Gespräch - Deutsches Lackinstitut

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Gespräch - Deutsches Lackinstitut
Lack
im
Gespräch
t
Nr. 115 Juni
I n f o r m a t i o n s d i e n s t D e u t s ch e s L a ck i n s t i t u t
2013
Konjunkturerwartung 2013
Lack- und Druckfarbenindustrie leidet
unter Mini-Wachstum in Deutschland
Das schleppende Wirtschaftswachstum in den ersten Monaten 2013
belastet den Lack- und Druckfarbenabsatz in Deutschland. Insgesamt rechnet
die Branche im laufenden Jahr mit
rückläufigen Absatzmengen bei Lacken,
Farben und Druckfarben um ein bis zwei
Prozent. Der Jahresumsatz wird 2013
auf 7,7 Milliarden Euro steigen.
Besonders enttäuschend verlief
die Konjunktur bei den Baufarben: Das
ohnehin traditionell schwächere Win-
terquartal verzeichnete wegen der sehr
langen Kälteperiode im Fassadengeschäft Rückgänge von bis zu 20 Prozent
gegenüber dem Vorjahr.
Bei der Mitgliederversammlung
des Verbands der deutschen Lack- und
Druckfarbenindustrie e.V. in München
beurteilte Verbandspräsident Klaus Meffert den Monat März als „katastrophal“.
Vor 130 Vertretern der Lack- und Druckfarbenindustrie machte er aber Mut: Die
Auftragsbücher der Handwerker seien
Lack-Verbrauch und BIP 1990 - 2013
Lack-Verbrauch
1.900
BIP real
2.400
1.800
2.200
F&L in 1.000 Tonnen
2.000
1.600
1.800
1.500
1.400
1.600
BIP in Milliarden Euro
1.700
1.300
1.400
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1.1 00
0
1.200
Jahrzehntelang galt das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) als sicherer
Hinweis auf eine gute Lack-Konjunktur. Etwa seit dem Jahr 2000 gilt dieser enge
Zusammenhang nicht mehr: Das BIP ist in den letzten Jahren deutlich stärker
gewachsen als der Absatz an Lacken und Farben. Berechnungen des Verbandes der
deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie zufolge muss das jährliche Wirtschaftswachstum in Deutschland mindestens zwei Prozent betragen, damit der Lackverbrauch nicht sinkt. Da für das laufende Jahr nur ein Wirtschaftswachstum von 0,3
Prozent vorhergesagt wird, sind auch die Aussichten für den Lackverkauf wenig
erfreulich.
gut gefüllt und bei gutem Wetter könnten manche Rückstände noch aufgeholt
werden. Meffert kritisierte aber auch die
„chaotische Förderpraxis“ der Bundesregierung in Sachen Wärmedämmung, die
viele Immobilienbesitzer verunsichere.
Die Rezession in Europa belastet
auch den Absatz von Industrielacken:
Möbel- und Holzlacke, Beschichtungssysteme für die Automobilindustrie oder
auch Lacke für die Elektro oder Metall
verarbeitende Industrie werden gegenwärtig von den Abnehmerindustrien nur
zögernd nachgefragt.
Für die Druckfarben wurde 2012
ein Rückgang der Umsätze um 3 Prozentpunkte festgestellt. Die Produktionsrückgänge bei Druckfarben liegen
ausschließlich im Bereich der Publikationsdruckfarben. Die zunehmende
Konkurrenz durch den Digitaldruck und
die rückläufigen Auflagen vieler Titel
hinterlassen hier deutliche Spuren. Der
Absatz von Druckfarben wird neben diesen strukturellen Marktveränderungen
im Inland auch von Exportrückgängen
belastet. Ausfuhren in die EU-Länder
waren viele Jahre lang eine wesentliche
Stütze des Erfolgs deutscher Druckfarbenhersteller.
Auch fünf Jahre nach der Krise
wird die Lack- und Druckfarbenindustrie
das Niveau des Jahres 2008 weder bei
den Produktionsmengen noch bei den
Umsätzen erreichen.
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Autofarben 2012
Weiß legt weiter zu, Braun ist wieder im Kommen
Die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes zeigt: Zwei Farben dominieren
wie in den Jahren zuvor das Straßenbild
in Deutschland. Noch immer sind fast 60
Prozent der in Deutschland neu zugelassenen Autos schwarz oder silberfarben
bzw. grau. An dritter Stelle folgen – wie
in den beiden Vorjahren – weiß lackierte
PKW. Mit einem Anteil von 15,7 Prozent
aller Neuzulassungen legte Weiß, die
Trendfarbe der vergangenen Jahre,
gegenüber 2011 nochmals um 2,7 Prozentpunkte zu. Da in Deutschland die
Farbe Weiß in den eigenen vier Wänden
eine Renaissance erlebt, ist davon auszugehen, dass auch auf unseren Straßen
der Anteil weißer Autos weiter zunehmen wird.
Farbe ja, aber nicht irgendeine
Neben Weiß lagen 2012 überraschenderweise Brauntöne wie Mokka-,
Kaffeebraun und Bronze klar im Trend.
Diese Farbtöne legten das fünfte Jahr
in Folge fast unbemerkt stark zu. Waren
es 2008 noch 39.766 Autos, wuchs die
Zahl der braun lackierten neu zugelassenen Fahrzeuge 2012 auf 205.175 – das
entspricht einem Marktanteil von 6,7
Prozent gegenüber 1,3 Prozent im Jahr
2
2008. Dagegen verliert Blau hierzulande
weiter an Zuspruch bei den Autokäufern
( 0,8 Prozent), und auch der Anteil grüner Fahrzeuge ist weiterhin rückläufig.
Dennoch ist auf unseren Straßen viel
Farbe im Spiel: So legten Lackierungen
in Gelb und Orange in der Gunst der
Käufer leicht zu. Vor allem Kleinwagen
sind in dieser Statistik vorn zu finden.
Die Beliebtheit der Farbe Rot, Ende
der achtziger Jahre noch Deutschlands
beliebteste Autofarbe, ist mit 5,9 Prozent
über alle Marken hinweg sogar hinter
Braun zurückgefallen.
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Werterhalt durch Korrosionsschutz
Eine Aufgabe, die niemals endet
In unserem Alltag ist der Rostfraß
beinahe unsichtbar geworden, doch
Korrosion wird auch im 21. Jahrhundert
eines der großen Probleme bleiben.
Betroffen von den zersetzenden chemischen Prozessen, die sich nicht allein als
Rost zeigen, sind Stahlkonstruktionen
wie Brücken oder Tragwerke, aber auch
Industrieanlagen und Kraftwerke, Bahngleise, Rohrleitungen, Fahrzeuge und
Maschinen. Die World Corrosion Organization schätzte 2009 die wirtschaftlichen
Schäden durch Korrosion auf weltweit
1,8 Billionen US-Dollar.
Grundsätzlich gilt: Korrosion lässt
sich nicht vermeiden. Professioneller
Korrosionsschutz kann jedoch der
Zerstörung wertvoller Werkstoffe und
Konstruktionen vorbeugen, sofern er
systematisch überwacht und bei Bedarf
zügig erneuert wird. Die Unternehmen
der deutschen Lackindustrie leisten
durch die Entwicklung zunehmend
leistungsfähiger korrosionshemmender
Beschichtungen schon seit langem einen
elementaren Beitrag. Ohne ihre auf die
jeweiligen Einsatzzwecke abgestimmten
Beschichtungssysteme würden hierzulande jährlich Schäden in gigantischem
Umfang entstehen.
Über fünf Milliarden nur für
Eisenbahnbrücken
Die Deutsche Bahn muss von
2006 bis 2016 bis zu fünfeinhalb Milliarden Euro investieren, weil in diesem
Zeitraum 70 Prozent der Stahl- und
Eisenbrücken das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Hinzu kommen hohe
ökologische Kosten: Etwa 16 Tonnen
Stahl werden tagtäglich durch Korrosion
vernichtet, müssen entsorgt und mit
hohem Energieaufwand neu produziert
werden. Wertvolle Ressourcen wie
Trinkwasser oder Öl versickern aus korrodierten Leitungen im Boden. Experten
schätzen, dass sich die wirtschaftlichen
und ökologischen Schäden durch konsequentes Korrosionsmanagement jährlich
um 25 bis 30 Prozent reduzieren ließen,
doch hierfür fehlen oft die Mittel. Daher
setzen sich Fachorganisationen weltweit
Ein teurer und gefährlicher
Gegner
Korrosion kommt Staat und Wirtschaft teuer zu stehen: Defekte Teile
müssen repariert oder ersetzt werden,
währenddessen liegen Anlagen und
Infrastruktur lahm. Schreitet der Zerfall
zu weit fort, sind Unfälle eine zwangsläufige Folge: Brücken oder Gebäude
stürzen ein, aus defekten Anlagen treten
schädliche Stoffe aus, marode Schiffe
sinken. Die jährlichen durch Korrosion
verursachten Kosten belaufen sich in den
Industriestaaten auf bis zu vier Prozent
des Bruttoinlandsproduktes, in Deutschland also auf bis zu 1,4 Milliarden Euro.
