
cross (Topspin) als Passierball;
Schüler muß erkennen und einsehen, daß
Halbflugbälle nicht nur aus Notsituationen,
sondern auch bewußt als Überraschungsschläge für die Offensive (bei kurzen Bällen
des Gegners) und als Passierbälle eingesetzt
werden können.
91
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings
92
Leistungsanforderungen
als Grundlage des
Trainings
Die einzelnen Sportarten unterscheiden sich nicht nur darin, daß
sie verschiedene leistungsbeeinflussende Faktoren aufweisen,
sondern auch darin, daß dort, wo
sie von gleichen Faktoren beeinflußt werden, die Ausprägung unterschiedlich ist. So sind z.B. beim
Rudern andere Faktoren als beim
Bodenturnen von Bedeutung, und
Abb. 72
die Anforderungen z.B. an die
Ausdauer sind beim Tennis nicht
die gleichen wie beim Tischtennis.
Nur durch gründliche Analysen
der jeweiligen Sportart ist es möglich, die Bedeutung und hierarchische Einstufung einzelner Faktoren
festzulegen, um daraus Rückschlüsse für die Talentsichtung und
Talentförderung sowie für die Pla-
nung und Periodisierung des Trainings zu ziehen.
Bei der Analyse des Tennisspiels
interessieren diejenigen Leistungsvoraussetzungen und ihre Zusammenhänge, die für die optimale
Bewältigung der Bewegungsaufgaben und für das Erreichen der
individuellen Leistungsmöglichkeiten von Bedeutung sind (Abb. 72).
Übersicht zu Faktoren der sportlichen Leistungsfähigkeit
Faktoren sportlicher Leistungsfähigkeit
(personinterne Faktoren)
\
I
Leistungslimitierende Faktoren |^
(sehr wichtig und wenig kompensierbar)
-
•
J
!
JLL.
;
-
TennisTennisspezifische
spezifische
koordinative (konditioneile
Faktoren 1 | Faktoren
J
/
•»•"-"
i
!
Psychische
Faktoren
*
j
[
/* - •
—
•;;, , ,
1
j
Konstitutionelle
Faktoren
!
j
>
Motivation
Selbstbewußtsein i
Selbstkontrolle
Konzentrationsfähigkeit
Spielintelligenz i
(Taktik)
J
Aktionsschnelligkeit
Schnellkraft •
u.a.
\
t
y
J
\
Allgemeine
konditioneile
Faktoren
Psychische
Faktoren
i
•-'
*
RhythmiSchlagsierungstechniken
* fähigkeit
Beinarbeit
Reaktionsfähigkeit
Orientierungs- fähigkeit
t
u. a.
' !
i „„
>
• J
4
Allgemeine
koordinative
Faktoren ,
*•- Leistungsbeeinflussende Faktoren
•(wichtig und mehr oder,,weniger kompensierbar)
Allgemeine
Intelligenz
u. a.
j
-
Ausdauer
Beweglichkeit
Kraft
'
u. a.
*
-..-..
:. /
Körperproportionen
Größe
Gewicht
u. a.
. ... ...
93
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings
Es sind konstitutionelle (anthropometrische und funktionelle) Voraussetzungen wie Körpergröße,
Gewicht, Körperproportionen, Hebelverhältnisse und Muskelmasse,
die eine immer bedeutendere
Rolle im Hochleistungstennis spielen. Dazu kommen koordinative
Voraussetzungen wie allgemeine
Koordinationsfähigkeit als auch
tennisspezifische Voraussetzungen
wie Schlagtechnik und Beinarbeit,
konditioneile Voraussetzungen wie
Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit,
psychische Voraussetzungen wie
Wille, Anspruchsniveau, Härte,
Konzentrationsfähigkeit, Selbstdisziplin, Antizipation, Spielwitz usw.
Einige dieser Voraussetzungen
sind auch sehr eng mit dem Begriff der Taktik verbunden. Neben
diesen der Person zukommenden
Voraussetzungen sind auch äußere
Voraussetzungen von Bedeutung,
d.h. der Einfluß der Umwelt, wie
Elternhaus, Freundeskreis, Schule,
Beruf, Trainer, Trainingsmöglichkeiten, Anfahrtswege usw. All
diese Faktoren zusammen bestimmen, allerdings in unterschiedlichem Maße, die sportliche Leistung des Spielers.
Die folgende tennisspezifische
Bestimmung und Einstufung einzelner Faktoren wurde aufgrund
umfangreicher Analysen des Tennissports vorgenommen. Sie wurden
bei Untersuchungen in drei Bereichen gewonnen:
•
Funktionell anatomische und
biomechanische sowie konditioneile und koordinative Daten
durch allgemeine Untersuchungen der Tennistechnik
• Konditionelle und koordinative
Daten durch genaue Analysen
des Wettkampfgeschehens
• Bewegungstechnische und anthropometrische Daten durch
die Analyse von Weltklassespielern
94
Im folgenden werden aus diesen
Untersuchungen beispielhaft einige konditioneile und motorische
Faktoren abgeleitet. Die psychischen Grundlagen werden ab
Seite 181 näher behandelt.
Physikalische und
biomechanische
Analyse der
Tennistechnik
Ein besonders hohes Maß an
Koordinationsfähigkeit und
Gewandtheit ist aus folgenden
Gründen erforderlich:
• Die Schlagablaufzeit bis zum
Treffpunkt beträgt ca. 0,5 bis
0,9 Sekunden, wobei sich bei
einzelnen Schlagarten Unterschiede ergeben.
• Die Kontaktzeit des Balles auf
der Bespannung des Schlägers
beträgt zwischen 0,005 und
0,003 Sekunden, die Kontaktstrecke dabei max. 12 cm.
• Die Schlägergeschwindigkeit
beim Schlag schwankt von 0 bis
etwa 150 km/h.
• Die Ballgeschwindigkeit erreicht
bei Grundlinienschlägen bis zu
110 km/h und bei Aufschlägen
teilweise über 200 km/h.
• Die Zahl der Ballumdrehungen
ist mit maximal ca. 150 Umdrehungen pro Sekunde sehr hoch.
Koordinationsfähigkeit ist vor
allem im Kindes- und frühen Jugendalter optimal trainierbar und
muß deswegen in das Jugendtraining einbezogen werden.
Die beabsichtigte hohe Ballgeschwindigkeit vor allem bei Aufschlägen und harten Schlägen erfordert die Fähigkeit, eine situationsbedingte Schlägerbeschleunigung bis zur optimalen Schläger-
geschwindigkeit zu erzielen, was
neben guter Koordinationsfähigkeit vor allem Aktionsschnelligkeit
und Schnellkraft verlangt.
Die hohe Aufprallkraft des Balles
auf dem Schläger und die sehr
kurze Gesamtkontaktzeit BallSchläger verursachen große Belastungen im Unterarm; deshalb
sind Schnellkraft und Schnellkraftausdauer erforderlich.
Dem speziellen und altersspezifischen Krafttraining muß daher im
Trainingsprozeß ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.
Die durchschnittlichen Flugzeiten
des Balles bei Grundlinienschlägen
von 1 bis 1,5 Sekunden und die
mittleren Ballgeschwindigkeiten
zeigen, daß ausreichend Zeit für
die Vorbereitung des Schlages
gegeben ist und daß die eigentliche Ausholbewegung mit dem
Arm erst in Zusammenhang mit
der Schlagablaufzeit relativ spät
(beim Aufsprung des Balles)
beginnen kann.
Die Geschwindigkeit des Balles
beim Aufschlag (über 200 km/h)
und beim Passierball (bis 110
km/h) erfordern ein gutes Antizipationsvermögen sowie sehr gute
Reaktionszeit und große Aktionsschnelligkeit und Schnellkraft.
Auch diese Erkenntnisse führen zu
der Feststellung, daß situationsbedingte Koordinationsfähigkeit regelmäßig trainiert werden muß.
Analyse des Wettkampfgeschehens
Die Belastung in einem Tennismatch ist intervallartig:
• Das Verhältnis von durchschnittlicher Spielzeit (Zeitdauer, in der Ballwechsel stattfinden) zur Gesamtzeit des
Matches ist je nach Platzoberfläche ca. 1:2 bis 1:5.
Physikalische und biomechanische Analyse der Tennistechnik
•
Ein Ballwechsel auf Sandplätzen dauert im Durchschnitt
8 Sekunden, auf Rasen und
schnellen Hartplätzen ist er wesentlich kürzer, teilweise sogar
nur noch 2 bis 3 Sekunden, die
darauffolgende Pause beträgt
im Mittel ca. 20 Sekunden.
Das ermöglicht in der Regel genug
Regenerationszeit, auch zwischen
den Ballwechseln. Der durchschnittliche Laufweg von 1500 m
pro Match bei zwei Gewinnsätzen
läßt auf eine mittlere Beanspruchung im Ausdauerbereich
schließen. Die anaerobe alaktazide
Arbeitsweise während der Ballwechsel überwiegt.
Die längste Sprintstrecke geradeaus beim Tennismatch übersteigt
praktisch kaum 14 m. Die durchschnittliche Strecke liegt bei 4 m.
Das bedeutet, daß der Tennisspieler eine andere Schnelligkeitsart
benötigt als z. B. ein 100-m- oder
200-m-Sprinter.
Die tennisspezifische Schnelligkeit
setzt sich zusammen aus:
• Antrittsvermögen, Startkraft,
Schnellkraft (Explösionskraft,
konzentrische Muskelarbeit)
• Beschleunigungsvermögen,
beschleunigende Muskelkraft,
Schnellkraft (Kraftschnelligkeit)
• Bewegungsausführung, Bewegungsschnelligkeit, Aktionsschnelligkeit
• Bremskraft vor einem Richtungswechsel (exzentrische
Muskelarbeit)
Die wichtigste Schnelligkeitsart ist
die Kraftschnelligkeit. Mit ihrer
Hilfe werden kurze Entfernungen
überwunden. Die Startkraft kann
durch ein optimales Antizipationsvermögen und eine ausgezeichnete Reaktionszeit teilweise kompensiert werden, und für die
Durchführung des Schlages ist in
der Regel genug Zeit vorhanden.
Im Hinblick auf die Verteilung der
Becker
A Häufigkeit/Match
in%
_ J
Sand
t ,^d Halle
) Rasen
60
505
50 -\
408
40
30
20
•
4
340
243
309
( A
i
II
j
\
\
\
i
10 H
252
232 i
fA
156
Ü157
«I
66
1
f
j
140
f~A
^
Aufschlag
Return
Volley
Grundlinienschlag
Abb. 73 Durchschnittliche Häufigkeit der verschiedenen Schlagkategorien in
Abhängigkeit vom Bodenbelag bei Boris Becker (der statistische Mittelwertvergleich
bezieht sich jeweils auf die Sandplatz-Ergebnisse)
angewendeten Schläge ergeben
die Matchanalysen (Weltklasse Herren) auf Sandplätzen durchschnittlich:
Grundschläge
ca. 55%
Return
ca. 15%
Aufschlag
ca. 23%
Flugball
ca. 4 %
sonstige Schläge
ca. 3%
Auf Hartplätzen, Teppichböden
und vor allem auf Rasen ändert
sich die prozentuelle Aufteilung,
wobei Aufschlag, Return und
Flugball an Dominanz gewinnen.
Als Beispiel hierfür kann man die
unterschiedliche Prozentaufteilung
bei Boris Becker aufführen
(Abb. 73).
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings
Leistungsphysiologische
Aspekte
Effektive
Belastungszeit
Die effektive (reale) Spielzeit beträgt bei Tenniswettkämpfen im
Durchschnitt ca. 20 bis 25% der
Gesamtspielzeit. Die Spielzeit pro
Ballwechsel dauert auf Sandplätzen im Mittel 7 bis 10 Sekunden
mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen 3 bis 7 Sekunden.
Die Ballwechsel sind um so kürzer,
je schneller und je flacher der Ball
vom Untergrund abspringt: Auf
Rasenplätzen und schnellen Hallenböden liegt die durchschnittliche Spielzeit pro Ballwechsel ca.
30 bis 50% niedriger als auf Sandplätzen. In Einzelfällen werden vor allem beim Aufeinandertreffen
spezieller Spielertypen - Extremwerte erreicht, wie sie im Jahr
1991 bei den beiden Finalspielen
in Wimbledon zwischen Stich und
Becker einerseits und in Paris zwischen Agassi und Courier andererseits erzielt wurden: Im Wimbledon auf Rasen betrug die reale
Spielzeit 3:42 Minuten pro Stunde
und ein Ballwechsel dauerte im
Mittel 2,65 Sekunden; auf Sand in
Paris betrug die effektive Spielzeit
14:56 Minuten pro Stunde und
ein Ballwechsel war im Durchschnitt erst nach 10 Sekunden zu
Ende.
Wegen der Kürze der Ballwechseldauer und aufgrund vorwiegend submaximaler, muskulärer
Beanspruchungen bei längeren
Ballwechseln wird der anaerobe,
laktazide Stoffwechselweg (über
die Glykolyse) wenig in Anspruch
genommen, so daß der Milchsäu-
96
regehalt bzw. -anstieg in der Arbeitsmuskulatur im Normalfall gering bleibt. Der Milchsäurespiegel
(Laktat) im arterialisierten Blut beträgt in der Regel 2 bis 3 mmol/l
und überschreitet nur in Ausnahmesituationen kurzfristig 4 mmol/l.
Die Länge der einzelnen Spielpausen zwischen den Ballwechseln
(maximal 25 Sekunden nach der
Wettspielordnung) reicht normalerweise aus, um über aerobe
Stoffwechselprozesse das zur kurzfristigen Energiebereitstellung notwendige Potential der energiereichen Phosphate (Adenosintriphosphat und Kreatinphosphat) nahezu vollständig in der Arbeitsmuskulatur wieder aufzubauen.
Wegen der langen Gesamtspielzeitdauer, die auch beim Spiel auf
zwei Gewinnsätze mehr als drei
Stunden betragen kann, und zur
effektiven Steigerung des Belastungsumfanges im Tennistraining
bedarf es der Entwicklung einer
soliden Grundlagenausdauer. Eine
hohe spezifische Ausdauerleistungsfähigkeit hat ferner den
Vorteil, daß in Belastungsphasen
hoher Intensität (Reizhöhe und
Reizdichte) die Laktatproduktion
(Milchsäurebildung) begrenzt
bleibt und in der Ballwechselpause
eine rasche Regeneration der
energiereichen Phosphate erfolgen
kann. Hiermit wird eine Milchsäureanhäufung in der Arbeitsmuskulatur verhindert, so daß das Optimum der koordinativen Leistungsfähigkeit und der Schnellkraft über
die gesamte Wettkampfzeit erhalten bleibt. Letzteres gilt in gleicher
Weise für das Training, dessen
Qualität und Quantität einen
bedeutsamen Einfluß auf die
Leistungsfähigkeit im Wettkampf
ausübt.
Herzfrequenz
Die durchschnittliche Herzfrequenz beträgt im Verlauf von Tenniswettkämpfen bei Tennisspielern
unterschiedlicher Leistungskategorien und Altersklassen im Mittel
zwischen 140 bis 150 Schlägen
pro Minute. Beim weiblichen Geschlecht liegt die durchschnittliche
Pulsfrequenz um 5 bis 10 Schläge
höher. Die unregelmäßigen
Schwankungen der Herzfrequenz
dokumentieren die stetig wechselnde Reizhöhe, Reizdauer und
Reizdichte der Belastung beim
Tennisspiel. Ähnlich wie bei intensiver Intervallarbeit werden auch
im Tennis Herzfrequenzen erreicht,
die teilweise das individuelle Maximum (z.B. 170 bis 190 Schläge
bei Erwachsenen und über 200
Schläge pro Minute bei Kindern)
erreichen. Der Herzfrequenzanstieg ist teilweise auch Ausdruck
einer erhöhten psychischen Beanspruchung: Unmittelbar vor dem
Aufschlag oder vor einer spielentscheidenden Phase (Breakball/
Satzball) stellen wir kurzfristige
Herzfrequenzsteigerungen um
10 bis 30 Schläge fest.
Herz-Kreislauf-System
Durchschnittswerte von Herzfrequenz, Blutdruck, Blutlaktat und
Nettospielzeit sprechen für eine
Belastungsintensität von ca. 45
bis 60% der maximalen Leistungsfähigkeit des Herz-KreislaufSystems während eines Tenniswettkampfes. Leistungsstarke
Grundlinienspielerwerden im
Mittel höher beansprucht, so daß
sie den für ein wirksames Gesundheitstraining wünschenswerten
Intensitätsbereich, der bei ca. 60
bis 75% der maximalen Kreislaufleistungsfähigkeit liegt, eher
erreichen.
Leistungsphysiologische Aspekte
Eine Erhöhung der Reizsetzung
auf das Herz-Kreislauf-System hat
zur Folge, daß der optimale Intensitätsbereich für eine Verbesserung
der Ausdauerleistungsfähigkeit erreicht wird. Hiermitsind allerdings
auch Belastungsüberforderungen
möglich, deren Ausmaß speziell im
Sportspiel Tennis nur schwer vorhersehbar und steuerbar ist. Diese
Gratwanderung zwischen positiven Effekten auf Gesundheit und
Leistung einerseits sowie Schädigungsmöglichkeiten insbesondere
für Herz und Gefäßsystem andererseits wird besonders schwierig
bei älteren Spielern mit geringem
Trainingszustand sowie bei allen
Personen mit (teilweise noch unerkannten) Stoffwechsel- und HerzKreislauf-Krankheiten (z. B.
Zuckerkrankheit, Bluthochdruck,
fortgeschrittene Arteriosklerose).
Steigerungen des systolischen
Blutdrucks auf Werte über 250
mm Hg unter Wettkampfbedingungen sowie unvermeidliche Verschiebungen im Elektrolythaushalt
(z.B. Magnesium im Serum unter
0,70 mmol/1) bei längerdauernden
Wettkämpfen unter Hitzebedingungen können speziell für letztgenannten Personenkreis ernsthafte akute Gefahren für die Gesundheit (z. B. Herztod auf dem
Tennisplatz) provozieren.
Energiestoffwechsel
Je intensiver die Beanspruchungsqualität der einzelnen Ballwechsel
ist, um so stärker wird der Kohlenhydratstoffwechsel aktiviert. Je
länger Reizdauer und je geringer
Reizhöhe und -dichte der einzelnen Ballwechsel bzw. des ganzen
Wettkampfes sind, desto mehr
tritt der Fettstoffwechsel in den
Vordergrund. Die Analyse entsprechender Stoffwechsel-Zwischenprodukte während eines
Tenniswettkampfes weist darauf
hin, daß bei einem Tenniswettkampf auf Sandplätzen die Energie
vorrangig über den Abbau von
Kohlenhydraten (ca. 50 bis 75%)
und erst in zweiter Linie über den
Abbau von Fetten (ca. 25 bis
50%) bereitgestellt wird.
Mit einem Abfall des Blutzuckerspiegels im Verlauf eines Tenniswettkampfes oder Tennistrainings
üblicher Zeitdauer (1 bis 2 Stunden) ist nur zu rechnen, wenn die
Kohlenhydratspeicher (in Arbeitsmuskulatur und Leber) vor Wettkampfbeginn nicht entsprechend
angefüllt waren oder durch unmittelbar vorhergehende intensive
Trainings- bzw. Wettkam pfbelastungen entleert wurden. Folglich
müssen nach intensivem Tennisträining sowie im Verlauf eines
Tennisturniers die Glykogendepots
(Speicherform der Kohlenhydrate
als Stärke in Leber und Arbeitsmuskulatur) durch kohlenhydratbetonte Kost zügig und umfangreich aufgefüllt werden. Bei rascher Trainings- und Wettkampffolge sind für die Erhaltung der
Leistungsfähigkeit leicht verdauliche, kohlenhydratreiche Zwischenmahlzeiten empfehlenswert.
Spieler und Spielerinnen mit Neigung zur Unterzuckerung sollten
im Rahmen der üblichen Mannschaftswettkämpfe im unmittelbaren Anschluß an ihr Einzel eine
kaliumreiche Kohlenhydratzufuhr
in Verbindung mit Flüssigkeit
aufnehmen, damit im folgenden
Doppel kein unerwünschter
Leistungsabfall eintreten kann.
Flüssigkeitsund Elektrolytverluste
Vornehmlich aufgrund der
Schweißsekretion führen Tennistraining und vor allem Tenniswett-
kämpfe (wegen erhöhter psychischer Beanspruchung) zu teilweise
erheblichen Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten. Die Gewichtsabnahme bei einem Tenniswettkampf von 90 Minuten Dauer beträgt bei Männern im Durchschnitt
zwischen 1,5 und 2,5 kg, obwohl
im Durchschnitt ca. 0,5 I Flüssigkeit aufgenommen wird; Frauen
verlieren etwa 50 bis 70% dieser
Menge.
Im Blut stellen wir im Verlauf eines
Tenniswettkampfes einen hoch
signifikanten Abfall von Kalium
und Magnesium bei gleichzeitigem Anstieg von Natrium und
Kalzium ohne wesentliche Veränderungen des Plasmavolumens
fest. Folglich ist in erster Linie eine
reichliche Wasserzufuhr in Kombination mit speziellen Elektrolyten
und gegebenenfalls unter Anreicherung von Kohlenhydraten (5
bis 20%) besonders empfehlenswert. Aufgrund der Schweißverluste, der häufig mangelhaften
Zufuhr in der Nahrung (Magnesium) und vor allem aufgrund
ihrer Bedeutung im Stoffwechsel
und für die Funktion sowie Regeneration der Arbeitsmuskulatur
ist die Zufuhr von Magnesium
und Kalium besonders wichtig.
Entsprechende Hinweise zur
gezielten Aufnahme solcher leistungsbegrenzenden Stoffe aus
dem Salz-Wasser-Haushalt werden
im Kapitel »Ernährung« näher
erläutert.
Psychische
Anforderungen
Verhaltensformen (und somit auch
Leistungen) entstehen aus der
Wechselwirkung zwischen den
Bedingungen des Individuums
(des Spielers) und seiner Umwelt,
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings
d. h.r sie beruhen auf der Wechselwirkung zwischen den sachgegebenen Anforderungen (des Tennisspiels) und den Möglichkeiten des
Individuums, sich mit diesen Anforderungen auseinandersetzen zu
können. Psychische Anforderungen im Tennis ergeben sich also
aus den sachstrukturellen Bedingungen, die im Tennis gegeben
sind. Solche sachstrukturellen
Bedingungen sind beispielsweise
die vielfältigen Interaktionen mit
dem Gegner oder auch die Regelbedingungen.
Interaktionen
Interaktionen mit dem Gegner
sind in ihrem Verlauf nicht festlegbar, vielmehr werden sie vor allem
durch die wechselseitig sich beeinflussenden Spielintentionen der
beiden Spieler (aber auch durch
ihre Körpersprache) bestimmt. Im
Tennis ist es deshalb wichtig, das
Verhalten des Gegners, die Stärken und Schwächen seiner Technik
und Taktik, aber auch seiner Kondition und Psyche, angemessen
wahrnehmen und einsichtig
(intelligent) deuten zu können; es
ist aber auch wichtig, den Gegner
durch die eigene Taktik und Körpersprache so zu beeinflussen
(Dominanzverhalten), daß die
eigenen Ziele erreicht werden
können.
Spielregeln
Die Spielintentionen sind eingerahmt durch die konstanten Bedingungen der Spielregeln. Hier
sind vor allem die Zählweise und
die Spielpausen zu nennen.
Psychologisch besonders interessant ist im Tennis, daß jedes einzelne Spiel in jedem Satz mit mindestens zwei Punkten gewonnen
werden muß und daß das Zählen
98
nach jedem abgeschlossenen Satz,
unabhängig davon, wie er endete,
von neuem beginnt. Besonders die
Zähleinheit »Spiel« gibt dem Ablauf eines Matches eine eigene
Charakteristik. Im Unterschied zu
Tischtennis, wo z.B. ein 8:20Rückstand kaum mehr aufzuholen
ist, weil sich für den führenden
Spieler ein Punkt fast zwangsläufig
noch ergeben wird, kann dies im
Tennis vergleichsweise bei einem
1:6, 2:5-Rückstand sehr wohl
noch der Fall sein. Dadurch
kommt dem jeweiligen Spielstand
und der Frage, ob man mehr auf
Risiko oder mehr auf Sicherheit
spielen soll, ob noch Hoffnung
trotz Rückstand bzw. Skepsis trotz
Vorsprung angebracht ist usw., erhöhte psychologische Bedeutung
zu, obwohl im Blick auf das Endergebnis prinzipiell jeder Punkt
gleich bedeutend ist.
Optimismus (Zuversicht) und
Selbstvertrauen spielen deshalb im
Tennis eine große Rolle.
Von großer psychologischer Bedeutung ist auch, daß nach jedem
Ballwechsel eine Pause gegeben
ist (bis zu 25 bzw. 30 Sek.) und
daß (mit Ausnahme nach dem ersten Spiel im Satz und nach dem
Tie-Break) nach zwei Spielen die
Seiten gewechselt werden, was
mit maximal 90 Sekunden Pause
verbunden ist. Denn jede Pause
bietet zwar einerseits die Möglichkeit, sich von der vorherigen Anstrengung und Anspannung zu erholen; andererseits bedeutet jede
Pause aber auch, daß der Wettkampf immer wieder von neuem
aufgenommen werden muß, so
daß jede Pause zu einem neuen
Vorstartzustand führen kann, auf
den sich die Spieler psychisch einstellen müssen.
Im Tennis muß deshalb nicht nur
grundsätzlich eine hohe Leistungsbereitschaft gegeben sein; diese
Leistungsbereitschaft (Leistungsmotivation) muß auch immer
wieder von neuem aufgebracht
werden, d. h., die Spieler müssen
sich nach jeder Pause von neuem
motivieren und diese Motivation
während des Ballwechsels aufrechterhalten. Je größer die Belastung über das gesamte Match ist
(z.B. in einem langandauernden
und ermüdenden Match), desto
mehr muß auch der Wille eingesetzt werden, um mit inneren Widerständen fertig werden zu können und um somit die Leistungsbereitschaft nicht erlahmen zu
lassen. Da jeder Ballwechsel entweder mit einem Punktgewinn
oder mit einem Punktverlust endet
und viele Ballwechsel dramatisch
enden, ergeben sich im Tennis
besonders häufig Streß-Situationen. Die Spielpausen stellen also
nicht nur Vorstartzustände dar, sie
dienen zugleich (bzw. zuvor) auch
der Streß-Verarbeitung.
Dies bedeutet, daß im Tennis ein
großes Maß an Streß-Toleranz,
psychischer Stabilität. Selbstkontrolle und Streß-Verarbeitungsfähigkeit gefordert sind.
Variable
äußere Bedingungen
Die Spielintentionen sind auch
eingerahmt durch variable Bedingungen wie Witterung, Zuschauer
und Bodenbeschaffenheit, auf die
sich die Spieler ebenfalls psychisch
einstellen müssen.
Häufig ergeben sich hierbei gravierende Streß-Zustände.
Tennistechnik
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß es im Tennis besonders schwierig ist (aufgrund des
relativ schnell fliegenden Balles,
Analysen von Weltklassespielern
des Treffens des Balles außerhalb
der Hand mit Hilfe eines Schlägers
und der Spielfeldmaße), den Ball
so zu treffen, daß der gewünschte
Ballflug bezüglich Richtung, Höhe,
Länge und Rotation erreicht werden kann. Die Treffschwierigkeit
wird im Match um so größer, je
schneller der Ball auf den Spieler
zufliegt, je anspruchsvoller die mit
dem Treffen des Balles verbundenen Ziele des Spielers sind und je
mehr der Spieler physisch und
psychisch belastet ist. Diese
Schwierigkeit und die Interaktion
mit dem Gegner bringen große
kognitive Anforderungen mit sich.
D. h., es ist die Fähigkeit gefordert,
den Ball, den Gegner und die
eigene Position richtig wahrzunehmen und sich auf das Treffen des
Balles konzentrieren zu können
sowie die Fähigkeit, durch taktisch
richtiges Handeln (Spielintelligenz)
die eigenen Spielintentionen
durchzusetzen.
Analysen
von Weltklassespielern
Weltklassespielerinnen und
-Spieler können in vier Spielertypen eingeteilt werden.
& aaH©= anti) ^fflte-sjMa?
Sie zeichnen sich durch folgende
Merkmale aus:
• Sehr starker erster Aufschlag,
mit welchem Returnfehler erzwungen oder direkte Punkte
gemacht werden können.
• Sowohl der erste als auch der
zweite Aufschlag stellen den
Retournierenden unter permanenten Druck, so daß der Aufschläger die Mehrzahl der er-
sten Flugbälle in relativ optimaler Position spielen kann.
• Hohe Prozentzahl erfolgreicher
erster Flugbälle.
• Sehr gute Wahrnehmung und
Antizipation vergrößern erheblich die Chancen zum Abfangen
der gegnerischen Passierschläge
am Netz. Dadurch wird der
Gegner derart unter Druck gesetzt, daß sich auch seine Fehlerquote zwangsläufig deutlich
erhöht.
• Starker Schmetterball aus allen
Lagen.
• Sehr gut ausgeprägte Sprungkraft, gepaart mit hervorragender Gleichgewichtsfähigkeit.
Im Weltklassebereich wird diese
Spielergruppe (zur Zeit vor allem
durch Edberg repräsentiert), die
auf allen Belägen (auch auf Sand)
Serve und Volley spielt, allerdings
immer kleiner.
%> (foffröttterttate?
Sie zeichnen sich durch folgende
Merkmale aus:
• Fähigkeit, je nach Platzbelag
Serve und Volley oder auch von
der Grundlinie aus zu spielen.
• Hohe Sicherheit und Präzision
in den Grundlinienschlägen und
beim Return.
• Fähigkeit, ständig aus unmittelbarer Grundliniennähe zu spielen und die Bälle regelmäßig im
Kulminationspunkt oder davor
zu treffen.
• Fähigkeit, vom Gegner kürzer
gespielte Bälle zu attackieren,
d.h., daraus direkte Punkte
(Winner) zu machen oder
Angriffsschläge zu spielen und
ans Netz vorzurücken.
• Sehr gute koordinative Fähigkeiten und ausgezeichnete konditionelle Voraussetzungen.
Die Gruppe dieser Spielerinnen
und Spieler ist im heutigen Tennis
relativ stark vertreten und gehört
zu der erfolgreichsten im Welttennis. Namen wie Becker, Ivanisevic,
Krajicek, Sampras, Stich oder
Novotna, Sabatini, Sukova und
viele mehr beweisen dies. Es ist
sehr interessant, daß in dieser
Kategorie fast ausschließlich Spielerinnen und Spieler sind, die die
Rückhand einhändig spielen.
äQxuBÄö^iäm?
Sie zeichnen sich durch folgende
Merkmale aus:
• Sichere und aggressive Grundlinienschläge mit Vorhand und
Rückhand.
• Fähigkeit, das Spiel von der
Grundlinie aus zu kontrollieren
und den Gegner permanent
unter Druck zu setzen.
• Fähigkeit, in Grundliniennähe
und davor zu spielen und die
Bälle möglichst oft im Kulminationspunkt oder davor (auch als
Halbflugball) zu treffen.
• Hohe Präzision auch bei hoher
Ballgeschwindigkeit.
• Sehr gutes Winkelspiel.
• Fähigkeit, aggressive und trotzdem sichere Returns zu
schlagen.
• Fähigkeit, sehr gute Passierschläge zu schlagen.
• Hohe Schnelligkeit und sehr
gute Gleichgewichtsfähigkeit.
Diese Gruppe wird immer größer,
und vor allem die jüngste Generation tendiert zu dieser Spielweise.
Spielerinnen und Spieler wie Graf,
Hingis, Huber, Pierce, SanchezVicario bei den Damen bzw.
Agassi, Chang, Courier, Kafelnikov, Medvedev bei den Herren
dokumentieren diese Behauptung.
Im Gegensatz zu der Gruppe der
Ganzplatzspieler dominieren hier
mit wenigen Ausnahmen (z. B.
Graf) diejenigen, die die Rückhand
beidhändig spielen.
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings
<& s&GGEfoamas?
Sie zeichnen sich durch folgende
Merkmale aus:
• Hohe Topspin-Schläge von der
Grundlinie mit Vorhand und
Rückhand.
• Spielposition grundsätzlich
weiter hinter der Grundlinie.
• Sicheres und äußerst konsequentes Spiel mit den Grundlinienschlägen.
• Weitgehender Verzicht auf Offensiv- oder Angriffsschläge.
• Ausgeprägte Lauffreudigkeit
und Ausdauerfähigkeit.
• Viel Geduld und Selbstdisziplin.
Spielerinnen und Spieler dieser Kategorie (früherz.B. Borg, Vilas)
sind im Tennis der Weltspitze
heute kaum noch vertreten.
Sicherlich gibt es Spielerinnen und
Spieler, die sich im Laufe der Zeit
von der einen zur anderen Kategorie bewegen oder aber einen
Grenzfall darstellen, wie z.B.
Bruguera. Unterschiedlich schnelle
Bodenbeläge zwingen die Spieler
natürlich auch, ihr taktisches Verhaltensmuster entsprechend anzupassen.
Es deutet sich also an, daß in Zukunft die Ganzplatz- und die
Grundlinienspieler im Spitzentennis dominieren werden.
Die derzeitige Weltrangliste sowie
die Entwicklung der nachkommenden jungen Generation
scheint zu zeigen, daß mit gewissen Ausnahmen der Trend zum
Ganzplatz- und Grundlinienspieler
geht. Von den Serve- und VolleySpielern sind mit Ausnahme von
Edberg fast nur ältere Spieler und
Spielerinnen erfolgreich, abgesehen davon, daß ihre Anzahl schon
immer gering war. Die Defensivspieler sind fast verschwunden,
zumindest in der Weltspitze.
Man kann die Behauptung aufstellen, daß die aggressive Spiel-
100
weise dominiert; die Spieler versuchen, den Punkt durch eigene
Initiative zu erreichen und warten
viel weniger als früher auf die
Fehler des Gegners.
Das Spiel wird zukünftig vermutlich noch schneller und aggressiver, so daß die Laufschnelligkeit
verbessert werden muß, was zu
einer noch athletischeren Entwicklung der Spieler und der Spielerinnen führen wird. Hinzu kommt,
daß der Erfolg beim Ballwechsel
immer mehr von der Fähigkeit abhängt, die schweren und schwersten Situationen zu meistern.
Dafür ist nicht nur eine ausgezeichnete Grundtechnik und ein
breites Schlagrepertoire, sondern
vor allem die Einsatzfähigkeit der
Technik in allen nur denkbaren
Situationen notwendig. Deshalb
müssen im Leistungstennis die Perioden des Übens gekürzt und die
Perioden des wettkampfnahen
Trainings ausgeweitet werden. Das
Training muß sich mehr und mehr
den tatsächlichen Vorgängen im
Match anpassen, es müssen die
einzelnen Matchsituationen im
normalen Sparring modelliert werden. Dadurch steigt auch die Wertigkeit des speziellen taktischen
Trainings an. Voraussetzung für
das Meistern schwieriger Situationen ist eine einwandfreie Körperbeherrschung. Diese wird vor
allem durch Kraft- und Koordinationsfähigkeiten und -fertigkeiten
bestimmt. Gleichgewicht, Anpassungsfähigkeit, Fußarbeit und
Beinstellung sind bei der Schlagausführung entscheidend und
maßgebend für den Erfolg des
Schlages.
Analysen der Weltklasse haben
eindeutig gezeigt, daß es einen
Zusammenhang zwischen Return
(heute vielleicht der wichtigste
Schlag im Spitzentennis), Passierball und Beinarbeit gibt. Weil
gerade diese zwei Schläge sehr
häufig in schwierigen Situationen
gespielt werden müssen, ist die
Wertigkeit der Beinarbeit für das
moderne Tennis um so höher
einzustufen und im Training zu
berücksichtigen.
Da ein dauerhafter Erfolg nur
durch eine ganzjährige, hohe
Durchschnittsleistung zu erzielen
ist, ist folgendes wichtig:
•
Die technische Ausbildung zu
einem Allroundspieler, der auf
allen Platzoberflächen gut
spielen kann
• Die richtige Periodisierung
Die Spezialisten (Sand-, Hartplatz,
Halle, schnelle Böden usw.) haben
Probleme, über das ganze Jahr
gute Leistungen zu bringen, da die
Platzoberfläche fast pausenlos
wechselt. Deshalb müssen Technik
und Spielweise schon bei jungen
Spielern so ausgerichtet werden,
daß sie später fähig sind, mit allen
Bodenarten zurechtzukommen.
Das setzt nicht nur ein breites
Schlagrepertoire voraus, sondern
es muß auch die Fähigkeit ausgebildet werden, die Bälle als Halbflugball, im Aufsteigen bzw. im
Kulminationspunkt hart zu schlagen, das Tempo zu forcieren,
extreme Winkel zu spielen und
alle nur denkbaren Möglichkeiten
zum direkten Punktgewinn auszunutzen. Deshalb werden nach wie
vor Schläge mit Vorwärtsdrall
dominieren, wenn auch mit weniger Spin, dafür aber mit höherer
Geschwindigkeit als noch vor
wenigen Jahren. Der Slice wird
vor allem zum Tempowechsel,
zum Zeitgewinn, als RückhandAngriffsschlag oder aus individuellen taktischen Erwägungen angewandt, eine dominierende Rolle
wird er aber in absehbarer Zeit
nicht spielen.
Die Verbesserung des Flugballspiels selbst bei den Grundlinien-
Analysen von Weltklassespielern
Spielern ist unverkennbar. Denn
ein guter Flugball ist immer noch
die beste Möglichkeit, zu einem
sicheren Punktgewinn zu kommen.
Daß heutzutage jeder gute Tennisspieler über einen ausgezeichneten Aufschlag verfügen muß, steht
außer Zweifel. Um so mehr
wächst die-Bedeutung eines guten
Returns. Der Return ist sicher der
wichtigste Schlag. Vor allem bei
Spielern mit gleichwertigen Aufschlägen, was heute immer häufiger vorkommt, ist er matchentscheidend.
Um diese Techniken des modernen Tennis perfekt zu beherrschen, sind Koordinationsfähigkeiten und das Beachten von biomechanischen Prinzipien und Regeln
von enormer Wichtigkeit. Mängel
in diesen Bereichen verursachen
verringerte Ballgeschwindigkeit,
Präzision und Sicherheit.
Auch die anthropometrischen Voraussetzungen spielen eine bedeutendere Rolle als früher. Die
durchschnittliche Größe der ersten
15 der ATP-Rangliste bei den
Männern ist derzeit ca. 187,5 cm,
der ersten 15 der Damenweltrangliste ca. 172,5 cm. Es fällt auf, daß
unter den ersten 15 Herren nur
ein Spieler unter 180 cm Größe zu
finden ist (Michael Chang). Der
Durchschnitt der ersten zehn ist
dagegen etwa 187 cm, und der
Durchschnitt der ersten fünf liegt
sogar bei 188 cm.
Bei den Damen ist der Durchschnitt der ersten fünf 174 cm.
Daraus läßt sich ableiten, daß die
durchschnittliche Körpergröße in
Richtung Spitze steigt und daß die
großen Spieler und Spielerinnen in
der Weltklasse dominieren.
Es liegt also der Schluß nahe, daß
schon bei der Talentsuche die
zukünftige Körpergröße der
Spieler und Spielerinnen berücksichtigt werden sollte.
Auch der Periodisierung, d.h. der
richtigen Planung von Training,
Wettkampf und Regeneration
muß immer mehr Aufmerksamkeit
gewidmet werden. Es ist unmöglich, daß der Leistungs- und Hochleistungssportler eine maximale
Leistung über das ganze Jahr hinweg erbringt. Deshalb ist es wichtig, daß in allen Kategorien und
Spielstärken gewisse Schwerpunkte innerhalb der Sommerund Wintersaison gesetzt werden,
in denen Spieler und Spielerin das
größte individuelle Leistungspotential anstreben. Erfahrungsgemäß kann man drei Jahreshöhepunkte erreichen. Vor diesen Jahreshöhepunkten müssen dann
Etappen für den Turnieraufbau
eingeplant werden, denen wiederum Vorbereitungsperioden vorausgehen. Auch für die psychische
und physische Regeneration muß
mindestens zweimal im Jahr ausgiebig gesorgt werden.
Die steigende Zahl der Verletzungen bei den heutigen Spitzenspielern zeugt davon, daß diese ohne
Rücksicht auf die Gesundheit
mehr oder weniger planlos die Saison angehen. Er herrscht noch zuviel Improvisation in der Jahresplanung, so daß die Spieler wegen
Verletzungen, Erkrankungen
oder Übertraining den möglichen
Leistungsstand nicht erreichen
können.
Selbstverständlich ist der Tennissport nicht nur aus der Sicht des
Hochleistungssports zu betrachten. Tennis ist vor allem auch Massensport für jedermann, Hobby
und Freizeitbeschäftigung. Tennis
ist eine ideale Sportart für jedes
Alter, solange sie vernünftig
betrieben wird und solange die
altersspezifischen Anforderungen
respektiert werden. Falscher Ehrgeiz, besonders im höheren Seniorenalter, kann zu gesundheitlichen
Problemen führen, ebenso wie
falsche Technik oder mangelhafter
physischer Zustand. Wenn der
Hobbyspieler an dieser Sportart
tatsächlich seinen Spaß finden will,
soll er darauf achten, daß sein
Gesundheitszustand und seine
Kondition der Intensität seines Einsatzes beim Tennis entsprechen.
In der Regel stellt Tennis eine
Intervallbelastung dar. Das Verhältnis von Belastung zu Pause
beträgt zwischen 1:2 und 1:4. Der
Durchschnitt der Belastungszeit
auf Sandplätzen liegt bei 8 Sekunden, auf schnellen Plätzen (Teppich, Hartplatz, Rasen) bei 2,8
Sekunden. Schnelle Starts und
Sprünge erfordern eine gute Startkraft in Kombination mit Antizipationsfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit. Das schnelle Überwinden kurzer Entfernungen verlangt in hohem Maße Schnellkraft
(Kraftschnelligkeit).
Für die Durchführung der Schlagund Lauftechniken in ständig
wechselnden Spielsituationen
braucht der Spieler eine optimale
Koordinationsfähigkeit und Aktionsschnelligkeit.
Grundschnelligkeit und Beweglichkeit werden im Tennis im Vergleich
zu anderen Sportarten nicht maximal benötigt. Auch Kraftausdauer
muß keine besonders hohen
Werte erreichen; allerdings sollte
sie in der Form von Schnellkraftausdauer im Schlagarm und
in der Beinmuskulatur in stärkerem
Maße vorhanden sein. Im Bereich
der motorischen Merkmale sind
ausgeprägte Koordinationsfähigkeit sowie Kraftschnelligkeit als
leistungslimitierende Faktoren zu
bezeichnen, die kaum kompensiert
werden können. Auch an Reaktionsschnelligkeit und Startkraft
sowie an Aktionsschnelligkeit werden hohe Anforderungen gestellt.
Alle anderen Faktoren sind zwar
101
Leistungsanforderungen als Grundlage des Trainings
auch wichtig, jedoch mehr oder
weniger kompensierbar.
Obwohl die aerobe Ausdauer und
die Beweglichkeit im Tennismatch
nicht leistungslimitierend sind, ist
die Ausbildung in beiden Bereichen sehr wichtig. Eine ausgezeichnete aerobe Ausdauer
(Grundlagenausdauer) ist vor
allem für die Qualität eines täg-
102
lichen, mehrstündigen Trainings
unabdingbar. Darüber hinaus
garantiert sie eine schnelle Regenerationsfähigkeit des gesamten
Organismus sowie während als
auch nach anspruchsvollen Trainingseinheiten.
Eine sehr gute Dehnfähigkeit der
Muskulatur und Schwingungsweite der Gelenke ist sowohl für
Tennistechnik, Schnelligkeit, Koordinationsfähigkeit als auch zur
Verletzungsprophylaxe von großer
Wichtigkeit.
Im Hinblick auf die bewegungstechnischen Faktoren ist vor allem
auf die Beinarbeit hinzuweisen.
Selbstverständlich ist eine gute
Tennistechnik grundlegende Voraussetzung für hohe Leistungen.
Leistungsentwicklung
und Leistungsprognose
In jedem Training versucht man,
seine Leistungsmöglichkeiten für
den Wettkampf zu verbessern (zumindest zu erhalten). Je mehr die
Verbesserung der Leistungsmöglichkeiten unter der Perspektive
einer langfristigen Leistungsentwicklung betrachtet wird, desto
mehr tritt die Talentthematik in
den Vordergrund. Hierbei handelt
es sich zunächst um eine
Eignungsdiagnose, denn junge
Tennisspielerinnen und -Spieler
werden danach beurteilt, ob sie für
den Tennisleistungssport geeignet
sind, d. h., ob sie später hohe
Leistungen erbringen können.
Insofern ist eine Eignungsdiagnose
keine Leistungsdiagnose (im Sinne
der Diagnose aktueller Leistungen), sondern eine Leistungsprognose, d.h., man versucht beispielsweise vorherzusagen, ob ein
12jährigerzu den Nachwuchshoffnungen gehören könnte und in
6 bis 8 Jahren Anschluß an die
Leistungsspitze finden werde.
Es hat sich als sinnvoll erwiesen,
die Talentthematik in drei eng
aufeinander bezogene Problembereiche zu gliedern und dementsprechend in drei Schritten zu
behandeln:
• Talentbestimmung: Darunter ist
die begriffliche und theoretische Bestimmung der Bedingungen und Merkmale zu verstehen, die Personen als »Tennistalente« charakterisieren.
• Talentsuche und Talentauswahl:
Ziel der Talentsuche besteht
darin, mit Hilfe von Untersuchungsverfahren und organisatorischen Maßnahmen jene
Personen zu finden, auf welche
die bei der Talentbestimmung
ermittelten Merkmale zutreffen.
Sind diese Personen gefunden,
dann stellt sich bei der Talentauswahl die Frage, wie viele
ausgewählt, ob sie bestimmten
sportlichen Fördermaßnahmen
zugeführt und ob die »NichtTalente« von dieser Förderung
ausgeschlossen werden
sollen.
• Talentförderung: Darunter ist
der Einsatz aller Maßnahmen zu
verstehen, mit deren Hilfe die
ausgewählten Talente die erwarteten späteren hohen Leistungen auch tatsächlich erreichen können.
die Entwicklungspsychologie zeigt
- Erbfaktoren (Anlagefaktoren)
und Umwelteinflüsse, die über
Lernprozesse wirksam werden,
unmittelbar miteinander verbunden sind. Hohe Leistungen entstehen also nur dann, wenn sich
Anlagebedingungen und Lerneinflüsse (z. B. über den Trainer)
gegenseitig positiv beeinflussen.
Im Talentbegriff müssen also nicht
nur personbezogene, sondern
auch umweltbezogene Bedingungen zum Ausdruck kommen. Da
es sich bei der Talentbestimmung
um eine Leistungsprognose handelt, geht es nunmehr darum,
junge Tennisspielerinnen und
-spieler in einem bestimmten Entwicklungsabschnitt danach zu prüfen, ob sie die Bedingungen zu
späteren hohen Leistungen aufweisen.
Daraus ergibt sich folgende allgemeine Talentdefinition:
Talentbestimmung
Fragt man zunächst, wie der
Begriff »Talent« näher bestimmt
werden kann, dann wird dieser
Begriff häufig mit Angeborenem,
Vererbtem und somit relativ Trainingsunabhängigem verbunden.
Diese Begriffsbestimmung beinhaltet jedoch ein zentrales Problem. Es besteht darin, daß - wie
Als sportliches Talent kann
eine Person in einem bestimmten Entwicklungsabschnitt bezeichnet werden,
die bestimmte körperliche
und psychische Bedingungen
aufweist, die bei günstigen
Umweltbedingungen mit
großer Wahrscheinlichkeit zu
späteren hohen Leistungen
führen.
103
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose
Dieser offene Ansatz legt es nahe,
nunmehr vier Teilstücke der Definition in Form von Fragen näher
zu bestimmen.
?
ln welchem Entwicklungsabschnitt soll das Talent
•
gesucht und zur Förderung
ausgewählt werden?
Zur Antwort werden zwei wichtige
Erkenntnisse herangezogen:
Zum einen zeigt die Erfahrung,
daß die Zeitspanne vom Beginn
eines systematischen Leistungstrainings bis zum Erreichen der
Hochleistungsphase etwa 8 bis 10
Jahre umfaßt.
Zum zweiten wird in der allgemeinen Bewegungslehre immer
wieder nachgewiesen, daß die Zeit
der Vorpubertät einen bedeutenden Entwicklungsabschnitt für den
Erwerb motorischer Fertigkeiten
darstellt.
Geht man demnach davon aus,
daß die wichtigsten Tennistechniken in diesem Altersabschnitt
erlernt werden sollen, dann heißt
dies zugleich auch, daß die Talentsuche etwa im 8. bis 10. Lebensjahr ansetzen muß.
?
Welche körperlichen und
psychischen Bedingungen,
•
die als personinterne Faktoren, und welche Umweltbedingungen, die als personexterne Faktoren zu bezeichnen sind, bestimmen die
Leistungsentwicklung im
Tennis?
Hierzu sei bezüglich der personinternen Faktoren auf die körperlichen Merkmale (Schnelligkeit, Koordination, Kraft, Beweglichkeit
u.a.), motorischen Merkmale
(Schlagtechnik, Lauftechnik, Ballgefühl u.a.), kognitiven Fähigkeiten (Spielintelligenz, Konzentrationsfähigkeit u.a.) und motivationalen Merkmale (Leistungsmotiva-
104
tion, psychische Stabilität u.a.)
verwiesen. Bezüglich der personexternen Faktoren sind vor allem
die Fähigkeiten des Trainers, die
gegebenen Trainingsbedingungen,
familiäre Unterstützung, Freunde,
aber auch die Unterstützung
durch den Verein, den Verband, ja
die Gesellschaft u.a. zu beachten.
?
Wie hoch sollen die zu prognostizierenden Leistungen
•
sein und zu welchem Zeitpunkt sollen diese hohen
Leistungen erreicht sein?
Bei der Frage nach dem Prognosekriterium ist es wichtig festzustellen, welches Leistungsniveau angestrebt werden soll. Ist es die
Verbandsebene oder die Ebene
der nationalen Spitze oder gar der
internationalen Spitze?
Denn es ist leicht einsehbar, daß
mitzunehmenden Leistungsanforderungen nicht nur höhere Anforderungen im Hinblick auf die einzelnen leistungsbestimmenden
Faktoren gegeben sind, sondern
daß auch im Rahmen dieser Faktoren immer weniger Ausgleich
möglich ist. Es geht ja mit zunehmendem Leistungsniveau nicht
nur darum, ein bestimmtes Fertigkeitsniveau zu erreichen, sondern
es müssen auf diesem Niveau, das
bei der heutigen Breite des nationalen und internationalen 'Wettkampftennis relativ viele Spieler
erreichen, im Rahmen eines Selektionsprozesses viele nahezu gleichwertige Konkurrenten ausgeschaltet werden. Dies zeigt auch, daß
mit zunehmendem Leistungsniveau die unabwägbaren Einflußfaktoren an Bedeutung zunehmen
und die Leistungsprognose im
Tennis deshalb besonders schwierig ist, weil es nicht darum geht,
wie z.B. in der Leichtathletik, eine
bestimmte meßbare Größe (z.B.
7,50 m im Weitsprung) zu errei-
chen, sondern sich in der Auseinandersetzung mit Konkurrenten
durchzusetzen, deren Anzahl und
Stärke zum Zeitpunkt der Leistungsprognose noch nicht abgeschätzt werden kann.
Bei der Frage, zu welchem Zeitpunkt die zu prognostizierenden
Leistungen erreicht sein sollen, ist
es deshalb sinnvoll, zunächst von
einem etwas niedrigeren Niveau
auszugehen (z.B. im Blick auf das
internationale Tennis von einem
Weltranglistenplatz um 100 und
im Blick auf das nationale Tennis
von einem mittleren Platz der
deutschen Rangliste) und dieses
Niveau als Basis für den letzten
Selektionsprozeß anzusehen.
Erfahrungen zeigen, daß noch einige Jahre an Training und insbesondere an Wettkampferfahrung
notwendig sind, um im Rahmen
dieses Selektionsprozesses die Leistungsphase erreichen und stabilisieren zu können.
Geht man im Blick auf männliche
Tennisspieler davon aus, daß spätestens in der Vorpubertät mit
dem systematischen Training zu
beginnen ist, daß das günstigste
Leistungsalter im allgemeinen
etwa zwischen dem 22. und 28.
Lebensjahr liegt, daß davon etwa
3 bis 4 Jahre für die letzte Phase
des Selektionsprozesses anzusetzen sind, dann ergibt sich für die
zentrale Phase der Leistungsentwicklung etwa eine Spanne von
8 bis 10 Jahren, so daß die zu prognostizierende Leistung etwa in
den Zeitraum des 18. bis 21. Lebensjahres fallen sollte. Anders
formuliert: In diesem Alter sollte
(im Hinblick auf unser Beispiel) der
Weltranglistenplatz in Richtung
100 bzw. ein mittlerer Platz auf
der deutschen Rangliste erreicht
werden. Bis zu diesem Zeitpunkt
läuft somit auch die zentrale Phase
der Talentförderung.
Talentbestimmung, Talentsuche
Wie kann man die Merkmale
bestimmen, die das Talent
B zum Zeitpunkt der Talentsuche aufweisen sollte?
Nach diesen Vorüberlegungen
kann man (vor allem im Blick auf
die personinternen leistungsbeeinflussenden Faktoren) prüfen, über
welche Merkmale ein etwa 8 bis
10 Jahre altes Kind verfügen
sollte, um als Tennistalent bestimmt zu werden. Bei dieser
Prüfung, die sich in vier Schritten
vornehmen läßt, ist davon auszugehen, daß die leistungsbestimmenden Faktoren zu unterschiedlichen Zeiten der Leistungsentwicklung von unterschiedlicher
Bedeutung sind.
Schritt 1: Bei jeder Talentbestimmung in irgendeiner Sportart sollte
man sich zuerst den idealen Athleten zum Zeitpunkt der Hochleistungsphase vorstellen, d.h., man
prüft, welches Anforderungsprofil
in der Sportart gegeben ist und
welche Spitzenathleten diesem
Anforderungsprofil am ehesten
entsprechen. Man gewichtet also
alle bedeutsamen personinternen
und personexternen Merkmale
zum Zeitpunkt der zu prognostizierenden Spitzenleistung. Dabei
sollte man gleichzeitig prüfen,
welche Faktoren kompensierbar
(d. h. ausgleichbar) sind. So ist z. B.
etwas zu wenig an Schlagarmkraft
durch eine bessere Koordinationsfähigkeit (mehr Schwung) kompensierbar.
Schritt 2: Dann sollte man sich
fragen, ob diese Merkmale bereits
zum Zeitpunkt der Talentsuche
und der Talentauswahl in günstigem Maße ausgeprägt sein müssen. Dabei läßt sich feststellen,
daß z. B. Kraft vor der Pubertät
noch wenig ausgeprägt und vor
allem im Jugendalter gut trainier-
bar ist, so daß diesem Faktor bei
der Talentsuche keine besondere
Aufmerksamkeit geschenkt
werden sollte.
Schritt 3: Andererseits stellt man
aber auch fest, daß z. B. die motorische Lernfähigkeit als Voraussetzung für das Lernen in der Phase
der Talentförderung und eine
familiär positiv wirksame Unterstützung in der Phase der Talentförderung von weit größerer Bedeutung sind, als dies zum Zeitpunkt der Hochleistungsphase der
Fall ist. Man sollte also stets auch
berücksichtigen, wie gewichtig
einzelne Bedingungen für die Entwicklung der Leistung in der Phase
der Talentförderung sind. Dabei
kann es sein, daß man Faktoren
findet, die zu allen Zeiten der Leistungsentwicklung gleichermaßen
von hoher Bedeutung und nicht
ausgleichbar sind, so z. B. die
Leistungsmotivation, d.h. die
Motivation für ein intensives Training sowie für höchsten Einsatz
im Wettkampf.
Schritt 4: Schließlich sollte man
überprüfen, ob die Entwicklung
dieser Bedingungen vorhersagbar
ist. Je klarer sich die Entwicklung
eines Merkmals vorhersagen läßt,
z.B. die durch Vererbung mitbestimmte Körpergröße oder - was
für Tennis noch bedeutsamer ist die durch frühe Lernerfahrungen
erworbene und in ihrer weiteren
Entwicklung relativ stabile allgemeine Fähigkeit, geschickt mit Bällen umgehen zu können (Ballgefühl), desto wichtiger ist es, ein
solches Merkmal bei der Talentsuche heranzuziehen.
Welches sind nun die Konsequenzen für die Talentsuche und Talentförderung nach diesen theoretischen Überlegungen?
Talentsuche
Für die Talentsuche kann gefolgert
werden, daß folgende personinternen Merkmale besonders
bedeutsam sind:
• Merkmale, die nicht nur zum
Zeitpunkt der Hochleistungsphase von hoher Bedeutung
sind
• Merkmale, die während der
Hochleistungsphase kaum auszugleichen sind
• Merkmale, die für die Leistungsentwicklung in der Phase
der Talentförderung von großer
• Bedeutung sind
• Merkmale, die in ihrer Entwicklung gut vorhersagbar sind
Solche Merkmale sind vor
allem Schnelligkeit, Beweglichkeit, allgemeine Koordinationsfähigkeit, motorische
Lernfähigkeit, Ballgefühl,
Leistungsmotivation und
psychische Stabilität.
Diese Merkmale können in unterschiedlicher Weise getestet werden. Während Lernfähigkeit, Leistungsmotivation und psychische
Stabilität eher über Verhaltensbeobachtungen erschlossen werden
sollten (weil keine angemessenen
Testverfahren vorliegen), stehen im
DTB zur Erfassung der motorischen
Merkmale in diesem Alter entsprechende Tests zur Verfügung.
Für die Talentförderung kann gefolgert werden, daß jene Bedingungen in besonderem Maße zu
optimieren sind, die variabel sind,
d. h. auf der personinternen Seite:
Kraft, Ausdauer, tennisspezifische
koordinative und taktische Fähigkeiten sowie auf der personexternen Seite: alle mit der Trainingsund Wettkampfplanung zusammenhängenden Bedingungen.
105
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose
Talentförderung
Die genannten, durch Training gut
beeinflußbaren Bedingungen dürfen jedoch nicht so sehr verbessert
werden, daß bei einer zu frühen
Spezialisierung auf bestimmte
Fertigkeiten die Entwicklung der
sportlichen Leistungen allzu sehr
beschleunigt wird.
Denn nach neueren Erkenntnissen
in der allgemeinen Trainingslehre
kann einem solchen raschen Anstieg der Leistung eine spätere
Stagnation folgen, d.h., unter
Umständen ist bei einer allmählicheren Leistungsentwicklung
eine höhere Endleistung zu erreichen. Es kommt also auf einen
entwicklungsgemäßen Leistungsaufbau an.
Die physische Trainierbarkeit
und die psychische Belastbarkeit sind im Laufe der Entwicklung im Kindes-, Jugendund Nachwuchsalter so zu
dosieren, daß die physischen
und psychischen Entwicklungsmöglichkeiten optimal
im Sinne eines höchstmöglichen Endniveaus der sportlichen Leistung ausgeschöpft
werden, ohne daß es zu
physischen und psychischen
Überforderungen kommt.
Alter
Entwicklungsabschnitt
Trainingsabschnitt
Zielsetzungen
4 bis 7
Vorschulalter
Sportartübergreifende
motorische
Grundlagenausbildung
- Erwerb möglichst vielfältiger elementarer sportmotorischer Fertigkeiten (Einzelbewegungen und Bewegungskombinationen)
Mädchen:
7/8 bis
11/12
Schulkindalter
Sportartspezifisches,
aber vielseitiges Grundlagentraining
- Erlernen einer vielseitigen
Tennistechnik (vom Grundschlag bis z. B. zum Flugballstop)
- Erwerb vielfältiger sportartübergreifender 8ewegungsmuster
- Schaffung konditioneller
Grundlagen
- Sammeln erster Wettkampferfahrungen
1. puberale
Phase
Aufbautraining
2. puberale
Phase
Leistungstraining
- Systematischer Aufbau der
konditionellen Leistungsfaktoren (v.a. Kraft, Ausdauer)
- Stabilisierung und individuelle Ausprägung der
Technik
- Verbesserung der taktischen Fähigkeiten im Hinblick auf die individuelle
Spielanlage
- Verbesserung psychischer
Faktoren (Wettkampf- bzw.
Trainingseinstellungen)
- Verbesserung und Stabilisierung sämtlicher Leistungsfaktoren
- Allmählicher Übergang von
Jugend- zu Erwachsenenturnieren
Frühes Erwachsenenalter
Hochleistungstraining
Jungen:
7/8 bis
12/13
Mädchen:
11/12 bis
12/13
Jungen:
12/13 bis
14/15
Mädchen:
12/13 bis
16/17
Jungen:
14/15 bis
18/19
Mädchen:
etwa ab
16/17
Jungen:
etwa ab
18/19
Tab. 11
Bei der Dosierung der physischen
Trainierbarkeit und der psychischen Belastbarkeit im Rahmen eines langfristigen Trainingsaufbaus,
der vier Abschnitte umfaßt - das
Grundlagentraining, das Aufbautraining, das Leistungstraining und
das Hochleistungstraining-, müssen also unterschiedliche Schwerpunkte bezüglich Training, Wettkampf und Betreuung gesetzt
werden (s. Tab. 11).
106
- Durchbruch zur Spitzenklasse
- Stabilisierung physischer
und psychischer Leistungsfaktoren
- Erwachsenenturniere
- Anstreben des persönlichen Leistungsmaximums
Modell des langfristigen Trainingsaufbaus im Tennis
Grundlagentraining
Es ist unbestritten, daß die Zeit der
Vorpubertät eine wichtige Phase
für den Erwerb motorischer Fertigkeiten darstellt. Kinder dieses
Alters haben günstige Hebelverhältnisse und ein gutes Last-KraftVerhältnis; sie sind geschickt und
lernen »auf Anhieb«.
Wenn die Zeit der Vorpubertät ein
günstiges motorisches Lernalter
darstellt, dann sollte diese Entwicklungsphase vor allem dazu
genutzt werden, daß in ihr eher
vielseitige und allgemeine (also
über das Tennis hinausgehende)
Bewegungsmuster erworben
werden. Solche allgemeinen
Bewegungsmuster führen mit
Talentförderung
Abb. 74
Langfristiger Trainingsauf bau für männliche und weibliche Tennisspieler und die Anteile von Training und Wettkampf
hoher Wahrscheinlichkeit zu späterer höherer sportartspezifischer
Leistungsfähigkeit in den einzelnen Wettkampfsituationen. Denn
solche Wettkampfsituationen sind
ja immer wieder »neu«, auch
schon deshalb, weil Spielart der
Gegner, Tennisplatzbeläge, Bälle,
Witterungverhältnisse usw. variabel sind.
Empfehlungen für das Training
im Schulkindalter
Für das Grundlagentraining im
Schulkindalter gelten (nicht nur für
Tennis) folgende allgemeine Empfehlungen:
Ausdauer (s. auch Kapitel Konditionstraining, S. 153)
Die aerobe Ausdauer ist bereits
vor der Pubertät lohnend trainierbar, wobei (abgesehen von intensiven und einseitigen Belastungen)
beim gesunden Kind keine Einschränkungen bzgl. der Belastbarkeit gegeben sind.
Eine gute aerobe Kapazität sollte
im Hinblick auf die im weiteren
Trainingsprozeß zu erwartenden
hohen Belastungen bereits früh-
107
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose
zeitig aufgebaut werden. Intensive
anaerob-laktazide Belastungen
sind grundsätzlich zu vermeiden,
da sie nicht dem Anforderungsprofil entsprechen, das Kind eine
geringere Fähigkeit zur anaeroblaktaziden Energiefreisetzung besitzt, anaerob-laktazide Belastungen nicht kindgemäß sind und zudem eine gute aerobe Kapazität
voraussetzen, die aufgrund des
niedrigen Trainingsalters noch
nicht entwickelt ist.
Kraft (s. auch Kapitel Konditionstraining, S. 159)
Im Kindesalter sollte ein Krafttraining nur im Sinne einer allgemeinen Kräftigung durchgeführt
werden, da eine allgemeine, ganzkörperliche Schulung der Kraft
notwendige Voraussetzung zur
Vermeidung von Sportverletzungen und -schaden und Grundlage
für das spätere Training der Maximal- und Schnellkraft ist.
Maximalkraftbelastungen sind wegen der noch nicht verknöcherten
Wachstumsfugen und einer noch
mäßig entwickelten Muskulatur zu
vermeiden.
Schnelligkeit (s. auch Kapitel Konditionstraining, S. 164)
Wenn zur Lösung einer Aufgabe
die Leistungsfähigkeit des Nervensystems (wie z. B. bei der Reaktionsschnelligkeit) eine zentrale
Rolle spielt, dann kann bereits im
Vorschul- und im Schulkindalter
eine intensive Förderung empfohlen werden, da das Zentralnervensystem bereits weit entwickelt
ist und hinsichtlich der Belastbarkeit keine Einschränkungen bestehen. Mit zunehmender Bedeutung
der Kraft (insbesondere der
Schnellkraft) verschiebt sich der
effektivste Ausbildungszeitraum in
das späte Schulkind- und Jugendalter.
108
Abb. 75
Hockey als Mannschaftsspiel im Rahmen des Grundlagentrainings
Beweglichkeit (s. auch Kapitel
Konditionstraining, S. 170)
Kinder sind wesentlich beweglicher als Erwachsene. Daher ist
eine ausdrückliche, d.h. intensive
und gezielte Beweglichkeitsschulung (Stretching) erst am Ende des
Schulkindalters notwendig. Zur
Vorbeugung der durch einseitige
Belastungen auftretenden
orthopädischen Probleme ist eine
allgemeine, spielerische Beweglichkeitsschulung mit aktiven
Dehnübungen zu empfehlen, bei
der gleichzeitig die Muskulatur
gekräftigt wird.
Koordination (s. auch Kapitel
Koordinationstraining, S. 117)
Die Schulung koordinativer Fähigkeiten steht im Mittelpunkt des
Trainings im Kindesalter. Dabei
sollten möglichst vielfältige Bewegungsmuster vermittelt werden.
Zu Beginn des langfristigen
Trainingsprozesses nimmt die
Schulung sportartübergreifender
Bewegungsgrundmuster einen
breiten Raum ein. Im Grundlagentraining kommt es zu einer tennisspezifischen Ausbildung koordinativer Fähigkeiten, wobei darauf
geachtet werden sollte, daß diese
möglichst »breit« (alle Schlagtechniken und Formen der Beinarbeit)
und immer in Verbindung mit
einer allgemeinen Koordinationsschulung erfolgt.
Was heißt nun allgemeines und
vielseitiges Grundlagentraining im
Tennis konkret?
Die Verbesserung koordinativer
Fähigkeiten steht im Mittelpunkt.
Dabei lassen sich eine sportartspezifische und eine allgemeine Koordinationsschulung voneinander
unterscheiden.
• Die sportartspezifische Koordinationsschulung bezieht sich
auf das Erlernen einer vielseitigen Tennistechnik (vgl. hierzu
Tennis-Lehrplan, Band 1 Technik & Taktik), d.h., daß bis
zur Vorpubertät alle Bewe-
Talentförderung
gungsmuster, die für spätere
Wettkampftechnik grundlegend
sind, in der Grobform geübt
werden sollten.
• Die allgemeine Koordinationsschulung orientiert sich einerseits an den Anforderungen im
Tennis; andererseits erfolgt
diese allgemeine Koordinationsschulung im Rahmen benachbarter Sportarten, so daß sich
die spätere Spezialisierung im
Tennis auf der Grundlage breiter Bewegungserfahrungen
ergibt.
Neben dem Erlernen der Tennistechnik müssen die Auge-HandKoordination, die Fuß-TreffpunktKoordination, die Antizipationsfähigkeit und die Gewandtheit in
tennisvergleichbaren, komplexen
sportlichen Situationen geschult
werden. Hierzu bieten sich aus
dem Bereich der Ballspiele vor
allem Basketball, Fußball und
Hockey an (s. Abb. 76). Dabei
geht es nicht darum, solche Spiele
im Sinn eines spaßhaften Ausgleichs anzubieten. Vielmehr ist es
das Ziel, die entsprechenden motorischen Fertigkeiten (wie z.B.
mit der linken und rechten Hand
dribbeln) systematisch zu verbessern, d. h., besonders auf die Qualität der Bewegungsausführung
Wert zu legen. Dabei sollte auch
auf die beidseitige (bilaterale) Ausbildung geachtet werden.
Schnelligkeit kann nicht nur in den
Sportspielen, sondern auch im
Abb. 76 Erwerb allgemeiner koordinativer Fähigkeiten in tennisübergreifenden
(aber benachbarten) komplexen sportlichen Situationen
klassischen leichtathletischen Training (Startübungen, Koordinationsläufe usw.) verbessert werden.
Für die Verbesserung der Grundlagenausdauer bieten sich Dauerläufe, insbesondere Waldläufe
über 20 bis 40 Minuten an.
Kraft und Beweglichkeit lassen
sich im Rahmen einer allgemeinen,
sportartübergreifenden Gymnastik
verbessern.
Für die Verbesserung der Beinarbeit im Tennis sind spezifische Koordinationsläufe zweckmäßig:
Variationen des Hopserlaufs, des
Skippings, der Sidesteps usw.
Hier gibt es unzählige Kombinationsmöglichkeiten. Nicht zuletzt
ist hier auch das Seilspringen zu
empfehlen.
Bei der Frage, welche praktischen
Konsequenzen für die Praxis sich
aus solchen Vorstellungen ergeben, wird im Blick auf den Aufbau
einer durchschnittlichen Trainingswoche folgendes empfohlen:
Für Zehn- bis Zwölfjährige sollte
der Trainingsumfang zwischen
einem unteren Limit von 6
Stunden und einem oberen Limit
von 12 Stunden wöchentlich
liegen. Dabei ergibt sich folgende
Aufteilung am Beispiel von
10 Stunden wöchentlich:
• 4mal 2 Stunden (»60-MinutenStunde«) Tennistraining; innerhalb dieser 8 Stunden sollten
jedoch 3 Stunden konditionell
orientiert sein.
• 2 Stunden allgemeines Koordinations- und Konditionstraining.
Dies bedeutet, daß insgesamt
etwa 50% eher auf die allgemeinen Grundlagen (2 Stunden
allgemeines Koordinations- und
Konditionstraining und 3 Stunden
konditionell orientiertes Tennistraining) und 50% eher auf die
Tennistechnik im engeren Sinne
ausgerichtet sind.
109
Leistungsentwicklung und Leistungsprognose
Diese Empfehlungen gelten für
das übergeordnete Ziel, später nationale und internationale Leistungen zu erreichen. Es ist selbstverständlich, daß diese Empfehlungen
nicht immer realisierbar sind; indes
sollte auch berücksichtigt werden,
daß in späteren Altersstufen
durchaus von einer gewissen Aufholbarkeit ausgegangen werden
kann. Die Empfehlungen zeigen
jedoch ebenfalls, wie je nach Zielsetzung (z. B. in einem Verein, der
eher mittlere Ziele verfolgt und
weniger Training anbieten kann)
der jeweils mögliche Trainingsumfang aufgeteilt werden kann.
Es soll nun nicht der Eindruck entstehen, diese Sichtweise des
Crundlagentrainings habe sich im
DTB bereits auf allen Ebenen
durchgesetzt.
Die zentralen Probleme der Realisierung des Grundlagentrainings
im Tennis sind folgende:
• Viele Trainer und Jugendwarte
in den Vereinen und Bezirken
verfügen noch nicht über genügende Kenntnisse zum Grundlagentraining.
• Vor allem die Eltern sind aufzuklären. Denn viele Eltern können es überhaupt nicht verstehen, wenn der Trainer auch
noch etwas anderes als das
Tennisspiel anbietet, ja fordert.
• Bei der Organisation des allgemeinen Trainings außerhalb des
Tennisplatzes gibt es häufig
Schwierigkeiten; vor allem im
Winter fehlt es an Hallenkapazitäten; um so mehr müssen
auch Formen des allgemeinen
Koordinations- und Konditionstrainings auf den Tennisplatz übertragen werden.
• Ein besonderes Problem besteht
darin, daß das Grundlagentraining zunächst einmal einen
geringeren Leistungsanstieg im
Tennis nach sich zieht, d.h. also
110
auch, daß andere, die sich sehr
früh spezialisieren, vorübergehend »vorbeiziehen«. Hier sind
Geduld und Weitsicht notwendig. Was den DTB betrifft, so
wird versucht, die Bedeutung
von Ranglisten und überregionalen Meisterschaften in
diesem Entwicklungsabschnitt
zu reduzieren.
Deshalb finden für Kinder unter
10 Jahren nur regionale Sichtungsturniere statt. Für 11- bis 12jährige wurde vor einigen Jahren der
Titel »Deutsche Jugendmeisterschaften« abgeschafft; auf dieser
Ebene bestehen auch keine internationalen Wettkämpfe, und
schließlich wurde vor wenigen
Jahren ein neuer Wettbewerb für
diese Altersklasse IV der 1 1 - bis
12jährigen ins Leben gerufen,
nämlich der Mannschaftsmehrkampf »DTB-Talent-Cup«, der
dem Grundlagentraining in besonderem Maße Rechnung trägt.
Dieser gesamte Ansatz des Grundlagentrainings in der Vorpubertät
ist zu kennzeichnen mit dem
Stichwort Vielseitigkeit gegenüber
Spezialisierung - wobei die Wettkämpfe in diesem Altersabschnitt
keinen hohen Stellenwert besitzen
sollten.
des Aufbautrainings als weiteren
Schwerpunkt kennzeichnen.
Gleichzeitig beginnt jetzt die eigentliche Spezialisierung. Sie zielt
nicht nur auf die Ausprägung der
Technik hin zum individuellen Stil,
sondern sie zielt auch auf eine systematische Wettkampfplanung.
Was die Ausprägung des individuellen Stils betrifft, so gilt es, in der
Zeit der Pubertät und der Nachpubertät verschiedene Faktoren angemessen zu verbinden: die neu
hinzukommende Kraftkomponente mit der bereits vorhandenen
Schwungkomponente, aber auch
die körperliche Entwicklung sowie
die Entwicklung von Motivationen
und Einstellungen als Grundlage
der Herausbildung der individuellen taktischen Spielanlage. Wenngleich die Pubertät keine Schonzeit mehr darstellt, so muß doch
berücksichtigt werden, daß die
Entwicklung in der Pubertät und in
der Nachpubertät häufig eher ungleichmäßig als kontinuierlich verläuft. Deshalb sollte die Phase des
Aufbautrainings trotz vorübergehender Leistungsschwankungen
mit dem Prinzip kontinuierlicher
Förderung verbunden sein.
Aufbautraining
Das Leistungstraining kann mit
dem Prinzip Stabilisierung von
Entwicklungsfaktoren charakterisiert werden. Diese allmähliche
Stabilisierung zeichnet sich vor
allem dadurch aus, daß ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
verschiedenen leistungsbestimmenden Bereichen anzustreben
ist, wobei insbesondere die folgenden drei Beziehungen hervorzuheben sind:
• Zunächst gilt es, im Sinne von
Periodisierungsmaßnahmen ein
ausgewogenes Verhältnis von
Trainings- und Wettkampfan-
Während man die Pubertät vor einigen Jahren noch als »Schonzeit«
betrachtete, hat sich inzwischen
vor allem aufgrund sportmedizinischer Untersuchungsergebnisse
die Erkenntnis durchgesetzt, daß
Kinder bzw. Jugendliche in dieser
Phase der Entwicklung sehr gut
trainierbar sind. Deshalb muß das
Konditionstraining im engen
Sinne, also die Optimierung der
leistungsbestimmenden physischen Faktoren, insbesondere
Kraft und Ausdauer, den Abschnitt
Leistungstraining
Talentförderung
teilen herzustellen. Zumindest
Halbjahrespläne mit Wettkampfhöhepunkten, gezielten
Trainingsschwerpunkten und
Regenerationsphasen sollten
aufgestellt werden.
• Im Training selbst bedeutet
Ausgewogenheit, daß Technik-,
Taktik- und Konditionstraining
gleichermaßen von Bedeutung
sind.
• Was die Wettkämpfe betrifft,
so ist ein allmählicher Übergang
von der Teilnahme an Jugendturnieren zur Teilnahme an Erwachsenenturnieren sinnvoll.
Etwa mit 15 Jahren als Richtzahl könnte sich dieses Verhältnis zugunsten der Erwachsenenturniere langsam verändern.
Bei Jugendmeisterschaften sollten die Talente lernen, gegen
vermeintlich und tatsächlich
schwächere Konkurrenten
durch Eigeninitiative zu gewinnen und mit dem Erfolgszwang
fertig zu werden. Bei Erwachsenenturnieren sammeln sie wichtige Erfahrungen und lernen,
sich durchzubeißen und sich
gegenüber dem stärkeren und
häufig druckvolleren Spiel
Älterer zu verteidigen.
Hochleistungstraining
Im Hochleistungstraining steht das
Ziel, den Durchbruch zur Spitze zu
erreichen, im Vordergrund, d.h.,
sich im Rahmen eines abschließenden Selektionsprozesses in der
absoluten Spitze durchzusetzen.
Nach dem Prinzip des allmählichen
Übergangs sind neue Schwerpunkte zu setzen:
• Das Training ist zunehmend als
Wettkampfvorbereitung im
engen Sinne zu sehen.
• Besonderes Gewicht ist auf die
Ausgewogenheit der Wettkampfplanung zu legen. Dies
Abb. 77
Beispiel für eine Übungsform im Hochleistungstraining
bedeutet, daß ein vernünftiges
Verhältnis zwischen inländischen und ausländischen, zwischen kleineren und größeren
Turnieren sowie zwischen den
verschiedenen Repräsentationsspielen für den DTB, für die
Landesverbände und für die
Vereine zu suchen ist.
•
Deshalb ist in dieser Phase auch
die Periodisierung von besonderem Gewicht.
