Endlich ist es so weit: Einkaufen auf dem Wochenmarkt, inklusive

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Endlich ist es so weit: Einkaufen auf dem Wochenmarkt, inklusive
OSTERN, 3./4./5. APRIL 2010
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2010
Unterwegs: Hamburgs Flohmärkte › Stadtgespräch: „Zeit“-Macher Giovanni di Lorenzo › Titel-Thema: Besuch auf 24 Wochenmärkten
Ausgehen: Osterbrunch › Rätsel: Super-Sudoku › Gestern & Heute: 50 Jahre Ostermärsche › Handgemacht: Eine besondere Bäckerei
Pfundweise
Glück
Endlich ist es so weit: Einkaufen
auf dem Wochenmarkt, inklusive
Klönschnack und Sonnenschein.
JENS MEYER-ODEWALD bringt
Sie auf den allerneuesten Stand.
B
itte eine Curry aus ’ner Thüringer ohne. Und
eine Coca ohne mit.“ Herr Müller versteht. Er
stellt die Grillwurst auf den Tresen, mit schön
viel Sauce und einem satten Häufchen Gewürzpulver. Dafür ohne Brötchen. Plus eine
Cola light. Mit Strohhalm. So hat der junge Tag
wahrhaftig Gold im Mund!
Die Frau mit dem Kinderwagen ordert vier
Domwürstchen „mit wenig“ (Senf ). Und einen
Pott bitteschön. Kaffee dampft. Der Gemüsehöker von nebenan konzentriert seine Bestellung auf zwei Worte: „Wie immer!“ Herr Müller zaubert „Pommes Schranke“ auf den Pappteller, mit Ketchup und Majo, rotweiß also. Dazu gibt’s einen Becher Kakao. Der Schuss Rumverschnitt
kommt aus dem Flachmann in der Jackentasche. Ölt die Stimme.
Alles im grünen Bereich auf dem Wochenmarkt in Ottensen. Die Gäste vor „Müller’s Imbiss“ kommen und gehen, die Themen bleiben bestehen: Ostereinkäufe, HSV, Wetter, Schlaglöcher, die Neue vom Fischmann. Man kennt sich. Und die Schnacks ebenso. Die Seniorin mit dem
rollenden Einkaufswagen, im Volksmund „Hackenporsche“ genannt,
entpuppt sich als wandelndes Lexikon: Wer, wo, was, wann – sie weiß
Bescheid. Insiderkenntnisse über das Leben werden garniert mit bäuerlichen Wetterregeln, Aktuelles von Kachelmann, Tipps für die Trabrennen am Volkspark, Prognosen für Ruuds Trefferqualitäten, Weissagungen zum finalen Staatsbankrott. Nicht unbedingt in puncto Qualität, jedoch in Sachen Vielfalt passend zum Angebot auf dem Markt.
Die Gute weiß auch, dass beim Schlachter gegenüber schon früh die
Kasse klingelt. Weil der Mann clever ist und von seinem Holsteiner Katenschinken reelle Portionen abschneidet und an die Passanten verteilt.
Viele langen hin. Und wollen mehr. Dann aber zahlen, bitteschön. Läuft
immer noch gut, die alte Masche. Dafür wirft der Konkurrent gleich nebenan zwei Verkäuferinnen von allerfeinster Optik in die Waagschale.
„Darf’s ein bisschen mehr sein?“ Auch das funktioniert nach wie vor.
Willkommen, April! Ab sofort darf’s überall auf den Hamburger Wochenmärkten wieder ein bisschen mehr sein. Die Händler sind aus dem
Winterschlaf erwacht: Hausse steht ins Haus. Frische Blumen, Gemüse
und Obst aus lokalem Anbau runden die Palette ab. Es macht wieder Laune, zwischen den Ständen zu schlendern und die Sinne auf Empfang zu
stellen. Zu gucken gibt’s alle Male. Hier ist nicht allein, wer einkauft.
Rund eine Million Hanseaten nutzen Woche für Woche die 90 Märkte
in der Stadt zum Einkauf. Keine andere europäische Metropole kann da
mithalten. Auch Paris nicht. Etwa 3000 Höker, zu 90 Prozent Familienbetriebe, hoffen auf den Frühling – auch im Portemonnaie. Im Jahr 962
wurde den Hamburgern das erste Marktrecht Norddeutschlands verliehen. Die freie Welt der Händler hat Tradition und einen guten Ruf. Auch
weil nach dem Krieg nur so die Versorgung halbwegs aufrecht zu erhalten war. Vor allem die Älteren haben das nicht vergessen ...
Aber auch die jüngere Generation weiß die Melange aus frischen
Produkten aus der Region, persönlicher Beratung vom Erzeuger, nachbarschaftlicher Nähe, Papptütchen und bodenständiger Kommunikation zu schätzen. Da können Lidl, Schlecker & Co. zehnmal mit Dumpingpreisen, Parkplätzen und klimatisierten Verkaufsräumen ködern – der
Besuch auf dem Wochenmarkt hat Lebensart. Gerade als Kontrast
zu einem Dasein von der Stange, entseelt von Kantinen, Burgerbuden,
abgepackten Plastikprodukten vom Fließband und Convenience Food
allerorten. Da darf’s lieber ein bisschen mehr sein. Oder ein bisschen
anders. Oder ein bisschen teurer.
Zumal daheim das gute Gefühl mitisst. Denn nicht nur Hobbyköchen
oder Ökojüngern schmeckt’s natürlich besser, wenn die Herkunft der
erstandenen Produkte bekannt ist und praktisch vor der Tür liegt. Selbst
wenn garantiert nicht jede Marktware von heimischer Scholle oder aus
ökologischem Anbau stammt.