Gäbe es keinen wirksamen Korrosionsschutz, würden allein hierzulande jährlich
Schäden in Höhe von rund 100 Milliarden
Euro entstehen.
dafür ein, das Wissen über Korrosionsschutz auf allen Ebenen zu erweitern
und international gültige Standards zu
entwickeln.
Große Herausforderungen auch
durch den Klimawandel
Solange wir Eisen, Stahl und
andere metallische Werkstoffe nutzen,
müssen wir uns mit Korrosion auseinandersetzen. Insbesondere die Industrie
steht vor gewaltigen Aufgaben, denn bei
unzähligen Bauten und Anlagen steht
aktuell die Prüfung und Erneuerung des
Korrosionsschutzes an. Daraus ergeben
sich stets aufwändige Großprojekte,
die höchste technische und logistische
Anforderungen stellen. Daher werden
Prozesse und Verfahren zum Korrosionsschutz kontinuierlich verbessert, um die
Lebensdauer wertvoller Wirtschaftsgüter
stetig zu verlängern.
Höheres Verkehrsaufkommen
sorgt für stärkere Belastung
Der Korrosionsschutz muss gleichzeitig mit den sich permanent verändernden Rahmenbedingungen Schritt
halten. Vor allem Brücken werden durch
ein immer höheres Verkehrsaufkommen
zusätzlich strapaziert, so dass die bei der
Planung errechnete Belastungsgrenze
wesentlich schneller erreicht und überschritten wird und damit ein sicherer
Betrieb nicht mehr gewährleistet ist.
Eine hohe Belastung hat zwangsläufig
Auswirkungen auf die
Korrosionsanfälligkeit der
Werkstoffe. Neue Materialien, Prozesse und
Standorte (z.B. OffshoreWindanlagen) verlangen
daran angepasste neue
Korrosionsschutzkonzepte. Dazu fordern veränderte Einflussfaktoren
ihren Tribut, wie die Auswirkungen des Klimawandels: Extremwetterlagen
mit Starkregen, Hagel
und Sturm, höheren
UV-Belastungen und
strengerem Frost erfordern mittelfristig
neue Strategien zum Schutz unserer
Infrastruktur. Die Unternehmen der deutschen Lack- und Farbenindustrie werden
mit der Entwicklung und Bereitstellung
von optimierten Hochleistungsbeschichtungen ihren Beitrag leisten, den stetig
neuen Herausforderungen beim Kampf
gegen die Korrosion nachhaltig zu
begegnen.
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Farbtrends und Farbempfinden
Farbe lässt Produkte wirken
druck des Objektes als bei einer rauen
Oberfläche. Und damit ändert sich auch
die Farbwahrnehmung des Objektes.
Die Lackierung kann also die subjektive
Gesamterscheinung eines Möbelstücks
erheblich verändern und sollte immer in
Betracht gezogen werden, wenn eine
Neuanschaffung ansteht.
Weitere Informationen zu aktuellen Farbtrends und zu allen weiteren
Themen rund um Farben und Lacke sind
auf der Webseite des Deutschen Lackinstituts unter www.lacke-und-farben.de
zusammengestellt.
Möbel selbst
lackieren
Die Farbe macht ein Möbelstück zu einem individuellen Wohnobjekt –
ganz nach Gefühl und Geschmack.
Bei neuen Produkten achten Designer ganz besonders auf die Farbgestaltung der Oberflächen, denn Farbtöne
beeinflussen das menschliche Wohlbefinden. Dazu kommt die neue Erkenntnis, dass bestimmte Farben akustisch
„laut“ wirken, andere eher „leise“. Das
Center of Automotive Research (CAR)
der Universität Duisburg-Essen fand in
einem Versuch mit 250 Probanden heraus, dass weiß lackierte Autos leise bis
extrem leise wirkten, grüne Autos dagegen eher als laut empfunden wurden
– obwohl alle Wagen baugleich waren
und mit der gleichen Geschwindigkeit
fuhren. Rot und schwarz lackierte Autos
hinterließen einen sportlichen Eindruck,
silberfarbene dagegen einen trägen.
Das Farbdesign ist unbestritten ein
wichtiger Faktor für das Gesamtempfinden – egal in welchem Produktbereich.
Wer mit der Zeit gehen will, sollte darauf
achten, welche Farbe sein neues Produkt hat. Das gilt besonders für Möbel.
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Helle Töne stehen für hohe
Wertigkeit
Im Bereich der Inneneinrichtung ist
Weiß bei vielen Menschen die Farbe der
Wahl. Wuchtiges Mobiliar tritt in heller
Ausführung dezent in den Hintergrund.
Weiß gilt als unaufdringlich, elegant und
ist sowohl mit farbenfrohen als auch mit
neutralen Dekorationsobjekten gut zu
kombinieren. Glänzender Weißlack ist
nach wie vor ein wichtiges Gestaltungsmittel für Innentüren und wird gerade in
Altbauten gern eingesetzt.
Farbe und Gefühl im Einklang
Ein Gegenstand definiert sich allerdings nicht allein über Form und Farbe.
Auch die Beschaffenheit der Oberfläche
und deren Haptik müssen damit harmonieren. Die Haptik beschreibt, wie
sich eine Sache anfühlt. Wird beispielsweise ein glatter Glanzlack verwendet,
entsteht ein ganz anderer Gesamtein-
Farbig lackierte Möbel liegen
im Trend. Wer seine alte Kommode, das Schuhregal oder das
Beistellschränkchen in seiner
Wunschfarbe lackieren möchte, sollte darauf achten, den
Untergrund fachgerecht vorzubereiten. Holz muss zuerst abgeschliffen werden. Schäden in der
Oberfläche sind vor dem Auftragen des Lacks zu verspachteln.
Ganz wichtig ist es, beim Arbeiten mit Lack für ausreichende
Belüftung zu sorgen. Eine möglichst staubfreie Umgebung verhindert Fussel und Einschlüsse
im Lack.
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Farbforschung
Senioren brauchen kräftige Farben
Je älter wir werden, desto stärker nimmt unsere Fähigkeit ab, Farben
voneinander unterscheiden zu können.
Vor allem Pastelltöne können von Senioren auf Grund schwindender Sehkraft
schlechter differenziert werden. Für
ältere Menschen ist deshalb eine kontrastreiche Farbgestaltung ihrer Umgebung wichtig: Die pastelligen Trendfarben der letzten Jahre wie zartes Grün,
blasses Violett oder Sandtöne sind für
die Gestaltung von Wohnräumen nicht
empfehlenswert. Mit zunehmendem
Alter verändert sich das Sehvermögen,
die Sehkraft nimmt stetig ab, auch die
Farbeindrücke werden anders wahrgenommen. Was für einen 35-Jährigen beispielsweise eindeutig als Rosa erkennbar ist, nimmt ein 70 Jähriger unter
Umständen als Beige wahr.
Ältere Menschen sehen anders
Die Sehkraft kann sich im Alter auf
vielfältige Weise verändern. Eiweißablagerungen färben die Linse gelb, wodurch
Farben viel matter erscheinen und Farbtöne ohne Gelbanteil schlechter wahrge-
nommen werden. So lassen sich blaue,
blaugrüne oder violette Farbtöne mit der
Zeit immer weniger unterscheiden. Der
Graue Star, von dem rund 75 Prozent der
über 65-Jährigen betroffen sind, bewirkt
eine Eintrübung der Augenlinse. Die
Umgebung wird wie durch Milchglas
wahrgenommen, das Bild ist kontrastärmer, farbloser und matter. Zudem
verkleinert sich zwischen dem 30. und
60. Lebensjahr der Durchmesser der
Pupillen um rund 60 Prozent. Dadurch
fällt viel weniger Licht auf die Netzhaut;
die gesamte Umgebung wird dunkler.
Das heißt: Ein 70-Jähriger benötigt etwa
dreimal so viel Licht wie ein 20-Jähriger.
Farbe ja, aber bitte mit Kontrast
Im Jahr 2030 wird bereits etwa
jeder Vierte in Deutschland über 65 Jahre
alt sein. Spezielle Farbkonzepte für Senioren werden daher an Bedeutung gewinnen – sei es in Seniorenresidenzen,
öffentlichen Institutionen und Räumen
oder auch in Pflegeeinrichtungen. So
kann eine farblich zwar geschmackvoll,
aber kontrastarm gestaltete Wohnanla-
ge für Senioren dazu führen, dass sich
die Bewohner nicht gut zurechtfinden.
Unterschiedliche, kontraststarke Farben
auf einzelnen Etagen können bei der
Orientierung helfen. Noch wichtiger
wird die Bedeutung von Farben bei
Demenzkranken. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto geringer ist die
Erinnerungsfähigkeit des Gehirns. Viele
Patienten reagieren nicht mehr auf Sprache, weil sie die Bedeutung der Worte
schlicht nicht mehr begreifen. Symbole
hingegen gewinnen stark an Bedeutung
und werden leichter verstanden. Besitzen diese Symbole kräftige, kontrastreiche Farben, erleichtern sie in vielen Fällen das tägliche Leben der Betroffenen.