• Schließlich - und dies ist eine
Folge dieser Schwerpunktsetzungen - gewinnt der Coach im
Vergleich zum Trainer, d.h. also,
gewinnt das Betreutwerden
(entweder allein oder in Kleingruppen) zunehmend an
Bedeutung.
Der Weg vom Kind bis zum Profi
ist ein sehr langer und dornenreicher Weg. Für diejenigen, die ihn
begleiten, ist er mit sehr viel Verantwortung verbunden. Daß es
auf diesem Wege noch viele
offene Fragen gibt, liegt auf der
Hand. Und daß es zu einzelnen
Überforderungen kommen kann,
d.h., daß das Scheitern bei manchen, die sich vor allem zu hohe
Ziele stecken, teilweise zwangsläufig ist, sollte als systemimmanente
Konsequenz verstanden werden.
Trotzdem ist die sog. Talentbewahrung im Tennis kaum ein Problem. Denn es gibt so viele Wettkampfmöglichkeiten auf unterschiedlichen Ebenen, und das
Belohnungssystem für Erfolge
auch auf mittleren und unteren
Leistungsebenen ist so ausgeprägt, daß das soziale Auffangnetz
als sehr eng bewertet werden
kann, so daß es kaum echte Aussteiger gibt. Trotz dieses engen
Fördernetzes kann ein solch langfristiger Trainings- und Wettkampfaufbau vom Kind bis zum
Profi über ca. 15 Jahre nur dann
gelingen, wenn das ihn tragende
Förderungssystem in sich geschlossen und in das dieses Förderungssystem umgebende gesellschaftliche und sportpolitische
System eingebettet ist. Dies bedeutet in unserem föderalen System
vor allem, daß auf und zwischen
den zwei Ebenen Bund und Land
auf der Basis eines Gesamtkonzepts systematisch koordiniert und
kooperiert wird, zwischen den Jugendwarten und Sportwarten
einerseits und den Vereinstrainern,
Bezirkstrainern, Landestrainern/
Bundestrainern andererseits.
111
Allgemeine Trainingsgrundlagen
Struktur und Leistungsfähigkeit
eines Organsystems werden vom
Erbgut sowie von Qualität und
Quantität seiner Beanspruchung
durch die Umwelt und vor allem
des Trainings bestimmt. Der gesamte Trainingsprozeß beruht auf
der Fähigkeit des Organismus zur
Anpassung (Adaptation) an Umwelt- bzw. Trainingsreize. Die trainingsbedingten Anpassungsvorgänge werden über eine Vielzahl
von Meßfühlern überwacht, von
Reglermechanismen gesteuert und
unterliegen bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Training bedeutet
aber auch Belastung, welche zu
einem Abbau der Energiereserven
und ggf. der morphologischen
Struktur von Organen führt und
folglich einen Rückgang der Leistungsfähigkeit bewirkt. Dieser
Rückgang kann nur aufgehalten
werden, wenn der Organismus
Zeit zur Erholung und für den
Wiederaufbau hat. Systematisches
Training konzentriert sich daher
nicht nur auf die Belastung,
sondern berücksichtigt auch
die Erholung. Belastung und
Erholung bilden eine Einheit und
sind folglich von gleicher Bedeutung.
Im Crenzbereich der Leistungsfähigkeit bewegt sich der Sportler
auf einer sehr schmalen Gratwanderung: Einerseits muß er zum Erhalt eines hohen Leistungsstandes
hohe und umfangreiche Belastun-
112
gen wählen und andererseits besteht gerade hierdurch die Gefahr
der Überbeanspruchung, die bei
mehrfacher Aufeinanderfolge zum
Übertraining und zur Leistungsabnahme führt.
Insbesondere aus den Erfahrungen
in Individualsportarten wie Leichtathletik und Schwimmen hat die
Trainingspraxis allgemeine Trainingsprinzipien entwickelt, die in
Abstimmung mit den biologisch
begründbaren Anpassungsvorgängen des Organismus systematisch
und sinnvoll eingesetzt werden
und zur weiteren Leistungssteigerung beitragen.
Abb. 78 Phasen der Veränderung der
Leistungsfähigkeit nach einem Belastungsreiz: 1 = Phase der Abnahme der
sportlichen Leistungsfähigkeit, 2 = Phase
des Wiederanstiegs der sportlichen Leistungsfähigkeit, 3 = Phase der Superkompensation bzw. der erhöhten sportlichen Leistungsfähigkeit
Obwohl die genannten Aspekte
stetig ineinandergreifen und
fließende Übergänge bilden, wird
aus Gründen der Systematik und
der Übersichtlichkeit in folgende
Abschnitte eingeteilt:
• Belastung und Anpassung
• Belastung und Erholung
• Überbelastung bzw. Übertraining
Belastung und
Anpassung
Körperliche Belastungen im Training bewirken aus biologischer
Sicht funktionelle Anpassungen,
die je nach Art und Dauer der
Trainingsreize im energetischen
und morphologischen Bereich
nachweisbar sind. Je nach Art,
Dauer und Häufigkeit des Tennistrainings kommt es daher auch
beim Tennisspieler zu charakteristischen Adaptationswirkungen seiner koordinativen und konditionellen Fähigkeiten. Für das Kinderund Jugendtraining ist von Bedeutung, daß sich koordinative Fähigkeiten schneller und früher entwickeln lassen als konditionelle
Fähigkeiten.
Zur Verbesserung der sportlichen
Leistungsfähigkeit sind entsprechende spezifische Belastungen
bzw. Trainingsreize notwendig. Im
biologischen Modell läuft dies
Belastung und Anpassung
schematisch in folgender Reihenfolge ab: Belastung -> Störung der
Homöostase (fließender Gleichgewichtszustand der Zelle bzw. des
Organsystems) -> Anpassung -+
Superkompensation (erhöhter
Funktionszustand).
Nach der Belastung kommt es zu
einer vorübergehenden Abnahme
der sportlichen Leistungsfähigkeit
und einem anschließenden Wiederanstieg über das Ausgangsniveau (Superkompensation). Erfolgen keine weiteren Trainingsbelastungen mehr, kehrt die Leistungsfähigkeit allmählich zum Aus-'
gangsniveau zurück (s. Abb. 78).
Beispielsweise führt eine länger
dauernde Ausdauerbeanspruchung zu einem Abbau der Glykogenreserven im Muskel. In der Erholungsphase reagiert der Organismus nicht nur mit einer Wiederauffüllung der Glykogendepots,
sondern er versucht, seine Glykogenreserven über den ursprünglichen Ausgangswert hinaus zu vergrößern (Superkompensation).
Hierbei handelt es sich um einen
Schutzmechanismus, der im Falle
einer gleichen Belastungswiederholung einer erneuten Depotentleerung vorbeugen soll. Auf dieser
Reaktionsweise des Organismus
beruht das gesamte Konzept des
körperlichen Trainings und läßt
sich bei Tennisspielern auch auf
die Kraft- und Schnelligkeitsentwicklung übertragen.
In der Sportpraxis läßt sich die
Superkompensation lediglich bei
Anfängern durch einen stetigen
Anstieg der sportlichen Leistungsfähigkeit schnell erkennen. Bei
Fortgeschrittenen dauert der Umsetzungsprozeß teilweise erheblich
länger, und erst die Summierung
nicht unmittelbar nachweisbarer
(isolierter) Trainingseffekte ermöglicht eine meist sprunghafte Leistungssteigerung, die auch als ver-
Abb. 79 Verbesserung der sportlichen
Leistungsfähigkeit durch optimal gesetzte Trainingsreize
spätete Transformation bezeichnet
wird (Abb. 79).
Leistungsfortschritte (höheres
Niveau der Adaptation) erfolgen
bei Trainingsbeginn sehr rasch und
werden dann immer langsamer
und schwieriger. Auch hierfür wird
der Grad der Veränderung bei der
Homöostasestörung verantwortlich gemacht: Die angewandten
Belastungen bewirken mit der Verbesserung des Trainingszustandes
immer geringere Störungen des
inneren Milieus der Zelle (z. B. biochemisches Gleichgewicht) und
damit immer geringere Anpassungserscheinungen. Der Trainingszustand verändert folglich
die Antwortreaktion des Organismus auf einen gegebenen Trainingsreiz. Dies gilt um so mehr für
einseitige Trainingsbelastungen,
die bereits nach kurzer Zeit zu
einer Stagnation des Leistungsanstieges führen; erst die Hinzunahme zusätzlicher, teilweise
neuer Trainingsreize (z.B. Training
auf ungewohnten Bodenbelägen
sowie systematischer Einbau von
Doppelwettkämpfen bei Tennisspielern) ermöglicht weitere Adaptationsprozesse im Sinne einer
Leistungssteigerung.
Nur überschwellige Reize lösen
eine Reaktion im Körper aus, und
erst die mehrfache Wiederholung
von überschwelligen Reizen führt
zu Trainingseffekten. Der Schwellenwert des Trainingsreizes richtet
sich nicht nur nach Reizstärke und
Reizumfang, sondern auch nach
dem Leistungszustand der betreffenden Person. Beispielsweise
kann bei einer untrainierten Person bereits eine Reizstärke von
40% der Maximalkraft eine Leistungssteigerung hervorrufen,
während bei hochtrainierten KraftAthleten ggf. nur Reize jenseits
von 80 bis 90% der Maximalkraft
wirksam werden. Im Tennis werden Anfänger und Fortgeschrittene bereits mit einem zweimaligen Training pro Woche ihre tennisspezifische Koordination verbessern können, während für die
Mehrzahl der Spieler der internationalen Klasse ein zweimaliges
Training pro Tag das notwendige
Minimum zur Leistungsverbesserung darstellt.
Zwecks Optimierung der Belastung in den einzelnen Trainingseinheiten bedarf es tieferer Kenntnisse der einzelnen Belastungskomponenten und ihrer komplexen Interaktion. Allgemein werden
für die Charakterisierung des Trainings folgende Belastungsnormative unterschieden:
• Reizintensität (als präziseren
Ausdruck empfehlen wir Reizhöhe oder Reizstärke, allerdings
ist der Begriff Reizintensität in
der Trainingspraxis üblich):
Höhe (Stärke) des einzelnen
Reizes
• Reizdichte: zeitliches Verhältnis
von Belastungs- und Erholungsphase
• Reizdauer: Einwirkungsdauer des
Einzelreizes bzw. der Reizserie
• Reizumfang: Gesamtdauer der
Reize pro Trainingseinheit
113
Allgemeine Trainingsgrundlagen
Im Tennis wird ein Training vorrangig durch Reizumfang (Gesamtdauer der Trainingsreize) und
Reizintensität (Summe aus Reizstärke und -dichte sowie Pausendauer) charakterisiert, da die Intensität des Einzelreizes dort nur
schwer bestimmbar ist und komplexe Trainings- und Spielformen
jeweils eine (riesige) Summe von
(unterschiedlichen) Einzelreizen
darstellen. Demgegenüber werden
Quantität und Qualität eines
Schnelligkeitstrainings in ausgeprägtem Maß von Reizstärke,
Reizdichte, Reizdauer, Reizumfang
und Pausengestaltung bestimmt.
Werden die einzelnen Trainingsreize zu schnell hintereinander gesetzt (zu hohe Reizdichte) oder die
Streckenlängen zu lang gewählt
(zu hohe Reizdauer) oder die Zahl
der Wiederholungen pro Trainingseinheit zu hoch angesetzt (zu
hoher Reizumfang), dann geht
dies zu Lasten der Reizintensität
(besser Reizstärke): Die spezifische
Wirkung eines solchen Trainings
wird sich demnach von dem Ziel
einer maximalen Schnelligkeitsentwicklung entfernen und eher zu
einer Verbesserung der Schnelligkeitsausdauer führen.
Belastung und
Erholung
Ziel der Belastungen im Training
ist die Superkompensation jener
Organstrukturen, die für den Leistungsfortschritt verantwortlich
sind. Voraussetzung ist, daß der
Wiederaufbau nicht zu früh durch
vorzeitigen Neuverbrauch, d.h.
durch eine zu früh einsetzende
Belastung zerstört wird. Wird dagegen die Erholung zu stark betont,
so werden die Spuren der vorangehenden Trainingseinheit ver-
114
wischt, und die Voraussetzungen
für eine Leistungssteigerung entfallen. Folglich spielt für die Effektivität eines Trainings neben Trainingsspezifität, -intensität und
-umfang auch die Erholung eine
bedeutende Rolle. Das auf JAKOWLEW zurückzuführende Schema der
drei Varianten des Wechsels von
Belastung und Erholung verdeutlicht einerseits die Unwirksamkeit
des Trainings bei zu großen und
andererseits bei zu kleinen Erholungspausen (Abb. 80).
Die Erholungszeit hängt ab von
Inhalt, Intensität und Umfang des
Trainings sowie von verschiedenen
exogenen (z.B. Temperatur und
Luftfeuchtigkeit) und endogenen
(z. B. individueller Leistungszustand, Alter und Geschlecht)
Bedingungen. Ferner differiert sie
bei den verschiedenen Organsystemen. So erfolgt beispielsweise die
Erholung nach Kurzzeitbelastungen sehr schnell (ca. 2 bis 5 Stunden), während die ResyntheseRate für den Energiestoffwechsel
bei langdauernden Belastungen
(z. B. Glykogenaufbau) und vor
allem die Regeneration von Struktureiweiß (z. B. Muskulatur oder
Enzyme für den Energiestoffwechsel) sehr langsam (mehr als 24
Stunden) ablaufen. Dies bedeutet
für die Trainingspraxis, daß ein
schnelligkeitsorientiert.es Konditionstraining oder ein hochintensives, kurz dauerndes Tennistraining
bei entsprechendem Trainingszustand am gleichen Tag ohne Effizienzverlust einen zweiten Trainingsabschnitt erlaubt. Demgegenüber sollte ein intensives, umfangreiches Tennistraining oder ein
harter und langdauernder Tenniswettkampf am gleichen und ggf.
auch am darauffolgenden Tag
nicht in gleicherweise wiederholt
werden.
Die Trainingspraxis hat allerdings
gezeigt, daß es nicht sinnvoll sein
kann, jede neue Trainingsbelastung erst bei völliger Wiederherstellung aller Leistungsfaktoren
anzusetzen. Allzu lange Erholungspausen sind nämlich aus
zeitökonomischen Gründen im
Trainingsprozeß nicht durchführbar, und außerdem kann der für
Spitzenleistungen notwendige
Trainingsumfang nicht erreicht
werden. Im Leistungstraining muß
daher auch schon vor Abschluß
der Herstellungsprozesse trainiert
werden. Dies erfolgt entweder
durch eine Akzentverschiebung
der spezifischen Trainingsreize
oder aber auch durch Summation
gleicher oder veränderter Reize
(z.B. nach dem Serienprinzip).
Diese zusätzliche Aufstockung der
Ermüdung ist eine im Hochleistungstraining durchaus übliche
Variante der Belastungsfolge. Sie
führt zu einer noch tieferen Ausschöpfung der Reserven (z. B.
energetisches Potential) und provoziert eine noch umfangreichere
Anpassung. Allerdings müssen
anschließend entsprechend
größere Erholungsintervalle eingelegt werden. Zusammenfassend ist
Belastung und Erholung
für die Tennispraxis die Einhaltung
folgender Regeln wichtig:
• Für die Wiederherstellung und
Superkompensation der Leistungsfähigkeit ist ein optimaler
Wechsel von Belastung und
Erholung anzustreben.
• Wegen der unterschiedlich
schnellen Erholungsfähigkeit
verschiedener Organsysteme
sind Variationen der Trainingsinhalte und -methoden erforderlich.
• Auch ein zwei- bis dreimaliges
tägliches Training nach dem
Serienprinzip ist möglich, wenn
die Trainingsbelastungen insgesamt wellenförmig verlaufen.
Werden die Trainingsreize zu häufig und sehr frühzeitig in der
Phase der unvollständigen Erholung gesetzt, kann dies zum Übertrainingssyndrom und zur Abnahme
der sportlichen Leistungsfähigkeit
führen (s. Abb. 80, S. 114).
Deshalb wird in der Sportpraxis
versucht, die Regeneration durch
unterstützende Maßnahmen
pädagogischer Art (z. B. Individualisierung, Variabilität des Trainings
usw.), psychologischer Art (Entspannungstechniken, Psychohygiene usw.) sowie mit medizinischphysiotherapeutischen Mitteln
(Verabreichung von Vitaminen,
Mineralien und Kohlenhydraten,
Massage usw.) zu beschleunigen.
Günstige Voraussetzungen für
einen Erfolg dieser Maßnahmen
bieten grundsätzlich eine präzise
Trainingsplanung (einschließlich
Trainingsbuch) sowie regelmäßige
trainings- und wettkampfbegleitende Untersuchungen zur Leistung und Gesundheit des Athleten. In dieser Hinsicht bestehen
speziell im Tennis noch erhebliche
Defizite, so daß die Leistungsreserven auch bei Spitzenspielern
auch nicht vollständig ausgeschöpft werden.
Überbelastung
und Übertraining
Übertraining kann allgemein definiert werden als ein Nachlassen
der Leistungsfähigkeit trotz unveränderter Trainingsbeanspruchungen; häufig wird die Leistungseinbuße auch von verschiedenen Zeichen subjektiver und objektiver
Natur begleitet. Allgemein wird
das Übertraining mit sympathikotonen Symptomen (basedowoider
Typ) von jenem mit vorrangig pa^
rasympathikotonen Symptomen
Eine Schülerin spielt, die andere pausiert
115
Allgemeine Trainingsgrundlagen
(addisonoider Typ) unterschieden.
Der Sportler klagt beim basedowoiden Übertrainingszustand
(charakterisiert durch gesteigerte
Erregungsprozesse) vor allem über
leichte Ermüdbarkeit, innere Unruhe, Schlafstörungen, Abnahme
des Körpergewichts und Neigung
zum Schwitzen (ggf. mit Nachtschweiß), während beim selteneren addisonoiden Übertrainingszustand phlegmatische Haltung und
eher gehemmte Erregungen vorherrschen.
Im Labor können teilweise hohe
Werte von CPK (Creatin-PhosphoKinase), Serumharnstoff und Ammoniak sowie erniedrigte Werte
von Eisen, Magnesium und Kalium
nachgewiesen werden. Auch ein
Anstieg des Quotienten
Kortisol/Testosteron als Maß für
ein unausgewogenes Gleichgewicht eiweißaufbauender und
-abbauender Prozesse wird als objektivierendes Mittel angegeben.
Wenn in der sportmedizinischen
Leistungsdiagnostik die maximale
Leistungsfähigkeit herabgesetzt ist
und zugleich eine niedrigere maximale Laktatbildungsrate vorliegt,
liegt ein weiterer Hinweis für einen
Übertrainingszustand vor. In der
Trainingspraxis fällt auf, daß die
116
Sportler insbesondere bei Teilleistungen wie Schnelligkeit, Kraft
und im Ausdauerbereich Leistungseinbußen erleiden.
Die im folgenden aufgeführten
Punkte gelten als wesentliche
Ursachen für das Übertraining
und sind deshalb möglichst zu
vermeiden:
• Unangemessen hohe Trainingsumfänge und -intensitäten
• Hohe Summierung oder Dichte
technisch schwieriger Bewegungsabläufe im Training und
Wettkampf
• Einseitigkeit und Eintönigkeit
der Trainingsinhalte und
-methoden
• Einseitige Ernährung
• Enge Wettkampffolge mit
unzureichenden Erholungsintervallen
• Vorausgehender Infekt (auch
leichter Art) sowie zusätzlicher
beruflicher und/oder privater
Streß
• Vorgabe unrealistischer
Leistungsziele
Da es sich beim Übertraining bzw.
beim Übertrainingssyndrom ursächlich häufig um eine Summation von physischen und psychischen Belastungen handelt, wäre
der Begriff Ȇberbelastung bzw.
Überbelastungssyndrom« zutreffender.
Nach ISRAEL läßt sich das basedowoide Übertraining bei entsprechender Behandlung meist innerhalb von 1 bis 2 Wochen vollständig beseitigen. Neben der Ausschaltung aller sozialen und biologischen Störfaktoren werden als
therapeutische Maßnahmen
genannt: Erhebliche Reduktion des
(intensiven) Spezialtrainings,
Übergang auf aktive Erholung,
leichte Massage und unter Umständen Milieuwechsel. Ferner ist
auf vollwertige und reichhaltige
Ernährung zu achten. In schweren
Fällen müssen auch Einschlafmittel, Beruhigungsmittel und Psychotherapie (dämpfend und entspannend) in Betracht gezogen
werden.
Das addisonoide Übertraining läßt
sich innerhalb von Wochen, unter
Umständen allerdings erst nach
Monaten, beheben. Auch hier
erfolgt eine Reduktion des Trainingsumfanges, eventuell verbunden mit einem Milieuwechsel.
Wichtig sind Maßnahmen der
Physiotherapie und der Balneotherapie; auch eine Intensivierung der
individuellen psychischen Betreuung ist erfolgversprechend.
Koordinationstraining
Tennis ist eine hochkoordinative
Sportart. Die Koordinationsfähigkeit gehört zu den wichtigsten
leistungslimitierenden Faktoren
im Tennissport.
Ohne gute Koordinationsfähigkeit
ist das Erlernen der Tennistechnik
nachweislich erschwert. Die
Summe der gut ausgeprägten
koordinativen Fähigkeiten entscheidet über den Lernerfolg beim
Neulernen und Ausformen von
Bewegungen.
Je besser die Qualität der Koordination ist, desto geradliniger,
müheloser und präziser wird das
Bewegungsziel erreicht. Die Bewegungsabläufe werden geschmeidiger und ökonomischer, der Ermüdungsgrad sinkt.
Definition und
Systematik
Physiologisch versteht man
unter Koordination das Zusammenwirken von zentralem
Nervensystem (ZNS) und Skelettmuskulatur innerhalb eines
gezielten Bewegungsablaufes.
Die Qualität der Koordination wird
von der Bewegungsgeschwindigkeit und vom Informationsgehalt
bei einer gezielten Bewegung beeinflußt. Indikatoren für die Koordination sind besonders Bewegungspräzision und Bewegungsökonomie.
Man unterscheidet zwischen intramuskulärer und intermuskulärer
Koordination.
Intramuskuläre Koordination
bezieht sich auf das Zusammenwirken von Nervenfasern und
Muskelfasern innerhalb eines"
Muskels. Ein hoher Ausprägungsgrad garantiert eine optimale Zusammenarbeit bzw. rechtzeitige,
ökonomische und wirkungsvolle
Innervation aller benötigten Muskelfasern eines Muskels bei einer
gezielten Kontraktion.
Intermuskuläre Koordination bezieht sich auf das Zusammenwirken verschiedener Muskeln. Sie
garantiert die optimale Impulsübertragung in der kinematischen
Kette innerhalb eines ganzkörperlichen Bewegungsablaufes.
Unter dem Begriff Koordinationsfähigkeit wurden früher in der Literatur vor allem die Begriffe Gewandtheit und Geschicklichkeit
verstanden. Mit diesen zwei Begriffen kann man aber den gesamten Bereich der Koordinationsfähigkeit nicht umfassend beschreiben. Im Verlaufe der Zeit hat
man deshalb versucht, die Komponenten der koordinativen
Fähigkeiten zu präzisieren und zu
ordnen, wie aus Abb. 81 hervorgeht.
Man darf allerdings einzelne Teile
der Koordination nicht als selbständige Komponenten betrachten. Vielmehr ergeben sich eine
Vielzahl an Kombinationen und
Überschneidungen, und vor allem
sich gegenseitig beeinflussende
Zusammenhänge.
Koordinative
Fähigkeiten
Somit kann man innerhalb des
Koordinationstrainings zwar nach
Bedarf gewisse Schwerpunkte herausgreifen, im Prinzip muß man
aber die Koordination stets im
Sinne eines komplexen Verfahrens
zur Entwicklung von mehreren nebeneinander laufenden koordinativen Fähigkeiten schulen.
Kopplungsfähigkeit
Die erste koordinative Fähigkeit,
die ganz besonders mit anderen
Teilkomponenten der Koordinationsfähigkeit verbunden ist, ist die
Kopplungsfähigkeit. Darunter versteht man die Fähigkeit, Teilkörperbewegungen untereinander
und in Beziehung zu der auf ein
bestimmtes Handlungsziel gerichteten Gesamtkörperbewegung
117
Koordinationstraining
Abb. 81 Koordinative Fähigkeiten nach BLUME (1978). Die im folgenden aufgeführten Definitionen der einzelnen koordinativen Fähigkeiten stammen ebenfalls von
BLUME (1978)
zweckmäßig zu koordinieren. So
ist z. B. bei der Ausführung eines
erfolgreichen Tennisschlages eine
optimale und präzise Kopplung
verschiedener schlag- und situationsabhängiger Teilkörperbewegungen der unteren Extremitäten,
des Rumpfes, des Kopfes und der
oberen Extremitäten untereinander notwendig.
Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Kettenreaktion
einzelner Muskelglieder dieser
Kette bzw. in biomechanischem
Sinne von einer feinmotorischen
Koordination von Teilimpulsen.
Dies beinhaltet nicht nur die richtige Reihenfolge des Einsatzes einzelner Glieder, sondern auch die
Kopplung einer ganzen Reihe von
verschiedenartigen Bewegungsformen innerhalb eines Bewegungsablaufes wie z. B. das Strecken
(der Beine), die Verwringung und
Rotation (der Hüften und des
118
Oberkörpers), die Bogenspannung
und vieles mehr.
Für das tennisspezifische Training
dieser Fähigkeit sind neben einer
großen Variation an tennistechnischen Bewegungsabläufen
während des Lern- und Übungsvorganges praktisch alle Ballsportarten, Wurfbewegungen, Laufund Sprungformen sowie Bewegungskombinationen dieser und
anderer Bewegungen, die beispielsweise in verschiedenen Hindernisparcours usw. eingebaut sein
können, empfehlenswert.
Differenzierungsfähigkeit
Solche Empfehlungen gelten auch
für die nächste Form der koordinativen Fähigkeiten: die Differenzierungsfähigkeit. Hier handelt es
sich um die Fähigkeit zum Errei-
chen einer hohen Feinabstimmung
einzelner Bewegungsphasen und
Teilkörperbewegungen, die in
großer Bewegungsgenauigkeit
und Bewegungsökonomie zum
Ausdruck kommt. Eine solche
Fähigkeit ist z. B. dann notwendig,
wenn je nach Position, Lage und
Ziel ein kurzer, flacher Passierball
cross in vollem Lauf außerhalb der
Seitenlinien oder ein harter CrossSchlag in die gegnerische Ecke aus
der gleichen Lage und Position geschlagen werden soll. Ein Sich-Anpassen an die Situation aufgrund
vielfacher Wahrnehmungen (visueller, akustischer, kinästhetischer)
über unterschiedliche Muskelspannungen und Muskelinnervationen
ist eine Voraussetzung der situativen Technikbewältigung, die in
der Praxis auch mit dem Begriff
»Ballgefühl« beschrieben wird.
Man kann davon ausgehen, daß
die Qualität der Differenzierungsfähigkeit stark von der Qualität
der Kopplungsfähigkeit abhängt,
d.h., eine Feinabstimmung der Bewegung ist nur durch eine richtige
Reihenfolge einzelner Innervationsimpulse zu erreichen. Beide
Fähigkeiten hängen allerdings
wiederum mit einer dritten Fähigkeit - der Gleichgewichtsfähigkeit
-zusammen.
Gleichgewichtsfähigkeit
Unter Gleichgewichtsfähigkeit
versteht man die Fähigkeit, den
gesamten Körper im Gleichgewichtszustand zu halten oder
während und nach umfangreichen
Körperverlagerungen diesen
Zustand beizubehalten bzw.
wiederherzustellen.
Optimale Gleichgewichtsfähigkeit
bedeutet z. B. das Gleichgewicht
während des Schlages zu halten,
Koordinative Fähigkeiten
was eine Voraussetzung jedes
guten Schlages ist, oder aber das
eventuell verlorene Gleichgewicht
nach einem Schlag im vollen Lauf,
im Sprung usw. sehr schnell
wieder zu erreichen. Hierzu sind
Differenzierungsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit sowie Orientierungsfähigkeit eine wesentliche
Grundlage.
Im Tennis ist sowohl die statische
(Aufschlag, Schlag aus dem Stand)
als auch die dynamische Gleichgewichtsfähigkeit (Schlag im vollen
Lauf, im Sprung, beim Ausweichen usw.) von großer Bedeutung.
Das Gleichgewicht wird vor allem
über die Haltung des Kopfes mit
seinem vestibulären Apparat sowie
des Oberkörpers gesteuert.
Sowohl perfekte Beinarbeit, durch
die man die Position des Körperschwerpunktes im Verhältnis zur
Stützfläche korrigiert bzw. anpaßt,
als auch das Senken des Körperschwerpunktes in die Nähe der
Bodenfläche sind dabei von entscheidender Bedeutung.
Orientierungsfähigkeit
Auch die Orientierungsfähigkeit ist
in engem Zusammenhang mit den
drei obengenannten Fähigkeiten
zu sehen. Unter Orientierungsfähigkeit versteht man die Fähigkeit zur Bestimmung und Veränderung von Lage und Bewegungen des Körpers in Raum und Zeit,
bezogen auf ein definiertes Aktionsfeld (Spielfeld) und/oder ein
sich bewegendes Objekt (Ball,
Gegner, Partner). Da sich der Tennisspieler während des Ballwechsels in der Regel andauernd in
Bewegung befindet und sich die
Position des Körpers auf dem Platz
dadurch ständig verändert, kommt
im Tennis die raumorientierte,
dynamische Steuerung der eigenen
Bewegungshaltung besonders zur
Geltung. Hinzu kommt die Beobachtung des Gegners und des Balles (sowie im Doppel des Mit- und
zweiten Gegenspielers).
Rhythmisierungsfähigkeit
Eine weitere koordinative Fähigkeit ist die Rhythmisierungsfähigkeit. Darunter versteht man die
Fähigkeit, einen von außen vorgegebenen Rhythmus zu erfassen
und motorisch zu reproduzieren
sowie den »verinnerlichten«, in
der eigenen Vorstellung existierenden Rhythmus einer Bewegung in
der eigenen Bewegungsfähigkeit
zu realisieren. Im Tennis steht die
auf der Grundlage kinästhetischer
Informationen »verinnerlichte«,
zeitliche, räumliche und dynamische Gliederung des Bewegungsablaufes im Vordergrund. Diese
kann relativ stabil sein, wie z.B.
beim Aufschlag oder einem Schlag
in einer standardisierten Position
oder Situation, sie kann aber auch
im Spiel von der jeweiligen Situation auf dem Tennisplatz abhängig
sein. Der Spieler muß aufgrund
der Wahrnehmung der speziellen
Situation seinen eigenen individuellen Schlagrhythmus dieser Situation anpassen, d. h., er muß den
situativen Schlagrhythmus immer
wieder neu gestalten bzw. der
Situation angepaßt übernehmen.
Dies ist von seiner Stellung auf
dem Platz (weit hinter der Grundlinie, vor dieser, auf der T-Linie
usw.), von der Art und Geschwindigkeit des ankommenden Balles
(schnell, langsam, hoch, flach
usw.), von der beabsichtigten
Schlagart (Topspin, Slice usw.), der
beabsichtigten Ballgeschwindigkeit
(Winner, Angriffsschlag), der Richtung und der Länge (lang zur
Grundlinie, kurz cross zur Seiten-
linie usw.) abhängig. Die Rhythmisierungsfähigkeit spielt aber auch
beim Lernen eine wichtige Rolle.
Dabei kommt dem Lehrer eine bedeutende Rolle zu, indem er durch
Vormachen oder durch akustische
Hinweise während der Lauf- und
Schlagbewegungen des Schülers
dessen Rhythmus reguliert.
Reaktionsfähigkeit
Die Reaktionsfähigkeit ist ein weiterer Bestandteil der Bewältigung
der koordinativen Aufgaben.
Unter Reaktionsfähigkeit wird die
Fähigkeit zur schnellen Einleitung
und Ausführung zweckmäßiger,
kurzzeitiger, motorischer Aktionen
als Antwort auf ein Signal verstanden. Im Tennis handelt es sich um
eine komplexe Reaktionsfähigkeit,
d.h. um eine situationsbezogene
Anpassungsfähigkeit mit einer
schnellen und zweckmäßigen Einleitung und Ausführung ganzkörperlicher Bewegungshandlungen.
Aus einer Auswahl von Signalen
muß der Tennisspieler eine bestimmte, zweckmäßige Entscheidung schnell treffen und den entsprechenden Bewegungsvollzug
einleiten. Hierfür braucht er eine
gespeicherte Verfügbarkeit alternativer oder verschiedener
Lösungsmöglichkeiten. Die entsprechenden Gedankenprozesse
müssen blitzschnell und intuitiv
ablaufen, damit sie aufgrund des
hohen Zeitdrucks in zweckmäßige
Bewegungen umgesetzt werden
können. So muß z.B. eine blitzschnelle Entscheidung, ob der
Passierball cross oder longline
geschlagen werden soll, ob ein
Passierball oder Lob in Frage
kommt, ob ein langer Flugball
oder ein Flugballstop die richtige
Lösung ist, mit der unmittelbaren
motorischen Ausführung gekoppelt werden.
119
Koordinationstraining
m
Umstellungsfähigkeit
Die Qualität der reaktiven Handlung hängt wiederum von der
Qualität der bisher erwähnten
koordinativen Fähigkeiten sowie
schließlich von der Umstellungsfähigkeit ab. Unter Umstellungsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, während des Handlungsvollzugs aufgrund wahrgenommener
oder vorausgenommener Situationsveränderungen das Handlungsprogramm den neuen Gegebenheiten anzupassen.
Diese Fähigkeit ist stark von der
Orientierungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit abhängig. Sie spielt
vor allem im Turniertennis eine
wichtige Rolle. Denn hier wird der
Spieler oft mit Situationen konfrontiert, in denen diese Fähigkeit
von besonderer Bedeutung ist: bei
versprungenen Bällen, Netzrollern,
bei zwingenden Situationen durch
fehlerhafte Antizipation (z.B. wird
der erste Aufschlag des Gegners
auf der Vorhandseite erwartet, er
aber serviert auf die Rückhand),
bei Flugballduellen im Doppel,
beim »Erwischt-Werden« auf dem
falschen Fuß usw.
Für das erfolgreiche Meistern dieser Situationen ist sowohl die
Schnelligkeit und Genauigkeit der
Wahrnehmung der Situationsveränderung als auch ein großer
Erfahrungsschatz aus ähnlichen
Situationen erforderlich.
Zusammenfassend kann man sagen, daß alle erwähnten koordinativen Fähigkeiten eine Einheit bilden und daß sie für das Erlernen
und vor allem das spätere Meistern der situativen Technik im
Match eine unabdingbare Voraussetzung sind.
In der Literatur finden sich noch
andere Begriffe für koordinative
Fähigkeiten, so die Auge-HandKoordinationsfähigkeit, die der
120
Kopplungsfähigkeit zuzuordnen
sind, außerdem die beiden Begriffe Gewandtheit und Timing.
Gewandtheit umfaßt die Differenzierungsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit und Orientierungsfähigkeit,
während Timing die Differenzierungsfähigkeit und Kopplungsfähigkeit einschließt.
Prinzipien des
Koordinationstrainings
Je komplizierter eine Bewegung
abläuft, desto größer wird die
Bedeutung der Koordinationsfähigkeit. Ferner bietet eine gute
Koordinationsfähigkeit einen
wirksamen Schutz gegen Sportverletzungen verschiedenster
Ursachen (z.B. Stürze, Überlastungsschäden usw.).
Die Grundlage einer hohen
Qualität dieser koordinativen
Vorgänge ist ein vielfältiger
Bewegungsschatz. Je mehr dieser
Bewegungsschatz automatisiert
ist, um so mehr wird das zentrale
Nervensystem entlastet.
Das Ziel des Koordinationstrainings ist folglich sowohl das Einschleifen von optimalen motorisch-dynamischen Stereotypen als
auch die Fähigkeit zur Anpassung
an die ständig wechselnden Situationen im Wettkampf. Für die
Schulung der koordinativen Fähigkeiten gelten folgende Prinzipien:
• Eine vielseitige sportliche Ausbildung mit gezielter Erweiterung des Bewegungsschatzes
verkürzt die Lernzeiten bzw.
macht den Trainingsprozeß bei
der Herausbildung neuer Bewegungsfertigkeiten und der Vertiefung der Tennistechniken
effektiver.
• Verstärktes Erlernen tennisspezifischer Techniken sowohl in
normalen als auch in schwierigen Lagen erweitert die Einsatzvoraussetzungen aller Techniken in jeder Situation.
• Variable Gestaltung der
Übungsformen steigert die Motivation der Lernenden und beschleunigt die Anpassungsleistungen.
• Tennisspezifische Koordinationsübungen auf dem Tennisplatz ergänzen das allgemeine
Koordinationstraining.
• Die Phase zwischen dem 8. und
12. Lebensjahr muß besonders
für die allgemeine Koordinationsschulung genutzt werden.
• Das Koordinationstraining darf
in keiner Phase der Ausbildung
vom Anfänger bis zum Spitzenspieler unterschätzt werden.
Es ist also notwendig, vor allem
die allgemeine koordinative Schulung im Kindesalter mehr zu betonen als bisher. Sie soll breit angelegt werden und die Ausübung
mehrerer Sportarten umfassen,
wie z.B. verschiedene Ballspiele,
altersspezifische leichtathletische
Disziplinen (Läufe, Sprünge,
Würfe), Gymnastik, aber auch z. B.
Skifahren, Surfen oder Radfahren.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt beim koordinativen Training
ist die Beidseitigkeit. Es ist darauf
zu achten, daß bei jeglichem koordinativem Training nicht nur die
starke Hand, der starke Fuß und
die starke Körperseite, sondern
beide Arme, beide Beine und
beide Körperseiten regelmäßig
berücksichtigt werden. Dadurch
wird in besonderem Maße die allgemeine Koordinationsfähigkeit
gefördert, die für die Bewältigung
komplizierter, tennisspezifischer
Bewegungsabläufe in allen möglichen schwierigen Lagen und
Positionen die Grundlage darstellt.
Qualitätsmerkmale des Koordinationstrainings
Qualitätsmerkmale des
Koordinationstrainings
Das koordinative Training muß
systematisch aufgebaut werden.
In einem ersten Schritt kommt es
auf die Qualität der Koordination
an. Es reicht nicht aus, z. B. »nur
zum Spaß« Fußball, Basketball
und Hockey spielen zu lassen, verschiedene Gewandtheitsparcours
zu absolvieren oder spezifische
Koordinationsübungen durchzuführen, vielmehr sollte auf die
Qualität der Technikausführung
bei den ausgewählten Programmen geachtet werden. Je höher
die Qualität der allgemeinen Koordinationsleistungen ist, desto eher
können positive Effekte beim
Erlernen und Vertiefen der Tennistechnik erwartet werden.
Nach dem Erlernen einzelner koordinativer Fertigkeiten müssen sie
Abb. 82
im zweiten Schritt weiter verbessert werden, wobei eine hohe Bewegungsgeschwindigkeit einzelner
Übungen anzustreben ist. Das Erreichen einer hohen Bewegungsgeschwindigkeit bei Einhaltung der
Präzision ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal gelungener Bewegungen.
Im dritten Schritt sollen einfache
oder einzelne koordinative Vorgänge mit anderen gekoppelt
werden, z. B. Torschuß mit gleichzeitigem Basketballprellen oder
Ballprellen mit Schläger bei gleichzeitigem Slalomlauf mit einem
Fußball am Fuß durch Stangen
oder Trampolinspringen mit Ballfangen und anschließendem Korbschuß usw.
Weil auf der einen Seite nur durch
zahlreiches Wiederholen ausgewählter Übungen eine Optimierung der Koordinationsfähigkeit
erreicht werden kann und weil auf
der anderen Seite aufgrund der Ermüdungsgefahr das Koordinationstraining nicht mit großem Umfang praktiziert werden kann,
sollte es möglichst oft (im Idealfall
praktisch täglich) durchgeführt
werden. Deshalb bietet es sich
auch an, jedes Tennistraining
durch kurzzeitige koordinative
Übungen von einer Dauer von ca.
3 bis 5 Minuten und ca. drei Serien zu ergänzen und ca. zweimal
pro Woche zusätzlich eine koordinative Trainingseinheit von ca. 20
bis 30 Minuten einzubauen.
Dabei ist darauf zu achten, daß
nicht wahllos zu viele und immer
wieder neue verschiedenartige
Übungsformen zur selben Zeit angeboten werden und daß diese
nicht von Training zu Training immer wieder komplett wechseln,
sondern daß aus Gründen der
Übertragbarkeit nur so viele
Übungsarten praktiziert werden,
daß diese auch qualitätsmäßig
bewältigt werden können. Erst
dann soll man nach und nach das
Repertoire ausweiten und kombinieren. Grundsätzlich kann man
das allgemeine und tennisspezifische Koordinationstraining,
wie in Abbildung 82 dargestellt,
aufteilen.
Formen des Koordinationstrainings
121
Koordinationstraining
Trainingsbeispiele
Tennisspezifisches
Koordinationstraining
Bevor für die einzelnen Bereiche
Übungsformen dargestellt werden,
ist es notwendig, einige trainingsmethodische Hinweise zu betonen.
Mit Ausnahme der Kleinen und
Großen Spiele soll bei den folgenden Übungen nach der Wiederholungs- bzw. Kurzzeitintervallmethode gearbeitet werden. Die
Reizdauer bewegt sich zwischen
20 und 60 Sekunden bzw. vier bis
zwölf Wiederholungen. Der Reizumfang beträgt etwa drei bis
zwölf Serien; die Reizdichte soll so
gestaltet werden, daß es vor allem
bei anspruchsvollen Übungsformen oder Übungsformen, bei
denen die Reizdauer länger ist, zu
einer vollständigen Erholung
kommt.
Die Bewegungsgeschwindigkeit
soll etwa entsprechend der Wettkampfübung ausgeführt werden.
Spezielle Übungsformen auf
dem Tennisplatz mit Ball und
Schläger
Abb. 83
Ball gefühlvoll auffangen
|
Beispiel 1
Ball abfangen und werfen
• Beide Spieler stehen hinter
Linien (einer hinter der Grundlinie, der zweite vor der T-Linie,
mit dem Gesicht zueinander);
sie werfen sich den auf dem
Schläger liegenden Ball zu und
versuchen, ihn gefühlvoll mit
dem Schläger aufzufangen,
ohne daß er auf dem Schläger
springt (Abb. 83).
•
Nach dem Auffangen wird der
Schläger mit dem Ball um den
Körper herumgeführt und der
Ball anschließend zum Partner
geworfen.
• Nach dem Auffangen wird der
Schläger hinten herum durch
die Beine geführt, und zwischen
den Beinen wird der Ball zum
Partner geworfen.
|
Beispiel 2
^!t|
Doppelkontakt
Zwei Spieler stehen sich am Netz
gegenüber und spielen sich den
Ball übers Netz mit Flugball zu.
• Der Ball wird beim ersten Kontakt kurz hochgespielt und mit
der zweiten Berührung zum
Partner gespielt.
• Der Ball wird so hochgespielt,
daß er aus einer schwierigen
Lage (links am Körper, zwischen
den Beinen, mit einer Körperdrehung, hinter dem Rücken,
mit anderer Schlägerseite usw.)
zum Partner zurückgespielt
werden muß.
•
Der Ball wird absichtlich in einer
schwierigen Lage angenommen
(links am Körper, zwischen den
Beinen, hinter dem Körper, mit
anderer Schlägerseite usw.) und
aus einer anderen schwierigen
Lage zurückgespielt.
• Alle drei bisherigen Übungen
werden auch mit der »ungeschickten« Hand durchgeführt.
• Der Ball wird mit der einen
Hand hochgespielt, der Schläger wechselt in die andere
Hand, und mit dieser wird der
Ball zurückgespielt.
• Alle Übungsformen können
auch als Wettspiel (bis 11 bzw.
21 Punkte) in einem Aufschlagfeld ausgespielt werden, wobei
Bodenberührung des Balles
bzw. Ball im Netz oder im Aus
als Minuspunkte bewertet
werden.
|
Beispiel 3
Halbflugball und Flugball
Der Spieler steht auf der T-Linie
und versucht, den vom Trainer
zugespielten Ball immer nur mit
Halbflügball (oder Flugball) zuerst
zu berühren und später zurückzuspielen.
122
|
Trainingsbeispiele
troffen werden, indem der
Schläger beim Schlag hinter den
Körper geführt wird.
• Die bisherigen Schläge können
in festgelegter Reihenfolge
wechseln (z. B. rechts am Körper, zwischen den Beinen, links
am Körper usw.).
• Alle bisher genannten Übungen
können auch mit der »ungeschickten« Hand durchgeführt
werden.
E
Abb. 84 Ball als Halbflugball zwischen
den Beinen zurückspielen
•
•
•
•
•
Der Trainer spielt regelmäßig
den Ball auf die Vor- und Rückhandseite des Spielers zu. Dieser versucht mit Halbflugball
bzw. Flugball den Ball zurückzuspielen.
Der Ball wird nun unregelmäßig
und vor allem abwechselnd
kürzer, länger, mehr zur Seite
usw. zugespielt. Der Spieler
muß sich nun der jeweiligen
Situation schnell anpassen.
Der Ball wird wie bei der vorherigen Übung zugeworfen, er
darf allerdings ausschließlich
immer nur mit Vorhand- bzw.
nur mit Rückhandhalbflugball
(bzw. Flugball) zurückgespielt
werden.
Der Ball darf nun ausschließlich
als Halbflugball zwischen den
Beinen zurückgespielt werden,
indem der Arm mit dem Schläger hinter dem Körper zum Ball
geführt wird (Abb. 84).
Der Ball darf nun ausschließlich
links am Körper (beim Rechtshänder) mit der Vorhandseite
des Schlägers als Flugball ge-
Beispiel 4
]
Flugball in der Rückenlage
Der Spieler liegt hinter dem Netz
auf dem Rücken und versucht,
zugespielte Bälle zurückzuspielen.
• Der Spieler hält in jeder Hand
einen Schläger. Der Trainer
spielt ihm unregelmäßig in noch
erreichbarer Reichweite Bälle
zu. Der Spieler muß versuchen,
jeden Ball zurückzuspielen
(Abb. 85).
• Der Spieler spielt nun nur mit
einem Schläger.
Abb. 85 Ball aus Rückenlage zurückspielen; der Spieler hält in jeder Hand
einen Schläger
:
Beispiel 5
]
Hinter einem Lob zurücklaufen
und diesen zurückspielen
Der Spieler steht vor der T-Linie.
Der Trainer spielt einen Lob über
ihn. Der Spieler muß zurücklaufen
und den Lob verschiedenartig als
Passierball zurückspielen.
• Der Spieler läuft und läßt den
Ball vor sich aufspringen. Dann
versucht er, ihn kurz vor dem
zweiten Bodenkontakt mit Hilfe
einer Pendelbewegung mit der
Vorhandseite des Schlägers an
der rechten Körperseite mit
zum Netz zugewandtem
Rücken zurückzuspielen.
• Der Ball soll nun zwischen den
Beinen über das Netz zurückgespielt werden.
c
Beispiel 6
]
Schlägerwechsel
2 bis 6 Spieler stehen hinter der
Grundlinie. Alle zusammen haben
nur einen Schläger zur Verfügung.
Der Trainer spielt Bälle zu (lang,
kurz, links, rechts usw.). Die Spieler müssen abwechselnd versuchen, den Ball zurückzuspielen.
Dabei wird der Schläger nach dem
durchgeführten Schlag immer an
den nächsten Spieler weitergegeben. Der Spieler, der den Ball nicht
zurückschlägt, scheidet aus. Zum
Schluß gibt es einen Sieger.
Schlagtechnische Übungen in
spezifischen Situationen
[
Beispiel 1
H
Schläge in vollem Lauf
Der Spieler steht unmittelbar hinter der Grundlinie. Der Trainer
spielt ihm regelmäßig oder verschiedentlich die Bälle so zu, daß
der Spieler diese im vollen Sprint
gerade noch zurückspielen kann.
123
Koordinationstraining
•
Der Spieler steht unmittelbar
hinter der Seitenlinie. Der Ball
wird in die offene Ecke zugespielt. Der Spieler muß über
6 bis 8 m sprinten und den Ball
zurückspielen.
• Nach dem ersten Schlag aus der
gleichen Grundposition wird ein
zweiter Ball in die andere
Grundlinienhälfte zugespielt.
Der Spieler muß nach dem
ersten Schlag stoppen, von
neuem starten, zurücklaufen
und den zweiten Ball im vollen
Lauf zurückspielen.
• Der Spieler steht in der Mitte
der Grundlinie. Es werden 5
bis 10 Bälle in verschiedene
Richtungen hintereinander
schnell zugespielt. Der Spieler
muß versuchen, alle Bälle
zurückzuspielen.
HSB3HJ3
Maschinengewehr
Der Spieler steht hinter dem Netz.
Der Trainer spielt unregelmäßig in
sehr schneller Reihenfolge 8 bis
12 Bälle in unterschiedlicher
Reichweite und Höhe zu. Der
Spieler muß versuchen, alle Bälle
zurückzuspielen.
öä&jrtäis
Flugball und Schmetterball
Der Spieler steht hinter dem Netz.
Der Trainer spielt ihm abwechselnd und schnell jeweils einen Ball
zum Flugball und einen auf die
andere Körperseite zum Schmetterball zu.
• Der Spieler muß abwechselnd
einen tiefen Vorhand-Flugball
und einen Rückhand-Schmetterball spielen.
• Der Spieler muß abwechselnd
einen tiefen Rückhand-Flugball
und einen Vorhand-Schmetterball spielen.
124
Allgemeines
Koordinationstraining
Partnerspiele
c
Betspiel 1"
Wandball
Spielidee: Der gegen die Wand
geworfene und von der Wand
zurückspringende Ball muß vom
Gegenspieler gefangen und unmittelbar wieder an die Wand
geworfen werden.
Spielgerät: Gymnastikball oder
auch Tennisball.
Spielfeld: 6 m breit (bei 4er-Spiel
8 m breit), 8 m lang (bei Geübten
10 m lang), geteilt durch eine
Trennlinie, die parallel zur Wand
3 m (bei Geübten 1,50 m) entfernt verläuft. Wandhöhe: mindestens 3,50 m.
Spieler: 1 gegen 1, 2 gegen 2.
Spieldauer: 3 Sätze zu je 10 Punkten; entsprechende Pause nach jedem Satz; bis zum Gewinn von 30
Punkten.
Spielregeln: Aufgabe erfolgt in
einer der von Trennlinie und
Seitenlinie gebildeten Ecken. Der
Ball muß von der Wand in das
Feld hinter der Trennlinie zurückspringen. Er darf nur einmal auf
den Boden aufprallen, bevor ihn
der Gegenspieler fängt. Rückspiel
muß unmittelbar (bis 1 Sekunde)
und von der Stelle des Fangens
aus erfolgen.
Variationen
Position: Spieler steht ca. 1,5 bis
2 m von einer Wand entfernt
(auch Tenniswand) mit Blickrichtung zur Wand.
Aufgabe: Abwehren (berühren
oder fangen) von vom Trainer/
Partner an die Wand geworfenen
und von der Wand zurückprallenden Bällen:
• Zunächst nur mit den Händen
• Dann mit den Beinen (auf
Qualität des Zuwurfes achten)
• Grundaufgabe mit verschiedenen Bällen (Softball usw.)
• Variationen der Ballgeschwindigkeit
• Bälle werden indirekt (z. B.
Fußboden/Wand oder Wand/
Fußboden oder Wand/Wand)
übereck gespielt
• Es werden Tennisbälle in 2 Farben benutzt; Bälle mit der einen
Farbe dürfen nur mit den Händen, die anderen nur mit den
Füßen abgewehrt werden
[
Beispiel 2 |
na
Prelltennis (s. Abb. 86, S. 125)
Spielidee: Spiel zu zweit; Ball wird
bei jedem Abspiel im Spielkreis so
aufgeprellt, daß der Gegner den
Ball nicht erreicht.
Spielgerät: Gymnastikball, Hohlball oder auch Tennisball.
Spielfeld: Kreis oder Reifen (Gymnastikreifen) von 1 m Durchmesser.
Spieler: 1 gegen 1.
Spieldauer: Bis zum Gewinn von
21 Punkten.
Spielregeln: Der Ball muß bei
jedem Prellen im Kreisinnern aufschlagen. Er darf dabei nur einmal
aufspringen und je nur einmal
vom Spieler berührt werden.
Ungültig sind Bälle, die geworfen
werden, über Reichhöhe aufspringen, genau in Richtung des
Abspielenden geprellt werden.
Trainingsbeispiele
Spielregeln: Das Spielfeld darf
nicht betreten werden (auch die
begrenzenden Linien nicht). Der
Medizinball darf nur durch Treffer
von Würfen ins Rollen kommen.
Als Tor gilt, wenn der Medizinball
eine Seitenlinie des Gegners überschreitet bzw. berührt. Nicht alle
Bälle sollten zugleich geschossen
werden; einigen Spielern sollte die
Aufgabe des Rückholens von verschossenen Bällen übertragen
werden.
M'i3 , »SS.Awin
Fußballtennis
Spielidee: Ball mit Fuß, Kopf oder
Brust über eine Linie oder über ein
Netz in das gegnerische Feld befördern.
Abb. 86
Ball im Reifen aufprellen
Spielgerät: Fußball, Handball oder
Faustball.
Kleine Spiele mit Ball
1
IP'uk ^'--
Beispiel 1
Stab- oder Bierdeckelhockey
Spielidee: Hallenspiel, bei dem mit
kurzen Stäben oder mit normalen
Bierdeckeln aus Pappe ein Tennisball in das gegnerische Tor getrieben wird.
Spielgerät: Tennisball. Staffelstäbe
oder Bierdeckel.
Spielfeld: Entsprechend Hallengröße; als Tor gelten Bodenmatten
oder Stangen bzw. Kästen.
Spieler: 3 bis 6 Spieler auf jeder
Seite.
Spieldauer: Nach Vereinbarung; es
werden 2 Halbzeiten mit Seitenwechsel gespielt.
Spielregeln: Der Ball darf nur
durch Schläge mit dem Stab bzw.
Bierdeckel getrieben werden. Nur
dem Torwart ist auch Fußabwehr
gestattet. Falls es keine Außenlinien gibt, kann auch gegen die
Wand gespielt werden (Spiel mit
der Bande).
L
Beispiel -2>^,
Trefferball
Spielidee: Medizinball (Fußball)
mit Zielwürfen aus dem markierten Feld über die gegnerischen
Linien treiben.
Spielgerät: Ein Medizinball, Gymnastikbälle entsprechend der Anzahl der Spieler.
Spieler: 10 gegen 10 (je nach Teilnehmerzahl).
Spielfeld: Quadratisch, z.B. 10 x
10 m oder kleiner; Medizinball
liegt in der Mitte. Die Parteien
besetzen je 2 angrenzende Seitenlinien übereck.
Spielfeld: Je nach Spielerzahl 10
bis 16 m lang, 4 bis 8 m breit, in
der Mitte geteilt durch Schnur in
80 bis 100 cm Höhe.
Spieler: 4 gegen 4; auch 1 gegen
1, 2 gegen 2 usw.
Spieldauer: Bis zu 21 Punkten.
Spielregeln: Ball kann mit Füßen,
Brust oder Kopf gespielt werden;
zwischen jedem Abspiel darf er
einmal den Boden berühren; im
eigenen Feld kann er dreimal
gespielt werden. Ausnahme beim
Spiel 1 gegen 1: nur einmalige
Ballberührung im eigenen Feld.
Annehmen des Balles im Fluge mit
Kopf, Fuß, Oberschenkel, Brust
berechtigt zu einem zweiten
Schlag des Balles.
Dieser Doppelvorgang zählt als ein
Abspiel. Fehler: Hand-, Armberührung, Berührung der Leine,
Bodenberührung im Aus.
125
Koordinationstraining
E
^eispiejM^j
Prellball
Spielidee: Der Ball wird durch Prellen auf den Boden über eine niedrige Leine in das Feld der Gegenpartei geschlagen.
Spielregeln: Der geworfene Ball
darf Boden und Leine nicht berühren. Er darf im eigenen Feld dreimal von verschiedenen Spielern
geworfen werden. Es wird z.B. bis
zu 21 Fehlerpunkten gespielt.
Spielgerät: Medizinball.
Spielfeld: 20 x 10 m oder je nach
Raumverhältnissen. Tore sind die
rückwärtigen Begrenzungslinien in
ganzer Länge.
Spieler: 3 bis 6 auf jeder Seite.
Spielgerät: Faustball, Handball
oder Fußball.
Spielfeld: 16 x 8 m, geteilt durch
eine 40 cm hohe Schnur oder 2
Langbänke.
Seitenfußball
Spielidee: Fußballspiel mit 3 Spielgruppen: Torwarte, Innenspielern,
Außenspielern.
Spielgerät: Fußball oder Handball.
Spieler: 4 gegen 4; auch 2 gegen
2, oder 3 gegen 3 usw.
Spieldauer: 2 x 10 Minuten; auch
Spiel bis 21 Punkte und Feldwechsel bei 10 Punkten ist möglich.
Spielregeln: Der Ball muß mit geschlossener Faust geprellt werden.
Er muß bei jedem Zuspiel einmal
aufprellen. Im eigenen Feld darf
er dreimal aufgeschlagen werden,
wobei jeder Spieler den Ball einmal
berühren darf. Die Angabe erfolgt
von der hinteren Begrenzungslinie
auf beiden Füßen stehend außerhalb des Spielfeldes (auf Vereinbarung auch Spiel mit offener Hand).
mm*miäm^
Ball über die Schnur
Spielidee: Der von der Gegenpartei über die Leine geworfene Ball
darf im eigenen Feld nicht zu
Boden fallen und umgekehrt.
Spielgerät: Medizinball, Faustball,
Volleyball, Fußball usw.
Spielfeld: 15 x 7 m bzw. je nach
Raumverhältnissen; Mittelleine
hängt 2,20 bis 2,50 m hoch.
Spieler: 5 gegen 5, 4 gegen 4, 6
gegen 6 usw.
126
Spielfeld: 20 x 40 m bzw. nach
Raumverhältnissen oder Spielerzahl größer oder kleiner. Tore sind
die hinteren Begrenzungslinien in
ganzer Länge.
Spieler: 8 bis 30 (im Freien auf
jeder Seite).
Spieldauer: Nach Vereinbarung.
Spielregeln: Der Ball darf nur gerollt oder bis Hüfthöhe zugespielt
werden. Der Spieler darf bis zu
3 Schritten mit dem Ball laufen,
muß ihn dabei aber rollen. Der
Ballbesitzer kann nur angegriffen
werden, wenn der Ball in Bewegung ist (bei zu langem Halten:
Schiedsrichterwurf). Tore können
nur über den rollenden, nicht über
den geworfenen Ball erzielt werden. Fußspiel ist nicht erlaubt,
Spiel erfolgt vom Feldmittelpunkt
durch Los bzw. nach Torverlust.
Spieldauer: 2 x 20 (15) Minuten.
Spielregeln: 6 (2, 4) Spieler jeder
Partei bewachen ihre Torlinie
(Fuß- und Handspiel). Als Tor gilt,
wenn der Ball die Linie bis zur
Reichhöhe der Arme überquert.
6 (2, 4) Außenspieler besetzen
die Seitenlinien (beide Parteien
gemischt). Sie spielen nur außerhalb des Feldes.
Sie schießen und werfen (Handspiel ist für sie erlaubt) ihren
Innenspielern den Ball zu oder
geben ihn untereinander ab. Die
restlichen Spieler sind Innenspieler.
Ihnen ist nur Fußspiel gestattet.
Die Innenspieler allein können
Tore erzielen.
Kleine Spiele ohne Ball
Tag und Nacht
Die Parteien sitzen sich an der
Mittellinie gegenüber; es können
zwischen 2 und jeweils 6 bis 8
Spieler pro Partei teilnehmen. Auf
Zuruf »Tag« fängt die vorher als
»Tag« bestimmte Partei die
»Nacht« bis zum Feldrand und
umgekehrt. Anstatt aus dem Sitz
kann man dies auch aus dem
Stand, aus der Rückenlage, aus
der Bauchlage usw. durchführen.
fe^:-"l[E»UO
Rollball
Spielidee: Medizinball durch
Rollen über Zuspiel in das gegnerische Tor treiben.
Ausbrechen
2 Mannschaften bilden 2 Kreise,
einen Innen- und einen Außenkreis, die nebeneinander in Gegenrichtung im Kreis laufen. Auf
Trainingsbeispiele
ein Zeichen brechen die Glieder
des Innenkreises zum Feldrand
(Wand) aus; der Außenkreis versucht, abzuschlagen. Es kann auch
umgekehrt verfahren werden, so
daß der Innenkreis den Außenkreis
fängt.
Große Spiele
Bei den Großen Spielen werden
vor allem Fußball, Hockey, Basketball, Volleyball, Handball, Korbball
und im Winter auch Eishockey
empfohlen.
Diese Sportspiele sollen nach den
regulären Wettkampfregeln gespielt werden. Und es ist darauf zu
achten, daß der technischen Qualität bzw. Ballbehandlung der Vorrang gegeben wird. Mit anderen
Worten: Es soll nicht nur »gespielt« werden; vielmehr soll die
spezifische Schulung der unterschiedlichen Ballbehandlung
(Technik der einzelnen Sportarten)
im Vordergrund stehen.
Abb. 87 Slalomlauf mit Prellen eines Tennisballes und eines Basket- oder
Volleyballes
Übungsformen:
Einzelübungen mit Gerät
Tennisball mit einem Tennisschläger prellen (Abb. 87),
• aber anstatt einen Fußball zu
treiben, den Slalomlauf mit
Hockeyschläger und Ball absolvieren.
| | :
|
Beispiel 1
Slalomlauf
Der Spieler läuft mit dem Ball am
Fuß durch eine Slalomstrecke aus
mindestens 6 Toren (Stangen).
Dabei kann hin- und zurückgelaufen und Zeit genommen werden.
Variationen
Wie Grundübung,
• nur mit dem rechten Fuß,
• nur mit dem linken Fuß,
• mit beiden Füßen,
• jeweils im Vorwärtslauf,
• jeweils im Rückwärtslauf,
• aber gleichzeitig dabei einen
Basketball prellen mit rechter,
linker oder mit beiden Händen,
• aber gleichzeitig dabei einen
Beispiel 2
|
Beispiel 3
|
Hindernislauf
Der Spieler muß durch schnelle
Aktionen Hindernisse (Stangendreieck/Autoreifen) von geringer
Höhe überspringen bzw. überlaufen.
Matten lauf
Variationen
In der Halle werden verschiedentlich (links und rechts versetzt)
Matten hingelegt (mindestens 6).
Der Spieler soll die links liegenden
Matten mit Vorwärts-, die rechts
liegenden Matten mit Rückwärtsrollen überbrücken. Beim Zickzacklauf in einer bzw. in beiden
Richtungen (hin und zurück) wird
Zeit genommen. Die gleiche
Übung kann dadurch variiert werden, daß dabei ein Basketball geprellt werden soll. Während der
Rolle muß er sehr stark geprellt
werden, damit er hoch abspringt.
Er darf während der Rolle nur einmal den Boden berühren.
•
•
•
•
•
|
Es werden unterschiedliche
Bewegungsrichtungen (z.B. nur
rückwärts) festgelegt.
Alle Stangen werden erhöht.
Nur 1 oder 2 Stangen werden
erhöht.
Der Spieler darf sich nur mit
einem Bein fortbewegen.
Der Spieler muß zusätzlich mit
den Händen Bälle, die ihm zugeworfen werden, abwehren.
Beispiel 4
Markierungslauf
Die Spieler überlaufen Markierungen, z.B. Seile.
127
Koordinationstraining
Variationen
• Schnelles Überlaufen mit jeweils
einem Bodenkontakt zwischen
2 Seilen
• Schnelles Überlaufen mit jeweils
2 Bodenkontakten zwischen 2
Seilen
• Schnelles Überlaufen mit abwechselnd 1 bzw. 2 Bodenkontakten zwischen 2 Seilen
• Vorwärts- und Rückwärtslaufen
sowie unterschiedliche Zahl der
Bodenkontakte miteinander
kombinieren
Beispjel8l
Springen auf Minitrampolin
Der Spieler federt/springt mit beiden Beinen auf einem Klein- oder
Minitrampolin und führt gleichzeitig Wurfbewegungen aus.
Variationen
• Basketballkorbwurf
• Handballzielwurf
• Sprungvariationen, z.B. halbe
Drehung
• Würfe auch über die
»ungeübte« Seite
Bejspiel 9"
a&rafcj©
Gemischter Parcours
Es kann ein beliebig ausgewählter
Parcours aus verschiedenartigen
Hindernissen und Aufgaben zusammengestellt werden.
Es können Stangen, Kästen, Bock,
Matten, Medizinbälle u.a. aneinandergereiht werden, um eine
vielseitige koordinative Beanspruchung des gesamten Körpers zu
erreichen. Das Laufen soll mit
verschiedenartigen Sprüngen,
Würfen, Kletterformen, Rollen
usw. kombiniert werden.
Als Erschwernis kann dabei ein Ball
geprellt, ein Stock auf dem Finger
balanciert, ein Tennisball mit
Schläger geprellt werden usw.
a^sMJ©
Medizinball-Golf
Es werden 9 Kreise (Durchmesser
0,5 m) als »Löcher« aufgezeichnet. Durch Hindernisse (Geräte,
Matten, Bänke, Schnüre usw.)
wird ein Zickzack-Weg gebildet.
Der Medizinball wird vom Start
aus mit dem Fuß in Bewegung gebracht. Der Ball soll immer in den
aufgezeichneten Kreisen enden.
Jeder Stoß mit dem Fuß zählt.
Sieger ist, wer die wenigsten
Stöße benötigt.
128
1
Abb. 88
Rollschuhlaufen
Der Spieler lernt Grundstrukturen
des Rollschuhlaufens (Seitabstoßtechnik, Frontalabstoßtechnik,
Stoppen, Richtungsänderungen/
Übersetzen, Kurvenfahren,
Rückwärtsfahren).
Ball in der Luft halten
:• ':;#^^^^BeLspleJ.^7 -• •.
Ball in der Luft halten (Abb. 88)
Der Spieler hält durch kurzfristiges
Berühren mit verschiedenen Körperteilen Bälle in der Luft.
Variationen
• Zunächst nur mit den Füßen
(mit den Beinen)
• Dann mit den Händen (mit den
Armen/Schultern)
• Wiederholungen der »starken«
und der »schwachen« Seite
• Kombination nach festgelegtem
Muster, z. B. Ballwandern von
unten nach oben (von den Beinen über die Arme) usw.
• Übungsausführung mit verschiedenen Bällen (z.B. Fußball,
Handball, Volleyball, Tennisball,
Rugbyball, Luftballon)
• Kombination der Grundaufgaben mit verschiedenen Bällen
nacheinander (z.B. Tennisball,
Softball, Rugbyball) '
j
Variationen
• Hindernisse umfahren und Tore
unterqueren
• Im Rollen Kleingeräte (z.B.
Bälle) balancieren
Einzelübungen ohne Gerät
L
Beispiel 1
Karusselldrehen
Der Übende sitzt im Schwebesitz
und versucht (entweder gehockt
oder mit gestreckten Beinen), sich
seitlich zu drehen, ohne dabei das
Gleichgewicht zu verlieren. Den
Drehschwung erreicht man durch
Abstoßen mit den Händen.
L
Beispiel 2~
Bauch- und Rückenschaukel
Der Übende liegt entweder auf
dem Bauch oder auf dem Rücken
und versucht, ohne Hilfe der
Hände bei gestreckten Beinen ins
Schaukeln zu kommen.
Trainingsbeispiele
[
Beispiel 3
:
Schwebesitzrollen
Aus dem Schwebesitz versucht der
Übende, ohne den Gebrauch der
Hände über die Seit- zur Bauchlage zu rollen und weiter zum Sitz
zurückzudrehen usw.
:
Beispiel 4
]
Keule umstoßen
2 Partner fassen sich mit beiden
Händen. Die Keule steht zwischen
den Partnern. Durch Ziehen und
Schieben versucht man, den Partner zum Umstoßen der Keule zu
bringen. Es kann bis 10 gezählt
werden.
Hohe Anforderung an die Koordinationsfähigkeit
Partnerübungen
Beispiel T
1
Fußtreten
2 Partner stehen sich gegenüber,
Hände auf dem Rücken. Idee: Wer
kann dem Partner auf die Füße
treten? Es wird z.B. bis 10 gezählt.
[
Beispiel 2
Sohlenkampf
2 Partner sitzen sich gegenüber im
Schwebesitz; die Fußsohlen sind
leicht geöffnet, so daß man sich
mit den Fußsohlen gegenseitig
berühren kann. Man versucht
nun, durch Stöße (Sohlen gegen
Sohlen) und Täuschen den Partner
aus dem Schwebesitz zu bringen.
Es kann bis 10 gezählt werden.
[
Beispier3
Hinkkampf
2 Partner stehen sich gegenüber
auf einem Bein, Hände auf dem
Rücken. Jeder versucht, den anderen durch Stoß mit der Brust bzw.
Schulter aus dem Gleichgewicht
zu bringen, so daß dieser mit beiden Füßen den Boden berühren
muß. Es kann bis 10 gezählt werden.
129
Techniktraining
130
Techniktraining
Bedeutung der
Technik
Der Stellenwert der Technik ist in
den einzelnen Sportarten sehr unterschiedlich. Es gibt Sportarten, in
denen die Technik relativ einfach
zu erlernen und zu bewältigen ist,
bei denen aber gewisse konditioneile oder psychische Elemente
dominieren. Im Tennissport ist die
Technik einer der bedeutendsten
leistungslimitierenden Faktoren;
denn nur über die Technik können
konditioneile, taktische und psychische Fähigkeiten in das Spiel
umgesetzt werden. Dementsprechend muß der tennistechnischen
Schulung und dem Techniktraining
ein besonderer Stellenwert in der
Gesamtausbildung des Tennisspielers eingeräumt werden.
Es ist allerdings zu betonen, daß
sowohl die qualitative und quantitative Entwicklung der Technik als
auch die Lerngeschwindigkeit sehr
stark von dem Ausprägungsgrad
der allgemeinen Koordinationsfähigkeit sowie von den konditionellen Fähigkeiten und Fertigkeiten jedes einzelnen abhängig ist.
Damit ist gemeint, daß Schwächen
sowohl im allgemeinen koordinativen Bereich als auch im Bereich
der Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit
bzw. deren Kombinationen sich
zwangsläufig negativ auf das
Techniktraining auswirken müssen.
Deshalb darf man Technikschulung und Techniktraining nicht als
einen getrennten Faktor betrachten, sondern man muß das Techniktraining immer als einen Teil
eines unfassenden Gesamttrainings sehen.
zelne Spieler unterschiedliche Stufen und somit auch eine differenziertere Ausprägung der Technik
mit entsprechender Spielstärke.
Auch die meisten Spitzenspieler
beherrschen nicht alle Techniken
optimal.
Technikarten
Tennistechnische
Entwicklung
Tennistechnik ist die individuelle
Realisierung einer angestrebten
Idealbewegung, die als optimale
Bewegungshandlung des Sportlers
durch anatomische, biomechanische und physikalische Gesetze
und Prinzipien eingeschränkt bzw.
vorgegeben ist. Es gibt zwei Ausprägungsformen:
• Mittlere oder auch elementare
Bewegungsausführung, die
sog. Grundform der Technik,
die den Anfängern vermittelt
wird
• Bewegungsfertigkeit des
Spitzenspielers, die aus der
Grundform entstanden ist, in
der aber der individuelle Stil
integriert ist
Es gibt keine unterschiedliche
Technik für Anfänger oder für
weniger begabte Spieler auf der
einen und für Spitzenspieler auf
der anderen Seite. Es gibt aber
gewisse Qualitätsstufen und
Qualitätsunterschiede.
Je nach Begabung, Fleiß, Motivation und Zielsetzung erreichen ein-
Die tennistechnische Schulung ist
ein fortlaufender, nie endender
Prozeß, der sich darüber hinaus im
Laufe der Zeit immer wieder den
neuesten sportwissenschaftlichen
Erkenntnissen sowohl im methodischen als auch im Bereich der Trainingslehre anpassen muß.
Das Ziel des Techniklernens,
-übens und -trainings ist
• der Erwerb von stabilen technischen Grundmustern sowie von
automatisierten, überdauernden und gespeicherten technischen Fertigkeiten,
• die Einsatzfähigkeit dieser technischen Fertigkeiten in allen
möglichen instabilen, schwierigen und ungewohnten Situationen und Lagen,
bei Einhaltung einer optimalen
Funktionalität in allen matchtypischen Bedingungen.
Auf diesem Weg kann man die
technische Schulung in 2 Stufen
aufteilen:
131
Techniktraining
1. Stufe: Technik erlernen
2. Stufe: Technik trainieren
Es ist wichtig, diese beiden Stufen
zu betonen und auseinanderzuhalten, denn sie unterscheiden sich in
der Praxis sowohl inhaltlich als
auch im Umfang und in der Intensität der Ausführung. Allerdings ist
der Übergang der Stufen nicht
scharf getrennt, sondern fließend.
Technik erlernen
In den ersten Teil dieser Stufe fällt
der Erwerb der Grobform (Grobkoordination) und des ersten Teils
der Feinform (Feinkoordination).
Neuerwerb, die Erweiterung koordinativer Fertigkeiten, der Erwerb
eines großen Bewegungsschatzes
und Erfahrungen bis zum Erlangen
einer tennistechnischen Feinkoordination sind der Inhalt dieser
Phase.
Im zweiten Teil dieser Stufe wird
die Feinform (Feinkoordination)
vervollständigt und die Feinstform
(Feinstkoordination) erreicht. Es
bilden und festigen sich individuelle Anwendungen der einzelnen
Schlagtechniken, die schließlich in
allen möglichen Situationen und
Lagen anwendbar sein sollen. Das
Üben erfolgt allerdings unter
vereinfachten Bedingungen.
Methodischer Grundsatz beim
Technik erlernen
Es soll so geübt werden, daß die
zu lernenden tennistechnischen
Fertigkeiten möglichst störungsfrei
-
unter guten oder gleichbleibenden Bedingungen,
- unter Berücksichtigung physiologischer Prozesse, vor allem
was den Energiebedarf und die
Relation von Arbeit und Pausen
betrifft,
- und unter Einhaltung koordinativer Gesetzmäßigkeiten
regelmäßig und in ausreichender
Zahl wiederholt werden können.
132
Technik trainieren
Beim Techniktraining steht der
Einsatz erworbener Techniken in
spielähnlichen Situationen im
Vordergrund. Die Technik soll zur
Lösung aller nur denkbaren Situationen dienen. Das Ziel dieser
Stufe ist die Perfektionierung der
Feinstkoordination und das Erreichen einer optimalen praktischen
Anwendbarkeit der tennistechnischen Fertigkeiten unter wechselnden, insbesondere unter
erschwerten Bedingungen.
In der Endphase dieser Stufe erreicht die Tennistechnik eine funktionelle Vollkommenheit, die die
individuellen Möglichkeiten weitgehend ausschöpft. Es wird
schließlich die individuelle Grenze
erreicht; das bedeutet, daß sich
der Inhalt dieser Stufe aus wettkampfnahen Trainingsformen unter matchähnlichen Bedingungen
und Belastungen zusammensetzt.
Methodischer Grundsatz beim
Technik trainieren
Die zu trainierenden tennistechnischen Fertigkeiten
-
unter sich verändernden Bedingungen,
- in schwierigen Lagen und Situationen,
- mit Variation der Bewegungsausführung,
- unter realen bzw. erschwerten
Wettkampfbedingungen,
- mit zeitweiliger Akzeptanz kleinerer oder größerer physiologischer Überbeanspruchung
systematisch zu wiederholen.
Allgemeine Hinweise
zum Lernen und Trainieren
der Technik
Eine sportliche Bewegung versteht
man als einen dynamischen, zielgerichteten Prozeß, der u.a. von
dem Niveau der koordinativen
Fertigkeiten und konditionellen Eigenschaften des Spielers abhängig
ist. Darüber hinaus handelt es sich
beim Tennis um azyklische Bewegungsabläufe.
Im Tennis ist der Bewegungsablauf
der Schlagausführung im Prinzip
einfach und unkompliziert (mit
Ausnahme des Aufschlages). Nicht
der Bewegungsablauf als solcher
ist schwierig, sondern die Auseinandersetzung mit zwei Geräten
(dem Schläger und dem Ball), was
hohe Ansprüche an die gesamtkörperliche Koordinationsfähigkeit
stellt. Hinzu kommt noch, daß das
eine Gerät (Ball) über das andere
(Schläger) beherrscht werden
muß. Am Anfang muß bewußt auf
die Qualität der Bewegungsausführung geachtet werden. Deshalb besteht eine wichtige Aufgabe darin, eine möglichst umfassende (Bewegungs-)Vorstellung
beim Schüler zu schaffen sowie
vielfältige sensorische und
kinästhetische Erfahrungen bei
ihrer Ausführung zu vermitteln und
bewußt zu machen. Das bedeutet,
daß der Schüler Schritt für Schritt
mit dem theoretischen Wissen,
das seinem derzeitigen technischen
Niveau entspricht, konfrontiert
werden soll, um die Bewegungsabläufe bewußt ausführen zu
können. Das bezieht sich vor allem
auf die Periode der Grobform.
Später, in der Phase der Feinform,
richtet sich die Aufmerksamkeit
immer mehr auf die wichtigsten
Details, d.h., daß die Rückmeldungen während des Bewegungsablaufes vor allem die Störfaktoren betreffen, der Bewegungs-
Einführung in die Trainingspraxis
ablauf wird immer mehr
automatisiert.
Ein Bewegungsablauf im Tennis
gilt dann als automatisiert, wenn
er praktisch »von selbst« abläuft,
so daß der Spieler seine Aufmerksamkeit voll auf die Taktik richten
kann, dies passiert in der Phase
des Erwerbs der Feinstform. Die
Steuerung und Regulierung der
Bewegung geschieht dabei ohne
Beteiligung des Bewußtseins.
Individuelle Voraussetzungen
Kalendarisches Alter
Grundsätzlich gilt: Je jünger der
Schüler ist, desto vielseitiger muß
das Training gestaltet werden.
