die musikerwerkstatt

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die musikerwerkstatt
MUSIK
DIE
MUSIKERWERKSTATT
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KONZERT VON MAYTE MART~N
UND TETE MONTOLIU
IM JAZZ S¡
DERNAME
,,MUS~KERWERKSTATT"
SOLLTE
AN EIN
VON BEGINN
MOGLICHST BREITES SPEKTRUM
ABDECKEN. ZWARLAG DER
SCHWERPUNKT
AUF DEM JAZZ,
DOCH KQNNTEN SICH DANEBEN
AUCH ANDERE ZWEIGE
WIE
ROCK,AFROKUBANISCHE
MUSIKUND INSBESONDERE
ENTFALTEN.
DER FLAMENCO
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7FRT IM JAZZ Sí, CLUB DES TALLER D
E MÚSICS
MINGUS B. FORMENTOR J O U R N A L I S T
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s gibt irn na~hfran~uistischen
Katalonien nur wenige Beispiele, die
die Lebendigkeit und Fahigkeit der
barce~oninischen Gesellschaft so eindrucksvoll unter Beweis stellen wie die Lancierung und Konsolidierung des Taller de
Músics, der im In- und Ausland bekannten
Musikerwerkstatt. Historisch gesehen, steht
das Phanornen eindeutig in Kataloniens
langer, dokurnentierter Jazz-Tradition und
zeugt rnithin von gewachsener Kontinuitat.
FaBt man aber einen kürzeren Zeitraum ins
Auge, so ist die ~ o l l eder anima movens
dieser Institution zu würdigen, des wage-
mutigen Lluis Cabrera und seines Teams, den Nachwuchs bildeten, wanderten ab,
die in 16 Jahren fruchtbaren sozialen und ernigrierten nach innen oder muBten kulturellen Wirkens die lnfrastruktur für wohl oder übel - urnsatteln. Aus einer Generation verhinderter Künstler wurde
eine vitale Volksrnusik aufgebaut haben.
Als im Herbst 1979 der Grundstein für einer Generation von Lehrern. In Barceden Taller gelegt wurde, war Kataloniens lona gab es damals eine Reihe
Musikindustrie in einem gewaltigen Um- auslandischer Musiker unterschiedlicher
bruch begriffen. Eine rnassive Verlage- Provenienz, vorwiegend Südamerikaner,
rung von Entscheidungs- und Produk- aus denen sich der ursprüngliche Lehrkortionszentren nach Madrid war ihm per rekrutierte. Diese internationale
Gange. Für das Musikschaffen blieb die- Durchrnischung sollte denn auch den
se Entwicklung nicht ohne Folgen. Pop- Charakter des Taller pragen: Aufgeschund Jazzmusiker, die in den siebziger lossenheit und eine naturgemaBe Tendenz
Jahren einen breiten, erfolg~ers~rechen-zu wohlverstanden libertarer Kunsthal-
MUSIK
COMBO-UNTERRICHTIM TALLER DE MUSICS
tung gehoren seit je zur Identitat der Institution.
Der Kursbetrieb lief kaum ein halbes
Jahr, als mit dem ersten Jazzseminar in
Banyoles (26. Mai bis 8. Juni 1980) der
Wille zurn perrnanenten internationalen
Austausch in der Praxis demonstriert wurde. Als im Januar 1983 das dritte Seminar in dem Küstenstadtchen Castelldefels
bei Barcelona über die Bühne ging, war
die Botschaft des Tallers bereits in das BewuBtsein der musikinteressierten ~ f f e n t lichkeit gedrungen. Die Kurse und Jam
Sessions des Taller lockten erstaunlicherweise auch immer mehr iunge Pop- und
Rockrnusiker aus dem GroBraurn Barcelona an und wurden zu einer Art Ersatzforum für die movida, die pulsierende
Kulturszene der fernen spanischen
Hauptstadt. Die Aktivitaten und das Angebot des Taller eroberten sich bald einen festen Platz in der Musiklandschaft
der Stadt und sollten auch im übrigen Katalonien, in Spanien und an zahlreichen
Orten im Ausland zurn Durchbruch gelangen. Heute sind in Katalonien über
zwanzig Schulen in Betrieb, die diesem
Modell folgen, fast alle von Musikern geleitet, die einmal Schüler des Taller waren.