Die in den vergangenen Jahren über
Alterskrankheiten wie Demenz gewonnenen Erkenntnisse gilt es nun, unter
anderem mit Farbe, in patientengerechte
Konzepte umzusetzen. Bereits heute
gibt es Wohnanlagen für Demenz-Patienten, die mit unterschiedlichen, klar voneinander getrennten Farbthemen in Wohnund Aufenthaltsräumen für eine deutlich
bessere Orientierungshilfe sorgen.
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Farb-sehen
Ein Goldfisch sieht mehr
Für die Mehrzahl der Menschen
sind Farben ein selbstverständlicher
Bestandteil ihres täglichen Lebens. Aber
warum können wir überhaupt Farben
sehen, und wie funktioniert das? Hunde,
Katzen oder Stiere können es nicht und
finden sich offensichtlich trotzdem ganz
gut in der Welt zurecht. Dass wir Farben
erkennen und unterscheiden können,
verschafft uns eine Reihe von Vorteilen,
die das Überleben unserer Vorfahren
in freier Wildbahn sicherten, aber auch
unsere Orientierung in der modernen
Zivilisation erheblich vereinfachen. Der
Vorgang des Farben sehens selbst und
die Tatsache, warum wir mit Sicherheit
bestimmen können, welche Farbe ein
Gegenstand hat, ist ein recht aufwändiger Prozess.
Wellenlänge trifft auf unser Auge und
durchdringt Hornhaut, Iris, Pupille, Linse
und Glaskörper, bis es auf die Retina
trifft. Auf der lichtabgewandten Seite
der Netzhaut befinden sich zwei unterschiedliche Arten so genannter Photorezeptoren. Das sind rund 120 Millionen
Stäbchen und etwa sechs Millionen
Zapfen. Die Stäbchen sind sehr lichtempfindlich und für das Hell-Dunkel-Sehen
verantwortlich, die weniger lichtempfindlichen Zapfen hingegen für das Farben
sehen.
Nicht im Auge, im Gehirn
entsteht die Farbe
Zunächst einmal ist festzustellen, dass unsere Augen in physikalisch
optischer Hinsicht nichts Überragendes
leisten. Das Bild unserer Umgebung,
das auf die Netzhaut (Retina) projiziert
wird, hat keine besonders gute Qualität:
Es ist räumlich und farblich verzerrt,
recht unscharf und steht auch noch auf
dem Kopf. Erst das Gehirn rekonstruiert
aus den Informationen der Augen mittels
biochemischer Prozesse und bereits
gespeicherter Informationen ein Bild von
unserer Umwelt, wie wir es gewohnt
sind und in der wir uns sicher bewegen
können. Das heißt übrigens auch, dass
jenes farbige Bild, das wir wahrnehmen,
unter Zuhilfenahme unseres gespeicherten Wissens, unserer Erfahrung, unserer
Interessen und nicht zuletzt unserer
persönlichen Stimmung und Befindlichkeit entsteht. Damit wird klar, warum
zwei Menschen im selben Moment
zwar dasselbe sehen, es aber mit großer
Wahrscheinlichkeit unterschiedlich wahrnehmen.
Unsere Augen liefern neben der
reinen Projektion auf die Netzhaut noch
mehr Informationen, die für das Entstehen eines farbigen Bildes entscheidend
sind. Elektromagnetische Strahlung
in Form von Licht unterschiedlicher
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Das Gehirn
als Farbmischapparat
Drei verschiedene Zapfenarten
(L, M, und S) absorbieren jeweils einen
spezifischen Wellenbereich des Lichts.
Dabei nehmen die sogenannten „LongZapfen“ den Bereich wahr, den unser
Gehirn anschließend als Rot interpretiert,
während die Medium- bzw. Short-Zapfen
den Anteil von Grün und Blau registrieren. Sie verdanken ihre spezifische Empfindlichkeit für den jeweiligen Spektralbereich bestimmten Pigmenten, die unter
Lichteinwirkung ihre Molekülstruktur
verändern. Sie lösen Signale aus, die die
Sinneszelle in Form eines biochemischen
elektrischen Impulses an eine Ganglienzelle des Nervensystems weiterleitet.
Diese empfängt die Signale der unterschiedlichen Zapfentypen und verrechnet sie gegeneinander. Aus diesen Informationen mit den jeweiligen Anteilen
der drei Basis-Farbinformationen kann
unser Gehirn die genaue Mischung und
damit den richtigen Farbton bestimmen,
schneller und besser als ein Computer
es könnte. Die Informationen der Stäb-
chen hingegen benötigt unser Gehirn,
um mittels der Schwarz-Weiß-Anteile
des Lichts räumliche Tiefe und Kontraste
zu erkennen. Da die Stäbchen sehr lichtempfindlich sind, ermöglichen sie uns
auch bei wenig Licht die Orientierung.
Wenn es dunkel ist, übernehmen sie die
meiste Arbeit, die Zapfen sind dann nicht
mehr aktiv. Daher sehen wir im Dunkeln
keine Farben.
Unterschiedliche Farben durch
unterschiedliches Licht
Die entscheidende Voraussetzung,
um Farben sehen zu können, ist Licht.
Gegenstände erstrahlen in ihrer Farbe,
weil sie unterschiedlich langwelliges
Licht entweder absorbieren oder reflektieren. Der Farbanteil des Lichts, der
am stärksten reflektiert wird, bestimmt
die Wellenlänge, die im Auge mit Farbe
in Zusammenhang gebracht wird. So
erscheint uns beispielsweise Wasser
blau, weil die roten, gelben und grünen
Anteile des Sonnenlichts sehr schnell
absorbiert werden und der blaue Anteil
am stärksten reflektiert wird. Im Grunde
genommen entsteht der Farbeindruck
durch die Eigenschaft der Oberfläche
eines Gegenstandes, bestimmte Anteile
des Lichts stärker zu reflektieren als
andere. Ändert man die Farbe bzw.
Wellenlänge des Lichts, beispielsweise
durch Filter, ändert sich auch die Farbe
des beleuchteten Gegenstands. So
erscheint ein roter Apfel in grünem Licht
schwarz.
Das menschliche Auge kann Licht
der Wellenlängen von 380 bis 780 Nanometer wahrnehmen. Das ist nur ein
kleiner Bereich des gesamten elektromagnetischen Strahlungsspektrums. 60
Prozent der im Sonnenlicht enthaltenen
Wellenlängen können wir nicht sehen,
beispielsweise UV-Licht. Darin sind uns
viele Vögel überlegen, da sie zum Teil
über vier Farbrezeptoren verfügen. Auch
ein Goldfisch verfügt über ein breiteres
Farbsehspektrum als der Mensch. Auf
welche Weise Auge und Gehirn in jedem
Moment diese ungeheuer große Menge
an Informationen verarbeiten, damit wir
sehen können, ist übrigens bis heute
noch nicht vollständig erforscht.
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Fotowettbewerb „Putz-Blitz“ entschieden
Kreative Gestaltung im Fokus
„Putz-Blitz“ – unter diesem Titel
hatte die Fachgruppe Putz & Dekor im
Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. vergangenes Jahr
zu einem Fotowettbewerb rund um das
Thema verputzte Fassaden und Innenwände aufgerufen.
Der Einsatz farbiger Putze bietet
viele schöne Möglichkeiten, unsere
Häuser individuell und phantasievoll zu
gestalten. Um die Gestaltungsvielfalt
in all ihren Facetten zu dokumentieren,
bot sich die Ausschreibung eines Fotowettbewerbes an. Gefragt waren interessante Bilder von möglichst originell
verputzten und gestalteten Fassaden
und Innenwänden. Unter einer Vielzahl
von Einsendungen hat die Jury – führende Hersteller von Fassadenputzen auf
Dispersions-, Silikat- und Silikonharzbasis sowie namhafte Anbieter von Bindemitteln für Putze – nun die Gewinner
ausgewählt.
Drei herausragende Arbeiten
wurden für die Vergabe der Hauptpreise
ermittelt und darüber hinaus 20 Anerkennungspreise vergeben.
Mit dem dritten Preis wurde Simon
Bausen aus Boppard ausgezeichnet,
der für seine klare, in Rot und Weiß ausgeführte Fassade eines Wohnhauses
in innerstädtischer Hanglage belohnt
wurde. Auf dem 2. Platz landete Klaus
Kopka aus Kevelaer. Er hatte ein freistehendes Einfamilienhaus mit moderner
Putztechnik farbenfroh und kreativ in
Szene gesetzt. Besonders beeindruckt
zeigte sich die Jury von den Arbeiten
des Malermeisters Thomas Hoehns aus
dem niedersächsischen Springe. Meister
Hoehns, der im Jahr 2000 den Schritt in
die Selbstständigkeit wagte, hat nicht
nur „ein Auge für Farbe“, sondern auch
für perfekt gestaltete Putzfassaden, wie
die eingereichten Fotos eines Wohnhauses mit farblich und geometrisch klar
akzentuierten Putzflächen zeigen.