Damit ist nicht nur das sportliche
Training in seiner Gesamtheit
gemeint, sondern auch speziell die
tennistechnische Schulung. Im
besonders günstigen Lern- und
Geschicklichkeitsalter, das etwa zwischen dem 8. bis 12. Lebensjahr
liegt, lernen vor allem begabte
Kinder das gesamte Schlagrepertoire sehr schnell. Das Lernangebot sollte dementsprechend breit,
und nicht nur auf die Grundschlagarten eingeschränkt sein.
Vor allem am Anfang soll das spielerische Element im Unterricht
dominieren.
Trainingsalter
Die allgemeine Belastungsfähigkeit
im motorischen und kognitiven
Bereich steigt mit zunehmendem
Trainingsalter.
Biologisches Alter
Der Trainer muß das individuelle
Entwicklungsstadium im Vergleich
zum Durchschnitt im tennistechnischen Unterricht akzeptieren; besonders im Gruppenunterricht bei
der Zusammenstellung der einzelnen Gruppen ist darauf zu achten.
Individuelle
Leistungs- und
Belastungsfähigkeit
Diese zwei Faktoren können sich
unter Umständen sehr schnell
ändern, d.h., daß man die allgemeine und spezielle Entwicklung
bei dem beabsichtigten Vorgehen
im Tennistraining berücksichtigen
und die Inhalte dem aktuellen
Leistungsstand immer wieder neu
anpassen muß.
Trainings- und
Gesundheitszustand
Nicht nur das unterschiedliche Niveau der Muskelkraft, Ausdauer,
Schnelligkeit, Technik usw. ist
beim Tennis zu respektieren, sondern auch die Motivation, die derzeitige Einstellung, die Stimmung
sowie der momentane Gesundheitszustand.
Gesamtbelastungsund Erholungsfähigkeit
Dabei spielen vor allem äußere
Einflüsse wie Schule, Beruf, Prüfungen, Familie, Anreisewege usw.
eine große Rolle. Besonders das
tennistechnische Training soll, von
Ausnahmen abgesehen, nicht im
ermüdeten oder erschöpften Zustand stattfinden.
Psychische
Individualität
Jeder einzelne Schüler ist unterschiedlich belastbar, und dementsprechend reagiert er unterschiedlich auf gesetzte Trainingsreize,
-inhalte, -intensitäten.
Geschlechtsspezifische
Unterschiede
Vor allem in und nach der Pubertät müssen die Anforderungen geschlechtsspezifisch unterschiedlich
sein. Demgegenüber sind in der
Vorpubertät keine wesentlichen
Unterschiede in der Belastbarkeit
bzw. Lernfähigkeit festzustellen.
Einführung in die
Trainingspraxis
Wie in allen anderen Sportarten
auch, kommt es im Tennis nicht
nur auf den praktischen Inhalt des
Trainings an, sondern es müssen
auch weitere Aspekte berücksichtigt werden, um das Training sinnvoll zu gestalten: Die Belastungsintensität, die Dauer einzelner
Übungen, die Gestaltung der Pausen, die Reihenfolge der einzelnen
Übungen im Hinblick auf den
Inhalt und vieles mehr ist im modernen Tennistraining von großer
Bedeutung.
Erst die Systematik und Planung
ermöglichen einen optimalen Trainingserfolg und eine steile Leistungssteigerung. Ein wähl- und
zielloses Aneinanderreihen von
Übungen kann sogar negative
Auswirkungen auf die Leistungssteigerung haben, mindestens
aber eine Verzögerung und sogar
Stagnation der Entwicklung hervorrufen.
133
Es ist darauf zu achten, daß alle
Schlagarten und Techniken regelmäßig und systematisch geübt
werden. Für das Üben einer
Schlagart können aus Motivationsgründen sowie vor allem aus
praktischen Gründen mehrere
Übungsformen gewählt werden.
Eintönigkeit im Training muß vermieden werden.
Dosierung der
Belastung
Dauer einzelner
Übungen
Die einzelnen Übungen haben nur
dann einen Sinn, wenn sie über
eine gewisse Zeitspanne mit der
entsprechenden Intensität durchgeführt werden. Aus Gründen der
optimalen Wiederholungszahl und
der Relation von Belastung und
Erholung sollten einzelne Technikübungen in der Regel 20 Minuten
dauern. Kürzere Trainingsreize
bringen entweder nur einen verminderten oder gar keinen Lernerfolg. Andererseits dürfen Übungen
mit hohen Anforderungen an
koordinative Qualitäten - und das
sind fast alle tennistechnischen
Trainingsformen - beim Technik
lernen und einem Teil des Techniktrainings nicht einen Ermüdungsgrad überschreiten, bei dem es zu
Störungen der feinmotorischen
Koordination kommen kann.
Sobald es zu Störungen der Feinkoordination bzw. der Konzentrationsfähigkeit kommt, muß das
Techniktraining abgebrochen werden. Durch eine gezielte Verbesserung des allgemeinen konditionellen Zustandes werden die möglichen Belastungszeiten auch im
feinmotorischen Bereich verlän-
134
gert. Erfahrungsgemäß dauert
dann eine Übung ohne Gegenspieler (der Trainer spielt zu, und
der Ball wird vom Schüler nur einmal geschlagen) ca. 15 bis 30
Minuten.
Eine Übung mit Gegenspieler
(Trainer gibt den Ball ins Spiel, und
die Spieler spielen 2 oder mehrere
Schläge) dauert ca. 20 bis 30
Minuten.
Spezifische koordinative Übungen,
Kraftschnelligkeits- oder Schnellkraft- bzw. Sprungkraftübungen
innerhalb des Techniktrainings
dauern ca. 1 bis 5 Minuten pro
Übung mit jeweils 2 bis 5 Serien
mit je ca. 6 bis 10 Schlägen pro
Serie und entsprechender Pause
zwischen einzelnen Serien.
Auf diese Weise kann man den
Trainingsumfang sowie die Trainingsintensität der einzelnen
Übungsarten nach Bedarf optimal
steuern.
Intensität einzelner
Übungen
Die Intensität der Übungen, d. h.
die Schlagzahl pro Serie und/oder
die Geschwindigkeit und der
Krafteinsatz bei der Ausführung
des Schlages, müssen sich nach
dem Fertigkeitsgrad des Spielers
und je nachdem, ob es sich um
Technik erlernen oder um Technik
trainieren handelt oder ob es sich
um rein technisches Training oder
Techniktraining unter Einbeziehung konditioneller Elemente handelt, richten.
Grundsätzlich gilt, daß beim Technik erlernen die Serien ca. 5 bis
15 Schläge pro Spieler pro Serie
beinhalten. Danach soll eine Pause
von ca. 15 bis 25 Sekunden folgen. Auf diese Weise kommt es zu
keiner nennenswerten Laktatbildung und Laktatanhäufung. Diese
soll unter 2 mmol/l bleiben. Es soll
im anaeroben alaktaziden Bereich
gearbeitet werden, um eine maximale Koordinationsfähigkeit, Lernintensität und Lernschnelligkeit zu
erreichen.
Beim Technik trainieren sollten die
Serien variieren, so wie es auch im
Match der Fall ist. So sollen kurze
Serien von 2 bis ca. 10 bzw. 15
Schlägen überwiegen, es sollen
aber auch dazwischen längere
Serien von 15 bis 25 Schlägen
oder mehr pro Serie eingestreut
werden. Die Gesamtwiederholungszahl pro Schlag und/oder
Übungsform soll zwischen ca. 150
(Technik erlernen: Grobform, Feinform) und 200 (Technik trainieren:
Feinstform, Stabilisierung) liegen.
Diese Wiederholungszahl ist nötig,
um ausreichende und tiefe Reizeinwirkung zu erzielen. Durch eine
niedrigere Zahl erreicht man diese
nicht, bei einer höheren Wiederholungszahl (über 200 bis weit
über 200) ermüdet vor allem das
zentrale Nervensystem (was die
Koordinationsqualität und Konzentrationsfähigkeit beeinflußt).
Dies passiert auch, wenn man
lange Serien von 30 bis 70 Schlägen und mehr fortlaufend wiederholt.
Wie schon gesagt, dauert eine
solche Übungsform ca. 20 bis 30
Minuten. Danach soll eine 2- bis
5minütige Regenerationspause
vor der nächsten Trainingseinheit
erfolgen.
Auch bei der Gruppenarbeit sind
Schlagübungen in Serien, Einzelschlägen pro Spieler vorzuziehen.
Bei einer gewissen Wiederholungszahl (5 bis 15 Schläge) in
Reihe ist der Spieler fähig, Hinweise oder Korrekturen wesentlich
besser und schneller in die Tat
umzusetzen.
Die Schlaggeschwindigkeit soll fertigkeits- und situationsgemäß in
Methodische Hinweise zum Techniktraining
der Regel immer maximal sein.
Das Qualitätsmerkmal hierfür ist
die Erfolgsquote. Am Anfang des
Trainings beurteilt man die Abweichungen in der Bewegungsausführung des Spielers, im späteren
Verlauf die Streuung der geschlagenen Bälle. Der Erfolgsquotient
bei derartigen Beurteilungskriterien soll bei schwierigeren
Übungsformen wenigstens 60%,
bei einfacheren Übungsformen 70
bis 80% betragen. Falls die angegebene Zielsicherheit unterhalb
von 50% liegt, ist die Schlaggeschwindigkeit für das Erreichen
eines optimalen Lern- oder Trainingserfolges in der Regel zu
hoch, der Spieler ist überfordert.
Falls die Genauigkeit bei 90 bis
100% liegt, ist der Spieler in der
Regel unterfordert, die gestellten
Aufgaben sind zu leicht, die Reizintensität und Reizqualität sind zu
niedrig.
Methodische
Hinweise zum
Techniktraining
Um einen optimalen Übungsablauf über 20 Minuten und mehr
bei hoher Schlagfrequenz und in
der richtigen Seriengröße ohne zu
lange Pausen und Unterbrechungen verwirklichen zu können, ist
es notwendig, eine ausreichende
Anzahl von Tennisbällen zur Verfügung zu haben. Empfehlenswert
ist ein Einkaufswagen mit ca. 100
bis 200 Bällen. Einzelne Übungsreihen innerhalb einer Trainingseinheit sollen nach folgenden
methodischen Prinzipien gestaltet
werden:
• Vom Leichten zum Schweren
• Vom langsamen zum schnellen
Tempo
•
Reihenfolge der Inhalte: Technik, Koordinationsschnelligkeit,
Reaktionsfähigkeit, Kraftschnelligkeit
Diese Bereiche müssen im ausgeruhten Zustand trainiert werden.
Dann folgen Übungen mit dem
Ziel der Verbesserung anaerober Ausdauer.
Den Abschluß bilden Übungen
für die aerobe Ausdauer.
Die richtige Organisation der Trainingseinheit ist von großer Bedeutung. Übungsformen für tennisspezifische Koordination, für
Kraftschnelligkeit oder Explosivkraft (Startkraft, Sprungkraft)
müssen relativ kurz sein (6 bis 10
Wiederholungen pro Serie und
2 bis 3 Serien mit 1 bis 2 Min.
Pause dazwischen) und müssen im
ausgeruhten Zustand erfolgen.
Deshalb empfiehlt es sich, zwischen einzelnen technischen Teilen
einer Trainingseinheit nach der
oben erwähnten Pause die nächste Übungsform mit einer koordinativen oder Kraftschnelligkeitsübung zu beginnen, und/oder die
ganze Trainingseinheit mit diesem
Training anzufangen.
Somit kann man innerhalb jeder
Trainingseinheit von 1V 2 bis 2
Stunden ca. dreimal Koordination
oder/und Kraftschnelligkeit trainieren, ohne die Gefahr einzugehen, daß der Organismus für diese
Trainingsbereiche ermüdet ist.
Jegliche Art des tennisspezifischen
Ausdauertrainings auf dem Tennisplatz muß allerdings ans Ende der
Trainingseinheit gelegt werden.
Einige wichtige Hinweise für das
Training:
• Jede Trainingseinheit soll mit
ausgiebiger Aufwärmarbeit
beginnen: Lauf, Lockerungsübungen, Dehnungsübungen,
Sprints, Ballspiel (10 bis 30 Min.
Dauer).
• Auf dem Tennisplatz selbst mindestens 10 Minuten einschlagen, wobei am Anfang die Bälle
langsam und hoch geschlagen
werden sollen, um die Muskulatur und den Organismus tennisspezifisch vorzubereiten und
Rhythmus und Ballgefühl zu
bekommen. Vor dem Matchtraining soll die Einschlagdauer
15 bis 20 Minuten dauern.
•
Nach jedem Training 10 bis 15
Minuten auslaufen oder lockerschlagen im langsamen Tempo
(Puls ca. 110 bis 140 Schläge/
Min.), um die Regenerationsvorgänge einzuleiten und zu
beschleunigen.
Um die Spieler zur richtigen
Körpergewichtsverlagerung
sowie Körperbewegung in
Schlagrichtung zu führen, empfiehlt es sich, Markierungen
anzubringen, die die Spieler
während des Schlages sowie
nach dem Schlag zu einer Vorwärtsbewegung in die Schlagrichtung zwingen, indem sie
diese berühren oder umlaufen
müssen.
Beim Flugball- oder Schmetterballtraining empfiehlt es sich,
nach dem durchgeführten
Schlag mit dem Schläger das
Netz zu berühren, um den
gleichen Effekt zu erzielen.
• Bei der Mehrzahl der Gruppenübungen ohne Gegenspieler
sollen die Übenden nach dem
durchgeführten Schlag nach
vorne und vor die Gruppe ausweichen, bevor sie sich wieder
einreihen. Dadurch wird eine
vorzeitige Rückwärtsbewegung
noch während des Schlages
sowie eine Rücklage im Schlag
- wie es bei dem üblichen Einreihen nach hinten der Fall ist —
verhindert.
• Bei einer größeren Gruppe
(6 bis 8 Spieler) empfiehlt sich
135
Techniktraining
bei vielen Übungen, daß die
Spieler nach der durchgeführten Schlagserie einige Bälle aufheben und in den Wagen
legen. Auf diese Weise kommt es
zu keinem Stau, zu keiner Langeweile unter den Wartenden.
• Wenn der Spieler zu oft den
Ball ins Netz spielt, hilft folgende Maßnahme: Jeder Spieler muß seinen ins Netz gespielten Ball sofort aufheben und in
den Trainerwagen oder Korb
legen. Dadurch fällt er mindestens für eine Runde aus. Seine
Konzentration und Genauigkeit
steigen danach beträchtlich.
Trainingsbeispiele
Mit praktischen Trainingsformen
könnte man allein ein komplettes
Buch füllen, denn fast jeder Trainer hat im Laufe der Zeit eigene
Trainingsformen kreiert oder aber
bekannte Übungen modifiziert.
Hier können nicht alle möglichen
Übungsformen angeboten werden. In diesem Zusammenhang
wird auf BORN/SCHÖNBORN (1990)
verwiesen.
Die ausgewählten Übungen gelten
stellvertretend für eine Vielzahl
von Variationen und Kombinationen. Es geht vor allem darum, anhand einiger Beispiele die zuvor
angeführten Grundsätze praktisch
zu erläutern. Viele Übungen können auch im Zweiertraining oder
Einzelunterricht angewandt werden. Der Trainer kann als Zuspieler
des ersten Balles oder als Sparringspartner fungieren. Wie bereits
erwähnt, ist ein Einkaufswagen
mit 100 bis 200 Bällen notwendig,
um den Umfang und die Intensität
richtig steuern zu können.
Darüber hinaus ist ein perfektes
136
Zuspiel des Trainers die Voraussetzung für den Erfolg der jeweiligen
Übung. Nicht nur die Schnelligkeit, sondern auch Höhe, Länge
und Richtung des zugespielten
Balles, aber auch die richtige Zeitspanne zwischen zwei zugespielten Bällen, muß sich nach der
Übungsform, dem Ziel der Übung
sowie dem Alter und der Spielstärke der Spieler richten.
Grundsätzlich gilt, daß der Spieler
beim Technik-Erlernen nicht durch
zu hohes, zu langes, zu schnelles
oder zu ungenaues Zuspiel unter
Druck gesetzt werden soll. Im Gegenteil, die Schlagausführung soll
in dieser Phase erleichtert werden,
wodurch die Lernschnelligkeit unterstützt wird.
Vor allem im Techniktraining werden dann absichtlich schwierige
Situationen modelliert, um die
Matchähnlichkeit zu erzielen.
Bei einfacheren Übungsarten sowie im Anfängerbereich können
auch Ballwurfmaschinen eingesetzt werden.
Die einzelnen Übungen werden
erst dann effektiv ablaufen, wenn
das Prinzip von den Schülern verstanden wurde. Eine präzise verbale Beschreibung jeder Übung,
evtl. Eigendemonstration des Trainers oder eine Durchführung der
Übung im langsamen Tempo
gleich zu Beginn des Trainings sowie eine Aufklärung der Schüler
über den Sinn der Übung sind
deshalb erforderlich.
Die folgenden Übungsformen sind
in 2 Schwierigkeitsstufen gegliedert. Die Stufe 1 verfolgt stets
das Ziel der Grobformung, Feinformung und Stabilisierung der
einzelnen Schlagtechniken. Die
Beispiele 1 bis 11 sind Übungen
der Schwierigkeitsstufe 1. In Stufe
2 werden die Rahmenbedingungen bei der Schlagausführung in
spieltypischer Weise verändert
(z.B. Treffhöhe, Schlagposition)
und der Schwierigkeitsgrad dadurch erhöht. Ab Beispiel 12
gehören die Übungen der Stufe 2
an.
Zur optimalen Reizsetzung können
für die meisten Übungsformen folgende Belastungsnormative empfohlen werden:
• Dauer der Übung: 15 bis 25
Minuten
• Schläge pro Serie: 7 bis 20
• Serienpause: 15 bis 30 Sekunden
Bei allen übrigen Übungsformen
gelten die in den Beispielen unter
den Abschnitten »Durchführung«
angegebenen Hinweise.
Die grafischen Darstellungen der
im folgenden beschriebenen
Übungsbeispiele sind ab Seite 141
bis Seite 144 zu finden.
|
Beispiel 1
|
Grundlinienschlag
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung der Grundlinienschläge.
Durchführung: Die Schüler lernen
Grundlinienschläge von Anfang an
aus der Bewegung. Sie müssen
sich zum Schlag mindestens 1 bis
2 m bewegen. Nach 7 bis 10
durchgeführten Schlägen müssen
sie sich nach vorne und seitlich
bewegen - wirklichkeitsgetreue
Bewegungsform zur Mitte mit
richtiger Gewichtsverlagerung.
Trainingsbeispiele
l-^s»wte»aM!IH
Flugball
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung des Flugballs.
Durchführung: Die Schüler spielen
den Flugball in der Vorwärtsbewegung. Nach dem Schlag müssen
sie weiter vorrücken und das Netz
berühren, bevor sie den nächsten
Ball spielen. Durch die Netzberührung werden sie indirekt geleitet, in der Vorwärtsbewegung
zu schlagen.
-Beispiel^;
Schmetterball
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung des Schmetterballs.
Durchführung: 2 Spieler schmettern, 2 warten. Nach jedem
Schmetterball müssen die Spieler
das Netz berühren. Dadurch sind
sie gezwungen, jeden Schmetterball in der Rückwärtsbewegung zu
spielen. Nach einer Serie wechseln
die Paare.
Lob
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung des Lobs.
Durchführung: Der Lob soll gleich
von Anfang an aus der Ecke geübt
werden. Der Trainer muß so überlobbt werden, daß er auch bei
maximaler Streckung des Armes
den Ball nicht erreichen kann. Die
Grundlinie soll dabei als Ziel
anvisiert werden.
(M&C§
Halbflugball
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung des Halbflugballs.
Durchführung: Der Halbflugball
soll aus dem Mittelfeld geübt
werden. Der Spieler muß zum Ball
immer wieder vorwärts laufen.
«•tätäti
Passierschlag
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung des TopspinPassierballes.
Durchführung: Der Topspin ist der
beste Passierschlag. Er soll von
Anfang an von der Seitenlinie
geübt werden, von woher er
später am häufigsten angewandt
wird.
«töi?
Angriffsschlag
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung des Slice-Angriffsballs.
Durchführung: Der Slice soll aus
dem Mittelfeld geübt werden.
Erstens wird dadurch die ideale
Körpergewichtsverlagerung
erreicht, und zweitens wird situationsgemäß der Slice als Angriffsball geübt.
I33ft3&t©
Stop
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung.
auch zwangsweise in der Vorwärtsbewegung und als Alternative zum Slice gespielt.
©tiöäjMsf
zjm
Flugballstop
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung.
Durchführung: Auch der Flugballstop muß in der Bewegung vorwärts und in der Nähe der Seitenlinie geübt werden. Wie beim
Flugballtraining soll der Spieler
nach dem Schlag das Netz
berühren, bevor er sich wieder
einreiht.
HJsö-fiaÄat
Aufschlag
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung.
Durchführung: Der Aufschlag wird
sowohl von rechts als auch von
links geübt. Nach entsprechender
Sicherheit wird zunächst die Länge
und dann die seitliche Plazierung
trainiert.
'(Dä&sräHKFÜ
Return
Ziel: Grobformung, Feinformung
und Stabilisierung.
Durchführung: Weil vor allem in
der Anfängerphase die Spieler
nicht aufschlagen können, muß
der Trainer selbst aufschlagen. Es
empfiehlt sich die Aufschlagstellung hinter der Aufschlaglinie. Von
dort aus kann man das Tempo
sehr gut steuern.
Durchführung: Ähnlich wie der
Slice wird auch der Stop in wirklichkeitsgetreuer Situation im Mittelfeld geübt. Dadurch wird er
137
Techniktraining
EtetesOäQflS
Grundlinienschlag
Ziel: Schläge weit hinter der
Grundlinie.
Durchführung: Der Trainer spielt
hohe und lange Bälle. Der Spieler
muß zuerst nach hinten ausweichen, dann den Ball in der Vorwärtsbewegung schlagen, vor der
Gruppe vorbeilaufen und sich
wieder einreihen.
rafeffilfljl
Grundlinienschlag
Ziel: Schläge mit hohem Treffpunkt.
Durchführung: Der Trainer spielt
etwas kürzere, aber sehr hohe
Bälle zu. Der Spieler muß den Ball
in oder über Schulterhöhe in der
Vorwärtsbewegung schlagen.
(»flgJttaGrundlinienschlag
Ziel: Schläge auf schnelle Bälle.
Durchführung: Der Trainer spielt
sehr schnelle Bälle zu. Der Spieler
muß trotzdem die Bälle in der Vorwärtsbewegung des Körpers
schlagen.
<wfiai'q@
Grundlinienschlag
Ziel: Umlaufener »Winner« mit
Vorhand.
Durchführung: Der Trainer spielt
4 bis 5 Bälle in Reihenfolge von
der Vorhand- in die Rückhandecke
zu. Der Spieler muß die Bälle
umlaufen und immer nur mit Vorhand spielen, wobei er diese als
»Winner« sehr schnell spielen
muß. Den letzten Ball kann er
longline spielen, wobei er die
138
c
vorherigen in die Rückhandecke
gespielt hat.
i
Flugball
Ziel: Flugball von der Seitenlinie.
^Beispiel 16
Passierschlag
Ziel: Passierschlag von weit außerhalb des Feldes.
Durchführung: Der Trainer spielt
den Ball so zu, daß der Spieler ihn
weit außerhalb der Außenlinie treffen muß. Aus diesem ungünstigen
Winkel muß er versuchen, sowohl
longline als auch cross zu schlagen.
1
^Beispiel 17
]
Passierschlag
Ziel: Passierschlag auf flache Bälle.
Durchführung: Der Trainer spielt
sehr flache Bälle nah an die
Grundlinie. Der Spieler muß diesen
entgegengehen und aus tiefem
Treffpunkt als Topspin- und als
Slice-Passierball spielen.
|Bejsp>iel^8"
Beispiel 3Ü"
]
Passierschlag
Ziel: Passierschläge mit hohem
Treffpunkt.
Durchführung: Der Trainer spielt
hohe und lange Bälle kurz vor die
Grundlinie. Der Spieler muß diese
in Schulterhöhe als Topspin- oder
Slice-Passierbälle schlagen.
ßeispie|£19i
Passierschlag
Ziel: Passierschlag aus dem Mittelfeld.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle flach und kurz in das Mittelfeld. Der Spieler muß die Bälle
als Topspin in beide Richtungen
kurz cross spielen.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle extrem zu den Seitenlinien. Der Spieler muß im
Sprung entweder longline oder
cross schlagen. Nach dem Treffen
soll er das Netz berühren.
c
Beispiel 2f"
Flugball
Ziel: Flugball mit tiefem Treffpunkt.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle sehr flach und kurz zu.
Der Spieler muß diese im Vorwärtssprung schlagen.
Beispiel ü
Halbflugball
Ziel: Halbflugball neben oder
hinter dem Körper.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle so zu, daß sie schräg hinter oder neben dem Körper des
Spielers aufspringen. Der Spieler
muß diese mit Halbflugball
schlagen.
c
Beispiel 23
J
Angriffsschlag
Ziel: Angriffsschlag mit tiefem
Treffpunkt.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle flach hinter die T-Linie.
Der Spieler muß diese im Vorwärtslaufen als Slice oder Topspin
schlagen. Nach dem Treffen muß
er noch weiter vorrücken.
Trainingsbeispiele
WffiWW,
>®mMm
•§eaMi&
Angriffsschlag
Ziel: Angriffsschlag mit hohem
Treffpunkt.
Schmetterball
Ziel: Rückhand-Schmetterball auf
der linken Platzhälfte.
Passierschlag
Ziel: Passierschlag aus dem Rückwärtslauf.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle hoch ca. 2 m vor die
Grundlinie. Der Spieler muß diese
im Vorwärtslaufen in Schulterhöhe
als Slice oder Drive (Vorhand) schlagen und danach weiter vorrücken.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle über die linke Schulter
des Spielers. Dieser muß sie als
Rückhand-Schmetterball longline
(oder cross) schlagen.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle über den am Netz stehenden Spieler. Dieser muß
zurücklaufen, den Ball überholen,
ihn an seiner rechten Körperseite
tief fallen lassen und als Passierball
zurückschlagen.
liEHjnaJg^
Angriffsschlag
Ziel: Angriffsschlag von den
Seitenlinien.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle unmittelbar zu den Seitenlinien. Der Spieler muß diese
als Angriffsball spielen und danach
schräg vorwärts zur Mitte laufen.
^mmim
Schmetterball
Ziel: Schmetterball nach dem Aufsprung des Lobs.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle über den am Netz stehenden Spieler. Dieser muß
zurücklaufen, den Ball umlaufen
und nach dem Absprung schmettern.
j l f e Beispiel 30:
Schmetterball
Ziel: Schmetterball aus dem
Sprung.
Lob
Ziel: Lob aus dem Rückwärtslauf
und aus der Drehung.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle so hoch über den Spieler,
daß dieser sie nur im maximalen
Sprung erreichen kann. Danach
muß er das Netz berühren, bevor
der nächste Ball angespielt wird.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle über den am Netz stehenden Spieler. Dieser muß
zurücklaufen und die Bälle als Lob
zurückspielen.
ÜSBfÖäiötl
•jjrjffigtgia^:;
Schmetterball
Ziel: Schmetterball nach Lobs über
der linken Körperseite.
Passierschlag
Ziel: Passierschlag mit Vorhand
aus dem Rückwärtslauf über die
linke Schulter.
Durchführung: Der Trainer spielt
den Ball über die linke Schulter des
Spielers.
Dieser muß sich fast mit dem
ganzen Rücken zum Netz drehen,
nach links rücken und von dort
schmettern.
Durchführung: Der Trainer spielt
die Bälle über den am Netz stehenden Spieler. Dieser muß
zurücklaufen und den Ball mit
dem Rücken zum Netz gedreht
über die linke Schulter zurückschlagen.
Techniktraining defensiv
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration, Genauigkeit, Rhythmus,
eigene Fehler vermeiden.
Durchführung: 2 Spieler führen
jeden Schlag in gleicher Form aus.
Sie spielen cross-cross oder longline-longline und versuchen,
wenig Fehler zu machen.
Variation: Zu den Richtungen gibt
der Trainer zusätzlich die Schlagtechnik vor (z. B. Spieler A Rückhand-Slice und Spieler B VorhandTopspin).
Techniktraining defensiv
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration, Rhythmus, eigene Fehler
vermeiden durch Höhe und Länge
der Schläge.
Durchführung: 2 Spieler schlagen
Vorhand und Rückhand von
Grundlinie zu Grundlinie. Sie versuchen jeden Ball zwischen T-Linie
und Grundlinie zu spielen.
Variation: In ca. 1 m Höhe wird
eine Schnur oder ein Bauband
gespannt. Es soll jeder Schlag über
die Schnur gespielt werden.
139
Techniktraining
\r
Beispiel 35
|
|
Durchführung: 1 Spieler schlägt
aus der Vorhandecke abwechselnd
longline und cross. Der Partner
läuft an der Grundlinie und spielt
Vorhand und Rückhand abwechselnd in die Vorhandecke des
Gegners zurück.
Variation: Zuspieler in der Rückhandecke.
Beispiel 36
"|
Techniktraining defensiv
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration, eigene Fehlertrotz intensiver Laufarbeit vermeiden, Genauigkeit, Rhythmus.
Durchführung: 1 Spieler spielt
stets cross, während sein Partner
stets longline spielt.
Variation: 3 Spieler spielen 2 gegen 1, wobei 1 Spieler läuft und
cross spielt, und seine Partner ihm
longline die Bälle zuspielen.
|
Beispiel 37
"|
Techniktraining offensiv
von der Grundlinie
Ziel: Druckvolles, offensives Spiel,
risikofreudiges, schnelles und aggressives Spiel, Bälle früh spielen.
Durchführung: 2 Spieler schlagen
Bälle von Grundlinie zu Grundlinie.
Sie stehen dabei im Spielfeld und
sollen dadurch die Bälle früh spielen.
Variation: Der Trainer spielt die
Bälle vom Netz zu.
140
Flugball-Lob
Ziel: Flugball und Flugball-Lob.
Durchführung: 2 Spieler spielen
Flugbälle gegeneinander. Nach
einem Flugball-Lob wird der
Punkt ausgespielt.
Durchführung: Auf einen ins Mittelfeld gespielten Ball greift der
Spieler longline an. Sein Gegner
spielt den Ball longline. Anschließend versuchen beide, den Punkt
zu erzielen.
|
Variation: Angriff longline mit der
Rückhand, Angriff longline mit der
Vorhand.
|
Beispiel 39
1
Techniktraining Angriff cross
Ziel: Angriffsball cross in der Vorwärtsbewegung, Passierschläge
üben.
Durchführung: Auf einen ins Mittelfeld gespielten Ball greift der
Spieler cross an. Sein Gegner spielt
den Ball cross. Anschließend
versuchen beide, den Punkt zu
machen.
Beispiel 40
Beispiel 42
Flugball ausspielen
Ziel: Flugball unter Wettkampfbedingungen, Reaktionsfähigkeit,
Antizipation, Doppelspiel vorbereiten.
Durchführung: 2 Spieler spielen
von der Aufschlaglinie Flugbälle
gegeneinander. Sie versuchen
nach dem zweiten Schlag den
Gegner auszuspielen. Der Sieger
des Flugballduells spielt gegen den
nächsten Gegner weiter.
Variation: Cross-cross Flugballduelle, longline-longline in einer
Platzhälfte.
|
Beispiel 43
Flugballrhythmus
Ziel: Flugballrhythmus finden.
Variation: Angriff cross mit der
Vorhand, Angriff cross mit der
Rückhand.
|
Beispiel 41
|
Techniktraining Angriff longline
Ziel: Angriffsball longline in der
Vorwärtsbewegung, Passierschläge üben.
Techniktraining defensiv
Ziel: Sicherheit, Geduld, Konzentration, Rhythmus, eigene Fehler
vermeiden trotz Schlagen unter
Zeitdruck.
Tv
Beispiel 38
"|
Flugballduelle 2 gegen 1
Zieh Flugball in schneller Reihenfolge.
Durchführung: 1 Spieler spielt
gegen 2 Gegner Flugbälle in verschiedene Richtungen. Der Trainer
bringt den Ball ins Spiel oder spielt
selbst mit.
Variation: Einzelspieler in der
Mitte, Einzelspieler im linken Aufschlagfeld, Einzelspieler im rechten
Aufschlagfeld.
Durchführung: 2 Doppelpaare
stehen sich in den Aufschlagfeldern gegenüber. Es darf nur Flugball gespielt werden, wobei 1 Paar
stets longline und 1 Paar stets
cross spielen soll.
Variation: Wettkampfspezifisch
einen Satz ausspielen (Zählweise
wie beim Tisch-Tennis).
|
Beispiel 44
1
Aufschläge in Zielbereiche
Ziel: Aufschläge in bestimmte Zielbereiche spielen können.
Durchführung: 2 Spieler schlagen
gleichzeitig auf. Sie versuchen in
markierte Zielbereiche aufzuschlagen, wobei die Schlagtechnik vorgegeben ist (z.B. von rechts SliceAufschlag nach außen, von links
Twist-Aufschlag nach außen usw.)
Sein Partner retourniert durch die
Mitte. Der Aufschläger versucht,
den Flugball zu plazieren, und
rückt weiter ans Netz auf. Der
Retournierende versucht, den
Netzspieler zu passieren.
Variation: Erste Aufschläge ins
linke Aufschlagfeld, zweite Aufschläge auf den Körper des
Gegners.
Variation: 2 Spieler retournieren
gleichzeitig.
Beispiel 45
[
[
Twist-Aufschläge
Ziel: Hoch wegspringende TwistAufschläge üben.
Beispiel 47"
Return
Ziel: Reaktion, Antizipation.
Durchführung: Die Spieler schlagen stets Twist-Aufschläge. Sie
versuchen dabei dem Ball soviel
Drall zu geben, daß er durch ein
in entsprechender Entfernung aufgestelltes Tor fliegt.
Durchführung: 1 Spieler schlägt
auf. Ein anderer Spieler trainiert
Returns. Der Returnspieler versucht die Returns sehr früh zu
spielen und verringert den Abstand zur Aufschlaglinie.
Variation: Anstelle des Tors wird
eine Zauberschnur (oder Bauband)
über dem Netz gespannt.
:
[
Beispiel 46
1
Aufschlag und Netzangriff
Zieh Aufschlag plazieren, Erreichen
einer günstigen Netzposition,
Flugball, Return.
Durchführung: Der Aufschläger
schlägt von rechts in die Mitte auf
und folgt dem Aufschlag ans Netz.
Beispiellos
Return
Ziel: Reaktions- und Antizipationszeit verkürzen, kurze Ausholbewegung, dem Ball entgegengehen.
Durchführung: Der Trainer (oder
ein Spieler) schlägt auf. Er steht
knapp hinter der Aufschlaglinie.
Der Übende spielt Returns.
Variation: Returns von der linken
und von der rechten Seite.
Für die Erläuterung der Übungsformen
werden die folgenden Zeichen verwendet:
O
Schüler
©
Trainer
«*- Ballweg vom Trainer
--—#»hart
Beispiel 1
Beispiel;49^
Return auf zweite Aufschläge
Ziel: Aggressive und riskante
Returns üben, Umlaufen der
Rückhand.
Durchführung: Ein Spieler spielt
zweite Aufschläge auf die Rückhandseite des Gegners. Der
Returnspieler umläuft die Rückhand und schlägt aggressive
Returns mit der Vorhand.
Variation: Returns von der linken
und rechten Seite.
[
Beispiel 50
Return mit Angriff
Ziel: Schwache Aufschläge des
Gegners zum sofortigen Angriff
nutzen.
Durchführung: Ein Spieler (oder
Trainer) spielt zweite Aufschläge.
Der Returnspieler geht sofort aus
dem Return in den Angriff über.
Die bevorzugte Schlagtechnik
hierfür sollte Slice sein, der lang
und relativ flach gespielt wird.
Nach dem Return wird der Punkt
ausgespielt.
Variation: Returns von der linken
und rechten Seite, Return-Stop als
Überraschungsmoment einstreuen.
Beispiel 2
~^~Z~ Ballweg vom Schüler
AS
r~1
o
Laufweg
Markierung
Ballkorb
' ' " " - < hoch
141
Techniktraining
142
Trainingsbeispiele
143
Techniktraining
144
Taktiktraining
Ausgehend von den vier elementaren taktischen Zielen im Wettkampf,
• eigene Fehler vermeiden,
• dem Gegner zu Fehlern verleiten/zwingen,
• den Gegner keine Gelegenheit
geben, direkte Punkte zu
machen,
• selbst direkte Punkte vorbereiten und erzielen,
sollten beim Taktik-Training die eigenen technischen, konditionellen
und mentalen Fähigkeiten unter
Berücksichtigung tatsächlicher (der
Gegner ist bekannt) bzw. fiktiver
(der Gegner ist unbekannt) Fähigkeiten des Kontrahenten so trainiert werden, daß diesen taktischen Zielen entsprochen werden
kann.
Dazu sind vier Prozesse von zentraler Bedeutung:
1. Man muß wahrnehmen, was
geschieht.
- Was für einen Schlag
(lang/kurz, hoch/flach,
cross/longline, glatt/geschnitten) hat der Gegner
ausgeführt?
- Wo befindet er sich? Wohin
bewegt er sich? Wo ist die
eigene Position?
2. Man muß beurteilen, was man
wahrnimmt.
- Welche Möglichkeiten hat
man?
- Wie sieht die theoretisch
optimale Lösung aus?
- Ist sie unter Berücksichtigung
der eigenen Fähigkeiten und
der des Gegners durchführbar?
3. Man muß sich für eine Handlung (ggf. aus mehreren Möglichkeiten) entscheiden.
- Wie kann man die Situation
entsprechend der Beurteilung unter den gegebenen
Umständen (die äußeren
Verhältnisse wie Sonne,
Wind, Bodenbelag etc. sind
mit einzubeziehen) optimal
lösen?
4. Man muß handeln.
- Die notwendigen technischen, konditionellen und
mentalen Fähigkeiten müssen, entsprechend der getroffenen Entscheidung, konsequent eingesetzt werden.
Die ersten drei Prozesse spielen
sich im Kopf ab: wahrnehmen,
beurteilen, entscheiden. Nur diese
drei Stufen betreffen die eigentliche Taktik. Sie münden in den
vierten Prozeß, das Handeln, was
gleichbedeutend ist mit der technischen Durchführung der taktischen Entscheidung.
Taktik muß genauso erlernt und
trainiert werden wie die technischen Bewegungsabläufe, bevor
sie unter erschwerten Bedingun-
gen im Wettkampf optimal angewandt werden kann. Deshalb wird
unterschieden zwischen
• Taktik erlernen und
• Taktik trainieren.
Taktik erlernen
Analog zu den einzelnen Techniken, die.wir als Grundmuster zur
Lösung von Bewegungsaufgaben
betrachten können, versteht man
unter Taktik erlernen: taktische
Grundmuster erlernen und durchspielen.
Taktische Grundmuster sind typische und erfolgversprechende
Lösungen für einzelne Spielsituationen.
Unter Taktik erlernen versteht man
also das Üben bestimmter taktischer, konsequent durchzuführender Spielzüge, die sich aus Spielsituationen ergeben. Sie werden
geübt, ohne daß das Verhalten
des Gegners dabei berücksichtigt
wird. Dabei wird nicht gegeneinander, sondern miteinander
gespielt.
Drei Punkte sind dabei zu beachten:
1. Der Lernende hat für jede
Übung die freie Entscheidung
darüber, ob die sich ihm bietende Situation den Beginn
einer taktischen Aktion (Grundmuster) rechtfertigt.
145
Taktiktraining
Er muß z.B. entscheiden, nachdem er die Situation wahrgenommen und beurteilt hat, ob
der etwas kürzere Ball des Gegners sich tatsächlich zum Netzangriff anbietet oder (noch)
nicht, weil er doch zu lang erscheint.
2. Falls er angreift, entscheidet er
bei diesem Beispiel, ob er longline oder cross angreift, d.h.,
der Ort des Aufsprunges des
ankommenden Balles »zwingt«
den Übenden, analog der ihm
bekannten optimalen theoretischen Lösung der entsprechenden Situation, sich »richtig« zu
entscheiden.
3. Nach der Entscheidung zum
Angriff muß das ausgewählte
taktische Grundmuster konsequent durchgezogen werden.
Voraussetzung für das richtige
taktische Lernen ist die exakte
Kenntnis des theoretischen Ablaufes der entsprechenden Aktion.
Der Übende muß bei diesem Beispiel wissen, warum er wohin
läuft, wo er wann in die optimale
Schlag- oder Drehscheiben-Position springen muß und wie er
nach dem ersten Flugball reagieren soll.
Aus methodischer Sicht sollten die
taktischen Muster in zunehmendem Maße erschwert werden, insbesondere auch im Blick auf die zu
treffenden Entscheidungen. Allerdings ist beim »Taktik lernen« der
taktische Plan weitgehend vorgegeben. Das Verhalten des Gegners
bei den Wahrnehmungs-, Beurteilungs- und Entscheidungs-Prozessen spielt noch keine Rolle.
Übungsbeispiele
•
Die Spieler A und B spielen sich
von Grundlinie zu Grundlinie
zu; B soll auf die kurzen Bälle
146
von A mit Rückhand Slice angreifen. A darf nur passieren
(kein Lob). Der Angriffsschlag
soll lang sein, damit A in Bedrängnis gerät und B eine günstige Netzposition einnehmen
kann. Die Richtung des Angriff sschlages (cross oder longline) hängt alleine vom Aufsprung des Balles (Drei-ZonenTheorie) ab, unabhängig von
des Gegners Stärke oder
Schwäche. Es geht in erster
Linie darum, ein taktisch günstiges Grundmuster zu erlernen,
durchzuspielen und zu stabilisieren. Den anschließenden
Flugball schlägt B cross, unabhängig davon, ob es sich um
einen Vorhand- oder RückhandFlugball handelt. Dabei entscheidet er auch, abhängig von
seiner Position und dem Treffpunkt, ob er den Flugball lang,
als Winner oder als Volley-Stop
spielt.
B muß also wahrnehmen, ob
der Ball relativ kurz ist, d.h. im
T-Linien-Bereich aufspringt,
und ob er aufgrund der Flugbahn, Geschwindigkeit und
Rotation eher leicht oder eher
schwer als Angriffsschlag zu
spielen ist, sowie ob er cross
(eher aus der Mitte des Spielfeldes) oder longline (eher aus der
Nähe der Einzel-Seitenlinie) zu
schlagen ist (Drei-Zonen-Theorie). Danach muß er beurteilen
und sich alternativ entscheiden,
ob er angreift oder noch abwartet, um dann entsprechend
dem taktischen Grundmuster
vorzugehen.
• Spieler B greift, entsprechend
der Drei-Zonen-Theorie, longline oder cross an; allerdings
schlägt er jetzt den Flugball
longline oder cross. In diesem
Fall muß B zwei alternative Entscheidungen nacheinander tref-
fen: einmal, ob er angreift, zum
anderen, wohin und wie er volliert. Ob er longline oder cross
angreift, ist vom taktischen
Grundmuster vorgegeben.
• Spieler B geht auf den kurzen
Ball von A vor; jetzt soll er nicht
nur cross bzw. longline angreifen, sondern kann alternativ
auch einen Stopball spielen,
dem er ans Netz folgt.
Taktik erlernen heißt also, taktische Grundmuster einzuüben,
damit es später gelingt, die verschiedenen Möglichkeiten wie z.B.
Slice-Angriff cross oder longline
oder Stopball und Flugball cross
oder longline in eine Wettkampfsituation einzubetten.
Taktik trainieren
Unter Taktik trainieren versteht
man, die erlernten taktischen
Grundmuster unter erschwerten
Bedingungen in matchähnlichen
Situationen anzuwenden, d.h.,
unter verschiedenen Möglichkeiten (Grundmustern), bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Verhaltens des Gegners, entscheiden zu
müssen. Es geht dabei um Aktionen innerhalb des Spieles gegeneinander.
Übungsbeispiele
• Spieler A und B agieren an der
Grundlinie. A soll jede passende
Möglichkeit wahrnehmen, mit
einem Angriffsball zum Netz zu
kommen. B kann longline oder
cross, schnell oder weich passieren oder einen Lob spielen.
B muß also wahrnehmen, daß
A angreift, wo dessen Angriffsball aufspringt und wo sich A
postiert. Dann muß er beurteilen, welcher Schlag in Frage
kommt, bezogen auf seine
technischen Fähigkeiten, aber
Taktik trainieren
auch auf seine Position, sowie
die Position von A und auf dessen Stärken bzw. Schwächen.
Dann muß er sich für die beste
Möglichkeit entscheiden und
schließlich den entsprechenden
Passierball oder Lob ausführen.
• Spieler B erhält die Aufgabe, A
so unter Druck zu setzen, daß
dessen Schläge kürzer werden,
so daß B mit einem RückhandSlice angreifen kann. Jetzt ist er
allerdings nicht nur in seiner
Entscheidung frei, cross oder
longline, entsprechend dem
taktischen Crundmuster anzugreifen und den Flugball cross
oder longline, kurz oder lang zu
spielen. Auch Richtung von
Angriffsball und Volley hängen
nun weitgehend von dem Verhalten (der Position) und den
Fähigkeiten des Gegners ab,
d. h. z. B., ob dieser besser
Rückhand oder Vorhand passieren kann und ob er eher cross
oder longline bevorzugt.
Die bisher vorgestellten Formen
des Erlernens und Trainierens von
Taktik haben sich auf den einzelnen, sich wiederholenden Ballwechsel bezogen. Da diese Ballwechsel im Match in ein übergeordnetes Konzept einer MatchStrategie eingebettet werden müssen, heißt Taktik trainieren auch
das Üben bestimmter Strategien in
Form von Match-Training.
Übungsbeispiele
Bei den folgenden Beispielen wird,
wie beim Tischtennis, nach Punkten gezählt.
• Spieler A greift nur mit dem
zweiten Aufschlag, den er
bezüglich Drall, Tempo und
Schlagrichtung frei wählt, an
und läuft ans Netz vor. Der
Punkt wird ausgespielt. Spieler
A schlägt so lange auf, bis einer
der beiden Spieler die ausgemachte Anzahl an Punkten
erzielt hat. Taktisches Ziel für A:
den Return- und Passierballschwachen Gegner sofort
attackieren.
• Spieler A hat nur einen Aufschlag. Spieler B soll diesen
Aufschlag, wenn irgend möglich, attackieren, d.h. mit dem
Return, dessen Drall und
Tempo er frei wählt, die schwache Seite von A angreifen. Der
Punkt wird ausgespielt. Taktisches Ziel für B: die eigene
Flug- und Schmetterballstärke
einsetzen.
•
Die Spieler A und B spielen an
der Grundlinie. Der Ball wird
von unten ins Spiel gebracht.
Der Punkt soll nur von der
Grundlinie aus gemacht werden
(kein Stop). Bei diesem Spiel
geht es um die taktischen
Dimensionen Sicherheit bzw.
kontrolliertes Risiko, Plazierung
und Rhythmuswechsel im
Rahmen des Grundlinienspieles.
Taktisches Training kann aber auch
darin bestehen, daß Spieler A bestimmte taktische Aufgaben erhält, z.B. nur cross zu spielen oder
Drall und Geschwindigkeit gezielt
zu wechseln. Spieler B muß dies
jeweils erkennen und entsprechend darauf reagieren.
Bei Taktik erlernen und bei Taktik
trainieren stehen die Prozesse der
Wahrnehmung, Beurteilung und
Entscheidung im Vordergrund. Die
Technik wird benötigt, um über
das Handeln die taktischen Ziele
erreichen zu können. Wird die
Technik fehlerhaft eingesetzt, können selbstverständlich auch beim
Taktik erlernen oder Taktik trainieren technische Hinweise und Korrekturen gegeben werden. Diese
dürfen aber nicht den Schwerpunkt von Unterricht und Training
ausmachen.
Individuelle
Voraussetzungen
Wahmehmungs-, Beurteilungsund EntScheidungsprozesse erfordern in konkreten Spielsituationen,
insbesondere wenn es gilt, die
Stärken und Schwächen des Gegners und den Spielstand zu
berücksichtigen, psychische Voraussetzungen wie Geduld und
Konzentration, Mut und Risikobereitschaft sowie Disziplin. Spielerinnen und Spieler verfügen über
diese Voraussetzungen jedoch in
individuell unterschiedlicher
Weise. Deshalb soll im folgenden
auf diese individuellen Voraussetzungen eingegangen werden.
Obwohl diese Voraussetzungen
relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale darstellen, können sie doch
durch gezieltes und kontinuierliches Training beeinflußt werden.
Dies bezieht sich insbesondere auf
das Üben mit Jugendlichen.
Im folgenden werden zum Teil
Technik-Übungen zum Training
der individuellen Voraussetzungen
herangezogen. Die Korrekturen
und Hinweise sollten sich jedoch
ausschließlich auf die entsprechenden taktischen Ziele der einzelnen
Übungsbeispiele beschränken.
Geduld und
Konzentration
Häufig ist es notwendig, den Ball
sicher im Spiel zu halten oder einen bestimmten, dem Gegner unangenehmen Schlag regelmäßig
zu wiederholen. Hierzu sind
äußerste Konzentration und vor
allem Geduld notwendig. Ungeduldiges Spiel zerstört den Schlagrhythmus und führt zu Flüchtigkeitsfehlern.
147
Taktiktraining
Übungsbeispiele
• Ca. 20 Minuten (10 x 1,5 Min.,
d.h. ca. 25 bis 30 Schläge;
Pause jeweils ca. 25 Sek.) in
gleichmäßigem, ruhigem
Rhythmus Bälle schlagen, ohne
Schlagtempo und Rhythmus
wesentlich zu verändern. Taktisches Ziel: Fehler vermeiden.
• Ca. 10 Minuten in Serien von
15 bis 25 Schlägen mit anschließender Pause von ca. 20
Sekunden immer nur den gleichen Schlag (z.B. Vorhand-Topspin, Rückhand-Slice o.a.) spielen. Taktisches Ziel: abwarten.
• Alle Bälle möglichst in das von
der Grundlinie und Aufschlaglinie begrenzte Feld spielen.
Taktisches Ziel: Schlaglänge.
• Das Aufschlagfeld in 2 oder 3
Längsfelder einteilen. Den Aufschlag in eines dieser Längsfelder spielen (Aufschlagart, d.h.
Twist, gerade oder Slice, kann
frei gewählt werden). Aufschläge, die in die anderen Felder treffen, gelten als Fehler.
Diese Übungsform zwingt zur
besonderen Konzentration und
verleiht dem Spieler jene Schlagsicherheit, die Voraussetzung dafür
ist, im Match den gewünschten
Aufschlag taktisch einzusetzen.
• Als Match spielen 4 bzw. 6
Spieler auf 2 bzw. 3 Plätzen
Einzel mit Partnerwechsel. Jeweils nach 20 Minuten (unabhängig vom Spielstand) werden
die Partner gewechselt, so daß
jeder Übende nach 3 x 20 Minuten gegen 3 verschiedene
Partner gespielt hat.
Die Schwierigkeit besteht darin,
daß sich die Partner zum einen immer wieder auf einen neuen Gegner einstellen müssen, was ein hohes Maß an Konzentrationsfähigkeit erfordert, zum anderen nicht
von einem eventuell erzielten Vorsprung zehren können.
148
Mut und
Risikobereitschaft
Mut und Risikobereitschaft müssen in einem vernünftigen Verhältnis zur dadurch bedingten Fehlerquote stehen. Um unnötige, hastige Fehler zu vermeiden, sollte
im Zweifel eher so lange der gleiche sichere Ball zurückgespielt
werden, bis sich die Chance z. B.
zum Angriffsschlag bietet.
Das kann nach dem ersten oder
erst nach dem zwanzigsten Ballkontakt sein.
Übungsbeispiele
•
Es werden lange Bälle geschlagen. Auf jeden kürzeren Ball,
der etwa in Höhe der T-Linie
aufspringt, greift der Spieler an.
Die Punkte werden ausgespielt.
• Spieler A schlägt nur sichere
zweite Aufschläge. Mit dem
Return soll Spieler B Druck
machen, d.h. der Return soll
als harter Risikoball zurückgeschlagen werden oder als
Angriffsball, dem der Retournierende ggf. ans Netz folgt.
Die Punkte werden ausgespielt.
•
Um den zweiten Aufschlag unter Druck (Matchbedingung) zu
üben, kann der Spieler für die
Dauer eines Satzes nur einen
Aufschlag zur Verfügung haben. Nur mutig durchgezogene
zweite Aufschläge führen zum
Erfolg. Die Punkte werden ausgespielt.
sich sowohl auf die Ausführung
eines einzelnen Schlages, eines
Spielzuges (Grundmuster) oder
auf das exakte Einhalten des taktischen Planes (Match-Strategie).
Übungsbeispiele
•
Beide Spieler befinden sich
an der Grundlinie. Auf einen
bestimmten Signalschlag (z. B.
kurzer, halbhoher Ball ins Mittelfeld auf die Vorhandseite)
werden verabredete Spielzüge
geübt, z.B. abwechselnd StopBälle und »Winners«. Wichtig
ist, daß die vorgegebene Reihenfolge zunächst exakt eingehalten wird (Disziplin), so daß
sich auch der »Zuspieler« (kurzer, halbhoher Ball ins Mittelfeld) dem Grundmuster anpassen kann. Nach einer bestimmten Zeit sollte variabel gespielt
werden. Die Punkte werden
ausgespielt.
• Beide Spieler befinden sich an
der Grundlinie. Spieler A spielt
jeden Ball z. B. auf die Rückhand von B, wobei er Schlagart
und Tempo ebenso frei wählen
darf wie darüber befinden, ob
er zum Netz vorgeht oder nur
von hinten agiert. Die Punkte
werden ausgespielt.
Bei den folgenden Beispielen steht
jeweils ein bestimmter Schlag oder
ein bestimmtes taktisches Grundmuster im Vordergrund.
Aufschlagtraining
Disziplin
Disziplin als Selbstdisziplin ist wohl
die wichtigste Grundvoraussetzung für konsequentes, taktisches
Spiel, insbesondere bei innerer Anspannung (Nervosität) und äußerem, nicht zuletzt vom Gegner
ausgehenden Druck. Dies bezieht
Wenn der taktische Plan einen
speziellen Aufschlag in eine
bestimmte Ecke voraussetzt, sollte
zunächst dieser Aufschlag systematisch ca. 20 Minuten trainiert
werden (Technik-Training). Dann
erfolgt entsprechend das Training
ganzer Spielzüge (Taktik erlernen).
Grundlinienspiel
Übungsbeispiele
•
Slice-Aufschlag von rechts auf
die Vorhandseite und vorrücken
ans Netz (Platz abdecken);
Rückschlag- und Flugball-Richtung können frei gewählt
werden. Die Punkte werden
ausgespielt.
• Twist-Aufschlag von links auf
die Rückhand; Rückschlag- und
Flugball-Richtung können frei
gewählt werden. Die Punkte
werden ausgespielt.
• Frei aufschlagen, vorrücken.
Rückschlag auf VorhandVolley-Seite oder RückhandVolley-Seite oder, abhängig von
der Netznähe des Aufschlägers,
den Lob einsetzen. Alternativ
kann der Flugball lang oder
kurz (Volley-Stop) ausgeführt
werden. Die Punkte werden
ausgespielt.
Diese Trainingsbeispiele können
auch von mehreren Spielern
gleichzeitig absolviert werden. Ein
Spieler retourniert, die anderen
schlagen der Reihe nach auf. Haben alle serviert, nimmt der nächste Spieler die Returnposition ein.
Dabei können Punkte vergeben
und nach einer bestimmten
Anzahl von Durchgängen kann
ein Sieger ermittelt werden.
Returntraining
Gelegentlich erfordert der strategische Plan einen bestimmten
Rückschlag, was dessen Richtung,
Tempo oder Schlagart (z. B. Slice,
Topspin) betrifft.
Übungsbeispiele
•
Spieler A schlägt wahlweise auf
Vor- oder Rückhand auf. Spieler
B versucht, jeden Return entsprechend des taktischen Planes
(Schlagrichtung, Schlaglänge,
Tempo oder Drall betreffend)
ins gegnerische Feld zu spielen.
Die Aufgabe könnte z. B. lauten: entweder mit einem hohen
Topspin zur Grundlinie oder
einem Stopball zu antworten,
um den sich schlecht vor- bzw.
zurückbewegenden Gegner in
Bewegung zu halten.
• Spieler A folgt seinem Aufschlag zum Netz. Spieler B trainiert wahlweise den flachen
Cross- oder Longline-Retum
sowie den Rückschlag auf die
Füße des Aufschlägers. Der
Punkt wird ausgespielt.
• Spieler A serviert sichere zweite
Aufschläge. Diese Bälle werden
von Spieler B entweder offensiv
als »Winner-Schlag« in die
Ecken des Aufschlägers retourniert (dabei kann die Rückhand
umlaufen werden) oder sie
werden als Vorbereitungsschläge, denen man ans Netz
folgt, langsamer zur Grundlinie
zurückgegeben. Der Punkt wird
ausgespielt.
Grundsätzlich soll jener Return
geübt werden, den der taktische Plan für ein bevorstehendes Match erfordert. 15 Minuten sollte dieses Return-Training
wenigstens dauern.
Grundlinienspiel
Nur durch Training läßt sich herausfinden, wie man am geschicktesten gegen den nächsten Gegner operiert. Ein Partner sollte die
Rolle des künftigen Gegners übernehmen. So lassen sich dann die
verschiedenen Möglichkeiten zielbewußt und systematisch je nach
taktischem Plan durchspielen.
Training des sicheren
Grundlinienspiels
Übungsbeispiele
•
Das Üben dieses Grundlinienspiels sollte wenigstens 15 bis
20 Minuten pro Einheit dauern.
Die beiden Partner spielen sich
Bälle, was Schlagrichtung und
Schlagart betrifft, frei zu. Taktisches Ziel für Spieler A: Fehler
vermeiden; für Spieler B: durch
ständigen Rhythmuswechsel
Fehler provozieren.
• Spieler A zieht sein Spiel völlig
frei auf. Spieler B versucht, den
Ball z. B. vorwiegend auf Rückhand von A zurückzuschlagen.
Taktisches Ziel: nur eine Ecke
(Schwäche des Gegners) anspielen.
• Spieler A spielt nur cross, Spieler B wählt die Schlagrichtung
frei. Taktisches Ziel: durch
eintöniges, aber sicheres Spiel
Spieler B zu den technisch
schwierigeren, richtungsändernden Schlägen verleiten,
d.h. ihn zu Fehlern zwingen.
Bei den letzten beiden Übungen wird ein Spieler deutlich
mehr belastet als der andere.
Gerade der Gejagte hat es
schwer, fehlerlos zu bleiben. Er
muß daher »taktisch« handeln,
d. h. das Schlagtempo der Aufgabe anpassen, z. B. (um Zeit zu
gewinnen), den Ball gelegentlich höher zurückspielen.
Training des offensiven Grundlinienspiels
Übungsbeispiele
•
Spieler A spielt frei, Spieler B
versucht, von hinten Druck zu
machen. Darüber hinaus kann
er alle zu kurz geratenen Bälle
149
Taktiktraining
von A mit Vor- bzw. Rückhand
in eine Ecke schlagen (WinnerSchläge versuchen). Die Punkte
werden ausgespielt.
• Spieler A spielt frei, Spieler B
agiert wie obiges Beispiel. Darüber hinaus kann er die Bälle
auch als Vorbereitungsschlag,
dem er ans Netz folgt, zurückspielen. Die Punkte werden
ausgespielt.
• Spieler A spielt frei, Spieler B
spielt wie obiges Beispiel. Darüber hinaus kann er die zu kurz
geratenen Bälle auch als Stop
zurückgeben. Die Punkte werden ausgespielt.
• Die Partner spielen einen Satz.
Spieler A soll den Ball sicher ins
Feld spielen. Spieler B dagegen
soll etwas riskieren, d.h., wenn
sich die Chance innerhalb des
Ballwechsels dazu bietet, von
hinten Druck machen (evtl.
auch Rückhand umlaufen)
und/oder ans Netz vorrücken.
Netzspiel
Aufschlag - Netzspiel
Zunächst sollte der Spieler nur
einem langsameren Aufschlag ans
Netz folgen. Dadurch kommt er
näher ans Netz, hat so günstigere
Winkel und kann als Folge den
Platz optimal abdecken. Aufschlag- und Retum-Richtung
können vorgegeben werden.
Übungsbeispiele
• A serviert cross von rechts, läuft
vor, nimmt die entsprechende
Drehscheiben-Position ein.
B retourniert frei. A schlägt den
ersten Flugball lang als Vorbereitungsschlag, B spielt diesen
Flugball als Passierball zurück.
A rückt weiter zum Netz auf,
150
um den Spielzug mit einem offensiven, langen Volley oder einem Volley-Stop zu beenden.
Eventuell kann B noch versuchen, auch diesen Ball zu erreichen und an A vorbeizuspielen.
• Aufschlag von links, Return als
Passierschlag oder Lob; Flugball
(in T-Linien-Höhe) lang oder
Schmetterball. Die Punkte werden ausgespielt.
• Aufschlag zur Mitte, Return
beliebig; Flugball beliebig; Passierball beliebig. Die Punkte
werden ausgespielt.
• Aufschlag auf den Körper, Return mit Vor- oder Rückhand
(Passierball oder Lob), Flugball
beliebig; passieren oder lobben.
Die Punkte werden ausgespielt.
Generell bestimmt grundsätzlich
der strategische Plan, wohin der
Aufschlag überwiegend gerichtet
sein soll und welchen Return der
Partner zurückschlägt.
All diese Beispiele können in Wettkampfform absolviert werden.
Auch dabei hat sich die Tischtennis-Zählweise bis 21 bewährt.
Bei dieser Art zu trainieren ist es
wichtig, daß sich das Schlagtempo
dem Übungsverlauf anpaßt bzw.
unterordnet. So sollte zunächst
nicht versucht werden, Asse zu
schlagen oder direkte ReturnPunkte zu machen. Dem nach
vorne kommenden Aufschläger
muß die Gelegenheit gegeben
werden, den Spielzug durchzuführen. Als Erschwerung dieser
Übung und um sie dann vollkommen matchkonform zu gestalten,
kann natürlich jede Einschränkung
jederzeit variiert bzw. zurückgenommen werden.
Da viel Zeit vergeht, bis man nach
dem Flug- oder Schmetterball zur
Ausgangsposition zurückgekehrt
ist, wäre für diese Art von Aufschlag-Flugball bzw. Vorbereitungsschlag und Flugballtraining
(s. u.) ein dritter oder vierter Mitspieler ideal, der dann für den
nächsten Spielzug bereitstehen
könnte.
Vorbereitungsschlag
(Angriffsball) Netzspiel
• Zwei Spieler schlagen sich Bälle
zu. Der eine nimmt die sich bietende Gelegenheit wahr, um
mit einem Angriffsball ans Netz
zu gehen. Er volliert oder
schmettert, während sein Partner/Gegner passiert oder lobbt.
Die Richtung des Angriffsballes
ergibt sich aus der Drei-ZonenTheorie, während das Ziel
des Passierschlages oder Lobs
zunächst festgelegt werden
kann, später aber auch offenbleibt.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß es viele komplexe
Trainingsformen gibt, die sich sowohl für das Technik-Training, das
Taktik-Training, das KonditionsTraining als auch für das psychologisch orientierte Training eignen.
Trainer und Spieler sollten sich
deshalb stets darüber im klaren
sein, welchen Schwerpunkt des
Trainings sie jeweils im Auge
haben.
Jede Art von Training, bei der die
Taktik im Mittelpunkt steht, sollte
aber nach dem mehrfach angesprochenen Schema ablaufen:
1. Die Situation wahrnehmen
2. Die Situation beurteilen
3. Eine Entscheidung treffen
4. Die Entscheidung in die Tat
umsetzen
Hinweise und Korrekturen sollten
beim Taktik Lernen und Taktik
Trainieren deshalb in erster Linie
auf diese Prozesse ausgerichtet
sein.
Netzspiei
151
Konditionstraining
Im modernen Leistungstennis sind
ohne überdurchschnittliche Kondition keine nennenswerten Erfolge
mehr möglich. Im Tenniswettkampf werden durch gute konditionelle Voraussetzungen Laufarbeit und Stellung zum Ball verbessert (z.B. durch Laufschnelligkeit
und Laufausdauer) und die Wirkung einzelner Schläge erhöht
(z.B. durch Schlagschnelligkeit
und Beweglichkeit). Im Tennistraining können Belastungsumfang
Fähigkeiten (Koordination und Beweglichkeit). Im folgenden geben
wir dem (weiten) Begriff »Kondition« den Vorzug, da er in der
Sportpraxis weit verbreitet und bei
Tennisspielern bekannt ist.
Aus systematischen Gründen
differenzieren wir die Kondition in
folgende vier Faktoren (Abb. 89):
• Ausdauer
• Kraft
• Schnelligkeit
• Beweglichkeit
und/oder Belastungsintensität
nur auf der Basis einer guten konditionellen Verfassung gesteigert
werden.
Die Literatur kennt verschiedene
Begriffe für die Kondition (z. B.
körperliche Verfassung, motorische Hauptbeanspruchungsformen oder motorisch-konditionelle
Eigenschaften). Einige Autoren
unterscheiden auch konditionelle
Fähigkeiten (Kraft, Schnelligkeit
und Ausdauer) und koordinative
Abb. 89 Grundschema der Kondition
tennisspezifische Kondition
Laufausdauer
Sprintkraft
Antizipation/
Reaktion
Beschleunigungsweg
Schlagausdauer
Schlagkraft
LaufSchnelligkeit
Bewegungsökonomie
Konzentrationsausdauer
(Verletzungsprophylaxe)
SchlagSchnelligkeit
(Verletzungsprophylaxe)
Maximalkraft' •
Reaktionsschnelligkeit
statische
Beweglichkeit
Schnellkraft
zyklische
Schnelligkeit
azyklische
Schnelligkeit
dynamische
Beweglichkeit
Kurzzeitausdauer
Mittelzeitausdauer
Langzeitausdauer
Ausdauer
*
Ausdauerkraft
S?ä Kraft
' '"*
Schnelligkeit
^allgem eine Kon dition ^
152
v.ss
*
.
*
Beweglichkeit
Ausdauer
Zwischen den genannten Faktoren
bestehen enge Wechselbeziehungen, die sich teilweise positiv (z. B.
Kraft und Schnelligkeit) oder negativ (z.B. Kraft und Ausdauer
oder Kraft und Beweglichkeit)
beeinflussen können.
Die Kraft bedarf einer differenzierten Betrachtungsweise. Einerseits
können trainingsbedingte Kraftzuwächse sowie hoher Kraftaufwand
die Ausdauerleistungsfähigkeit
negativ beeinflussen oder eine
bereits automatisierte Schlagtechnik
verändern, andererseits können
Kraftdefizite die Entwicklung der
Schnelligkeit (Lauf- und Schlagschnelligkeit) leistungslimitierend
beeinflussen. Diese Überlegungen
haben dazu geführt, daß das Unterkapitel »Kraft« vorrangig auf
die Entwicklung der Schnelligkeit
ausgelegt wird. Darüber hinaus
wird eine mangelhaft ausgebildete
Muskulatur häufig als wesentliche
Ursache für die in jüngster Zeit
stetig ansteigenden, verletzungsbedingten Ausfälle von Nachwuchsspielern und international
bekannten Spitzenspielern angesehen.
Entsprechend den Bedürfnissen
vieler Tennisbegeisterter haben wir
ein »Heimprogramm« geschaffen,
welches speziell die Stabilisierung
und Kräftigung des gesamten
Bewegungsapparates sowie den
Ausgleich muskulärer Ungleichgewichte (Dysbalancen) zum Ziel
hat. Hiermit soll vor allen Dingen
ein besserer Schutz vor Tennisverletzungen geschaffen werden. Da
dieses zusätzliche Trainingsprogramm möglichst wenig Trainingszeit beanspruchen soll und entsprechende Kraftgeräte nur mit
hohem Zeit- und Kostenaufwand
einsetzbar sind, müssen sämtliche
Kraftübungen am Arbeitsplatz
oder zu Hause (Heimprogramm)
durchführbar sein.
Die genannten Gründe führen zu
folgender Gliederung:
• Ausdauer
• Kraft
• Schnelligkeit
• Beweglichkeit
• Heimprogramm
Ausdauer
Definition und
Bedeutung
Ausdauer wird allgemein als
Ermüdungswiderstandsfähigkeit gegenüber einer (sportlichen) Belastung bezeichnet.
Für Tennisspieler beinhaltet
die Ausdauer körperliche und
geistige Ermüdungswiderstandsfähigkeit im Tenniswettkampf sowie Belastungsverträglichkeit und Regenerationsfähigkeit im Training.
Die tennisspezifische Ausdauer ist
folglich eine komplexe Fähigkeit,
bei der auf der Grundlage optimaler energetischer Voraussetzungen
in der Arbeitsmuskulatur auch Bewegungsökonomie und Schnelligkeit sowie Konzentrationsfähigkeit
und Willensqualität zusammenwirken.
Im Wettkampf soll der Tennisspieler möglichst ermüdungsfrei auch
noch im 3. (5.) Satz explosiv (Erhalt der Startschnelligkeit) in die
richtige Schlagposition (Erhalt der
Koordinationsfähigkeit) laufen
und den Ball mit höchstmöglicher
Energie (Erhalt der Schlagschnelligkeit in Verbindung mit Koordination) an den richtigen Ort (Erhalt der mentalen Frische) spielen
können.
Voraussetzung hierfür ist eine gute
körperliche und geistige Erho-
lungsfähigkeit auf stetig wiederkehrende Schnellkraftbelastungen,
damit jedes vorgegebene Spieltempo über die gesamte Spielzeit
ohne Verlust der körperlichen und
mentalen Leistungsfähigkeit (insbesondere Schnelligkeit, Koordination und Konzentration) absolviert
werden kann.
Im Training soll der Tennisspieler
hohe Trainingsumfänge und -intensitäten ertragen können und
möglichst schnell erholt sein. Folglich benötigen Tennisspieler eine
hohe Belastungsverträglichkeit sowie eine schnelle Regenerationsfähigkeit.
Die wichtigste Grundlage hierfür
ist eine gut ausgebildete tennisspezifische Ausdauerleistungsfähigkeit auf der Basis einer hohen
Grundlagenausdauer. Anderenfalls
besteht stets die Gefahr für einen
Übertrainingszustand mit drohendem Leistungseinbruch.
Die Bedeutung der Ausdauer für
eine gesteigerte Leistungsfähigkeit
auf dem Tennisplatz kann auch
durch experimentelle Befunde an
Leistungstennisspielern im Labor
und auf dem Tennisplatz belegt
werden.
Leistungsdiagnostik
und -kontrolle
Eine zutreffende Beurteilung der
tennisspezifischen Ausdauerleistungsfähigkeit ist nur bei einer
Belastung möglich, die qualitativ
und quantitativ ähnlich der im
Wettkampf auftretenden Belastung ist. Der Vorteil entsprechender Kontrollverfahren liegt in einer
möglichst trennscharfen Beurteilung der tennisspezifischen Ausdauerleistungsfähigkeit; hiermit
soll zugleich eine gezielte, individuelle Trainingssteuerung eröffnet
werden.
153
i
Konditionstraining
Zur Ermittlung der Grundlagenausdauer von Tennisspielern ist im
Labor derzeitig die Laufbandergometrie die geeignetste Methode.
Sie erlaubt eine motivationsabhängige, trennscharfe Leistungsdiagnostik und produziert gleichzeitig
Trainingshinweise, die je nach Trainingszeit (z.B. Grundlagenausdauer, Schnelligkeitsausdauer,
Regeneration) präzise angesteuert
werden kann. Hiermit ist nicht nur
ein objektiver Vergleich der Ausdauerleistungsfähigkeit zwischen
Spielern derselben Leistungskategorie (Querschnitt), sondern auch
eine exakte Kontrolle spezieller
Trainings- oder Wettkampfmaßnahmen (Längsschnitt) möglich.
Sie schließt auch eine Überprüfung von Eigeninitiativen ein, welche im Leistungstraining für Jugendliche sowie beim Aufbautraining (z. B. nach Verletzungen) von
erhöhter Bedeutung sind. Aus motivationalen und zeitökonomischen Gründen empfiehlt es sich,
diese Untersuchungsmethode als
Feldtest (z. B. 400-m-Rundbahn)
in der Kleingruppe (z. B. 4 bis 8
Spieler gleichzeitig) mit wesentlich
höherer Akzeptanz der Teilnehmer
durchzuführen.
Die alleinige Verwendung dieses
Tests zur Diagnostik der Grundlagenausdauer befriedigt jedoch
nicht, da beim Tennis die Laufbelastungen nicht einförmig und
kontinuierlich sind, sondern azyklische Bewegungsabläufe mit
stetigen konzentrischen und exzentrischen Beanspruchungen in
unregelmäßigen Intervallen abwechseln. Auch differiert der Energieaufwand bei gegebener tennisspezifischer Belastung entsprechend einer individuell unterschiedlichen, technisch-taktischen
Spielanlage (z.B. Sampras und
Courier, Becker und Chang oder
Graf und Sanchez-Vicario).
154
Ergebnisse zur Grundlagenausdauer müssen daher mit dem
fachmännischen Urteil des erfahrenen Trainers kombiniert oder
durch einen standardisierten
tennisspezifischen Ausdauertest
ergänzt werden. Letzteres ist
derzeitig nur durch einen stufenförmig ansteigenden Ballmaschinentest auf dem Tennisplatz
möglich.
Für den Tennistrainer, der vorrangig mit Spielern niedriger Leistungsstärke arbeitet, ist der Gesamtaufwand für die genannten
Verfahren allerdings zu hoch. Einfachere Testverfahren wie CooperTest oder Conconi-Test enthalten
jedoch teilweise erhebliche Fehlerquellen für eine zutreffende Diagnostik der aeroben Kapazität, so
daß die aus diesen Tests resultierenden Empfehlungen für die Trainingsdosierung zwangsläufig nur
grobe Richtwerte erlauben.
Verläßlichere Werte für die aktuelle tennisspezifische Ausdauerleistungsfähigkeit seiner Spielerinnen
und Spieler erhält der Tennistrainer
durch die Verwendung eines vereinfachten Ballmaschinentests
(ggf. auch durch Zuspiel aus dem
Ballwagen möglich) unter standardisierten Rahmenbedingungen.
Hierbei werden z.B. Vorhand und
Rückhand im Wechsel an der
Grundlinie gespielt (Schlagort an
der jeweiligen Einzelseitenlinie)
und nach einer jeweils 2minütigen
Ballfolge von 18, 2 1 , 24 und 27
Bälle pro Minute erhöht. Für den
erfahrenen Tennislehrer werden
spätestens bei 24 (27) Bällen pro
Minute Unterschiede bezüglich
Laufökonomie, Schlagtechnik und
Schlagerfolg deutlich feststellbar,
so daß relativ verläßliche Aussagen über das individuelle Niveau
der tennisspezifischen Ausdauerleistungsfähigkeit getroffen werden können.
Ziele des
Ausdauertrainings
Ein Ausdauertraining für Tennisspieler verfolgt vorrangig folgende
Trainingsziele:
• Steigerung der Ermüdungswiderstandsfähigkeit in der tennisspezifischen Arbeitsmuskulatur (Ausdauer, Schnelligkeit und
Koordination) und im mentalpsychischen Bereich (Konzentration, Wille) für Wettkampf
und Training. Hierfür bedarf es
vor allem eines Trainings der
tennisspezifischen Ausdauer.
• Verbesserung der Belastungsverträglichkeit und der Regenerationsfähigkeit im Training und
Wettkampf. Hierfür ist eine
Kombination des Trainings der
Grundlagenausdauer und der
tennisspezifischen Ausdauer
besonders geeignet.
• Steigerung der allgemeinen
Fitneß für Wettkampf und Training sowie Verbesserung des
allgemeinen Wohlbefindens;
dies dient gleichzeitig der Vorsorge gegenüber gesundheitlichen Schädigungen (z.B. Arteriosklerose, Fettsucht), die
größtenteils auf Bewegungsmangel und/oder falsche
Ernährung zurückzuführen sind:
Dieses Ziel ist vor allem für fitneß- und gesundheitsorientierte
Tennisspieler im mittleren und
höheren Lebensalter von
besonderem Interesse. Hiefür
eignet sich vor allem ein Training der Grundlagenausdauer.
Ausdauer
Methoden im Ausdauertraining und
praktische Hinweise
Optimales Ausdauertraining erfordert detaillierte Kenntnisse über
das Anforderungsprofil der tennisspezifischen Ausdauer und die
physiologische Wirkung der jeweiligen Trainingsmethoden und
-inhalte. Die Ausdauertrainingsmethoden lassen sich prinzipiell in
4 Hauptgruppen einteilen:
•
•
•
•
Dauermethode
Intervallmethode
Wiederholungsmethode
Wettkampfmethode
Dauermethode
Bei der Dauermethode steht die
Verbesserung der aeroben Stoffwechselvorgänge im Vordergrund.
Die Dauermethode mit konstanter
Geschwindigkeit dient vorwiegend
der Entwicklung der Grundlagenausdauer. Hierbei wird eine
definierte Strecke in einer festgesetzten Zeit (z.B. 12-km-Lauf in
60 Min.) oder eine vorgegebene
Zeitdauer in bestimmter Herzfrequenz (z. B. 40-Min.-Lauf mit 140
bis 150 Schlägen pro Min.) absolviert. Bei der Dauermethode mit
wechselnder Geschwindigkeit
werden aerober und anaerober
Stoffwechsel und ein kurzfristiges
Umschalten auf hohe Belastungsintensität trainiert, wodurch das
Spektrum der ausdauerorientierten
Organfunktionen erweitert wird.
Besonders empfehlenswert für
Tennisspieler ist das Fahrtspiel, bei
welchem dem natürlichen Gelände
entsprechend (z.B. Wiese, Hügel,
Sand- und Waldwege) Tempowechsel eingebaut werden. Das
Fahrtspiel sollte auf das Beanspruchungsprofil im Tennis abgestimmt
werden und vorgegebene Trainingsziele (z. B. als Regenerations-
lauf) und das aktuelle Befinden
berücksichtigen. Die verschiedenen Dauermethoden dienen der
Entwicklung der Grundlagenausdauer und bilden die Basis für eine
Hinführung zur tennisspezifischen
Ausdauer.
