Infektionsprophylaxe im Einsatzdienst – sichere Arbeitsgeräte

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Infektionsprophylaxe im Einsatzdienst – sichere Arbeitsgeräte
Infektionsprophylaxe im
Einsatzdienst – sichere
Arbeitsgeräte, Impfungen,
Postexpositionsprophylaxe
U. Werfel
Infektiologie
Ev. Huyssensstiftung
Kliniken Essen-Mitte
Teil 1
„ Sichere
Arbeitsgeräte
Definition
Nadelstichverletzung (NSV)
Jegliche Stich-, Schnitt- und Kratzverletzungen der Haut durch
Nadeln, Messer etc., die mit
Patientenmaterial verunreinigt
waren, unabhängig davon, ob die
Wunde geblutet hat oder nicht.
Nadelstichverletzungen
(NSV)
„
„
„
„
2 000 000 infektionsgefährdete
Mitarbeiter im Gesundheitswesen
500 000 NSV pro Jahr
2300 gemeldete beruflich bedingte
Infektionskrankheiten im Jahre 2004
davon die Hälfte durch NSV
Durchschnittliche
Serokonversionsrate
nach NSV
„
„
„
bei HBV in 300 von 1000 Fällen
bei HCV in 30 von 1000 Fällen
bei HIV in 3 von 1000 Fällen
Durchschnittliches
Infektionsrisiko nach
NSV
„
„
„
„
Infektionsrisiko = Prävalenz x
Serokonversionsrate
1 : 250 für Hepatitis B
1 : 6500 für Hepatitis C
1 : 650 000 für HIV/AIDS
Hepatitis B
Risikogruppen
„
„
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„
„
„
„
medizinisches Personal
Laborpersonal
Dialysepatienten
Patienten und Personal in psychiatrischen
Einrichtungen
Personen mit engem Kontakt zu HBsAg-positiven
Personen
Neugeborene von HBsAg-positiven Müttern
i.v.-Drogenabhängige
Homosexuelle
Strafgefangene
Prostituierte
Sextouristen
Hepatitis C
Risikogruppen
„
„
„
„
„
„
Hämophile (Blutprodukte vor 1987)
i.v.-Drogenabhängige
Organtransplantierte
Dialysepatienten
Neugeborene von
HCV-infizierten Müttern
medizinisches Personal
80 – 90 %
60 – 80 %
5 – 15 %
4 – 10 %
3–5%
0,8 %
HIV
Epidemiologie 2006
„
„
„
„
56 000 Infizierte in Deutschland (84%
Männer)
70% der Übertragungen durch
homosexuelle Kontakte
20% der Übertragungen durch
heterosexuelle Kontakte
9% der Übertragungen durch i.v.Drogenmißbrauch
Risiken für NSV
„
„
„
„
„
„
Recapping (Zurückstecken der
Schutzkappe auf gebrauchte Kanülen)
Unzureichende Entsorgung von
gebrauchten Instrumenten
Mangelhafte Entsorgungsbehältnisse
Überfüllte Entsorgungsbehälter
Unzureichende Anzahl und
Ausstattung mit geeigneten
Entsorgungsbehältern
Das Injizieren von Blut in
Blutkulturflaschen
Risiken für NSV
„
„
„
„
„
Das Entnehmen von Blut aus
Blutkulturflaschen mittels Spritzenkanülen
Manuelles Entfernen der Kanüle von der
Spritze
Fremdverschulden (z.B. durch
Patientenbewegung/achtlose Übergabe von
Instrumenten)
Blutentnahme mittels Spritzenkanüle aus
einer liegenden Leitung (z. B. Katheter)
Einspritzen von Materialien in einen
Probenbehälter (z. B. In ein Labor-Röhrchen
TRBA 250 – Abschnitt
4.1.2.8
„
„
… benutzte, spitze, scharfe oder
zerbrechliche Arbeitsgeräte zur
einmaligen Verwendung sind
unmittelbar nach Gebrauch in stichund bruchsicheren Behältnissen zu
sammeln.
… dürfen gebrauchte Kanülen nicht in
die Plastikschutzhüllen zurückgesteckt,
verbogen oder abgeknickt werden.