Alle Siegerfotos sind auf der Internetseite der Fachgruppe Putz & Dekor
unter www.putz-dekor.org zu sehen.
Mit dem Hauptpreis des Fotowettbewerbs „Putz-Blitz“ der Fachgruppe Putz & Dekor ausgezeichnet: Die von Malermeister
Thomas Hoehns mit farblich und geometrisch klar akzentuierten Putzflächen perfekt gestaltete Fassade eines Wohnhauses.
7
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Druckfarben
Keine Blüten im Mai
Seit Anfang Mai 2013 bringt die
Europäische Zentralbank neue EuroBanknoten in Umlauf. Die Geldscheine
weisen eine Vielzahl unterschiedlichster
Sicherheitsmerkmale auf. Etliche davon
basieren auf Farben und speziellen
Druckverfahren. Bargeld ist aus unserem
täglichen Leben nicht wegzudenken.
Trotz Online-Banking, Internet-Shops
und Kreditkarten bezahlen wir tagtäglich
viele unserer Einkäufe mit Euro-Banknoten und Münzen. Dass wir dabei echte
Scheine über den Ladentisch geben und
keine Fälschungen, ist für uns selbstverständlich – kaum einer macht sich vor
dem Bezahlen Gedanken darüber, ob er
wohl Falschgeld in den Händen hält.
Dennoch bringen Geldfälscher
Jahr für Jahr Blüten in Umlauf, wie eine
Statistik der Bundesbank zeigt. Danach
registrierte das Institut 2012 gut 41.500
falsche Euro-Banknoten und damit rund
6,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor
(39.000). Weil Kriminelle zunehmend
auf kleine Scheine wie den 20er setzen,
blieb der Gesamtschaden jedoch mit 2,2
Millionen Euro auf dem niedrigen Vorjahresniveau.
Nahezu fälschungssicher:
Unsere Banknoten
Damit Fälscher keine Chance
haben, lassen sich die Hersteller von
Banknoten immer kompliziertere und
komplexere Produktionsverfahren einfallen. Das fängt bereits beim Papier
für die Geldscheine an. Dieser spezielle
Bedruckstoff wird bei Banknoten Substrat genannt. Dabei handelt es sich um
Papier, das meist auf Basis von Samenhaaren der Baumwolle hergestellt wird.
Substrate aus Baumwolle haben den
Vorteil, dass sie durch versehentliches
Waschen nicht kaputt gehen. Auch die
Haptik, also das Gefühl beim Anfassen,
unterscheidet sich deutlich von anderen
Papiersorten wie beispielsweise handelsüblichem Brief- oder Druckerpapier.
Für Euro-Banknoten wird ein spezielles
Baumwollpapier verwendet, das langfaseriger und fester ist als normales
Papier. Die genaue Zusammensetzung
ist geheim.Unsere Euro-Banknoten
weisen darüber hinaus eine Vielzahl von
Sicherheitsmerkmalen auf. Einige davon
sind mit bloßem Auge zu erkennen,
andere wiederum nur mit Hilfe einer
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Lupe oder UV-Licht. Und dann gibt es
Merkmale, die gar nicht erst öffentlich
gemacht werden. Viele der sichtbaren
Sicherheitsmerkmale werden mit Druckfarben in speziell entwickelten Druckverfahren auf die Geldscheine aufgebracht.
Welche Möglichkeiten die Hersteller von Banknoten heutzutage allein
mit Druckfarben haben, die Scheine
fälschungssicher zu machen, wird schon
beim oberflächlichen Betrachten deutlich. Filigrane Muster, schimmernde
Farben sowie Zahlen, die den Farbton
wechseln, sind auffällige Merkmale,
die selbst dem Laien die Echtheit des
Scheins auf den ersten Blick bestätigen.
Wer genauer hinsieht und eine Lupe zur
Hand nimmt, erkennt gestochen scharfe Mikroschrift, die kein Kopierer oder
Scanner hundertprozentig exakt reproduzieren kann.
Ein Sicherheitsmerkmal der Banknoten ab 50 Euro aufwärts ist der Farbwechsel der Wertzahl. Je nachdem, wie
das Licht auf den Schein fällt, wechselt
die Farbe der Zahl 50 auf dem Weißfeld
des 50-Euro-Scheins von violett zu oliv.
Diesen Effekt erzielt die Druckerei durch
so genannte optisch variable Druckfarben. Sie enthalten Pigmente, die das
einfallende Licht brechen, streuen oder
reflektieren und so den für uns sichtbaren Farbeindruck verändern.
Ein weiteres Merkmal sind irisierende Druckeffekte. Sie basieren auf
leuchtenden Spezialfarben, die beim
Kippen einer Banknote ihre Farbe verändern, so dass das gedruckte Motiv
sichtbar oder unsichtbar wird. Auch hier
ist der Winkel des Lichteinfalls für die
Wirkung entscheidend. Der irisierende
Effekt verdankt seine
Wirkung winzigen
Glimmerplättchen, die
einem transparenten
Farblack beigemischt
werden. Wird dieser
Lack im Siebdruckverfahren auf das Papier
der Banknote aufgebracht, richten sich
diese Plättchen aus,
und es wird der irisierende Effekt sichtbar.
Effektfarben kombinieren die
Hersteller mit ausgefallenen Designs.
So lassen sich die unterschiedlichsten
Sicherheitsmerkmale kreieren – ganz
nach Wunsch der Zentralbank. Alle diese
Effekte lassen sich äußerst vielseitig
einsetzen und ermöglichen Sicherheitselemente, die sich für die tiefer gehende
Echtheitsprüfung einer Banknote eignen,
ohne dass dafür ein besonderes Prüfgerät nötig ist.
Fluoreszierende Farben und
dreidimensionale Effekte
Häufig erleben wir, dass die Kassiererin im Supermarkt unseren 50-EuroSchein unter ein kleines Gerät hält. Sie
prüft damit die Echtheit der Banknote
mit Hilfe von UV-Licht. Beim Druck der
Banknoten setzen die Hersteller Farbe
ein, die fluoreszierende Pigmente enthält. Alternativ mischt man dem Papier
schon bei dessen Herstellung Melierfasern bei, die mit fluoreszierenden
Farben eingefärbt sind. Bestrahlt man
die Banknote mit kurzwelligem UV-Licht,
werden je nach Wellenlänge des Lichts
unterschiedliche Farben oder Muster
sichtbar.
Ein weiteres, mit Druckfarbe
erzeugtes Sicherheitsmerkmal ist das
Durchsichtsregister. Hierbei handelt es
sich um ein sich ergänzendes Muster,
das jeweils in Teilen auf die Vorder- und
Rückseite der Banknote gedruckt ist. Im
Fall unserer Geldscheine ist es die Wertzahl auf dem Euro. Ein Durchsichtsregister vervollständigt sich im Gegenlicht;
beide Seiten ergänzen sich exakt.
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Techniker der Farb- und Lacktechnik
Chancenvielfalt durch Weiterbildung
Durchsichtsregister sind sehr schwierig
zu reproduzieren, da beim beidseitigen
Druck höchste Genauigkeit erforderlich
ist.
Weitere drucktechnisch hergestellte Muster sind Hologramme und
Kinegramme. Dabei handelt es sich
um aufgebrachte oder in das Papier
eingearbeitete Folienelemente, die ein
zweidimensionales (Kinegramm) oder
dreidimensionales Erscheinungsbild
haben. Je nach Blickwinkel ändert sich
die Abbildung; auch Bewegungsabläufe
lassen sich darstellen. Kopiert man Hologramme und Kinegramme, ist der Effekt
nicht mehr sichtbar.
Die Entwicklung geht weiter
Die Hersteller von Banknoten, aber
auch von Sicherheitsdokumenten wie
Personalausweis oder Reisepass, stehen
vor der großen Herausforderung, potenziellen Fälschern immer mindestens
einen Schritt voraus sein zu müssen.
Daher forschen sie unentwegt an neuen
Verfahren und entwickeln bestehende
weiter. Immer öfter nimmt man dabei
Anleihen bei der Natur, die sich über
Jahrmillionen der Evolution immer weiter perfektioniert hat.
Für die Fälschungssicherheit von
Banknoten und Ausweisen hat man in
den vergangenen Jahren intensiv eine
Bakterienart erforscht, die über ein
Protein verfügt, dass unter bestimmten
Voraussetzungen seine Farbe von purpurrot nach gelb verändert, wenn Licht
auf das Protein fällt. Dieser Farbwechsel
geschieht in Sekundenschnelle und ist
so deutlich, dass er untrüglich als Echtheitsmerkmal eines Geldscheins oder
Ausweises dienen kann.