Instinktiv spürt man, dass mancher Höker ein Schlawiner ist. Doch
fällt Augenzudrücken auf dem Markt irgendwie leichter. Und klappern gehört, nach Pfeffersacks Prinzip, zum Geschäft. Wo werden sonst
schon selbst gepresster Fliederbeersaft, Muttis Quittengelee oder hausgemachtes Sauerfleisch offeriert? Mancherorts werden auch handgefertigte Pralinen, Champignonbürsten, gestrickte Socken, geheimnisvolle Putzpolituren, Gartenzwerge und Gemüsehobel aus der guten
alten Wirtschaftswunderzeit feilgeboten. Garniert mit dem passenden
Spruch – alles im Preis inbegriffen.
Wer seinen Stadtteil verlässt und in anderen Bezirken auf die Pirsch
geht, registriert die verschiedenen Nuancen in Sortiment, Kundenkreis
und Flair: Jeder Markt hat sein eigenes Gesicht. Geprägt von individuellem Erlebniswert. Am Goldbekufer geht’s familiär zu, in Blankenese bohem, in der Isestraße originell, in Volksdorf gemütlich und auf dem
Spritzenplatz in jeder Beziehung bunt. Aus gutem Grund haben Hamburgs 90 Wochenmärkte einen hohen Integrationsfaktor für die gesamte
Nachbarschaft. Ganz gleich welcher Nationalität. Dominieren im Alltag
oft genug Ellenbogen, anonymer Zeitgeist oder sprachloser Egoismus,
funktionieren auf Wochenmärkten soziale Bindeglieder und zwischenmenschlicher, kollegialer Zusammenhalt. Dem früh aufstehenden und
emsig malochenden Standchef wird sein Obolus gegönnt, auch weil dieser nicht in irgendeiner Konzernkasse verschwindet ...
Wem der Sinn nach Klönschnack steht, kommt gut klar. Ideale Treffpunkte sind Imbissbuden und kleine Kaffeeklappen. Die Stände der
Metzger, Bäcker, Gemüsebauern oder Obsthändler, meist „immer schon“
am angestammten Platz, dienen ebenso als Kommunikationszentralen
und Informationsbörsen. „Auf dem Markt lernt man die Leute besser
kennen als in einem Tempel“, sagt ein deutsches Sprichwort. Die Franzosen ahnen: „Auf dem Markt werden mehr Heringe als Seezungen verkauft.“ Und eine chinesische Weisheit lautet: „Lieber bleib zu Hause
müßig, nur geh nicht ohne Geld zu Markte.“
Tatsächlich wissen die Profis mit den grünen oder roten Schürzen
von jeher, ihre Produkte ins rechte Licht zu setzen und effektiv anzupreisen. Mancher Politiker könnte bei diesen Königen der Sprücheklopfer in die Lehre gegangen sein. Ein besonders begnadeter Fall
ist der Geflügelfredi auf dem Spritzenplatz. Wer sich dort nach dem
Schlachtzeitpunkt der Flugenten erkundigt, der kann minutenlang
voller Inbrunst lauschen – als werde das Federvieh just zu neuem Leben
erweckt. Das schafft noch nicht mal der Schinkenschnacker neben
„Müller’s Imbiss“. Und das will wirklich etwas heißen ...
Kommt in die Tüte! Auf dem Markt
stammen die Produkte vom Händler des
Vertrauens – Rezepte, Tratsch und
Nachbarschaftsgefühle gibt es gratis.
FOTO: PLAINPICTURE/JOSEPHINE WARFELMANN
S. 4/5 – Wochenmarkt-Kalender:
Für jeden Tag und fast jede Uhrzeit,
der Stundenplan mit 24 Märkten.
II
› WOCHENENDE
Ostern, 3. / 4. / 5. April 2010
in Hamburg
KARTE: GRAFIKANSTALT
Eine Messe, die unter die Haut
geht: die Tattoo Convention.
Stephen
Blackburne
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FOTO: PR
FOTO: ISTOCKPHOTO
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Der gebürtige Engländer Stephen
Blackburne, Generaldirektor im Park
Hyatt, lebt seit 1993 in Hamburg.
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Mein perfekter
Sonntag
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7.30 Uhr Auch wenn heute
FLOHMÄRKTE
im Hotel sehr viel los ist, hat
mich meine Frau Sylvie netterweise eine Extrastunde länger
schlafen lassen, bevor wir mit
unseren Söhnen Liam und
Owen ausgiebig frühstücken.
18-mal Stöbern und Feilschen
8.30 Uhr Bevor es ins Hotel
geht, überprüfe ich noch einmal, ob ich meinen iPod eingesteckt habe. Denn für mich
ist es mein kleiner ganz persönlicher Luxus, auf dem Weg
zum Hotel BBC zu hören – so
bin ich für ein paar Minuten
mental zu Hause in England.
9 Uhr Im Hotel mache ich
einen schnellen Rundgang,
um mir einen Überblick zu
verschaffen und die Gäste und
Mitarbeiter zu begrüßen. Die
Atmosphäre im Restaurant ist
entspannt und es bereitet mir
immer wieder große Freude,
die überraschten Gesichter der
Gäste zu sehen, wenn Sie am
Nebentisch einen Schauspieler oder Musiker erkennen.
12 Uhr Gegen Mittag checken
die meisten Gäste aus. Sobald
ich den Eindruck habe, dass
alles problemlos läuft, begebe
ich mich auf den Heimweg.
12.30 Uhr Ich freue mich,
den Business-Anzug gegen
Freizeitkleidung zu tauschen,
und auf das Mittagessen mit
der gesamten Familie.
14 Uhr Meine Söhne können
es kaum erwarten, mit meiner
Frau und mir ins Schwimmbad
„Festland“ in der Holstenstraße zu fahren. Das ist ein riesiger Wasserspielplatz mit Dinosauriern. Meine Söhne lieben
Dinosaurier und Wasser.