(bzw. spezielle Ballwechselfolge)
mit der im Wettkampf üblichen
Belastungshöhe oder mit maximal
möglicher Geschwindigkeit nach
jeweils vollständiger Erholung
bzw. Regeneration bis zur endgültigen Leistungsgrenze durchlaufen
(bzw. gespielt).
Intervallmethode
Beim Lauftraining für Tennisspieler
hat diese Methode eine nur untergeordnete Bedeutung, da diese
Art der Laufausdauer im Tenniswettkampf nicht notwendig ist. Im
Tennistraining bietet diese Belastungsform jedoch eine interessante Variante zur Verbesserung
der tennisspezifischen Ausdauer
speziell gegen Ende der Vorbereitungsperiode sowie in der Wettkampfperiode (z.B. 1 bis 2 Wochen vordem Saisonhöhepunkt).
Das Ziel des Intervalltrainings liegt
vornehmlich in der Steigerung von
Schnelligkeitsausdauerleistungen,
wie sie vorrangig in den Kürzte. B. 400/800-m-Lauf) und Mittelzeitausdauerdisziplinen (z.B.
1500/3000-m-Lauf) erforderlich
sind. Charakteristisch für die Intervalltrainingsmethode ist das Prinzip der lohnenden Pause, die je
nach Trainingsziel, Länge der
Strecke und individuellem Trainingszustand regenerative Phasen
(z. B. Trabpausen) zwischen 30 bis
180 Sekunden beinhaltet und zu
einer Senkung der Herzfrequenz
auf 100 bis 120 Schläge pro
Minute führt.
Für Tennisspieler ist diese Trainingsmethode in der Regel von
untergeordneter Bedeutung, da sie
die tennisspezifischen Anforderungen an Ausdauer und Schnelligkeit
nicht trifft, durch hohe Übersäuerung der Arbeitsmuskulatur die
folgenden Trainingsinhalte behindern und die Symptome eines
Übertrainings hervorrufen kann.
In Einzelfällen soll diese Form des
Intervalltrainings jedoch zur Schulung besonderer Willensqualitäten
(z.B. Ertragen von hoher Übersäuerung, Steigerung des Durchhaltevermögens) dienen.
Wiederholungsmethode
Die Wiederholungsmethode beabsichtigt, wettkampfspezifische Teilanforderungen der Ausdauer innerhalb einer Trainingseinheit
mehrfach zu wiederholen. Hier
wird eine gewählte Laufstrecke
Wettkampfmethode
Die Wettkampfmethode dient der
Entwicklung der wettkampfspezifischen Ausdauer, der Sammlung
technisch-taktischer Erfahrungen
sowie der Kontrolle der Wettkampfhärte und des gegenwärtigen Leistungsstandes. Hiermit ist
die Wettkampfmethode die komplexeste Methode, da sie alle für
das Wettkampftennis speziellen
Fähigkeiten zugleich schult; nach
dieser Methode kann folglich nur
auf dem Tennisplatz trainiert werden. Hierbei werden Wettkämpfe
(teilweise unter erschwerten Bedingungen, wie Verkürzung der
Pausen o.a.) als Trainingsinhalte
verwendet. Sie dienen einer vertieften Ausschöpfung der verschiedenen Reserven und sollen
über eine nachfolgende verlängerte Erholungsphase zu einer
erhöhten Superkompensation
führen. Die Wettkampfmethode
wird ausschließlich als Vorbereitung auf unmittelbar bevorstehende saisonale Höhepunkte
verwendet.
155
Konditionstraining
Prinzipien für das
Training von Kindern
und Jugendlichen
Ausdauertraining im Kindes- und
Jugendalter dient vor allem der
Ausbildung einer guten Grundlagenausdauer bzw. Verbesserung
der aeroben Kapazität. Das Ausdauertraining sollte folglich vor
allem umfangs- und keinesfalls
intensitätsbetont sein. Hierbei ist
darauf zu achten, daß das Ausdauertraining abwechslungsreich,
interessant und kindgemäß gestaltet wird. Mit der aeroben Ausdauerschulung kann bereits im frühen
Schulkindalter (z.B. Grundschule
bzw. Primarstufe) begonnen
werden, und sie scheint bei den
Mädchen im 12./13. Lebensjahr
und bei den Jungen im 13./14.
Lebensjahr besonders wirksam
trainierbar zu sein.
Haupttrainingsmethode im Kindes- und Jugendalter ist die Dauermethode. Ungeeignet sind hingegen Wiederholungsmethode
und Intervallmethode mit solcher
Belastungshöhe und -dichte, die
eine starke Beanspruchung des
anaeroben Stoffwechsels erfordern. Wegen der Einförmigkeit des
Dauerlauftrainings und der Gefahr
einer Umwandlung von schnellen
(weißen) in langsame, aber ausdauernde (rote) Muskelfasern ist
durch komplexe und variable Auswahl von Trainingsinhalten und
-methoden für stetige Abwechslung zu sorgen.
Steuerung des
Ausdauertrainings
Zur Steuerung des Ausdauertrainings ist eine gegenseitige Feinabstimmung folgender Komponen-
156
Abb. 90 Ermittlung der Steuergrößen Herzfrequenz und Laufgeschwindigkeit für
das extensive und das intensive Ausdauertraining am Beispiel zweier Spieler der internationalen Spitzenklassen
ten (Belastungsnormative) notwendig:
• Belastungshöhe
• Belastungsdauer
• Belastungshäufigkeit
Der in der allgemeinen Trainingslehre und Sportpraxis benutzte
Begriff Belastungsintensität ist ungenau, da er die Belastungshöhe
(Reizstärke) nicht isoliert fixiert,
sondern häufig eine Mischung
bzw. Summation verschiedener
Belastungsnormative bzw. Begriffe
darstellt.
Die Belastungshöhe im Ausdauertraining wird üblicherweise in extensive und intensive Belastung
eingeteilt. Bei der extensiven Belastung wird vorwiegend im rein aeroben Bereich trainiert, der am exaktesten über den Milchsäurespiegel im Blut (Blutlaktat) kontrolliert
wird. Hierfür sind inzwischen spezielle Laktat-Meßgeräte für jedermann im Handel erhältlich.
Tennisspieler mit einem in der
Regel niedrigen/mittleren Ausdauer-Trainingszustand befinden
sich vorrangig im aeroben Bereich,
wenn ihre Blutlaktatkonzentration
ca. 3 mmol/l nicht übersteigt
(Abb. 90). Beim Lauftraining entspricht dies im Normalfall einer
Herzfrequenz von 130 bis 150
Schlägen pro Minute oder 6 bis 8
Laufschritten (Atem-Schritt-Frequenz) auf einen Atmungszyklus
(Ein- und Ausatmung). Dies bedeutet für die Praxis, daß während des
Lauftrainings eine Unterhaltung
jederzeit problemlos möglich ist.
Bei Kindern und Jugendlichen liegt
die Herzfrequenz um ca. 10 bzw.
20 Schläge höher; auch beim
weiblichen Geschlecht ist häufig
eine höhere Herzfrequenz (ca.
5 bis 10 Schläge) erlaubt.
Der am leichtesten zu bestimmende Richtwert für die Belastungshöhe (Reizstärke) ist die
Ausdauer
Herzfrequenz. Die individuelle
Trainingspulsfrequenz für das
Grundlagenausdauertraining sollte
beim Breitensportler etwa zwei
Drittel und beim Leistungssportler
etwa drei Viertel der Belastungsfrequenz betragen, die jeweils zur
Ruhefrequenz hinzugezählt
werden müssen. Hierzu wird vorab
die Belastungsfrequenz ermittelt,
in dem die Ruheherzfrequenz
(Messung unmittelbar vor dem
Aufstehen) von der maximalen
Herzfrequenz (220 minus Alter)
abgezogen wird.
Beispiel:
30jähriger Leistungsspieler (Ruheherzfrequenz 65)
(Laufanfänger)
2 2 0 - 3 0 = 190
(maximale Frequenz)
1 9 0 - 6 5 = 125
(Belastungsfrequenz)
1 2 5 x 2 / 3 = 83
83 + 65 = 148 (Trainingsfrequenz)
Das extensive Dauertraining gestattet höhere Trainingsumfänge
(z. B. 40 bis 60 Min., aber auch 90
Min.) als das intensive Dauertraining, so daß besondere Anpassungen im Fettstoffwechsel durch bevorzugte Verbrennung der Fette unter gleichzeitiger Schonung der
Kohlenhydratreserven - erfolgen
können. Diese Form des Trainings
wird auch als Regenerationsmaßnahme genutzt, indem die Laufgeschwindigkeit noch weiter gesenkt
und zugleich die Laufdauer verkürzt wird.
Das intensive Dauertraining erfolgt im Bereich des aerob-anaeroben Übergangs bis hin zur anaeroben Schwelle, die bei (in der Regel
mäßig ausdauertrainierten) Turniertennisspielern durch einen
Blutlaktatspiegel von ca. 3 bis maximal 4,5 mmol/l (speziell ausdauertrainierte Tennisspieler laufen
mit niedrigerem Milchsäurespiegel, z. B. 3 bis 3,5 mmol/l) gekennzeichnet ist. Dies bedeutet
beim Dauerlauf (Radfahren bzw.
Skilanglauf) im Normalfall eine
Herzfrequenz von 150 bis 170
Schlägen pro Minute bzw. eine
Atem-Schritt-Frequenz von 4 bis 6
(Ein- und Ausatmung). Folglich
unterbleibt meist eine zwanglose
Unterhaltung, da sie äußerst
schwerfällt. Auch hier kann bei
Jugendlichen die Herzfrequenz um
ca. 5 bis 10 Schläge höher liegen.
Das intensive Dauertraining wird
üblicherweise 20 bis 40 Minuten
durchgeführt und kann höchstens
40 bis 60 Minuten (maximales
Laktat-Steady-State) durchgehalten werden. Ein Training dieser Art
sollte pro Woche nicht häufiger als
2mal betrieben werden, da sonst
die Zeit für die Wiederauffüllung
der Glykogenspeicher zu kurz ist
und ein Übertrainingssyndrom
droht. Das maximale Sauerstoffaufnahmevermögen wird mit dem
intensiven Ausdauertraining wirkungsvoll trainiert; für die Entwicklung der Grundlagenausdauer
ist bei Tennisspielern das extensive
Dauerlauftraining die Methode
der Wahl.
Prinzipiell lassen sich ähnliche Trainingseffekte für die allgemeine
Grundlagenausdauer auch in anderen Sportarten erzielen, wenn
möglichst große Muskelgruppen
aktiviert werden und dynamische
Bewegungsabläufe vorliegen. Neben dem Laufen haben vor allem
Radfahren, Skilanglaufen und Rudern für Tennisspieler einen hohen
Stellenwert. Zwecks besserer Ausbildung des gesamten Körpers und
vor allem aus Motivationsgründen
ist eine Abwechslung in den
Sportarten empfehlenswert, sobald sich die Gelegenheit hierfür
bietet und entsprechende Lust
oder Neugierde daran besteht.
Die Belastungshäufigkeit zum
Aufbau der Ausdauerleistungsfähigkeit sollte als Minimum 2- bis
3mal wöchentlich betragen. Mit
einem täglichen Ausdauertraining
(z. B. im Trainingslager oder in der
Vorbereitungsperiode für die
Sandplatzsaison) sind schnellere
Fortschritte zu erzielen. Hierbei
muß streng darauf geachtet werden, daß mit dieser Überbetonung
des Ausdauertrainings andere, teilweise wichtigere Leistungskomponenten nicht vernachlässigt (z. B.
Technik) oder negativ beeinflußt
werden (z.B. Schnelligkeit).
Elementare Basis für eine dauerhafte Entwicklung der tennisspezifischen Ausdauer ist eine mittlere
bis hohe Qualität der Grundlagenausdauer. Letztere stellt zugleich eine wichtige Basis für andere konditionelle Faktoren wie
Schnelligkeit und Kraft dar. Ein
systematischer Aufbau des Ausdauertrainings beginnt folglich mit
einem Lauftraining zur Steigerung
der Grundlagenausdauer, das mit
fließendem Übergang in das
semispezifische Ausdauertraining
(Lauftraining orientiert sich an den
tennisspezifischen Wettkampfbedingungen) übergeht, um anschließend in einer dritten Phase
die spezielle tennisspezifische
Ausdauer auf dem Tennisplatz zu
trainieren.
Ein Ausdauertraining mit dem
skizzierten Aufbau (Grundlagenausdauer, semispezifische
Laufausdauer sowie tennisspezifische Ausdauer) sollte wenigstens
4 Wochen, besser 6 bis 8 Wochen,
in der Vorbereitungsperiode kontinuierlich durchgeführt werden.
Mit dem Ziel einer deutlichen Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit wird in diesem Zeitraum
das Ausdauertraining täglich oder
wenigstens alle 2 bis 3 Tage wiederholt.
157
Konditionstraining
Leistungsorientierte Tennisspieler
legen eine solche Ausdauertrainingsperiode in den Zeitraum
Mitte Februar bis Mitte April, so
daß bereits zu Beginn der Freiluftsaison gute Voraussetzungen für
das tennisspezifische Technik- und
Matchtraining geschaffen worden
sind. In Einzelfällen kann auch
eine Ausdehnung des Ausdauertrainings auf das gesamte Winterhalbjahr (z. B. 2- bis 3mal wö.chentlich) wünschenswert sein; bei
dieser Konzeption sollte das folgende Winterhalbjahr vorrangig
dem Schnelligkeitstraining (einschließlich Muskelaufbau- bzw.
Kraftraining) vorbehalten sein.
Da Berufstennisspieler durch ihre
Turnierverpflichtungen terminlich
stark eingeengt sind und in der Regel über eine fundierte Ausdauergrundlage verfügen, muß ein Ausdauertraining von 2 bis 4 Wochen
Dauer ausreichen. Ein solcher ausdauerbetonter Mesozyklus wird je
nach Leistungsstand, individueller
Spielanlage und geplantem Trainingsziel jährlich 1- bis 2mal passend
zum Turnierkalender wiederholt.
Trainingsbeispiele
Beispiel 3
Dauerlauf mit extensivem Tempo
(60 bis 90 Min.) unter Einbezug
eines systematischen Trainings zur
Verbesserung der Schnelligkeit
bzw. Kraftschnelligkeit.
Beispielsweise werden unmittelbar
nach dem Einlaufen 2mal 6 10- bis
20-m-Bergauf-Läufe, 3mal 5 20m-Sprints oder 4mal 2 15- bis 25m-Zickzack-Läufe nach der Wiederholungsmethode durchgeführt.
'•
..rr,;^iiBeispiel#*y
]
Unmittelbar nach einem (extensiven!) Dauerlauf von wenigstens
30 Minuten Dauer wird ein
Schnelligkeitstraining (z.B. Sprints,
Kurzsprints, Zickzack-Läufe in der
Konkurrenzsituation) oder ein tennisspezifisches Schnelligkeitstraining in Kombination mit technisch-taktischen Aufgaben (z.B.
Passierbälle aus Bedrängnis, situationsgerechter Rückschlag nach
dem Rücklaufen als Antwort auf
einen guten Lob) durchgeführt.
1
Fußballtennis (1:1 oder 2:2) mit
weichem Ball oder Prellballtennis
(1:1) im Tennis-Halbfeld mit
wechselnden Partnern.
Dauerlauf mit extensivem Tempo
über 40 bis 60 Minuten. Laufanfänger beginnen mit4mal 5, 3mal
10 oder 2mal 20 Minuten.
1
Fahrtspiel im Gelände über 30 bis
60 Minuten in extensivem Grundtempo mit kurzzeitigem Tempowechsel (z.B. Kurzsprints, Steige-
158
L"
l@äW£;
Grundlagenausdauer und
semispezifische Laufausdauer
v^^mmmm
rungs-, Sprung-, Slalom- und Bergläufe) je nach Gelände oder persönlichem Belastungsempfinden.
Tennisspezifische Ausdauer
I <iSBW3&H«g
Ausdauertraining an der Ballwurfmaschine:
VH/RH-Topspin cross oder RHSlice cross/VH-»Schuß« longline
im stetigen Wechsel. Zwei Spieler
wechseln sich regelmäßig nach 3
bis 6 Schlägen ab.
c
.mnjmmmm
Sicherheitsspiel an der Grundlinie:
• Ein Spieler spielt den Ball stets
cross, der andere jeweils longline (Hosenträger); die Aufgabenstellung wird nach vorgegebenem Rhythmus gewechselt.
• Beide Spieler spielen konsequent 3mal cross und 1mal
longline usw.; nach jedem
Schlag muß mit einem Fuß
die Mittellinie überschritten
werden.
Jede Übung wird mit 4, 6 oder 12
Bällen durchgeführt, so daß die
Spieldauer bei guten Spielern wenigstens 10 bis 15 Minuten beträgt.
E
^MBeÜPJelia
Spiel zwei gegen einen:
Der Einzelspieler spielt den Ball
cross, die Doppelspieler longline.
Die Positionen werden nach 5 bis
15 Minuten Spieldauer gewechselt. Diese Übung kann auch mit
2 Spielern als Dreieckspiel durchgeführt werden. Hierbei spielt der
Läufer stets in die Vorhand(Rückhand-)ecke, während der
Zuspieler konstant auf der Vorhand- (Rückhand-)seite steht und
den Ball abwechselnd in die Vorhand- und Rückhandecke schlägt.
Kombiniertes Ausdauer- und
Schnelligkeitstraining:
• 2 Serien mit 5mal 2 Passierschlägen aus läuferischer Bedrängnis
• 6 Serien mit 2mal 3 Schmetterbällen aus dem Rückwärtslauf
(nach Netzberührung)
Durch das Serienprinzip wird für
genügend Trainingsumfang
gesorgt; zugleich werden die
Belastungen erst im erholten
Zustand neu begonnen (Wiederholungsmethode).
Kraft
|fflf|g|flflJpiBeisPielJ5
-
|
Tenniswettkampf ohne Aufschlag
nach Tischtenniszählweise (Satz
ist nach 11 oder 21 Punkten
beendet):
Die Ballwechsel werden durch
unteres Zuspiel in die hintere
Rückhand- oder Vorhandseite
(ggf. nach Vorgabe) eröffnet (im
Halbfeld darf kein Volley gespielt
werden).
•JM^U
Beispiele
|
Tenniseinzel mit verkürzter Pause
(zu dritt):
2 Aufschläger auf der einen Seite
wechseln sich bei jedem Punkt ab,
während der Rückschläger pausenlos spielt. Der jeweils pausierende
Aufschläger sammelt die Bälle für
den nächsten Ballwechsel.
•MMWBaäilP.IW;^
•
I
Trainings-Wettkampf mit erhöhter
Laufarbeit:
Einer der beiden Spieler darf auf
dem gesamten Spielfeld nur Vorhand (Rückhand) benutzen. Der
andere Spieler behält das reguläre
Spielfeld und spielt mit Vor- und
Rückhand. Nach 10 Gewinnpunkten (Anspiel von unten) oder
6 Spielen erfolgt Seitenwechsel.
Kraft
Definition und
Bedeutung
Aus sportpraktischer Sicht ist
Kraft die willkürliche Fähigkeit
des Nerv-Muskel-Systems,
Widerstand zu überwinden,
entgegenzuwirken bzw. zu
halten.
Die Kraft erscheint in der Sportpraxis vorrangig in den Anwendungsformen Maximalkraft,
Schnelligkeit und Kraftausdauer.
Maximalkraft ist die höchstmögliche Kraft, die ein Sportler willkürlich mit statischen oder dynamischen Kontraktionen gegen einen
Widerstand ausüben kann (z.B.
Gewichtheben).
Schnellkraft ist die Fähigkeit des
Sportlers, Widerständen in einer
festgelegten Zeit einen möglichst
hohen Kraftstoß zu erteilen (z. B.
Sprintstart oder Aufschlag). Hiervon wird die Reaktivkraft als jene
Muskelleistung unterschieden,
die innerhalb eines Dehnungs-Verkürzungszyklus (z.B. Hochsprung)
einen erhöhten Kraftstoß produziert.
Kraftausdauer bestimmt die
Widerstandsfähigkeit gegen Ermüdung von langanhaltenden oder
stetig sich wiederholenden Belastungen (z.B. Rudern).
Prinzipiell hat die Muskelkraft im
Tennis bei allen Bewegungen eine
wichtige Bedeutung, wenn
Schnelligkeit gefordert wird und
zugleich höhere Widerstände zu
überwinden sind. Die Kraft spielt
vor allem bei jedem explosiven
Start zum Ball eine dominante
Rolle; sie kann aber auch bei verschiedenen Tennistechniken wie
z.B. Aufschlag (Arm- und Rumpfkraft), Rückhandschmetterball,
Vorhandschuß und schnellem
Rückhandschlag mit Topspin als
leistungsbestimmender Faktor
wirken.
Die Beispiele belegen, daß der
Tennisspieler vor allem Schnellkraft
benötigt, die größtenteils in engem Zusammenhang mit der Koordinationsfähigkeit (z.B. Rückhandschmetterball), der Schnelligkeit (z. B. Aufschlag, Vorhandschuß) und der Maximalkraft
(abruptes Abstoppen und höchste
Beschleunigung beim Gegenstart
zum Ball) steht. Die enge Vernetzung der Schnellkraft mit anderen
Faktoren verdeutlicht, daß im Gegensatz zur Schnelligkeit ein Kraftdefizit bei Tennisspielern durch
überdurchschnittliche Ausprägung
anderer konditioneller und koordinativer Fähigkeiten größtenteils
kompensiert werden kann. Allerdings kann eine mangelhaft entwickelte Kraft (z. B. Beinkraft oder
Rumpfkraft) die individuelle
Höchstleistung im Tennis begrenzen, falls dieses Defizit eklatant ist
oder entsprechende Kompensationsmöglichkeiten (Tennistechnik,
Schnelligkeit, Beweglichkeit) fehlen. Für das Damentennis trifft
dies häufiger zu als für das Herrentennis.
Orthopäden und Physiotherapeuten haben in jüngster Zeit häufig
darüber berichtet, daß eine mangelhafte Ausbildung der Kraft und
Dehnfähigkeit bei besonders beanspruchten Muskelgruppen (z.B.
Kniestrecker oder Rückenstrecker)
sowie ein deutliches muskuläres
Ungleichgewicht (Dysbalance) insbesondere an Schulter, Lendenwirbelsäule und Oberschenkel eine
wesentliche Ursache für chronische Überbeanspruchungen, akute
Verletzungen und irreversible
Sportschäden darstellen.
Die genannten Gründe führen
dazu, daß im folgenden vor allem
die (tennisspezifische) Schnellkraft
behandelt wird; für die Verhütung
von typischen Tennisverletzungen
und Tennisschäden sollen die
wichtigsten muskulären Voraussetzungen über ein sogenanntes
Heimprogramm geschaffen werden; diese Thematik wird in einem
speziellen Kapitel dargestellt
(s. S. 173).
Konditionstraining
160
Kraft
161
Konditionstraining
Ziele des (Schnell-)
Krafttrainings
In Abhängigkeit von Trainingsperiode und Beanspruchungsprofil der
Sportart werden im (Schnell-)
Krafttraining 2 Hauptziele unterschieden:
• Vergrößerung des Muskelquerschnitts (Muskelaufbautraining)
• Verbesserung der neuronalen
Steuerung bei Muskelarbeit
(intra- und intermuskuläre
Koordination)
Die Querschnittsvergrößerung der
Muskelfasern kommt durch eine
Vermehrung der Sarkomere und
somit durch eine Zunahme der
Myofibrillenzahl innerhalb der einzelnen Muskelfasern zustande. Da
für die Entwicklung kontraktiler
Proteine (mittels Eiweißsynthese)
eine relativ lange Reizdauer notwendig ist, muß im Training mit
hohen Wiederholungszahlen (10
bis 15) und folglich begrenzter
Reizstärke (50 bis 80% der Maximalkraft) gearbeitet werden. Dies
wird allgemein als Methode der
wiederholten, submaximalen Belastung bezeichnet und kann je
nach Lastgröße und Kontraktionsgeschwindigkeit weiter differenziert werden (Bodybuildingmethode, Standardmethode).
Unter intramuskulärer Koordination (IK) versteht man die synchrone Aktivierung der höchstmöglichen Zahl an Muskelfasern
eines Muskels (Rekrutierung) bzw.
das Zusammenwirken aller an einer zielgerichteten Bewegung beteiligten Muskeln, d.h. der Agonisten wie der Antagonisten. Wünschenswerte Voraussetzung für ein
effizientes IK-Training ist ein möglichst großer Muskelfaserquerschnitt. Demnach werden alle
Sportler, die auf der Basis einer individuell ausgeprägten Maximalkraft ein hohes Schnellkraftniveau
162
benötigen, im Anschluß an den
Muskelaufbau in einem zweiten
Schritt die intramuskuläre Koordination verbessern. Erst die Kombination von Muskelaufbau- und
IK-Training ergibt die eigentliche
Maximalkraft. Das IK-Training
erfordert Belastungsintensitäten,
die über 80% der Maximalkraft
liegen.
Diese hohen Intensitäten erlauben
nur geringe Wiederholungszahlen
(max. 6): Methode der kurzzeitigen hohen bis maximalen Krafteinsätze. Ein solches Training verbessert die Fähigkeit, schnell
große Innervationsaktivitäten zu
mobilisieren und umzusetzen, so
daß eine raschere und umfangreichere Rekrutierung an Muskelfasern (bzw. motorischen Einheiten)
erzielt wird. Die hohen Intensitäten verleiten häufig zu Fehlern in
der Bewegungsführung, so daß
ein IK-Training für den Anfänger
größtenteils (z.B. an der freien
Hantel oder bei komplizierteren,
technischen Abläufen) ungeeignet
ist und einer fachmännischen
Betreuung bedarf.
Die Optimierung der intermuskulären Koordination ermöglicht
auch bei zyklischen Bewegungen
eine verbesserte Abstimmung von
Erregung und Hemmung, d.h. von
Spannung und Entspannung (z.B.
hohe Schrittfrequenz beim Sprint)
und bei komplexen azyklischen
Bewegungen eine günstigere
Koordination der Teilimpulse
(z.B. Aufschlag).
Im Rahmen eines (speziellen)
Schnellkrafttrainings bedient man
sich der Methode reaktiver Belastungen, die durch einen jeweils
schnellen Dehnungs-Verkürzungszyklus des Muskels gekennzeichnet ist. Hierbei werden zur Optimierung der intra- und teilweise
auch der intermuskulären neuronalen Steuerung eine verbesserte
Rekrutierung und Frequenzierung
angestrebt. Zur maximalen Rekrutierung motorischer Einheiten
bedient man sich häufig des eigenen fallenden Körpers. Alle Tief-,
Vielfach- oder Hürdensprünge
gehören zu dieser Kategorie
(plyometrisches Training, exzentrisches Training, Schlagmethode).
Bei allen reaktiven Trainingsformen ist zu berücksichtigen, daß
sehr hohe Kraftspitzenwerte (mehr
als 100%) bei der Landung auftreten, die auf Dauer bei nicht vorbereiteten Sportlern zu einer Schädigung des passiven Bewegungsapparates führen können. Ein vorausgegangener ausreichender
Muskelaufbau ist folglich eine notwendige Voraussetzung für die
Trainingsdurchführung. Zur Erhöhung der Frequenzierung wird
eine maximale Entladungsfrequenz der Motoneurone angestrebt (z.B. beim Sprint). In diesem
Fall verbietet sich der Einsatz zusätzlicher Lasten; es müssen vielmehr erleichterte Rahmenbedingungen geschaffen werden (z.B.
Sprint bergab, Werfen mit leichten
Gewichten).
Allgemeine Prinzipien
des Krafttrainings
Aufgrund der herausragenden Bedeutung der Schlag- und Laufkoordination für die Gesamtleistung
des Spielers stellt sich speziell im
Tennis das Problem des koordinativen Transfers nach einem Krafttraining. Dies gilt insbesondere bei
einem Muskelaufbautraining der
oberen Extremität, da die koordinative Komplexität jeder einzelnen
Schlagtechnik außerordentliche
Anforderungen stellt. Die Lösung
dieser Problematik wird noch dadurch erschwert, daß verschiedene, individuelle Kraftdefizite
Kraft
wegen des geringen Gewichtes
der zu beschleunigenden Masse
(Schläger) bei durchschnittlicher
Ausprägung anderer konditioneller
und koordinativer Fähigkeiten
größtenteils kompensiert werden
können. Unter Berücksichtigung
der genannten Problemfelder gelten daher folgende Prinzipien für
das Krafttraining im Tennis:
•
•
Ein umfassendes Krafttraining
(einschließlich Muskelaufbau)
im Tennis ist vorrangig für die
unteren Extremitäten notwendig und gewinnt an Bedeutung
bei mangelhafter Laufschnelligkeit (z.B. grundsätzlich im
Damentennis), bei speziellen
Spielertypen (Angriffsspieler)
und bei häufigem Spiel auf
harten Bodenbelägen.
Muskelaufbau und IK-Training
an der Kraftmaschine für die
obere Extremität sind (nur) bei
deutlichen Defiziten erforderlich. In den meisten Fällen
genügt ein Training der speziellen Schnellkraft, so daß die
ersten beiden Trainingsphasen
übersprungen werden können.
• Das Krafttraining des Tennisspielers sollte vorrangig auf eine
Verbesserung der neuronalen
Steuerung bei Muskelarbeit
(spezielle Schnellkraft/intraund intermuskuläre Koordination) ausgerichtet werden.
• Das spezielle Schnellkrafttraining der oberen Extremität
beinhaltet in erster Linie die
Wettkampfübung selbst und
zielt auf eine verbesserte Frequenzierung und Rekrutierung.
Veränderte Rahmenbedingungen (Schlagimitation gegen
Deuserband, leichtere oder
schwerere Schläger) können in
seltenen Fällen bei entsprechend sensiblen Spielern bereits
zu einer Beeinträchtigung der
Koordination führen.
•
Krafttraining für den Tennisspieler sollte außerhalb der
Hauptwettkampfperiode (z.B.
September/Oktober) und wenigstens über einen Zeitraum
von 6 Wochen durchgeführt
werden.
• Das Krafttraining sollte stets
eng verflochten werden mit
einem entsprechenden koordinativen bzw. »rekoordinativen«
Techniktraining auf dem Tennisplatz. Dies kann im unmittelbaren Anschluß an das Krafttraining und/oder in einer der
darauffolgenden Trainingseinheiten erfolgen.
Übungen: Siehe vorher
Methode: Wiederholte hohe bis
maximale Belastung
Dauer: 4. bis 6. Woche
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten
pro Woche mit jeweils 3 bis 6 Serien zu je 1 bis 6 Wiederholungen
Reizhöhe: 80 bis 100% der Maximalkraft
Reizdichte: Serienpause ca. 2 bis 5
Minuten
3. Phase
Trainingsbeispiel
zur Sprintkraft
f ,\«-«^
gfcmrero.
Trainingsziel: Muskelaufbau/Maximalkraft
Übungen: Beinpresse (evtl. Beincurl, Wadenheben) an der Kraftmaschine
Methode: Wiederholte, submaximale Belastung
Dauer: 1. bis 3. Woche
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten
pro Woche mit mindestens 3 Serien zu je 10 bis 15 Wiederholungen
Reizhöhe: 50 bis 75% der Maximalkraft
Reizdichte: Serienpause ca. 1 bis 3
Minuten
Trainingsziel: intramuskuläre Koordination/Maximalkraft
Trainingsziel: spezielle Schnellkraft
Rekrutierung:
• Sprungläufe über 10 m leicht
bergauf
• Seitwärtssprünge mit vor der
Brust fixierten Kleinhanteln
oder Hantelscheiben (5 bis
10 kg) als Zusatzgewicht
• Steigerungsläufe über 20 m
gegen dosierten Widerstand;
Partner bremst den Trainierenden mit Deuser-Band ab
• Kniehebelauf oder Strecksprünge auf der Weichbodenmatte
• Kurzsprints über 10 bis 20 m im
weichen Sand am Strand oder
mit Gewichtsweste
• Reaktivkrafttraining im Sprungparcours (z. B. einbeiniger
Sprung über Kleinkasten und
anschließend beidbeinige
Strecksprünge)
• Maximale Starts und Gegenstarts oder Sprünge zum Ball
auf dem Tennisplatz (ggf. mit
Gewichtsweste)
Frequenzierung:
• Kurzsprints über max. 20 bis
40 m bergauf oder auf der
Ebene mit Zugseil
163
Konditionstraining
•
Kniehebeläufe über 5 Sekunden
mit maximaler Frequenz
• Side-Steps mit niedrigem Körperschwerpunkt und maximaler
Frequenz über 5 bis 8 Sekunden
• Maximale Beschleunigung und
optimale Geschwindigkeit beim
Lauf zum Ball auf dem Tennisplatz (z.B. Lauf 10 bis 12 m
entlang der Grundlinie mit
anschließendem Passierball
oder Lauf von der Grundlinie
nach vorne zum Stop mit
anschließendem Erlaufen des
folgenden Lobs)
Trainingsbeispiel
zur Schlagkraft
Trainingsziel: Muskelaufbau/Maximalkraft
Übungen: Trizepsdrücken an der
Kraftmaschine oder Überzüge
(Aufschlagimitation) am Seilzug
Methode: Wiederholte, submaximale Belastung
Dauer: 1. bis 3. Woche
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten
pro Woche mit mindestens 3 Serien zu je 10 bis 15 Wiederholungen
Reizhöhe: 60 bis 80% der Maximalkraft
Reizdichte: Serienpause ca. 1 bis 3
Minuten
]
Trainingsziel: intramuskuläre Koordination/Maximalkraft
164
Methode: Wiederholte hohe bis
maximale Belastung
Dauer: 4. bis 6. Woche
Reizumfang: 2 Trainingseinheiten
pro Woche mit je 3 bis 6 Serien zu
je 1 bis 6 Wiederholungen
Reizhöhe: 80 bis 100% der Maximalkraft
Reizdichte: Serienpause ca. 2 bis 5
Minuten
Trainingsziel: spezielle Schnellkraft
U,UttESi-
ftJlfoafiä
Übungen: Siehe oben
Rekrutierung:
• Medizinballwürfe beidarmig
über Kopf (Aufschlag)
• Medizinballwürfe einarmig seitlich (Vorhand)
• Schlagimitation gegen DeuserBand (Vor- und Rückhand)
• Armschwingen vor und zurück
mit Kleinhantel (1 bis 2 kg) und
explosiver Richtungsänderung
(Vor- und Rückhand)
• Schlagtraining mit beschwertem
Schlägerkopf (ca. 500 g) (Vorund Rückhand, Aufschlag)
Frequenzierung:
• Vorhandschuß cross aus der
Rückhandecke (Flugbahn flach
unter Seil, Zielbereich Grundlinie)
• Rückhandschmetterball (der
Ball muß nach dem Aufsprung
Zaunhöhe erreichen)
• Vor- und Rückhand mit maximaler Schlaghärte an der Tenniswand mit altem, defektem
Tennisball oder Softball (das
Training erfolgt mit einem Partner, der jeden zweiten Schlag
zuspielt)
• Schmetterball steil nach unten
mit anschließend möglichst
hohem Absprung
• Kanonenaufschläge ins Aufschlagfeld (der Ball berührt den
gegenüberliegenden Zaun
möglichst hoch)
• Badminton: Vor- und Rückhandschmetterball-Serien mit
höchster Intensität und maximaler Flughöhe und -weite
• Weitwürfe mit dem Tennisball
(Aufschlagimitation)
• Weitwürfe mit altem, ausrangiertem Schläger im Gelände
(Rückhand, Aufschlag)
Auf eine exakte Festlegung der
Belastungsnormative (Wiederholungszahl, Serien) wurde bei allen
Vorschlägen zum Training der speziellen Schnellkraft für Sprint und
Schlag verzichtet, da jene maßgeblich vom Trainingsziel, von der
Anzahl der ausgewählten Übungen und deren Zusammenstellung
abhängen.
Schnelligkeit
Definition und
Systematik
Im Sport wird unter Schnelligkeit die schnellstmögliche Reaktion auf einen Reiz und die
höchste Geschwindigkeit bei
der Ausführung von Bewegungen verstanden.
Die Schnelligkeit kann in zwei
Komponenten zerlegt werden:
• Reaktionsschnelligkeit
• Bewegungsschnelligkeit
Die Reaktionsschnelligkeit bezeichnet die Fähigkeit, so schnell
wie möglich auf einen Reiz (z. B.
Ball des Gegners) mit einer ziel-
Schnelligkeit
gerechten Muskelkontraktion (z. B.
Start zum Ball) zu antworten. Speziell im Rückschlagspiel-Tennis ist
die Reaktion sehr eng verknüpft
mit der Antizipation, so daß eine
Verbesserung der Reaktionszeit
vorrangig von einer Optimierung
der Situationsantizipation (z. B.
Aufschlagrichtung) und nachfolgender Handlungsantizipation
(z.B. Planung des Returndralls)
abhängt.
Die Bewegungsschnelligkeit wird
allgemein in die azyklische
Schnelligkeit und die zyklische
Schnelligkeit unterteilt. Die azyklische Schnelligkeit (auch: Aktionsschnelligkeit) ist verantwortlich für
die Geschwindigkeit vornehmlich
bei Einzelbewegungen (z.B.
Sprung, Stoß oder Schlag). Die zyklische Schnelligkeit (auch: Grundschnelligkeit, maximale Sprintschnelligkeit) bestimmt das
Höchsttempo bei stetig fortlaufend gleichförmigen Bewegungen
(z.B. 100-m-Lauf nach der Beschleunigungsphase, 50-m-Kraulsprint).
Im Tennis dominiert die azyklische
Schnelligkeit, die als Laufschnelligkeit und als Schlagschnelligkeit in
verschiedenen Spielsituationen leistungsbegrenzend wirken kann
und folglich eines optimalen Ausprägungsgrades bedarf. Die Maximalkraft spielt eine zentrale Rolle
für die Schnelligkeit (Kraftschnelligkeit), wenn azyklische oder
zyklische Bewegungen gegen
größere Widerstände (z.B. Männerkugel beim Kugelstoß, Beschleunigung auf den ersten 5 m
im Sprintstart oder beim Leistungsrudern) durchgeführt
werden müssen.
Die Schlagschnelligkeit erfolgt im
Tennis nur gegen geringe Widerstände, so daß die Maximalkraft
eine untergeordnete Rolle spielt.
Hiermit wird verständlich, daß
auch ausgesprochen schlanke
Spielertypen den Ball außergewöhnlich gut beschleunigen können (z. B. Ivanisevic oder Stich
beim Aufschlag, Noah beim Rückhandschmetterball oder Krickstein
beim Vorhandschuß). Die Schlagschnelligkeit beruht auf folgenden
Faktoren:
• Aktivierbare Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur
(individuell unterschiedliche
Muskelfaserzusammensetzung)
• Intermuskuläre Koordination
(zielgerichtetes Zusammenspiel
von Agonisten und Antagonisten)
• Intramuskuläre Koordination
(Zahl der gleichzeitig aktivierbaren motorischen Einheiten)
Die Laufschnelligkeit bezieht sich
beim Tennis auf Laufwege, die in
eine Richtung stets nur wenige
Meter betragen (Laufstrecken
über 10 m sind extrem selten).
Folglich spielt für das Erreichen
hoher Geschwindigkeiten die
Beschleunigungsleistung (gegen
vergleichsweise hohe Last) eine
dominierende Rolle. Letztere steht
neben den bereits genannten Faktoren im Gegensatz zur Schlagschnelligkeit in enger Beziehung
zum Niveau der individuellen Maximalkraft. Dies gilt besonders für
spezielle Spielsituationen (explosive Richtungswechsel), für
bestimmte Spielstrategien (z.B.
Angriffstennis) und für schwergewichtige Spielertypen.
Von mehreren Autoren ist in jüngerer Zeit auf den Programmcharakter der Schnelligkeitsmechanismen hingewiesen worden. Die
Schnelligkeit wird als elementare
Leistungsvoraussetzung dargestellt, die durch die Qualität
neuro-muskulärer Steuer- und
Regelprozesse bestimmt ist. Die
sogenannten Zeitprogramme wer-
den im Gehirn ausgebildet und
dort gespeichert. Folglich wird
diese Art der Schnelligkeit als elementare Fähigkeit erlernt und ist
weitgehend unabhängig von energetischen Kraftkomponenten.
Einflußgrößen zur Realisierung
schneller Zeitprogramme sind die
Reizleitungsgeschwindigkeit, die
Reflexinnervation und der Anteil
von schnellzuckenden (fast twitch)
FT-Fasern im Muskel. Das Zeitprogramm wird maßgeblich durch die
Qualität neuro-muskulärer Mechanismen gekennzeichnet.
Elementare Schnelligkeit wird
durch Organisation von Rahmenbedingungen entwickelt, welche
die Zeitstruktur der neuro-muskulären Mechanismen modellieren. In einem solchen Training sind
vergleichsweise niedrige Reizstärken und Belastungsumfänge ausreichend, und die Rückbildungsrate des Leistungszustandes ist
wesentlich geringer als die, die aus
dem Training energetisch bedingter Leistungsvoraussetzungen
bekannt ist.
Die Ausbildung elementarer
Bewegungsprogramme stellt die
erste Stufe des azyklischen Schnelligkeitstrainings dar und sollte
folglich in die erste Phase des
sportlichen Trainings (Grundlagentraining) integriert werden. Als
zweite Stufe werden die Bewegungsprogramme mit disziplinspezifischen Übungen (z. B. Start zum
Ball, Aufschlag o.a.) in Verbindung gebracht. In der dritten
Stufe wird die Schnelligkeit in
seiner gesamten Komplexität
(einschließlich Kraftschnelligkeit)
in möglichst hoher Affinität zu den
wettkampfspezifischen Anforderungen unter Beachtung elementarer Bewegungsprogramme zielgerichtet entwickelt.
Abschließend wird zusammenfassend festgestellt, daß für die Qua-
165
Konditionstraining
Abb. 91 Einflußgrößen und Erscheinungsformen der tennisspezifischen Schnelligkeit
lität der tennisspezifischen Schnelligkeit nach aktuellem Wissensstand die elementare Schnelligkeit,
konzentrische und reaktive
Schnellkraft, Antizipations- und
Reaktionsschnelligkeit sowie die
Tennistechnik vorrangig verantwortlich sind (Abb. 91). Folglich
kann die Schnelligkeit des Tennisspielers bzw. der Tennisspielerin
nur über eine systematische Ausbildung sämtlicher Leistungskomponenten auf neuronaler und
muskulärer Ebene optimal entwickelt werden.
Bedeutung der
Schnelligkeit
Je druckvoller der Gegner spielt
und je schneller die Platzoberfläche ist, desto wichtiger wird die
Laufschnelligkeit als leistungslimitierender Faktor im Tenniswettkampf. Von ähnlicher Bedeutung
ist die individuelle Schlagschnellig-
166
keit (in enger Verflechtung mit
Koordinationsfähigkeit): Dies gilt
nicht nur für Schmetterschlag und
Aufschlag, die mit hoher und
höchster Geschwindigkeit offensichtlich direkte Gewinnpunkte ermöglichen, sondern auch für den
schnellen Vorhandschlag (Vorhandschuß), der das gegnerische
Feld öffnet oder den Ballwechsel
endgültig abschließt. Auch die
Qualität des Returns und des
Volleyspiels werden wesentlich
begrenzt von der Schlagschnelligkeit (in enger Verbindung mit der
Reaktionsfähigkeit).
Wegen der hohen Ballgeschwindigkeit (z. B. Return), des geringen
Abstandes zum Gegner (z. B.
Netzspiel im Doppel) und wegen
der komplexen Spielsituation
reicht die Reaktionszeit häufig
nicht aus; folglich ist für eine frühzeitige richtige Handlungsweise
die tennisspezifische Antizipationsfähigkeit von entscheidender Bedeutung.
Prinzipien und praktische Hinweise für das
Schnelligkeitstraining
Schnelligkeitstraining ist wegen
der engen Verflechtungen stets
mit dem individuellen Ausprägungsgrad der Kraft und der tennisspezifischen Koordinationsfähigkeit (insbesondere Tennistechnik) in Beziehung zu setzen.
So spielt beispielsweise die Kraft
speziell für Start und Beschleunigungsphase beim Sprint zum Ball
eine dominierende Rolle. In ähnlicher Weise hängt die maximal erreichbare Schlagschnelligkeit von
der Qualität der schlagspezifischen
Koordinationsfähigkeit (z.B. Rückhandschmetterball) in erheblicher
Weise ab.
Einzelne Teilfaktoren der Schnelligkeit (Reaktions-/Antizipationszeit,
Lauf- und Schlagschnelligkeit) bedürfen wegen ihrer Unabhängigkeit und aufgrund individuell
Schnelligkeit
unterschiedlicher, isolierter Defizite
getrennter Methoden im Training.
Andererseits erfordert der Tenniswettkampf stets eine situationsabhängige Mehrfachreaktion bzw.
optimale Auswahlreaktion, wobei
der Spieler in kürzester Zeit aus einer Vielzahl von möglichen Aktionen die günstigste auszuwählen
hat (z. B. beim Return oder beim
Passierschlag). Reaktionsschnelligkeit und azyklische Schnelligkeit
werden daher im allgemeinen
nicht isoliert, sondern kombiniert
mit anderen (tennisspezifischen)
Fähigkeiten geschult.
Im Rahmen der Reaktionsfähigkeit
ist die Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit ein wesentliches,
flankierendes Trainingsziel. Hiermit
können nicht nur Steigerungsmöglichkeiten der Reaktionsschnelligkeit, sondern vor allem
deren Stabilisierung erreicht werden. Für die Optimierung der
besonders wichtigen Antizipation
bedarf es einer entsprechenden
Sensibilisierung des Spielers, damit
er möglichst frühzeitig Zusatzinformationen (z. B. Stellung des Gegners zum Ball, Ausholbewegung,
Standardspielsituation) aufnimmt,
um sie anschließend bestmöglich
für die eigene Schlagvorbereitung
auszunutzen. Darüber hinaus
sollte der Spieler durch eigene,
zwingende Aktionen dem Gegner
einen eingeengten Handlungsspielraum aufdrängen. Hiermit
werden günstige Voraussetzungen
geschaffen, selbst früher und
erfolgreicher reagieren zu können.
Reizhöhe
Die Reizhöhe(-stärke) ist im
Schnelligkeitstraining stets hoch
bzw. sehr hoch (90 bis 100%), so
daß die Bewegungen in der Regel
so schnell wie möglich durchgeführt werden müssen. Dies bedeutet beispielsweise, daß der gefor-
derte Tennisschlag mit hoher
Beschleunigung und der Start zum
gutgesetzten Stop hochexplosiv
durchgeführt wird. Unabdingbare
Voraussetzungen hierfür sind jedoch, daß die korrekte Technik bei
submaximaler Geschwindigkeit
stabilisiert worden ist und auf
Übereinstimmung mit dem individuellen technischen Niveau
geachtet wird. Darüber hinaus
bedarf es stets der sorgfältigen
Kontrolle, daß vorhandene oder
auftretende Ermüdungserscheinungen den technischen Ablauf
der geforderten Handlung nicht
negativ beeinflussen.
Reizdauer
Die Reizdauer sollte mit der des
Wettkampfes übereinstimmen.
Weil Schnelligkeitsreize von der
Funktionstüchtigkeit des Nervensystems abhängig sind, sollte dem
Schnelligkeitstraining in der Regel
keine ermüdende Tätigkeit vorausgehen.
Reizdichte
Für die Reizdichte gilt, daß die
Pausendauer zwischen den einzelnen Übungseinheiten so gestaltet
wird, daß sich das neuromuskuläre
System erholen kann. Bei einem
Abfall der Bewegungsgeschwindigkeit sollte die Zahl der Wiederholungen reduziert oder die Pausendauer zwischen den einzelnen .
Übungen erhöht werden. Die
Hauptform des Schnelligkeitstrainings ist daher die Wiederholungsmethode, die im Gegensatz
zur Intervallmethode eine nahezu
komplette Wiederherstellung der
Leistungsfähigkeit erlaubt.
Reizumfang
Um trotz maximaler Intensität
einen relativ hohen Reizumfang zu
realisieren, wird bevorzugt nach
dem Serienprinzip sowie unter
Abwechslung der beanspruchten
Muskelgruppen trainiert. Über
eine Variation der Trainingsinhalte
lassen sich nicht nur unerwünschte
»Geschwindigkeitsbarrieren«, sondern auch eine frühzeitige (zentrale) Ermüdung mit Verlust der
Leistungsmotivation vermeiden.
Prinzipien für das
Training von Kindern
und Jugendlichen
Begabte Nachwuchsspieler zeichnen sich nicht nur durch ein überdurchschnittliches Niveau der
Schnelligkeit, sondern vor allem
auch durch eine bessere Trainierbarkeit dieser leistungsbegrenzenden Fähigkeit aus. Im Kindes- und
Jugendalter sollte die Schnelligkeit
schon frühzeitig geschult werden,
damit der durch das Erbgut vorgegebene begrenzte Rahmen noch
vor Abschluß der vollständigen
Entwicklung des Zentralnervensystems erweitert werden kann.
Zahlreiche Untersuchungen belegen, daß sich begrenzte Beeinflussungsmöglichkeiten des Nervensystems im Sinne von qualitativen
Veränderungen vor allem auf den
Zeitraum des frühen Schulalters
und Pubeszenz beschränken. Die
günstigen Bedingungen dieses
Entwicklungsabschnittes werden
generell nicht ausreichend genutzt. Besonders ist auf die Ausnutzung der sensitiven Entwicklungsabschnitte für Schnelligkeit,
d. h. jener Zeit mit der höchsten
Zuwachsrate, zu achten. Hierbei
sind die verschiedenen Faktoren
der Schnelligkeit differenziert zu
entwickeln: Eine Schulung der
Bewegungsfrequenz sollte hauptsächlich im frühen und mittleren
Schulkindalter erfolgen, während
typisches Schnellkrafttraining erst
in der Pubeszenz und der begin-
167
Konditionstraining
nenden Adoleszenz einsetzt. Einmal erworbene und durch häufiges Üben verfestigte neuromuskuläre Strukturen lassen sich im
Bereich der Schnelligkeit später
nur noch mit überhöhtem Aufwand oder gar nicht mehr verändern. Im Nachwuchstraining (12.
bis 15. Lebensjahr) können neuromuskuläre Mechanismen noch relativ gut geprägt werden. Durch
Erleichterungen soll den Kindern
die Möglichkeit gegeben werden,
elementare Bewegungsprogramme zu entwickeln. Die Erleichterungen sind dabei auf Leistungsvoraussetzungen gerichtet,
die für den Erwerb der Zielprogramme noch nicht ausreichend
entwickelt sind. Beim Tennis sind
dies häufig Defizite bei den Kraftvoraussetzungen oder den koordinativen Grundlagen, so daß in diesen Fällen die beidhändige Rückhand oder das Spiel im Kleinfeld
bzw. die Verwendung des Softballes (oder Easy-Play-Ball) oder des
Kurzschlägers das Mittel der Wahl
sind, um die Schnelligkeit frühzeitig zu aktivieren.
Nach jüngsten Auffassungen zur
optimalen Entwicklung der Schnelligkeit bedarf es zuerst der Ausbildung der elementaren Schnelligkeit über sogenannte kurze
Zeitprogramme, um diese anschließend in komplexe Schnelligkeitsanforderungen zu integrieren;
erst auf der letzten Ausbildungsstufe wird der wettkampfspezifische Verbund gesucht. Diese Reihenfolge ist besonders wichtig im
Blick auf eine langfristige Leistungsentwicklung im Kindes- und
Jugendalter. Beispielsweise wird
bei Kindern im Alterzwischen
6 und 12 Jahren zunächst die elementare Schnelligkeit ausgebildet.
Anschließend wird je nach Trainingsziel und Entwicklungsstand
die Schnelligkeit in ihren sämtli-
168
chen komplexen Anforderungen
geschult, damit sie schließlich in
der wettkampfspezifischen Situation in Verbindung mit Technik
und Taktik optimal angewendet
werden kann.
Über Mechanismen und Einflußmöglichkeiten auf elementare
neuromuskuläre Bewegungsprogramme im Tennissport ist insgesamt noch sehr wenig bekannt.
Während in Sprint- und Sprungdisziplinen der Leichtathletik die
Ausbildung elementarer Bewegungsprogramme bereits zum
festen Bestandteil im Hochleistungstraining gehört, existieren
derzeitig noch keine gesicherten
Erfahrungen über den Einfluß auf
die Schnelligkeit tennisspezifischer
Lauf- und Schlagbewegungen.
Stets ist auf optimale Bewegungsökonomie zu achten. Interessant
gestaltete Trainingsinhalte mit
vielseitigen Trainingsmitteln sind
für die Entwicklung der Schnelligkeit notwendig, da sich sonst frühzeitig Stagnation oder gar Minderung der Schnelligkeitsleistungen
bemerkbar macht.
Trainingsbeispiele
Reaktionsschnelligkeit und azyklische Schnelligkeit werden in der
Regel nicht isoliert, sondern kombiniert (Antizipation + Reaktion +
Start zum Ball + Schlag) in ausgewählten Tennissituationen trainiert. Im Anfänger- und Fortgeschrittenenstadium empfiehlt es
sich, die jeweilige Lauf- und
Schlagtechnik zuerst bei submaximaler Ausführungsgeschwindigkeit zu trainieren, damit technische Fehler und verkrampfte Bewegungsausführung vermieden
werden. Zu Beginn eines Schnel-
ligkeitstrainings sowie bei speziellen, individuellen Defiziten kann es
sich als günstig erweisen, die diversen Schnelligkeits-Teilleistungen auch isoliert zu trainieren.
Reaktion/Antizipation
|
BeispieM
•
-
|
Sprintstart in unterschiedliche
Richtungen (z.B. nach vorn/hinten
oder zur Seite) über kurze Entfernung (4 bis 10 m) auf optisches
Startzeichen.
| -
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Beispiel 2
*•? .f">"»^
»Schwarz/Weiß«: Paarweises Reaktionsspiel (z.B. Ausgangspunkt
jeweils 10 cm links und rechts der
Mittellinie).
|
.
Beispiel 3 -
Der Spieler steht kurz vor der Tenniswand und hat die Aufgabe,
sämtliche Bälle mit Hand oder Fuß
abzufangen. Hinter ihm steht der
Partner und wirft die Tennisbälle in
verschiedener Geschwindigkeit,
Höhe und Richtung gegen die
Wand.
| •?«,•»--•• Beispiel^ • u -%&Vt.-*^
»Maschinengewehr« mit verschiedenfarbigen Bällen (gelb: Volley
nach rechts; orange: Volley nach
links). Der Zuspieler rückt stetig
näher an das Netz.
|
Beispiel 5
. .j
Der Aufschläger wechselt die Aufschlagrichtung, abwechselnd Vorhand- und Rückhandseite. Der Returnspieler soll bereits vor dem
Treffen des Balles durch den Aufschläger durch Ausholbewegung
und Oberkörperdrehung zeigen,
Trainingsbeispiele
daß er die Aufschlagrichtung
erkannt hat.
Beispiel 6~
J
Der Aufschläger variiert seinen
Aufschlag hinsichtlich Härte, Richtung und Drall, so daß der Returnspieler sich ständig anpassen muß.
Beispiel 7~
]
Return aus einer Ausgangsposition, die 1, 2 oder 3 m vor dem
üblichen Schlagort liegt.
[
Laufschnelligkeit
Beispiel 1
Beispiel 4
|
Explosiver Sprunglauf nach vorne,
Kurzsprint am (steilen) Hügel oder
Zugläufe mit Deuser-Band zur
Steigerung der Kraftschnelligkeit,
Skipping und Sprint bergab zur
Verbesserung der Bewegungsschnelligkeit.
|
Beispiel 2
2mal 6 Tiefsprünge oder kombinierte Tief-/Weit-/Hochsprünge
mit einer Serienpause von 5 bis 8
Minuten (z.B. Niedersprung vom
30 bis 40 cm hohen Kleinkasten
mit schnellstmöglich folgendem
Schlußsprung über eine Hürde
variabler Höhe/Weite).
Die Stützzeiten sollen so kurz wie
möglich gehalten und in wenigstens der Hälfte aller Versuche
realisiert werden.
I gl^^^BinspielB"'Vorgegebene Schrittkombinationen (z.B. auch über Kreuzschritte,
Beispiel 5
m
Schlagschnelligkeit
Explosiver Abdruck (mit extrem
kurzer Kontaktzeit) der Hände
(Handgelenkbeuger) und Arme
(Ellbogenstrecker) vom Boden
nach dosiertem Fall in den KnieLiegestütz.
fMJMT '
Explosiver Weitwurf mit Schlagbällen (unterschiedliches Gewicht)
aus dem Kniestand oder normaler
Wurfausgangsstellung.
|
2mal 6 Pendelläufe über 12 bis
20 m; z.B. von linker Einzelseitenlinie zur rechten Seitenlinie und
wieder zurück. Jede Minute wird
neu gestartet, und die Pause zwischen den beiden Serien beträgt
3 bis 5 Minuten.
] C
Wechselseitiges Fußtapping mit
kurzen Sprints.
:
|
Beispiels""
»Schmetterball-Volley«: Aus dem
Volley-Duell im Halbfeld wird ein
Lob gespielt; der anschließende
Schmetterball (Präzision vor Geschwindigkeit) soll als Volley ins
gegnerische Feld plaziert werden.
|
Seitstellschritte o.a.) in höchster
Geschwindigkeit im Kreuz- oder
Kästchen-Viereck/Dreieck sowie in
der Strickleiter: Hierbei sollen die
Kontaktzeiten so kurz wie möglich
gehalten werden.
m\
2mal 3 Linienläufe (vorwärts/
rückwärts/Sidesteps) mit 3 bis 4
Umkehrpunkten; z.B. HalfcourtMitte zur Einzelseitenlinie links,
zur Einzelseitenlinie rechts, zur
Grundlinie, zur Einzelseitenlinie
links.
4mal 4 Gegenstarts zum Ball;
z.B. muß der kurzgespielte Ball als
tiefer Volley erreicht werden,
nachdem ein Seitwärtslauf an der
Grundlinie mit maximaler Geschwindigkeit und anschließendem Passierschlag vorausgegangen ist. Das Zuspiel erfolgt jeweils
in der Weise, daß ca. ein Drittel
der Bälle gut erreicht, ein Drittel
knapp und ein Drittel nicht erreicht werden kann.
:• - - msmm-
Aufschlag (Kanonenaufschlag): Als
grobes Maß für die Geschwindigkeitsvorgabe kann die Höhe des
zweiten Aufsprungs an der gegenüberliegenden Wand (Zaun)
gelten. Empfehlenswert sind beispielsweise 2mal 6 Kanonenaufschläge von links und 2mal 6 von
rechts.
a^näi^i
Rückhandschmetterball: Der
zweite Aufsprung des Balles muß
eine vorgegebene Höhe (z. B.
Zaunhöhe) übertreffen. Empfehlenswert sind beispielsweise 10mal
3 Rückhandschmetterbälle.
®^Tßä)si
Aufschläge mit Vorwärtsdrall
(Twistaufschläge): Die Flugkurve
der Aufschläge sollte nach dem
Aufsprung auf Höhe der gegnerischen Grundlinie mindestens über
Kopfhöhe sein (Returnspieler
oder auch Schiedsrichterstuhl
dienen als Kontrolle). Es werden
5mal 8 Twistaufschläge empfohlen.
169
Konditionstraining
(M23J0
laaßjttä)©
Vorhand-Grundlinienschlag:
»Winner«-Vorhand aus der Rückhandecke tief-cross in das gegnerische Rückhandfeld. Ausgehend
von der Mitte der Grundlinie werden auf entsprechendes Zuspiel
nach Umlaufen der Rückhand beispielsweise 5mal 6 Vorhandschläge aus der eigenen Rückhandecke in das gegnerische
Rückhandfeld geschlagen.
;.u8Bjflaiy ~.
f
Gewinnschläge mit Vor- und
Rückhand aus dem Halbfeld:
10mal 4 Vor- und/oder Rückhandschläge werden auf entsprechend
kurzes und hohes Zuspiel aus dem
Halbfeld als »Winner« (longline
oder cross) geschlagen.
Komplexübungen
Flug- und Schmetterball (s. auch
Koordinationstraining, Beispiel 3,
S. 124).
Beweglichkeit
Definition
und Bedeutung
Beweglichkeit (Flexibilität)
oder Biegsamkeit bezeichnet
den Bewegungsbereich in
einem oder mehreren Gelenken. Sie hängt vor allem ab
von der Dehnungsfähigkeit
bzw. Elastizität der Muskeln.
Allgemein gilt der maximale
Bewegungsausschlag
(Schwingungsweite) eines
Gelenkes als Maßstab für die
Güte der Beweglichkeit.
läMäjy
Returntraining mit frühestmöglichem Treffpunkt auf vorgegebenes Ziel als »Winner«.
mmwy\
Erlaufen eines Stops oder Lobs mit
situationsangemessener Schlagausführung.
ÜJafinSIS!
2 oder 3 tiefe Volleys hintereinander mit jeweiliger Rückkehr zum
vorgegebenen Ausgangspunkt
(z.B. Mittelstrich an der Grundlinie).
MfflaJ<yr
*~.-f!m
Grundlinienschläge aus vollem
Lauf (s. auch Koordinationstraining, Beispiel 1, S. 123).
170
Diese isolierte Betrachtungsweise
berücksichtigt jedoch beim Tennis
viel zu wenig den komplexen Zusammenhang der Beweglichkeit
mit der individuellen Schnelligkeit
und der Koordinationsfähigkeit.
Beispielsweise setzen blitzschnelle
Aktionen in schwierigen Situationen beim Return oder Volley Ausweichbewegungen des gesamten
Körpers, präzise Schlägerführung
und korrekten Treffpunkt voraus
und erfordern hohe Beweglichkeit
in enger Verbindung mit Schnelligkeit und guter Koordination.
Gute Beweglichkeit (im engen
Sinn) bietet dem Tennisspieler
durch Vergrößerung der Bewegungsamplitude günstige Voraussetzungen für maximale Bewegungsschnelligkeit (z.B. Aufschlag,
Return), präzise Bewegungsausführung (z. B. tiefer Volley) und
hohe Bewegungsökonomie (z.B.
Aufschlag, Rückhand). Folglich ist
die Beweglichkeit wichtig für technisch korrekte und zugleich
schnelle Bewegungsausführung.
Ferner schützt eine gute Beweglichkeit vor kurzfristiger und chronischer Überbeanspruchung
gelenkstabilisierender Strukturelemente (Muskeln, Bänder, Kapsel
und Knorpel usw.) und beugt akuten Verletzungen (z. B. Zerrung
oder Riß der Bauch- oder Oberschenkelmuskulatur) und chronischen Überlastungsschäden (z.B.
Tennisellbogen und Tennisschulter) vor. Der Tennisspieler nutzt
das Beweglichkeitstraining nicht
nur zur Verletzungsprophylaxe,
sondern auch als Regenerationsmaßnahme nach anstrengenden
Trainings- und Wettkampfbelastungen. Im Sinne einer »Muskelund Gelenkhygiene« kann
schnellstmöglich ein besseres physisches und psychisches Wohlbefinden herbeigeführt werden.
Zur Gelenkstabilisierung und Verletzungsvorsorge ist eine gezielte
Dehnung speziell jener im Tennissport besonders beanspruchten
Muskelgruppen notwendig, die
zur Verkürzung neigen; daher
sind Dehnübungen für folgende
Gelenke und Muskelgruppen
wichtig: Handgelenk (Beuger und
Strecker), Ellbogengelenk (insbesondere Strecker), Schultergelenk
(Armheber und -senker), Wirbelgelenke vor allem im Bereich der
Lendenwirbelsäule (Rückenstrecker), Hüftgelenk (Beuger,
Strecker und Beinanzieher) und
Kniegelenk (Strecker und Beuger).
Hauptmethode
für die Dehnung
Wir unterscheiden zwei Hauptmethoden im Beweglichkeitstraining:
Beweglichkeit
• Statische Dehnung (einschließlich postisometrische Dehnung)
• Dynamische Dehnung
Die früher üblichen aktiv-dynamischen Dehnübungen wurden
im vergangenen Jahrzehnt zunehmend durch passiv-statische
Dehnübungen verdrängt. In jüngster Zeit zeichnet sich eine Gleichberechtigung beider Arten der
Dehntechnik ab, die je nach Trainingsziel im entsprechenden Verhältnis regelmäßig angewandt
werden. Neueste Untersuchungsergebnisse zur Verbesserung der
Beweglichkeit sprechen jedenfalls
dagegen, nur eine Dehntechnik als
die ausschließliche Methode zu
bevorzugen.
Statische Dehnung
Bei der statischen Dehnung wird
die reflektorische Gegenspannung
des Muskels so niedrig wie möglich gehalten, und zugleich kann
mit dieser Methode der Dehnungsreiz möglichst lange Zeit
einwirken. Ein langsames Herantasten an den optimalen Dehnungsreiz (Endposition), Kontinuität des
Dehnungsreizes über mehr als 10
Sekunden, mehrfache Wiederholung und das Ausnutzen eines
Kontraktionsrückstandes (Anspannungs-Entspannungs-Dehnung)
schaffen hierzu die günstigsten
Voraussetzungen. Hieraus leiten
sich zwei Haupttechniken des
Stretchings ab: die gehaltene Dehnung und die Anspannungs-Entspannungs-Dehnung (postisometrische Relaxation).
Bei der gehaltenen Dehnung (passives Stretching) wird der Muskel
langsam (sanft) bis zu jener Länge
gedehnt, die noch ohne Schmerzen ertragen werden kann. Diese
Phase (easy Stretch) hält man 10
bis 30 Sekunden bzw. mindestens
so lange, bis das Spannungsgefühl
deutlich nachläßt. Danach beginnt
die zweite Phase (development
Stretch) mit einer erneuten langsamen Nachdehnung, die wiederum
für 10 bis 30 Sekunden gehalten
wird, ohne daß durch die Summation beider Phasen eine Haltezeit
von insgesamt 40 bis 50 Sekunden
überschritten wird. Verschiedene
Modifizierungen sind möglich;
eine Überstreckung sollte jedoch
grundsätzlich vermieden werden.
Bei der Anspannungs-Entspannungs-Dehnung (z. B. proprioceptive neuro-muscular fascilitoring
bzw. PNF-Stretching) wird die
Muskulatur unmittelbar vorher
maximal angespannt, so daß die
hemmende Wirkung der Sehnenspindeln auf den Dehnungsreflex
ausgenutzt wird. Dies führt zu einer Entspannung des Muskels mit
einer erweiterten Dehnungsstellung. In der Praxis wird die Muskelgruppe 3 bis 6 Sekunden isometrisch angespannt, kurz für 2
bis 3 Sekunden völlig entspannt
und in direktem Anschluß mindestens 7 bis 10 Sekunden gedehnt.
Dynamische Dehnung
Traditionelle Gymnastik durch
dynamische Dehnung verbessert
die Gelenkbeweglichkeit durch
den Aufwärmeffekt und aktiviert
das neuro-muskuläre Zusammenspiel. Übungen zur Schlagimitation
sind besonders vorteilhaft, um
Dehnungsgefühl und Dehnfähigkeit der Ausholbewegungen und
Schwungeinsätze zu entwickeln;
dies gilt beim Tennisspieler vor allem für das Schultergelenk. Durch
strenge Beachtung einer kontrollierten und zügigen Bewegungsführung mit dosierter Erhöhung
des Dehnungsgrades wird der
Muskeldehnungsreflex, der den
Dehnungseffekt erheblich beeinträchtigt, vermindert. Bei dieser
Vorgehensweise können die Nachteile einer dynamischen Dehnung
(Verletzungsgefahr, mangelhafte
Endstellung durch Eigenreflexe
und Ausgleichsbewegungen
benachbarter Gelenke) mit einem
Verlust des Wirkungsgrades für die
Beweglichkeitssteigerung erheblich vermindert werden.
Nach aktuellem Wissensstand wird
dynamische Dehnung ergänzend
zu speziellen Stretching-Übungen
(vornehmlich zur VerletzungsProphylaxe und Muskelbalance)
eingesetzt, zumal hiermit eine
allgemeine und tennisspezifische
Aufwärmung besser gelingt als
mit statischer Dehnung.
Kontrollübungen
Zur objektiven Überprüfung der
aktuellen Beweglichkeit der Spieler
und der Trainingseffizienz werden
standardisierte Kontrollübungen
benötigt.
EÖÖjßältffr
Schulterbeweglichkeit: Ausschultern mit gestreckten Armen,
Hände halten ein Handtuch.
Gemessen wird der geringste
mögliche Abstand der Hände.
(Mä-MS
Wirbelsäulenbeweglichkeit (vorwärts): Rumpfbeuge vorwärts mit
gestreckten und geschlossenen
Beinen. Gemessen wird der
Abstand der Fingerspitzen zur
Oberkante des Kleinkastens bzw.
Schemels.
Qgteijftg a
Hüftbeweglichkeit (rückwärts,
speziell M. iliopsoas): Aus der
Bauchlage (mit gebeugtem Kniegelenk) kann bei guter Dehnbarkeit der Oberschenkel vom Boden
gehoben werden.
171
Konditionstraining
Allgemeine Hinweise
für die Praxis
Trainingsbeispiele
Die Qualität des Beweglichkeitstrainings wird insbesondere durch
Berücksichtigung folgender allgemeiner praktischer Hinweise positiv beeinflußt:
• Vor Beginn des Beweglichkeitstrainings sollte stets eine allgemeine und spezielle Aufwärmung erfolgen.
• Ein Übungsprogramm für Tennisspieler ist nur komplett,
wenn dynamische und statische
Beweglichkeitsübungen eingesetzt werden.
• Hohe Umgebungstemperaturen, Wärmetherapie (z.B.
Fango, heiße Bäder) und Massage haben einen positiven Einfluß auf die Beweglichkeit,
während psychische Erregung
(z.B. Anspannung, Angst) über
eine Erhöhung des Muskeltonus
die Beweglichkeit beeinträchtigt.
Allgemeine Beweglichkeit
Längere, kontinuierliche Dehnungszeiten (z. B. 30 Sekunden
Stretching) oder hohe Wiederholungszahlen nach dem
Serienprinzip steigern den Erfolg des Beweglichkeitstrainings,
da erst die Summation der
Dehnungsreize die Muskellänge
wesentlich zu beeinflussen
vermag.
• Im ermüdeten Zustand können
dynamische Dehnübungen die
Verletzungsgefahr erhöhen,
während statische Dehnübungen (ggf. in Kombination mit
Lockerungs- bzw. Mobilisationsübungen) die Regenerationszeit eher verkürzen.
• Übertreibung des Beweglichkeitstrainings führt allerdings
zu einer Beeinträchtigung der
Schnellkraft und der Bewegungsfrequenz.
Schulter/Arm
• Schulterkreisen (mit Schläger
und ggf. mit Tennisbag)
• Dehnung des großen Brustmuskels sowie der Ober- und
Unterarmbeuger (Abb. 92)
• Dehnung der Handgelenkstrecker und Außenwender des
Unterarms (Abb. 93)
•
172
Abb. 93
Lendenwirbelsäule/Hüfte
• Rumpfkreisen
• Schlußsprünge mit stetig wechselnder Verwringung von Oberkörper und Beinen
• Dehnung der tiefen Rückenmuskulatur
• Dehnung der Gesäßmuskulatur
(Abb. 94).
Abb. 94
Trainingsbeispiele
Hüfte/Beine
• Dehnung der Hüftbeuger
• Dehnung der Oberschenkelanzieher (Abb. 95)
Tennisspezifische Beweglichkeit (Kombination mit Schnelligkeit und Koordination)
•
•
ADD. 33
Dehnung der Kniestrecker und
Hüftbeuger (Abb. 96).
•
•
•
Dosiertes Schlagtraining (z. B.
paarweises Volleyspiel im Halbfeld) mit Zusatzaufgaben (z.B.
gleichzeitiges Spiel mit 2 Bällen,
Drehung um 360 Grad oder
Schlägerübergabe durch die
Beine unmittelbar nach jedem
Schlag).
Auf Zuspiel im Kleinfeld jeden
Ball hinter dem Körper oder
zwischen den Beinen zurückspielen.
Aufschlag sowie Vorhand- und
Rückhand-Topspin mit großer
Schwingungsweite im Schulter-,
Ellbogen- und Handgelenk
(einschließlich Unterarmdrehung) ohne Ball.
Return 1 bis 2 m vor der
Grundlinie gegen weit nach
außen plazierte Aufschläge
mittlerer und hoher Geschwindigkeit.
Tiefer Vorhand-und RückhandVolley bzw. Halbvolley nah am
Netz (Ausgangsposition: Drehscheibenposition) auf Zuspiel/
Zuwurf des Partners.
Abb. 96
Heimprogramm
Viele Tennisspieler(innen) erreichen ihre optimale Leistungsfähigkeit nicht, weil sie dem harmonischen Aufbau ihres Bewegungsapparates durch Kräftigung entsprechender Muskelgruppen zu wenig
Beachtung geschenkt haben. Auch
die Zunahme der verletzungsbedingten Ausfälle von talentierten
Nachwuchsspielern und international bekannten Spitzenspielern
läßt vermuten, daß eine sorgfältige Muskel- und Gelenkhygiene
der besonders beanspruchten
Körperregionen in sträflicher
Weise vernachlässigt wird.
Im Tennissport sind die Körperregionen Rücken (insbesondere Lendenwirbelsäule), Oberschenkel
und Knie durch stetige (Über-)Beanspruchung sowie der Schlagarm
und die Schlagschulter durch die
vorgegebene tennisspezifische Einseitigkeit besonders verletzungsanfällig.
Folglich geht es vorrangig darum,
die Muskulatur in den genannten
Problemzonen zu kräftigen und
zugleich für einen Ausgleich gegenüber den einseitigen Beanspruchungen zu sorgen.
Zur Verhütung dieser Gefahren ist
ein entsprechendes Trainingspro-
173
Konditionstraining
gramm notwendig. Ziele dieses
Trainings sind:
• Aufbau und Stabilisierung des
Bewegu ngsapparates
• Ausgleich muskulärer Dysbalancen
• Vorbeugung von Tennisverletzungen
Obwohl in jüngster Zeit gerade in
Deutschland eine Vielzahl von
Fitneßstudios über ein attraktives
Geräteangebot verfügen und
deren Inanspruchnahme auch für
Tennisspieler durchaus wünschenswert wäre, ist die Akzeptanz bei Tennisspielern vergleichsweise gering. Die Gründe hierfür
dürften vor allem darin liegen, daß
die vorhandenen Kraftgeräte bzw.
-maschinen zu wenig die tennisspezifische Bewegungsfolge abbilden und das Training im Fitneßstudio von Tennisspielern häufig
als eintönig empfunden wird;
außerdem ist dafür ein hoher finanzieller (ca. 6 0 - bis 100,- DM
monatlich) und zeitgleicher Aufwand (u.a. für Hin- und Rückfahrt) notwendig. Es muß daher
nach Möglichkeiten gesucht werden, möglichst praxisnah und
zugleich kostengünstig sowie
zeitökonomisch zu trainieren.
Die Auswahl der folgenden Übungen erfolgt vorrangig unter drei
Gesichtspunkten: Sie sollen verschiedene besonders beanspruchte
Regionen des Bewegungsapparates erreichen, relativ wenig Zeit
beanspruchen und müssen jederzeit ohne wesentliche Hilfsmittel
am Arbeitsplatz und daheim
(Heimprogramm) durchführbar
sein.
Das Heimprogramm sollte regelmäßig wöchentlich mindestens
1 - bis 2mal durchgeführt werden.
In Einzelfällen empfehlen wir auch
ein tägliches Training. Es sollte
normalerweise 10 Minuten nicht
unterschreiten.
174
Wir empfehlen dringend die
Berücksichtigung folgender allgemeiner Prinzipien für Übungen
zum Aufbau und zur Stabilisierung
der Muskelkraft (spezielle Hinweise für die Durchführung der
Dehnübungen s. S. 171):
• Stetige Beachtung einer korrekten und funktionellen Bewegungsausführung (insbesondere
bezüglich Beckenstellung und
Wirbelsäule).
• Anfänger beginnen mit geringer Belastung und steigern
zuerst die Belastungsdauer
bzw. den Belastungsumfang.
• Mehrfache Wiederholung einzelner Übungen steigert die
Effektivität des Trainings.
• Für eine Vergrößerung des
Muskelquerschnitts sind hohe
bis höchste Belastungsreize
(z.B. über Zusatzgewichte bzw.
erschwerte Ausführungsbedingungen) notwendig.
Abb. 97
•
Durch Abwechslung der Muskelgruppen kann die Reizstärke
(-höhe) erhalten bleiben.
• Dehnübungen unmittelbar nach
der Kraftbelastung sind aus
funktionellen und regenerativen
Gründen empfehlenswert.
• Leistungstennisspieler im Kindes- und Jugendalter sollten
sich jährlich bei einem Sportarzt
oder Orthopäden zur Kontrolle
ihres Halte- und Bewegungsapparates vorstellen.
Beispiele für die Praxis
Aufwärmen
• 5 Minuten Seilspringen in verschiedenen Variationen (Abb.
97).
• Kombination von Lauf auf der
Stelle, Kniehebelauf sowie einbeiniges Seitwärtsspringen (ggf.
auf Weichmatte).
Bauch
• Ausgangsposition: Rückenlage
bei rechtwinklig aufgelegten
Beinen auf einem Stuhl (Gymnastikball), die Hände liegen
neben dem Gesäß.
Aus der Ausgangsposition erfolgt langsames Abheben der
Wirbelsäule, gleichzeitig gleiten
die Hände über den Boden in
Richtung der Stuhlbeine. In der
Endposition sind Schultern und
Brustwirbelsäule deutlich vom
Boden abgehoben (Abb. 98).
• Ausgangsposition: Rückenlage
mit aufgelegten Beinen, die
Hände sind hinter dem Nacken
verschränkt.