Inzwischen sind die Forscher so
weit, dieses Protein in größeren Mengen gewinnen zu können. Über ein
spezielles Verfahren wird es Druckfarben
beigemischt und kann so als Sicherheitsmerkmal auf Ausweise oder Banknoten
aufgebracht werden. Und die Forscher
sind sich sicher, dass die Natur weitere
Möglichkeiten bereithält, unsere Banknoten noch fälschungssicherer zu machen.
Denn eines steht fest: Auch in Zukunft
wird Bargeld aus unserem täglichen
Leben nicht wegzudenken sein.
Eine fundierte Ausbildung sichert
die Qualifikation für einen guten Start
in das Berufsleben oder die Aufnahme
eines Studiums. Doch auch nach einer
erfolgreich absolvierten Ausbildung ist
es wichtig, durch Weiterbildung „am
Ball“ zu bleiben, um seine Einsatzmöglichkeiten in anspruchsvollere Arbeitsfelder hinein auszuweiten und mehr
Verantwortung für betriebliche Abläufe
übernehmen zu können. Dies kann beispielsweise durch eine Weiterbildung
zum staatlich geprüften Techniker der
Fachrichtung Farb- und Lacktechnik am
Berufskolleg Alsdorf erfolgen, die 2011
ins Leben gerufen wurde. Im September
2013 startet der zweite Fortbildungsgang
mit einer neuen Eingangsklasse und Präsenzunterricht am Abend, für den man
sich jetzt schon anmelden kann.
Die zukünftigen Absolventen entwickeln und erproben Farben, Lacke,
Fest- und Flüssigkunststoffe bzw.
planen, steuern und überwachen Produktionsabläufe zur Herstellung dieser
Beschichtungsstoffe. In verarbeitenden
Betrieben planen sie die Arbeitsabläufe
z.B. beim Lackieren von Erzeugnissen
aus Metall, Holz oder Kunststoff bzw. für
den Schutz und die farbliche Gestaltung
von Bauwerken aus Naturstein, Beton
oder Stahl. Weiterhin sorgen sie für die
Bereitstellung der Betriebsmittel und
überwachen Beschichtungsanlagen und
-geräte.
Staatlich geprüfte
Techniker der Fachrichtung Farb- und Lacktechnik können in der
Farben- und Lackindustrie sowie bei Herstellern von Farbstoffen
und Pigmenten tätig
werden oder auch eine
eigene Firma gründen.
Darüber hinaus können
sie auch als baufachliche Sachverständige
tätig sein. Weiterhin
kommen Betriebe des
Fahrzeug- oder Elektromaschinenbaus,
des Maschinen- und
Anlagenbaus, aber
auch Möbelhersteller
als mögliche Arbeitgeber infrage. Zusätzliche
Beschäftigungsfelder bietet die öffentliche Verwaltung.
Interessenten können diese
Weiterbildung neben ihrer beruflichen
Tätigkeit absolvieren. Voraussetzung für
die Teilnahme sind eine abgeschlossene
Berufsausbildung in einem für die Fachrichtung einschlägigen Beruf wie Maler/
Lackierer oder Fahrzeuglackierer, Hauptschulabschluss und eine mindestens
einjährige Berufserfahrung. Diese kann
auch parallel zum Unterricht erworben
werden.
Davon abweichend kann an der
Weiterbildung auch teilnehmen, wer
eine einschlägige Berufstätigkeit von
mindestens fünf Jahren nachweist.
Der Unterricht findet an drei Abenden in der Woche ab jeweils 18:00 statt.
Daneben erarbeiten sich die Studierenden zu Hause u.a. die Lehrinhalte des
europäischen Computer-Führerscheins,
des Ausbildereignungsscheins und des
Qualitätsmanagements.
Kontakt
Berufskolleg Alsdorf der
StädteRegion Aachen
Heidweg, 52477 Alsdorf
Tel.: +49 2404 / 5791 0
E-Mail: [email protected]
www.bk-aldorf.de
9
t
Nachhaltigkeit in der Außendarstellung
Grüner Schein oder grünes Sein?
Auch auf europäischer Ebene
beschäftigen sich die Lack- und Druckfarbenindustrie und ihre nationalen
Verbände mit dem großen Thema Nachhaltigkeit. Der europäische Dachverband
der Branche, CEPE (Conseil Européen
de l’Industrie des Peintures des Encres
d’Imprimerie et des Couleurs d’Art), ist
hier schon lange an vielen „Fronten“
aktiv. Nach Veröffentlichung seiner Nachhaltigkeits-Charta wurde im September
2012 der Leitfaden über umweltbezogene Produktaussagen bei
Bautenfarben („Guidance on
Self-Declared Environmental
Product Claims for Decorative
Coatings“) publiziert.
Bei vielen Konsumgütern werden heute ökologische Argumente als
Instrument für Marketing und
Verkaufsförderung genutzt, so
auch bei Farben für den Heimwerker-Markt. Die Tendenz der
europäischen Verbraucher, Produkte mit positiven Umwelteigenschaften zu kaufen,
nimmt stetig zu. Dieser Trend
wird europaweit durch diverse
politische Initiativen wie Ökodesign, umweltorientiertes
öffentliches Beschaffungswesen oder die verstärkte
Nutzung von Umweltzeichen,
wie zum Beispiel der „Blaue
Engel“ in Deutschland gefördert.
Neben den von unabhängiger
Seite definierten Kriterien für Nachhaltigkeit (z.B. in der ISO-Norm 14021
oder bei Zertifizierungen durch neutrale
Institutionen) werden herstellerseits
zunehmend eigene Aussagen zum
Anspruch des Unternehmens in Sachen
Umweltverantwortung kommuniziert
– ohne Überprüfung oder Zertifizierung
durch einen Dritten. Häufig verwendete Begriffe und Aussagen sind z.B.
„Abfallvermeidung“, „recycelbar“ bzw.
„aus recyceltem Material“, „Einsatz von
erneuerbarer Energie“, „Rohstoffe natürlichen Ursprungs“, „geringerer Verbrauch“,
„vollständig abbaubar“, „frei von umweltbelastenden Stoffen“, „erweiterte Nutzungsdauer“ etc.
Für die eigenen Angaben der
Unternehmen zu ihrem Anspruch an
Nachhaltigkeit existieren keine gesetzlichen Vorgaben seitens der EU. Für die
Anbieter bildet dieser Aspekt der Kommunikation oft die einzige Möglichkeit,
Die Aussage sollte einen sinnvollen, d.h. nicht selbstverständlichen, sondern zusätzlichen Nutzen für die
Umwelt widerspiegeln.
Beispiel: Die Aussage „enthält keine Substanz X“ bietet für
ein spezifisches Lackprodukt keinen produktbezogenen Umweltvorteil, wenn der Einsatz dieser
Substanz ohnehin verboten ist
und die Nichtverwendung lediglich
auf der Einhaltung bestehender
Gesetze beruht. In diesem Fall ist
die Angabe nicht sinnvoll, sondern
sogar irreführend für den Verbraucher.
Aussagen zu Produkteigenschaften, die messbar bzw.
nachprüfbar sind, sollten mittels
wissenschaftlicher Standards oder
anderer Nachweise unterlegt sein.
innovative Produkte werblich zu unterstützen, die nicht den Kriterien und Vorgaben von Umweltzeichen oder anderen
neutralen Zertifizierungen entsprechen.
Dennoch hält es CEPE für unerlässlich, sich bei der Kommunikation von
Nachhaltigkeits-Aspekten im Bereich der
Bautenfarben auf gemeinsame Regeln
zu einigen, wie solche Aussagen zu formulieren sind.
Unter Berücksichtigung aller bestehenden Leitlinien wurden die vier folgenden „Regeln“ definiert:
Die Aussagen des Unternehmens
sollten in einer ehrlichen, klaren und konkreten Form formuliert werden.
10
Beispiel: Die alleinigen Aussagen
„umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“
sind nicht ausreichend. Angegeben werden sollte, welcher Umwelt-Aspekt mit
dem jeweiligen Produkt verbessert wird
(z.B. „Verringerung der VOC-Emissionen“,
„ressourcenschonende Produktion“,
„erhöhte Haltbarkeit bzw. Lebensdauer“
usw.).
Beispiel: Die Aussage „biologisch abbaubar“ für eine spezifische DIY Holzlasur sollte nur dann
getroffen werden, wenn geeignete und
anerkannte Tests durchgeführt wurden,
um die biologische Abbaubarkeit des
Produkts fundiert belegen zu können.
t
Umwelt-Produktdeklarationen
Gemeinsames Engagement
für nachhaltige Produkte
Bei umweltbezogenen Produktaussagen sollte stets der gesamte Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigt
werden. Ökologisch positive Produktleistungen sollten nicht isoliert betrachtet
und kommuniziert werden, wenn dabei
andere Aspekte des Produkts, z.B. die
Verwendung gefährlicher Zutaten bzw.
knapper Ressourcen oder Fertigungsprozesse mit negativen Auswirkungen auf
die Umwelt, vernachlässigt werden.