TRBA 250 – Abschnitt
4.2.4.1
„
Der Einsatz von sicheren Instrumenten
ist in folgenden Arbeitsbereichen
verpflichtend:
– Behandlung und Versorgung von
Patienten, die nachgewiesenermaßen
durch Erreger der Risikogruppe 3
(einschließlich 3 **) oder höher infiziert
sind
– Behandlung fremdgefährdender Patienten
– Rettungsdienst und Notfallaufnahme
– Gefängniskrankenhäuser
TRBA 250
Frist zur Umsetzung
„
„
„
Seit 01.08.2006 Pflicht zur Umsetzung
Übergangsfrist zum Aufbrauchen
vorhandener Bestände von nicht
sicheren Instrumenten bis zum
31.07.2007
Übergangsfrist gilt nicht für
Tätigkeiten, die unter Punkt 1
aufgeführt sind!
Periphervenöse
Zugangssysteme
Periphervenöse
Zugangssysteme
Kapillare Blutentnahme
Teil 2
„ Impfungen
Arbeitsmedizinische
Vorsorgeuntersuchung nach
BioStoffV
„
„
Vor Beginn der Tätigkeit
Untersuchungsumfang:
–
–
–
–
–
„
„
Anamnese, körperliche Untersuchung
Blutbild, Blutsenkung, Blutzucker, GGT, GPT, Urinstatus
Anti-HBc (Anti-HBs-AK-Titer nach Grundimmunisierung)
Anti-HCV
Anti-HIV
Angebot von Impfungen
Wiederholung in der Regel alle 36 Monate
Impfungen im
Gesundheitsdienst
Impfung gegen Wann?
Bemerkungen
Tetanus/
Diphtherie/Polio/
Pertussis
nach erfolgter
Boostrix Polio ®
Grundimmunisierung Auffrischung
alle 10 Jahre
Influenza
jährlich mit dem von der WHO
empfohlenen aktuellen Impfstoff
Influsplit SSW ®
Hepatitis B
/Hepatitis A
nach erfolgter Grundimmunisierung und Anti-HBs-Titer
> 100 IU/l nach 10 Jahren
Titerkontrolle und ggf.
Auffrischung
Twinrix ®
Impfungen im
Gesundheitsdienst
Impfung gegen
Wann?
Bemerkungen
Masern/Mumps/
Röteln
einmalige Impfung bei
unklarem Immunstatus und
Impflücken mit
Kombinationsimpfstoff
Priorix ®
in der Schwangerschaft
kontraindiziert!
bei gebärfähigen Frauen:
Röteln-Titer-Kontrolle
frühestens 4 Wochen
nach der Impfung
Varizellen
(Windpocken)
einmalige Impfung bei
unklarem Immunstatus und
Impflücken
Varilrix ®
in der Schwangerschaft
kontraindiziert!
Teil 3
„ Postexpositionsprophylaxen
(PEP)
Maßnahmen nach
Kontamination mit
infektiösem Material
„
„
„
„
Förderung der Blutung durch zentrifugalen Druck auf
das umliegende Gewebe (> 1 Minute) proximal der
Einstichstelle
Schleimhautspritzer (Mund, Nase, Augen): reichlich
spülen mit geeignetem Antiseptikum (falls nicht
vorhanden mit Wasser)
Antiseptische Spülung der Wunde und Fixierung eines
mit Antiseptikum getränkten Tupfers für mindestens
10 Minuten
Inzision der Wunde nur in Ausnahmefällen (bei
hohem Risiko und möglicher fachchirurgischer
zeitnaher Behandlung)
Maßnahmen nach
Exposition mit
infektiösem Material
„
„
„
„
„
„
Wundversorgung
Postexpositionsprophylaxe
Unfallmeldung (D-Arzt)
serologische Untersuchungen am Unfalltag beim
Verletzten und falls möglich beim Indexpatienten
weitere Untersuchungen nach 6, 12 und 26 Wochen
bei HCV-Exposition HCV-RNA-PCR nach 2 und 6
Wochen
Hepatitis-B-Impfung
postexpositionell
„
„
„
Anti-HBs-Titer >100 U/l in den letzten 12 Monaten
oder erfolgreiche Impfung in den letzten 5 Jahren:
keine Impfung
Anti-HBs-Titer zwischen 10 und 100 U/l in den