Zunächst werden die Bauchmuskeln so weit angespannt,
daß die Lendenwirbelsäule gegen den Boden gedrückt wird;
erst danach erfolgt ein langsames Aufrollen mit Seitwärtsdrehung der Wirbelsäule, bis in der
Endposition Schultern und
Brustwirbelsäule vom Boden
abgehoben sind (Abb. 99).
Rücken
• Ausgangsposition: Aus dem
Kniestütz je einen Arm und ein
Bein (der Gegenseite) diagonal
bis zur Waagerechten strecken
(Abb. 100).
In der Endposition gestrecktes
Bein leicht nach innen rotieren
und Hohlkreuzhaltung meiden.
175
Konditionstraining
• Ausgangsposition: Bauchlage
mit frei beweglichem Hüftgelenk auf Langbank, Turnkasten
oder Tisch, wobei der Oberkörper mit den haltenden Händen
fixiert wird (Abb. 101).
Beide Beine gemeinsam oder
wechselseitig bis höchstens zur
Waagerechten strecken; Vorsicht vor Hohlkreuzhaltung!
• Ausgangsposition: Rückenlage
mit gestreckten Beinen, die
Handflächen liegen auf dem
Boden neben dem Gesäß. Für
die Endposition werden die
Handflächen gegen die Unterlage gedrückt und das Becken
langsam vom Boden gelöst und
nur wenig abgehoben; zusätzlich kann ein Bein bis etwa in
Höhe des Knöchels oder der
Fußspitze des anderen Beines
angehoben werden (Abb. 102).
Spielern mit geringem Kraftniveau gelingt das kontrollierte
Abheben des Beckens anfangs
nicht. Diese Spieler(innen) beginnen mit mehrmaligem Anspannen, ohne daß eine wesentliche Hochbewegung erfolgen muß.
Becken(-stabilisation)
• Ausgangsposition: Rückenlage
mit angestellten Beinen, die
Hände liegen neben dem
Gesäß.
Aus der Ausgangsposition wird
langsam das Becken abgehoben, bis die Oberschenkel mit
dem Oberkörper eine (aufsteigende) Linie bilden; anschließend wird zusätzlich ein Bein
vom Boden gelöst und gestreckt (Abb. 103). Hierbei darf
die Beckenhälfte des gestreckten Beines nicht absinken.
176
Heimprogramm
• Ausgangsposition: Rückenlage
mit einem angestellten Bein, die
Hände umgreifen das Kniegelenk des anderen Beines und
ziehen es in Richtung des Brustkorbes.
Das Becken langsam abheben
und so weit wie möglich nach
oben schieben; zugleich das
Knie des anderen Beines mit
den Händen so dicht wie möglich zum Brustkorb ziehen (Abb.
104).
Hierbei muß die Hüftbeugung
des gehaltenen Beines bei der
Durchführung der Übung aufrechterhalten bleiben, da sonst
eine »Hohlkreuzhaltung« droht.
Schufter/Rumpf
• Ausgangsposition: Rückenlage
mit gestreckten Beinen, die
Unterarme sind aufgestützt.
Langsames Drücken in den
Stütz (rücklings) auf den Unterarmen und zugleich den Körper
(»fest wie ein Brett«) in Spannung halten (Abb. 105).
Anschließend kann noch ein
Bein vom Boden abgehoben
werden.
• Ausgangsposition: Seitlage,
beide Beine liegen übereinander, ein Unterarm ist aufgestützt, und der Ellenbogen
befindet sich unter dem Schultergelenk. Aus der Seitlage
langsam in den Stütz auf dem
Unterarm drücken und dabei
den Körper steif in Spannung
halten; anschließend kann
zusätzlich ein Bein vom Boden
gelöst werden (Abb. 106).
177
Konditionstraining
Beine
• Ausgangsposition: Der Oberkörper ist gegen eine Wand gestützt, der Kniegelenkswinkel
beträgt 100 bis 120°, die Füße
sind etwa hüftbreit auseinander.
Aus der Ausgangsposition wird
der Fuß des unbelasteten Beines in die Kniekehle des Standbeines gelegt, anschließend
wird in den Zehenstand übergegangen (Abb. 107).
Die folgenden Übungen dienen
speziell der Vorbeugung von aku-
ten Tennisverletzungen und können unmittelbar vor dem Tennistraining oder Tenniswettkampf
durchgeführt werden. Gemeinsames Kennzeichen ist stets der
Wechsel zwischen Anspannung
und Dehnung der Muskulatur.
Oberschenkelanzieher
(Adduktoren)
Anspannung: Sitz gegen eine
Wand oder einen Partner mit
möglichst aufgerichteter Wirbelsäule; beide Fersen zum Gesäß
ziehen, die Ellbogen sind an der
Innenseite der Kniegelenke. Die
Knie drücken so kräftig wie möglich gegen die Ellenbogen, welche
eine Bewegung nach innen verhindern.
Dehnung: Beide Kniegelenke werden bei aufrechter Sitzhaltung
nach außen in Richtung des Bodens gezogen, wobei die Ellenbogen die Dehnung sanft unterstützen (Abb. 108).
Handgelenkbeuger/Unterarmaußenwender (Pronatoren)
Anspannung: Im aufrechten Stand
werden bei gebeugtem Ellenbogen beide Hände ineinander verschränkt, die Handflächen zeigen
zum Körper. Der Griff wird verstärkt, als wolle man einen Tennisball zusammendrücken.
Dehnung: Die Hände bleiben verschränkt und werden mit den
Handflächen nach vorne bis zur
Ellenbogenstreckung vom Oberkörper weggeschoben; abschließend erfolgt noch eine letzte Innenrotation bis zum Anschlag
(Abb. 109).
178
Heimprogramm
Kniestrecker/Hüftbeuger
Anspannung: Im Sitz auf einem
Stuhl so weit auf den seitlichen
Rand rutschen, daß ein Bein neben der Sitzfläche nach hinten gezogen werden kann. Eine Hand
greift den gleichseitigen Fußrücken, der versucht, die haltende
Hand nach unten zu drücken.
Dehnung: Der Fuß wird zum
Gesäß gezogen, ohne daß das
Becken nach vorne kippt (Vorsicht:
Hohlkreuzhaltung). Der auf dem
Boden stehende Fuß hält konstant
seine Ausgangsstellung
(Abb. 110).
Handgelenkstrecker/Unterarm
Außenwender (Supinatoren)
Anspannung: Bei leicht gebeugtem Ellenbogen liegt eine Hand
auf dem Handrücken der zur Faust
und innengewendeten geschlossenen Hand. Die untere Hand versucht die obere (nach außen)
hochzuheben.
Dehnung: Nach Streckung des
Ellenbogens wird das Handgelenk
so weit wie möglich gebeugt und
der Unterarm innengewendet
(Abb. 111).
Rückenstrecker
Anspannung: In Rückenlage umfassen beide Hände die gebeugten
Kniegelenke, der Kopf liegt auf
dem Boden. Die Knie drücken
gegen die haltenden Hände, der
Kopf gegen die Unterlage.
Dehnung: Die Knie werden so
dicht wie möglich zum Oberkörper gezogen, der Kopf wird eingerollt (Abb. 112).
179
10-Minuten-Heimprogramm
Im folgenden stellen wir ein Beispiel für ein 10-Minuten-Heimprogramm vor. Dieses Programm
kann täglich nach dem Aufstehen,
nach der Schule, vor dem Tennis-
180
training oder während eines Fernsehprogramms durchgeführt werden. Je nach Trainingsziel bzw.
Schwachstellen des Körpers (z.B.
Lendenwirbelsäule, Tennisellen-
bogen) oder zeitlicher Verfügbarkeit (z.B. 5 Minuten oder 30 Minuten) sollten Übungsauswahl
und Trainingszeit individuell sinnvoll modifiziert werden.
Psychologische
Grundlagen/Psychologisch
orientiertes Training
Auffallende
psychologische
Phänomene und
Probleme
Vor, während und nach Wettkämpfen hört man oft ähnliches:
»Heute läuft es aber überhaupt
nicht - vor allem meine Vorhand
kommt gar nicht«, »Mensch, das
gibt es doch nicht, daß ich einen
solch leichten Volley verschlage«,
»Der spielt ja wie im Traum«, »Ich
weiß genau, was ich bei der Rückhand falsch mache, aber ich kann
es mir im Wettkampf nicht abgewöhnen«, »Bei dieser Führung
habe ich schon oft verloren«, »Bei
einem solchen Wind kann man
nicht gewinnen«. Solche häufig zu
hörenden Aussagen weisen darauf
hin, daß Leistungen im Tennis
nicht nur durch körperliche, technische und taktische Voraussetzungen bestimmt werden, sondern daß auch psychische Prozesse von wesentlicher Bedeutung
sind, ja in bestimmten Situationen
für Sieg und Niederlage ausschlaggebend sein können.
• Es gibt, Spieler, die gegen
bestimmte Gegner (sog. Angstgegner), die in der Rangliste
unter ihnen eingestuft sind, immer wieder verlieren (und dies
auch stets erwarten).
• Viele Spieler versagen in der
Favoritenrolle, fühlen sich dagegen in der Außenseiterrolle
wohl oder lassen sich durch
Niederlagen negativ stark
beeinflussen.
• Ebenfalls viele Spieler finden
vor allem wegen übergroßer
Nervosität im Vorstartzustand
in der Anfangsphase des Spiels
nicht zu ihrem gewohnten Spiel
und können sich nicht konzentrieren.
• Je nach Spielerstand verkrampfen manche Spieler, z.B. spielen
sie noch bei einem mittleren bis
hohen Rückstand vermeintlich
frei auf und kommen zum Ausgleich. Bei hoher Führung stellt
sich plötzlich Angst vor dem
Gewinnen ein.
Bestimmte Spielstände, insbesondere derTie-Break, werden
oft besonders gefürchtet.
• Einzelne Spieler reagieren gegenüber äußeren Bedingungen
wie Platzverhältnissen oder
akustischen Störreizen labil.
• Andere verlieren die Selbstbeherrschung bei unerwarteten
Ereignissen während des Spiels
wie vermeintlichen ungerechten
Schiedsrichterentscheidungen,
sog. Glücksbällen und unerwartet gekonnten Aktionen des
Gegners, aber auch unerwarteten eigenen Fehlern.
• Grundsätzlich lassen sich Spieler
in unterschiedlichem Maße vom
sozialen Rahmen, in dem das
Spiel stattfindet, beeinflussen.
Manche reagieren beispielsweise unterschiedlich auf Zuschauer oder bringen nur bei
Anwesenheit des Coachs
während des Wettkampfs ihre
optimale Leistung. Andere wiederum reagieren in Einzelwettbewerben anders als in Mannschaftswettkämpfen usw.
Solche Beispiele zeigen, daß Tennis
eine Sportart ist, die - betreibt
man sie wettkampfmäßig - in
starkem Maße psychisch beanspruchend und belastend, gegebenenfalls sogar überfordernd ist.
Dies hängt vor allem mit der
Struktur des Tennissports, der
Konfrontation mit einem Gegner,
den hohen technischen Anforderungen und der spezifischen Zählweise, die häufig zu einem dramatischen Spielgeschehen führen
kann, zusammen.
Faßt man diese Beispiele psychischer Belastung zusammen und
versucht, Gründe dafür zu finden,
dann ergeben sich in der Praxis
folgende Hauptprobleme:
181
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
• Angst/Streß
• Mangelndes Selbstvertrauen
• Konzentrationsmangel
• Verlust der Selbstkontrolle
Die meisten Spielerinnen und
Spieler entwickeln jedoch persönliche Techniken der Selbstbeeinflussung mit dem Ziel, sich zu
entspannen, aber auch sich
anzuregen, sich zu konzentrieren,
Selbstvertrauen zu gewinnen und
Selbstbeherrschung zu behalten.
So wird der Aufschlag häufig zum
Ritual, nach dem Ballwechsel wird
ein bestimmter Weg zum nächsten
Aufschlag bevorzugt; manche
Spieler feuern sich auf dem Platz
lautstark an und beschimpfen sich,
andere führen eher leise Selbstgespräche; manche bevorzugen bestimmte Kleidungsstücke oder
einen bestimmten Schläger u.a.
Solche Techniken der Selbstbeeinflussung werden aus der Sicht der
Wissenschaftals »naive Psychoregulationstechniken« bezeichnet.
Sie entstehen aufgrund persönlicher Erfahrungen - häufig sind
sie an erfolgreiche Situationen
geknüpft - und sind aus der subjektiven Sicht des Spielers (also
nicht objektiv) zu bewerten. Sie
können durchaus positiv wirken,
wenn sie über den Weg der Selbstsuggestion tatsächlich Entspannung und Konzentration, Selbstvertrauen und Zuversicht vermitteln. Problematisch werden sie jedoch dann, wenn das Festhalten
an solchen ritualisierten Handlungen (und ggf. auch an Marotten)
zu unangemessenen, unrealistischen, ja zwanghaften Interpretationen von Erfolg und Mißerfolg
führt und somit keine flexible Anpassung an die ständig wechselnden Wettkampfbedingungen mehr
ermöglicht. Deshalb ist es sinnvoll,
solche naiven Psychoregulationstechniken ggf. zu ersetzen oder zu
ergänzen durch ein psychologi-
182
sches Training, in dem auf systematische, kontrollierte und objektiv überprüfbare Weise versucht
wird, die persönlichen Voraussetzungen zu verbessern, die für den
Erfolg im Wettkampf wichtig sind.
Deshalb kommt es auch darauf
an, daß jeder Trainer von sich aus
praktische Trainingsformen, die
auch psychologische Gesichtspunkte berücksichtigen, entwickelt
und erprobt, zumal die psychologischen Trainingsformen in besonderem Maße den individuellen Bedingungen der Spielerinnen und
Spieler angepaßt werden müssen.
Die folgenden Ausführungen sollen hierzu Anregungen geben. Um
praktische psychologische Trainingsformen entwickeln zu können, bedarf es allerdings zunächst
der Kenntnis psychologischer
Grundlagen. Einige ausgewählte
Gesichtspunkte, die die Kognitions-, Motivations- und Streßthematik betreffen, sollen deshalb
im folgenden jeweils vorangestellt
werden.
Psychologische
Trainingsformen
Überblick
Wesentliche psychische Bedingungen, die bei einer sportlichen Leistung wirksam werden, sind:
• Kognitive Bedingungen (Wahrnehmungen, Aufmerksamkeit/Konzentration, Gedächtnis,
Vorstellungen, Antizipation,
Denken, Intelligenz und sportartspezifische Fähigkeiten und
Fertigkeiten, die sich auf die
Taktik beziehen)
• Motivationale/emotionale Bedingungen (Leistungsmotiv,
Angst/Streß, Einstellungen
u.a.)
Psychologisch orientiertes Training
besteht darin, diese psychischen
Leistungsvoraussetzungen systematisch zu verbessern und zu stabilisieren, d.h. durch planmäßiges
Lernen und Üben Trainingseffekte
zu erzielen, die im Wettkampf lei-
Psychologische Trainingsformen
stungsfordernd umgesetzt werden
können. Wer solche Fähigkeiten
und Fertigkeiten im Training nicht
systematisch verbessert (automatisiert), kann nicht erwarten, daß er
sie im Wettkampf (wie die Technik
und Kondition) einsetzen kann.
Die genannten kognitiven, motivationalen und emotionalen
Bedingungen können in vier
Gruppen psychologischerTraihingsformen gegliedert werden
(Abb. 113).
Beim sog. Mentalen Training wird
der direkte Einfluß psychischer
Bedingungen auf die Bewegung in
besonderem Maße angesprochen.
Beim Mentalen Training erfolgt
eine systematische, intensive
gedankliche Vorstellung eines
Bewegungsablaufs mit dem Ziel
seiner Verbesserung, ohne daß
die Bewegung zunächst praktisch
durchgeführt wird.
Beim Wahmehmungs- und Konzentrationstraining werden leistungsbestimmende kognitive Fertigkeiten wie Bewegungswahrnehmung und Situationsüberblick,
Aufmerksamkeit und Konzentration, Antizipation und taktisch
richtiges Verhalten systematisch
verbessert.
Beim Motivationstraining geht
es um die Verbesserung des Trainingsfleißes und mangelhafter
Wettkampfeinstellung, um die
Veränderung negativ wirkender
Motivationen wie Furcht vor
Mißerfolg, um realistische Zielsetzungen u.a.
Das Psychoregulationstraining zielt
schließlich auf den optimalen Einsatz von Konzentration, Antizipation, Spielintelligenz, Anstrengungsbereitschaft, Erfolgswille
usw. im Wettkampf. Da die psychisch belastenden Wettkampfbedingungen zu unangemessenen
psychophysischen Erregungs- und
Spannungszuständen führen, wird
im Psychoregulationstraining versucht, mit Hilfe psychologischer
Verfahren den individuell angemessenen Aktivierungszustand
(weder Verkrampfung noch Laschheit) zu erreichen.
Diese kurze Übersicht über die
verschiedenen psychologischen
Trainingsformen zeigt, daß es
enge Überschneidungen zu anderen Trainingsformen gibt, insbesondere zum Technik- und Taktiktraining. Damit ist auch an dieser Stelle angedeutet, daß die
meisten psychologischen Trainingsformen in die Praxis des
Technik- und Taktiktrainings zu
integrieren sind (z.B. das mentale
Training und das Konzentrationstraining in das Techniktraining sowie das Zielsetzungstraining in das
Taktiktraining), dort jedoch besondere Akzentuierungen darstellen
(s. auch Technik- und Taktiktraining).
Kognitionen
Wenn sich ein Spieler zum Beispiel
beim Stande von 4:4 und 30:40
aus taktischen Gründen entschließt, direkt nach dem Aufschlag zum Angriff an das Netz
vorzulaufen, dann können eine
Reihe von kognitiven Prozessen
ablaufen:
Zunächst wird er versuchen, sich
ganz auf den Aufschlag zu konzentrieren. Er wird den Bewegungsablauf des Aufschlags, den
er dem Gegner hoch auf die Rückhand spielen will, in Gedanken
kurz noch einmal durchführen. Er
wird sich vornehmen, nach dem
Aufschlag so schnell wie möglich
vorzulaufen und zu versuchen,
möglichst früh zu erkennen, wohin der Gegenspieler spielen wird
und in welcher Position er sich befindet, damit er entscheiden kann,
wohin er den Flugball am günstigsten spielt. Solche Prozesse, die
mit Planen und Überlegen, dem
Sich-Vorstellen und Wahrnehmen
zusammenhängen, werden mit
dem Begriff Kognitionen zusammengefaßt.
Kognition ist ein Sammelbegriff für alle Prozesse des
Wahrnehmens, Denkens,
Sich-Vorstellens, Erinnerns.
Wenn der Aufschläger den Ballwechsel abschließt, indem er einen
unerreichbaren Flugball-Stop spielt
und ihm diesbezüglich ein »gutes
Ballgefühl« bescheinigt wird, dann
ist der übliche Begriff »Gefühl« in
diesem Zusammenhang eher irreführend, denn Gefühle bezeichnen
im allgemeinen Erlebnisse wie
Freude und Mitleid. Vielmehr verfügt er in erster Linie über spezifische Fähigkeiten. Diese Fähigkeiten bestehen darin, den vom Geg-
183
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
ner geschlagenen Ball in seinen
Flugeigenschaften (Geschwindigkeit, Flugkurve, Drall) einschätzen
zu können, sich in eine günstige
Schlagposition zu bringen und den
Schläger gegen den Ball so zu bewegen (bezüglich Geschwindigkeit
und Richtung der Schlägerbewegung sowie der Schlagflächenneigung), daß das Bewegungsziel
(in diesem Fall der Flugball-Stop)
erreicht werden kann. Der Wahrnehmungsanteil dieser Fähigkeiten
(und weniger dieses Gefühls)
basiert also im wesentlichen auf der
visuellen (bezüglich des Ballflugverhaltens) und der kinästhetischen (bezüglich der Eigenbewegungen) Wahrnehmung. Vor
allem die kinästhetische Wahrnehmung während der Ausführung
der Technik, also die Wahrnehmung der Raum-, Zeit- und Spannungsbewegungen über bewegungsempfindliche Rezeptoren in
der Haut, in den Muskeln, in den
Sehnen und Gelenken ist bei der
Steuerung und Regelung koordinativer Bewegungen von herausragender Bedeutung. Solche
Wahrnehmungsleistungen, d.h.
solche kognitiven Leistungsvoraussetzungen, können trainiert
werden, auch wenn ihre Trainierbarkeit sicherlich nicht so groß ist,
wie dies z. B. bei der Ausdauer der
Fall ist. Im folgenden sollen einige
Aspekte des genannten Beispiels
betrachtet werden.
Bewegungsvorstellungen,
Mentales Training
Bewegungsvorstellungen (z. B. die
Vorstellung über den Bewegungsablauf des Aufschlags) sind das
Ergebnis der Wahrnehmung fremder, aber auch eigener Aufschläge,
des Speicherns dieser Wahrneh-
184
mungen im Gedächtnis und (häufig) ihrer sprachlichen Abbildung.
Die sprachliche und begriffliche
Fixierung dieser visuellen und
kinästhetischen Wahrnehmungen
ist eine wichtige Voraussetzung
dafür, daß die Vorstellungsinhalte
denkend erfaßt, strukturiert und in
zielgerichtete Handlungen umgesetzt werden können. Das Mentale Training baut auf solchen
Grundlagen auf.
Im folgenden sind die drei Formen
aufgeführt:
Der Übende setzt sich gedanklich
mit einem Bewegungsablauf auseinander. Er macht sich z. B. klar,
wohin er den Ball beim Aufschlag
werfen muß, um ihn am Ende der
Hauptaktion im höchstmöglichen
Punkt so zu treffen, daß der Ball
mit einem starken Vorwärts- und
leichten Seitwärtsdrall fliegt. Dies
wird ihm um so besser gelingen, je
mehr er über gewisse Fähigkeiten
verfügt, einzelnen Teilaktionen
des gesamten Bewegungsablaufs
einen Sinn (eine Funktion) im Hinblick auf die Bewegungsaufgabe
(die gewünschte Flugbahn des
Balles) zuzuordnen (funktionales
Bewegungsverständnis - s. auch
Tennis-Lehrplan Band 1, Technik &
Taktik). Ziel dieses Durchdenkens
des Bewegungsablaufs mit Hilfe
von Bewegungsvorstellungen
ist es, sich die wesentlichen
Momente der Technik deutlich zu
machen und im Gedächtnis einzuprägen, was auch Voraussetzung
für die Selbstkorrektur ist.
Der Übende stellt sich den geplanten Bewegungsablauf intensiv vor.
Diese auch als ideomotorisches
Training bezeichnete Trainingsform geht von der Erkenntnis aus,
daß bereits das bloße Sich-Vorstellen einer Bewegung zu einer neuromuskulären Erregung der für die
vorgestellte Bewegung zuständigen Muskeln führt, so daß diese
Bewegung schneller gelernt und
besser gefestigt werden kann. Das
ideomotorische Training wird erleichtert, wenn der Übende eine
exakte Vorstellung von der angestrebten Bewegung hat.
Der Übende spricht gleichsam
innerlich mit sich selbst über den
Bewegungsablauf. Er gibt sich
Selbst-Befehle, bezogen auf Teile
der Bewegungen, die für ihn
schwierig sind (z. B. »Wirf den
Ball weiter nach links - hinten«),
um somit den konkreten Ablauf
der Bewegung besser steuern zu
können.
Diese Trainingsform wird auch als
subvokales Training bezeichnet.
Die Techniken des Mentalen Trainings werden im allgemeinen für
das Erlernen und Verbessern von
Bewegungsfertigkeiten empfohlen. Sie eignen sich jedoch auch
im Sinne des psychologischen Trainings für die Vorbereitung auf
aktuell folgende Aktionen. Im Tennis bietet sich hierfür sicherlich die
Vorbereitung auf den Aufschlag in
erster Linie an, denn der Aufschlag
kann als einziger Schlag weitgehend selbst bestimmt werden.
Doch können auch Aufschlag,
Vorlaufen in die Drehscheibenposition und erster Flugball als
Antwort auf den zu erwartenden
Return als Handlungskette mental
trainiert und dann im praktischen
Vollzug geübt werden. Es ist auch
denkbar, einzelne kleinere Taktikeinheiten (z.B. eine bestimmte
Form des Angriffs) gedanklich
durchzugehen, sich im Ablauf vorzustellen und sich entsprechende
knappe Selbst-Befehle zu geben.
In der Trainingspraxis empfiehlt es
sich deshalb, alle drei beschriebenen Formen des Mentalen Trainings miteinander zu verbinden,
gegebenenfalls auch noch das
sogenannte observative Training
hinzuzunehmen, d.h. den Bewe-
Psychologische Trainingsformen
gungsablauf bei anderen Spielern
(z. B. auch mit Hilfe von Videoaufnahmen) zu beobachten. Die Videotechnik bietet sich auch dazu
an, den Spieler mit seinen eigenen
Bewegungsabläufen zu konfrontieren, was zur Verbesserung einer
Selbstwahrnehmungs-, Bewegungsvorstellungs- und Selbstkorrekturfähigkeit beitragen kann.
Ein Phänomen, das mit dem Mentalen Training in Zusammenhang
steht, ist die Antizipation. Damit
ist die Fähigkeit gemeint, Aktionen des Gegners vorherzusehen,
bereits während deren Ablauf eine
zielgerechte Entscheidung zu treffen und in den eigenen Bewegungsentwurf einfließen zu lassen.
Diese Fähigkeit ist im Training vor
allem dort gefordert, wo ein Abwarten des Endes der gegnerischen Handlung nicht mehr genügend Zeit für die eigene Reaktion
zulassen würde, wie dies z. B. beim
Flugball als Reaktion auf einen
schnellen Passierball der Fall ist.
Je mehr das richtige Erkennen
der gegnerischen Spielabsichten
(gegebenenfalls auch der gegnerischen Finten) im Training geübt
wird, desto frühzeitiger und angemessener wird der Spieler im
Wettkampf reagieren können.
Aufmerksamkeit und
Konzentration
Im allgemeinen wird der Begriff
Aufmerksamkeit als Oberbegriff
für gerichtete Wahrnehmung verwandt. Häufig wird hierbei die
Aufmerksamkeit mit einem
Scheinwerfer verglichen (vgl.
hierzu SCHUBERT 1981, 26). Wenn
sich der Lichtstrahl des Scheinwerfers gebündelt auf einen bestimmten Gegenstand richtet, beleuchtet
er ihn mit großer Helligkeit (Konzentration der Aufmerksamkeit).
Die Konzentration ist demnach als
eine intensivere Form der Aufmerksamkeit anzusehen, bei der
sich die Aufmerksamkeit auf einen
engen Ausschnitt des möglichen
Wahmehmungsumfanges kon»zentriert«. Diese Form der Aufmerksamkeit, d.h. diese Konzentration im engen Sinne, ist im Tennis vor allem dort gefordert, wo
im Spielgeschehen der sich schnell
bewegende Ball genau zu beobachten ist; vor dem Aufschlag gilt
es dagegen, gleichsam seinen »inneren Scheinwerfer« ganz auf die
bevorstehende Handlung zu konzentrieren.
Der Umfang der Aufmerksamkeit
läßt sich so beschreiben, daß die
Blende vor dem Scheinwerfer
geöffnet wird, so daß der Lichtstrahl mehr gestreut hervortritt.
So können gleichzeitig mehrere
Gegenstände - allerdings weniger
intensiv - beleuchtet werden (Verteilung der Aufmerksamkeit). Auf
Tennis übertragen bedeutet dies
z. B., daß der Doppelspieler stets
einen größeren Ausschnitt des
Spielfeldes im Auge haben muß,
um seine Handlungen an das
schnell wechselnde Geschehen
anpassen zu können. Die Frage ist,
wie viele Vorgänge gleichzeitig
wahrgenommen werden können
und unter welchen Bedingungen
die Aufmerksamkeit von der einen
Sache auf die andere wechseln
muß. So kann man den Scheinwerfer seiner Aufmerksamkeit (wie ein erfahrener Beleuchter
beim Film) - blitzschnell auf verschiedene Gegenstände richten
(Umschaltung der Aufmerksamkeit). Am Beispiel des Doppelspielers heißt dies, daß er von der
»Verteilung der Aufmerksamkeit«
plötzlich auf die »Konzentration
der Aufmerksamkeit« umschalten
muß, wenn er selbst angespielt
wird. Allgemein zeigt sich, daß bei
willkürlicher Anstrengung, wie
dies im Wettkampf der Fall ist, die
volle Aufmerksamkeit nur über
einen bestimmten Zeitraum aufrechterhalten werden kann. Die
Dauer der Aufmerksamkeit ist deshalb beschränkt. Es kommt zu
Aufmerksamkeitsschwankungen,
d.h. zu unwillkürlich auftretenden
Veränderungen der Intensität der
Aufmerksamkeit. Hohe Intensität,
wie sie in einem längeren Tennismatch gefordert wird, ist mit
einem hohen Verbrauch an »Nervenkraft« verbunden. Der Organismus schaltet deshalb immer
wieder von sich aus ab, was zu
den bereits angeführten Aufmerksamkeitsschwankungen führt; es
sei denn, daß der Spieler selbst
durch gezielte Pausen die Kontrolle über seine Aufmerksamkeit
aufrechterhält.
Ungeachtet der Vielfalt der
genannten Gesichtspunkte lassen
sich generell zwei Anforderungssituationen voneinander unterscheiden:
• Zuwendung der Aufmerksamkeit vor dem Ballwechsel
• Aufmerksamkeit während des
Ballwechsels
Für die Beurteilung der Konzentrationsfähigkeit im Wettkampf ist es
deshalb wichtig zu wissen, von
welchen Bedingungen der Konzentrationsprozeß vor und
während sportlicher Handlungen
abhängig ist. Die Fähigkeit, aufmerksam zu sein, insbesondere
sich konzentrieren zu können,
hängt eng mit anderen kognitiven
sowie mit emotional-motivationalen Prozessen zusammen. So beeinträchtigt starke emotionale
Erregung (Ärger, Wut, Angst) den
Konzentrationsprozeß. Die Konzentrationsfähigkeit ist somit ihrerseits ein Gradmesser für psychische Stabilität. Konzentrationsfähigkeit im Wettkampf hängt also
185
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
auch mit innerer (mentaler) Entspannung zusammen; deshalb
kann Konzentration nicht willkürlich erzwungen werden, ein solcher Versuch führt denn auch eher
zu Verkrampfung.
Jeder Tennisspieler weiß aus eigener Erfahrung, daß er sich schlecht
konzentrieren kann, wenn seine
Gedanken immer wieder abschweifen. Dies gilt vor allem
dann, wenn er sich auf den Aufschlag oder Return vorbereitet.
Damit wird deutlich, daß das Denken den Konzentrationsprozeß
stören kann. Insbesondere die auf
die Vergangenheit gerichtete
Selbstreflexion über gerade mißlungene sportliche Aktionen, wie
z. B. über einen soeben verschlagenen Ball (zudem häufig mit
Ärger, also mit emotionaler Erregung verbunden) oder die auf die
Zukunft gerichtete Wenn-DannÜberlegung (»Wenn ich diesen
Ball verschlage, dann verliere ich
den ganzen Satz«) verhindern eine
optimale Konzentration auf das
»Hier und Jetzt« (vgl. auch GALLWEY1977).
Schließlich sei noch erwähnt, daß
die Konzentrationsfähigkeit in
hohem Maße von der körperlichen
Fitneß abhängig ist. Deshalb ist
auch unter anderem die Bedeutung des Konditionstrainings für
den Erfolg im Tennis so groß.
Konzentrationstraining
Auf der Grundlage dieser allgemeinen Gesichtspunkte zur
Konzentration lassen sich einige
Hinweise für die Trainingspraxis
ableiten:
• Vor dem Ballwechsel kommt es
darauf an, sich (gleichsam nach
innen) in einen entspannten
Konzentrationszustand zu versetzen, d.h., sich ohne bewußte
Anstrengung auf die Aufgabe
zu konzentrieren und alles, was
186
sich außerhalb dieser Aufgabe
befindet, zu ignorieren. Jeder
Spieler muß im Training selbst
erfahren, wieviel Zeit er hierfür
benötigt (weder zu kurz noch
zu lang), inwiefern ihm sein elementarer Atemrhythmus hilft,
mit welchen persönlichen (naiven) Techniken (z.B. ritualisierten Handlungen vor dem Aufschlag) es ihm gelingt, abschweifende Gedanken und
äußere Störreize abzuschütteln.
Zur Stabilisierung dieser Techniken empfiehlt es sich, ab und
zu gezielt Störreize (z. B. akustische über ein Tonband o.a.)
einzusetzen, um Wettkampfbelastungen zu simulieren.
• Während des Ballwechsels soll
der ankommende Ball so lange
wie möglich angeschaut werden, auch wenn dies nur bis
etwa 1 bis 2 m vor dem Kontakt mit der Schlagfläche möglich ist. Diese banal erscheinende Forderung muß immer
wieder gestellt und kontrolliert
werden, weil viele Spieler den
Ballflug nur kurzzeitig beobachten und deshalb den Kopf zu
früh in Richtung Gegenspieler
drehen; dadurch wird jedoch
die Kontrolle der Schlagbewegung beim Treffen des Balles
stark beeinträchtigt.
Das Üben des Ballanschauens
kann eventuell unterstützt werden, indem man mit Farben
präparierte Bälle verwendet, um
somit dem Spieler das Beobachten der Flugbahn und des Dralls
des Balls zu erleichtern.
• In Pausen kommt es darauf an,
den Wechsel von der Konzentration im Spiel zur Erholung
und zurück zur Konzentration
auf das Spiel systematisch zu
üben, um die Dauer der Konzentrationsfähigkeit zu verlängern.
• Wenn Konzentration als intensivere Form aufmerksamer
Wahrnehmung zu verstehen ist,
dann kann Konzentrationstraining auch darin bestehen, unter
erschwerten Bedingungen
wahrnehmen zu müssen und
entsprechend zu reagieren, so
z. B. auf schnell aufeinanderfolgende Bälle, die von der
Ballmaschine oder von zwei
Gegenspielern aus der Hand
zugespielt werden.
Da die Konzentrationsfähigkeit
vor allem unter psychischen
und physischen Belastungen
stark beeinträchtigt wird, sollten auch bei Konzentrationsübungen entsprechende Reize
gesetzt werden, z. B. sollten
Konzentrationsübungen auch
nach hohen Trainingsbelastungen durchgeführt werden, so
daß der Spieler im Wettkampf
in der Lage ist, sich auch am
Ende eines Matches noch konzentrieren zu können.
Motivation
Um motivationalen Wettkampfproblemen im Training begegnen
zu können, ist es zunächst notwendig, sich über einige Grundlagen im klaren zu sein.
Wenn sich Personen mit Anstrengung und Ausdauer bemühen, ein
bestimmtes Leistungsziel zu erreichen, sei es, um den Ball über das
Netz in das gegnerische Feld zu
spielen oder das Match zu gewinnen, dann laufen während dieser
Leistungshandlungen innere Prozesse ab, die sich vereinfacht wie
folgt darstellen lassen (s. Abb.
114, S. 187).
Zunächst wird der Spieler aufgrund des Spielgeschehens (bzw.
durch den Gegenspieler) vor eine
Aufgabe gestellt. Er wird sich dann
mehr oder weniger bewußt fra-
Psychologische Trainingsformen
Abb. 114 Schema zur exemplarischen Darstellung des Ablaufs von Motivationsprozessen in einer Leistungssituation
(nach GABLER 1984)
gen, ob er die zur Bewältigung
dieser Aufgabe notwendigen
Fähigkeiten hat, wieviel Anstrengung (Konzentration, Ausdauer
und Überwindung) er zur Bewältigung aufbringen muß und wie
sehr äußerer, von ihm nicht kontrollierbarer Einfluß (z.B. Spielstärke des Gegners, aber auch der
Zufall) beim Zustandekommen des
Handlungsergebnisses mitwirken.
Dieses Abwägen von Faktoren, die
den Erfolg bzw. Mißerfolg beeinflussen können, wird als prospektive Kausalattribuierung (vorausschauende Ursachenzuschreibung)
bezeichnet. Die prospektive Kausalattribuierung führt zur Erwartung von mehr oder weniger Erfolgs- bzw. Mißerfolgswahrscheinlichkeit, dementsprechend zu
Hoffnung auf Erfolg bzw. Furcht
vor Mißerfolg und zur aktuellen
Zielsetzung vor der Handlung.
Wird das gesetzte Ziel erreicht,
dann wird dies in der Regel als
Erfolg, im anderen Falle als Mißerfolg bewertet. Ob allerdings dieser
Erfolg bzw. Mißerfolg auch zu einer entsprechenden emotionalen
Reaktion (also Freude über den
Erfolg bzw. Enttäuschung über den
Mißerfolg) führt, hängt auch davon ab, wie sehr sich der einzelne
für das Handlungsergebnis verantwortlich fühlt, d. h. auch, auf welche Faktoren er es zurückführt retrospektive Kausalattribuierung
(zurückschauende Ursachenzuschreibung). Je mehr er z. B. den
Erfolg auf seine Fähigkeiten und
Anstrengungen zurückführen
kann, desto größer wird seine
Zufriedenheit sein; je mehr er dagegen trotz Anstrengung für den
Mißerfolg mangelnde Fähigkeiten
verantwortlich machen muß,
desto größer wird seine Enttäuschung und Resignation sein,
denn mangelnde Fähigkeiten sind
relativ stabil, so daß auch zukünftig Mißerfolge zu erwarten sind.
Im Rahmen dieser Prozesse sind
zwei Komponenten besonders
wichtig, nämlich die »Hoffnung
auf Erfolg« und die »Furcht vor
Mißerfolg«. Da sich die einzelnen
Spieler darin unterscheiden, welche langjährigen persönlichen
Erfahrungen sie mit Erfolgs- und
Mißerfolgserlebnissen gemacht
haben, kann zwischen »Erfolgsmotivierten« und »Mißerfolgsmo-
187
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
tivierten« unterschieden werden.
Dies bedeutet, daß Erfolgsmotivierte (Erfolgszuversichtliche) eher
dazu neigen, zuversichtlich und
optimistisch zu sein, während
Mißerfolgsmotivierte (Mißerfolgsängstliche) zu Ängstlichkeit und
Pessimismus neigen. Man sollte
daraus jedoch nicht ableiten, daß
Mißerfolgsängstliche den Erfolg
nicht anstreben. Im Unterschied
zu den Erfolgszuversichtlichen, die
sich gerade aufgrund ihrer Zuversichtlichkeit vorwiegend am Erfolg
orientieren und sich nur wenig mit
dem möglichen Mißerfolg auseinandersetzen, bemühen sich die
Mißerfolgsängstlichen - weil bei
ihnen die Furcht vor dem Mißerfolg dominiert - , diesen möglichen
Mißerfolg zu vermeiden.
Untersuchungen haben immer
wieder gezeigt, daß diese beiden
Komponenten der Leistungsmotivation, die »Hoffnung auf Erfolg«
und die »Furcht vor Mißerfolg«.
mit anderen Komponenten der
Leistungsmotivation zusammenhängen, so daß sich Leistungen
aufgrund dieser Zusammenhänge
zum Teil erklären und vorhersagen
lassen.
Dies betrifft zum einen den Zusammenhang mit den aktuellen
Zielsetzungen. So setzen sich Erfolgszuversichtliche vorwiegend
realistische Ziele, d.h. Ziele, die innerhalb eines mittleren subjektiven
Schwierigkeitsbereiches liegen.
Mißerfolgsängstliche neigen indessen dazu, entweder sehr niedrige oder extrem hohe unrealistische und konfliktgeladene Ziele zu
setzen; jene mit niedriger Zielsetzung - weil dadurch der Mißerfolg
mit großer Wahrscheinlichkeit
auch vermieden werden kann weisen eher eine niedrige Gesamtmotivation auf; jene mit extrem
hoher, ja unerreichbarer Zielsetzung - weil somit von vornherein
188
eine Entschuldigung für den wahrscheinlichen Mißerfolg gegeben ist
- weisen dagegen eher eine starke
Gesamtmotivation auf.
Zum anderen gibt es bedeutsame
Zusammenhänge der Erfolgs- bzw.
Mißerfolgsorientierung mit der
Kausalattribuierung. Danach wird
der Erfolg von den Erfolgszuversichtlichen eher eigenen Fähigkeiten zugesprochen und der Mißerfolg eher auf mangelnde Anstrengung oder Pech zurückgeführt. Da
der Faktor »eigene Fähigkeiten«
als personenbezogener und zeitlich stabiler Faktor zu bewerten ist,
begründet diese Form der Kausalattribuierung auch die weitere Erfolgszuversichtlichkeit, denn die
eigenen Fähigkeiten stehen auch
zukünftig zur Verfügung. Da mangelnde Anstrengung und Pech
zeitlich veränderlich sind und mehr
Anstrengung selbst zu bewirken
ist, ist auch nach Mißerfolgen, die
in dieser Form interpretiert werden, kein Grund zu Pessimismus
gegeben. Das nächste Mal wird
es mit mehr Anstrengung schon
klappen. Mißerfolgsängstliche neigen dagegen dazu, Erfolge weniger fähigkeits- und mehr zufallsabhängig zu sehen sowie Mißerfolge weniger einer mangelnden
Anstrengung und mehr eigenen
Fähigkeitsmängeln zuzuschreiben.
Die Folge ist, daß Pessimismus
und fehlende Selbstsicherheit verstärkt werden. Aus diesen Zusammenhängen läßt sich ableiten, daß
das Selbstvertrauen mit einem
positiven Selbstkonzept (Selbstbild) gleichzusetzen ist. Je mehr
ein Spieler davon überzeugt ist,
daß er - vorausgesetzt, daß er
bereit ist, sich anzustrengen - aufgrund seiner Fähigkeiten die gestellte Aufgabe lösen kann, desto
eher wird er auch die gesteckten
Ziele erreichen.
Personen, die dagegen ihre Fähig-
keiten (in unangemessener Weise)
eher für niedrig halten, wählen relativ leichte Aufgaben und geben
relativ schnell auf, wenn sie beim
Verfolgen des Ziels große Widerstände erfahren, d.h. auch, daß
Dauer und Stärke ihrer Anstrengungen eher gering sind. Solche
Personen neigen auch zu handlungsabschweifenden Gedanken,
was - wie bereits beschrieben häufig zu Konzentrationsschwächen führt. Ein weiterer
Aspekt der Leistungsmotivation,
der sich in der Abbildung 114 auf
den Kasten »Handlung« bezieht
und für den Leistungssport von
großer Bedeutung ist, betrifft die
Frage, welche Bedingungen notwendig sind, damit die Handlung,
die aufgrund einer Zielsetzung
und eines Entschlusses in Gang
gekommen ist, auch so aufrechterhalten wird, daß sie zum Ziel
führt.
Es geht also um die Prozesse, die
während der sportlichen Aktivität
ablaufen, insbesondere um die
Fähigkeit, die Handlung trotz
großer Hindernisse zum Ziel zu
steuern. Diese Steuerungsfähigkeit
soll als Wollen bezeichnet werden.
Wollen ist die Fähigkeit, alle zur
Erreichung eines Ziels wichtigen
Vorgänge zu aktivieren, zu koordinieren und zu steuern. Je mehr
Hindernisse der Zielerreichung im
Wege stehen, desto bedeutsamer
ist die Fähigkeit, durch Willensakte
diese Hindernisse zu überwinden.
Im Tennis hat diese Steuerungsfähigkeit vor allem zwei Gesichtspunkte.
Zum einen müssen Tennisspieler
fähig sein, gegenüber emotional
negativ wirkenden Reizen von innen und außen (z. B. Ärger über
sich oder über den Schiedsrichter)
»sich zu beherrschen«.
Zum anderen müssen Tennisspieler
Durchhaltefähigkeit besitzen, d.h.
Psychologische Trainingsformen
in der Lage sein, mit hohem körperlichen Einsatz physischen Barrieren standhalten zu können.
Diese Barrieren können kurzfristig
oder längerfristig gegeben sein:
• Kurzfristige Barrieren sind z.B.
dann gegeben, wenn es gilt,
nach einem langen Ballwechsel
trotz körperlicher Erschöpfung
noch einen Stop zu erreichen.
• Längerfristige Barrieren sind
z.B. dann gegeben, wenn bei
großer Hitze im dritten Satz
Beine und Arme schwer werden
und jeder Laufschritt »willentlich« eingesetzt werden muß. In
solchen Fällen wird häufig vom
»Kampf gegen sich selbst« gesprochen; endet er erfolgreich,
dann wird dies als »Sieg über
sich selbst« bezeichnet.
Selbstbeherrschung und Durchhaltefähigkeit sind nicht nur im Wettkampf, sondern vor allem auch im
Training bedeutsame leistungsbestimmende Faktoren. Es gibt eine
Reihe weiterer Begriffe, die in diesem Zusammenhang nahezu synonym verwandt werden: Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit, Disziplin,
psychische Härte, Zähigkeit, psychisches Stehvermögen. Stark ausgeprägte Willenshandlungen sind
vor allem auf drei Bedingungen
zurückzuführen:
• Je mehr der Spieler motiviert ist,
desto eher wird es ihm gelingen, seinen Einsatz aufrechtzuerhalten bzw. sogar zu steigern.
• Je besser der körperliche Zustand ist, desto weniger wird
der Spieler Ermüdungserscheinungen nachgeben und seinen
Einsatz senken.
• Schließlich dürfte die Fähigkeit
zum Durchhalten (»auf die
Zähne beißen«, Schmerzen zu
ertragen, körperliche Reserven
mobil zu machen) auch als spezifisches Persönlichkeitsmerkmal anzusehen sein.
Motivationstraining
Die besondere Schwierigkeit
besteht nun darin, daß die psychischen Probleme, die vor allem im
Wettkampf auftreten, nur schwer
im Training zu simulieren sind. Das
aus psychologischer Sicht Charakteristische des Wettkampfs besteht
ja darin,
• daß man weit stärker als im
Training unter Erwartungsdruck
steht,
• daß die eigenen Zielsetzungen
stark vom Gegner beeinflußt
werden, was häufig zu einer zu
starken Fixation am Gegner
(anstatt an der Aufgabe) führt,
• daß verschlagene Bälle (nur
beim Aufschlag gibt es eine
weitere, zweite Möglichkeit)
nicht wiederholt werden können, wie dies im Training prinzipiell der Fall ist.
Es kommt also darauf an, im Training Situationen zu schaffen, die
analog zum Wettkampf zu psychischen Belastungen führen, so daß
die Spieler lernen, bereits im Training damit fertig zu werden. Wer
im Training stets ohne psychische
Belastung übt, läuft dagegen Gefahr, im Wettkampf überfordert
zu sein. Viele Spieler erleben das
Training deshalb ohne psychische
Belastung, weil sie zumeist gegen
Gegner spielen, die sie gut kennen
und das Training weitgehend ohne
Ernstcharakter abläuft. Im Wettkampf wird es dagegen ernst,
hinzu kommen unerwartete Situationen, die zu Unsicherheit führen.
Im Training muß deshalb Unsicherheit provoziert werden.
Zur Simulation von Wettkampfbelastungen empfiehlt sich z. B.:
• Dem Spieler klare, mit Risiko
verbundene Aufgaben und
Ziele vorgeben (bezogen auf
einzelne taktische Trainingsaufgaben oder auf ein Trainingsmatch), aber auch selbst
bestimmen lassen. Das Erreichen dieser Ziele »belohnen«
bzw. das Nichterreichen »bestrafen« (z.B. durch weitere
Trainingsaufgaben).
Solche Aufgaben können z. B.
darin bestehen, taktische Aufgaben (nach jedem Aufschlag muß
angegriffen werden) zu erfüllen,
mit Handicaps (jedes Spiel wird
mit 0:15 begonnen) fertigzuwerden oder mitten im Trainingsmatch mit einem Tiebreak-Spiel
konfrontiert zu werden. »Belohnen« heißt, daß es sich auch im
Training in irgendeiner Form lohnen muß, diese Ziele zu erreichen,
und »bestrafen« heißt, daß das
Nichterreichen dieser Ziele unangenehme Folgen hat, so daß auch
im Training die Prozesse der Leistungsmotivation (s. Abb. 114, S.
187) unter psychischer Belastung
erfahren und bewertet werden.
Das heißt also, daß die Spieler im
Training lernen müssen, realistische Ziele aufzustellen und über
angemessene Kausalattribuierungen Selbstvertrauen in ihre Fähigkeiten und Erfolgszuversichtlichkeit zu entwickeln. Sie müssen lernen, mehr die Aufgabe als den
Gegner zu sehen,den Gegner
selbst weniger als Bedrohung,
denn als Herausforderung zu erleben (»Du bist stark, aber ich auch
und du mußt es erst beweisen«)
und den Erfolg nicht immer mit
dem Sieg bzw. den Mißerfolg mit
der Niederlage gleichzusetzen,
sondern Erfolg und Mißerfolg auszurichten an angemessenen Zielsetzungen und Kausalattribuierungen.
Im Motivationstraining kommt es
also darauf an, Aufgaben zu stellen, die analog zum Wettkampf
psychisch belastend wirken, so
daß die Spieler anschließend über
Gespräche mit dem Trainer, unterstützt durch Videoaufnahmen und
189
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
andere Kontrollmaßnahmen, aber
vor allem auch über Selbstbeobachtungen, Strategien lernen, um
solchen Belastungen im Wettkampf standzuhalten.
Schließlich kann sich das Motivationstraining aber auch auf das Training selbst beziehen. Denn häufig
wird übersehen, daß auch im Training Motivationsprozesse auftreten. Die Spieler müssen lernen,
sich auch im Training zu motivieren. Der Trainer kann ihnen dabei
helfen, indem er z. B. ein wettkampfnahes Training mit ständigem Setzen dosierter Ziele durchführt, aber auch Raum läßt für
lockere und entspannende Trainingsformen, um keine Trainingsmonotonie aufkommen zu lassen.
Auf der anderen Seite sollten aber
auch ab und zu hohe physische
Anforderungen (z.B. im Rahmen
des konditionell orientierten Trainings) gestellt werden, damit die
Spieler im Sinne eines Willenstrainings lernen, innere und äußere
Widerstände zu bekämpfen.
Psychoregulation
Die körperlichen und psychischen
Belastungen im Wettkampf führen
häufig zu psychischen Auswirkungen, die mit dem Begriff mangelnde Wettkampfstabilität gekennzeichnet werden. Dem Spieler
gelingt es nicht mehr, Konzentration, Spielübersicht, Einsatzbereitschaft usw. optimal im Spiel einzusetzen. Er erlebt sich als gestreßt
(verspannt, verkrampft, aber auch
gelähmt) oder als psychisch müde
(auch im Zusammenhang mit körperlicher Müdigkeit) d.h. als nicht
mehr in der Lage, sich voll anzustrengen. Die genannten Erlebnisweisen hängen mit einem unangemessenen inneren Erregungs- und
Spannungszustand zusammen, der
zu verminderten Leistungen führt.
190
Psychischer Streß
Psychischer Streß kann zunächst
allgemein mit psychischer Belastung gleichgesetzt werden.
Zunehmend wird der Streßbegriff
jedoch zur Kennzeichnung extremer Belastungen benutzt; im Leistungssport werden solche extremen Belastungen zumeist auf den
Vorstartzustand bei wichtigen
Wettkämpfen, auf die Dichte und
Häufigkeit von Wettkämpfen oder
auf extrem hohe Belastungen im
Training bezogen. Beim Tennis
kann Streß nicht nur im Vorstartzustand, sondern über den ganzen
Wettkampf hinweg entstehen und
wirksam werden. Denn man kann
gleichsam jede Situation vor jedem
neuen Ballwechsel als Vorstartzustand ansehen; in einem Dreisatzmatch erfolgt dies ca. 180 mal. In
diesen Vorstartzustand gehen
Streßfaktoren ein wie unerwarteter Vorsprung oder Rückstand,
unerwartete Leistungsstärke des
Gegners, vermeintliche oder
tatsächliche Schiedsrichterfehlentscheidungen, ungünstiger Sonnenstand, ungünstige Wind- und
Platzverhältnisse usw. Außerdem
muß man berücksichtigen, daß
sich Streßfaktoren gelegentlich
auch im Laufe von einzelnen längeren Ballwechseln zunehmend
auswirken. Die Auswirkungen von
großer psychischer Belastung,
Angst und Streß lassen sich drei
Ebenen, der physiologischen, der
emotional-motivationalen und der
kognitiv-motorischen zuordnen.
Auf der physiologischen Ebene
lassen sich Begleiterscheinungen
wie Pulsbeschleunigung, Atemnot,
Pupillenerweiterung, bleiches Gesicht, Zittern der Hände, Schweißausbruch und erhöhte Blasen- und
Darmtätigkeit feststellen.
Auf der emotional-motivationalen
Ebene werden unangenehme
Spannungszustände spürbar, die
mit Begriffen wie Beengung und
Erregung, Lähmung und Beunruhigung beschrieben werden.
Häufig tritt ein Gefühl der
Schwäche auf. Die Stimmung
kann gedämpft, aber auch gereizt
sein. Auf der kognitiv-motorischen
Ebene sind die Auswirkungen
besonders vielfältig:
• Die Wahrnehmung wird beeinträchtigt. Es kommt zu einer
Einengung des Wahrnehmungsfeldes, zu optischen Täuschungen, zu Fehlinterpretationen der eigenen und fremder
Bewegungsabläufe, zu unangemessenen Situationsanalysen.
• Das Denken wird durch handlungsabschweifende Kognitionen gestört, d.h., die Gedanken
konzentrieren sich weniger auf
die Aufgabe selbst, sondern
kreisen um Probleme, deren
Nichtbewältigung und der
anschließenden Bewertung
durch die soziale Umgebung;
häufig schweifen die Gedanken
aber auch ab oder sind
»blockiert«; Fehlentscheidungen sind die Folge.
• Die Konzentrationsfähigkeit ist
wesentlich vermindert.
• Aufgrund ihrer gegenseitigen
Beeinflussungen führen diese
Auswirkungen in Verbindung
mit einer ebenfalls durch Angst
und Streß verursachten muskulären Verspannung und Verkrampfung zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der
Koordinationsfähigkeit: Die
Bewegung läuft nicht mehr
»locker« ab; es wird weniger mit
Schwung und mehr mit Kraft
gespielt; die Bewegungsgenauigkeit läßt nach; durch hohe
Störanfälligkeit verschlechtert
sich die Bewegungsstabilität;
außerdem ist die für automatisch ablaufende Bewegungen
so wichtige Bewußtseinsentla-
Psychologische Trainingsformen
beeinflussen und zu kontrollieren,
die normalerweise unwillkürlich
ablaufen. Dabei wird davon ausgegangen, daß aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen
den motorischen, vegetativen und
psychischen (kognitiven und emotionalen) Bereichen jede Veränderung in einem dieser Bereiche sich
auch auf die anderen auswirken
kann.
Mobilisation
Abb. 115
Psychophysische Faktoren der Leistungsbeeinträchtigung
stung weitgehend aufgehoben.
Hinzu kommt der unökonomische Verbrauch von Energien.
Zusammengefaßt ergibt sich folgendes Bild, wie es in der Abbildung 115 übersichtlich dargestellt
ist. Es macht deutlich, daß sich als
Reaktion auf Streß zwei Richtungen aufzeigen lassen: Entweder
kommt es zu einer Abnahme der
Aktivierung (Hypoaktivierung),
d. h., der Spieler hat das Gefühl,
gebremst bzw. gelähmt zu sein,
oder es kommt zu einer Übererregung (Hyperaktivierung), d.h., der
Spieler hat das Gefühl, verspannt
bzw. verkrampft zu sein. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen,
daß im allgemeinen geringe sowie
sehr große Aktivierung zu niedriger Leistung führen. Dagegen ist
eine mittlere Aktivierung, die somit auch einiges von dem enthält,
was man mit »Startfieber« entsprechend dem »Lampenfieber«
kennzeichnet, am günstigsten für
das Zustandekommen optimaler
Leistungen. Was als »mittlere«
Aktivierung zu gelten hat, hängt
zum einen von den individuellen
Fähigkeiten zur Steuerung des
Aktivierungszustandes und zum
anderen von den individuellen
Temperamentsmerkmalen des
Tennisspielers ab.
Mobilisation kann vor allem über
den psychischen Bereich erreicht
werden und hier insbesondere in
Form von
• Selbstsuggestionen und
• inneren Selbstbefehlen.
Dies geschieht in der Hoffnung,
daß sich diese Mobilisation auch
auf den vegetativen und schließlich auf den motorischen Bereich
auswirkt. Bei vielen Spielern wird
diese Mobilisation dann sichtbar,
wenn sie nach längerem und ermüdendem oder nach eintönigem
Spielverlauf sich selbst anstacheln
und sich »zusammenreißen«,
Abb. 116 Selbstmotivation
Psychoregulationstraining
Das Psychoregulationstraining
geht nun von folgendem aus: Bei
zu niedriger Aktivierung ist es notwendig, sich zu mobilisieren, ohne
zu verkrampfen: bei zu hoher
Aktivierung gilt es, sich zu entspannen, ohne sich zu bremsen.
Das Psychoregulationstraining zielt
also darauf ab, Techniken der
Mobilisation und der Entspannung
zu erlernen und systematisch anzuwenden, um einen individuell
optimalen Aktivierungszustand zu
erreichen, d.h. auch, körperliche
und psychische Prozesse selbst zu
191
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
indem sie tief durchatmen, die
Fäuste ballen, aufmunternd auf
sich einreden u. ä. Diese Selbstmotivierung führt zu einer selbstsuggerierten Erhöhung des Adrenalinspiegels, zur Aktivierung des vegetativen Nervensystems sowie des
Herz-Kreislauf-Systems und somit
zur Mobilisierung der Muskulatur.
Mit dieser Form der Mobilisation
sollte allerdings sparsam umgegangen werden, d.h. auch, daß
man sie im Training unter geeigneten Bedingungen üben muß,
um mit den Reaktionen seines
Organismus (vor allem bezüglich
Intensität und Zeitpunkt der Anpassung) vertraut zu werden. Nur
dann ist es möglich, daß Mobilisationsmaßnahmen im Wettkampf
gezielt, schnell und wirksam eingesetzt werden können.
Entspannung
Was die Entspannung betrifft, so
gibt es eine Reihe von Verfahren,
die im Sport, aber vor allem in der
klinischen Medizin und Psychologie, bereits erprobt sind. Das bekannteste Verfahren ist das
Autogene Training nach SCHULTZ.
Beim Autogenen Training werden
in selbstsuggestiver Form verschiedene Übungen durchgeführt, so
z.B. die Schwereübung (»Mein
rechter Arm ist ganz schwer«),
was zur entsprechenden Muskelentspannung führt, oder die Wärmeübung (»Mein linker Arm ist
ganz warm«), was die Entspannung der entsprechenden Blutgefäße bewirkt. Der Zugriff erfolgt
also wiederum über den psychischen Bereich, allerdings mit dem
Ziel verbunden, zunächst den vegetativen Bereich zu beeinflussen.
Das gedankliche Sprechen solcher
Übungsformeln in Verbindung mit
allgemeinen Formeln wie »Ich bin
vollkommen ruhig«, in entspannender Sitzhaltung, bei geschlos-
192
Abb. 117 Entspannung während der
Pause beim Seitenwechsel
senen Augen und in einem ruhigen Raum ermöglicht eine konzentrative Selbstentspannung, bei
der auch gewöhnlich »automatisch« ablaufende Körperfunktionen beeinflußt werden können. Im
Leistungssport wird dieses Verfahren nur bedingt eingesetzt. Denn
es ist kaum kurzfristig zu erlernen
und sollte möglichst nur unter
fachlicher Anleitung (durch einen
Arzt oder Psychologen) angeeignet werden. Außerdem liegt der
Hauptakzent des Autogenen Trainings auf einer allgemeinen Entspannung, so daß im Hinblick auf
den Einsatz des Verfahrens für den
Wettkampf noch aktivierende
Komponenten hinzukommen
müssen. Deshalb wurden sog. Relaxations-Mobilisationsverfahren
entwickelt, die von den Prinzipien
des Autogenen Trainings ausgehen, jedoch noch zusätzlich
sportspezifische Mobilisationsformen anbieten. So empfiehlt z. B.
FRESTER nach den Entspannungsübungen noch formelhafte Vorsatzbildungen wie z.B. »Ich fühle
mich fit«, »Meine Vorhand
kommt«. Abschließend soll dann
eine Schwunggymnastik gemacht
werden.
Neuerdings wird in zunehmendem
Maße im Leistungssport die Progressive Muskelrelaxation nach
JACOBSON eingesetzt. Dieses Verfahren setzt am motorischen Bereich
an. Jacobson ging davon aus, daß
Angst stets zu Spannungsgefühlen
und entsprechenden Muskelanspannungen führt. Erreicht man
nun umgekehrt eine muskuläre
Entspannung, so ist dies mit dem
Erleben von Angst nicht vereinbar.
Das Ziel der Progressiven Muskelrelaxation besteht deshalb darin,
über den systematischen Wechsel
von Anspannung und Entspannung einzelner Muskelgruppen
eine zunehmende Entspannung
der gesamten Skelettmuskulatur
zu erreichen. Die Anspannung und
Entspannung der einzelnen Muskelgruppen erfolgt in der Reihenfolge Hände, Arme, Gesicht,
Nacken, Schultern, Rücken, Brust,
Bauch, Unterkörper, Beine, Füße.
Abschließend folgt eine Ganzkörperanspannung und -entspannung. Die Anweisungen lauten
z.B.: »Nachdem Sie sich entspannt
haben, ballen Sie die rechte Faust,
ballen Sie sie fester und fester und
beobachten Sie dabei die Spannung in der rechten Faust, in der
Hand, im Unterarm ... Und nun
entspannen Sie. Lassen Sie die
Finger der rechten Hand locker
werden und beobachten Sie den
unterschiedlichen Eindruck.
Lassen Sie sich völlig gehen und
versuchen Sie, sich am ganzen
Körper zu entspannen.«
Das Jacobson-Training bietet sich
für den Tennisspieler aus mehreren
Gründen an:
•
Es ist relativ schnell zu erlernen
(auch mit Hilfe von Tonkassetten) und zeitökonomisch einzusetzen.
• Es ist wettkampfnah und motiviert deshalb die Spieler zum
Erlernen.
Psychologisches oder psychologisch orientiertes Training?
•
Die Entspannungsreaktion ist
im Vorstartzustand oder beim
Seitenwechsel schnell abrufbar.
Dies ist deshalb möglich, weil
die Spieler beim Jacobson-Training lernen, von Anspannung
auf Entspannung umzuschalten,
wobei sie auch lernen, sich
ohne vorausgegangene
Anspannung zu entspannen.
Psychologisches
oder
psychologisch
orientiertes
Training ?
•
Die Spieler müssen in der Lage
sein, sich am Ende der Entspannungsphase gedanklich auf das
zu konzentrieren, was sie sich
für die Aktionen nach dem Seitenwechsel vornehmen. Auch
diesbezüglich bietet sich das
Jacobson-Training an, weil die
dadurch erzielte Entspannung
mehr an einer körperlichen Entspannung ausgerichtet ist und
weniger an meditativen Prozessen (wie bei der sog. Transzendentalen Meditation) oder an
einem Zustand schwebender
Aufmerksamkeit (wie beim
Autogenen Training).
•
Das Jacobson-Training ermöglicht es den Spielern, durch die
Betonung der Konzentration
auf die bei der Anspannung
und Entspannung entstehenden
Empfindungen für den Muskeltonus einzelner Muskelgruppen
sensibel zu werden, was sie
auch innerhalb der einzelnen
Spiele, d.h. insbesondere vor
jedem Ballwechsel, einsetzen
können.
Das frühere Verständnis des Psychologischen Trainings bestand
darin, daß durch dieses Training
die psychischen Leistungsvoraussetzungen (wie Wahrnehmung,
Denken, Motivation, Streß-Stabilität u.a.) systematisch zu verbessern und zu stabilisieren sind. Allerdings überschneiden sich Techniktraining, Taktiktraining und
Psychologisches Training so stark,
daß nicht klar wird, welches der
eigenständige Platz des Psychologischen Trainings ist. So können
wir das am Bewegungsablauf orientierte Mentale Training im engen Sinne dem Techniktraining zuordnen, und - so läßt sich fragen kann das Taktiktraining, in dem
Wahrnehmungs-, Beurteilungsund Entscheidungsprozesse zu op-
•
timieren sind, nicht auch als Psychologisches Training angesehen
werden? Bei der Unterscheidung
zwischen Technik-, Taktik-, Konditions- und Psychologischem Training wird vielfach übersehen, daß
die Psyche Grundlage jeden Trainings ist.
Deshalb soll in der Praxis des Trainings der Begriff »Psychologisches
Training« durch den Begriff »Psychologisch orientiertes Training«
ersetzt werden.
Zunächst gilt es, zwischen psychologisch orientiertem Konditions-,
Technik-, Taktik- und Wettkampftraining zu unterscheiden (Abb.
118). Diese Trainingsformen weisen durchaus Überschneidungen
auf. So hängen z.B. Technik- und
Taktiktraining sehr eng zusammen.
Die jeweilige Bezeichnung der
Trainingsformen orientiert sich
jedoch am Schwerpunkt, den
der Trainer setzt. Entsprechend
diesem Schwerpunkt gibt er seine
Anweisungen und Korrekturen.
»Psychologisch orientiert« bedeutet, daß Vorstellungs-, Entscheidungs-, Konzentrations- und
Streßverarbeitungsprozesse im
Abb. 118 Psychologisch orientiertes Wettkampftraining als Ergänzung des
Konditions-, Technik- und Taktiktrainings
Diese Sensibilisierung kann
auch dazu beitragen, daß es
ihnen gelingt, sich in den Spielpausen beim Seitenwechsel nur
so zu entspannen, daß keine
Tonussenkung unter einen
Schwellenwert erfolgt, der die
anschließend notwendige Aktionsbereitschaft beeinträchtigt.
Andererseits können sie auch in
der Lage sein, sich ggf. (bei Ermüdung) zu mobilisieren.
193
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
Vordergrund stehen. Sie sind den
verschiedenen Trainingsformen in
unterschiedlichem Maße zuzuordnen.
So heißt psychologisch orientiertes
Konditionstraining im Tennis z. B.,
mit Spielerinnen und Spielern
einen Berglauf zu machen. Aus trainingsphysiologischer Sicht ist dies
kaum begründet. Denn leistungsdiagnostische Untersuchungen im
Tennis-Wettkampfsport haben
gezeigt, daß die alaktazide Ausdauer nicht von Bedeutung ist.
Aus psychologischer Sicht dagegen kann im Prozeß des Berglaufens in Anlehnung an ALLMER die
funktionale Bedeutung des Willens
(die Volition) für das Handeln
intensiver erfahren werden (Abb.
119). Diese volitiven Handlungsanforderungen stellen sich häufig
auch am Ende eines Matches, vor
allem auf Sand und bei Hitze. Es
ist anzunehmen, daß Erfahrungen
und Fähigkeiten, die außerhalb
des Tennisplatzes im Rahmen
eines solchen psychologisch orientierten Konditionstrainings gewonnen wurden, durchaus auf ähnliche tennisspezifische Situationen
übertragen werden können.
Um die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede des psychologisch
orientierten Technik- und Taktiktrainings sowie des psychologisch orientierten Wettkampftrainings besser verstehen zu können,
ist es zweckmäßig, jeweils zwischen Lernen und Trainieren zu
unterscheiden. Taktik erlernen
heißt, taktische Grundmuster zu
erlernen und im Sinne des Übens
durchzuspielen. Taktik trainieren
heißt, diese erlernten Grundmuster unter erschwerten Bedingungen in matchähnlichen Situationen
anzuwenden.
Für den Trainer ergeben sich
hieraus z.B. folgende praktische
Tips:
194
Abb. 119 Volitive Regulationserfordernisse
•
•
Sich hinter dem Spieler bewegen (als sein »Schatten«), um
sich besser in die Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesse des Spielers hineinversetzen zu können; gegebenenfalls
das Spiel unterbrechen (Methode der Handlungsunterbrechung), um diese Prozesse mit
dem Spieler zu besprechen
Problemsituationen schaffen,
d. h., die Fähigkeit verbessern,
Entscheidungen zwischen zwei
bis drei Handlungsmöglichkeiten zu treffen
• Strategiekonzepte vorgeben
und umsetzen lassen
• Videoaufnahmen von Gegnern
beobachten und mit Hilfe der
Methode der Handlungsunterbrechung Spielhandlungen vorhersagen lassen
• Videoaufnahmen des Spielers
stoppen und besprechen
(Video-Feedback)
Je mehr das Training nun an den
Anforderungen des realen Wettkampfes ausgerichtet ist, desto
gewichtiger werden die psychischen Prozesse, insbesondere die
Konzentrations-, Motivierungsund Streßverarbeitungsprozesse.
Bevor nun das psychologisch orientierte Wettkampftraining erläutert wird, ist deutlich zu machen,
daß analog zum Technik- und Taktiktraining die Spielerinnen und
Spieler zunächst lernen müssen,
diese genannten psychischen Prozesse grundsätzlich regulieren zu
können, bevor sie in der Lage
sind, sie unter den belastenden
Bedingungen des Wettkampfes
einzusetzen. Dies bedeutet:
• Psychische Fertigkeiten, wie
sich selbst wahrnehmen, entspannen, konzentrieren, motivieren zu können, sind zu erlernen. Dies kann außerhalb des
Tennisplatzes, aber auch auf
Psychologisches oder psychologisch orientiertes Training?
Abb. 120
Formen des psychologisch orientierten Wettkampftrainings
dem Tennisplatz im Spiel miteinander erfolgen.
• Psychische Fertigkeiten zu trainieren heißt, die erlernten psychischen Fertigkeiten unter
erschwerten, also psychisch
belastenden Bedingungen in
Wettkampfsituationen anzuwenden. Dies erfolgt auf dem
Platz im Spiel gegeneinander.
Das psychologisch orientierte
Wettkampftraining (Abb. 120)
spielt sich folgerichtig auf dem
Tennisplatz ab. Hier ergeben
sich im Training zunächst zwei voneinander unterscheidbare Situationen. Das Training kann sich zum
einen auf das Spielverhalten und
zum anderen auf das Verhalten
während der Spielpausen beziehen.
Beim »Spiel gegeneinander« kann
es zunächst darum gehen, sich auf
den einzelnen Ballwechsel zu konzentrieren. Psychologisch orientiertes Training einzelner Ballwech-
sel heißt nun, den Schwerpunkt
nicht so sehr auf die Technik oder
Taktik zu setzen, sondern sich im
engen Sinne auf den Ballwechsel
zu konzentrieren und dies möglichst unter psychischer Belastung.
Ich will exemplarisch drei Übungen nennen:
• Es werden 20 Ballwechsel gespielt. Die Spieler/innen haben
die Aufgabe, exakt mit dem
Aufspringen des Balles auf dem
Boden Wörter wie »hop« oder
»come« und exakt beim Treffen
des Balles mit dem Schläger
»Hit« bzw. »on« laut auszusprechen. Dies fördert die
Wahrnehmungs- und Konzentrationsleistung sowie das
Gefühl für rhythmische Bewegungsabläufe. Der Trainer zählt,
wie lange die Ballwechsel dauern, so daß einer der beiden
Spieler dieses Spiel gegeneinander gewinnt.
•
Es werden wieder 20 Ballwechsel gespielt. Die Spieler haben
allerdings nun die Aufgabe,
exakt mit dem Treffen des Balles
deutlich auszuatmen, z.B.
durch ein langes »Jaah«. Dies
fördert ebenfalls die Konzentrations- und Rhythmisierungsfähigkeit.
•
Einer der beiden Spieler erhält
die Aufgabe, auf Zuruf des Trainers seinen Energie- und Kraftumsatz während der Schlagbewegungen auf einer vierstufigen Skala zu dosieren. »1«
bedeutet geringen, und »4«
bedeutet hohen Einsatz, was
sich optisch in der unterschiedlichen Geschwindigkeit der
Bälle ausdrückt. Die Spieler
optimieren mit dieser Übung
zum einen ihre Fähigkeit, sich
selbst wahrnehmen zu können
und zum anderen ihre Fähigkeit, Aktivierung und Entspannung je nach psychovegetativen Zuständen oder taktischen
Vorgaben flexibel einzusetzen.
Beim psychologisch orientierten
matchähnlichen Training geht es
darum, psychisch belastende
Wettkampfaufgaben zu stellen,
die dem Tennismatch nahekommen, aber durchaus auch eine
gewisse Verfremdung der regulären
Matchregeln aufweisen können.
Wettkampfaufgaben stellen heißt
hier auch, im engen Sinne »um die
Wette spielen«.
• Wer gewinnt z.B. das 21 erspiel? Es wird wie beim Tischtennis gespielt. Der Ball wird
ohne Aufschlag (d. h. von unten) ins Spiel gebracht. Stops
und Flugbälle sind nicht erlaubt.
Besonders Angriffsspieler und
Allroundspieler sind nun gefordert, eine gute Mischung zwischen sicherem und riskantem
Grundlinienspiel zu erbringen.
Es wird also vor allem die
195
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
Fähigkeit geschult, ein schwieriges taktisches Konzept unter
psychisch belastenden Bedingungen umzusetzen.
• Eine spezielle Zählweise stellt
auch der Tie-Break dar. Der
Trainer kann mehrfach unvermittelt anordnen, daß TieBreaks zu spielen sind, was
Flexibilität und psychische
Stärke fördert.
• »Spielen um die Wette unter
erschwerten Bedingungen«
kann auch darin bestehen, daß
Handicaps eingeführt werden.
Z. B. darf nur mit Vorhand gespielt werden. Oder es steht
nur ein Aufschlag zur Verfügung. Auch diese Übungen
können die Fähigkeiten fördern,
mit belastenden Bedingungen
fertig zu werden.
Beim Matchtraining geht es
z.B. darum,
• über das ganze Match hinweg
die Konzentrationsleistung konstant zu halten,
• gezielt auf den Wechsel zwischen Aktivierung und Entspannung zu achten,
• möglichen Streßsituationen vorzubeugen.
Das heißt, Schwerpunkt der Bemühungen liegt nicht im Bereich
Technik und Taktik, sondern im
Bereich der psychischen Prozesse,
die unter den belastenden Bedingungen eines ernsthaft geführten
Trainingsmatches ablaufen.
Die Entwicklung der praktischen
Sportpsychologie im Tennis war
zunächst darauf gerichtet, die
Spielerinnen und Spieler außerhalb
des Tennisplatzes mit der Psychologie zu konfrontieren, ihnen Entspannungstechniken zu vermitteln
usw. Dann konzentrierte man sich
stärker auf das Geschehen auf
dem Tennisplatz selbst, und hier
auf das Verhalten während des
Spiels. Angeregt durch den ameri-
196
kanischen Sportpsychologen und
Tennisexperten J.E. Loehr ist
neuerdings auch das Verhalten
während der Spielpausen stärker
in den Blickpunkt unseres Interesses getreten. So wird vielfach
übersehen, daß das Verhältnis der
durchschnittlichen Spielzeit, also
die Zeitdauer, in der Ballwechsel
stattfinden, zur Gesamtzeit des
Matches je nach Platzoberfläche
ca. 1:2 bis 1:5 beträgt. Ein Ballwechsel auf Sandplätzen dauert
im Durchschnitt 10 Sekunden, auf
schnellen Plätzen teilweise nur
noch 2 bis 3 Sekunden, die darauf
folgende Pause beträgt im Mittel
ca. 20 Sekunden. Dies bedeutet
am Beispiel eines Dreisatzmatches,
daß sich ca. 180 Pausen zwischen
den Ballwechseln und ca. 15 Pausen beim Seitenwechsel ergeben.
180 Pausen zwischen den Ballwechseln bedeutet zugleich im
weiteren Sinne 180 Vorstartzustände über etwa jeweils 20 Sekunden.
Das Vier-PhasenProgramm zwischen
den Ballwechseln
Da im Wettkampftennis also 70
bis 80% der Zeit mit Sitzen, Warten und Vorbereiten verbracht
wird, bietet sich vor allem die Zeit
in den Spielpausen zwischen den
einzelnen Ballwechseln für psychologische Maßnahmen an. In
dieser Zeit treten bei unerfahrenen
Spielern am häufigsten psychische
Probleme auf, da sie nach verschlagenen Bällen deutlich ihren
Ärger und ihre Enttäuschung zeigen, sich durch Fehlentscheidungen aus der Ruhe bringen oder
durch Zuschauer irritieren lassen.
Spitzenspieler zeichnen sich dagegen vor allem dadurch aus, daß sie
diese Zeit optimal zur Entspan-
nung von dem vorausgegangenen
und zur Konzentration auf den
nächsten Ballwechsel nutzen.
Die vier Phasen des Programms
zwischen den Ballwechseln lassen
sich folgendermaßen beschreiben:
mmfi:
Wie reagiere ich auf den vorausgegangenen Ballwechsel?
Direkt nach dem Ballwechsel sollte
möglichst eine positive Reaktion
erfolgen. Dies ist im Falle eines
wichtigen Punktgewinns auch
recht einfach. So ist die »BeckerFaust« derzeit nicht nur im Tennis
ein gewohntes Bild nach einem
Erfolg: Sie ist einerseits Ausdruck
von Freude und Stolz über die
eigene Leistung und andererseits
Selbstbestärkung und Selbstdarstellung, indem man die eigene
Stärke sich und anderen demonstriert.
Schwieriger dagegen ist die Verarbeitung wichtiger (insbesondere
selbstverursachter) Fehler. Hier ist
empfehlenswert, den Fehler so
schnell wie möglich zu vergessen,
d. h., das Geschehene hinter sich
zu lassen, um sich voll auf den
nächsten Ballwechsel einstellen zu
können. Dabei ist es wichtig, sowohl körperlich als auch gefühlsmäßig zu zeigen, daß man »über
der Sache steht«. So kann sich der
Spieler, z.B. im Falle eines Flugballfehlers, ganz entschieden vom
Ort des Fehlers wegdrehen, energisch mit aufrechter Haltung zur
Grundlinie zurückgehen und sich
dabei sagen »Macht nichts!«.
Dadurch kann das Auftreten negativer Gedanken und Selbstzweifel
verhindert werden. Je schneller
Ärger und Enttäuschung verarbeitet werden, desto mehr Energie
wird gespart und mehr Zeit verbleibt für die nächsten Phasen
zwischen den Ballwechseln.
Psychologisches oder psychologisch orientiertes Training?