Beispiel: Die Herausstellung eines
Nachhaltigkeitsanspruchs für eine Farbe,
die einen natürlich vorkommenden,
nachwachsenden Rohstoff als Ersatz
für einen petrochemischen enthält,
macht Sinn, da nicht erneuerbare fossile
Ressourcen geschont werden. Wenn
die Erzeugung dieses spezifischen Rohstoffes allerdings sehr hohe Mengen
an Wasser, Pestiziden, Energie usw.
erfordert, können die negativen Auswirkungen auf die Umwelt in der Gesamtbilanz nachteiliger sein als der Einsatz
des petrochemischen Rohstoffes und
den Umweltvorteil dadurch ins Gegenteil
verkehren.
Im Sinne einer einheitlichen
Sprachregelung innerhalb der europäischen Industrie hat CEPE ein Glossar
von Begriffen zur Kommunikation über
Nachhaltigkeit erstellt, das auf der Website www.cepe.org eingesehen werden
kann.
CEPE empfiehlt allen Mitgliedsunternehmen, die hier genannten Prinzipien zu respektieren, um das Vertrauen
der Verbraucher zu fördern und dazu beizutragen, den vorgetragenen Anspruch
an nachhaltige – „grüne“ – Produkte
nicht als bloße Werbeformel erscheinen
zu lassen.
In einem wegweisenden Gemeinschaftsprojekt haben die Deutsche
Bauchemie, der Industrieverband
Klebstoffe und der Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie
Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs)
für unterschiedliche Produkte rund um
das Gebäude erarbeiten lassen. Die
offizielle Übergabe von insgesamt acht
Muster-EPDs durch das Institut für
Bauen und Umwelt (IBU) an Vertreter der
drei Verbände erfolgte im Rahmen der
internationalen Fachmesse BAU 2013 in
München.
Baustoffe und deren Verarbeitung
bestimmen maßgeblich die Nachhaltigkeit eines Bauwerks. Um diese bewerten zu können, sind detaillierte Angaben
zu den einzelnen Bestandteilen von elementarer Bedeutung. Dieser Anspruch
wird mit einer Umwelt-Produktdeklaration (engl. Environmental Product Declaration = EPD) erfüllt, deren Konzept
federführend vom Institut Bauen und
Umwelt e.V. (IBU) entwickelt wurde. Als
umfassendes, international gültiges und
neutrales Informationsformat umfasst
die EPD alle umweltrelevanten Eigenschaften eines Bauprodukts und bildet
damit sowohl für Gebäudezertifizierer
als auch für Planer und Architekten die
Datengrundlage für die Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäuden.
Besonders bewährt haben sich
in diesem Zusammenhang sogenannte
Muster-EPDs. Dabei handelt es sich um
Musterdeklarationen, die auf der Basis
von Rahmenrezepturen ausgearbeitet
werden. Sie werden von den Verbänden in Auftrag gegeben und von den
Mitgliedsfirmen genutzt. Dies war eine
wesentliche Zielsetzung des Gemeinschaftsprojekts der drei beteiligten
Industrieverbände. Dahinter steht die
Erkenntnis, dass viele der Produkte, mit
denen sich die Verbände beschäftigen,
sehr ähnlich und in ihren Ökobilanzen
vergleichbar sind.
Da Lacke, Farben, Klebstoffe und
bauchemische Produkte weniger als
ein Prozent der Masse eines Gebäudes
betragen, macht es aus Sicht der Verbände wenig Sinn, für bauchemische
Produkte, Klebstoffe und Bautenfarben
jeweils eigene EPDs zu erstellen.
Bei den Anfang 2013 auf der BAU
in München an die Geschäftsführer der
drei Verbände übergebenen MusterEPDs handelt es sich um acht Deklarationen für unterschiedliche Produktgattungen. Sie enthalten jeweils eine Reihe
verschiedener Textmodule, mit denen
die unterschiedlichen technischen
Anwendungen beschrieben werden.
Neben den eigentlichen Umweltprodukterklärungen, die im
Internet veröffentlicht
werden, existiert ein
verbandsinterner Leitfaden zur Einstufung
der Produkte.
Übergabe der Muster-EPDs auf der Fachmesse BAU 2013
in München an die Geschäftsführer der drei beteiligten
Industrieverbände. Von links: Norbert Schröter (Deutsche
Bauchemie), Klaus Winkels (Industrieverband Klebstoffe)
und Michael Bross (Verband der deutschen Lack- und
Druckfarbenindustrie).
11
t
Abziehbare und selbstheilende Lacke
Clever schützen mit intelligenten Lacken
Sie heißen „Smart Coatings“ und
bieten eine Vielzahl von Funktionen, die
weit über das klassische Anwendungsspektrum von Lacken hinausgehen: innovative Polyurethan-Beschichtungen mit
„intelligenten“ Eigenschaften. Sie werden beispielsweise für den Schutz empfindlicher Elektronikgeräte eingesetzt,
bieten spezifische Sicherheitsfunktionen
oder reagieren selbsttätig auf äußere
Einflüsse. Solche funktionalen Beschichtungen begünstigen Produktionsprozesse oder erhöhen die Leistungsfähigkeit
vieler Produkte aus unterschiedlichsten
Industriebereichen. Dadurch verschaffen
sie den Herstellern dieser Erzeugnisse
attraktive Wettbewerbsvorteile.
und Startformulierungen für umweltverträgliche Beschichtungen entwickelt,
die diese befristete Schutzfunktion
übernehmen. Nachdem sie ihre Aufgabe
erfüllt haben, lassen sie sich einfach und
rückstandsfrei wieder abziehen. Diese
Funktionsbeschichtungen werden von
Elektronik- und IT-Unternehmen in Asien
bereits in der Serienfertigung eingesetzt. Sie decken die Beschichtungen
während der anodischen Oxidation von
Aluminium-Logos und Beschriftungen
ab oder bewahren empfindliche Displays
während des CNC-Schneideprozesses
vor Schäden. Temporäre Funktionsbeschichtungen sind auch für andere Industriebereiche wie beispielsweise Automobilhersteller oder die Möbelbranche von
Interesse.
Zwei prinzipiell unterschiedliche
Möglichkeiten der Formulierung sind
verfügbar: Wässrigen Ein-KomponentenBeschichtungen stehen Systeme gegenüber, die unter UV-Licht in wenigen
Sekunden aushärten. Die Applikation
kann auf verschiedene Weise erfolgen.
Weil sie auch aufgesprüht werden können, bilden sie selbst um Objekte mit
starken Wölbungen oder Kanten eine
sichere Schutzhülle, die sich nach Bedarf
leicht entfernen lässt.
Die Unternehmen der deutschen
Lackindustrie haben den Trend zu intelligenten Lacken maßgeblich mit begründet, denn viele Grundlagen und Technologien wurden hierzulande entwickelt.
Ein Anwendungsbeispiel sind vorübergehend aufgetragene funktionale
Beschichtungen für mobile Elektronikgeräte wie Smartphones, Tablet-PCs oder
Notebooks. Während der Produktion
dieser Geräte gibt es Verfahrensschritte,
bei denen bereits hergestellte Oberflächen vor Chemikalien, mechanischen
Schäden oder Staub geschützt werden
müssen. Hierfür wurden Dispersionen
12
Zu den „Smart Coatings“ zählen auch Polyurethan-Dispersionen
für wässrige Lacke mit so genannter
Selbstheilungsfunktion. Dank der elastischen Umkehrbarkeit der WasserstoffBindungen kann die Lackschicht nach
einer Beschädigung durch Kratzer wieder
die ursprüngliche Gestalt annehmen –
die Schrammen verschwinden. Da sich
diese Dispersionen sowohl für Kunststoff- als auch für Metallbeschichtungen
eignen, werden sie unter anderem in der
Elektronik- und der Automobilindustrie
eingesetzt.
„Smart“ sind auch Beschichtungen, die eine Oberfläche nicht nur schützen und hochwertig aussehen lassen,
sondern ihr auch zu einem angenehmen
und weichen Tasteindruck verhelfen.
Solche „Softfeel-Lacke“ lassen sich
ebenfalls mit speziellen Dispersionen
realisieren.
Die zur Herstellung eingesetzten
Rohstoffe erlauben es, lösemittelfreie
Systeme zu formulieren, die hinsichtlich
Hydrolyse-, Vergilbungs- und Chemikalienbeständigkeit hohen Anforderungen
gerecht werden.
t
Neues Bündnis in der Bauwirtschaft
Gefahrstoffverarbeitung effizient kommunizieren
Die Verbände der Hersteller, Händler und Arbeitgeber der Bauwirtschaft
haben sich gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt
sowie den Berufsgenossenschaften auf
eine Branchenlösung „Gefahrstoff-Kommunikation in der Lieferkette“ geeinigt.