16 Uhr Erschöpft fahren wir
nach Hause und freuen uns
auf eine Tasse Tee zur Entspannung – daran haben auch
18 Jahre in Hamburg nichts
geändert. Mein älterer Sohn
Owen gibt eine Kostprobe auf
seiner Gitarre. Sein Bruder
Liam begleitet ihn. Wenn ich
ganz großes Glück habe, spielt
jetzt noch mein Lieblingsverein FC Liverpool live auf Sky.
18 Uhr Zum Abendessen ins
Block House oder Vapiano.
Meine Kinder lieben es hier,
und auch ich genieße nach
sieben Tagen Luxushotel die
ungezwungene Atmosphäre.
19.30 Uhr Zeit für die Kinder, ins Bett zu gehen. Sonntage sind besonders, da ich am
Abend zu Hause bin und meinen Kindern die Gute-NachtGeschichte vorlesen kann.
20.15 Uhr Meine Frau und
ich lassen den Tag ausklingen,
indem wir uns einen netten
Film ansehen. Das ist auch für
uns etwas ganz Besonderes,
da hierfür meist nur am
Wochenende Zeit ist.
830000
Bäume sind in Hamburg registriert. Es
werden mehr gefällt
als nachgepflanzt:
Zwischen Anfang
2008 und Ende April
2009 verschwanden
2500 Bäume aus
dem Stadtbild. Der
volkswirtschaftliche
Wert eines 100-jährigen Baumes beträgt
bis zu 255 650 Euro.
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Am Wochenende ausschlafen? Nein, für Schnäppchenjäger hat die Winterruhe ein
Ende, denn die neue Trödelsaison ist eröffnet. Wer ein gutes Stück erwischen will,
muss früh aufstehen. Aber auch wer später eintrifft, kommt zwischen Omas Kaffeeservice, Barbie-Puppen, Fahrrädern, Schmuck, modischen Verirrungen und Volltreffern auf seine Kosten – und ist mit ein wenig Verhandlungsgeschick um etwas reicher,
von dem man vorher gar nicht wusste, dass man es unbedingt braucht. Ganz früh
aufstehen muss, wer seine Preziosen vom Dachboden losschlagen will: Händler sollten
rechtzeitig einen Standplatz reservieren und einen großen (Tapezier-)Tisch besorgen.
STADTLEBEN
Das große Stechen
1 FLOHSCHANZE – DER REGELMÄSSIGE Jeden Sonnabend ab acht Uhr zieht
es Schnäppchenjäger zur „Flohschanze“ am Schlachthof. Draussen gibt es Kitsch,
Krimskrams und Kuriositäten, in der alten Rinderschlachthalle verkaufen Möbelhändler schicke Designerstücke aus den 60er- und 70er-Jahren. Nicht nur das
Warenangebot, auch das buntgemischte Publikum lädt zum Hingucken ein – den
besten Überblick hat man von den Holzstufen zwischen Halle und Karostar.
Neuer Kamp 30, St.Pauli/Karoviertel, jeden Sonnabend 8–16 Uhr.
Bei der 12. Internationalen Hamburger Tattoo Convention in der Markthalle warten
zahlreiche Top-Tätowierer, Punkbands und Designer auf mutige Kundschaft. Und
Sonntagabend wird die Hautkunst live präsentiert: bei der Aftershow-Party im Knust.
A
TEXT: VERA ALTROCK
uf der Chanel-Modenschau in Paris sah man
sie jüngst: filigrane Tattoos in Form von
Kettchen um Oberschenkel und Arme. Allerdings waren es bloß Abziehbildchen. In Hamburg
treffen sich dieses Wochenende Menschen, die es
ernst meinen mit dem Körperschmuck. Und bereit
sind, dafür Schmerzen zu ertragen. Auf der 12. Internationalen Tattoo Convention werden Träume gestochen scharf auf und unter die Haut gebracht, es wird
gepierct, gerockt und gefachsimpelt.
Passenderweise heißt der Veranstalter „Endless
Pain“ (endloser Schmerz). Frank Krabbenhöft ist
Inhaber des Tattoo & Piercing-Shops in der Erichstraße – auf St. Pauli, wo das Tätowieren eine lange
Tradition hat. Eben deshalb machte sich Krabbenhöft auf und kredenzte Hamburg ein kultiges Event,
das schnell über die Stadtgrenzen hinaus bekannt
wurde. Ostern 1993 fand die erste Convention in der
Markthalle statt. Schnell knüpfte man Kontakt zu internationalen Studios, namhafte Haut-Künstler wie
Claus und Sabine Fuhrmann, Theo Jack und Sabine
Gaffron besuchten die „Anker-Metropole“.
Die Messe etablierte sich zur gleichen Zeit, als die
„Haut Couture“ wieder in Mode kam: Rapper, Fußballer und Filmstars gaben sich so den gewissen ver-
ruchten Touch – Tätowierungen sind häufig Zeichen
unter Knackis und Gangstern. Heute funkeln Sterne
auf Schultern, lugen Salamander vom Hals und prunken Liebesbekundungen auf Oberarmen. Auch sogenannte Tribals, chinesische Schriftzeichen und aufwendige Kunstwerke werden mittels Nadel und Farbe verewigt. Die Auswahl an Motiven ist schier grenzenlos, aber auch bei der Messe gelten die rechtlichen
Altersbegrenzungen. So dürfen 14- bis 16-Jährige sich
lediglich in Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten tätowieren lassen, 16- bis 18-Jährige brauchen das
schriftliche Einverständnis sowie den Ausweis eines
Erziehungsberechtigten. Erst mit der Volljährigkeit
ist diese „freiwillige Körperverletzung“ erlaubt.