letzten 12 Monaten oder letzte Impfung länger als 5
Jahre zurück : erneute HB-Impfung
Unbekannter Impfstatus oder Anti-HBs-Titer <10
U/l: sofortige HB-Impfung; zusätzlich HBImmunglobulin (0,06 ml/kg intraglutaeal)
spätestens nach 48h, wenn Indexpatient HBsAg
positiv
PEP bei HCV-Exposition
„
„
Bei HCV-Exposition keine PEP
empfohlen
Frühzeitige Kontrollen nach 2 und 6
Wochen (HCV-RNA-PCR) und bei
positivem Befund sofortige
Behandlung
PEP bei HIV-Exposition
„
„
„
Perkutane Verletzung
mit Injektionsnadel
oder anderen
Hohlraumnadel
(Körperflüssigkeit mit
hoher
Viruskonzentration)
Tiefe Verletzung (meist
Schnittverletzung),
sichtbares Blut
Nadel nach
intravenöser Injektion
„
Empfehlen
„
Empfehlen
„
Empfehlen
PEP bei HIV-Exposition
„
„
„
Verletzung mit
„
niedriger Viruslast
Oberflächliche
„
Verletzung (z.B. mit
chirurgischer Nadel)
Kontakt mit
„
Schleimhaut oder
verletzter/geschädig
ter Haut
Anbieten
Anbieten
Anbieten
PEP bei HIV-Exposition
„
Beginn möglichst innerhalb von 2 Stunden
nach Exposition mit Standard-PEP:
– 2 NRTI + PI oder
– 2 NRTI + 1 NNRTI über 4 Wochen
„
ggf. Modifikation der PEP in Abhängigkeit
von der Therapie des Indexpatienten
(Kontaktaufnahme mit HIV-Zentrum)
PEP bei HIV-Exposition
„
„
„
www.daignet.de
www.dagnae.de
www.aekno.de/arztinfo/fachkundigestelle
Maßnahmen bei Exposition
gegenüber Meningokokken
„
„
„
PEP bei ungeschütztem Kontakt zu oropharyngealen
Sekreten innerhalb der letzten 7 Tage
Beginn nach Sicherung der Diagnose beim
Indexpatienten (bis zu 10 Tage nach Exposition)
PEP:
– Einzeldosis Ciprofloxacin 500 mg p.o. oder
– Rifampicin 2 X 600 mg p.o. für 2 Tage oder
– Einzeldosis Ceftriaxon 250 mg i.m. (bei Schwangerschaft)
Maßnahmen bei Exposition
gegenüber Tuberkulosebakterien
„
„
„
Tuberkulintest bei engem ungeschütztem
Kontakt zu Erkrankten so bald wie möglich
nach Exposition; Wiederholung nach 2 bis 3
Monaten bei primär negativen Test
Rö-Thorax 3 Monate nach Exposition bei
Tuberkulinkonversion oder primär positivem
Tuberkulintest
PEP mit Isoniazid ist bei
Tuberkulinkonversion zu erwägen
Maßnahmen bei Exposition
gegenüber Influenzaviren
„
„
„
PEP für enge Kontaktpersonen ist möglich
Die Indikation ist entsprechend den
Empfehlungen des nationalen
Pandemieplanes zu stellen
Medikamente:
– Oseltamivir (Tamiflu®) 1 X 75 mg p.o für 10
Tage
– Zanamivir (Relenza®) 1 X 2 Inhalationen
(entspricht 2 X 5 mg) für 10 Tage
Weitere mögliche PEP
„
„
„
„
„
Tollwut nach Tierbissen
FSME nach Zeckenstichen
Borreliose nach Zeckenstichen
Malaria nach Nadelstichverletzungen
u.a.
Zusammenfassung
„
„
„
„
Das Risiko für NSV kann u.a. durch sichere
Arbeitsgeräte, die seit 01.08.2007 gesetzlich
vorgeschrieben sind, deutlich gesenkt werden
Im Rahmen der arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchung nach BioStoffV sollten alle
erforderlichen Impfungen durchgeführt werden
Die Maßnahmen bei NSV müssen allen Mitarbeitern
bekannt gemacht werden
Es empfiehlt sich eine Zusammenarbeit mit einer
Ambulanz, in der alle erforderlichen PEP zeitnah
durchgeführt werden können