Die Zeit von 1979 bis 1983 ist eine
auBerst dynarnische und wechselhafte
Etappe in der Geschichte des Taller. Eine
strenger konzipierte, komplexe Ausbildungsstruktur unter der Leitung des portugiesischen Bassisten Zé Eduardo begann sich damals Bahn zu brechen. In ihr
formte sich eine Generation von Schülern,
die heute den Kern des iungen spanischen Jazz bilden: die Brüder Rossy, Sambeat, Reinón, Cardo, Capellas, Gámez.
Spater kamen Festivals, Jazztage und
Jazzwochen dazu, das Magazin Jazz Sí,
das Managernentbüro und schlieBlich Auftritte an prorninenten Orten internationa-
len Musikgeschehens, wo Jazz, aber auch
andere Formen offener Musik vermittelt
werden. Dabei fuhrte die Vermehrung der
Aktionsfelder keineswegs zum Verlust des
ursprünglichen Idee: ein dynarnisierender
Faktor in der Musikszene der ieweiligen
Gesellschaft zu sein. Der Name ,,Musikerwerkstaít" sollte von Beginn an ein moglichst breites Spektrum abdecken. Zwar
lag der Schwerpunkt auf dem Jazz, doch
konnten sich daneben auch andere Zweige wie Rock, afrokubanische Musik und
insbesondere der Flamenco entfalten. Gerade auf dem Gebiet des Flamenco hat
der Taller in den Jahren der Reife seine
soziale Prasenz wesentlich ausgebaut.
Auch hier war es eine gelungene Mischung aus intensiver Arbeit, intuitivem
Weitblick und sachlich nüchterner Abwagung, die eine entscheidende Wende in
der katalanischen Musikentwicklung herbeiführte, eine Wende, deren Folgewirkungen ebenso nachhaltig sein werden
wie in ihrer ganzen Tragweite schwer abzuschatzen. Einrnal mehr war der unverwüstliche Lluís Cabrera Motor und Katalysator einer Renaissance, die unserer
Gesellschaft den Platz in der so spanischen Musikforrn des Flamenco zurückgegeben hat, einen Platz, den sie nie
mehr verlieren darf.
Die Bindung zwischen dem Taller und
dem Flamenco karn bereits in den Anfangen der Schule zustande. Schon 1979
wurden Kurse für spanische Gitarre eingerichtet. In den Seminaren, die im Laufe der Jahre stattfanden, hatte der Flamenco eine Sonderstellung inne, ehe er
Ende der achtziger Jahre, insbesondere
nach dem lnternationalen Flamenco-Seminar Carmen Amaya - im Rahrnen der
Kulturolympiade von Begur irn Sommer
1989 - endgültig ins Rampenlicht trat.
Künstler wie Mayte Martín, Chano Domínguez, Perico Sarnbeat, Cambalache
und Miguel Poveda haben seither auf
unzahligen Bühnen in Europa, Arnerika
und Asien vieltausendfachen Applaus geerntet, wozu auch das Festival ,,Mercat de
Música Viva" in Vic und das Konsortiurn
für die Auslandsproiektion Kataloniens
(COPEC) das ihre beitragen konnten.
Ob als ehemaliger Schüler oder als Kursleiter - Tatasche ist, da( es heute keinen
Jazzrnusiker zwischen 25 und 35 gibt,
der wahrend seiner Laufbahn keine Bindung mit dieser lnstitution eingegangen
ware. Und auch der katalanische Flamenco (den genannten Vertretern waren
noch Namen wie Julián ,El Califa", Conchi Carmona, Pepe Motos, Chicuelo, Pep
Pérez, La Tolea, La Tani. Montse Cortés,
Miguel de la Tolea, Miguel del Toleo und
andere hinzuzufügen), einer der lebendigsten und interessantesten der Gegenwart, die sich in ganz Spanien einer BIütezeit dieser Kunst erfreut, ist mit dem
Kurs- und Konzertbetrieb des Taller engstens verbunden. Es dürfte nur wenige
Statten zeitgenossischer Volksmusik geben, die eine ahnlich erfreuliche Bilanz
aufweisen konnen.
CLUB DES TALLER DE MUSICS