In den USA wird bereits mehr Geld für das Weglasern von Arschgeweih und Co. ausgegeben als für
das Stechen – aber es ist unwahrscheinlich, dass Besucher der Tattoo Convention sich je von ihren Verzierungen trennen: Zahlreiche Punk- und Rockbands,
darunter The Knockouts, Poolstar und Lord of the
Lost, ein Tattoo-Contest sowie eine Messe für
Schmuck und Modedsign aus Japan, Südamerika und
Neuseeland runden die dreitägige Convention ab, die
von Nele Sehrt und Stumpen von Knorkator moderiert wird. Aber der Höhepunkt ist am Sonntagabend
im Knust: Bei der Aftershow-Party können sich Gäste
gegenseitig ihre Körperkunst zeigen, hautnah.
STRASSENFESTE MIT FLOHMARKT Feiern und feilschen – das passt: Straßenfeste locken die Anwohner aus den Häusern und Besucher an, der Flohmarkt sorgt für
eine relaxte Atmosphäre zwischen Schlendern, Feilschen und Klönen. Und weil es
sich bei den meisten Verkäufern nicht um Trödel-Profis handelt, sind die Preise zivil.
2 BARMBEK Straßenfest mit Flohmarkt, Fuhlsbüttler Straße, 15./16. Mai,
9–16 Uhr.
3 EPPENDORFER LANDSTRASSENFEST Eppendorfer Landstraße, 5./6. Juni,
Sa 10–23, So 10–22 Uhr.
4 FLOHMARKT DER ALTONALE 12 zwischen Altonaer Rathaus, Platz der
Republik und Museumsstraße, 19./20. Juni, 9–18 Uhr.
Service
» 12. Internationale Hamburger
Tattoo Convention, 3. – 5.4.,
Markthalle, Klosterwall 9 – 11,
Sa / So 12 – 24, Mo 12 – 20 Uhr,
Eintritt: Sa / So jeweils 17, Mo 15
Euro, drei Tage 40 Euro. Aftershow-Party im Knust, So 21 Uhr,
Eintritt: 23,90 Euro, Tel. 33 94 91,
www.endlesspain.com
DER GRÜNE PUNKT „Ostern im Bunthaus“ für die ganze Familie: 5.4. ab 11.30 Uhr kann man sich im ElbeTideauenzentrum an der Bunthäuser Spitze, Moorwerder Hauptdeich 33, an frühlingshaften Basteleien
versuchen und um 16 Uhr an einer Mini-Exkursion auf den Deich und zum Leuchtturm teilnehmen.
KULTUR ERLEBEN
Klassik trifft Avantgarde beim OstertöneFestival: Ein Geiger zelebriert Brahms und
Schlagzeuger umzingeln das Publikum.
A
DIE NACHBARSCHAFTS-FLOHMÄRKTE: Viele der Verkäufer
sind Anwohner, gehandelt wird mit allem, was der Dachboden
hergibt – und das zu fairen Preisen. Manchmal gibt es sogar ein
explizites Neuwarenverbot: „Ohne Socken und Sonderposten“
heißt es zum Beispiel in Barmbek. Die Stände sind oft äußerst
begehrt, Händler sollten sich rechtzeitig anmelden!
9 ANTIKMARKT KAMPNAGEL Jarrestr. 20, 4. April,
10–17 Uhr, www.marktundkultur.de/kampnagel.html
10 KULTURFLOHMARKT MUSEUM DER ARBEIT Wiesendamm 3, Zinnschmelze,
5. April, 30. Mai, 26. Juni, 31. Juli, 29. August, 18. September, jeweils 9–17 Uhr.
11 FLOHMARKT ELSE-RAUCH-PLATZ Else-Rauch-Platz, 25. April, 30. Mai,
27. Juni, 25. Juli, 29. August, 26. September, www.else-rauch-platz.de
12 FLOHMARKT AM GOLDBEKHAUS Moorfuhrtweg 9, Tel. 278 70 20, Sa 8. Mai,
Sa 22. Mai, So 6. Juni, Sa 19.Juni, So 4. Juli, Sa 17. Juli, 10–16 Uhr.
13 GROSSNEUMARKT Großneumarkt, 16. Mai, 11. Juli, 8. August, 10–17 Uhr,
www.marktundkultur.de/grossneumarkt.html
KINDER-FLOHMÄRKTE Wer hier einmal in Kaufrausch geraten ist und für wenige
Euro den Nachwuchs von Kopf bis Fuß neu eingekleidet hat, ist selbst für die Preise
von H&M verdorben. Man kauft zwar „very last season“ – aber in der Kindermode sind
die Trends langlebiger. Die Kleidungsstücke sind es meistens auch, denn sie haben
den Praxis-Test und diverse Umdrehungen in der Waschmaschine bereits hinter sich.
14 28. ETV-KINDERFLOHMARKT Sportanlage ETV, Bundesstraße 96, 11. April,
10–14 Uhr, über 80 Stände in zwei großen Sporthallen und 15 Kinderplätze (nur
Spielzeug) in einem Gymnastikraum.
15 KINDERKLAMOTTENFLOHMARKT IM BRAKULA Bramfelder Chaussee 265,
11. April, 12–15 Uhr, www.brakula.de
16 KINDERFLOHMARKT FABRIK Barnerstr. 36, 8. Mai, 10–14 Uhr.
Neue Töne &
alte Meister
DIE SPEZIALISTEN:
17 ADFC-FAHRRADFLOHMARKT Hier werden nicht nur Drahtesel, Zubehör oder
Fahrradanhänger gehandelt, auch andere umweltfreundliche Verkehrsmittel
wurden hier schon gesehen, wie Bobby-Cars, Strandsegler, Einräder, Roller, Inlineskates, Gokarts oder Skateboards. Da keine Standgebühr verlangt wird, ist der
Markt auch für Verkäufer interessant, die nur ein einziges Fahrrad anzubieten
haben. Autostellplätze gibt es keine.