Das neue Bündnis präsentierte sich im
März 2013 im Bundespresseamt. Auch
der Verband der deutschen Lack- und
Druckfarbenindustrie unterstützt die
neue Gefahrstoff-Kommunikation zwischen Herstellern und Verarbeitern.
Heute existieren zehntausende gefahrstoffhaltige Produkte
zur Verwendung am Bauwerk,
deren Sicherheitsdatenblätter
aufgrund rechtlicher Vorgaben
zunehmend komplexer werden.
Vielen Unternehmen ist es kaum
noch möglich, diese Informationsflut zu bewältigen. Dennoch ist die
umfassende Kenntnis obligatorisch,
damit Baustoffe sicher verarbeitet
werden können. Mit der neuen
Branchenlösung wird nun allen Herstellern, Händlern und Anwendern
der Bauwirtschaft ein zentraler Pool der
rechtlich notwendigen Sicherheitsdatenblätter für gefahrstoffhaltige Baustoffe
bereitgestellt. Ergänzende Informationen
der Berufsgenossenschaften geben
zudem gut verständliche Hinweise, wie
die Produkte sicher zu verarbeiten sind.
Diese Informationen stammen vom
Gefahrstoff-Informationssystem der BG
BAU (GISBAU) und haben sich bereits
bewährt. Die Bundesministerien für
Arbeit und Soziales (BMAS), für Wirtschaft und Technologie (BMWi) sowie
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS) unterstützen die Zusammenarbeit und betonen den zukunftsweisenden Charakter dieser Initiative.
Probleme gibt es auch in anderen
Branchen, denn die gewerbliche Wirtschaft arbeitet in vielen Bereichen mit
Gefahrstoffen. Nach Auffassung der
Initiatoren der Branchenlösung ist die
Bauwirtschaft jedoch die erste Branche
mit einer breit angelegten Selbstverpflichtung aller beteiligten Branchen und
Organisationen.
Die verbindlich vorgeschriebenen
Sicherheitsdatenblätter wurden insbe-
sondere durch die Vorgaben der europäischen Chemikalien-Verordnung REACH
(Registration, Evaluation, Authorization
and Restriction of Chemicals) zunehmend unübersichtlich. Für die betriebliche Praxis sind diese Dokumente ohne
Erläuterungen kaum zu gebrauchen. Das
vom Gefahrstoff-Informationssystem
der BG BAU (GISBAU) entwickelte
Branchenportal erfüllt die besonderen
Anforderungen der REACH-Verordnung
zur rechtskonformen Übermittlung von
Sicherheitsdatenblättern. Mit dieser
Branchenlösung wird zudem ein weite-
Sicherheitsdatenblätter und die GISBAUInformationen übermittelt die BG BAU
über die BauDatenbank automatisch
an den Baustoff-Fachhandel. Dieser
ist bereits gut aufgestellt: Nahezu 80
Prozent der in der Branche eingesetzten
Software für Warenwirtschaft und Logistik sind bereits für die Übermittlung der
Gefahrstoff-Informationen eingerichtet.
res Problem bewältigt: Alle Beteiligten
der Lieferkette – 400 Hersteller, 2.500
Baustoff-Fachhändler und 460.000
Unternehmen der Bauwirtschaft – sind
verpflichtet, die Sicherheitsdatenblätter
zehn Jahre aufzubewahren. Die Informationsmenge ist enorm, der Verwaltungsaufwand gewaltig. Die Lösung bietet das
zentrale Branchenportal, betrieben durch
die BG BAU, in dem alle Informationen
über Gefahrstoffe systematisch erfasst
sind. Somit werden alle Beteiligten in
der Lieferkette von ihrer Pflicht zur Aufbewahrung der Sicherheitsdatenblätter
entbunden. Das entlastet vor allem
die vielen Klein- und Mittelbetriebe der
Bauwirtschaft. Von praxisgerechten
Verfahren und Erläuterungen profitiert
zudem der Arbeitsschutz, weshalb die
Branchenlösung auch vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
unterstützt wird.
Alle Nutzer des Branchenportals
haben kostenlosen Zugang zu den
Sicherheitsdatenblättern sämtlicher
Baustoffe sowie zahlreiche GISBAUProduktinformationen. Der individuelle
Informationsfluss verläuft einfach und
unkompliziert, so dass Verwaltungsaufwand eingespart und die gewonnene
Zeit in den Unternehmen beispielsweise
dafür genutzt werden kann, die weiteren
Anforderungen des Gefahrstoffrechts zu
erfüllen und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Gefahren und
Schutzmaßnahmen zu unterweisen.
Die Daten für den Baustoff-Fachhandel werden nun erstmals mit einfachen und verständlichen UnternehmerInformationen und Betriebsanweisungen
von GISBAU ergänzt. Die Fachhändler
wiederum geben die Gefahrstoff-Informationen aus dem Branchenpool an ihre
Kunden weiter. Dadurch erfahren die
Unternehmen und vor allem die vielen
Kleinbetriebe der Branche mehr über die
Risiken bei der Arbeit mit Gefahrstoffen
und werden über notwendige Schutzmaßnahmen informiert. Die Betriebe
erhalten somit die Möglichkeit, ein
rechtskonformes Gefahrstoff-Management mit deutlich weniger Aufwand zu
betreiben.
Das Branchenportal befindet sich
derzeit im Aufbau und wird voraussichtlich ab Januar 2014 zur Verfügung
stehen.
Allerdings funktioniert das System
nur dann, wenn sich alle Akteure der
Lieferkette aktiv an der Pflege des Branchenportals beteiligen. Hersteller und
Lieferanten sollen ihre Informationen
über Gefahrstoffe online an den zentralen Datenpool senden und kontinuierlich
aktualisieren. Neue bzw. geänderte
13
t
60 Jahre Dispersionsputz
Ein hochmoderner Klassiker
Die Erfolgsgeschichte organisch
gebundener Oberputze begann im Jahre
1952, als der Schweizer Malermeister
Silvio Pietroboni den ersten Fassadenputz herstellte, der eine Kunstharzdispersion enthielt – den Kunstharzputz. Heute
sind in allen Klimazonen der Welt Millionen an Quadratmetern Wandflächen
mit Kunstharz- bzw. Dispersionsputzen
beschichtet. Sie widerstehen den widrigsten Klimabedingungen und schützen
Gebäude vor dem sintflutartigen Regen
tropischer Stürme ebenso wie den extremen Temperatureinflüssen im europäischen Alpenraum.
Dispersionsputz ist als Oberputz
auf zahlreichen Untergründen wie
beispielsweise auf WärmedämmVerbundsystemen (WDVS) nicht mehr
wegzudenken. Wann immer robuste
Oberflächen mit großer Gestaltungs- und
14
Farbtonvielfalt gefragt sind, bietet Dispersionsputz die ideale Lösung. Seine
mechanische Widerstandsfähigkeit ist
eines der herausragenden Merkmale.
Dispersionsgebundene Systeme (organischer Unter- und Oberputz) im WDVS
zeichnen sich durch Stoßfestigkeiten
von bis zu 50 Joule aus. Starre Systeme
dagegen erreichen weniger als 10 Joule.
Dispersionsputze widerstehen starkem
Hagelschlag und vielen anderen mechanischen Belastungen (z.B. Ballwürfe,
angelehnte Fahrräder etc.). So bleibt die
Optik einer Fassade lange erhalten und
das Entstehen von Rissen und Abplatzungen wird minimiert. Das konventionelle Vorgehen durch Anbringen harter
Putzträgerplatten („Vandalenplatten“)
im unteren Bereich einer Fassade wird
zunehmend durch Aufbauten mit dispersionsgebundenen Systemen abgelöst –
nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen.
Je nach Polymeraufbau der Bindemitteldispersion können die Produkte
von hart bis kälteelastisch formuliert
werden. Sie garantieren auch bei niedrigen Temperaturen eine dauerhafte Rissüberbrückung und besitzen gleichzeitig
eine hohe Verschmutzungsresistenz.
Feine Untergrundrisse stellen somit für
Dispersionsputze kein Problem dar.
Weiterhin zeigen Dispersionsputze
auf den unterschiedlichsten Untergründen wie mineralischen und pastösen
Unterputzen und Spachtel, Span- und
Hartfaserplatten, grundierten metallischen Untergründen oder bereits gestrichenen Flächen eine sehr gute Haftung.
Ein weiterer Vorteil ist der effektive
Feuchtschutz durch optimale bauphysikalische Eigenschaften. Bei möglichst
geringer Wasseraufnahme ist gleichzei-
t
Die frühere Bezeichnung „Kunstharzputz“ führte leicht zur Assoziation
„künstlich“. Doch der Dispersionsputz
ist alles andere als das: Etwa 80 Prozent seiner Bestandteile – Pigmente
und Füllstoffe – sind mineralischer
Natur. Gebunden werden sie durch
leistungsfähige, moderne wässrige
Polymerdispersions-Bindemittel. Neben
ihrem ausgezeichneten Bindevermögen
zeichnen sich diese Dispersionen durch
eine geringe Wasseraufnahme, hohe
Alkalibeständigkeit, hohe Dehnfähigkeit,
geringe Verschmutzungsneigung und
weitere positive Eigenschaften aus.
tig eine möglichst hohe Wasserdampfdiffusion gewährleistet.