Phase 4
Abb. 121 Konzentration durch Blick
auf die Saiten
E
Phase 2
Abb. 122
]
Wie kann ich den mittleren Aktivierungszustand erreichen?
Wie bereits angesprochen, ist ein
mittlerer Aktivierungszustand eine
wichtige Voraussetzung für optimale Leistungen. Je nach dem(n)
vorausgegangenen Ballwechsel(n)
kann die zweite Phase deshalb
entweder der körperlichen und
psychischen Entspannung oder
Mobilisation dienen. So kann man
z.B. nach einem Flugballfehler
beim Zurückgehen zur Grundlinie
den Schläger in die andere Hand
wechseln, um die Schlaghand zu
entlasten. Hinter der Grundlinie
sollte der Spieler langsam auf und
ab gehen, dabei immer in Bewegung bleiben und sich insgesamt
lockern.
Zur Entspannung ist es auch empfehlenswert, besonders tief auszuatmen und sich innerlich auf beruhigende Gedanken (z.B. »Ganz
ruhig«, »Entspann dich«) zu konzentrieren. Um von äußeren Reizen nicht abgelenkt zu werden,
ist es z. B. ratsam, die Saiten des
Schlägers bewußt anzusehen.
Selbstmotivation
Was die Atmung betrifft, so kann
sie gegebenenfalls auch zur Mobilisation eingesetzt werden, sofern
sich der Spieler in einer Phase der
Erschlaffung befindet.
[
Phase 3
Wie bereite ich mich auf den
nächsten Ballwechsel vor?
Diese Phase beginnt, sobald sich
der Spieler genügend entspannt
oder mobilisiert hat (sofern dies
notwendig war) bzw. wenn er
zum Service oder zum Return zur
Grundlinie geht. Diese Vorbereitung auf den nächsten Ballwechsel
kann darin bestehen,
• sich zu motivieren (nach »innen« durch positives Denken
und durch Selbstüberzeugung
sowie nach »außen« durch eine
entsprechende Körpersprache),
• sich vorstellungsmäßig auf die
kommenden Bewegungshandlungen einzustellen oder
• sich durch taktisches Denken
entsprechend vorzubereiten,
d.h., Problemlösungsstrategien
zu entwerfen oder in Gedanken
durchzuspielen.
Wie konzentriere ich mich auf
den Aufschlag bzw. auf den
Return?
Diese letzte Phase ist durch automatisierte Rituale gekennzeichnet,
die zusätzlich die Konzentration
erhöhen. Sie beginnt in dem
Augenblick, in dem sich der Spieler
in der richtigen Ausgangsposition
für den Aufschlag bzw. den Return
befindet.
Für den aufschlagenden Spieler
empfiehlt es sich z. B., den Ball
mindestens zwei- bis dreimal auftippen zu lassen und dabei vor
dem letzten Auftippen eine kurze
Pause zu machen, um einen hastigen Aufschlag zu vermeiden. Vor
dem Return kann sich der Spieler
entweder leicht auf der Stelle bewegen (trippelnd oder springend)
bzw. mit dem Körper vor- und
zurückpendeln. Wichtig ist dabei,
die Bewegungen des Gegners
genau zu beobachten. In dieser
Phase soll die Aufmerksamkeit
stark eingeengt sein, alle Gedanken (z.B. über Technik und Taktik
oder über mögliche Folgen eines
Punkteverlusts) sollten ausgeschaltet werden; statt dessen kann sich
der Spieler eine klare bildliche Vorstellung über die bevorstehende
Aktion machen.
Zu diesem Programm lassen sich
zusammenfassend noch folgende
Bemerkungen machen:
• Die Abgrenzung zwischen den
einzelnen Phasen ist fließend.
Gegebenenfalls empfiehlt es
sich, eine Methode (z.B. die
Entspannung) über die Phasen
hinweg durchzuziehen.
• Dies bedeutet auch, daß gegebenenfalls einige Phasen entfallen können. Das Kriterium hierfür besteht vor allem in der
Frage, ob eine Problemsituation
gegeben ist, die in der Pause
197
Psychologische Grundlagen/Psychologisch orientiertes Training
i-
.
-
-.
.
.
.
.
.
.••-
„-...^«^jk
zelnen Phasen sind groß und
sollten im Training auch stabilisiert werden. Allerdings nehmen sie bis zur Phase 4 ab.
Abschließende
Bemerkungen
zwischen den Ballwechseln so
zu bewältigen ist, daß das innere Gleichgewicht wieder hergestellt werden kann. Allerdings
kann die Phase 4 nicht entfallen, sie ist unverzichtbar.
Je nach Situation sind die zeitliche Dauer und der Inhalt der
einzelnen Phasen unterschiedlich, je nachdem, an welchem
Ort der vorausgegangene Ball-
wechsel endete (z. B. am Netz
oder hinter der Grundlinie), ob
dieser Ballwechsel gewonnen
oder verloren wurde, wie lange
es dauerte und wie dramatisch
er war, wie der Spielstand ist,
ob mit oder ohne Balljunge gespielt wird sowie ob es sich um
ein Einzel oder Doppel handelt.
Die Spielräume für individuelle
Strategien im Rahmen der ein-
Im folgenden sollen noch (zum
Teil als Wiederholung) einige allgemeine Hinweise zum praktischen Einsatz des psychologisch
orientierten Trainings gegeben
werden.
• Wesentliche Voraussetzung für
den effektiven Einsatz psychologischer Trainingsmaßnahmen
ist eine positive Einstellung der
Spieler zu diesen Maßnahmen.
Nur eine freiwillige und aktive
Bereitschaft zum Mitmachen
verspricht positive Wirkungen.
Voraussetzung hierfür kann
sein, daß auch die Spieler
zunächst über psychologische
Grundfragen des Wettkampfs
informiert werden, ehe sie sich
mit entsprechenden Trainingsmaßnahmen auseinandersetzen.
• Voraussetzung für das Erlernen
der Maßnahmen selbst ist die
Sensibilisierung (d.h. die Fähigkeit, empfindsam zu sein) für
die inneren kognitiven, emotionalen, vegetativen und muskulären Prozesse, die sich bei
psychischen Belastungen
ergeben.
• Das Einüben der einzelnen
Maßnahmen hat dann schrittweise zu erfolgen.
• Ziel des Einübens ist es, die einzelnen Trainingsformen so zu
erlernen und zu trainieren, daß
sie auch unter erschwerten Bedingungen stabil bleiben, also
bei ihrem Einsatz relativ automatisch funktionieren.
Abschließende Bemerkungen
•
•
•
•
•
Da Gelerntes auch wieder verlernt werden kann, muß es immer wieder geübt werden, auch
wenn nicht stets ein aktueller
Anlaß dazu besteht.
Deshalb ist das psychologisch
orientierte Training auch Bestandteil eines langfristigen
Trainingsaufbaus.
Die einzelnen vorgestellten psychologischen Trainingsformen
sind nur aus Darstellungsgründen getrennt voneinander beschrieben worden. In der Praxis
hängen sie eng miteinander
zusammen; so z.B. Formen der
Entspannung und das Mentale
Training oder Formen der Entspannung und das Konzentrationstraining.
Grundsätzlich sollten alle psychologischen Trainingsformen
so eng wie möglich in das
gewöhnliche Technik- und
Taktiktraining (ggf. auch in das
Konditionstraining) integriert
werden. Dies gilt besonders
für jüngere Spielerinnen und
Spieler.
Besonderes Augenmerk ist auf
die Wettkampfnähe der Maßnahmen zu richten.
•
Da psychische Probleme stets
mehr oder weniger individuell
ausgeprägt sind, müssen die
entsprechenden Maßnahmen
auch individuell variiert werden.
Es gibt deshalb keine »Kochrezepte«; vielmehr kommt es
auch darauf an, verschiedene
Maßnahmen auszuprobieren
und je nach individuellem Effekt
erneut einzusetzen.
• Das psychologisch orientierte
Training sollte dann nicht zu
sehr betont werden, wenn der
Spieler keine Probleme bei der
vollkommenen Umsetzung seines Könnens im Wettkampf hat
bzw. wenn ihm dies aufgrund
»naiver« Maßnahmen gelingt.
• Hat er allerdings größere Probleme, die er auch mit Hilfe des
Trainers nicht lösen kann, dann
sollte ein Sportpsychologe zur
Beratung herangezogen werden.
• Was den Einsatz psychologischer Trainingsmaßnahmen im
Jugendbereich betrifft, so ist
offensichtlich, daß z.B. das Konzentrations- und Zielsetzungstraining gerade im Jugendalter
von besonderer Bedeutung ist.
Der Einsatz von psychologi-
schen Trainingsformen hängt
also vom Problem, vom Leistungsstand, vom Alter und
vom intellektuellen Entwicklungsstand ab und kann nur im
Einzelfall festgelegt werden.
Abschließend wird noch einmal
auf das übergeordnete Ziel des
psychologisch orientierten Trainings hingewiesen:
Die Spieler sollen in der Lage sein,
sich im Wettkampf auf die Spielaktionen konzentrativ, gedanklich
und emotional (in Verbindung mit
einer mittleren vegetativen und
muskulären Aktivierung) so vorzubereiten, daß sie das Gefühl
haben, »alles laufe automatisch
ab«, sie seien »traumhaft sicher«,
daß sie »spielen wie im Rausch«.
Keine Zweifel, abschweifende
Gedanken, muskuläre Verkrampfungen u.a. zerstören die Einheit
von Aufmerksamkeit, Bewußtsein
und Handlung. Die Spielergehen
total in der Spielhandlung auf.
Dies ist ein Zeichen dafür, daß
alle Leistungsvoraussetzungen
im Wettkampf optimal eingesetzt
sind.
199
Trainings- und Wettkampfplanung
200
Trainings- und
Wettkampfplanung
Trainings- und Wettkampfplanung
umfaßt zum einen den langfristigen Trainingsaufbau, wie er auf
Seite 107 beschrieben wurde
(Grundlagen-, Aufbau-, Leistungstraining). Zum anderen orientieren
sich kurz- und mittelfristige Maßnahmen der Trainings- und Wettkampfplanung auch an der Jahresplanung. Im folgenden werden allgemeine Hinweise zur Jahresplanung (und damit auch zur »Periodisierung«) gegeben.
|
1 . Vorbereitungsperiode
|
Phase der Entwicklung oder des
Aufbaus, der Belastungssteigerung
(Dauer ca. 4 bis 6 Monate). Diese
wird noch in zwei Etappen geteilt:
• Allgemeine Vorbereitungsetappe
• Spezielle Vorbereitungsetappe
|
2. Wettkampfperiode
|
Phase der relativen Stabilisierung,
der Belastungsstabilisierung
(Dauer ca. 2 bis 4 Monate).
Periodisierung
Der Begriff der Periodisierung bezieht sich in der Regel auf längere
Zeitabschnitte - auf ein halbes bis
ein Jahr-, wenn auch tennisspezifisch kürzere Abschnitte in Erwägung gezogen werden können.
Kein Tennisspieler kann seine
Höchstleistungen ununterbrochen
über 12 Monate halten. Er kann
sich nicht permanent an seinem
individuellen Grenzbereich der Belastbarkeit befinden. Deshalb ist es
einleuchtend, daß auch die Tennisspieler den Jahreszyklus so planen
müssen, daß sie sich ausschließlich
in dem für sie individuell wichtigen
Zeitraum in Bestform befinden.
Die Leistungsfähigkeit des Sportlers schwankt mehrere Male im
Jahr. Dieser Tatsache hat sich
auch die Jahresperiodisierung
angepaßt.
|
3. Übergangsperiode
Phase des zeitweiligen Verlustes
der Form, der Belastungsreduzierung (Dauer ca. 1 bis 2 Monate).
Diese klassische Einteilung des
Jahres in eine ein- bis zweipolige
Periodisierung, die vor allem auf
den Erfahrungen der Leichtathletik, des Gewichthebens, des
Schwimmsports und anderer
Sportarten basiert, ist im Tennis
nicht in dieser Form praktikabel.
Der Leistungsspieler und nicht nur
der Weltklassespieler hat mehrere
besonders wichtige Schwerpunkte
im Jahr, und deswegen muß im
Tennissport die Periodisierung
alternativ an die vorgegebenen
Saisonhöhepunkte angepaßt werden. Als Beispiel kann man z.B.
bei einem Weltklassespieler die 4
Grand-Slam-Turniere nennen
|
(Paris im Mai/Juni, Wimbledon im
Juni/Juli, US-Open im September,
Australien-Open im Januar) oder
die Davis-Cup-Runden (März, August, Oktober und Dezember).
Das würde bedeuten, daß der
Spitzentennisspieler 4 bis 8 Höhepunkte im Jahr anstrebt, d. h.
unter Umständen in 6 Perioden
seine absolute Höchstform bringen
müßte, was schon physiologisch
ausgeschlossen ist. Nicht anders ist
es bei der nationalen und regionalen Klasse oder bei Jugendlichen.
Hier helfen wiederum die Erfahrungen der Experten.
Erfahrungsgemäß sind ca. 3 Höhepunkte möglich. Ein alternativer
tennisspezifischer Vorschlag einer
dreigipfligen Periodisierung kann
am Beispiel eines Weltklassespielers wie folgt aussehen.
Dreigipflige
Periodisierung
Aus sportartspezifischen Gründen
empfiehlt sich im Tennis folgende
Teilung:
|
I.Vorbereitungsperiode
|
Phase des allgemeinen und spezifischen Leistungsaufbaus.
|
2. Wettkampfperiode I
|
Phase der Optimierung des
Match- und Turnierrhythmus.
201
Trainings- und Wettkampfplanung
Abb. 123
Beispiel für eine dreigipflige Periodisierung im Tennis in drei Zyklen
^.qaaflCHimflsmipp^flL^fa
Phase der maximalen Leistungsfähigkeit.
&«?JCTreinriiBrM»Ki?
Phase der leichten Regeneration
der Leistungsreduzierung und des
Neu- oder Zwischenaufbaus.
^MMJlQDM^iS^lJS,^
Phase der aktiven Regeneration.
In einem ersten Schritt müssen die
jeweiligen Höhepunkte, in denen
der Spieler seine Hochleistung erreichen will oder muß, festgelegt
werden.
202
In dem vorgelegten Muster, das in
Abbildung 123 aufgeführt ist, sollen die Höchstleistungen (Wettkampfperiode II) in folgenden
Zeiträumen erbracht werden:
• Von Mitte Januar bis Anfang
März (Australien Open, DavisCup)
• Im Mai und Juni (Deutsche
internationale Meisterschaften,
French Open, Wimbledon)
• Im August und September
(US-Open und Davis-Cup)
Dementsprechend müssen Leistungen der Wettkampfperiode I
in folgenden Zeiträumen erfolgen:
• Dezember
• Ca. ab Mitte April bis Mai
• Ab Mitte Juli bis Mitte August
Die kurzen Zwischenperioden sind
dann eingeplant:
• Mitte Juni
• Bis Mitte Juli
• Mitte September
Die längeren Vorbereitungsperioden sind:
• Anfang März bis Anfang April
• Ende Oktober bis Ende November
Für die Übergangsperioden bleiben dann:
• Ende Februar bis Mitte März
(14 Tage)
• Mitte Oktober (14 Tage)
Wie zu ersehen ist, ist bei einem
Spitzenspieler auch eine dreigipf-
Trainingseinheit
lige Periodisierung nicht optimal,
denn für die Regenerationsphasen
bleibt relativ wenig Zeit übrig.
Wenn man bedenkt, daß die Spieler nicht überall in die Schlußrunde
kommen, daß sie zwischendurch
einen Kurzurlaub einlegen oder
verletzt sind und daß bei den Turnierreisen nicht überall optimale
Trainingsbedingungen gegeben
sind, sind kurze Regenerationspausen mehrere Male im Jahr
automatisch gegeben.
Um so mehr ist für einen Spitzenspieler eine sorgfältige Planung die
Voraussetzung, um die individuelle
Höchstleistung zum richtigen Zeitpunkt zu bringen bzw. mit der
vorhandenen limitierten Leistungskapazität schonungsvoll umzugehen. Aus der Grafik ist weiter zu
ersehen, daß die Intensitätskurve
weitgehend mit der Leistungskurve übereinstimmt und die Umfangskurve dort sinkt, wo die
Intensitätskurve steigt.
Man geht davon aus, daß das
Maximum der optimalen Leistungsfähigkeit des Tennisspielers dreimal im Jahr erreicht wird. Aus
diesen Ausführungen und Begründungen geht hervor, daß die
tennisspezifische Periodisierung
einerseits dem aktuellen Stand des
Tennissports in der Welt Rechnung
tragen muß, daß man aber andererseits die sportwissenschaftlichen
Grundlagen achtet und im Rahmen des Möglichen in Trainingsplanung und -durchführung einbaut.
Es ist zu betonen, daß sich die
Schwerpunkte in den Inhalten der
einzelnen Perioden nach der Spielstärke bzw. nach dem Alter des
Spielers richten müssen.
Wenn z.B. bei dem einen Spieler
Wimbledon als Gipfel gilt, ist es
bei dem anderen der Davis-Cup
oder die Deutsche Meisterschaft
bzw. ein Satellite-Circuit, die Ver-
bandsmeisterschaft, die Medenspiele oder eine Kombination aus
diesen mit anderen Turnieren.
Bei Jugendlichen liegen die
Schwerpunkte wiederum anders.
Je jünger die Jugendlichen sind,
desto mehr liegt die Priorität im
systematischen Training und Aufbau vor dem Wettkampf. Die
Wettkämpfe müssen wiederum
der Spielstärke des Jugendlichen
entsprechen. Eine gesunde
Mischung zwischen leichteren
und schwereren Turnieren - später
evtl. zwischen Jugend- und Erwachsenenturnieren - ist von
großer Bedeutung, denn Erfolgserlebnisse, die man eher gegen
gleichwertige oder etwas schwächere Spieler erreicht, müssen
mit Erfahrungen aus Niederlagen
gegen stärkere Gegner gepaart
werden.
Grundsätzlich gilt aber, daß bis ca.
zum 13. bzw. 14. Lebensjahr der
allgemeine motorische und tennisspezifische Aufbau im Vordergrund steht, während nach dem
14. Lebensjahr die Matchpraxis
und -erfahrung wesentlich stärker
betont wird.
Das bedeutet, daß die einzelnen
Vorbereitungsperioden bei den
Jüngeren ausreichend gedehnt
werden müssen und sich die Jahresplanung eher auf eine zweigipflige Periodisierung beschränkt.
Bei den 13- bis 14jährigen kann
zwar schon dreigipflig geplant
werden, aber die Länge der Wettkampfperioden, besonders die
Wettkampfperiode I, soll zugunsten der Vorbereitungsperiode
verkürzt werden.
Bei den 15jährigen und älteren
(die entsprechende Spielstärke
und -fertigkeit vorausgesetzt)
nähert sich die Planung langsam
der der Erwachsenen.
Steuerung des
Trainings
Um das Training entsprechend der
Planungsziele regeln zu können,
ist eine weitere Aufteilung der
Perioden notwendig.
Die einzelnen Perioden enthalten
dann:
• Trainingseinheiten
• Mikrozyklen (3 bis 8 Tage)
• Makrozyklen, evtl. Mesozyklen
(3 bis 6 Wochen)
Trainingseinheit
Die Trainingseinheit ist meistens
mit dem täglichen Trainingspensum identisch. Besonders im
Hochleistungstennis teilt sich diese
Einheit noch in Phasen. Man
spricht von einem Ein-, Zwei- oder
Dreiphasentraining. Bei den heutigen Anforderungen an Trainingsumfang und -intensität ist bei
Hochleistungstennisspielern ein
Zwei-, bei Trainingslagern auch
ein Vierphasentraining eine dringende Notwendigkeit, denn ein
Drei- bis Vierstundentraining ohne
kurzfristige Regenerationsphasen,
besonders dann, wenn tennistechnisches Training mit Konditionstraining gepaart wird, ist ausgeschlossen.
Jede Trainingseinheit soll einen
methodischen Aufbau haben
(s. Tab. 12, S. 204). Wenn zweioder dreimal am Tag trainiert wird,
soll diese Aufteilung bei jeder
Phase eingehalten werden, wobei
allerdings der einleitende Teil vor
der ersten Phase (bis zu 30 Minuten) und der Ausklang nach der
letzten Phase besonders stark ausgeprägt sein sollen.
Neben dem Einleiten der Regeneration durch das Ausspielen bzw.
Auslaufen soll für die Beschleuni-
203
Trainings- und Wettkampfplanung
Abschnitt
Aufgaben
Inhalte
Einleitender Teil
Systematische Vorbereitung auf Hauptteil:
• Physisch: Muskelerwärmung, Beweglichmachung, erhöhte organische und Stoffwechselanpassung, Nervenbahnung
• Kognitiv/psychisch:
Lenkung der Aufmerksamkeit, gedankliche und motivationale Einstellung
Allgemeines Aufwärmen durch Einlaufen
oder durch ein kurzes Spiel (Fußball,
Basketball, Hockey),
Dehnungsübungen, Lockerungsübungen,
leichte Gymnastik
Sprintübungen
Hauptteil
Weiterentwicklung bzw. Stabilisierung des
Trainingszustandes.
Beachte:
• In der Reihenfolge positive Übertragung
der Trainingswirkungen
• Gesetzmäßigkeiten von Belastung Erholung
Technikelemente, Schnelligkeits- oder
Koordinationsübungen, Taktikformen u.a.
Beachte Reihenfolge:
• erst Kondition (Kraft, Ausdauer) mit nachfolgender
drei- bis fünfstündiger Pause oder als selbständige
Tageseinheit
• dann Technik, Taktik, Koordination, Schnelligkeit
Ausklang
(wenn nötig und
möglich)
Einleitung und Beschleunigung der Regenerationsvorgänge. Organismus auf normalen
Funktionszustand zurückführen
Auslaufen
Ausschlagen
Spiele
Tab. 12 Trainingseinheit mit Abschnitten, Aufgaben und Inhalten
gung der Regeneration abwechselnd ein kurzer Saunagang oder
Massage, Whirlpool usw. eingeplant werden.
Die Reihenfolge der zu trainierenden Faktoren kann im Prinzip wie
folgt eingehalten werden:
• Beweglichkeit
• Koordination
• Schnelligkeit
• Kraft
• Ausdauer
Allerdings ergaben neue sportwissenschaftliche Untersuchungen,
daß intensives Kraft- oder Ausdauertraining, das dem Techniktraining unmittelbar folgt, einen
negativen Einfluß auf die Resultate
des Techniktrainings hat, da die
feinmotorischen Spuren des Techniktrainings in den Muskel- bzw.
Nervenzellen zerstört werden
können.
Es ist deswegen empfehlenswert,
das Training so zu planen, daß
entweder am Tag des intensiven
Kraft- oder Ausdauertrainings, das
vor allem in der Vorbereitungsperiode stattfindet, kein Techniktraining durchgeführt wird, oder aber
daß das Kraft- oder Ausdauertraining z. B. am Vormittag und das
Techniktraining nach ca. drei- bis
204
fünfstündiger Pause und Regeneration am späten Nachmittag eingeplant wird.
Darüber hinaus sollen nach dem
Krafttraining kurze Koordinationsoder Technikübungsformen eingeplant werden, um die entsprechenden Nerven- und Muskelzellen zu reizen und dadurch noch
einmal zu aktivieren; dadurch
kann ein eventueller Leistungsverlust in diesem Bereich verhindert
werden. Dies ist allerdings nicht
als schwerpunktmäßiges Koordinations- oder Techniktraining zu
betrachten.
Mikrozyklus
Der Mikrozyklus ist meistens
durch einen Wochentrainingsplan
abgedeckt.
Dies ist praktisch der wichtigste
Abschnitt für eine Trainingssteuerung und -planung, denn nur in
einem Zeitabschnitt von mehreren
Tagen ist eine sinnvolle Harmonie
zwischen den Belastungen in unterschiedlichen technischen, taktischen und konditionellen Bereichen auf der einen und den notwendigen Regenerationszeiten auf
der anderen Seite möglich.
Bei einer detaillierten Mikrozyklusplanung im Tennis soll nach folgenden Prinzipien vorgegangen
werden:
• Berücksichtigungen der Periode. (Vorbereitungsperiode
erster und zweiter Teil, Wettkampfperiode I, Wettkampfperiode II)
• Festlegen der langfristigen
Schwerpunkte und Ziele nach
dem kalendarischen Alter, Trainingsalter, Spielstärke, Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit,
Trainingszustand, Spielfertigkeit, dem zukünftigen Turnierprogramm, individuellen
Schwächen und Stärken
• Berücksichtigen der individuellen zeitlichen Trainingsmöglichkeiten
• Berücksichtigen der Umwelteinflüsse (Eltern, Freunde,
Anfahrtswege, Schule, Beruf
usw.)
• Berücksichtigen der Trainingsstätte und des im Trainingsprozeß mitwirkenden Trainers
• Festlegen der Schwerpunkte in
Wochenanfang, -mitte und
-ende
• Feinabstimmen der konditionellen Bereiche und Faktoren nach
Training mit verschiedenen Zielgruppen
dem Prinzip der Superkompensation
• Berücksichtigen der Charaktereigenschaften jedes einzelnen
Spielers
Für eine detaillierte Rahmeneinteilung eines Mikrozyklus für Leistungstennisspieler kann folgende
Empfehlung gegeben werden:
Es ist selbstverständlich, daß z. B.
Kraft oder Ausdauer während der
ganzen Woche in verringertem
Maße trainiert werden, daß täglich
Schnelligkeit und Koordinationsfähigkeit im Rahmen des technischen Trainings oder Matchtrainings verbessert werden und daß
Reaktionsfähigkeit praktisch jeden
Tag geübt wird. In der Detailplariung müssen alle konditionellen
Faktoren mindestens zweimal in
der Woche berücksichtigt werden,
um den Superkompensationseffekt zu garantieren, obwohl die individuelle Zielsetzung der Schwerpunkte auch individuelle Feinabstimmung in der Planung zuläßt.
Gravierende Fehler in der Mikrozyklusplanung können verheerende und irreparable Folgen in
der Aufbauarbeit, zumindest aber
eine starke Verzögerung oder Stagnation in gewissen Bereichen
verursachen.
Makrozyklus
Er beinhaltet mehrere Mikrozyklen
und kann sich von einem bis zu
mehreren Monaten erstrecken. Es
können deshalb auch zusätzlich
einige Mesozyklen eingebaut werden. Makrozyklen haben die Aufgabe, Belastung und Erholung
durch »mittlere Wellen« zu steuern, also Wochen mit hoher durch
Wochen mit geringerer Belastung
abzulösen. Dabei ist ein wichtiges
Charakteristikum eines Makrozyklus der Wechsel von Umfangund Intensitätsbelastung.
Ein Makrozyklus.vor allem in der
Vorbereitungsperiode und unter
Umständen auch in der Wettkampfperiode I des Tennisspielers,
fängt mit hohem Umfang und
mittlerer bis geringer Intensität an.
Im Verlauf des ersten bzw. zweiten
Zyklus wird der Umfang zuerst
weiter gesteigert bis zum Maximum. Die Intensität steigt zwar
auch an, aber in wesentlich geringerem Maße. Erst gegen Ende der
Vorbereitungsphase, also im zweiten bis dritten Makrozyklus dreht
sich das Verhältnis um. Am Ende
soll der Umfang niedriger, aber die
Intensität dagegen sehr hoch sein.
Sie soll dann ihr Maximum in der
Wettkampfperiode erreichen.
Diese Tatsache muß man in Zusammenhang mit der Schwerpunktsetzung bzw. den Trainingsinhalten innerhalb dieser Zeit
sehen. Am Anfang der Vorbereitungsperiode geht es vor allem um
die Basisausbildung und das Aufbautraining in allen Bereichen. So
steht erst selbstverständlich beim
Respektieren von individuellen
Voraussetzungen die allgemeine
aerobe Ausdauer und das Muskelaufbautraining im konditionellen
Bereich sowie ein breit angelegtes
Techniktraining (Schwächen,
Erweiterungen des Schlagrepertoires, Festigung vorhandener
Techniken) im Vordergrund. Alle
diese Bereiche erfordern großen
Trainingsumfang mit vorerst
kleinerer Intensität.
Erst im Verlauf der Vorbereitungsperiode bzw. des zweiten oder sogar dritten Makrozyklus muß die
Intensität gesteigert werden. Dann
stehen Kraft, intramuskuläre Koordination, Schnellkraft, die anaerobe Ausdauer, Bewegungsschnelligkeit, Gewandtheit, Reaktionsschnelligkeit im motorischen
Bereich und die Automatisierung
bzw. Stabilisierung des situativen
Bewegungsablaufes im Vordergrund. Alle diese Bereiche müssen
bei hoher Intensität trainiert werden. Dementsprechend muß aber
dann der Umfang etwas zurückgehen.
Innerhalb der Wettkampfperiode
ist die Trainingsintensität sehr
hoch, wobei der Umfang weiter
reduziert wird. Bei hohem Trainingsumfang kommt es zu einer
tiefen Ausschöpfung der Energiereserven, und es bedarf einer langen Regenerationszeit. Das ist
innerhalb der Turnierperiode, in
der unter Umständen über Wochen
jeden Tag ein Match gespielt wird,
und in der man für die Wettkämpfe jederzeit hochleistungsbereit sein muß, nicht vorteilhaft.
Weil man aber das vorhandene
technische und konditioneile
Potential halten oder sogar noch
etwas verbessern muß - und das
geht nur durch tägliches Training,
sogar auch am Spieltag - muß dieses so gestaltet werden, daß mit
einem minimalen Energieverlust
ein maximaler Effekt erzeugt wird.
Dies ist nur durch eine starke Intensitätssteigerung unter gleichzeitiger Reduzierung des Umfangs
möglich. Nach hochintensiven und
kürzeren Trainingseinheiten ist die
Regenerationszeit kürzer.
Wie lang ein Makrozyklus ist bzw.
wie viele Makrozyklen eine Periode beinhaltet, hängt wiederum
von der individuellen Planung ab.
Training mit
verschiedenen
Zielgruppen
Auch wenn die in den vergangenen Kapiteln beschriebenen Erkenntnisse der Trainingslehre
relativ allgemeingültig sind, so gibt
205
Trainings- und Wettkampfplanung
es doch beim Training mit verschiedenen Zielgruppen spezifische
Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Wie beim Tennisunterricht mit verschiedenen Zielgruppen kann die
Auswahl von Adressaten aufgrund
der Kriterien Alter, Geschlecht und
Können mit den entsprechenden
Zielvorstellungen und Rahmenbedingungen erfolgen. Von diesem
Ansatz ausgehend und unter
Berücksichtigung der Erfahrungen
in der Praxis ergeben sich drei spezifische Zielgruppen (Training mit
talentierten Kindern und Jugendlichen, Training mit Frauen und
Training im Senioren-Wettkampftennis), auf die im folgenden eingegangen wird.
Talentierte
Kinder und
Jugendliche
Eine spezifische Adressatengruppe
stellen talentierte Kinder und
Jugendliche dar, die das Ziel haben,
ein hohes Leistungsniveau im Turniertennis zu erreichen. Im Blick
auf diese Gruppe stellen sich aufgrund praktischer Erfahrungen
unter anderem folgende Aufgaben
und Probleme:
• Aufbau bei der Vermittlung der
Tennistechnik
• Bedeutung der beidhändigen
Rückhand
• Verbesserung der Beinarbeit
• Verbesserung des taktischen
Verständnisses
• Methodische Gesichtspunkte
beim psychologisch orientierten
Training
• Probleme des Umlernens
• Hinführung zum modernen
Spitzentennis
• Allgemeine Selbständigkeit von
Jugendlichen
206
Die folgenden Ausführungen
haben teilweise auch Gültigkeit für
andere Adressatengruppen, gelten
aber im besonderen für talentierte
Kinder und Jugendliche.
•
•
Aufbau
bei der Vermittlung
der Tennistechnik
Etwa im Alter von 8 bis 10 Jahren
sollen Talente systematisch
gesucht und ausgewählt werden
(s. S. 105). Dabei ist vor allem auf
die Merkmale Schnelligkeit,
Beweglichkeit, Koordinationsfähigkeit und Lernfähigkeit, Ballgefühl,
Leistungsmotivation und psychische Stabilität zu achten. Unter
dem besonderen Gesichtspunkt,
daß später hohe Leistungen erzielt
werden sollen, muß nun bei der
Vermittlung der Tennistechnik vor
allem das Prinzip der Vielseitigkeit
(Variabilität) berücksichtigt werden. Dies bedeutet, daß die Vielfalt der Tennistechnik von Anfang
an zu entwickeln ist. Unterschiedliche Aufgabenstellungen bezüglich Plazierung, Flugbahn und
Geschwindigkeit der zu spielenden
Bälle bei verschiedenen Platzpositionen, Treffpunkthöhen und in
bedrängten Situationen machen
dem Kind frühzeitig deutlich, wie
wichtig eine vielseitige Tennistechnik ist. Beim Aufbau der Technik
soll zwar mit den Grundschlägen
begonnen werden, jedoch folgen
bald Drallvariationen (Slice, Topspin), bevor die Grundschläge in
der Stabilisierungsphase gefestigt
sind. Beim Aufbau der Tennistechnik lassen sich folgende Etappen
grob kennzeichnen:
• Grundschläge, gleichzeitig Flugball und Aufschlag, Lob und
Schmetterball; dabei sollten
vielfältige Koordinationsübungen einfließen, insbesondere
•
•
sollten Gesichtspunkte des bilateralen Tennis berücksichtigt
werden.
Drallvariationen, Stop und
Halbflugball.
Weitere Ausdifferenzierung der
Technik, z.B. Variationen des
Aufschlags, Schmetterball aus
dem Sprung und RückhandSchmetterball.
Stabilisierung der Technik in
den verschiedenen Spielsituationen. Dieses Ziel sollte etwa
am Ende der Vorpubertät erreicht werden.
Etwa ab der Pubertät sollte
besonders auf die Ausprägung
des persönlichen Stils und der
Spielanlage geachtet werden.
Es sollten einerseits erfolgreiche
Schläge akzeptiert, andererseits
wenig erfolgversprechende
Nachahmungen und eher unangemessene Vorlieben (z. B. zu
viele Stops) zurückgedrängt
werden.
Bedeutung
der beidhändigen
Rückhand
Im Rahmen der Vermittlung der
Tennistechnik bei talentierten
Kindern und Jugendlichen ist die
beidhändige Rückhand von besonderer Bedeutung (insbesondere
bei Mädchen), da der Schläger
trotz mangelnder Armkraft beidhändig schnell beschleunigt und
eine große Schlagkontrolle erzielt
werden kann. Prinzipiell sollte die
einhändige und beidhändige
Rückhand als gleichrangig
betrachtet werden. Die Entscheidung, nur für eine der beiden
Techniken oder beide Techniken
parallel auszubilden, sollte von
den individuellen Voraussetzungen
des Talents (konstitutionelle und
motivationale Voraussetzungen,
Talentierte Kinder und Jugendliche
Spielanlage u.a.) abhängig gemacht werden.
Bei der Einführung (ggf. Erprobung) der beidhändigen Rückhand
können folgende Varianten, bezogen auf Rechtshänder, ausprobiert
werden:
• Beidhändige Rückhand mit
Führen und Schlagen durch die
rechte Hand; die linke Hand
unterstützt und kontrolliert
lediglich die Schlagbewegung.
Erfahrungsgemäß fällt es älteren Kindern leicht, später von
dieser beidhändigen Rückhand
auf die einhändige Rückhand
umzustellen.
•
Beidhändige Rückhand mit anfänglich starker Unterstützung
durch die linke Hand; nach dem
Treffen läßt die linke Hand den
Schläger los.
• Beidhändige Rückhand im
Sinne einer linkshändigen Vorhand. Wird diese Variante bis
zur Pubertät zu stark betont,
dann ist ein späteres Umlernen
schwierig. Allerdings entwickelt
sich diese Form der beidhändigen Rückhand häufig zu einer
starken »Waffe« (vor allem mit
Topspin und guter Ballkontrolle
verbunden).
Vorteilhaft wäre es, wenn Kinder
und Jugendliche lernen würden,
mit diesen verschiedenen Variationen situationsangemessen umzugehen. D.h., daß der jugendliche
Spieler lernt, z. B. die dritte Variante (eher eine linkshändige Vorhand) für einen Topspin kurz cross
oder einen Topspin-Lob und die
erste Variante (linke Hand unterstützt und kontrolliert lediglich) als
Flugball oder Longline-Ball einzusetzen.
Verbesserung der
Beinarbeit
Probleme mit der Beinarbeit haben
zunächst diejenigen, die auch
Wahrnehmungsprobleme haben,
d.h. Ballgeschwindigkeit, Drall,
Absprungverhalten und Abstand
zum Ball nicht richtig einschätzen
können. Probleme mit der Beinarbeit haben aber auch diejenigen,
die allgemein relativ unbeweglich
oder »bewegungsfaul« sind.
Die Technik der Beinarbeit ist im
Prinzip einfach (vgl. auch TennisLehrplan Band 1). Sehr viele talentierte Kinder und Jugendliche bewegen sich auf dem Tennisplatz
automatisch richtig und bekommen erst dann Probleme, wenn sie
versuchen, sich mit bestimmten
Schrittkombinationen zu bewegen, wenn sie also bewußt an die
Beinarbeit denken. Voraussetzung
für eine Verbesserung der Beinarbeit ist (neben der Schulung der
Wahrnehmungsfähigkeit) die
Kenntnis der verschiedenen Möglichkeiten, sich auf dem Tennisplatz zu bewegen. Hierzu kann
man sich Spielerinnen und Spieler
mit hervorragender Beinarbeit
(z. B. Steffi Graf und Pete Sampras) anschauen und mit der eigenen Beinarbeit (Videoaufzeichnung) vergleichen. Dann werden
in vorgegebenen Situationen bei
genauem Zuspiel des Balles verschiedene Varianten der Beinarbeit
erprobt; diejenigen, die dem betreffenden Spieler besser liegen,
werden ausgewählt und im Training und Wettkampf angewandt.
Der Schüler muß insbesondere
auch lernen, seine eigene Beinarbeit selbst zu beobachten und zu
kontrollieren. Zur Verbesserung
der Beinarbeit werden folgende
Schwerpunkte gesetzt:
• Ständiges Bewegen der Beine,
immer bewegungsbereit sein
•
Springen in die Grätsche
(Bereitschaftsstellung/Splitstep)
etwa dann, wenn der Gegner
den Ball trifft (im Doppel beide
Spieler)
• Kontrollieren von Start- und
Laufgeschwindigkeit, Schrittlänge, Lauftechnik, Laufrhythmus (z.B. 3er-Rhythmus beim
Grundlinienduell) zu entsprechenden Schlagpositionen
•
Einnehmen einer situationsgerechten Schlagstellung, mit
' Beachten des Abstandes der
Füße voneinander
• Kontrollieren der Gewichtsverlagerung bzw. einer günstigen
Schrittfolge beim Schlagen aus
dem Lauf; z.B. beim RückhandSlice-Angriffsball: Tangoschritt
(rückwärts übersetzen) oder
normal weiterlaufen
•
Überprüfen eines wirkungsvollen Stopschrittes nach dem
Schlag und der Lauftechnik zur
nächsten günstigen Platzposition; um diese schnell zu
erreichen, wird häufig zunächst
ein Kreuzschritt (vorwärts übersetzen) ausgeführt, erst dann
folgen die Sidesteps
Grundsätzlich muß bei allen Bewegungen auf dem Tennisplatz darauf geachtet werden, daß sich die
Spieler möglichst immer in einem
stabilen Gleichgewicht befinden.
Insbesondere muß auch trainiert
werden, beim Laufen Oberkörper
und Kopf möglichst ruhig zu halten, um damit auch ruhige Ausholbewegungen ausführen zu
können.
Noch einmal soll betont werden,
daß die Beinarbeit nur äußerst selten »isoliert« geübt werden soll;
vielmehr kommt es darauf an, die
Beinarbeit vor allem im Rahmen
komplexer technisch-taktischer
Übungen (z.B. im Sinne des modellierten Trainings) zu schulen
und zu trainieren.
207
Trainings- und Wettkampfplanung
Verbesserung
des taktischen
Verständnisses
Kinder und Jugendliche sollten
möglichst früh verstehen, welche
Spielidee beim Tennis vorliegt. Sie
können durch Werfen und Fangen
des Balles (Ausschalten der
Schlagtechnik) im Kleinfeld die taktischen Dimensionen wie Sicherheit, Plazierung und Stellungsspiel kennenlernen. Taktik sollte
möglichst parallel zur Technik
(bzw. mit der Technik verbunden)
ausgebildet werden. Im Zusammenhang mit der Forderung nach
einer variablen, auf Spielsituationen bezogenen Technik sollten
talentierte Kinder von Anfang an
gezielt lernen, taktisch zweckmäßig zu spielen. Dies bedeutet,
daß möglichst bald Spielzüge eingeübt und in kleinen Wettkämpfen (insbesondere im Kleinfeld)
angewandt werden.
Das Training von bestimmten,
praxisorientierten Schlagkombinationen stellt ebenfalls eine Vermittlung grundlegender taktischer
Kenntnisse dar.
Hinzu kommt danach die Vermittlung grundlegender Strategien
(z.B. Angriffsspiel, Verteidigungsspiel, Ball halten). Ab der Pubertät
sollte dann in besonderem Maße
die individuelle Spielanlage gefördert werden.
Frühzeitig, also bereits im Kindesalter, taktische Grundkenntnisse
zu lehren, bedeutet keine unangemessene Theoretisierung des
Unterrichts. Vielmehr können hier
Wahrnehmungs- und Entscheidungsfähigkeit systematisch
geschult werden, wobei sich vor
allem auch die Spielbeobachtung
sowohl der eigenen Spielleistung
als auch anderer Spieler mittels
Video anbietet.
208
Methodische
Gesichtspunkte beim
psychologisch
orientierten Training
Psychologisches Training besteht
darin, die psychischen Leistungsvoraussetzungen (wie Wahrnehmungsfähigkeit, Aufmerksamkeit/Konzentration, Antizipationsfähigkeit, Leistungsmotivation,
Wille, Fähigkeit zur Streßbewältigung) systematisch zu verbessern,
Im Unterricht mit Kindern und Jugendlichen ist nun vor allem darauf zu achten, daß solche Formen
des mentalen Trainings, des Konzentrationstrainings und der Entspannungstechniken so eng wie
möglich in das gewöhnliche Technik- und Taktiktraining (ggf. auch
in das Konditionstraining) integriert werden, so daß der Begriff
»psychologisches Training« im
konkreten Unterricht entfallen
kann.
Probleme
des Umlernens
Auch talentierte Kinder und Jugendliche gewöhnen sich im Laufe
ihrer tennisspezifischen Entwicklung gewisse Eigenheiten an, die
langfristig gesehen zu Einschränkungen führen können. Dies betrifft sowohl die Technik als auch
die Taktik.
Abb. 124
Streßbewältigung
d.h. durch planmäßiges Lernen
und Üben Trainingseffekte zu erzielen, die im Wettkampf leistungsfördernd umgesetzt werden
können. Wer solche Fähigkeiten
und Fertigkeiten im Training nicht
systematisch verbessert (automatisiert), kann nicht erwarten, daß er
sie im Wettkampf (wie die Technik
und Kondition) einsetzen kann. Je
früher Kinder und Jugendliche solche Fähigkeiten und Fertigkeiten
erwerben, desto stabiler sind sie
gegenüber inneren und äußeren
Störgrößen, die im Wettkampf
auftreten.
In der Technik geht es vor allem
um eigenwillige Griffhaltungen,
um die Fixierung auf die beidhändige Rückhand und um individuelle Ausprägungen der Ausholund Ausschwungbewegung.
In der Taktik geht es um einseitige
Verfestigungen von taktischen
Konzepten, also um jene, die an
der Grundlinie »kleben«, und um
jene, die immerzu ans Netz stürmen.
Umlernen ist ein äußerst schwieriger Prozeß. Er ist langfristig, setzt
Einsicht beim Schüler und Vertrauen in den Lehrer voraus, und
er erfordert Geduld und Willen
sowie die Bereitschaft, auch Rückschläge in Kauf zu nehmen. Bevor
sich ein Tennistrainer mit dem Gedanken an das Umlernen beschäftigt, muß er sich genau mit der
Entwicklung des Schülers auseinandersetzen und versuchen, die
Gründe herauszufinden, die zu
Talentierte Kinder und Jugendliche
den betreffenden Eigenheiten
geführt haben.
Ein von der Mentalität her typischer Grundlinienspieler wird sich
genausowenig zu einem Serveund Volley-Spieler »umkrempeln«
lassen wie umgekehrt.
Hier gilt es allerdings, solche Spieler auch im Blick auf für sie ungewohnte Situationen zu trainieren,
damit sie vielseitiger werden; es
geht also um ein Dazulernen, und
nicht um ein Umlernen. Hat sich
der junge Spieler allerdings deshalb zum Grundlinienspieler entwickelt, weil er mit extremen
Griffhaltungen spielt und deshalb
am Netz keinen Erfolg hat, dann
ist eine Umstellung auf einen Allround- oder Angriffsspieler möglich und sinnvoll.
Eine Umstellung der Griffhaltung
sollte jedoch grundsätzlich nur in
extremen Fällen erfolgen und
dann immer im Zusammenhang
mit der entsprechenden Situation
(Treffpunkthöhe, Platzposition,
Ziel, Technik).
Spieler, die beidhändig schlagen,
sollten Slice und Flugball einhändig (dazu-)lernen. Individuelle
räumliche Ausprägungen beim
Ausholen und Ausschwingen sollen so belassen werden, wie sie
sind, wenn sie keinen negativen
Einfluß auf den Erfolg haben; ein
Spiel unter Zeitdruck (bei höherer
Zuspielgeschwindigkeit oder
schnellerem Boden) regelt meist
automatisch den räumlichen Umfang der Bewegung oder die der
Situation angepaßte zeitlich-dynamische Gliederung der Schlagtechnik. Auf keinen Fall sollte eine erfolgreiche, jedoch in den Augen
des Betrachters »falsche« Technik
so ohne weiteres umgestellt
werden.
Der Lehrer sollte vielmehr mit
hoher Wahrscheinlichkeit davon
ausgehen können, daß die Um-
stellung gelingt und zu einer insgesamt besseren Spielanlage führt,
wobei sich der Schüler nach der
Umstellung mit dieser neuen Technik identifizieren (sich damit wohlfühlen) sollte. Die Erfahrung zeigt,
daß Umlernen - wenn überhaupt
angebracht - eher dann gelingt,
wenn das alte Bewegungsmuster
durch ein neues ersetzt wird, das
sich vom alten stark unterscheidet
(z.B. vom extremen Vorhandgriff
zum Mittelgriff oder vom hohen
oberen Bogen der Ausholbewegung zum relativ geradlinigen
Ausholen).
Die Erfahrung zeigt auch, daß
Umstellungen zwar häufig im Training gelingen, jedoch dann unter
psychischer Belastung im Wettkampf aufgrund zu geringer Stabilität mißlingen, d.h., daß die Spieler wieder in die alten Bewegungsmuster verfallen. Deshalb sollte wie bereits erwähnt- unbedingt
versucht werden, die korrigierte
Technik (auch auf Kosten vorübergehender Niederlagen) im Wettkampf einzusetzen.
Hinführung zum modernen Spitzentennis
Bei einer sorgfältigen Analyse der
Weltklassespieler, die trotz schwieriger Bewegungsaufgaben eine
hohe Perfektion der Schlagtechnik
erreicht haben, kann man feststellen, daß sich die Technik im Spitzentennis nicht nur durch eine
gewisse individuelle Ausprägung
auszeichnet, sondern auch den in
diesem Lehrplan beschriebenen
Grundlagen weitgehend entspricht
Es wäre also falsch, anzunehmen,
daß diese Meistertechnik anderen
oder unterschiedlichen Regeln und
Prinzipien unterliegt als die Technik der Durchschnittsspieler. Auch
die Spitzenspieler durchliefen in
ihrem jahrelangen Entwicklungsaufbau die verschiedenen Stufen
der Technik, von den in diesem
Lehrplan beschriebenen Grundlagen bis zu ihrer individuell ausgeprägten virtuosen Spitzentechnik.
Durch die individuelle Ausprägung
auf der einen und durch die strikte
Orientierung an den Grundprinzipien der Technik auf der anderen
Seite sind sie aber fähig, ihre taktischen Ziele besonders in schwierigen Situationen umzusetzen. Sie
sind vor allem fähig, hohe Laufund Schlaggeschwindigkeiten mit
vortrefflicher Präzision und Ökonomie des Schlages zu kombinieren. Aus diesem Grunde sind sie
auch in der Lage, sich auf das
Wesentliche zu beschränken.
Somit kann optisch der Eindruck
entstehen, es gäbe große Unterschiede in der Technik der Meister
und der Durchschnittsspieler.
Beim Training mit talentierten Kindern und Jugendlichen kommt es
nun darauf an, die Merkmale des
modernen Spitzentennis im Auge
zu haben und zielorientiert anzustreben.
Spitzenspieler operieren vor allem
mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten als Durchschnittsspieler.
Trotzdem erreichen sie dabei
große Sicherheit und Präzision.
Hohe Geschwindigkeiten bei den
Grundlinienschlägen werden erreicht, wenn diese in besonderem
Maße den biomechanischen Prinzipien entsprechen. So nutzen die
Spitzenspieler wesentlich mehr
und eine wesentlich stärkere
Körperrotation; außerdem stoßen
sie sich relativ stark vom Untergrund ab, wobei sie hochspringen.
Dadurch rotieren sie noch wesentlich mehr mit der rechten Schulter
und Hüfte (bei Rechtshändern) bis
in die Schlagrichtung. Der Rotationsradius des Schultergürtels kann
über 200° betragen.
Trainings- und Wettkampfplanung
Auch bei der Rückhand nutzen
Spitzenspieler die Rotationsmöglichkeit des Oberkörpers in starkem Maße aus, so daß die Ausschwungrichtung bis parallel zur
Grundlinie oder sogar darüber
hinaus verläuft.
Die offene Schlagstellung wird
immer häufiger bevorzugt, da sie
eine wesentlich bessere Vordehnung der beteiligten Muskulatur,
Speicherung der nötigen Energie,
als auch Zeiteinsparung garantiert.
Dies gilt nicht nur bei der Vorhand
(was praktisch schon in allen
Leistungsklassen bis hin zu den
jüngsten Jugendjahrgängen dominiert), sondern auch bei der
Rückhand, besonders bei der beidhändigen.
Hohe Ballgeschwindigkeiten
werden auch dadurch erreicht,
• daß die Bälle möglichst grundsätzlich früh genommen
werden,
• daß es gelingt, sich nicht von
der Grundlinie zurückdrängen
zu lassen und
• daß mit Hilfe der Körperrotation in den Platz hineingedreht
wird, wobei lange Bälle, die
kurz vor der Grundlinie aufspringen, im aufsteigenden Ast
oder als Halbflugbälle geschlagen werden.
Auch die Ausnützung des Handgelenkeinsatzes ist bei den Spitzenspielern optimal, wodurch sie
zusätzlich eine größere Beschleunigung des Schlägers erreichen,
ohne mehr Kraft einsetzen zu
müssen, was besonders bei den
bereits angesprochenen kürzeren
Schlagabläufen in schwierigen
Situationen von großer Bedeutung ist (s. auch Tennis-Lehrplan
Band 1).
All dies erfordert ein sehr hohes
Maß an Koordinationsfähigkeit.
Weil bei den Spitzenspielern die
Koordinationsfähigkeit in extre-
210
mem Maße ausgeprägt ist, sind sie
fähig, besonders in schwierigen
Situationen, auch bei wesentlich
kürzer ablaufenden Schlagabläufen Kraftimpulse optimal zu übertragen.
Dies begründet erneut, warum
das Training der allgemeinen
und der tennisspezifischen Koordinationsfähigkeit bei talentierten
Kindern und Jugendlichen so
bedeutsam ist und auf keiner
Könnensstufe vernachlässigt
werden darf.
Eine ausgeprägte Koordinationsfähigkeit führt auch zu einer entsprechenden Improvisationsfähigkeit, die im Spitzentennis immer
wieder sichtbar wird.
Die Improvisationsfähigkeit zeigt
sich auch beim Meistern besonders schwieriger Situationen, in
denen sie sogar gewisse artistische
Fähigkeiten entwickeln. In solchen
Situationen sind sie fähig, das
ideale Gleichgewicht beim Schlag
auf eine minimale Zeitspanne
(eben den Treffpunkt) zu beschränken; denn sie müssen viel
zu oft bei hoher Körpergeschwindigkeit, bei großen Sprüngen und
bei recht schwierigen Körperpositionen zielgenau schlagen.
Die beschriebenen technischen
Fähigkeiten und Fertigkeiten sind
die Grundlage dafür, dem modernen Spitzentennis auch in taktischer Hinsicht gerecht werden zu
können. Zunächst sind die taktischen Grundmuster zu erlernen
und zu trainieren (Grundlinienspiel, Angriffsspiel, Verteidigungsspiel, Aufschlag, Return, Passierschläge). Dann sollten Tendenzen
des modernen Spitzentennis
berücksichtigt werden:
- Spielaufbau von der Grundlinie,
- kurze Bälle des Gegners durch
eigenes (schnelles und/oder
plaziertes) Spiel provozieren,
- geeignete kurze Bälle des Geg-
ners zum offensiven Spiel (vor
allem auch zum Netzangriff)
nutzen,
- durch Winkelspiel den Gegner
seitlich aus dem Platz treiben,
dadurch den Platz öffnen, was
wiederum ein noch offensiveres
Spiel ermöglicht.
Allgemeine
Selbständigkeit von
Jugendlichen
Leider kommt es allzuoft vor, daß
Kinder und Jugendliche in das
Training und die Betreuung eines
Tennislehrers gegeben werden
und man von diesem erwartet,
daß er aus ihnen möglichst rasch
Meisterspieler macht. Dies geht wenn überhaupt - in der Regel
nur dann, wenn auch die Jugendlichen von sich aus selbständig
mitmachen.
Häufig lassen die Jugendlichen jedoch den Unterricht kritiklos über
sich ergehen; manchmal sind sie
von Unterricht und Tennislehrer
begeistert; nur hin und wieder lehnen sie sich z.B. gegen einzelne
Übungen auf und führen diese nur
unwillig aus, weil sie ihren Zweck
nicht erkennen.
Um Jugendliche zur Selbständigkeit zu führen, sollte der Lehrer
prinzipiell dem natürlichen Spielbedürfnis der Jugendlichen
Freiräume lassen und ihnen Gelegenheiten geben, eigene Lösungsmöglichkeiten für gestellte Aufgaben zu finden. Er sollte sie auch
ermutigen, ihre Meinung zu
äußern und ihnen bald ein gewisses Mitspracherecht an der Trainingsgestaltung zugestehen. Die
Vorstellungen und Ziele der Jugendlichen müssen besprochen
und gegebenenfalls auf ein realistisches Maß erweitert bzw. eingeschränkt werden.
Training mit Frauen
Wenn Jugendliche Übungen nicht
nur kritik- und gedankenlos durchspielen, sondern sie auch deren
Sinn und Zweck erkannt haben,
dann ist ein erster Schritt zur Selbständigkeit und Selbstmotivierung
getan. Die Jugendlichen wissen
dann, warum sie etwas trainieren,
und können jetzt auch ohne ständige Aufsicht gewissenhaft die
geforderten Aufgaben lösen. Das
bedeutet, daß sie beispielsweise
ernsthaft weitertrainieren, wenn
sich der Lehrer für kurze Zeit intensiver mit anderen Teilnehmern
der Gruppe beschäftigen muß.
Die Jugendlichen sollten außerdem angehalten werden, öfter
selbständig zu trainieren, wobei
ihnen Übungsangebot und geeignete Lernzielkontrollen vorgegeben werden. Anfängliche Kontrollen dieses selbständigen Trainings
werden zunehmend abgebaut, bis
das angestrebte Ziel, daß Jugendliche auch völlig selbständig trainieren können, erreicht ist. Der Tennislehrer ist für sie selbstverständlich immer als Berater ansprechbar.
Auch im Wettkampftennis sollte
die Entwicklung zur Selbständigkeit schon früh eingeleitet werden.
Hier können Trainer und Eltern viel
helfen, wenn sie die Kinder im
Wettspiel sich selbst überlassen
und höchstens in Fällen extrem
unsportlichen Verhaltens eingreifen bzw. den Turnierleiter bitten,
das Spiel kontrollieren zu lassen.
Kinder und Jugendliche sollten bei
ihren Wettspielen auch sehr bald
die Schiedsrichtertätigkeit übernehmen.
Bei gemeinsamen Wettspielbeobachtungen übernimmt der Trainer
entweder die Rolle eines Kommentators, oder er coacht einen
Spieler. Die Jugendlichen bekommen so einen Blick für die Wettkampfführung und lernen, Gegner
und Situation selbst zu beurteilen.
Auch Videoaufzeichnungen vom
eigenen Wettkampf können besprochen werden. Der Trainer gibt
hier Hilfen zur eigenen Technikund Taktikkontrolle, mit dem Ziel,
daß die Jugendlichen lernen, sich
gewissermaßen selbst zu coachen.
Jugendliche sollten schließlich
angehalten werden, bei der Organisation und Durchführung von
Turnieren zu helfen. Sie lernen auf
diese Weise die Probleme kennen,
die auf die Spieler bei Turnieren
zukommen (von der Verpflegung
bis zur Reservierung von Trainingsplätzen) können und sind
dann bei eigenen Turnieren viel
selbständiger.
Training mit
Frauen
Das Damentennis unterscheidet
sich vom Herrentennis durch einige Besonderheiten:
• Frauen schlagen weniger hart
auf, konzentrieren sich dementsprechend mehr auf den Return. Im Damen-Turniertennis
ist es deshalb schwieriger, das
Aufschlagspiel zu gewinnen.
• Männer spielen mit mehr Drallvarianten und größeren Winkeln und vor allem,
• Männer greifen mehr an als
Frauen, insbesondere gelingt
ihnen der Übergang von der
Grundlinie zum Netz besser.
Solche Unterschiede im technischen und taktischen Bereich sind
zum einen auf biologische Unterschiede zwischen Mann und Frau
zurückzuführen. So sind Frauen im
Durchschnitt kleiner, und sie verfügen über weniger Kraft (insbesondere Schnellkraft), spielen aber
auf dem gleichen Feld bei gleicher
Netzhöhe und zumeist mit gleichen Bällen wie die Männer. Zum
anderen sind diese geschlechtsspezifischen Unterschiede aber
auch sozialisationsbedingt, d.h.,
Jungen lernen intensiver mit Bällen
umzugehen als Mädchen. Dies
zeigt sich vor allem beim Kernwurf, der die Grundlage des Aufschlags darstellt.
Solche Unterschiede führen dazu,
daß Mädchen und Frauen weniger
in der Lage sind, den Ballwechsel
rasch zu entscheiden. Sie sind
dagegen eher bemüht, ihre Gegnerinnen durch plaziertes Spiel zu
einem Fehler zu zwingen. Solche
Unterschiede führen aber auch
dazu, daß die meisten Mädchen
die Rückhand beidhändig spielen,
was die Variabilität der Spielanlage
beeinflußt, insbesondere den
Übergang von der Grundlinie zum
Netz.
Prinzipiell müßte es zwischen dem
Damen- und dem Herrentennis
keine gravierenden Unterschiede
geben. Denn die Männer schlagen
zwar einerseits härter, andererseits
sind sie aufgrund ihrer größeren
Schnellkraft auch in der Lage,
einen hart und plaziert geschlagenen Ball zu erlaufen und hart
zurückzuschlagen. Für das Training
mit Mädchen und Frauen ergeben
sich deshalb vor allem folgende
Konsequenzen:
• Dem Aufschlag sollte in allen
Phasen des langfristigen Trainingsaufbaus erhöhte Aufmerksamkeit zukommen.
• Das gleiche gilt für den Übergang vom Spiel an der Grundlinie zum Netzspiel.
• Dies erfordert die Ausbildung
einer möglichst breiten Spielanlage (inkl. Netzspiel), auch
wenn dann im Match einzelne
Grundstrategien individuell
bevorzugt werden.
Auch wenn es im Damentennis im
allgemeinen keine »best-of-five«Matche gibt, sollte dem Konditi-
211
Trainings- und Wettkampfplanung
onstraining doch der gleiche Stellenwert zukommen wie im Herrentennis. Denn die körperliche
Fitneß ist die Basis des Technikund Taktiktrainings. In diesem
Zusammenhang ist auch auf eine
entsprechende Ernährung in
besonderem Maße zu achten.
Im Damentennis gibt es vergleichsweise weniger Doppel-Turniere. Deshalb sollte im Training
vermehrt auch Doppel gespielt
werden, zumal sich die im Doppel
gegebenen Anforderungen (Kombination Aufschlag-Angriff, Netzspiel u. a.) auch günstig auf das
Einzelspiel auswirken.
Mädchen haben im Damentennis
bereits in jungen Jahren die
Chance, erfolgreich mithalten zu
können. Dies spornt einerseits an;
andererseits ergibt sich dadurch
aber auch die Gefahr, daß sich die
Mädchen sehr frühzeitig auf eine
bestimmte Spielanlage konzentrieren und diese sich verfestigt (z. B.
Grundlinienspiel mit eher defensivem Charakter, um Niederlagen
zu vermeiden). Im Training sollte
dieser Tendenz entgegengesteuert
werden, indem variable Techniken
und taktische Grundmuster geübt
werden.
Zum Training gehören schließlich
noch die trainingsbegleitenden
Maßnahmen. Daß mit der Menstruation häufig Leistungsschwankungen einhergehen, ist natürlich.
Sie müssen jedoch nicht so groß
sein wie vielfach angenommen.
Eine fachärztliche Beratung kann
deshalb angebracht sein.
Was die Betreuung von Frauen im
Turniertennis betrifft, so berichten
viele Trainer und Trainerinnen, daß
bei Frauen im Trainings- und Turnierablauf häufig private Probleme
größere Störfaktoren darstellen.
Männer können offensichtlich den
Privat- vom Sportbereich besser
trennen. Außerdem wird berichtet,
212
daß Frauen-Teams schwieriger zu
führen seien als Männer-Teams.
Deshalb scheint es ratsam zu sein,
bei Konflikten gegebenenfalls erst
Einzelgespräche zu führen, bevor
ein Mannschaftsgespräch stattfindet.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß Frauen eher Männer
als Trainer bevorzugen.
Insgesamt gesehen sind die Ursachen für solche sozialpsychologischen Unterschiede nicht gänzlich
geklärt. Sie sollten allerdings
berücksichtigt werden. Da die psychologischen Anforderungen im
Turniertennis für Männer und
Frauen prinzipiell nicht unterschiedlich sind, sollte versucht
werden, solche geschlechtsspezifischen Unterschiede auszugleichen.
Training im
SeniorenWettkampftennis
Die Zahl der im mittleren und
höheren Lebensalter im Tennis
noch wettkampfsportlich aktiven
Tennisspieler(innen) nimmt stetig
zu. Die spezifische Trainingsempfehlungen für diese Gruppe sind
nach CONZELMANN an den personalen Bedingungen auszurichten.
Bei der Mehrzahl der im SeniorenWettkampftennis engagierten
Spieler handelt es sich um Personen, die seit ihrer Jugend mit dem
Tennissport verbunden sind. Damit
kann von einer gut ausgebildeten
und stabilen Tennistechnik ausgegangen werden, die sich allerdings
häufig von der »modernen« Tennistechnik insofern unterscheidet,
als Schläge mit Rückwärtsdrall
oder Schläge ohne Drall gegenüber Topspin-Schlägen bevorzugt
werden.
Im körperlich-konditionellen
Bereich muß mitzunehmendem
Alter von einem kontinuierlichen
Rückgang der Kraft, der Beweglichkeit und der Ausdauer ausgegangen werden. Der Rückgang
der Maximal- und der Schnellkraft
führt in Verbindung mit der weniger offensiven Spielanlage dazu,
daß die Ballwechsel in der Regel
länger dauern als bei jüngeren
Tennisspielern. Dadurch erhöht
sich die Bedeutung der Schnellkraftausdauer und der (aeroben)
Ausdauer in den höheren Altersklassen. Gleichzeitig schützt eine
gute aerobe Kapazität vor möglichen Überlastungen des HerzKreislauf-Systems bei intensiven
und langdauernden Tennis-Wettkämpfen (insbesondere bei
ungünstigen klimatischen Verhältnissen). Um Verletzungen/Schäden am Bewegungsapparat zu
vermeiden, empfiehlt es sich, die
altersbedingt zurückgehende
Beweglichkeit durch ein Beweglichkeitstraining (ergänzt durch
umfassende Kräftigungsübungen)
zu erhalten.
Im einzelnen ergeben sich damit
für ein (Wettkampf-)Tennistraining im höheren Lebensalter
folgende Empfehlungen:
• Das Techniktraining dient in der
Regel der Stabilisierung der bereits vor längerer Zeit erworbenen Tennistechnik. Intensives
Neulernen bzw. Umlernen einzelner Schlagtechniken ist im
allgemeinen nicht notwendig.
Dies soll allerdings nicht bedeuten, daß in der zweiten Lebenshälfte kein Neulernen von Tennistechniken mehr möglich ist.
• Das Techniktraining wird ergänzt durch ein Matchtraining,
das im Tennistraining der Senioren einen breiteren Raum einnehmen sollte als bei jüngeren
Spielern. In diesem Training
Training im Senioren-Wettkampftennis
wird versucht, die komplexe
Spielleistung zu erhalten, ggf.
zu verbessern.
• Besondere Bedeutung kommt
bei älteren wettkampforientierten Tennisspielern dem Training
zur Verbesserung konditioneller
Fähigkeiten zu. Im Vordergrund
steht dabei die Verbesserung
der aeroben Ausdauer, der
Schnellkraftausdauer und der
Beweglichkeit. Darüber hinaus
sollten auch - eine gute allgemeine Fitneß vorausgesetztSchnellkraft und Schnelligkeit
spezifisch geschult werden.
• Die Verbesserung konditioneller
Fähigkeiten erfolgt in der Regel
außerhalb des Tennisplatzes. So
wird die aerobe Ausdauer am
günstigsten mit ruhigen Dauerläufen verbessert. Die Schnellkraftausdauer und die Beweglichkeit können z.B. im Rahmen
einer funktionellen Gymnastik
geschult werden (vgl. hierzu
Kapitel Konditionstraining).
213
Wettkampfbetreuung
Einführung
Ziel der Wettkampfbetreuung ist
es, die Spielerinnen und Spieler so
zu beraten und zu beeinflussen,
daß sie ihre individuellen Leistungsmöglichkeiten im Wettkampf optimal realisieren können.
• Diese Betreuung beginnt bei
der Vorbereitung auf den Wettkampf,
• setzt sich dann im Wettkampf
fort (Betreuung während des
Wettkampfs), sofern ein Kontakt zwischen Spieler und
Betreuer möglich ist und
• endet bei der Nachbereitung,
wobei zu Beginn und am Ende
der Wettkampfbetreuung fließende Übergänge von bzw. zu
den allgemeinen Trainingsmaßnahmen bestehen.
Das Training ist als langfristige
Maßnahme zur Vorbereitung auf
den Wettkampf anzusehen. Zur
kurzfristigen Vorbereitung auf den
Wettkampf gehören alle Maßnahmen von der Reise zum Wettkampfort bis zur Erzielung eines
optimalen Vorstartzustandes.
Die Betreuung im Wettkampf
beschränkt sich auf all jene Situationen des Wettkampfs, in denen ein
direkter Kontakt zwischen Spieler
und Betreuer möglich ist. Sie ist
bei Mannschaftswettkämpfen von den Medenspielen bis zum
Daviscup - erlaubt, bei Turnieren
dagegen nicht zugelassen.
214
Bei der Nachbereitung des Wettkampfs lassen sich schließlich die
Maßnahmen voneinander unterscheiden, die unmittelbar nach
dem Wettkampf zur körperlichen
und psychischen Verarbeitung des
Wettkampfs durchgeführt werden,
und jene Maßnahmen, mit denen
wiederum am Trainingsort versucht wird, das Training auf den
im Wettkampf gemachten Erfahrungen aufzubauen.
Wettkampfbetreuung im weiten
Sinne umfaßt demnach die kurzfristige Vorbereitung auf den Wettkampf, die Betreuung im Wettkampf und die Nachbereitung des
Wettkampfs unmittelbar nach
dessen Ende.
Wettkampfbetreuung im engen
Sinne beschränkt sich dagegen auf
die Betreuung im Wettkampf
selbst und wird im deutschsprachigen Raum (und deshalb auch im
folgenden) als Coaching bezeichnet. Im amerikanischen Sprachraum bezieht sich Coaching
dagegen auf alle Beratungs- und
Betreuungsmaßnahmen in Training und Wettkampf.
Kurzfristige
Vorbereitung
Die kurzfristige Vorbereitung läßt
sich in zwei Aufgabenbereiche
trennen. Zum einen müssen die
äußeren Rahmenbedingungen
(von der Anreise bis zur Aufnahme
der direkten Wettkampfvorbereitung) gestaltet werden, zum
anderen müssen die einzelnen
Abschnitte der direkten Wettkampfvorbereitung (vom Aufstehen über die letzte Mahlzeit
vor dem Wettkampf bis zum Einschlagen direkt vor dem Wettkampf) sinnvoll ausgefüllt werden.
Gestaltung
der äußeren Rahmenbedingungen
Je wichtiger und je größer das Turnier ist, desto früher wird die Anreise erfolgen. Sie muß grundsätzlich so gestaltet werden, daß
genügend Zeit zur Erholung von
den Anstrengungen der Reise
gegeben ist. Dies gilt insbesondere
dann, wenn eine Anpassung an
ein anderes Klima und an die
zumeist damit verbundene Zeitverschiebung (anderer Kontinent)
notwendig ist. Zur Akklimatisierung an hohe Temperaturen ist es
empfehlenswert, daß sich die
Spielerinnen und Spieler mehrmals
am Tage körperlich mittelmäßig
belasten.
Auch die Unterkunft sollte so
gewählt werden, daß keine ungewohnten und unnötigen Belastungen auftreten.
Besonderes Augenmerk ist auf die
Ernährung zu richten (s. S. 243).
Wettkampfvorbereitung
Wenn möglich, sollte für eine ärztliche und physiotherapeutische
Betreuung gesorgt werden.
Als nächstes gilt es, die äußeren
Wettkampfbedingungen zu erkunden (Platz-, Boden- und Lichtverhältnisse u.a., im Freien bzw. in
der Halle). Wenn die Anreise frühzeitig erfolgt, sollte man diese
Wettkampfbedingungen im Rahmen eines Trainings kennenlernen.
Im Rahmen dieses Trainings können auch spezifische technisch/
taktische Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die im Hinblick
auf die Stärken und Schwächen
des Gegners festgelegt werden.
Außerdem kann man sich auf die
festgelegte Ballmarke einstellen
und eventuell die für Boden und
Ball angemessene Härte der
Bespannung erproben. Schließlich
kann - insbesondere bei jüngeren
Spielern - zu den Betreuungsaufgaben auch gehören, die Freizeit
sinnvoll zu gestalten.
Direkte Wettkampfvorbereitung
Ziel der direkten Wettkampfvorbereitung ist es, einen optimalen
Vorstartzustand mit mittlerer Aktivierung (s. S. 191) zu erreichen,
um alle individuellen Leistungsvoraussetzungen im Wettkampf voll
einsetzen zu können. Je nach
Spielbeginn sind die einzelnen
Aktivitäten dieser Vorbereitung
zeitlich aufeinander abzustimmen.
Im folgenden ist der zeitliche Rahmen für zwei Beispiele angegeben.
Spielbeginn 9.00 Uhr
6.00 Aufstehen
6.15 Lockeres Laufen,
Gymnastik
6.40 Frühstück
7.10 Aufbruch zur Wettkampfstätte
7.30
8.10
8.30
8.40
Training
Entspannung, Erholung
Materielle Vorbereitung
Letztes Aufwärmen vor
dem Wettkampf
8.50 Mentale und psychoregulative Vorbereitung
9.00 Einschlagen
Spielbeginn 13.00 Uhr
7.30 Aufstehen
7.45 Lockeres Laufen,
Gymnastik
8.30 Frühstück
9.10 Aufbruch zur Wettkampfstätte
9.30 Training
10.45 Letzte Mahlzeit
11.15 Entspannung, Erholung
12.15 Materielle Vorbereitung
12.30 Letztes Aufwärmen vor
dem Wettkampf
12.50 Mentale und psychoregulative Vorbereitung
13.00 Einschlagen
Dieser zeitliche Rahmen soll als
Leitlinie gelten, der sich je nach
den Wettkampfbedingungen und
persönlichen Eigenheiten der
Spielerinnen und Spieler verändert. Dies gilt insbesondere für
die Reihenfolge und den zeitlichen Umfang der einzelnen
Abschnitte.
Im folgenden seien einige dieser
Abschnitte näher beleuchtet. Die
Betreuung besteht dabei darin, zur
zweckmäßigen Gestaltung dieser
Abschnitte beizutragen.
Aufstehen
Aus physiologischen Gründen
sollte man mindestens etwa 3 bis
4 Stunden vor dem Wettkampf
aufstehen. Diese Zeit wird auch
für eine ausreichende direkte
Wettkampfvorbereitung benötigt.
Vorsicht ist deshalb bei einem
Mittagsschlaf geboten, da man
danach im allgemeinen beiden
Forderungen nicht mehr gerecht
werden kann.
Aufwärmen
Mit dem systematischen Aufwärmen werden zwei Ziele verbunden:
• Leistungsvoraussetzungen
sollen verbessert werden
• Verletzungen soll vorgebeugt
werden
Der hauptsächliche Effekt des Aufwärmens besteht in der Erhöhung
der Körpertemperatur und der
Freigabe von Wärme. Die Freigabe von Wärme bewirkt eine
Vielzahl von Prozessen:
• Die intrazelluläre Reibung wird
vermindert und die Gleitfähigkeit der Muskulatur erhöht; dies
wirkt verletzungsvorbeugend.
• Durch die verbesserte Gleitfähigkeit der Muskulatur ergibt
sich eine Verbesserung der koordinativen Leistungsfähigkeit.
• Die Freigabe von Wärme führt
vor allem auch zu einer Verbesserung der physiologischen Leistungsfähigkeit.
Die Gründe für diese positiven Effekte sind folgende: Der Kreislauf
wird angeregt; die Stoffwechselprozesse in der Zelle werden
beschleunigt; das Zentralnervensystem wird aktiviert, was zur
Erhöhung der Konzentrationsfähigkeit und der Motivation beiträgt;
leistungssteigernde Hormone
(Adrenalin und Noradrenalin)
werden ausgeschüttet.
Da das wichtigste Ziel des Aufwärmens darin besteht, die gesamte
Muskulatur mit Blut zu versorgen,
müssen die Formen des Aufwärmens über die sportartspezifischen
Anforderungen hinausreichen. Das
Aufwärmen besteht deshalb nicht
nur aus den schlagtechnischen
Übungen, sondern auch aus speziellen Übungen außerhalb des Tennisplatzes in der Abfolge: Einlau-
215
Wettkam pf betreu u ng
fen, allgemeines Lockern und
Dehnen, Belasten durch Steigerungsläufe, Durchführung von
spezifischen Dehnübungen (Stretching), Auslaufen.
Das Aufwärmen außerhalb des
Techniktrainings soll bezüglich der
Dauer mindestens 10 bis 15 Minuten in Anspruch nehmen. Die Intensität soll etwa 60% der maximalen Leistungsfähigkeit nicht
übersteigen, d.h., einerseits soll
die Herzfrequenz nicht über 160
pro Minute betragen, andererseits
sollen die Spielerinnen und Spieler
möglichst zum Schwitzen kommen.
Spezifische Einflußgrößen des Aufwärmens können z.B. sein: Kurzfristigkeit der Spielansetzung, meteorologische Bedingungen, Trainingszustand oder zeitlicher Abstand zum vorherigen Wettkampf.
Vor allem zu berücksichtigen ist,
daß das Aufwärmen systematisch
gelernt werden muß, wenn es
gezielt eingesetzt werden soll. Das
Intervall zwischen dem letzten
Aufwärmen und dem Spielbeginn
soll nicht mehr als 10 bis 15 Minuten betragen; mit trockener und
wärmender Kleidung muß der
Aufwärmeffekt erhalten werden.
Training
Im Training sollten zunächst alle
wichtigen Schläge (insbesondere
im Hinblick auf die Stärken des
Spielers bzw. der Spielerin) systematisch durchgespielt werden.
Gegebenenfalls können als Vorbereitung auf das geplante taktische
Konzept noch spezifische Schläge
und Schlagkombinationen geübt
werden. Zum Abschluß des Trainings sollen je nach der zur Verfügung stehenden Zeit und dem
zeitlichen Abstand zum Beginn
des angesetzten Matches einige
Spiele (z. B. je zwei Aufschlagspiele) durchgespielt werden.
216
Materielle Vorbereitung
Einschlagen
Sie besteht darin, daß insbesondere folgende Materialien zusammengestellt und gegebenenfalls
kontrolliert werden: Wärmekleidung, Wettkampfkleidung, Schläger, Elastocross, Griffband, Handtuch, Ersatzhemd(en), Ersatzhandtuch, Schweißbänder, Wettkampfnahrung, Mineralgetränk.
Das Einschlagen dient in erster
Linie dazu, ein sportartspezifisches
Aufwärmen kurz vor dem Match
durchzuführen und den eigenen
Bewegungsrhythmus zu finden.
Hierzu sollten die Schläge an der
Grundlinie und am Netz sowie der
Aufschlag (nebst Return) in muskulär entspannter, jedoch psychisch konzentrierter Weise durchgespielt werden. Erst in zweiter
Linie sollte man versuchen, sich
auf den Gegenspieler einzustellen.
Da die Einschlagzeit begrenzt ist,
sollte genau ausgewählt werden,
welche Schläge vorwiegend zu
üben sind. Keinesfalls sollte der
Aufschlag vernachlässigt werden.
Mentale
und psychoregulative
Vorbereitung
In der letzten Phase vor dem Gang
zum Platz gilt es schließlich, den
individuell optimalen Aktivierungszustand zu erreichen: Bei zu niedriger Aktivierung ist es notwendig,
sich zu mobilisieren, ohne zu verkrampfen; bei zu hoher Aktivierung gilt es, sich zu entspannen,
ohne sich zu bremsen. Die entsprechenden Mobilisations- bzw.