Umweltzentrum Karlshöhe, Karlshöhe 60d (Farmsen), 17. April, 10–12 Uhr.
TEXT: MARCUS STÄBLER
m Osterwochenende zieht es viele Hamburger traditionell zum Osterfeuer an die Elbe,
zum Familienspaziergang in den Duvenstedter Brook, oder auch gern zum Nordseeschnuppern nach Sylt. Alles sehr verlockend, keine Frage.
Aber in den letzten Jahren gibt es dazu eine spannende innerstädtische Alternative, die dem Natur- einen
hochkarätigen Kulturgenuss entgegensetzt: Schon
seit 2006 macht das Musikfestival „Ostertöne“, von
der Künstlerischen Leiterin Simone Young unter
dem Motto „Brahms und die Moderne“ initiiert, die
Laeiszhalle am Johannes-Brahms-Platz für mehrere
Tage zum lebendigen Anziehungspunkt eines bunt
gemischten Publikums.
Wie so ein typisches „Ostertöne“-Programm aussehen kann, zeigt zum Beispiel das Abschlusskonzert
am Ostermontag (20 Uhr) mit dem SWR Sinfonieorchester und dem Experimentalstudio des SWR unter Sylvain Cambreling: Dort erklingt zunächst das
Violinkonzert von Brahms mit dem großen Geiger
Christian Tetzlaff – und nach der Pause gibt’s die
Hamburger Erstaufführung des Werks „... auf ...“ I–III
von Mark Andre, das schon beim Neue-Musik-Festival in Donaueschingen für Furore sorgte. Indem er
Schlagzeuger um das Publikum herum gruppierte
und dank der Verwendung elektronischer Sounds,
öffnete er mit seinem Stück neue Klangräume: Ein
DIE EDLEN Tafelsilber und Kristallgläser funkeln in der Sonne. Pelzkragen, Lederhandschuhe und Kaschmirpullis – in Hamburgs teureren Vierteln wird auf hohem
Niveau getrödelt, und das zu Preisen von geradezu hanseatischem Understatement.
5 FLOHMARKT IMMENHOF Immenhof (U-Bahn Mundsburg), 11. April, 16. Mai,
29. August und 26. September, jeweils 09–16 Uhr.
6 FLOHMARKT TURMWEG Turmweg, 8. Mai, 10–18 Uhr.
7 FLOHMARKT LEHMWEG (oder: Antik & Trödelmarkt Hoheluft) Lehmweg 10,
23. Mai, 7–16 Uhr, 20. Juni, 6–16 Uhr.
8 DER ÄLTESTE: FLOHDOM ST. PAULI Die „Mutter aller privat veranstalteten
Flohmärkte in Norddeutschland“ gibt es seit 1979. Dem Schmuddelwetter kann
man hier leicht trotzen, die Standflächen liegen größtenteils im Parkhaus des
Real-Marktes und sind mit PKWs bis zu einer Höhe von zwei Metern befahrbar.
Verkäufer können direkt hinter ihrem Stand parken. Die Waren sind meistens
günstig, die Besucher international.
St. Pauli Neuer Kamp 31, U-Bahn Feldstr., nächster Termin: Pfingstflohmarkt
23./24. Mai, 8–16 Uhr.
Der hat den Bogen raus:
Christian Tetzlaff ist mit Brahms’
Violinkonzert einer der Stars
bei den Hamburger „Ostertönen“.
FOTO: ALEXANDRA-VOSDING.DE
Markenzeichen des 1964 geborenen Franzosen Mark
Andre, dessen Kompositionen bei den „Ostertönen“
mehrfach zu erleben sind – unter anderem in einem
kammermusikalischen Porträt des Ensemble Recherche am Montag (17 Uhr) oder beim Filmkonzert
mit Ingmar Bergmans Klassiker „Das siebente Siegel“
am Sonnabend in St. Katharinen (21 Uhr).
Neben dem Wahl-Berliner Andre kommt aber
auch der Hamburger Brahms nicht zu kurz. Er tritt
diesmal vor allem als Vokalkomponist in Erscheinung, etwa beim Liederabend der Sopranistin Anja
Harteros am Sonntag (19 Uhr). Am Sonntagnachmittag gibt’s außerdem musikalische Entdeckungsreisen für Kinder (14 und 16 Uhr), und das BrahmsFoyer der Laeiszhalle wird wieder für drei Tage zum
Café umgewandelt. Die „Ostertöne“ sind also durchaus familientauglich – und so terminiert, dass für den
Spaziergang trotzdem noch ausreichend Zeit bleibt.
Nur Sylt könnte knapp werden.
18 KUCHENPLATTE – INDOORFLOHMARKT FÜR MUSIK & STYLE Rares Vinyl,
bunte Kunst, schicke Klamotten: Beim gemütlichen Indoorflohmarkt für Musik
und Style bieten namhafte DJs, begeisterte Plattensammler und -händler der Region
handverlesene Vinylschätze aus ihrer Sammlung an, außerdem gibt es brandneue
Mode wie auch Second-Hand-Kleidung von privaten Verkäufern und jungen
Hamburger Labels. Bei Kaffee, Kuchen und frischen Waffeln darf in Ruhe gehandelt,
getauscht und gefachsimpelt werden.
Kulturhaus 73, Schulterblatt 73, 10. April, 13 Uhr, www.kuchenplatte-hamburg.de
Eine echte Fundgrube: die Antikmärkte an der Alster.
FOTOS: ISTOCKPHOTO (2)
Service
» Hamburger Ostertöne,
bis 5.4., Laeiszhalle, Tickets an
den bekannten Vorverkaufsstellen
und unter Tel. 35 76 66 66,
www.ostertoene.de
III
Ostern, 3./4./5. April 2010
› STADTGESPRÄCH
Joachim Mischke trifft
Giovanni di Lorenzo
So viel Zeit
muss sein
Trotz Redaktionsschluss plaudert Giovanni di Lorenzo,
Chef der „Zeit“ und „3 nach 9“-Moderator, relaxt über
Phobien, Erfolgsdruck und Musik, die ihn zu Tränen rührt.