In Bezug auf ihre Brandschutzeigenschaften können Dispersionsputze
so formuliert werden, dass sie schwer
entflammbar sind und damit bis zu
Gebäudehöhen von 22 Metern eingesetzt werden können. Prüft man das
Brandverhalten nach der Europäischen
Norm der EN 13501-1 auf WDVS, bestehend aus Mineralwolleplatten oder
Lamellen, kann das System sogar als
nicht brennbar eingestuft werden.
Auch im Bereich der Verarbeitbarkeit bieten Dispersionsputze ein großes
Plus. Sie werden gebrauchsfertig auf der
Baustelle angeliefert, die Verarbeitung
kann manuell – vom Eimer an die Wand
– oder maschinell erfolgen. Der Einsatz
von Silo- und Maschinentechnik ermöglicht ein rationelles und wirtschaftliches
Arbeiten bei großen und auch kleineren
Objekten. Das Material kann über Nacht
in der Maschine belassen und die Arbeit
am nächsten Tag sofort fortgesetzt werden.
Dispersionsputze trocknen rein
physikalisch durch Wasserverdunstung.
Dadurch verläuft die Durchtrocknung bei
warmem und trockenem Wetter schneller als bei feuchtem und kaltem Wetter.
Mittlerweile sind speziell formulierte Dispersionsputze darauf ausgerichtet, auch
bei Temperaturen bis +1° C und hoher
Luftfeuchtigkeit gute Ergebnisse in der
Frühregenfestigkeit zu erreichen.
Die gestalterische Vielfalt beim
Einsatz von organisch gebundenen Oberputzen ist nahezu grenzenlos: Kaum ein
Farbtonwunsch des Kunden und kein
Farbkonzept des Architekten lässt sich
heute nicht mit Dispersionsputzen realisieren. Selbst dunkle, intensive Farbtöne
sind in der Fassadengestaltung umsetzbar. Durch die gezielte Auswahl von
Pigmenten und Systemkomponenten
sind beim WDVS heute auch Hellbezugswerte von weniger als 20 realisierbar.
Weiterhin lassen sich neben den traditionellen Strukturen wie beispielsweise Kratz-, Scheiben-, Rillen-, Roll-,
Modellier-, Filz- oder Spritzputzstruktur
in Kornstärken von kleiner 1 bis 6 mm
auch neuartige, effektvolle Oberflächen
realisieren, beispielsweise durch das Einblasen von dekorativen Materialien wie
Glimmer oder natürlichen und kolorierten
Körnungen sowie Siliziumcarbid.
Im Hinblick auf Ökologie und
Nachhaltigkeit ist festzustellen, dass Dispersionsputze auf Basis wässriger Bindemittel formuliert sind und heute nur
noch sehr geringe bis gar keine Anteile
an organischen, aromatenfreien Lösemitteln enthalten. Meist sind nur noch in
Außenputzen geringe Anteile an Filmbildungshilfsmitteln erforderlich, während
im Innenbereich vorwiegend emissionsminimierte Dekorputze Anwendung
finden.
Die ökologische Bewertung von
organischen Putzen kann beispielsweise
mittels EPDs (Environmental Product
Declaration) erfolgen. Architekten und
Planer erhalten durch eine EPD Kennzahlen und Datensätze, die sie für die
Berechnung von Energiebilanz oder
Umweltverträglichkeit während Bauund Nutzungsphase eines Gebäudes
benötigen. Moderne, leistungsstarke
Dispersionsputze bieten für die Fassade
und den Innenraum zugleich umfassenden Schutz und ansprechende Optik und
erfüllen somit in vielerlei Hinsicht die
heutigen Anforderungen an Nachhaltigkeit.
15
t
Nachhaltigkeit
Der Kommentar
Chemie³ geht an
den Start
Nur öffentlich
ist gut!
Die chemische Industrie bündelt
ihre Kräfte unter einem Dach, um das
Prinzip Nachhaltigkeit voranzutreiben.
Mit der gemeinsamen Initiative Chemie3 arbeiten Wirtschaftsverband (VCI),
Gewerkschaft (IG BCE) und Arbeitgeberverband (BAVC) daran, Nachhaltigkeit
als Leitbild zu verankern. Nachhaltigkeit
wird als Zukunftsstrategie gesehen, in
der wirtschaftlicher Erfolg mit sozialer
Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung verknüpft ist. Kern der Initiative
Chemie³ sind die 12 Leitlinien zur Nachhaltigkeit für die chemische Industrie in
Deutschland. Als branchenspezifischer
Rahmen geben die Leitlinien den Unternehmen und ihren Beschäftigten Orientierung für ihr Handeln, z.B. bei Investitionsentscheidungen.
Mineralölreste in Lebensmittelverpackungen beschäftigen jetzt schon das
Parlament. In einer
kleinen Anfrage an die
Bundesregierung ging
es um die „Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln, die durch
gesundheitsschädliche
Mineralölbestandteile
aus der Verpackung
belastet sind“. Auf
sechs eng bedruckten Seiten wird vom
zuständigen Verbraucherschutzministerium der Sachstand fein säuberlich
aufgedröselt.
In der Ausrichtung auf Nachhaltigkeit sieht die Branche den Schlüssel
zur Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit.
Die Entwicklung innovativer Lösungen
für globale Herausforderungen trägt
nach Ansicht des VCI dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Chemie
zu stärken. Der Verband verwies auf die
Bedeutung der Branche als Innovationsmotor für den Standort Deutschland.
Eine starke, florierende Chemie sei
unverzichtbar für das Erschließen neuer
Energiequellen, für energiesparendes
Bauen und Wohnen oder eine umweltfreundliche Mobilität.
Um die Leistungen der Chemie zur
nachhaltigen Entwicklung zu belegen,
haben die Allianzpartner einen gemeinsamen Branchenbericht veröffentlicht.
Zahlreiche Beispiele veranschaulichen
den Beitrag der chemischen Industrie
zur nachhaltigen Entwicklung und bieten
Aufhänger für eine industriepolitische
Diskussion über die Rahmenbedingungen von Nachhaltigkeit in Deutschland.
Weitere Informationen:
www.chemiehoch3.de
16
Unter anderem wird auch ausführlich darüber berichtet, dass das Umweltbundesamt in einem Forschungsvorhaben hat untersuchen lassen, „inwieweit
eine Umstellung der Zusammensetzung
der Zeitungsdruckfarben technisch möglich ist“. Dabei ergab sich – oh Wunder! –
dass die Ergebnisse des Vorhabens
erkennen lassen, dass „es grundsätzlich
möglich ist, mineralölfreie Druckfarben
im Zeitungsdruck einzusetzen, allerdings
nicht ohne technische Anpassungen an
den Druckmaschinen und den Druckfarben“.
Um diese bahnbrechende Erkenntnis zu gewinnen, hätte das UBA kein
Forschungsvorhaben durchführen lassen
müssen. Die Forderung, die in Zeitungsdruckfarben enthaltenen Mineralöle
durch Pflanzenöle zu ersetzen, ist ja nicht
neu. Und die Fachgruppe Druckfarben
im VdL hat dazu ausgeführt: „Mineralölfreie Zeitungsdruckfarben sind prinzipiell machbar, aufgrund mangelnder
Nachfrage jedoch aktuell am Markt nicht
verfügbar.“ Steht so im Internet. Ist also
öffentlich zugänglich. Eines großartigen
Forschungsvorhabens hätte es dazu
nicht bedurft. Aber es ist ja das alte Lied:
Wenn die Industrie etwas sagt, wird es
noch lange nicht geglaubt. Zumindest
so lange nicht, bis von einer „unabhängigen“ bürokratischen Stelle dasselbe
Ergebnis mit öffentlichen Mitteln noch
einmal ermittelt wird.
Das Problem der Mineralöle in
Recyclingverpackungen ist damit übrigens noch nicht gelöst. Auch hier gibt
die Antwort der Bundesregierung Aufschluss: Eine vollständige Entfernung
von Mineralöl sei nicht möglich, da
Altpapierimporte und Verpackungen aus
dem Ausland in den Recyclingkreislauf
gelangen. Brauchen wir dazu auch noch
ein öffentlich bezahltes Forschungsvorhaben?
Ihr Michael Bross
Impressum
Herausgeber:
Deutsches Lackinstitut GmbH
Mainzer Landstraße 55,
60329 Frankfurt/Main
Telefon: (0 69) 25 56 1412
Fax: (0 69) 25 56 17 12
http://www.lacke-und-farben.de
Redaktion:
Dirk Freudenberg, Michael Bross (verantw.)
Fotos mit freundlicher Genehmigung von:
VDL, Fachgruppe Putz & Dekor, FEMA
Farben und Putze GmbH,
meine möbelmanufaktur, Köngen
Printed in Germany