Entspannungsübungen sollten
(im Sinne einer mentalen Vorbereitung) mit einer Wiederholung
der für das bevorstehende Match
entwickelten taktischen Überlegungen verbunden werden.
Unter Umständen kann dabei der
Betreuer behilflich sein.
Abb. 125 Coaching beim Doppel
Betreuung
im Wettkämpf
Die Betreuung im Wettkampf (das
Coaching) hat - soweit es zugelassen i s t - im wesentlichen zwei
übergeordnete Funktionen:
• Bei der passiven Fremdbeeinflussung genügt es, wenn der
Coach auf der Bank sitzt und
Betreuung im Wettkampf
dem Spieler das Gefühl gibt, im
Match nicht allein zu sein, d. h.,
gegebenenfalls Blickkontakt zu
ihm aufnehmen zu können, sich
bei vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlentscheidungen
an ihn wenden zu können und
beim Seitenwechsel sich aussprechen (»abreagieren«) zu
können. Die Tätigkeiten des
Coachs beschränken sich z.B.
auf das Reichen von Getränken
und des Handtuchs sowie auf
lobende oder ermunternde
Bemerkungen.
• Bei der aktiven Fremdbeeinflussung versucht der Coach (über
den Blickkontakt während des
Spielgeschehens hinaus) während der Pause beim Seitenwechsel technische und taktische Hinweise zu geben und
motivationale Zustände und
Prozesse des Spielers zu verstärken oder (was weit häufiger der
Fall ist) zu korrigieren, also ihn
zu beruhigen, zu ermuntern,
anzuspornen usw.
Voraussetzungen des
Betreuers und des Coachings
Insbesondere im Hinblick auf die
Zielsetzungen der aktiven Fremdbeeinflussung ist es wichtig, daß
der Coach spezifische Voraussetzungen mit sich bringt, um diese
Zielsetzungen erreichen zu können. Solche Voraussetzungen sind:
• Der Coach muß vom Spieler
akzeptiert sein. Es ist günstig,
wenn sich beide zumindest
sympathisch sind, damit in
möglichen Belastungssituationen keine Konflikte entstehen,
die durch allgemeine Spannungen zwischen Spieler und
Coach verstärkt werden.
• Der Coach sollte den Spieler
möglichst gut kennen, vor
allem seine spieltechnischen
und taktischen Eigenheiten und
Möglichkeiten, seine Motivationen, sein Temperament und
seine Fähigkeit, physische und
psychische Belastungen verarbeiten zu können.
• Um den Spieler im aktuellen
Wettkampf geschehen angemessen beurteilen zu können,
muß der Coach über Einfühlungsvermögen und Beobachtungskompetenz verfügen.
• Der Coach sollte weitreichende,
tennisspezfische Kenntnisse
über Technik, Taktik und Wettkampfpsychologie haben und
selbst über einschlägige, langjährige Erfahrungen als Wettkampfspieler verfügen, wobei
die Höhe des eigenen Leistungsniveaus von sekundärer
Bedeutung ist.
•
•
Da das Coaching als Interaktion
zwischen Coach und Spieler
aufzufassen ist, sollte auch
berücksichtigt werden, daß es
eingespielt sein sollte, d.h., die
verschiedenen Formen der
Interaktion müssen im Training
und Wettkampf erlernt und stabilisiert werden.
Diese Voraussetzungen zu erbringen und im Wettkampf
zu realisieren ist nur möglich,
wenn der Coach selbst ein
hohes Engagement aufbringt.
Im folgenden soll am Beispiel der
Betreuung eines Spielers bzw.
einer Spielerin im Einzel auf die
verschiedenen Formen der aktiven
Fremdbeeinflussung (technische
Hinweise, taktische Hinweise,
motivationale Betreuung) eingegangen werden. Verwiesen sei hier
am Rande darauf, daß im Rahmen
der passiven Fremdbeeinflussung
die Ernährung während des Wettkampfes (und hier vor allem die
Gesichtspunkte zum Ausgleich der
Mineralien- und Wasserbilanz)
eine besonders wichtige Rolle
spielt.
Technische Hinweise
Hinweise, die die Technik der zu
betreuenden Spieler betreffen,
sollten so spärlich wie möglich
erfolgen; insbesondere sollten
Korrekturen vermieden werden,
die sich auf die Hauptaktion der
jeweiligen Technik beziehen, da
solche Korrekturen vom Spieler
aufgrund der großen Stabilität
der Hauptaktion kaum umgesetzt
werden können. Allerdings kann
es sein, daß unter der Wettkampfbelastung einige Hilfsaktionen
(vgl. hierzu auch Tennis-Lehrplan
Band 1) aktuelle Mängel aufweisen, die korrigiert werden können.
Tips wie z. B. »beweg dich mehr«,
»stell dich seitlicher«, »geh mehr
in die Knie«, »schau den Ball beim
Hochwerfen länger an« können
zumeist umgesetzt werden. Zu
berücksichtigen ist jedoch, ob der
Spieler aufgrund seines Alters,
seiner Erfahrungen und seiner
motorischen Flexibilität hierzu in
der Lage ist.
Taktische Hinweise
Zentraler Bestandteil des Coachings ist es, angemessene taktische
Hinweise zu geben (s. auch Kapitel Taktiktraining). Dabei ist es von
Beginn des Spiels an wichtig, nicht
nur den zu betreuenden Spieler,
sondern auch den Gegenspieler
genau zu beobachten und die
jeweiligen Stärken und Schwächen
zu analysieren. Bewährt sich die
abgesprochene Taktik, dann sollte
der Spieler entsprechend bestärkt
werden. Bewährt sie sich jedoch
nicht, dann ist (spätestens nach
verlorenem Satz) zu prüfen, ob die
Taktik zu ändern ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob
der zu betreuende Spieler auch in
der Lage ist, die mögliche neue
Taktik umzusetzen (oder ob er
217
Wettkampfbetreuung
hierbei überfordert ist) und wie
der Gegenspieler wohl auf die
Veränderung reagieren wird.
Grundsätzlich sollte auch bedacht
werden, daß ein allzu häufiges
Ändern der Taktik gegebenenfalls
weniger den Gegenspieler, dafür
um so mehr den eigenen Spieler
verwirrt.
Motivationale
Betreuung
Die motivationale Betreuung
hängt zunächst vom Spielverlauf
und vom Spielstand ab. Läuft das
Spiel erfolgreich, dann sollte der
Spieler durch Lob und Zustimmung unterstützt werden. Gegebenenfalls sollte er aber zusätzlich
noch davor gewarnt werden, den
Gegner zu unterschätzen und die
Führung leichtfertig aufs Spiel zu
setzen. Liegt der Spieler zurück,
dann ist zu prüfen, wo die Ursachen hierfür liegen. Häufig wird
nämlich hierbei vom Spieler (und
vom Coach) übersehen, daß die
Leistungsmöglichkeiten des Gegenspielers einfach größer sind. Ist
dies nicht der Fall, dann ist zu prüfen, ob taktische Mängel zu beheben sind, ob keine mittlere Aktivierung gegeben ist, d. h., ob man
dem Spieler helfen muß, sich zu
mobilisieren oder sich zu entspannen, ob der Spieler Konzentrationsmängel aufweist oder ob es an der
richtigen Wettkampfeinstellung
mangelt (s. Kapitel Psychologische
Grundlagen, S. 181).
Stellt die aktuelle Leistungsmotivation das Hauptproblem dar, dann
soll berücksichtigt werden, ob der
Spieler eher »erfolgsmotiviert«
oder eher »mißerfolgsmotiviert«
ist (s. S. 187). Da Erfolgszuversichtliche den Mißerfolg eher auf
äußere (personexterne) Faktoren
zurückführen, muß man ihnen
218
klarmachen, daß sie auch selbst
dafür verantwortlich sind und
(gegebenenfalls in deutlichem Ton)
entsprechende Anweisungen geben. Da Mißerfolgsängstliche den
Mißerfolg eher auf personinterne
Faktoren zurückführen, muß man
ihre guten Leistungen betonen
und entsprechend loben, während
man für Verlustpunkte auch
äußere Faktoren verantwortlich
machen soll, insbesondere die
Stärke des Gegners. Zwischen diesen beiden Begründungen soll so
abgewogen werden, daß die
aktuelle Erfolgszuversichtlichkeit
zunehmend gegenüber der Mißerfolgsängstlichkeit dominiert.
Allerdings darf der Einfluß dieser
motivationalen Betreuung nicht
überschätzt werden, da die beiden
Teilkomponenten der Leistungsmotivation, die »Erfolgszuversichtlichkeit« und die »Mißerfolgsängstlichkeit«, relativ stabile Persönlichkeitsmerkmale und schwer
zu verändern sind.
Betreuungsmaßnahmen beim
Seitenwechsel
Beim Seitenwechsel stehen vom
Ende des letzten Punktes bis zum
nächsten Aufschlag 90 Sekunden
zur Verfügung; diese wichtige Zeit
der Spielpause kann in Anlehnung
an das Konzept der »Pause zwischen den Ballwechseln« (s. S. 196)
in 6 Phasen eingeteilt werden:
GUEBSU
Zunächst soll sich der Spieler
genügend Zeit nehmen, sich abzutrocknen, zu trinken und (als
Reaktion auf den vorausgegangenen Ballwechsel bzw. auf das
letzte Spiel) sich auszusprechen
und »Dampf abzulassen«.
\mms
Dann soll sich der Spieler gezielt
entspannen und regenerieren,
wobei ein bequemer und der Entspannungshaltung angemessener
Stuhl benützt werden sollte. Die
Beine sind auszustrecken. Zu
Beginn der Entspannung können
tiefe und gleichmäßige Atemübungen durchgeführt werden,
denn eine solche Atemsuggestion
führt schneller zum Entspannungszustand.
flJE£©§
Im zweiten Teil der Entspannung
soll der Spieler sich gedanklich
bereits auf die Aktionen nach dem
Seitenwechsel vorbereiten. Dabei
soll er vom Coach durch Ratschläge, gegebenenfalls auch
durch Anweisungen unterstützt
werden.
msäQl
Am Ende der Zeit auf der Bank
und beim Gang zur Grundlinie
folgt eine kurzzeitige Anspannung
(Mobilisation), eventuell verbunden mit formelhaften Vorsätzen,
die der Spieler gedanklich oder
leise ausspricht, um aktiviert wieder ins Spiel eintreten zu können.
(JGEBSÖ
Kurz vor der Grundlinie erfolgt die
konkrete gedankliche Vorbereitung auf den nächsten Ballwechsel, insbesondere auf den Aufschlag bzw. auf den Return.
IMiECßßl
Die Pause wird in der Ausgangsstellung mit der Konzentration auf
den Aufschlag bzw. Return abgeschlossen.
Betreuung nach dem Wettkampf
Die zeitliche Gestaltung dieser
sechs Phasen kann individuell
unterschiedlich sein; sie hängt auch
vom vergangenen Spiel bzw. vom
Spielstand ab.
Zum Verhalten
des Betreuers
Da das Verhalten des Betreuers
während der Pause beim Seitenwechsel, während der Ballwechsel
und während der Pausen nach
den einzelnen Ballwechseln sehr
wichtig ist, wird im folgenden
noch darauf eingegangen:
•
Das Sprechen während des Seitenwechsels ist zunächst an den
zeitlichen Bedingungen dieser
Pause auszurichten. Deshalb
soll (in der Phase 3) möglichst
wenig gesagt werden, das
Wesentliche ist hervorzuheben.
Der vorgeschlagene Ablauf
der Pause legt es nahe, sich
mit dem eigenen Sprechen
zunächst zurückzuhalten, was
manchem Betreuer schwerfällt.
• Sind sich Spieler und Betreuer
über die taktischen Maßnahmen nicht einig, dann soll der
Betreuer nicht versuchen, sich
stets dominant durchzusetzen.
Denn der Spieler könnte
anschließend dazu neigen, dem
Betreuer nachzuweisen, daß
dieser doch im Unrecht gewesen ist. Im umgekehrten Sinne,
d.h., wenn der Betreuer dem
Spieler zugesteht, seine eigenen
Ideen umzusetzen, dieser jedoch damit scheitert, müßte der
Spieler (dem Betreuer) zugestehen, daß er selbst im Unrecht
war, was eine günstige Voraussetzung für das Akzeptieren
zukünftiger Ratschläge darstellt.
Grundsätzlich gilt jedoch, daß
das langfristige Ziel des Coachings darin besteht, den Spieler
von der aktiven Fremdbeeinflussung durch den Betreuer
unabhängig zu machen.
• Ein spezielles Problem des
Coachings besteht in der Frage,
wie sich der Betreuer bei Fehlentscheidungen des Schiedsrichters verhalten soll. Soll er
protestieren oder sich passiv
verhalten? Da jeder Spieler mit
etwa drei Fehlentscheidungen
im Match rechnen muß und
sich diese normalerweise auf
beide Spieler gleichmäßig verteilen, soll der zu betreuende
Spieler darauf vorbereitet werden, sie ohne Protest und ohne
Streß verarbeiten zu können.
Sollte dieses Maß überschritten
werden und insbesondere zuungunsten des eigenen Spielers
verteilt sein, dann soll der
Betreuer (insbesondere bei wichtigen Spielständen) eingreifen.
• Auch für den Coach stellt das
Wettkampfgeschehen häufig
eine große psychische Belastung dar, die er nicht durch
eigene motorische Aktivitäten
(wie der Spieler) verarbeiten
kann. Manche Betreuer haben
sich hierbei so wenig unter
Kontrolle, daß sie sich nach
Verlustpunkten ihrer Spieler
entsprechend verhalten, d.h.
beispielsweise, sich demonstrativ an den Kopf fassen oder sich
verbal negativ äußern. Ein solches Verhalten kann sich - unabhängig von der Frage, ob es
der Rolle eines Betreuers angemessen ist - zusätzlich negativ
auf den Spieler auswirken. Deshalb soll der Coach gegebenenfalls selbst psychoregulative
Maßnahmen ergreifen, um
einen ruhigen und zuversichtlichen Eindruck zu machen, was
sich auf den Spieler übertragen
kann. Andererseits darf der
Betreuer auch nicht so auf der
Bank sitzen, daß er einen
gelangweilten Eindruck macht
und dem Spieler die Vermutung
nahelegt, er würde sich für
seine Aufgabe nicht ausreichend
engagieren.
Betreuung nach
dem Wettkampf
Die Betreuung nach dem Wettkampf muß sich in erster Linie am
Verlauf des Wettkampfes (bezüglich seiner Länge und seiner Dramatik) und an seinem Ausgang
ausrichten. Je größer die physischen und psychischen Belastungen waren, desto umfangreicher
und intensiver muß auch die
Regenerationsphase sein.
Physische
Regeneration
Zur physischen Regeneration
empfiehlt sich, nach dem Wettkampf 10 bis 15 Minuten auszulaufen oder (wenn möglich) 15 bis
30 Minuten locker Bälle zu schlagen. Dieses erneute aktive Aufwärmen ist eine wichtige Voraussetzung für eine schnellere Regeneration, da aufgrund der dadurch
noch fortbestehenden verstärkten
Durchblutung Stoffwechselschlacken schneller aus der Muskulatur entfernt werden.
Beim passiven Aufwärmen in Form
einer heißen Dusche, eines warmen Bades oder von ein bis zwei
kurzen Saunagängen kommt es
weniger zu einer gesteigerten
Durchblutung der Muskulatur,
mehr dagegen zu einer starken
Durchblutung der Haut und zur
Schweißabgabe. Hierdurch wird
überschüssige Wärme abgegeben,
außerdem ist das passive Aufwär-
219
Wettkam pfbetreuung
220
Weiterführende Betreuung
men auch als psychohygienische
Maßnahme zu verstehen, die zu
einer physischen und psychischen
Entspannung führt, ähnlich auch
bei Massagen.
Hinzu kommt, daß sie den Wiederherstellungsprozeß der Muskeln beschleunigen.
Psychologische
Betreuung
Was die psychologische Betreuung
nach dem Wettkampf betrifft, so
hängt sie zunächst im wesentlichen vom Ausgang des Wettkampfs ab. Nach einem Sieg ist
normalerweise Zustimmung und
Lob angebracht. Gegebenenfalls
kann auch Kritisches hinzugefügt
werden, wenn der Sieg trotz Mängel im Spiel zustande kam und
euphorische, irreale Selbstbeurteilungen sowie falsche Zielsetzungen zu korrigieren sind. Nach
seiner Niederlage soll der Spieler
zunächst beruhigt und getröstet
werden, sofern sein psychischer
Zustand dies erfordert. In einem
solchen Falle soll die gemeinsame
Spielanalyse erst dann erfolgen,
wenn sich der Spieler so weit
beruhigt hat, daß seine Selbstbeurteilung nicht allzu subjektiv ist,
d. h., nicht allzu sehr von seinen
Emotionen bestimmt wird. Dann
ist zu prüfen, inwieweit die Niederlage als Mißerfolg zu bewerten
ist, d.h., daß realistische Zielsetzungen nicht erreicht wurden denn eine Niederlage gegen einen
überlegenen Gegner kann auch
dann als Erfolg gewertet werden,
wenn der Spieler aus seiner und
des Betreuers Sicht gut gespielt
hat.
Bei der Beurteilung der Niederlage
als Mißerfolg ist wiederum zu
berücksichtigen, ob es sich bei dem
zu betreuenden Spieler eher um
einen »Erfolgsmotivierten« oder
eher um einen »Mißerfolgsmotivierten« handelt, da hierdurch die
Ursachenzuschreibung (Kausalattribuierung) wesentlich beeinflußt
wird (s. S. 187). Da Erfolgszuversichtliche die Verantwortung für
den Mißerfolg eher auf äußere
Ursachen abschieben, muß man
ihnen klarmachen, daß sie sich
auch selbst dafür verantwortlich
fühlen sollten, um fruchtbare
Konsequenzen ableiten zu können. Da Mißerfolgsängstliche dazu
neigen, sich allein für den Mißerfolg verantwortlich zu machen,
muß man ihnen gegenüber ihre
guten Leistungen betonen und
deutlich machen, daß auch äußere
Faktoren (z. B. die Stärke des Gegners) für die Niederlage heranzuziehen sind, so daß eine positive
Motivierung für das zukünftige
Training und die nächsten Wettkämpfe möglich wird.
Unabhängig davon, ob ein Sieg
oder eine Niederlage analysiert
werden, empfiehlt es sich für den
Betreuer, durch einen Kollegen
oder anderen Spielern gelegentlich
eine objektive Wettkam pfbeobachtung (s. S. 237) durchführen
zu lassen, da sie die sachliche Auseinandersetzung mit dem Spieler
wesentlich unterstützt und sowohl
für den Spieler als auch für den
Betreuer wichtige Informationen
als Grundlage für das Training
bzw. für die Vorbereitung auf den
nächsten Wettkampf liefern kann.
Betreuung bei
mehreren
Wettkämpfen an
einem Tag
Beim Turnier ergeben sich oft
Planungsprobleme, wenn
• der Spielbeginn sich wesentlich
verzögert,
• Spiele wegen Regens unterbrochen werden,
• mehrere Wettkämpfe (z. B. zwei
Einzel und ein Doppel) an
einem Tag zu absolvieren sind.
In solchen Fällen müssen die bisher beschriebenen Betreuungsmaßnahmen (insbesondere die
direkte Wettkampfvorbereitung
und die Betreuung nach dem Wettkampf) den aktuellen Bedingungen angepaßt werden. Besonderer
Wert ist auch auf die richtige
Ernährung zu legen (s. S. 243).
Weiterführende
Betreuung
Je mehr sich die Betreuung auf
mehrere Wettkämpfe bezieht und
sich diese z. B. über ein oder mehrere Turniere hinweg erstrecken,
desto umfassender werden die
Aufgaben des Betreuers. Sie können dann auch Aufgaben enthalten wie Reservierung von Trainingsplätzen, Hotel- und Flughafenbuchungen, Gespräche mit
Vertragspartnern u.a. Die Rolle
des Betreuers geht dann über in
eine komplexe Rolle, in der er die
Aufgaben eines Trainers, eines
Managers, einer privaten Bezugsperson und (vor allem bei jugendlichen Turnierspielerinnen und
-Spielern) auch diejenigen eines
Pädagogen wahrzunehmen hat.
221
Sportmedizinische
Aspekte
Sportmedizinische Betreuung
Tennis als Breitensport unterscheidet sich bezüglich Trainingszustand, Motivation und Leistungsziel erheblich vom Leistungssport.
Folglich differieren Belastungsumfang und -intensität beträchtlich
zwischen Leistungssport und Breitensport. Hieraus ergeben sich
unterschiedliche Konsequenzen in
der sportmedizinischen Beurteilung der Belastungsfähigkeit der
Sporttreibenden sowie in der Art
der sportärztlichen Betreuung.
Betreuung
im Breitensport
Für den am Breitensport orientierten Tennisspieler hat die sportärztliche Untersuchung das Ziel, sämtliche bestehenden gesundheitlichen Schäden oder Erkrankungen
zu erfassen, um sich auf dieser
Basis über Art und Umfang der
tennisspezifischen Belastungen
beraten zu lassen. Dies trifft für alle
Breitensportler zu, die im mittleren
oder höheren Lebensalter mit Tennis beginnen wollen, sowie für alle
Seniorenspieler- und Spielerinnen,
die Tennisturniere (vorrangig in
Mannschaften) bestreiten. Aus
präventivmedizinischer Sicht sind
ausführliche Hinweise auf eine
222
gesunde Lebensführung (richtige
Ernährung, ausreichende Regeneration, Vermeidung von Nikotin
und erheblichem Alkoholkonsum
usw.) von gleicher Bedeutung wie
einzelne Details zu Qualität und
Quantität der sportlichen Betätigung selbst.
Betreuung
im Leistungssport
Beim Leistungssport betreibenden
Tennisspieler hat die sportärztliche
Betreuung den Zweck, die
Leistungsentwicklung optimal zu
unterstützen, das Auftreten von
Krankheiten zu verhüten und
Verletzungen bzw. Erkrankungen
optimal zu behandeln. In Zusammenarbeit mit Spieler und Trainer
wird auch versucht, Überbeanspruchungen und hieraus resultierende Einschränkungen von
Gesundheit und Leistungsfähigkeit
zu verhüten. Letzteres ist häufig
nur mittels kontinuierlicher Kontrolle von Trainingsumfang und intensität möglich. Damit stellt die
sportmedizinische Unterstützung
bei der Trainingssteuerung ein
wichtiges Mittel für die optimale
Leistungsentwicklung dar und bietet zugleich einen wirkungsvollen
Schutz vor Überlastungsschäden
im Tennis.
Spieler und Spielerinnen der nationalen und internationalen Spitzen-
klasse müssen folglich im Jahr
mindestens einmal sportärztlich
untersucht und darüber hinaus
mehrfach sportmedizinisch betreut
werden.
Vor Aufnahme des Leistungssports
und eines entsprechenden Trainings erfolgt eine Gesundheitsuntersuchung auf der Grundlage des
vom Bundesausschuß für Leistungssport (BAL) herausgegebenen, derzeitig gültigen Untersuchungsbogens für Kader-Athleten.
Bei dieser sportmedizinischen Eignungsuntersuchung sollen körperliche Schwachstellen, latente
Erkrankungen oder Körperschäden
erkannt und ihre Auswirkungen
auf die Gesundheit der Tennisspieler beim Training und Wettkampf
abgeschätzt werden. Sportmedizinische Eignungsuntersuchungen
sollten in der Regel getrennt von
sportärztlich qualifizierten Internisten und Orthopäden erfolgen.
Diese Gesundheitsuntersuchung
umfaßt neben einer Erhebung der
Krankenvorgeschichte die internistische und orthopädische
Untersuchung sowie diverse Laboruntersuchungen.
Die sportmedizinische Kontrolluntersuchung (Gesundheitsuntersuchung) im Verlauf der Leistungssportentwicklung des Tennisspielers beobachtet die bekannten
körperlichen Schwachstellen oder
bestehenden Körperschäden; ferner wird versucht, Überforde-
Verletzungen im Tennis
rungs- oder Mangelzustände zu
erkennen und mit prophylaktischen Maßnahmen gegenzusteuern. Bei einer umfassenden und
kontinuierlichen sportmedizinischen Betreuung von Leistungsspielem ist die jährliche Kontrolluntersuchung ausreichend. Bei
fehlender sportärztlicher Betreuung verändert auch eine zweite
jährliche Kontrolluntersuchung
nicht wesentlich das sportärztliche
Betreuungsdefizit.
Die sportmedizinische Betreuung
umfaßt sportmethodische und
physiotherapeutische Maßnahmen
zur Erhaltung der Gesundheit bzw.
Vorbeugung von Verletzungen,
gibt individuelle Vorschläge für die
Ernährung und ist an Maßnahmen
der Leistungsdiagnostik und Traihingssteuerung beteiligt. Speziell
bei Leistungstennisspielern/-innen
sind Sportunfälle aufgrund eines
plötzlich eintretenden Ereignisses
(z.B. Bänderriß, Muskelriß usw.)
auf dem Tennisplatz vergleichsweise selten, dafür treten in letzter
Zeit gehäuft Sportschäden aufgrund chronisch einwirkender
Überbeanspruchung auf. Dies
betrifft vor allem den Rücken im
unteren Lendenbereich, die Schulter des Schlagarmes sowie Oberschenkelmuskulatur, Bauchmuskulatur und Achillessehne.
In Zusammenarbeit mit Spielern
und Spielerinnen, Trainern, Physiotherapeuten und Sportärzten
tragen folgende Maßnahmen zur
Vermeidung genannter Überlastungsschädigungen und entsprechender Verletzungsmechanismen
bei:
• Massage, Physiotherapie, Entmüdungsbäder zur Lösung von
Muskelverspannungen und zur
Verhinderung ihres Auftretens
• Stetige Durchführung eines
systematischen Vorbereitungstrainings (Warm-up) und einer
•
•
•
•
•
•
Abklingphase (Cool-down); hiermit können akute Verletzungen
und Überlastungsschäden erheblich vermindert werden
Regelmäßige Kräftigung und
Dehnung der beanspruchten
Muskulatur und der Antagonisten zur Vermeidung muskulärer Dysbalancen; ggf. auch Aufbautraining für die GanzkörperMuskulatur
Regelmäßiges Ausgleichstraining bzw. -gymnastik (z.B.
Stretching) zur Entwicklung
und Regeneration des SehnenBand-Apparates und des
Gelenkknorpels
Schutz vor hohen Trainingsumfängen und -intensitäten auf
ungewohnten Bodenbelägen
(insbesondere rutschfesten
Hartplätzen)
Gewährleistung des richtigen
Verhältnisses von Belastung
und Erholung im Verlauf einer
Trainingseinheit, eines Trainingstages und im Rahmen
eines Mikrozyklus
Individuelle belastungsangepaßte Ernährung (einschließlich
Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Flüssigkeit)
Sportliche Lebensführung
(Nikotinverzicht usw.) unter
besonderer Berücksichtigung
der Regenerationsphasen
(Schlaf usw.)
Verletzungen
im Tennis
Im Vergleich zu anderen beliebten
Freizeitsportarten wie Turnen,
Leichtathletik und alpinem Skilauf
sind Sportverletzungen im Tennis
relativ selten und harmlos. Das
Verletzungsrisiko für Tennisspieler
ist auch erheblich geringer als bei
anderen Ballsportarten (z.B. Fuß-
ball, Handball, Volleyball und
Squash).
Trotzdem müssen Tennisspieler
jederzeit mit einer akuten oder
chronischen Schädigung als Folge
einer Verletzung durch das Tennisspiel rechnen. Die wachsende Zahl
der älteren Tennisspieler führt
zwangsläufig auch zu einem
Anstieg der Gesamtzahl an Tennisverletzungen. Die Zielsetzung dieses Kapitels liegt vorrangig auf der
Verhütung von Tennisverletzungen. Voraussetzung für eine richtige Vorbeugung ist die Kenntnis
aller wesentlichen Tennisverletzungen sowie deren Hauptursachen.
Darüber hinaus sollten die wichtigsten Grundsätze der Ersten Hilfe
bei den häufigsten Tennisverletzungen bekannt sein. Hierbei
sind es weniger die schweren
Verletzungen, sondern eher die
kleineren Schädigungen, die dem
Spieler, dem Trainer und dem
Ersthelfer Probleme bereiten.
Beispielsweise bedarf die Differentialdiagnose zwischen Überdehnung, Zerrung und Teilriß der
Muskulatur detaillierter Kenntnisse
und vieljähriger Erfahrung. Folglich sind einige grundlegende
Kenntnisse über die einzelnen
Tennisverletzungen zu vermitteln;
allerdings kann es nicht das Ziel
sein, sämtliche sportartspezifischen Verletzungen im Detail darzustellen und über differenzierte
Therapie-Strategien nach aktuellem Wissensstand zu diskutieren.
Maßnahmen dieser Art müssen
weiterhin allein dem Arzt vorbehalten bleiben (»Erste ärztliche
Hilfe«).
Begriffserklärungen
Sportverletzung ist die umfassende Bezeichnung für alle Vorgänge, die bei einer sportlichen
Betätigung die Unversehrtheit
eines Gewebes beschädigen. Beispiele hierfür sind Prellung, Zerrung, Zerreißung oder Bruch sowie
Entzündung und Verbrauchserscheinung (Degeneration). Verletzungen, die im Zusammenhang
mit dem Tennisspiel (vor, während
oder nach dem Tennisspiel) auftreten, sind Tennisverletzungen.
Die Tennisverletzung wird verursacht durch einen Unfall beim
Tennis (Tennisunfall) und einen
Schaden durch Tennis (primärer
Tennisschaden). Tritt die Verletzung bei einem plötzlich eintretenden, einmaligen Geschehen ein, so
handelt es sich um einen Unfall
wie z. B. Riß der Außenbänder am
Sprunggelenk nach Tritt auf den
Tennisball; wirkt das Schädigungsgeschehen jedoch verzögert oder
mehrfach und geringgradig als
Mikrotrauma ein, so entsteht ein
primärer Schaden, wie z. B. beim
Tennisarm (HINRICHS, 1989).
Tennisunfall und primärer Tennisschaden können unter bestimmten
Umständen (Vorschädigung,
schwere Verletzung, Diagnostikund Therapiefehler, ungenügende
Nachbehandlung) in den sekundären Tennisschaden (Sportschaden) münden. Unter günstigeren
Bedingungen heilen Unfallfolgen
und primärer Tennisschaden bis
zur Unversehrtheit des Gewebes
und ihrer Funktionen vollkommen
aus: Sie sind prinzipiell reversibel.
Kann keine vollkommene Heilung
des Tennisunfalles oder des primären Tennisschadens erzielt werden,
so wird der verbleibende Verletzungszustand als sekundärer
Tennisschaden bzw. Spätschaden
durch Tennis definiert.
Im folgenden werden die häufigsten Tennisunfälle, differenziert
nach den verschiedenen Gewebearten Haut, Bänder und Muskulatur, sowie der bekannteste primäre
Tennisschaden, der Tennisellbo-
224
gen, dargestellt. Die Beschreibung
der einzelnen Krankheitsbilder
umfaßt zwar auch Verletzungsursache und Diagnostik, der Schwerpunkt liegt jedoch auf Vorbeugung und Sofortmaßnahme
(Laienhilfe bzw. Erste Hilfe).
Abschließend werden die wichtigsten allgemeinen Ratschläge zur
Vorbeugung von Tennisverletzungen zusammenfassend dargestellt.
Tennisunfälle
In der allgemeinen Unfallgesetzgebung wird der Unfall als ein Ereignis definiert, das durch plötzlich
einwirkende Gewalt die Gesundheit gefährdet und zu körperlichen
und seelischen Schäden führen
kann. Die Unfallursachen im Tennissport sind mannigfaltig. In der
Regel spielen jedoch individuelle,
interne Ursachen (z.B. Alter und
persönliche Einstellung, sportliche
Vorerfahrungen und Trainingszustand, Aufwärmung und Erholung
sowie allgemeine Lebensführung
wie Ernährung, Schlaf und Alkohol) die Hauptrolle, während
externe Ursachen wie Sportstätten,
Bodenbeschaffenheit oder Sportausrüstung eine weitaus geringere
Rolle spielen.
Die häufigsten Tennisunfälle
betreffen folgende Organsysteme
bzw. -strukturen:
• Verletzungen der Haut
• Verletzungen der Bänder
• Verletzungen der Muskeln
Verletzungen der Haut
Die häufigsten Verletzungen
(meist basierend auf B a g a t e l l f ä l len) im Tennis sind an der Haut
lokalisiert. Hierbei handelt es sich
in erster Linie um Schürfwunden:
Quetsch- und Platzwunden sind
dagegen relativ selten. Hautverletzungen entstehen im wesentlichen
durch einen Sturz, gelegentlich
durch Schlag oder Stoß. Bei Tennisspielern bilden sich auch Hautveränderungen wie Blasen (Ansammlung von Gewebsflüssigkeit
in der obersten Hautschicht) und
Schwielen (Hornhautverdickung).
Blasen entstehen durch einmaliges
Tennisspielen, das nach längerer
Spielpause zu lange andauerte
(z.B. Blasen am Handteller oder
am Übergang zu den Fingern)
oder mit neuem Schuhwerk (z. B.
Blasen an der Ferse oder an den
Zehen) durchgeführt wurde.
Schwielen entwickeln sich durch
häufig wiederholtes Spielen über
eine längere Zeit (z.B. Schwielen
an Fingern und Hohlhand).
Diagnose
Sind kleinste Haargefäße (Kapillaren) verletzt, handelt es sich um
eine Sickerblutung; bei der selteneren Verletzung von Blutadern
(Venen) fließt dunkelrotes Blut, bei
der von Schlagadern (Arterien)
spritzt hellrotes Blut. Wegen der
Möglichkeit einer Verletzung
von tiefer gelegenen wichtigen
Gewebsstrukturen wie Nerven,
Sehnen, Muskeln und Knochen
sind in entsprechenden Fällen
eine exakte Funktionsprüfung und
weitere diagnostische Maßnahmen durch den Arzt notwendig.
Sofortmaßnahmen (Laienhilfe)
Schürfwunden werden nach Desinfektion mit einem einfachen
Wundschnell- oder Pflasterverband (z.B. Hansamed®) abgedeckt; gleichzeitig muß der Tetanus-Impfschutz abgeklärt und
im Zweifelsfall sofort erneuert
werden. Bei offensichtlicher
Verschmutzung durch Tennissand
empfiehlt sich eine vorherige, vorsichtige Reinigung mit besonderen
Tüchern (z.B. Hansamed®-WundReinigungstücher), die zuvor mit
Desinfektionsmittel getränkt wur-
Verletzungen im Tennis
den. Die beliebten Sprühverbände
sowie das Auftragen von Salbe
oder Puder sind häufig ungeeignet, da sie mit der Wunde verkleben und sich mehrere Tage - ohne
erneutes Aufreißen - nicht entfernen lassen. Notfalls kann die
Wunde bei Verschmutzung auch
unter fließendem Leitungswasser
gereinigt werden. Weit klaffende
Wunden müssen vom Arzt genäht
oder geklammert werden.
Stark blutende Wunden werden
gestillt durch Anlegen eines
Druckverbandes und Hochlagern
der betroffenen Extremität. Eine
spritzende Schlagaderblutung erfordert das Abbinden der betroffenen Gliedmaße; diese Blutsperre
darf jedoch nicht länger als 60 bis
90 Minuten dauern.
Bei Blasen sollte sofort nach den
ersten Anzeichen (Schmerz/Rötung) die Selbsthilfe beginnen. Die
überbeanspruchte Hautpartie wird
durch einen Schutzverband abgedeckt; am Fuß (Ferse) eignet sich
hierzu in hervorragender Weise
ein »Lochschaumgummi«, der den
unmittelbaren Blasenbezirk ausspart und zugleich die geschädigte
Region entlastet. In der Hohlhand
und an den Fingern sind schmale
Tapestreifen oder gar ein dünner
Lederhandschuh nützlich, während übliche Heftpflaster zu dick
sind und meist verrutschen. Mit
diesen Hilfsmitteln wird ein Aufreißen der Blasen vermieden, so
daß der intakte Hautschutz eine
Infektion verhindert. Ist die Blase
prall mit Flüssigkeit gefüllt, so
kann sie zur Schmerzentlastung
nach Desinfektion der Hautpartie
mit einer sterilen Nadel vorsichtig
geöffnet werden. Meist klingt der
Schmerz nach Entleerung und
Abdeckung durch Leukoplast ab.
Hornhautschwielen sind harmlos
und bilden einen guten Schutz der
Haut vor Überbeanspruchungen.
Aus kosmetischen Gründen können sie durch regelmäßiges Auftragen von Salicylsäure aufgeweicht werden.
Vorbeugende Maßnahmen
• Gute Beinarbeit und entsprechend guter Konditionszustand
• Fester Halt im Schuh mit funktionstüchtigen Sohlen für jede
Art von Tennisbelag
• Neues Schuhmaterial zuerst im
Training einlaufen
• Zu Beginn der Freiluftsaison
und nach jeder längeren Spielpause Einhaltung von Trainingsund Wettkampfhöchstgrenzen
(z. B. maximal 90 Minuten)
• Wiederauffrischung der Tetanusschutzimpfung (Schutz
gegen Wundstarrkrampf)
Verletzungen der Bänder
Die Stabilität eines Gelenkes wird
durch aktive und passive Faktoren
sichergestellt. Für die aktive Stabilität sorgt die Muskulatur, während für die passive Stabilität
hauptsächlich die Bänder eines
Gelenks verantwortlich sind. Eine
Bandverletzung tritt auf, wenn ein
Gelenk durch direkte und indirekte
Gewalteinwirkung sein natürliches
Bewegungsausmaß überschreitet.
Hierbei können wenige Fasern
oder das Band als Ganzes betroffen sein.
Beim Tennis sind vor allem die
Bänder an den Sprunggelenken
(»Fußgelenk«) gefährdet.
Ein unvollständiger Bänderriß
umfaßt nur einen Teil des Bandes;
die Gelenkstabilität wird hierdurch
häufig nicht beeinflußt. Bei einem
vollständigen Bänderriß sind alle
oder fast alle Fasern des Bandes
gerissen, das Gelenk verliert dadurch seine Stabilität.
Im allgemeinen geht jeder Bänderriß mit einer Blutung in das umgebende Gewebe einher, so daß ein
Bluterguß sichtbar wird. Eine
Bandverletzung innerhalb des
Gelenkes (z.B. Kreuzband) oder
der Gelenkkapsel führt in der Regel
zu einer Blutung ins Gelenk, Bandverletzungen dieser Art können
zusätzlich mit einer Schädigung der
Knorpeloberfläche einhergehen.
Diagnose
Folgende Symptome weisen auf
eine Bandverletzung hin:
• Bluterguß, Schwellung sowie
Spontan-, Druck- und Bewegungsschmerz
• Gegebenenfalls Blutungen
ins Gelenk
• Bewegungsabhängige
Schmerzen
• Instabilität des Gelenks je nach
Ausmaß der Verletzung
Bei Bandverletzungen sollte das
betroffene Gelenk stets hinsichtlich seiner Stabilität überprüft werden. Zum Ausschluß von Verletzungen ernsterer Art sowie zur
frühzeitigen Einteilung der richtigen therapeutischen Maßnahmen
ist ein sofortiger Arztbesuch dringend notwendig.
Sofortmaßnahmen (Laienhilfe)
Unmittelbar nach Spielabbruch
wird ein kühlender Druckverband
angelegt sowie durch Hochlagerung für Entlastung und Ruhigstellung gesorgt. Hierzu sind eine elastische Binde sowie eine Eisauflage
(z.B. Eis-Lolly) oder Eiswasser und
gegebenenfalls ein Schwamm notwendig. Auch ein Eisspray kann
zur Nachkühlung auf den eiswassergetränkten Druckverband (nicht
auf die Haut, wegen der Gefahr
von Erfrierungsschäden) benutzt
werden, so daß eine stetige Kälteabgabe erreicht wird. Dieses Behandlungsschema nach der PECHRegel (Eause, Eis, Compression,
Hochlage) wurde zwei Jahrzehnte
lang propagiert. In jüngster Zeit
225
Sportmedizinische Aspekte
wird jedoch die Eistherapie mit kritischer Distanz betrachtet und
zumindest teilweise durch Medikamentengabe speziell zur Schmerzlinderung, Entzündungshemmung
und Regenerationsförderung
ersetzt. Zur weiteren Abklärung
der Diagnose (Überprüfung der
Gelenkstabilität usw.) und zwecks
frühzeitiger Einleitung therapeutischer Maßnahmen (z.B. Tapeverband) wird der Patient mit hochgelagerter Extremität zum Arzt
gebracht.
Vorbeugende Maßnahmen
• Gleichmäßige Kräftigung und
Dehnung aller jener Muskelgruppen, die vor allem die
Sprung- und Kniegelenke stabilisieren
• Beachten bzw. schnellstmögliche Beseitigung von Erhebungen (z.B. Linien) und Mulden
in der Oberfläche der Tennisplätze
• Entfernen herumliegender Tennisbälle aus dem Spielbereich
• Bevorzugung von Sandplätzen
gegenüber Hartplätzen (Platzoberfläche darf allerdings nicht
zu rutschfähig, z. B. Granulat
sein)
• In Ausnahmefällen auch Verwendung eines prophylaktischen Tapeverbandes, einer Gelenkbandage/Orthese oder von
Spezialschuhen als Schutz vor
wiederholter Bänderverletzung
Verletzungen der Muskeln
und Sehnen
Muskeln und Sehnen bilden eine
funktionelle Einheit. Prinzipiell
können Verletzungen im Bereich
des Muskelursprungs, des Muskelbauchs, des Übergangs vom Muskel zur Sehne, der Sehne selbst
und am knöchernen Sehnenansatz
auftreten. Im Tennis ist der Spieler
beim plötzlichen Abbremsen
226
(exzentrische Belastung), bei rascher
Beschleunigung (konzentrische
Belastung) und vor allem bei der
Kombination von Brems- und Beschleunigungsbewegung (z.B. bei
jedem Wechsel der Laufrichtung
in Zeitnot besonders gefährdet.
Im Tennis treten Muskel- und Sehnenverletzungen vor allem bei
plötzlichen kraftvollen oder unkoordinierten Muskelaktionen auf.
Ursache hierfür ist häufig eine
mangelhaft aufgewärmte, inzwischen wieder abgekühlte (z. B.
Doppel in der Abendkühle) oder
übermüdete Muskulatur. In Kombination spielen Mängel in der
tennisspezifischen Schlag- und
Lauftechnik sowie ein ungenügender Zustand der Kraft und der Beweglichkeit eine wesentliche Rolle.
Auch muskuläre Dysbalancen (z.B.
ungenügende Dehnfähigkeit der
Agonisten und mangelhafte Kraft
der Antagonisten) sind wesentliche ursächliche Faktoren.
Muskelrisse treten besonders häufig an zweigelenkigen Muskeln
auf, wie z. B. an der Oberschenkelrückseite; diese Muskulatur
unterliegt einer besonderen neuromuskulären Steuerung. Ähnliches
gilt für die Muskulatur an der Vorderseite des Oberschenkels und an
der Rückseite des Unterschenkels,
die besonders im untrainierten Zustand gegenüber Dehnung anfällig
sind, da sie als überwiegend tonische Muskeln bei ungenügender
Trainierbarkeit mit Verkürzung
reagieren.
Diagnose
Im allgemeinen werden folgende
unterschiedliche Arten von Muskelund Sehnenverletzungen unterschieden:
• Muskelzerrungen entstehen
durch Überdehnungen und
treten häufig in den oberflächlichen Anteilen eines Muskels
oder in der Nähe von Muskelursprung bzw. Muskelansatz
auf. Die anatomische Struktur
bleibt bei der Zerrung erhalten,
»nur« die Funktion ist gestört.
• Stumpfe Muskelprellungen entstehen als Folge einer Muskelkompression durch direkte Einwirkung eines Gegenstandes
(z.B. eigener Schläger), ohne
daß in der Regel eine Hautverletzung auftritt.
•
Beim Muskelriß wird je nach
Schweregrad zwischen einem
kompletten und einem inkompletten Muskelriß unterschieden.
Beim Muskelfaserriß sind Muskelfasern in einem kleineren Bezirk
gerissen. Meist erfolgt eine intramuskuläre Blutung, die therapeutisch besondere Beachtung verlangt; sie ist schwierig zu tasten
und ein äußerlich sichtbarer Bluterguß ist nicht zu erwarten.
Beim Muskelbündelriß betrifft die
Zerreißung von Muskelfasern den
Umfang eines Muskelbündels
(quantitativer Unterschied zu
Muskelfaserriß). Die Blutung ist innerhalb des Muskels und das Ausmaß der Blutung schwankt je nach
Umfang und Ort. Ein Bluterguß ist
äußerlich in der Regel distal (peripheriewärts) von der Rißstelle zu
erwarten.
Der Muskelriß führt zur vollständigen Trennung des Muskels, so daß
die Blutung auch nach außen
schon früh zu erkennen ist.
Der Muskelriß führt zu einem akut
auftretenden stich- oder schlagähnlichen Schmerz, der zur sofortigen Spielunterbrechung zwingt.
Der Schmerz ist eindeutig lokalisierbar. Eine frühzeitige Tastuntersuchung zeigt eine mehr oder
minder deutliche Faserunterbrechung, die bei umfangreichen Faserrissen als Lücke auffällt. - In der
Folgezeit füllt sich die Muskellücke
Verletzungen im Tennis
mit Blut und Gewebswasser; gleichzeitig erfolgt eine deutliche Spannungserhöhung im gesamten Muskelbündel mit einem Höhepunkt
nach ca. 24 Stunden. Letzteres ist
als Schutzreaktion des Muskels
anzusehen. Sollten allerdings Gefühlsstörungen auftreten, muß sofort der Arzt aufgesucht werden.
Die Differentialdiagnose zwischen
Muskelzerrung und Muskelriß
'(insbesondere Grad 1) ist mit Eintritt der Verletzung häufig schwierig. Wegen der Bedeutung für den
Behandlungserfolg und den Heilverlauf werden die wichtigsten
Unterschiede zusammengefaßt:
Bei oberflächlich liegender Muskulatur deutlich tastbare Lücke
(Delle), Bluterguß nach einem
oder mehreren Tagen sowie deutlich längere Heilungszeit grenzen
den Muskelriß von der Muskelzerrung ab, letztere bessert sich häufig durch vorsichtiges Dehnen.
Allerdings kann die tastbare Lücke,
vor allem bei gespannter Muskulatur, einige Stunden nach der Verletzung durch einen Bluterguß
oder eine Ansammlung von
Gewebswasser ausgefüllt sein, so
daß der Nachweis durch Abtasten
nicht mehr gelingt.
Beim Faserriß ist es manchmal
möglich, eine (kleinste) Muskellücke zu fühlen. Beim kompletten
Riß kann die vollständige Trennung des Muskelbauches getastet
werden. In diesem Fall kann sich
auch der Muskel zur Sehne hin
zusammenziehen und wird als
knollige Auftreibung sichtbar.
Bei den Sehnenverletzungen unterscheiden wir den partiellen und
den kompletten Sehnenriß. Sehnenverletzungen sind im Vergleich
zu Muskelverletzungen bei Tennisspielern selten und betreffen vornehmlich die Achillessehne.
Komplette Sehnenrisse ereignen
sich häufig an degenerierten Seh-
nen. Sie finden sich häufig bei
älteren Tennisspielern, die nach
längerer Trainingspause den Sport
wieder aufnehmen oder den Sehnen nur ungenügende Regenerationsphasen gönnen. Inkomplette
Sehnenrisse werden nicht immer
erkannt und als Entzündung oder
Überlastung fehldiagnostiziert.
Sofortmaßnahmen
Sofortmaßnahmen (Laienhilfe)
verfolgen zuerst das Ziel, die Blutung zum Stillstand zu bringen.
Folgende Maßnahmen sind unverzüglich einzuleiten:
Durch sofortige Ruhigstellung und
entsprechende Lagerung wird die
betroffene Muskulatur entlastet
und liegt über dem Körperzentrum. Gleichzeitig erfolgt Kälteanwendung im Verbindung mit
Kompression im Verletzungsbereich. Hierzu eignet sich ein eiskalter Druckverband (z.B. mit Eiswasser getränkter Schwamm), der die
verletzte Muskulatur großflächig
ca. 20 bis 30 Minuten kühlt. Die
sofortige Erstversorgung in den
ersten 10 Minuten ist von entscheidender Bedeutung für den zeitlichen Verlauf der Heilung. Erfahrungsgemäß kann eine um ein bis
zwei Minuten verzögerte Behandlung innerhalb der ersten zehn
Minuten eine Verlängerung der
Rehabilitation um einen Tag
bewirken! Nach erneuter eingehender Untersuchung sollte die
Diagnose präzisiert und weitere
Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden.
Bis zur endgültigen Absicherung
der Diagnose sollten die Gliedmaße entlastet bleiben, zumal bei
jeder Gewalteinwirkung oder
erneuten kräftigen Muskelkontraktion (z. B. unkontrollierte Bewegung) eine Nachblutung innerhalb
der ersten 24 bis 36 Stunden
droht. Im Gegensatz zum Muskel-
riß hat sich bei der Muskelzerrung
eine ausgiebige und gleichzeitig
vorsichtige Dehnungsbehandlung
(z.B. postisometrische Dehnung
mit 10 bis 15 Wiederholungen) im
direkten Anschluß an die Eistherapie im Sinne einer prompten
Befundverbesserung als günstig
erwiesen. In jüngster Zeit wird die
Wirkung einer Eistherapie nach
stumpfen Muskelverletzungen,
Blutergüssen oder Verrenkungen
im Gelenk äußerst kritisch gesehen, da Kühlung zwar schmerzlindernd wirkt, im Gegensatz zur
früheren Meinung aber kein
großer Einfluß auf Bluterguß und
Entzündungshemmung nachweisbar ist. In den ersten Minuten und
Stunden wird daher neben der
Kompression und einer angemessenen Kühlung ein entzündungshemmend und regenerationsfördernd wirkendes Sportgel (z.B.
Elektrolyt-Salbe S®) empfohlen.
Nach etwa einem Tag folgt in der
Regel eine funktionelle Behandlung mit Tapeverbänden.
Massage sollte bei einer Muskelverletzung innerhalb der ersten
drei Tage nicht angewandt werden, da sie wie eine neue Verletzung wirken kann. Eventuell günstigen Einfluß auf den Heilungsprozeß nehmen Lymphdrainage
bei Schwellung sowie Massage der
nicht verletzten Muskelanteile.
Die Dehnung sollte vor der Kältetherapie erfolgen und dient der
Detonisierung der Muskulatur und
der Diagnostik. Bei Schmerzlinderung handelt es sich eher um eine
Zerrung, bei Schmerzverstärkung
um einen Muskelriß. Nach der
anschließenden Kältetherapie über
20 bis 30 Minuten gibt es verschiedene Therapiemaßnahmen;
sie sind sehr vielseitig und werden
in Fachkreisen teilweise unterschiedlich bewertet, so daß sie den
behandelnden Ärzten und Physio-
Sportmedizinische Aspekte
therapeuten überlassen bleiben
müssen.
Vorbeugende Maßnahmen
• Aufwärmen des Herz-KreislaufSystems und der Hauptmuskelgruppen (einschließlich Dehnübungen) vor jedem Training
und Wettkampf
• Regelmäßige, kräftigende
Übungen gleichmäßig für alle
funktionell bedeutsamen Muskelgruppen (einschließlich
Antagonisten)
• Beweglichkeitstraining für die
Hauptfunktionsmuskulatur
• Ökonomisierung der Tennistechnik (Lauf- und Schlagtechnik)
• Verhinderung der Auskühlung
während Training und Wettkampf (z.B. unbedachtes »spätes« Ablegen der Wärmeschutzkleidung) und zwischen
einzelnen Trainingseinheiten
(z.B. ungeschütztes Sitzen auf
der Terrasse des Club-Restaurants)
• Schutz vor Muskelermüdung
während des Tennistrainings
und ausreichende Regenerationsphasen zwischen den
Trainingseinheiten
• Ausheilung jeder Muskelverletzung
Tennisschäden
Durch Tennis hervorgerufene Verletzungsformen des Bewegungsapparates ohne erkennbare
Gewalteinwirkung werden als primärer Tennisschaden definiert, der
sich in der Folge durch Schmerzen
und gestörte Funktionen zeigt.
Prinzipiell ist der primäre Tennisschaden dadurch gekennzeichnet,
daß er durch ausreichende
Behandlung sowie Änderung und
Reduzierung der Belastung wieder
zu voller Leistungsfähigkeit und
228
Beschwerdefreiheit führen kann.
Der sekundäre Tennisschaden ist
dagegen von bleibenden Defekten
und anhaltender Belastungsminderung gekennzeichnet. Da die
Übergänge fließend sind, gelingen
eindeutige Abgrenzungen nicht
immer.
Das Auftreten eines Sportschadens
wird an all jenen Stellen bzw.
Gewebearten begünstigt, an denen
ein Mißverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit vorliegt.
Hierbei kann eine Fehl- oder
Überbelastung vorliegen oder die
Belastbarkeit ist durch verschiedene Umstände (Erbgut, Umwelt,
Krankheit) vermindert. Besonders
häufig sind die stoffwechselträgen
(bradytrophe) Gewebe wie Sehnen, Bänder, Knorpel und Narben
betroffen. Beim Tennisspieler sind
die bevorzugten Stellen für einen
Tennisschaden der Tennisellbogen,
die Tennisschulter, die Lendenwirbelsäule und die Achillessehne.
Wegen der zahlenmäßigen Bedeutung - ca. 40 bis 50% aller Tennisspieler haben während ihrer
Tennis-Laufbahn Beschwerden im
Sinne eines Tennisellbogens - und
wegen des engen Zusammenhangs dieses Krankheitsbildes mit
der Tennistechnik wird auf den
Tennisellbogen ausführlich eingegangen.
Tennisellbogen
Beim Tennisellbogen handelt es
sich um differente, krankhafte
Veränderungen am Ellbogengelenk, die durch Überlastung entstehen und feingeweblich durch
degenerative Veränderungen des
Sehnenansatzgebietes der am Ellbogen liegenden Muskelursprünge
mit Verfettung und Aufsplitterung
der Sehnenfasern charakterisiert
werden. In der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle (ca. 80%)
ist der äußere (laterale) Gelenk-
knorren betroffen, an dem die
Streckmuskulatur des Handgelenks und die Außenwender der
Hand entspringen. Der innere
(mediale) Gelenkknorren, an dem
Handgelenksbeuger und Handinnenwender ihren Ursprung nehmen, ist nur in ca. 20% der Fälle
schmerzhaft. Bei Leistungstennisspielern ist der Anteil der medialen
Beschwerden zwar höher, die Zahl
der betroffenen Spieler ist allerdings relativ niedrig.
Der Tennisellbogen tritt ebenfalls
häufig bei Tätigkeiten oder Berufen auf, die mit intensiver Handarbeit (insbesondere in Verbindung
mit Drehbewegungen) verbunden
sind. Während in früheren Zeiten
Hausfrauen durch Wäschewringen
besonders gefährdet waren, sind
es heute Tätigkeiten des Heimwerkers wie Plattenlegen oder
Schraubendrehen gegen hohen
Widerstand, die einen Tennisellbogen provozieren.
Beim Tennisspieler ist für diese
Überbeanspruchung oder Fehlbelastung in erster Linie eine unökonomische Tennistechnik vor allem
auf der Rückhandseite (Streckmuskulatur) verantwortlich; Vorbeugemaßnahmen müssen folglich zuallererst bei der Rückhandtechnik ansetzen.
Trotz der wesentlichen Bedeutung
einer unökonomischen Tennistechnik für die Entstehung des Tennisellbogens dürfen andere Faktoren
nicht außer acht gelassen werden.
So liegen Hinweise für einen Zusammenhang von Ellbogenbeschwerden mit emotionalen
Störungen sowie vor allem mit
Verknöcherungen an den Austrittsstellen der Armnerven aus der
Halswirbelsäule vor.
Noch wichtiger sind alterstypische,
degenerative Veränderungen im
Bereich der Muskelursprünge am
Ellbogengelenk, die dazu beitra-
Verletzungen im Tennis
gen, daß das Krankheitsbild des
Tennisellbogens bevorzugt in der
Mitte des vierten Lebensjahrzehnts beginnt und seinen Häufigkeitsgipfel im fünften und sechsten Lebensjahrzehnt hat.
Diagnose
Der Tennisellbogen verursacht
zeitweilig (zu Beginn des Tennisspiels) oder dauernde Schmerzen
in der Gegend der Gelenkknorren
am Ellbogen (auf Druck und vor
allem beim Tennisschlag). Am
häufigsten liegt der Schmerzpunkt
im Ursprungsgebiet des kurzen
daumenwärts gelegenen Handgelenkstreckers. Im Extremfall können weder eine Tasse Kaffee
angehoben noch eine Zeitungsseite
umgeblättert werden. Tennisellbogen-Patienten erkennt man bereits
bei der Begrüßung, da sie dem
festen Händedruck ausweichen.
Ist der äußere Gelenkknorren betroffen, treten diese Schmerzen
beim Rückhandschlag auf,
während bei einem Befall des
inneren Knorrens vor allem die
Vorhand sowie eine schnelle Aufschlagbewegung schmerzhaft
sind. Die eindeutige Bevorzugung
der Rückhandseite als Ausgangspunkt der Schmerzen liegt darin,
daß die Kraft der Beuger (Hauptmuskulatur für die Vorhand)
erheblich höher ist als die der
Strecker (Hauptmuskulatur für die
Rückhand); ferner erlaubt der Vorhandgriff eine bessere Kraftübertragung, da hierbei die Hohlhand
hinter dem Schlägergriff liegt
(WEBER, 1982).
Therapie
Die Behandlung des Tennisellbogens erfolgt primär durch den
Arzt. Sie kann aber auch - möglichst in Zusammenarbeit mit dem
Arzt - vorrangig durch den Tennislehrer gesteuert werden.
Ansatzpunkt für die Behandlung
durch den Tennislehrer ist die Verminderung der Überlastung für die
Arbeitsmuskulatur durch Ökonomisierung der Tennistechnik. Der
Tennislehrer kann durch entsprechende Bewegungsaufgaben und
Technikanweisungen den gesamten Kraftaufwand erheblich reduzieren und zugleich eine Verlagerung der Muskelarbeit auf weitere
Muskelgruppen (z.B. Schulterund Rumpfmuskulatur) bewirken.
Ferner wird er Störfaktoren exogener (Tennisschläger, Besaitung,
Bälle) und endogener (z. B. Trainingszustand der Armmuskulatur)
Art durch Beratung ausschalten
können.
Die Praxis hat gezeigt, daß ein
regelmäßiges Stretching der betroffenen Armmuskulatur (z. B. Handgelenkstrecker und Handaußenwender bzw. Handgelenkbeuger
und Handinnenwender) vor und
nach dem Tennistraining - gegebenenfalls nach einer adäquaten
Spielpause von ein bis vier Wochen Dauer - in vielen Fällen zum
Erfolg führt. Auch das Anlegen
einer Ellbogenbandage (-spange)
kann zu einer erheblichen Minderung der Symptome führen, da
hiermit das Ausmaß der Muskelkontraktion vermindert und folglich die Überlastung gedämpft
wird.
Vorbeugende Maßnahmen
Sämtliche Vorbeugemaßnahmen
haben das gemeinsame Ziel, eine
Fehl- und vor allem Überbelastung
der entsprechenden Arbeitsmuskulatur zu verhindern und zugleich
deren Kraft- und Dehnfähigkeit zu
erhöhen. Im wesentlichen handelt
es sich bei den vorbeugenden
Maßnahmen um drei verschiedene
Ansatzpunkte:
• Ökonomisierung der Tennistechnik
• Ausschaltung exogener Störfaktoren
• Kräftigung und Dehnung der
Arbeitsmuskulatur
Ökonomisierung
der Schlagtechnik
Zur Verminderung des Kraftaufwandes gilt die Aufmerksamkeit in
erster Linie folgenden Technikmängeln:
• Treffpunkt zu spät (u.a. zu
späte Ausholbewegung oder zu
frühe Verlagerung des Körperschwerpunktes nach vorn)
• Ungünstige Kraftübertragung
bei rechtzeitigem Treffpunkt
(u.a. durch falsche Griffhaltung, fehlende Verlagerung des
Körperschwerpunktes nach
vorne, mangelhafte Schwungausnutzung oder exzentrischen
Treffpunkt)
• Geringer Anschwungweg des
Schlägers aus der Kehre bis zum
Treffpunkt (u.a. offene Schlagstellung oder kurze Ausholbewegung)
Die genannten Technikmängel
gelten für die Vor- und Rückhand.
Da die Tennisellbogen-Beschwerden bevorzugt am äußeren Gelenkknorren lokalisiert sind, ist
allerdings auf die Ökonomisierung
der Rückhandtechnik besonderer
Wert zu legen. Da die beidhändig
geschlagene Rückhand die überbeanspruchte Arbeitsmuskulatur
beträchtlich zu entlasten vermag,
ist die Beidhand-Technik als wichtige Präventionsmaßnahme für
Tennisarm gefährdete Spieler anzusehen. Hiermit sind aber zugleich höherer Aufwand für die
Beinarbeit und häufig koordinative
Umstellungsschwierigkeiten verbunden; im höheren Lebensalter
ist daher die beidhändige Rückhand nur eingeschränkt als
Präventions- oder Rehabilitationsmaßnahme möglich.
Sportmedizinische Aspekte
Ausschaltung exogener
Störfaktoren
Durch sorgfältige Materialauswahl
(Schläger und Bälle) lassen sich
exogene Faktoren ausschließen,
die ursächlich für die Entstehung
des Tennisellbogens verantwortlich
sein können.
Wichtige exogene Störfaktoren
sind:
• Schwerer Tennisschläger
• Kopflastiger Schläger
• Zu dicker (dünner) Griff
• Harter Schläger mit geringer
Schwingungsdämpfung
• Hohe Bespannungshärte
• Unelastische Saite
• Schwere (nasse) Bälle
• Harte Bälle (z.B. »Long-playBälle«)
• »Schnelle« Platzoberfläche
• Hohe Geschwindigkeit der Bälle
des Gegners (insbesondere
beim Aufschlag)
Kräftigung und Dehnung der
Arbeitsmuskulatur
Mit systematischer Muskelpflege
in Verbindung mit gesundheitsbewußtem Verhalten kann die
Entstehung des Tennisellbogens
erfolgreich verhindert werden.
Hierzu gehören folgende Einzelmaßnahmen:
• Kräftigung der gesamten
Unterarmmuskulatur
• Dehnübungen speziell für
Unterarmstrecker und Handaußenwender sowie Handgelenkbeuger und Handinnenwender
• Entspannung der Schlagmuskulatur zwischen den Schlägen
und nach der Belastung
• Aufwärmen und Warmhalten
der Arbeitsmuskulatur
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß der Tennisellbogen
durch ein Bündel mehrerer ursächlicher Faktoren entstehen kann.
Die Behandlung des Tennisellbo230
gens erfolgt daher im Idealfall in
kooperativer Weise gemeinsam
von Arzt und Tennislehrer. Für die
Verhütung des Tennisellbogens ist
der Tennislehrer in erster Linie
kompetent und verantwortlich.
Ratschläge zur
Verhütung von Tennisverletzungen
Die wichtigsten Ratschläge zur
Verhütung von Tennisverletzungen werden in folgenden
Abschnitten systematisch zusammengefaßt:
• Sporteignung, Konstitution und
Psyche
• Trainingszustand
• Vorbereitung auf Training und
Wettkampf
• Regeneration nach der Belastung
• Verhalten bei Verletzungen und
nach Erkrankungen
• Technische Ausrüstung und
Tennisplatz
Sporteignung, Konstitution
und Psyche
Für Höchstleistungen im Tennis ist
die Gesundheit grundlegende Vorbedingung. Darüber hinaus müssen körperliche Konstitution, Geist
und Psyche so beschaffen sein,
daß sie den speziellen Erfordernissen der Sportart Tennis in Training
und Wettkampf gewachsen sind
und weiterentwickelt werden können. Hierzu muß speziell im Kindes- und Jugendalter jährlich mindestens einmal eine sportärztliche
Untersuchung - unter Berücksichtigung orthopädischer Gesichtspunkte - durchgeführt werden.
Trainingszustand
Neben der Konstitution spielt vorrangig der aktuelle Trainingszustand zur Verhütung von Tennis-
verletzungen eine wichtige Rolle.
Beim Tennis sind von grundlegender Bedeutung die allgemeine
Koordinationsfähigkeit und Tennistechnik sowie die konditionellen
Eigenschaften Kraft, Schnelligkeit
und Ausdauer und nicht zuletzt
die Beweglichkeit. Die genannten
Faktoren müssen bei der Gestaltung des Trainings sowie bei der
Meldung zu Tennisturnieren angemessen berücksichtigt werden. Sie
sind vor allem im Kindesalter und
in den Seniorenklassen wichtig.
Vorbereitung auf Training
und Wettkampf
Mangelhafte Vorbereitung auf
Wettkampf und Training ist eine
der wichtigsten Verletzungsursachen. Eine systematische und umfassende Vorbereitung betrifft den
Körper und den Geist (»mentale«
Vorbereitung).
Die physische Vorbereitung hat
das Ziel, Herz-Kreislauf-System
und Muskelstoffwechsel auf
erhöhte Leistungsbereitschaft einzustellen. Dies kann durch allgemeine sportliche Betätigung (z.B.
Jogging) oder durch systematisches Tennistraining (z.B. Einschlagen) erfolgen. Darüber hinaus
muß der gesamte Bewegungsapparat (neuro-muskuläre Koordinaton, Mobilität der Gelenke, Dehnfähigkeit der Arbeitsmuskulatur
und seiner Antagonisten) auf teilweise extreme Belastungen (z.B.
schnellstmöglicher Wechsel von
konzentrischer und exzentrischer
Muskelkontraktion, Unebenheiten
in der Platzoberfläche, rutschfester
Untergrund) vorbereitet werden.
Eine intakte intra- und intermuskuläre Koordination wird über die
systematische Wiederholung der
einzelnen Schlagabläufe (auch
unter Wettkampfbedingungen) erreicht. Die besonders beanspruchten Gelenke (z.B. Schultergelenk
und Wirbelsäule) werden durch
spezielle Schwungübungen (beachte: präzise Bewegungsführung)
und systematisches Stretching vorbereitet. Darüber hinaus sollten
alle stark beanspruchten Bandstrukturen (wie z.B. Sprunggelenke) auf ihre spannungsprüfende und -sichernde Funktion
vorbereitet werden; dies gelingt
durch Seilspringen, Hoch- und
Seitwärtssprünge sowie vor allem
durch entsprechendes Tennistraining auf dem Platz (Zuspiel:
links/rechts und kurz/lang).
Die Wirkung des Aufwärmprogrammes wird durch die jeweils
richtige Kleidung gefördert. Normalerweise sollte die als Wärmeschutz dienende Überbekleidung
(z.B. Trainingsanzug) gegen Ende
der Aufwärmphase abgelegt
werden, um einer unnötigen Erhöhung der Körperkerntemperatur
und einem überflüssigen Flüssigkeitsverlust vorzubeugen; gleichzeitig erhält der Spieler frühzeitig
das richtige Feingefühl für die
Wettkampfsituation.
Die Tennisspieler im Jungseniorenund Seniorenalter müssen wegen
der Abnahme der Elastizitätseigenschaften verschiedener Gewebsstrukturen im Alter (z.B. Muskel,
Bänder und Gelenkknorpel) ein
längeres Aufwärmprogramm mit
entsprechender Akzentverschiebung durchführen als Kinder und
Jugendliche.
Eine positive geistige Einstellung
zu Inhalt und Belastungsanforderungen im Training und Wettkampf trägt zur Vorbeugung von
Tennisverletzungen bei. Dies betrifft vor allem die richtige innere
Einstellung zur realen eigenen Leistung (gegebenenfalls unter
Berücksichtigung äußerer Einflüsse
wie Gegner, Platzbeschaffenheit
und Witterung), die Motivierung
zur bestmöglichen Leistung und
Konzentration sowie mentale
Übereinstimmung mit den
wesentlichen Zielen in Training
und Wettkampf.
Regeneration nach der
Belastung
Nach anstrengendem Training und
aufreibenden Wettkämpfen sorgt
eine dosierte Abkühlung des Körpers mit gleichzeitiger Entlastung
der Psyche für frühzeitige Erholung und schnellstmögliche Regeneration, so daß vorgegebene
Trainings- und Wettkampfzeiten in
ausgeruhterem Zustand angegangen werden können. Auslaufen
oder gemäßigtes Schlagtraining
nach dem Wettkampf und Lockerungsgymnastik mit Stretching
sowie physiotherapeutische und
balneologische Maßnahmen wie
Massagen, Bestrahlungen, Bäder
und Sauna tragen einzeln oder
kombiniert zur beschleunigten
Regeneration bei. Auch eine trainings- und wettkampfadäquate
Ernährung hat in diesem Zusammenhang einen hohen Stellenwert.
Zu den psychologischen Methoden der Wiederherstellung gehören die Verfahren des Autogenen
Trainings und der Progressiven
Muskelrelaxation (s. auch S. 192).
Die Kenntnis solcher Verfahren ist
für Spieler und Trainer von großem Nutzen.
Ausreichende Schlafdauer (auch
zwischen einzelnen Trainingseinheiten und den Wettkämpfen)
und geregelter Schlafrhythmus
unterstützen die physische und
psychische Regeneration.
Verhalten bei Verletzungen
und nach Erkrankungen
Tennisverletzungen heilen in Abhängigkeit von Schweregrad und
Lokalisation sowie den individuellen Voraussetzungen (Veranla-
gung und Verhalten) unterschiedlich schnell. Eine vollständige Wiederherstellung setzt voraus, daß
der Therapeut über gründliche
Kenntnisse der Heilungsvorgänge
ebenso verfügt wie über spezielle
Erfahrungen zu den Anforderungen im Tennissport. Nur unter
diesen Voraussetzungen können
unterschiedlich wirkende Rehabilitationsprogramme gezielt eingesetzt werden, damit dem Sportler
eine frühzeitige und erfolgreiche
Rückkehr in Training und Wettkampf möglich wird.
Prinzipiell sind die verordneten
Belastungspausen nach einer Verletzung dringend einzuhalten, und
während der typischen Heilungszeiten besteht absolutes Tennisverbot. Die Verordnung einer
Belastungspause bedeutet aber
keineswegs die komplette Ruhigstellung. Schließlich gibt es mehrere
Maßnahmen (z.B. kontralaterales
Training, Muskelaufbau durch statische Übungen, stützende Tapeverbände usw.), die den Heilungsprozeß unterstützen und verkürzen. - Bereits geringsten Anzeichen einer Verletzung (z. B. Muskelziehen als Vorboten einer Muskelzerrung bzw. eines Muskelfaserrisses sowie Bewegungsschmerzen im Schulter- oder Ellbogengelenk nach umfangreichem
Training) muß erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und in Zweifelsfällen durch einen sofortigen
Arztbesuch gegengesteuert werden. Falsch verstandener Ehrgeiz
seitens der Spieler und ihres persönlichen Umfeldes (z.B. Eltern)
bewirken häufig fatale Folgen für
Gesundheit und Leistungsfähigkeit.
Nach bakteriellen oder viralen
Infekten (z.B. eitrige Mandelentzündung oder allgemeine Viruserkrankungen) ist darauf zu achten,
daß ein ernsthaftes Training erst
nach vollständiger Heilung wieder
231
Sportmedizinische Aspekte
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Blutabnahme zur Laktatbestimmung
aufgenommen wird; anderenfalls
besteht höchste Gefahr, daß die
Krankheitsdauer unverhältnismäßig verlängert oder gar eine
Absiedlung der Krankheitskeime
in wichtige Organsysteme (z. B.
Herz) provoziert wird.
Technische Ausrüstung
und Tennisplatz
Die individuell richtige Auswahl
des Tennisschlägers (Materialien,
Sweetspot, Gewichtsverteilung
und Griffstärke), der Saite
(Bespannungshärte, Dehnungseigenschaften) und der Schuhe
(Fußbett, Sohlenprofil, Fersensitz,
Zehenfreiheit und Bequemlichkeit)
232
können ebenfalls eine beachtliche
Rolle in der Verhütung von Tennisverletzungen spielen.
Häufig wird der notwendigen Umgewöhnung auf eine neue Platzoberfläche zu wenig Beachtung
geschenkt. Die unterschiedlichen
Bodenbeläge (Sand, Granulat,
Teppichboden und Hartplatz)
erfordern nicht nur eine unterschiedliche Spieltaktik, sondern
vor allem auch eine veränderte
Lauftechnik mit (plötzlich) veränderten Belastungsbedingungen für
die Gelenke. Gepflegte Sandplätze
sind prinzipiell für den Bewegungsapparat erheblich schonungsvoller als rutschfeste Beläge.
Leistungskontrolle
und Leistungstest
Bedeutung der
Leistungskontrolle
Leistungskontrollen sind unverzichtbare Instrumente für einen
modernen Steuer- und Regelungsprozeß von Training und Wettkampf. Hierbei bauen die einzelnen Entscheidungen zur Änderung
des Trainings (bewußt oder unbewußt) auf den Ergebnissen der
vorhergehenden Leistungsdiagnose auf. Die verschiedenen
Leistungskontrolle und Leistungstest
Kontrollverfahren im Leistungssport werden auch als Untersuchungsverfahren, diagnostische
Verfahren, Meßverfahren, Leistungsüberprüfung oder allgemein
als Test bezeichnet. Im Tennis werden die Beobachtung (unsystematisch/systematisch bzw. ohne/mit
Dokumentation) und der sportmotorische Test (vor allem Konditionstest) als häufigste Kontrollverfahren eingesetzt.
Die komplexen Vorgänge der Leistungsdiagnose auf der Basis einer
vorherigen Analyse des sportartspezifischen Beanspruchungsprofils sowie Planung, Durchführung und Überprüfung des
Trainings werden in der Trainingswissenschaft als Steuerung und
Regelung der sportlichen Leistung
oder vereinfacht als Trainingssteuerung bzw. Leistungssteuerung bezeichnet. Folglich benötigt
der Trainer für die Trainingssteuerung (Leistungssteuerung) stetig
neue Informationen zum aktuellen
Trainingszustand seiner Athleten
bzw. Spieler. Nur hiermit kann er
das Training so gestalten, daß es
für seine Schützlinge die optimale
Belastung (und Belastungsverteilung) gewährleistet.
Auch im Tennis erhält der Trainer
diese Informationen aus der Kontrolle (im weitesten Sinne) seiner
Spieler. Dazu gehört auch, daß er
die Umsetzung des Trainingsplans
in die Trainingspraxis kontrolliert.
Leistungskontrollen sollten nicht
nur im Training eingesetzt werden;
besonders die im Wettkampf unter
höchster psychischer und physischer Belastung ermittelten Werte
münden in konkrete Hinweise, die
für die Trainingssteuerung von
großer Wichtigkeit sind. Unter
echten Wettkampfbedingungen
sind allerdings die einzelnen Leistungskomponenten oft nur unter
größten Schwierigkeiten (z. B.
Start- und Laufschnelligkeit) oder
überhaupt nicht zu erheben (z. B.
Antizipation/Reaktion). Darüber
hinaus ist es geradezu ein Kennzeichen des Sportspiels Tennis, daß
bei jedem Wettkampf inkonstante
Rahmenbedingungen (Platzoberfläche, Witterung, Gegner u.a.)
die Zuverlässigkeit der Kontrollwerte verringern.
Zusammenfassend haben Leistungskontrollen im Training und
Wettkampf vorrangig zwei Aufgaben, welche in der Regel gekoppelt werden können:
• Exakte Diagnose von Stärken
und Schwächen in leistungsrelevanten Teilkomponenten und
in der Gesamtleistung.
• Objektive Kontrolle des Trainingserfolges (oder Trainingsmißerfolges) und der eingesetzten Trainingsinhalte und
-methoden; hiermit sind häufig
konkrete Belege für die Trainierbarkeit des Individuums
erhältlich, so daß objektivere
Aussagen zur zukünftigen
Leistungsentwicklung ermöglicht werden.
Sportmedizinische Aspekte
Anforderungen an
Kontrollverfahren
Der wichtigste Schritt vor der Leistungsdiagnostik und Trainingsberatung ist die Erstellung eines Prioritätenkataloges für bedeutsame,
leistungsbestimmende Komponenten, weil hiermit die Trainingsziele
präzisiert und hierarchisiert werden können. Die Rangfolge der
leistungsbestimmenden Merkmale
einerseits und die Trainingsziele
andererseits müssen aber nicht
identisch sein, denn leistungsbestimmende Merkmale sind nur
dann wertvolle Trainingsziele,
wenn sie lohnend trainierbar sind.
Die Gewichtung der Trainingsziele
hängt also von der Plazierung als
leistungsbestimmende Komponenten und von der Trainierbarkeit ab.
Die Identifikation von Einflußgrößen ist im Tennis besonders
schwierig, da die Kompensationsmöglichkeiten (z.B. Qualität von
Aufschlag oder Netzspiel einerseits
und Grundschläge andererseits in
Abhängigkeit vom Spielertyp
usw.) in einer komplexen Sportart
erheblich zunehmen. Heutige
Dichte der internationalen Spitzenklasse sowie hohe Quantität
und Qualität der Trainings- und
Wettkampfbeanspruchungen im
Leistungstennis sprechen jedoch
für die Durchführung von Leistungskontrollen, da bereits minimale Verbesserungen von Detailfaktoren einen entscheidenden
Fortschritt beinhalten können.
Allerdings muß dem Trainer eindeutig bekannt sein, welche
Leistungskomponente(n) das Kontrollverfahren erfassen soll und
welche Schlußfolgerungen er aus
den erhaltenen Ergebnissen ableiten kann. Ergebnisse aus Leistungskontrollen müssen mit
Durchschnitts- und Zielwerten
234
Abb. 126 Ablaufplan einer Leistungskontrolle und seine Folgen
verglichen werden. Normprofile
mit repräsentativen Vergleichsbzw. Orientierungswerten (trainingswissenschaftliche Leistungsdiagnostik) können erst nach umfangreicher und systematischer
Erfassung von Daten erstellt werden. Hierdurch wird eine objektive
Bewertung individueller Testergebnisse aus der trainingspraktischen
Leistungsdiagnostik möglich.