D
FOTO: THOMAS LEIDIG
as Chefredakteurs-Büro im
6. Stock des Hamburger
Pressehauses am Speersort
ist dekorativ mit Büchern
zugeschaufelt. Bildbände,
Belletristik, Politisches,
Zeitgeschichtliches. Was man so braucht
fürs Leben in dieser Position, weit oben
im deutschen Journalismus. Die Seitenwand des Raums ist mit Mini-Titelbildern
der „Zeit“ tapeziert, auf dem Couchtisch
liegen Entwürfe für die nächste. An den
soeben gefeierten Geburtstag erinnern
noch einige Blumensträuße. Es ist Montag, ein Tag vor Redaktionsschluss der
Wochenzeitung. Viele der Redakteurstüren sind geschlossen, damit man nicht
auf der Zielgeraden beim Textfeilen
gestört wird. Giovanni di Lorenzos Tür
steht offen, und das wahrscheinlich nicht
nur zufällig. Der Mann ist so, der war
schon immer so. Seinen vorherigen Gast
hat er höchstpersönlich zum Fahrstuhl
geleitet. Als wir zwischen zwei eng getakteten Chefredakteurs-Terminen auf
das Thema Frauen und Männer und ganz
besonders George Clooney kommen,
erzählt di Lorenzo, dass er neben dem
schon mal in der Maske eines TV-Senders
gesessen hat und sich ständig fragte,
woher ihm dieser freundliche Mann nur
so bekannt vorkommt. Erkannt hat er ihn
nicht. Öffentlich unerkannt zu bleiben,
das dürfte dem leidenschaftlichen PrintJournalisten hierzulande kaum noch gelingen: Nach mehr als zwei Jahrzehnten
als Talkshow-Moderator bei „3 nach 9“
gehört er – insbesondere bei Frauen –
zu den populärsten TV-Gesichtern des
Landes. Und im Gegensatz zu dem Ruf,
der ihm mitunter vorauseilt, ist er bei
diesem Gespräch alles andere als zurückhaltend, obwohl es auch um Privates
jenseits des Professionellen geht.
MAGAZIN: Was kann Sie mit 51 noch aufregen?
DI LORENZO: Schon die Frage hat für mich etwas Erschreckendes. Wenn man sich mit knapp über 50 nicht
mehr aufregen kann, sollte man nicht mehr als Journalist arbeiten.
MAGAZIN: Was regt Sie mit 51 nicht mehr auf ?
DI LORENZO: Gewisse rituelle Formen der Schmähung.
Die gehören dazu, die darf man nicht persönlich nehmen. Das jüngste Beispiel ist Miriam Meckel, die ein
wirklich berührendes, gutes und mutiges Buch geschrieben hat. Und sofort wird ihr vorgehalten, wenn
man einen Burnout hat, darf man damit nicht an die
Öffentlichkeit. Genau das Gegenteil ist richtig.
MAGAZIN: Sind Sie bei der Lektüre auch in eigener Sache
ins Grübeln gekommen?
DI LORENZO: Wenn Sie so etwas lesen, dann schauen Sie
schon mit der Angst in den Spiegel: Kann mir das
auch passieren?
MAGAZIN: Für einen Katholiken sollen Sie geradezu protestantisch fleißig sein.
DI LORENZO: Ob das protestantisch ist, weiß ich nicht.
Aber ich kann nicht verleugnen, dass durch meine
Adern Preußenblut fließt. Meine Mutter und ihre
Vorfahren haben da größeren Einfluss gehabt als meine permissivere italienische Verwandtschaft.
MAGAZIN: Wie war das mit den Schulaufgaben?
DI LORENZO: Ganz gut, bis ich in die Pubertät kam. Dann
war es schlecht. Ich war ein enorm schwieriger Schüler.
MAGAZIN: Und der Abitur-Schnitt?
DI LORENZO: Der war dann ganz okay.
MAGAZIN: Ein Streber.
DI LORENZO: Das würde ich nicht sagen. Ich habe relativ
wenig dafür tun müssen, und zwischendurch bin ich
eben auch mal aus der Rolle gefallen. Meiner armen
Mutter habe ich da nichts erspart.
MAGAZIN: Über Ihre Jugend haben Sie gesagt: „Ein Fernseher kam uns nicht ins Haus. Die Sonntage gehörten
Proust, russischen Pianisten oder so.“ Haben sich Ihre
Eltern mit Ihrer Berufswahl abgefunden? Sie hätten ja
auch etwas Ordentliches lernen können.
DI LORENZO: Stimmt. Ich weiß noch, wie ich als 23-Jähriger ganz stolz meine Mutter in Mailand anrief, um ihr
zu sagen, dass ein Text von mir als „Zeit“-Dossier erschienen ist. Sie trieb in Mailand ein Exemplar auf,
rief mich zurück, gratulierte mir und fragte: Ist das
jetzt nur ein Mal so? Ich war derart frustriert, das
können Sie sich überhaupt nicht vorstellen! Heute
verfolgen meine Eltern sehr aufmerksam, was ich so
mache. Mein Vater sieht in Rom über Satellit „3 nach
9“. Und, was noch rührender ist: Er bemüht sich, meine Artikel zu lesen. Für jemanden, der kein Deutsch
kann, ist das schon ein großer Liebesbeweis.
MAGAZIN: Es heißt, ein Italiener, der bei Opern nicht
weint, muss erst noch geboren werden. Welche Musik
rührt Ihr Herz?
DI LORENZO: Oper, ganz klar. Aber auch das „Agnus Dei“
aus Mozarts Messe in C-Dur, gesungen von Edda Moser, finde ich unglaublich.
MAGAZIN: Sie sollen unglaublich gut kochen können.
DI LORENZO: Nicht unglaublich gut. Passabel. Kochen hat
wahnsinnig viel mit Übung zu tun, und zum Üben bin
ich in den letzten Jahren oft nicht gekommen.
MAGAZIN: Welches Ihrer Rezepte hat den Zustand karajanscher Virtuosität erreicht?
DI LORENZO: Kein einziges. Aber ich mache manchmal
Fleisch, das bei sehr niedriger Garhitze nach drei
Stunden im Ofen mit Rosmarin-Olivenöl begossen
wird. Das kommt ganz gut an.
MAGAZIN: Ich hatte gedacht, Sie hätten noch eine seit Generationen überlieferte Pasta-Sauce als Trumpf.
DI LORENZO: Dann schon eher ostpreußische Kartoffelkeilchen. Die würde ich gern so kochen können wie
meine Oma und meine Tante Grete.
MAGAZIN: Legendär ist Ihre angebliche Furcht vor Keimen, Krankheiten, Hotelzimmern und Bettwäsche.
DI LORENZO: Da habe ich mich ganz stark gebessert. Aber
das hängt mir nach. Ich habe diesen Ruf übrigens
Amelie Fried zu verdanken: In ihrem ersten Buch
„Traumfrau mit Nebenwirkungen“ beschreibt sie die
Angst eines Mannes vor den Keimen im Hotel. Dieser
Mann war ich, das war nicht schwer zu entschlüsseln.
Inzwischen habe ich sogar todesmutig in libyschen
Betten geschlafen, die eine Herausforderung waren,
und mir auf Sri Lanka mit Wanzen einen nächtlichen
Wettkampf geliefert: Schlafe ich, oder bleibe ich
wach, um sie im Auge zu behalten?
MAGAZIN: Ihr Leben wurde von Kulturschocks begleitet:
Als Sie zehn waren, zog Ihre Familie von Rom nach
Hannover, später ging es vom schnieken München ins
ruppige Berlin, von dort nach Hamburg, Hauptstadt
der Goldknöpfe. Sind Sie mit der Stadt warm geworden
– oder ist es schon mehr als eine Arbeitsbeziehung?
DI LORENZO: Viel mehr als eine Arbeitsbeziehung! Aber
ich habe Zeit gebraucht, um mir die Vorzüge Hamburgs zu erschließen. Dafür ist der positive Eindruck
jetzt umso nachhaltiger. Dem Zweireiher mit Goldknöpfen werde ich mich aber wohl ewig verweigern.
MAGAZIN: Sie haben erst seit 2003 einen deutschen Pass.
Was war der Grund dafür?
DI LORENZO: Es fehlte etwas, solange ich nur den italienischen Pass hatte. Selten fühlte ich mich so in Übereinstimmung mit mir wie an dem Tag, an dem ich den
deutschen Pass bekam. Es sollte für mich auch eine
Geste der Dankbarkeit sein gegenüber diesem Land,
das mir viel ermöglicht hat.
So viele Terminkalender
müssen sein: Giovanni
di Lorenzo in seinem
Büro am Speersort.
MAGAZIN: Ich hab ein Zitat dabei: „Karrieren sind oft nur
Kompensation. Erfolg entsteht meistens aus dem Versuch, die eigenen Schwächen zu überwinden.“
DI LORENZO: Zu dem Satz stehe ich.
MAGAZIN: Der ist nicht von Ihnen, sondern von dem Journalisten Georg Stefan Troller.
DI LORENZO: Er entspricht aber meiner Lebenserfahrung: Karrieren entstehen oft aus einer Erfahrung
von Ohnmacht, wenn nicht sogar von Demütigung.
Wer in sich ruht und mit sich in Frieden lebt, den
zieht der berufliche Erfolg nicht so an. Der findet Erfüllung in anderen Dingen, die mindestens genauso
wichtig sind.
MAGAZIN: Dann sind wir alle Therapiefälle?
DI LORENZO: Ein Therapiefall ist man wohl erst, wenn
man für sich selbst und für andere Menschen unerträglich ist. Beruflicher Erfolg wärmt nicht. Das muss
sich jeder immer wieder vor Augen führen. Wichtig
ist auch die Fähigkeit, eines Tages loslassen zu können. Ich weiß nicht, ob mir das gelingt, aber ich weiß,
dass ich es besser machen möchte als der eine oder
andere, den ich jetzt beobachte.
MAGAZIN: Und noch ein Zitat: „Ich stelle Fragen, damit
man mir keine Fragen stellt.“
DI LORENZO: Hab ich nicht gesagt.
MAGAZIN: Stimmt. Das war auch Troller. Würden Sie das
auch so sehen?
DI LORENZO: Nein, Sie sehen ja, ich antworte Ihnen sehr
bereitwillig.
MAGAZIN: Gerade läuft die Vorentscheidung, wer zukünftig bei „3 nach 9“ neben Ihnen Platz nimmt. Bis es soweit ist, wechseln sich sechs Frauen damit ab. Wenn es
mit keiner hinhaut, holen Sie dann Helmut Schmidt als
Publikumsjoker aus der Kulisse?
DI LORENZO: Das würde ich ihm nie antun wollen.
MAGAZIN: Sie arbeiten gerade an einem Buchprojekt. Worum geht’s, und wie liegen Sie im Zeitplan?
DI LORENZO: Das ist wirklich ein Irrsinn! Eigentlich hatte ich mir ja geschworen, erst nach meiner Pensionierung ein Buch zu schreiben. Aber dann sagte
ich unvorsichtigerweise zu einem Freund: Wenn ich
einen Co-Autor wie dich hätte, würde ich das Buch
auch jetzt sofort machen. Ich fühlte mich total sicher,
weil dieser Freund sich normalerweise nur sehr
schwer für Projekte entscheiden kann. Aber er sagte
für mich völlig überraschend: Frag mich doch mal. Na
ja, und jetzt schreiben wir eben. Der Co-Autor
ist Axel Hacke, und wir wollen Ende Mai fertig sein.