Wegen der Komplexität des Tennissports und der Kompensierbarkeit der einzelnen Fähigkeiten
untereinander ist die Beachtung
eines Toleranzbereiches bei Abweichungen von der statistischen
Norm wichtig.
Die Ergebnisse aus Leistungskontrollen sind nur brauchbar (Abb.
126), wenn das verwendete Verfahren den Hauptgütekriterien eines Tests (Objektivität, Zuverlässigkeit und Gültigkeit) genügt.
In der Regel können nämlich Erkenntnisse aus Leistungskontrollen
nicht viel wert sein, wenn die Kontrollmethode den genannten
wissenschaftlichen Rahmenbedingungen nicht standhält. Wichtig-
stes und zugleich schwierigstes
Gütekriterium einer Leistungskontrolle ist die Gültigkeit. Die
Gültigkeit (Validität) kennzeichnet
den Grad der Genauigkeit, mit
dem das Kontrollverfahren tatsächlich das (sportartspezifisch
relevante) Merkmal erfaßt, das es
bestimmen soll.
Wer zum Beispiel die allgemeine
aerobe Grundlagenausdauer eines
Tennisspielers mittels eines 1000m-Laufes kontrollieren will, hat ein
Kontrollverfahren ausgewählt,
dessen Ergebnisse wenig Gültigkeit für den genannten Aussagebereich besitzt. Die Laufleistung
über 1000 m (und beim 6-Minuten-Lauf) hängt nämlich neben
der allgemeinen aeroben Grundlagenausdauer auch von der anaeroben Ausdauerleistungsfähigkeit
und von verschiedenen psychischen Qualitäten (Leistungsmotivation, Wille) ab. Die Bestimmung
der anaeroben Schwelle über
einen Stufentest mit BlutlaktatKontrollen ist für das angestrebte
Untersuchungsziel das erheblich
bessere Verfahren.
Die Objektivität bezeichnet den
Grad der Unabhängigkeit der
Ergebnisse des Kontrollverfahrens
gegenüber Einflüssen bei der
Durchführung und der Auswertung. Für die Tennispraxis bedeutet dies, daß ein Test dann objektiv
ist, wenn verschiedene Beobachter
oder Tennistrainer bei voneinander
unabhängiger Erfassung der Testleistung im gleichen Zeitraum und
gegebenenfalls am anderen Ort
das gleiche Testresultat ermitteln.
Detaillierte Angaben von präzisen
und trennscharfen Richtlinien bei
der Auswertung des Tests (insbesondere bei Technik-Tests) sowie
eine standardisierte Durchführung
des Tests sind folglich unabdingbare Voraussetzung für eine hohe
Objektivität.
Leistungskontrolle und Leistungstest
Die Zuverlässigkeit (Reliabilität)
eines Kontrollverfahrens bezeichnet
den Grad der Genauigkeit, mit der
eine Fähigkeit oder ein Merkmal
des Sportlers erfaßt wird. Ebenso
wie die Objektivität kann die
Zuverlässigkeit eines Tests zahlenmäßig durch einen Korrelationskoeffizienten (r) angegeben werden.
Hiermit erhalten wir Rückschlüsse,
inwieweit das Testergebnis durch
Ungenauigkeiten beim Meßvorgang, Zufall und Übungseffekte
verfälscht wird. Speziell in der Tennispraxis hängt die Zuverlässigkeit
eines Tests häufig von der Stabilität des geprüften Merkmals ab.
Beispielsweise verfügen Tests zur
Techniküberprüfung speziell bei
Anfängern und Fortgeschrittenen
über eine relativ geringe Zuverlässigkeit, da die Qualität der Bewegungsausführung auf dieser Lernstufe starken Schwankungen
unterworfen ist. Zuverlässige Ergebnisse bei einem Techniktest können folglich erst erwartet werden,
wenn die überprüfte Technik (z.B.
Aufschlag oder Vorhand-Topspin)
weitgehend automatisiert ist.
Direkte und indirekte
Leistungskontrollen
Leistungskontrollen können im
Training unter speziellen Bedingungen oder im Wettkampf erfolgen. Werden die komplexe sportliche Leistung bzw. die interessierenden leistungsbestimmenden
Merkmale innerhalb eines Wettkampfes registriert, so wird dies
als direkte Leistungskontrolle
bezeichnet.
Im Gegensatz zu einfacher strukturierten Sportarten, wie 100-mLauf, Kugelstoßen oder 1500-mFreistilschwimmen, sind bei der
Datenerhebung im Tennis erheblich größere Schwierigkeiten zu
erwarten, da die komplexe Spielleistung von zahlreichen Einflußgrößen abhängt. Werden dagegen
im Training spezielle Situationen
konstruiert, in denen besondere
Bewegungsaufgaben zu erfüllen
sind (z.B. gelungener VorhandTopspin in speziellen Situationen
oder 10-m-Sprint) handelt es sich
um indirekte Leistungskontrolle;
hierbei können in der Regel einzelne Leistungskomponenten
isoliert untersucht werden.
Der sportmotorische Test (z. B. der
allgemeine sportmotorische Test
für Kinder von 6 bis 11 Jahren
oder der Konditionstest-Tennis für
jugendliche Tennisspieler ab 11
Jahren oder der Cooper-Test usw.)
ist beispielsweise eine Methode
der indirekten Leistungskontrolle;
denn die Forderung nach Standardisierung der Testsituation schließt
eine Verwendung in Wettkampfsituationen weitgehend aus. Auch
sportmedizinische Labortests, psychologische Testverfahren und
biomechanische Untersuchungen
sind indirekte Leistungskontrollen.
Die indirekte Leistungskontrolle
besitzt den Vorteil, daß eine verhältnismäßig hohe Objektivität,
Meßgenauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse für die einzelnen überprüften Leistungskomponenten besteht. Andererseits
bleibt häufig fraglich, ob diese
Ergebnisse (z. B. 10-m-Lauf)auf die
tatsächliche Leistung im Tenniswettkampf übertragen werden
dürfen, weil einige spieltypische
Faktoren, wie z.B. das Erkennen
der Spielsituation, bei der Durchführung diese Tests unberücksichtigt bleiben.
Bei der direkten Leistungskontrolle
ist dies genau umgekehrt. Allerdings bringt die reale Wettkampfsituation in der Regel meßmethodische Schwierigkeiten (Komplexität und Schnelligkeit des Spielge-
schehens, störende Meßgeräte für
den Spieler) und produziert unterschiedliche psychische Variablen,
die in Kombination mit dem erheblichen Einfluß der Leistung des
Gegners das individuelle Meßergebnis zusätzlich verfälschen.
Außerdem erlaubt die komplexe
Spielsituation selten die Erhebung
isolierter Leistungskomponenten
(z.B. Antizipation, Schlagschnelligkeit, aerobe Kapazität), weil sie
zusammen mit anderen Faktoren
in einer ganzheitlichen Tennisleistung miteinander verschmelzen.
Die Frage nach der richtigen Vorgehensweise beschäftigt Trainer
und Theoretiker. Soll sich das
Urteil auf konkrete TrainingsTestergebnisse oder eher auf die
subjektive Einschätzung stützen?
Beide Möglichkeiten weisen Vorund Nachteile auf, so daß ein
guter Trainer sowohl seine persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen aus Training und Wettkampf als auch verschiedene
objektiv erhobene Meßergebnisse
in isolierten Trainingssituationen
und im komplexen Wettkampfgeschehen in sein Urteil und die entsprechende Trainingssteuerung
einfließen lassen sollte.
Terminierung der
Leistungskontrollen
im Trainingsprozeß
Die zunehmende Berücksichtigung
von Leistungskontrollen führte in
den vergangenen Jahren dazu,
daß der Trainingszustand des
Sportlers und dessen Leistungsentwicklung besser als früher erfaßt
und somit das Training ökonomischer gestaltet werden konnte.
Auf dieser Grundlage gelang es,
das sportliche Training vom unkontrollierten, zufälligen Einfluß
auf Erfolg oder Mißerfolg zum
235
Sportmedizinische Aspekte
ökonomischen und leistungsoptimierenden Trainingsprozeß zu entwickeln.
Leistungskontrollen werden vorrangig zu folgenden Zeitpunkten
durchgeführt:
• Leistungskontrolle zu Beginn
einer Trainingsperiode:
Sie dient als Grundlage für die
Fixierung des individuellen Leistungszustandes und damit für
die Zuordnung zur geeigneten
Trainingsgruppe mit der Möglichkeit zur individuell richtigen
Belastungsdosierung. Je exakter
das Ausgangsniveau in den
zu trainierenden Fähigkeiten
bekannt ist, desto effektiver
kann der Tennisspieler belastet
werden.
• Leistungskontrolle während des
Trainingszyklus:
Sie dient zur laufenden Kontrolle der Leistungsentwicklung
in Verbindung mit der stetigen
Überprüfung der Effektivität
der Trainingsmaßnahmen und
der Möglichkeit einer Feinregulierung (z. B. Erhöhung oder
Verminderung der Trainingsbelastung).
• Leistungskontrolle am Ende
einer Trainingsperiode:
Sie hat vorrangig das Ziel, die
Trainingswirksamkeit bestimm-
ter Trainingsmethoden und
Belastungsnormative zu überprüfen, und bestimmt maßgeblich die zukünftige Trainingsund Wettkampf planung.
Leistungskontrollen müssen stets
ein vorgegebenes Ziel verfolgen,
so daß sie zur Klärung präziser
Fragestellungen beitragen können. Ein unnötiger Einsatz von
Leistungskontrollen sollte vermieden werden.
Spektrum der
Leistungskontrolle
Die Vielfalt der leistungsbestimmenden Einflußgrößen im Tennis
erfordert multidisziplinär angelegte Kontrollverfahren. Diese entstammen entweder unmittelbar
der Trainingswissenschaft bzw.
Trainingspraxis oder sind eher den
etablierten wissenschaftlichen
Mutter- bzw. Basisdisziplinen (Psychologie, Medizin, Biomechanik)
zuzuordnen (Tab. 13).
Schwerpunkt trainingswissenschaftlicher und trainingspraktischer Testverfahren ist die Diagnostik technischer, taktischer und
sportartspezifisch-konditioneller
Leistungskriterien. Beispiele hierfür
sind vor allem die sportmotori-
sehen Tests zur Überprüfung konditioneller und koordinativer
Fähigkeiten oder zur standardisierten Techniküberprüfung sowie die
systematische Spielerbeobachtung.
Sportmotorische Tests zeichnen
sich in der Regel durch eine enge
Affinität zur Wettkampfpraxis aus.
Der hiermit verbundene, hohe
Praxiswert resultiert aus der engen
Verzahnung von Trainingsinhalt
und Kontrollverfahren. Hierbei
sind Resultate aus Techniktests
(z. B. Technikraster oder Trefferquoten) meist von größerer Komplexität als jene aus Konditionstests und sind folglich schwieriger
zu interpretieren. Typische Beispiele für sportmotorische Tests im
Tennis sind der Pendelsprint
(22 m), der Dreierhop sowie der
beidhändige Medizinball-Weitwurf. Für den koordinativen
Merkmalbereich sind exemplarisch
der Ball-Beine-Wand-Test, das
Zielwerfen und der Hindernislauf
zu nennen. Nähere Details zu diesen Themen sind den entsprechenden Broschüren »Allgemeiner
Sportmotorischer Test« und »Konditionstest-Tennis« zu entnehmen,
die beim DTB erhältlich sind.
Die systematische Spielerbeobachtung nimmt eine Sonderstellung
Tab. 13 (Trainings)wissenschaftliche Testverfahren
Leistungsdiagnostik im Tennis
Trainingswissenschaft/
Trainingspraxis
(wissenschaftliche)
Mutter- bzw. Basisdisziplinen
motorischer
Test
systematische
Spielerbeobachtung
psychologischer
Test
medizinischer
Test
biomechanischer
Test
z.B.
• standardisierte
Techniküberprüfung
• allg. u. spez.
Konditionstests:
Altersstufe 6-11
Konditionstest - Tennis
z.B.
• quantitativ:
- Schlagerfolg
- Schlagrichtung
- Drall
• qualitativ:
- Videoanalyse
z.B.
• Konzentration
• Motivation
• Streß
z.B.
• Cesundheitsstatus
• Reaktionen
und Adaptionen
in Training und Wettkampf
• Ausdauer
z.B.
• Laufgeschwindigkeit,
Laufbeschleunigung
• Schlägerführung,
Schlägergeschwindigkeit,
Schlägerbeschleunigung
236
Leistungskontrolle und Leistungstest
unter den Kontrollverfahren ein,
da sie den Spieler in der realen
Trainings- und Wettkampfsituation beobachtet und zugleich objektive und exakte »harte« Daten
liefert. Im Gegensatz zu den übrigen Kontrollverfahren erfolgt sie
nicht unter speziellen Testbedingungen außerhalb des Wettkampfes. Grundsätzlich kann im Tennis
die freie Spielerbeobachtung
(»Scouting«), bei der die Leistungsbeurteilung unsystematisch
durch das Gedächtnis über das
Handdiktiergerät oder über die
Videokamera erfolgt, von der gebundenen, systematischen Spielerbeobachtung unterschieden
werden. Letztere zeichnet sich
dadurch aus, daß die Spielerleistungen bzw. das Spielgeschehen
systematisch nach vorgegebenem
Raster protokolliert und die
Ergebnisse statistisch aufbereitet
werden.
Abb. 127 Prozentuale Gegenüberstellung der Gewinn- und Verlustschläge tiefer und
hoher Volleys sowie bei Vorhand- und Rückhand-Volleys im Wimbledon-Finale 1990
Abb. 128 Funktions- und Ablaufmodell einer systematischen Videoanalyse von
Trainer und Assistent (FERRAUTI/WEBER 1991)
Eine Sonderform der gebundenen
Spielerbeobachtung ist die systematische Spielerbeobachtung über
ein elektronisches Datenverarbeitungssystem, das eine unmittelbare Datenauswertung während
des Wettkampfes oder unmittelbar
nach dessen Beendigung (»online«) erlaubt. Individuelle, technik- und situationsspezifische
Schwächen (z. B. tiefer VorhandVolley von Becker im WimbledonFinale 1990 gegen Edberg) können auf diese Weise ermittelt werden (Abb. 127).
Video-Aufzeichnungen nehmen
eine Sonderstellung ein; zum
einen kann die Aufzeichnung
unsystematisch,zumanderen systematisch zubereitet werden.
Durch die Koppelung von Computer und Videorecorder (interaktives
Videosystem) ist darüber hinaus
eine systematische Videoanalyse
möglich (Abb. 128). Dabei wird
über die quantitative Spielanalyse
237
Sportmedizinische Aspekte
mittels computergestützter Spielerbeobachtung eine Selektion von
Spielszenen aus dem gesamten
Match vorgenommen (z.B. häufige Fehler einer speziellen Schlagtechnik), und man führt jene der
subjektiven Analyse am Videorecorder zu. Dieses Verfahren
eignet sich besonders für visuell
orientierte Trainer und Spieler, da
diese auf der Basis »harter« Daten
die Entwicklungsgeschichte technischer und taktischer Stärken
bzw. Mängel am Bildschirm verfolgen können, ohne auf Objektivität, Präzision und Repräsentativität verzichten zu müssen.
Psychologische Testverfahren
dienen der Erfassung psychischer
Leistungsfaktoren (z.B. Konzentrationsfähigkeit und Leistungsmotivation). Allerdings ist ihre
Übertragbarkeit auf tennisspezifische Anforderungen nicht gesichert. Deshalb empfiehlt es sich,
in der direkten Kontrolle das Verhalten der Spielerinnen und Spieler
in Training und Wettkampf systematisch zu beobachten; gegebenenfalls sind die Spielerinnen und
Spieler auch direkt zu befragen,
um auf der Grundlage dieser Beobachtungen bzw. Aussagen auf
die psychischen Faktoren, die den
Hintergrund des Verhaltens darstellen, schließen zu können.
Medizinische Testverfahren
ermöglichen die objektive Erfassung
zahlreicher Parameter des HerzKreislauf-Systems und des Muskelstoffwechsels sowie des Bewegungsapparates. Der Schwerpunkt
ihrer Anwendung liegt in der Überprüfung des Gesundheitsstatus
und vorrangig in der Erfassung der
Ausdauerleistungsfähigkeit sowie
von Kraft und Beweglichkeit wichtiger Muskelgruppen. Speziell die
Laktatdiagnostik erlaubt Felduntersuchungen unter sportartspezifischen Belastungsbedingungen
238
direkt am Trainings- und Wettkampfort mit unmittelbarer Ergebnisauswertung. Weitere Parameter
wie Harnstoff, Ammoniak, Eisen
und Magnesium eröffnen zusätzliche Möglichkeiten zu einer präziseren Dosierung der Belastung
(Reizhöhe, Reizumfang) und Erholung (Regeneration, Übertraining).
Mit ihren Teildisziplinen Innere
Medizin/Kardiologie sowie
Orthopädie/Traumatologie wendet
sich die Sportmedizin neben den
leistungsmedizinischen Aspekten
inzwischen vermehrt gesundheitsvorsorgenden Gesichtspunkten zu.
Biomechanische Testverfahren
bedienen sich vorrangig hochdifferenzierter Meßverfahren und
ermöglichen die Erfassung zahlreicher kinematischer und dynamischer Meßgrößen. Hochwertige
Videokameras mit extremer Zeitlupe, elektronische Verfahren zur
Bestimmung von Körperwinkeln,
telemetrische Datenübermittlung
und Kraftmeßplatten sind Beispiele bewährter und typischer
biomechanischer Untersuchungsmethoden. Im Tennis eröffnet insbesondere die mehrdimensionale
kinematische Analyse von Technik
(z.B. Ballhochwurf, Schlägerschwung und Treffpunkt beim
Aufschlag sowie Antizipation,
Schlägerführung und Gelenkwinkel beim Return) sowie von Laufwegen und Laufgeschwindigkeiten einen steigenden praktischen
Nutzen.
Abschließend wird ergänzend darauf hingewiesen, daß auch die
Trainingsdokumentation im weiteren Sinne zu den Kontrollverfahren
gehört. Unter Trainingsdokumentation versteht man die systematische Registrierung und Aufzeichnung sämtlicher Trainingsinhalte,
-umfange und -intensitäten sowie
der verschiedenen Trainingsmethoden und Wiederherstellungs-
maßnahmen. Auch Verletzungen
bzw. Krankheiten und andere
Besonderheiten (z.B. klimatische
Bedingungen usw.) werden aufgelistet. Darüber hinaus sollten
Zeitpunkt und Ergebnisse aller
Leistungskontrollen und Wettkämpfe exakt vermerkt werden.
Tennis unter
extremen
Bedingungen
Training und
Wettkampf bei Hitze
Während schwerer muskulärer
Arbeit ist die Wärmeabgabe mittels
Verdampfung die wichtigste regulatorische Maßnahme. Zwecks
Erhaltung des Temperaturgleichgewichts müßte ein Tennisspieler
unter normalen Trainingsbedingungen ca. 600 kcal/h über seine Körperoberfläche abgeben. Bei totaler
Verdunstung des Schweißes würde
dies einer Schweißproduktion von
1000 ml/h entsprechen. Da im
Durchschnitt jedoch nur 40% des
produzierten Schweißes total verdampft werden, wäre sogar eine
Schweißproduktion von 2,5 l/h
notwendig.
Im Tennistraining und -wettkampf
nimmt das Körpergewicht - vornehmlich durch Schweißabgabe durchschnittlich um ca. 1 kg/
Stunde (Frauen ca. 1/3 weniger)
ab. Da höchstens die Hälfte des
Schweißes verdampft, beträgt die
Hitzeabgabe durch Verdunstung
etwa die Hälfte der produzierten
Wärmemenge, so daß sich die
Körperkerntemperatur erhöht.
Förderung der Schweißproduktion
und deren Verdampfung durch
luftige Kleidung sowie stetige
Tennis unter extremen Bedingungen
Flüssigkeitszufuhr (einschließlich
Aufenthalt im Schatten beim Seitenwechsel) verhindern einen
extremen Anstieg der Körpertemperatur, die leistungsfeindlich und
gesundheitsgefährdend wirken
kann. Wasserverlust in größeren .
Mengen verringert in erster Linie
das Durchhaltevermögen und den
Leistungswillen und ist teilweise
mit Muskel- und Bauchschmerzen sowie Benommenheit und
Schwäche verbunden. Bei einem
Wasserdefizit unter 6% des Körpergewichts (z. B. 2 kg Gewichtsverlust bei 40 kg schwerem Kind)
können als Hauptsymptome
Durst, Körperschwäche, Reizbarkeit, Aggressivität und unter Umständen Muskelkrämpfe auftreten.
Ab einem Wasserdefizit von mehr
als 6% (z. B. 3,5 kg bei einem
Jugendlichen mit 50 kg nach täglich zweimaligem Training ohne
Flüssigkeitszufuhr) ist mit einer offensichtlichen Schwächung der
körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zu rechnen. Tenniswettkämpfe und längerdauerndes
Tennistraining unter hohen Umgebungstemperaturen bedürfen
folglich einer regelmäßigen Einnahme von Flüssigkeit. Als Orientierungsmaß kann die Aufnahme
von 150 bis 200 ml Wasser pro
15 Minuten gelten.
Zwei Einzel unter Wettkampfbedingungen oder zweimaliges Tennistraining (z. B. 9 bis 11 und 15
bis 17 Uhr) verursachen an warmen und feuchten Tagen Verluste
von 3 bis 6 I.
Hiermit werden neben Kochsalz
(ca. 20 g NaCI pro Liter Schweiß)
auch andere Elektrolyte wie
Kalium und Magnesium sowie
wichtige Spurenelemente wie
Eisen ausgeschieden. Unter den
Bedingungen des heutigen Leistungstrainings (zweimaliges
Training täglich, Trainingslager in
südlicheren Regionen, Turnierserie
in feuchtheißen Ländern) müssen
daher die Wasserverluste und das
Defizit an Elektrolyten und Spurenelementen systematisch ausgeglichen werden. Für den Erhalt der
Leistungsfähigkeit sind vor allem
der Kalium- und Magnesiumhaushalt sowie das Eisen (speziell für
Frauen) besonders wichtig. Folglich muß bereits vor dem Auftreten entsprechender Mangelerscheinungen überlegt werden, ob
spezielle Ernährungsvarianten oder
gezielte Substitutionsmaßnahmen
(z.B. Eisen-Dragees, MagnesiumTabletten) einer Leistungseinbuße
vorbeugen können. Handelsübliche Fertigpräparate (»isotonische
Durstlöscher«) werden den Erfordernissen des Leistungssports
nicht gerecht, da üblicherweise
nur ein geringer Gehalt an Magnesium und Kalium vorliegt und
das Eisen fehlt (s. Tab. 16, S. 248).
Bei erhöhter Außentemperatur
steigt die Milchsäurekonzentration
im Blut bereits früher an, weil zugunsten einer Mehrdurchblutung
der Haut die Arbeitsmuskulatur
mit geringerem Blutdurchfluß und
weniger Sauerstoff versorgt wird.
Folglich aktiviert der Tennisspieler
unter Hitzebedingungen bereits
bei mittlerer Trainingsintensität
anaerobe Stoffwechselwege; hieraus resultiert eine höhere Milchsäureproduktion mit einer frühzeitigeren Erschöpfung. Folglich
sollte ein Training unter Hitzebedingungen mit geringerer Intensität (geringere Reizstärke und
geringere Reizdichte) oder mit verkürzter Trainingsdauer gestaltet
werden. Bei Turnier- oder Trainingsreisen in feuchtwarme
Länder empfiehlt sich eine systematische Akklimatisation. Zwecks
frühzeitiger Akklimatisation sollte
sich der Tennisspieler mehrmals
am Tage körperlich in der Weise
belasten, wie er es zu Hause gewohnt ist. Der Tennisspieler muß
daher häufiger am Tag (z. B. dreibis viermal) und dafür kürzer (z. B.
50 bis 60 Minuten) trainieren als
in gemäßigtem oder kaltem Klima.
Auch die Durchführung eines allgemeinen Aufwärmprogrammes
bereits vor dem Frühstück und ein
Beginn mit dem Tennistraining
unmittelbar nach dem Frühstück
haben sich als günstig erwiesen.
Hitzeakklimatisierte und ausdauertrainierte Tennisspieler verfügen
unter Hitzebedingungen über eine
günstigere thermoregulatorische
Reaktion als Nichtsportier: Sie produzieren erheblich höhere
Schweißmengen und bewahren
sich hiermit eine niedrigere Hautund Körpertemperatur; gleichzeitig sinkt im Schweiß die Konzentration an Kochsalz und anderer
Mineralstoffe.
Gesundheitliche Störungen
Bei sportlichen Wettkämpfen tritt
wegen der Flüssigkeitsabnahme
im extrazellulären Raum als gesundheitlich häufigste Störung
eine Hitzeerschöpfung auf. Im Extremfall kommt es zum Hitzschlag.
Beim Hitzschlag liegt eine Wärmestauung durch Einwirkung hoher
Außentemperaturen bei körperlicher Arbeit und ungenügender
Wärmeabgabe vor. Durch Anstieg
der Körperkerntemperatur kommt
es zu akuten Störungen des Kreislaufs mit nachfolgender Bewußtseinstrübung bis zur Bewußtlosigkeit.
Typische Zeichen für den Hitzschlag sind:
• Beschleunigung der Atmung
• Puls erheblich über 100
Schläge/min
• Rektaltemperatur über 40°C
• Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit
Sportmedizinische Aspekte
•
Bewußtseinstrübung, Bewußtlosigkeit
• Haut grau und Lippen bläulich
Es wird ein rotes und ein graues
Stadium unterschieden. Das rote
Stadium ist gekennzeichnet durch
gerötete Haut. Die starke Hautdurchblutung stellt einen Versuch
des Körpers dar, Wärme vermehrt
durch Strahlung oder Schwitzen
abzugeben, damit die Körperkerntemperatur gesenkt wird. Beim
grauen Stadium liegt eine mangelhafte Hautdurchblutung vor.
»Erste-Hilfe-Maßnahmen« zielen
auf eine Senkung der erhöhten
Körpertemperatur und eine Kühlung des Kopfes. Folgende Einzelmaßnahmen können empfohlen
werden:
• Flachlagerung an schattigem,
gut belüftetem Platz und Öffnung der Kleidung
• Kühlung durch kalte Umschläge
an Extremitäten, Kopf und Hals
• Fortlaufende Kontrolle von
Atmung und Kreislauf
• Zufuhr kalter, mineralhaltiger
Getränke
• Stabile Seitenlagerung bei
Bewußtlosigkeit (ohne Flüssigkeitszufuhr!)
Der Sonnenstich stellt eine Reizung der Hirnhäute dar und tritt
vor allem auf, wenn der Kopf- und
Nackenbereich ungeschützt der
Sonnenbestrahlung ausgesetzt
wird. Letzteres tritt besonders
beim Wettkampf oder Training
ohne Windbewegung (z.B. tiefgelegener Center-Court) auf und
kann vorsorglich durch spezielle
Sonnenmützen (mit Nacken- und
Halsschutz) oder Drehung der
Schirmmütze um 180° vorgebeugt
werden. Unter Umständen tritt
der Sonnenstich kombiniert mit
einem Hitzschlag auf.
Zeichen für den Sonnenstich sind:
240
•
•
Kopf heiß und hochrot
Nackensteifigkeit durch Hirnhautreizung
• Unruhe, Übelkeit, Schwindel
• Muskelkrämpfe
• Bewußtseinsverlust
Die Erste-Hilfe-Maßnahmen entsprechen im wesentlichen jenen
beim Hitzschlag.
wie eine erhöhte Ozonkonzentration entsteht und welche Gefährdungen im allgemeinen und vor
allem im speziellen für Tennisspieler entstehen können; darüber
hinaus ist von Interesse, mit welchen Maßnahmen die Gefahren
der Ozonbelastung vermindert
werden können.
Hitzekrämpfe treten während oder
nach langdauernden Tenniswettkämpfen unter hohen Außentemperaturen auf. Auslösend wirken
höhere Schweißverluste (teilweise
resultierend aus den Vortagen),
gegebenenfalls trotz Zufuhr
größerer Mengen Flüssigkeit. Die
Krämpfe ereignen sich speziell im
Bereich der beanspruchten Muskulatur (insbesondere Waden- und
Oberschenkelmuskulatur, seltener
an Unterarm- bzw. Fingermuskulatur). Die Behandlung besteht in
einer extremen Dehnung der betroffenen Muskelpartien mit einem
Ersatz der Wasser- und Elektrolytverluste. Ausreichende und wirksame Vorbeugung kann nur über
rechtzeitigen Ausgleich von Flüssigkeit und Mineralien (bereits im
Training und frühzeitig im Wettkampf) erreicht werden; in hartnäckigen Fällen und bei individueller Veranlagung bedarf es einer intervallförmigen Substitution von
Magnesium für 2 bis 4 Wochen
bereits vor und während der
Hitzeperiode.
Ozonentstehung und
-vorkommen
Training und
Wettkampf bei
Ozonbeiastung
Zahlreiche Tennisspieler sind im
Verlauf ihrer Punktspiele bis zu
fünf Stunden einer erhöhten
Ozonkonzentration ausgesetzt.
Hieraus resultiert derzeit eine allgemeine Verunsicherung darüber,
Beim Ozon handelt es sich um ein
drei-atomiges Sauerstoffmolekül
(0 3 ) von stark oxidierender Wirkung. Dieses Gas zeigt sich je nach
Konzentration farblos bis blau. Bei
der Beurteilung der gesundheitlichen Bedeutung für den Menschen muß zwischen dem Ozongehalt in den bodennahen Luftschichten (Troposphäre) und dem
Ozonschutzschild in einer Höhe
von ca. 20 km (Stratosphäre)
unterschieden werden.
In der Stratosphäre absorbieren
Sauerstoffmoleküle kurzwelliges
UV-Licht und werden gespalten.
Die freiwerdenden Sauerstoffatome verbinden sich anschließend spontan mit molekularem
Sauerstoff (0 2 ) zu Ozon (0 3 ).
Die Konzentration beträgt in
einer Höhe von 25 km mehr als
300 ug/m 3 .
Aus gesundheitlicher Sicht ist diese
Ozonschicht von herausragend
positiver Bedeutung, da sie den
kurzwelligen UV-Anteil des Sonnenlichts absorbiert und somit
einen unersetzlichen Schutz gegenüber möglichen Hauterkrankungen
darstellt. Die zunehmende Emission von Fluorchlorkohlenwasserstoff-Verbindungen (FCKW) verursacht die Zerlegung dieser
Ozonmoleküle (»Ozonloch«),
wodurch Strahlungsintensität und
folglich Gesundheitsgefährdung
des Menschen zunehmen.
Tennis unter extremen Bedingungen
In der Troposphäre kann die direkte Spaltung von Sauerstoffmolekülen aufgrund der geringeren
UV-Einstrahlung in Bodennähe
nicht mehr stattfinden. Speziell bei
verschmutzter Luft erfolgt hier die
UV-Absorption durch Stickstoffoxid (N0 2 ) und zum Teil auch
durch Kohlenwasserstoffe, wobei
atomarer Sauerstoff und folglich
Ozon entstehen. Somit ist das
Ausmaß der Ozonentstehung in
Bodennähe wesentlich vom Grad
der Luftverschmutzung abhängig.
Dies kann bei extremer Sonneneinstrahlung und hoher Konzentration an Verkehrsabgasen eine
für den Menschen gesundheitsstörende Konzentration überschreiten.
Grenzwerte für den bodennahen
Ozongehalt
Nach der WHO sind an Tagen mit
maximalen Einstundenmittelwerten von weniger als 100 ug/m 3
keine gesundheisschädigenden
Effekte zu erwarten.
Im Tagesverlauf sind die Ozonkonzentrationen zwischen 14 Uhr
und 17 Uhr am höchsten, sie können bei 300 bis 450 ug/m 3 liegen.
In der Bundesrepublik Deutschland empfiehlt das Bundesgesundheitsamt aus Gründen der Vorsorge die Einstellung des Sportunterrichts an den Schulen bei Ozonwerten über 360 ug/m 3 .
Je nach Empfindlichkeit des Bronchialsystems kann die Ozoneinwirkung bereits bei Werten unter
200 ug/m 3 Luft mit Husten,
Atembeklemmung und Schmerzen
unter dem Brustbein klinisch
bemerkbar werden. Die niedrigsten Ozonkonzentrationen, bei
denen unter schwerer körperlicher
Belastung über 6 Stunden eine
Einschränkung der Lungenfunktion beobachtet wurde, lagen bei
160 ug/m 3 Luft. Praktische Erfah-
rungen speziell im Leistungssport
(z.B. Fußballbundesliga, Leichtathletik-Weltmeisterschaften 1993 in
Stuttgart) zeigen jedoch, daß
oberhalb dieser Konzentration
selbst bei Sportlern mit hohen und
höchsten Atemminutenvolumina
in der Regel keine Beschwerden
auftreten.
Zusammenfassend beruht das Problem einer einheitlichen Grenzwertdefinition für Ozon darauf,
daß neben der Ozonkonzentration
die Art der körperlichen Betätigung, die Dauer der Einwirkung
und die aufgenommene Luftmenge sowie vor allem die individuelle Empfindsamkeit hinzukommen.
DaTennisspieler/-innen beim
Wettkampftennis nur eine mittlere
Auslastung der Atmung erreichen,
die unter dem Niveau von typischen (intensiven) Ausdauerbeanspruchungen liegt, sind Tennisspieler bei gleicher Aufenthaltsdauer im Freien weniger gefährdet
als typische Ausdauersportler wie
Radfahrer oder Läufer.
Wirkungen des bodennahen
Ozons
Die kleinen Ozonmoleküle dringen
bei der Einatmung tief in alle
Atemwege. Summarisch können
die Wirkungen von chronisch
hohen Ozonbelastungen auf den
Menschen wie folgt zusammengefaßt werden:
• Verengung der Luftröhrenäste sowohl in Ruhe als
auch unter körperlicher
Belastung
• Auslösung einer Entzündungsreaktion in den
Lungenbläschen
• Senkung der körperlichen
Leistungsfähigkeit
Von entscheidender Bedeutung
für das Ausmaß der Beeinträchtigungen durch Ozoneinatmung
sind neben der aktuellen Ozonkonzentration vor allem die Atemtiefe und die Zeitdauer. Theoretisch sind bereits bei geringeren
Ozonkonzentrationen (etwa ab
160-200 ug/m 3 ) Reizungen der
Schleimhäute von Augen und
Atemwegen möglich. Symptome
wie Augenbrennen, Tränen der
Augen, Kratzen im Hals, zunehmender Husten und atemabhängige Brustkorbbeschwerden, aber
auch Kopfschmerzen und Übelkeit
können bei Ozonwerten über
240 ug/m 3 auftreten. Personen,
die an Asthma oder chronischer
Bronchitis leiden, sind stärker
gefährdet, aber auch Ausdauersportler mit stetig hoher Atmung
über eine längere Dauer sollten
Zeiträume höchster Ozonkonzentration meiden.
Ozonwarnungen müssen daher
vor allem Personen mit überempfindlichem Bronchialsystem ernst
nehmen. Für den gesunden Freizeit- und Leistungssportler besteht
jedoch für eine Dramatisierung der
Ozonproblematik derzeitig kein
Anlaß. Eine Grenzwert-Festlegung
speziell für den Tennisspieler erscheint nicht sinnvoll, da die individuelle Empfindsamkeit und die
Beanspruchung im Wettkampf
keine festen Größen darstellen.
Begleitumstände wie extreme Hitzebedingungen, hohe Luftfeuchtigkeit sowie der Schweregrad individueller Vorerkrankungen (z.B.
Pollenallergie sowie Zuckerkrankheit, Koronare Herzkrankheit etc.)
spielen eine wesentlich bedeutsamere Rolle bei einer Entscheidung
für oder gegen ein Spielverbot.
Sportmedizinische Aspekte
Empfehlungen für Training
und Wettkampf
Tennistraining
Unter Abwägung von gesundheitlichem Nutzen der körperlichen
Betätigung im Rahmen eines Tennistrainings und Risiko durch chronische oder akute Ozonbelastung
geht es nicht um die Frage, ob das
Training ausfallen soll, sondern
wie dieses Training sinnvoll zu gestalten ist. Mit dem Ziel, Atemtiefe
und Atem häuf igkeit zu senken
und ggf. die Aufenthaltsdauer im
Freien zu verringern, sind folgende
Regulationsmöglichkeiten empfehlenswert:
•
Höchste Belastungsreize
vermeiden (z.B. Schnelligkeits- und Drilltraining)
• Hohe Belastungsumfänge
kürzen (z. B. statt zwei
Stunden Training nur 90
Min. bzw. höchstens zwei
statt drei Trainingseinheiten
pro Tag)
• Verlagerung der Lehrinhalte auf die Bereiche
Technik und Taktik unter
Rücknahme des konditionellen Anteils
• Senkung der Belastungshöhe durch Eingrenzung
des Aktionsvolumens (z. B.
Halbierung des Spielfeldes
im Einzelunterricht oder
Erhöhung der Spielerzahl
auf einem Platz beim Gruppenunterricht)
Für Kinder und Jugendliche mit
Asthma oder einem überempfindlichen Bronchialsystem sollten die
Vorsichtsmaßnahmen besonders
ernst genommen werden. In solchen Fällen empfiehlt sich auch
eine zusätzliche Beratung durch
den Hausarzt oder Sportarzt.
242
Freizeitspieler mit der Möglichkeit
zur freien Terminwahl sollten ihr
Tennistraining an ozonreichen Tagen in den frühen Vormittag oder
auf den späteren Abend verlegen.
Beim Auftreten von Augenbrennen, Hustenreiz sowie Atem- oder
Kopfschmerzen sollten Belastungsintensität (z. B. Doppel statt Einzel)
und Belastungsdauer (z.B. eine
statt zwei Stunden) gesenkt oder
gar das Tennis abgebrochen
werden.
Tenniswettkampf
Im Tenniswettkampf beträgt die
effektive Belastungszeit während
der Ballwechsel nur etwa V 4 der
Gesamtspielzeit, so daß Tennisspieler nur eine mittlere Auslastung der Atmung erreichen;
Atemmenge und Atemtiefe bzw.
die Ventilation gehören nicht zu
den leistungsbegrenzenden Faktoren. Folglich ist bei normaler Empfindlichkeit des Tennisspielers eine
akute gesundheitliche Gefährdung
oder eine Leistungsminderung im
Wettkampf nicht zu erwarten.
Nach dem derzeitigen Wissensstand über die tatsächliche Gesundheitsgefährdung scheint eine
offizielle Einschränkung der
Mannschaftswettkämpfe nicht
angemessen zu sein. Besteht jedoch
speziell an besonders heißen
Tagen in den Sommermonaten die
Möglichkeit für eine Zeitverschiebung, so sollte bevorzugt am Vormittag (frühe Morgenstunden sind
am besten) oder am späteren
Abend gespielt werden.
Training und Wettkampf bei Kälte
Niedrige Außentemperaturen stellen für die Leistungsfähigkeit des
Herz-Kreislauf-Systems und des
Muskelstoffwechsels im Vergleich
zur Hitze ein erheblich geringeres
Problem dar. Allerdings ist die Koordinationsfähigkeit unter kalten
Umgebungstemperaturen zu Beginn des Trainings erschwert, und
die Gefahr für Tennisverletzungen
(insbesondere Muskelzerrungen)
nimmt zu.
Für eine sitzende Person beträgt
die ideale Raumtemperatur ca. 18
bis 22 °C. Mit steigender muskulärer Betätigung sinkt der optimale
Wert der Umgebungstemperatur.
Folglich läßt intensives Tennistraining die ideale Umgebungstemperatur auf ca. 15°C und weniger
absinken, während für ein gemütliches Doppel mindestens 18°C
notwendig sind.
Die Kombination von Kälte und
Wind vervielfacht die Kälteempfindlichkeit. Beispielsweise sind für
den Körper 2 °C bei Windstärke 6
ähnlich unangenehm wie-15°C
bei Windstille.
Gesundheitliche Störungen
Das Hauptproblem für Tennisspieler besteht darin, schleichende
Temperaturwechsel und plötzliche
Abkühlungen zu vermeiden, damit
keine Erkältungskrankheiten auftreten können. Diese Gefahr ist
vor allem bei Trainings- oder Spielunterbrechungen (z.B. Regen) in
der kälteren Jahreszeit wie im
Frühjahr oder Herbst gegeben.
. Besondere Aufmerksamkeit muß
daher einer geeigneten Bekleidung
und deren Wechsel bzw. einer
vorsorglichen Verhaltensweise
gewidmet werden.
Wegen der Stoffwechselsteigerung bei intensivem Training um
das Zehn- und Zwanzigfache
gegenüber dem Ruheumsatz hat
jeder Tennisspieler bei intensivem
Training einen Wärmeüberschuß
abzugeben, so daß selbst in kältesten Tennishallen (z.B. im Januar
in den Morgenstunden) die
Ernährung des Tennisspielers
Schweißproduktion verhältnismäßig groß sein kann. Die Bekleidung muß folglich so beschaffen
sein, daß die Schweißverdunstung
nicht behindert wird. Andernfalls
wird die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt und die Gefahr für eine
Erkältung vergrößert. Selbstverständlich muß bei genannten
Empfehlungen zwischen intensivem Tennistraining oder anstregendem Tennis-Einzel und einem
Tennis-Doppel ohne läuferischen
Einsatz unterschieden werden.
Gesundheitliche Gefahren kann
bei niedrigen Temperaturen auch
der Rückenwind (insbesondere bei
Schweißabsonderung in der Lendenregion) bringen, da eine Verkühlung mit Reaktionen der Bandscheibe, des Ischiasnervs oder der
Niere drohen. Dies ist beispielsweise auch der Fall, wenn mit Beginn der Abendkühle eine stärkere
Luftbewegung eintritt und die verschwitzte Rückenpartie des Tennisspielers bei einem bewegungsarmen Doppel mit kurzen Spielphasen oder auf der Clubterrasse
(ohne entsprechenden Wärmeschutz) trifft. Wind von vorn
bringt weniger Gefahren, weil
Gesicht, Bauch und Blase auf
Kältereize empfindlich reagieren
und frühzeitiger Warnsignale auslösen.
Ernährung des
Tennisspielers
Optimale Ernährung des Tennisspielers soll gesundheitsschützend,
vollwertig und bedarfsangepaßt
sein. Da kein Nahrungsmittel alle
notwendigen Stoffe allein enthält
und Nahrungsmittel sich teilweise
gegenseitig ergänzen, muß die
Ernährung möglichst vielseitig
sein. Die Speise selbst sollte
schmackhaft zubereitet und appetitanregend serviert werden, so
daß nicht nur die Nahrungsstoffe
allein, sondern auch der optische
Eindruck und der individuelle Geschmack zu einer beschleunigten
Regeneration des Körpers und
Entspannung der Psyche führen.
Gesundheitsschützende Ernährung
Sie ist notwendig, weil nur ein
gesunder Organismus optimale
Höchstleistungen vollbringen
kann. Speziell Leistungstennisspieler sind den gesundheitlichen
Gefahren einer modernen Zivilisationskost (hoher Fettanteil und
wenig Ballaststoffe durch reichlichen Fleischkonsum sowie Fehlbedarf an Vitaminen, Mineralien und
Spurenelementen durch »leere«
Kalorienträger, wie z.B. Limonade,
Zucker oder mehrfach aufgewärmte Speisen) in besonderem
Maße ausgesetzt, da sich Tennisspieler häufig in Schnellgaststätten
bzw (Club-)Restaurants mit
schnell verfügbaren Speisen aufhalten und zu Hause aus Gründen
der Zeitersparnis einseitige Fertiggerichte bevorzugen.
Vollwertige Ernährung
Vollwertige Kost ist als Ernährungskonzept hochaktuell, und
auch Sportler haben daran ein
großes Interesse entwickelt. Bei
der Vollwerternährung soll die
Nahrung so natürlich wie möglich
belassen werden, d.h., die verwendeten Lebensmittel dürfen nur
möglichst wenig verarbeitet sein
(z. B. Vollkorn- statt Weißmehl).
Die Wahrscheinlichkeit, daß die
Nahrung alle lebensnotwendigen
Bestandteile enthält, ist nämlich
um so größer, je naturbelassener
die Lebensmittel bleiben bzw. je
weniger sie behandelt (manipuliert) werden. Nach diesen
Grundsätzen werden auch die
Speisen für Feinschmecker in
edlen Restaurants zubereitet. Die
Ernährung ist vollwertig, wenn alle
benötigten Nährstoffe vorhanden
sind. Hierzu müssen sämtliche fünf
Bilanzen (Energiebilanz, Nährstoffbilanz, Vitaminbilanz, Mineralstoff- und Spurenelement-Bilanz
sowie Flüssigkeitsbilanz) berücksichtigt werden.
Bei der vollwertigen Ernährung
handelt es sich um eine Kostform,
die sich vornehmlich zusammensetzt aus Getreideerzeugnissen,
Milchprodukten, möglichst frischem Obst und Gemüse, aus
Samen und daraus hergestellten
Pflanzenölen unter Verwendung
von Gewürzkräutern. Pflanzliche
Lebensmittel werden bevorzugt,
der Fleischverzehr wird reduziert.
Fisch stellt eine wünschenswerte
Ergänzung (z.B. ein- bis zweimal
wöchentlich) dar.
Bei vegetarischer bzw. bei veganer
Ernährung, die auf jegliche Lebensmittel tierischer Herkunft verzichtet, sind insbesondere in der
Ernährung von Leistungssport
betreibenden Kindern und Jugendlichen auf Dauer Mangelerscheinungen zu befürchten. Hierbei
sind in erster Linie Defizite beim
Eiweißbedarf sowie eine Unterversorgung mit Mineralien (z. B.
Eisen, Kalzium) und Vitaminen
(z.B. Vitamin B12) programmiert.
Die ovo-lactovegetabile Kost,
welche Milchprodukte und Eier
einbezieht, ist dagegen als vollwertig zu bezeichnen. Wird diese
Kostform abwechslungsreich gestaltet, so sind keine Nachteile bei
der Ausübung von Tennis als Leistungssport zu erwarten. Allerdings liegt der Zeitaufwand für die
Zubereitung der Speisen im Ver-
243
Sportmedizinische Aspekte
gleich zu herkömmlichen Kostformen höher.
Zusammenfassend gelten folgende Grundsätze:
Ernähre dich abwechslungsreich, vielseitig und schmackhaft, vorrangig auf der Basis
einer kohlenhydratreichen
Mischkost aus unverarbeiteten Lebensmitteln (Getreide
als Vollkorn, Kartoffeln, Naturreis etc.) mit hohem Anteil
an Frischkost (bevorzugt Rohkost wie frisches Gemüse und
Obst sowie Milch und Milchprodukte); benutze pflanzliche und (magere) tierische
Eiweißträger und verwende
Fette nur sparsam.
Die Menge der aufgenommenen
Speisen orientiert sich vornehmlich
an den Anforderungen im Training
und Wettkampf sowie am individuell-optimalen Leistungsgewicht.
Die tägliche Kontrolle des Körpergewichts auf der Waage und eine
gleichzeitige Übereinstimmung mit
persönlichem Wohlbefinden und
hoher Leistungsbereitschaft sind
als Indikatoren für Menge und
Güte der aufgenommenen Nahrungsmittel besser geeignet als
schematisierte Ernährungsprogramme und hochdifferenzierte
Kalorientabellen.
Bedarfsangepaßte
Ernährung
Sie richtet sich qualitativ und
quantitativ möglichst exakt nach
der Belastungsform bzw. dem
tatsächlichen Bedarf. Tenniswettkämpfe und -training haben einen
azyklischen Ablauf mit wellenförmig wechselnder Beanspruchung,
die sowohl Ausdauer als auch
Schnellkraft betrifft und mit hohen
244
koordinativen Anforderungen einhergeht. Intensive (hohe Reizstärke und -dichte), intervallartige
Beanspruchungen längerer Zeitdauer reduzieren die Kohlenhydratvorräte, so daß eine unmittelbar folgende Auffüllung der Glykogenspeicher notwendig wird;
schnellkräftige Bewegungen mit
hohem koordinativem Anspruch
bedingen eine ausreichende Eiweißzufuhr. Im heutigen Leistungstennis notwendige große
Trainingsumfänge (z.B. zwei- bis
dreimaliges Training pro Tag) bedürfen einer hohen Kalorienzufuhr, die speziell in diesen Fällen
auch durch vermehrte Fettzufuhr
gedeckt werden kann.
Der Energiebedarf von männlichen
Leistungsspielern der Spitzenklasse
beträgt je nach Intensität und Umfang der Trainingsabschnitte und
des Körpergewichts ca. 3500 bis
5500 kcal; folglich ist bei einer
durchschnittlichen Nährstoffrelation 55% Kohlenhydrate (4,1
kcal/g), 17% Eiweiß (4,1 kcal/g)
und 28% Fett (9,3 kcal/g) täglich
die Aufnahme von ca. 500 bis
750 g Kohlenhydrate, 200 bis
250 g Eiweiß und ca. 120 bis
180 g Fett notwendig. Breitenund Gesundheitssportler kommen
mit ca. 2 / 3 der genannten Kalorien- und Nahrungsmenge aus!
Belastungsform und -umfang
unterscheiden sich in den verschiedenen Trainings- und Wettkampfphasen, so daß die Ernährung
einer spezifischen Feinabstimmung
bedarf:
1. Ernährung in der Trainingsphase (Basis-Kost)
2. Ernährung vor dem Turnier
3. Ernährung unmittelbar vor und
während des Wettkampfes
4. Ernährung während des Wettkampfes
5. Ernährung nach dem Wettkampf
Ernährung
in der Trainingsphase
(Basis-Kost)
Die Ernährung im Trainingsaufbau
soll vielseitig und vollwertig,
bedarfsangepaßt, gesund und
appetitanregend sein. Vollwertige
Frischkost mit eindeutiger Präferenz von Kohlenhydraten in Kombination mit viel Obst, Gemüse
und Rohkost stehen im Mittelpunkt der Ernährung, so daß der
Grundbedarf für Vitamine, Mineralien und Spurenelemente einschließlich der notwendigen Ballaststoffe mit Sicherheit gewährleistet ist. Darüber hinaus sollten
jederzeit genügend (möglichst fettarme) Eiweißspender (z. B. Magerquark, Fisch, Geflügel) zur Verfügung stehen und zugleich jene
Nahrungsmittel und Zubereitungsformen gemieden werden, die
vorwiegend »leere« Kalorien
(ohne lebensnotwendige Wirkstoffe wie Vitamine und Mineralien) enthalten. Besonders jugendliche Tennisspieler/-innen werden
oft viel zu fettreich (Schokolade,
Eis, Grillwurst, panierte Schnitzel,
Pommes frites usw.) ernährt und
bevorzugen Getränke und Süßigkeiten mit niedriger Nährstoffdichte (Verhältnis vom Vitaminund Mineralstoffgehalt zum Kaloriengehalt eines Nahrungsmittels).
Diese Verhaltensweise liegt einerseits an dem notwendigen Bedarf
(Energiedefizit!), an individuellen
Gelüsten (z.B. Cola-Getränke,
Limonaden, Eis, Gebäck) sowie
am chronischen Zeitmangel der
Jugendlichen und ihrer Eltern, so
daß eine zeitaufwendige Zubereitung der Speisen ausfallen muß
und auf das Angebot in Club-Restaurants oder Schnellgaststätten
zurückgegriffen wird.
Kohlenhydratreiche und vollwer-
Ernährung des Tennisspielers
tige Frischkost wird je nach Trainingsschwerpunkt (z. B. Techniktraining, Grundlagenausdaueroder Krafttraining) und Trainingsumfang (z. B. ein, zwei oder drei
Trainingsabschnitte pro Tag) modifiziert. Bei einem Kraft- und
Schnelligkeitstraining steigt der
Eiweißanteil, und bei einem ausdauerbetonten Training wird der
Kohlenhydratanteil erhöht.
Das Tennistraining geht regelmäßig
mit relativ hohen Schweißverlusten einher, die unter speziellen
klimatischen Bedingungen erhebliche Ausmaße annehmen können;
folglich muß stets für Flüssigkeitszufuhr mit den notwendigen Mineralstoffen und Spurenelementen
sowie Vitaminen gesorgt werden.
Mineralstoffe
und Spurenelemente
Sie sind unverzichtbare Bestandteile von Vitaminen, Hormonen
und Enzymen und steuern hiermit
den Stoffwechsel der Nährstoffe.
Eisen ist besonders bedeutsam für
den Aufbau der roten Blutkörperchen. Kalium, Natrium, Magnesium und Kalzium sind wesentlich
an der Steuerung von Funktion
und Erregbarkeit der Muskel- und
Nervenzellen beteiligt.
Hohe Schweißverluste einerseits
und Engpässe in der Versorgung
mit Mineralstoffen und Spurenelementen andererseits erzwingen
beim Tennisspieler mit mitteleuropäischer Kost Defizite speziell
von Magnesium, Kalium und Eisen
(vor allem bei Frauen). Deshalb
müssen Tennisspieler/-innen jene
Nahrungsmittel kennen, die besonders reich an Kalium (Linsen,
Spinat, Kartoffel, Fisch, Fleisch,
Banane, Tomate, Aprikose usw.),
Magnesium (Haferflocken, Naturreis, ganzes Roggenkorn, Spinat,
Kuhmilch) und Eisen (Schweineund Rinderleber, Hirsekorn, Soja-
Kakaopulver
414
Seezunge
73
Erdnußbutter
410
Teigwaren
67
Cashewnuß
267
Spinat
58
Fleischextrakt
264
Roggenbrot
35
Sojabohnen
247
Makrele
31
Bierhefe, getrocknet
230
Semmel
30
Mandeln
170
Goudakäse
28
Erdnuß
163
Forelle
27
unpolierter Reis (Naturreis)
157
Schweinefleisch
20
Haselnuß
156
Rindfleisch
19
Roggen, ganzes Korn
140
Kalblfeisch
15
Haferflocken
139
Corn-flakes
14
Milchschokolade
104
Hühnerei
12
12
Weizenvollkornbrot
92
Kuhmilch (3,5% Fett)
Pumpernickel
80
Apfel
6
Tab. 14 Nahrungsmittel mit hohem Gehalt an Magnesium. Der Magnesiumgehalt
ist in mg/100 g des eßbaren, ungekochten Anteils angegeben (nach KONOPKA).
bohnen, Weizenkeime, Linsen,
Spinat, Schokolade usw.) sind. In
diesem Zusammenhang ist auch
der Hinweis für die Praxis wichtig,
daß Nahrungstabellen üblicher Art
häufig einen falschen Eindruck
vermitteln, da sie fast immer gewichtsbezogen (mg/100 g) geordnet sind, obwohl der Inhalt pro
Eßportion für den Verbraucher viel
wichtiger ist. So enthält (schwach
entöltes) Kakaopulver mit 414
mg/100 g als Nahrungsmittel den
höchsten Gehalt an Magnesium,
ein Magnesiumdefizit ist jedoch
mit unpoliertem Reis (Naturreis)
viel leichter zu beheben. Dieser
enthält zwar nur 157 mg/100 g,
wird aber in erheblich größeren
Mengen aufgenommen (Tab. 14).
Vitamine
Vitamine können vom Organismus
nicht selbst hergestellt werden. Sie
sind notwendige Enzymbestandteile und beeinflussen als Katalysatoren den Energiestoffwechsel
(Kohlenhydrate und Fette), Baustoffwechsel (Eiweiß) und Mineralstoffwechsel in direkter und indirekter Weise.
Zusätzliche Vitamingaben können
bei ausgeglichenem Vitaminhaushalt die Leistung nicht steigern.
Eine Überdosierung speziell der
Vitamine A und D ist sogar schädlich; ein Überschuß von Vitamin C
oder des Vitaminkomplexes B wird
dagegen schadlos über Nieren und
ableitende Harnwege ausgeschieden. Andererseits verlieren speziell
Tennisspieler durch umfangreiches
Training und viele Wettkämpfe
beträchtliche Mengen an Vitamin
C und B. Da überdies die moderne
Zivilisationskost einen erheblichen
Anteil an Nahrungsmitteln enthält,
die nur »leere« Kalorien (Nah-
245
Sportmedizinische Aspekte
rungsmoleküle ohne lebenswichtige Begleitstoffe wie Vitamine,
Mineralstoffe und Spurenelemente) liefern, sind jene Tennisspieler hinsichtlich eines Vitaminmangels besonders gefährdet, die
sich vorrangig in Schnellgaststätten und mit minderwertigen Fertigprodukten ernähren. Auch kann
der Vitaminbedarf bei entsprechendem Belastungsumfang um
das Zwei- bis Vierfache steigen.
Da die Vitamine des B-Komplexes
im Eiweiß- und KohlenhydratStoffwechsel eine wichtige Funktion haben und das Vitamin C vor
Infektion der oberen Rachenwege
schützen kann, sind die (wasserlöslichen) Vitamine B v B2, B6, Niacin und C sowie das (fettlösliche)
Vitamin E für Tennisspieler am
wichtigsten. Neben entsprechenden Vitamintabletten kann einer
Vitaminunterversorgung durch
Aufnahme folgender Nahrungsmittel entgegengewirkt werden:
Vitamin B1 (Thiamin)
Weizenkeime, Vollkornprodukte,
Haferflocken, Hülsenfrüchte,
Schweinefleisch.
Vitamin B2 (Riboflavin)
Milch, Fleisch, Getreide, Hefe,
Weizenkeime.
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Geflügel, Rind- und Schweinefleisch, Weizenkeime, Sojabohnen,
Kartoffeln.
Vitamin Niacin
Schweinefleisch, Hefe, Kartoffeln.
Vitamin C (Ascorbinsäure)
frisches Obst und Gemüse,
Paprika, Kartoffeln.
Vitamin E (Tocopherol)
Weizenkeim- u. Sonnenblumenöl,
Grünkohl, Erbsen.
Da gekochte oder erneut aufgewärmte Nahrung einen Großteil
des Vitamingehaltes verliert, ist ein
gewisser Anteil Frischkost (Naturkost) für eine gesunde Ernährung
unentbehrlich.
246
Ernährung vor dem
Tennisturnier
In diesem Zeitabschnitt, der üblicherweise einige wenige Tage
oder eine Woche dauert, werden
vor allem die Kohlenhydratvorräte
aufgefüllt und vergrößert, damit
für die Wettkampfphase bzw. das
Turnier(-Wochenende) genügend
Kohlenhydratreserven zur Verfügung stehen. Hierzu ist eine
betont kohlenhydratreiche Ernährung (z.B. Getreideprodukte, Reis,
Teigwaren, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und getrocknetes Obst)
anzustreben, so daß ca. 60% der
zugeführten Kalorien über Kohlenhydrate aufgenommen werden.
Da der Aufbau des Muskelglykogens Kalium und Wasser benötigt
und das Vitamin B1 eine wichtige
Rolle im Kohlenhydratstoffwechsel
spielt, müssen auch kaliumreiche
Nahrungsmittel (mit Flüssigkeit)
und Vitamin-B^Träger berücksichtigt werden.
Vor erschöpfenden Ausdauerbeanspruchungen (z.B. Tennisturnier
mit täglich mehrstündigem Einsatz) werden zur Anreicherung des
Glykogengehalts in der Arbeitsmuskulatur folgende Maßnahmen
empfohlen:
•
Intensives bzw. hochintensives
Training mit entsprechendem
Glykogenabbau bis spätestens
2 bis 3 Tage vor dem Leistungshöhepunkt
• Reduktion von Reizdauer und
-dichte im Training in den letzten 2 bis 3 Tagen vor dem Leistungshöhepunkt
• Erhöhung der Kohlenhydratkomponente auf 60 bis 70% in
der Nahrung 2 bis 3 Tage vor
dem Leistungshöhepunkt. Ein
70 kg schwerer Leistungstennisspieler nimmt in dieser Phase
ca. 600 bis 700 g Kohlenhydrate pro Tag auf
•
Einnahme von kohlenhydratreicher Kost in den regenerativen
Ruhepausen im direkten
Anschluß an das Training
Hierzu besonders geeignet sind
Reisspeisen (z. B. Reispfanne,
Gemüse-Reis-Gerichte, Milchreis),
Kartoffelspeisen (z. B. Kartoffelpüree aus frischen Kartoffeln,
Kartoffelknödel oder Folien- bzw.
Pellkartoffeln mit Quark),
Nudelspeisen bzw. Teigwarengerichte (z.B. Spaghetti, Spätzle,
Cannelloni, Lasagne und Pizza),
Hülsenfrüchte (z. B. Linsen-Kartoffel-Eintopf, Linsen mit Spätzle
usw.) sowie Getreideprodukte
(z.B. Haferflocken, Corn-Flakes,
Müsli mit Frischobst und/oder
Milch, Joghurt oder Fruchtsaft
usw.) und verschiedene Süßspeisen (z. B. Griespudding mit Früchten, Waffeln, Pfannkuchen mit
Früchten bzw. Früchtequark).
Ernährung unmittelbar
vor dem Wettkampf
Da die Glykogenbevorratung (Superkompensation) abgeschlossen
ist, genügt die Einnahme einer
leicht verdaulichen kohlenhydratbetonten Hauptmahlzeit (mit Eiweiß als Beilage) von ca. 1200 bis
1500 kcal, etwa 2 bis 3 Stunden
vor Spielbeginn. Besondere Beachtung sollte der Zufuhr von Mineralstoffen, Spurenelementen, Vitaminen und nicht zuletzt Flüssigkeit geschenkt werden. Durch
Gewöhnung müssen Leistungstennisspieler auch in der Lage sein,
noch 60 bis 90 Minuten vor Wettkampf- oder Trainingsbeginn eine
kleine kohlenhydratbetonte
(Haupt-)Mahlzeit zu vertragen.
Vor allem am Wettkampftag sollte
stets die Bekömmlichkeit der
Speise mitberücksichtigt werden!
Beispiele hierfür sind:
Ernährung des Tennisspielers
• Gedünsteter Fisch (Rotbarsch-,
Schollen- oder Seezungenfilet
usw.) mit Pellkartoffeln (oder:
frischem Kartoffelpüree bzw.
Parboiled-Reis) mit frischem
Gemüse oder Salat; Fruchtgrütze mit Vanillesoße als
Nachspeise
•
•
Rheinischer Sauerbraten (oder:
Rindergulasch usw.) mit reichlich Spätzle (oder: Kartoffelklöße bzw. Semmelknödel usw.)
und frischem Möhren- oder
Bohnengemüse; frischer Obstsalat (oder: Quark mit frischen
Früchten bzw. Vanillepudding
mit Tiefkühlfrüchten usw.) als
Nachspeise
Große Portion (Vollkorn-)Spaghetti mit Tomaten-KräuterSoße oder Makkaroni mit
Schinken und Käse überbacken
(oder: Spinat-Käse-Soße) und
frischem Salat (mit frischer
Kräuter- oder Joghurtsoße); als
Dessert: Obstsalat mit Weizenkeimen oder Waffeln mit Sauerkirschen
Aufwärmtrainings sowie kurz vor
dem Wettkampf (5 bis 10 Minuten vorher) sollte reiner Obstsaft
oder eine Mixtur aus Kohlenhydraten (z.B. Orangensaft oder
Banane) und einem Mineralgetränk
eingenommen werden.
Ernährung während
des Wettkampfes
Eine spezielle Wettkampfverpflegung (im Sinne einer speziellen
Kohlenhydratzufuhr) ist für einen
einzelnen Tenniswettkampf unter
2 Stunden Zeitdauer normalerweise nicht notwendig. Nach vorausgehendem intensivem Training
bei länger dauernden Einzelwettkämpfen sowie bei mehreren Spielen pro Tag empfehlen wir jedoch
die Zufuhr von Kohlenhydraten
auch während des Wettkampfes.
Dies gilt vor allem für plötzlich
auftretenden »Hungerast«.
Hohe Schweißverluste unter entsprechenden klimatischen Bedin-
gungen (hohe Luftfeuchtigkeit,
starke Sonneneinstrahlung, hohe
Hitze-Reflektion von der Platzoberfläche) bedingen eine reichliche Zufuhr von Wasser und Elektrolyten (insbesondere Magnesium
und Natrium). Speziell jene Tennisspieler, die zu Muskelkrämpfen
neigen, bedürfen weiterer flankierender Maßnahmen (magnesiumreiche Kost oder spezielle Mineralien-Präparate wie MultibiontaMineral® oder Biomagnesin® usw.)
in der Basisernährung oder wenigstens in der Vor-Wettkampfphase.
Beispiele für die Turnierpraxis
Für den Seitenwechsel eignen sich
jeweils kleine Portionen für eine
regelmäßige Zufuhr:
• Mischung aus Obstsaft (Obstsäfte enthalten ca. 9 bis 12%
Kohlenhydrate sowie Vitamin C
und Kalium) und Mineralwasser
im Verhältnis 1:1. Empfehlenswert sind Mineralwasser (s. Tab.
15, S. 248), die reich an Magnesium (über 100 mg/l) und nicht
Bei unvorhersehbarer Verzögerung
des Wettkampfbeginns oder
unmittelbar vorhergegangenen,
intensiven Beanspruchungen im
Training bzw. Wettkampf ist die
zusätzliche Einnahme einer kohlenhydratreichen Zwischenmahlzeit empfehlenswert. Je nach individuellem Geschmack, aktuellen
Gegebenheiten und Bedürfnissen
bieten sich beispielsweise Milchreis
mit Früchten, Milchreis mit Zimt,
Joghurt mit Haferflocken und
Früchten, Schnellmüsli, hochwertiges Müsli oder Trockenobst (z. B.
getrocknete Bananen oder Aprikosen) an. Fertigprodukte wie (Vollkorn-)Kekse, Müsliriegel oder
Marmorkuchen sind zwar auch
geeignet, wegen ihrer geringeren
Vollwertigkeit stellen sie jedoch
nur zweite Wahl dar.
Unmittelbar vor oder während des
247
Sportmedizinische Aspekte
[mg/l]
Natrium
Magnesium
Kalium
Calcium
Aachener
Kaiserb.
Staatl.
Fachinger
Apollinaris
Gerolsteiner
Perrier
1315
603
53
28
122
430
100
30
90
125
105
11
337
9
4
1
148
8
-
57
Tab. 15 Elektrolytgehalt verschiedener Mineralwasser
Natrium
Magnesium
Calcium
Kalium
[mg/100 ml]
KH
[g/100ml]
Isostar
Orange
Catorade
Aquarius
Sports
Ractiv
Multi-Vit
44
8
11
12
41
7
23
48
20
59
6
20
54
215
85
125
50
4,2
-
6,5
12
6
3,7
Süßstoff
Kai
[kcal/100 ml]
27
25
19
Zusatzstoffe
Vitamine
Vitamine
Vitamine
Beneroc
_
20
Vitamine
Coffein
7 mg/100 ml
Vitamine
Tab. 16 Elektrolytgetränke im Vergleich
zu arm und nicht zu reich an
Kochsalz bzw. Natrium (ca. 400
bis 800 mg/l im Leistungssport,
ca 100 bis 300 mg/l im Gesundheitssport) sind; auch eine
getrennte Einnahme beider Getränketypen ist möglich.
Diverse Elektrolytgetränke (Tab.
16), wie Isostar® (6,5% Kohlenhydrate), Champ® (7,8%
Kohlenhydrate), R'activ®
(Orange: 2,8% Kohlenhydrate,
Multivitamin: 4,2% Kohlenhydrate), Basica® (vorrangig für
Mineralstoffe und Spurenelemente) oder Beneroc® (besonders magnesiumreich).
Eigenherstellung einer Getränkemischung, die aus verschiedenkettigen Kohlenhydraten
(z.B. Maltodextrin 5 bis 6%)
und Einfachzuckern (z.B. Fructose 2%) besteht und deren
Flüssigkeitsbasis nach individuellem Geschmack (z.B. Tee,
Mineral- oder Leitungswasser)
ausgewählt wird.
Tritt während des Wettkampfes
ein »Hungerast« auf, werden
höher dosierte Kohlenhydrate in
schnell verfügbarer und zugleich
magenverträglicher Form notwendig. Bewährt haben sich in der
Tennispraxis:
• Vollreife Bananen (ca. 100 g
Bananen beinhalten 22 g Einfach- und Zweifachzucker,
382 mg Kalium und 36 mg
Magnesium u.a.). Vollreife Bananen enthalten deutlich mehr
schnell verfügbare Kohlenhydrate als grüne Bananen (ca.
5% Einfach- und Zweifachzucker sowie 18% Stärke).
Tab. 17
• Müsliriegel (z.B. enthalten
100 gMüslix 13 g Fett und
70 g Kohlenhydrate; ein Müsliriegel 420 kcal pro 100 g bzw.
vier Portionen).
• Fettarme Sport-Energie-Riegel
verschiedener Fabrikate (Tab.
17).
• Trockenobst wie Banane (ca.
85 g Kohlenhydrate und 1400
mg Kalium pro 100 g) oder
Aprikose (ca. 65 g Kohlenhydrate, 1100 mg Kalium und
5 mg Eisen pro 100 g) enthalten
höhere Kohlenhydrat-Anteile
als Frischobst.
Ernährung direkt nach
dem Wettkampf
Die Ernährung direkt nach dem
Wettkampf dient prinzipiell dazu,
den Ernährungszustand vor der
Wettkampfphase schnellstmöglich
zu erreichen oder gar zu verbessern (Superkompensation), damit
die Voraussetzungen für ein effizientes Training oder erneute optimale Wettkampfleistungen
geschaffen werden. Unmittelbar
nach dem Wettkampf ist der
Organismus durch hohe Enzymaktivitäten (z.B. Glykogen-Synthetase) besonders aufnahmefähig
für die notwendigen Nährstoffe.
In Abhängigkeit zur vorhergehenden spezifischen Belastungsform
und deren Umfang betrifft dies in
erster Linie Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Flüssigkeit und Eiweiß
Nährstoffgehalt verschiedener Sport-Energie-Riegel
Müslix
Traube
Kohlenhydrate
Fette
Proteine
[g/100g]
72
12
4
Corny
Frucht
68
9
5
Corny
Schoko
Nesfit
Energy
Knoppers
63
18
7
61
13
11
52
32
8
Ballaststoffe [%]
1
4
4
-
3
Kai [kcal/100 g]
412
376
444
406
552
Milchschnitte
34
27
9
o. Ang.
420
Ernährung des Tennisspielers
Coca Cola
Magnesium
Kalium
Calcium
Natrium
[mg/100 ml]
1
4
6
Fanta
(Light)
1
4
6
Apfelsaft
Malzbier
Bier
Red Bull
4
116
7
2
7
34
3
4
7
38
4
5
64
KH[g/100ml]
11
11 (1,4)
12
14
12
11,5
Kai [kcal/100 ml]
44
44(7)
48
56
48
46
Besonderheiten
Koffein
Vitamin C
(Süßstoff)
0,6 Vol°
Alkohol
5Vol°
Alkohol
Koffein
Vitamine
Tab. 18 Mineralien- und Zuckergehalt verschiedener Erfrischungs- und
Regenerationsgetränke
(insbesondere im Kindes- und
Jugendalter). Hierzu sollten nicht
hemmungslos »leere« Kalorienträger (z. B. Pommes frites oder Eis)
gegessen oder erhebliche Mengen
Getränke zweiter Wahl (z. B. verschiedene Limonaden bzw. Softdrinks, Tab. 18) getrunken werden, da wegen des auftretenden
Völlegefühls die Möglichkeit für
eine sinnvollere, leistungssteigernde Superkompensation verspielt wird.
Als Beispiele für die Tennispraxis
empfehlen wir:
• Umfangreiche kohlenhydratbetonte Hauptmahlzeit (Kartoffel-
gerichte, Reisspeisen, Nudelgerichte) zwecks rascher und ausgedehnter Wiederauffüllung
der Glykogenspeicher in der
Arbeitsmuskulatur
Ausreichende Proteinzufuhr
und entsprechend reduzierte
Fettaufnahme (Magermilchprodukte, fettarmes Fleisch)
vor allem im Kindes- und
Jugendalter
Bei Appetitlosigkeit insbesondere nach anstrengenden Wettkämpfen oder intensiven Trainingseinheiten sollten die Spieler zuerst mit Ausgleich des
Flüssigkeitsbedarfs beginnen,
selbstverständlich unter Berücksichtigung individueller Wünsche (z. B. gespritzter Apfelsaft,
Mineralwasser, in Einzelfällen
gegebenenfalls auch Coca-Cola
oder Malzbier)
249
Zur pädagogischen
Verantwortung
des Trainers
Die bisher behandelten Gesichtspunkte von Training und Wertkampf wurden in erster Linie unter
dem funktionalen Gesichtspunkt
der Leistungsverbesserung und
des langfristigen Leistungsaufbaus
dargestellt.
Vor allem im Kinder- und Jugendtraining hat der Trainer bzw. die
Trainerin jedoch nicht nur die Aufgabe, Tennis zu vermitteln, sondern auch erzieherisch zu wirken.
Auf das Tennisspiel bezogen muß
er motivieren können und dazu
beitragen, daß Siege und Niederlagen angemessen verarbeitet
werden sowie Selbstbeherrschung,
Verantwortung für die Gesundheit, Fairneß und kameradschaftliches Verhalten hoch bewertet
werden. Über das Tennisspiel
hinaus erstreckt sich die pädagogische Verantwortung auf die
Gesamtentwicklung des jungen
Menschen. Dabei sind all jene Erwartungen und Anforderungen zu
berücksichtigen, mit denen sich
junge Tennisspieler in Training und
Wettkampf sowie außerhalb des
Sports auseinandersetzen müssen.
Solche Erwartungen und Anforderungen kommen vor allem von
Eltern, anderen Trainern, Vereinsund Verbandsfunktionären, gegebenenfalls von Sponsoren und
Medienvertretern und schließlich
250
von der Schule. Sie treffen auf
Kinder und Jugendliche, die ganz
allgemeine Bedürfnisse haben:
z.B. das Bedürfnis
• nach vielfältigen Erfahrungen
und Erlebnissen,
• nach Lob und Anerkennung,
• nach emotionaler Wärme,
• nach eigener Verantwortung
(mit zunehmendem Alter).
Neben den Beziehungen zwischen
Trainer und Schüler ist auch zu
berücksichtigen, daß sich - vor
allem im Verlauf des Gruppentrainings - relativ stabile Beziehungen
zwischen den Schülern herausbilden. Die Schüler lernen sich nicht
nur kennen, sondern entwickeln
auch emotionale Beziehungen
untereinander. Solche Beziehungen
machen die Struktur der Trainingsgruppe aus.
Der mündige
Athlet
Kinder im Leistungssport sollen
in ihrer Entwicklung über das
Jugend- zum Erwachsenenalter
zunehmend zu mehr Selbständigkeit geführt werden. Der »mündige Athlet« soll schließlich seine
sportlichen Ziele selbst bestimmen,
an der Planung seines Trainings
und seines Turniers mitarbeiten.
Nutzung der Chancen,
Vermeidung der
Risiken von
Leistungssport
Nach einer entsprechenden
Erklärung des DSB zum Leistungssport von Kindern eröffnet der
Sport den Kindern eine Reihe von
Chancen:
• Förderung der körperlichen,
geistigen und seelischen Entwicklung
• Erfahrung eigener Leistungsgrenzen
• Schaffung von Selbstvertrauen
• Erfahrung von Gemeinschaftserlebnissen
• Sinnvolle Freizeitgestaltung
Der Trainer hat darauf zu achten,
daß diese Chancen tatsächlich
wahrgenommen werden, indem er
auf die Einhaltung folgender Maßnahmen achtet:
• Berücksichtigung der Belastbarkeit des Kindes und Jugendlichen auf der entsprechenden
Alters- bzw. Reifestufe
(s.S. 156)
• Gewährleistung einer vielseitigen koordinativen und konditioneilen Ausbildung anstelle
frühzeitiger Spezialisierung
(s. S. 106)
I
Zur pädagogischen Verantwortung des Trainers
Belassung ausreichender Zeit
für Familie, Freizeit und soziale
Kontakte
Raum für zusätzliche Mannschaftswettbewerbe zur Förderung sozialen Handelns und
koordinativer Fähigkeiten
Vermeidung von allzu frühem
Erfolgsdruck
Sicherung eventuell notwendiger Schul- und Berufsausbildungsförderung, auch nach
Ende des Leistungssports
Einbeziehung sich längerfristig
entwickelnder Fähigkeiten (Prognose) bei der Eingliederung in
Bezirks- und Verbandskader
Organisierung regelmäßiger
sportärztlicher Kontrolle
Enger Kontakt zu den Eltern,
regelmäßig wiederholte
Abschätzung von Chancen und
Risiken für das einzelne Kind,
ggf. Bremsung übersteigerter
Leistungs- und Erfolgserwartungen der Eltern.
Berufliche Zukunft
Zusammenfassung
Der trainierende Jugendliche soll
den Leistungssport zwar als einen
wichtigen, aber nicht den wichtigsten Teil seines Lebens begreifen
lernen. Er muß erfahren, daß der
leistungssportgeprägte Lebensabschnitt irgendwann, allein altersbedingt, zu Ende gehen wird.
Diesbezügliche Aufgabe des Trainers ist, seinen jugendlichen Spielern zu helfen, sich auf das berufliche und private Leben nach dem
Sport einzustellen und entsprechend vorzubereiten.
Das bedeutet konkret, daß der
Trainer darauf zu achten hat, daß
Schule und Ausbildung unter der
Trainings- und Wettkampfbelastung nicht leiden. Kind oder Jugendlicher können nicht erwarten,
in ihrer Ausbildung bevorzugt zu
werden; sie dürfen aber durch ihr
Engagement im Leistungssport
nicht benachteiligt werden.
Pädagogische Verantwortung für
die Gesamtentwicklung (und nicht
nur für die sportliche Entwicklung)
von jungen Spielerinnen und Spielern zu übernehmen, heißt also für
Trainer und Trainerin, Training und
Wettkampf so in die gesamte
Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen einzubetten, daß diese im
Anschluß an ihre sportliche Laufbahn sagen können: »Der Sport
hat mein Leben bereichert« (vgl.
auch KURZ, 1988).
251
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