Es wird ein ernstes Buch.
Karrieren entstehen oft aus einer Erfahrung
von Ohnmacht. Wer in sich ruht, den zieht
der berufliche Erfolg nicht so an.
MAGAZIN: Wie wichtig kann man sich als Journalist nehmen, wenn man aus sicherer Entfernung sieht, wie es
einem Autor wie Roberto Saviano ergeht, der ständig
vor der Rache der Mafia auf der Flucht ist?
DI LORENZO: Wenn man jemanden als Helden bezeichnen kann, dann ihn. Er riskiert alles, weil er eine Haltung einnimmt. Wenn man sieht, wie Saviano, ein
junger Mann von 30 Jahren, leben muss, dann ist es
beschämend, über welche Wehwehchen wir klagen.
MAGAZIN: Die Gretchenfrage, die man sich sofort stellt:
Was hätte ich gemacht?
DI LORENZO: Ich weiß es nicht. Was Saviano macht, ist in
unseren Breiten ohne Beispiel. Verglichen damit ist
alles, war wir tun, nur eine Selbstverständlichkeit.
MAGAZIN: Für den fließenden Übergang in den Aggregatzustand „elder statesman“ fehlen Ihnen noch die
grauen Haare. Behandelt Sie Ihre Redaktion zu gut
dafür?
DI LORENZO: Sie haben Vorstellungen ... Mit den grauen
Haaren kann ich mir doch noch ein bisschen Zeit lassen. Sie wissen ja, bei unserer Zeitung laufen die wahren „elder statesmen“ erst ab 70 zur Höchstform auf.
MAGAZIN: Das letzte Troller-Zitat: „Es gibt keine langweiligen Menschen. Es gibt nur langweilige Fragen.“
DI LORENZO: Das ist ein Fehler, den Print-Kollegen oft
machen: Sie glauben, das Wichtigste am Interview sei
die Frage. Totaler Quatsch! Man muss sein Gegenüber dazu bekommen, etwas zu sagen.
MAGAZIN: War das jetzt ein Lob?
DI LORENZO: Das müssen Sie Ihre Leser fragen.
Kurz-Biografie
» Giovanni di Lorenzo wurde am
9. März 1959 in Stockholm geboren. Er
wuchs in Deutschland und Italien auf
und machte 1979 in Hannover sein Abitur.
In München studierte er Kommunikations- und Politikwissenschaft sowie
Neuere Geschichte. Das Thema seiner
Abschlussarbeit war die Entwicklung
des italienischen Privatfernsehens
am Beispiel Berlusconis. 1989 wurde
er Moderator der Talkshow „3 nach 9“.
Fünf Jahre später übernahm er die
Leitung des „Seite 3“-Ressorts bei der
„Süddeutschen Zeitung“. 1999 wurde
er Chefredakteur beim Berliner „Tagesspiegel“, weitere fünf Jahre später
wechselte er nach Hamburg, um die
Leitung der „Zeit“ zu übernehmen.
IV
› THEMA DER WOCHE
Ostern, 3. / 4. / 5. April 2010
Wochenmarktkalender
Montag
Dienstag
Mittwoch
Neorenaissance und
Gemüse: Shoppen am
Harburger Rathaus.
Wochenmärkte
REDAKTION: PETRA NICKISCH
Allermöhe
Sa 8–13 Uhr, Fleetplatz
An jedem Tag und zu fast jeder Uhrzeit kann man in Hamburg unter
freiem Himmel shoppen, staunen und probieren. Ein Stundenplan
mit 24 Wochenmärkten, die man nicht schwänzen sollte.
Alsterdorf
Fr 10–18 Uhr, Alsterdorfer Markt;
Di 12–18 Uhr, Heubergredder
Altona-Altstadt
Mi/Sa 8–14 Uhr, Neue Große Bergstraße
Barmbek-Nord
Di/Do/Sa 8.30–13 Uhr, Hartzloh
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Barmbek-Süd
Fr 12–18 Uhr, Vogelweide
Sonntag
Bergedorf
Do 8–13 Uhr, Friedrich-Frank-Bogen;
Do 12–19 Uhr, Alte Holstenstraße;
Mi 14–18 Uhr, Grachtenplatz
Brot und Spiele: der
Nachtmarkt auf dem
Spielbudenplatz.
Billstedt
Di 9–13, Fr 9–18 Uhr, Möllner Landstraße;
Sa 8–13 Uhr, Kandinskyallee
Bramfeld
Di/Fr 8–13 Uhr, Herthastraße
Dulsberg
Mi 8.30–13, Fr 14–18 Uhr, Straßburger Straße
Duvenstedt
Sa 8–13 Uhr, Duvenstedter Damm/Lohe
Harburg
„Hier guck mal, wir haben eine Banane geschenkt bekommen“,
sagt Doreen Becker und beugt sich vor Gehrkes Gemüsewagen
zu ihrem kleinen Sohn Tristan (19 Monate) hinunter. Flugs
ist die Frucht ausgepackt, Tristan mampft selig und Mama
kann in Ruhe ihre Einkäufe im Beutel der Kinderkarre verstauen: Weintrauben (die mag Tristan auch gern), Orangen
und eine Gurke. Doreen Becker kommt oft auf den Wochenmarkt mit seinen über 40 Verkaufsständen und geht auch
gern zum Würstchenwagen von Ruth Glander. Anfang März
jedoch mussten alle Marktbeschicker aufgrund von Sanierungsarbeiten 200 Meter weiter ziehen. Schöner ist die
Übergangsmarktfläche vor dem Harburger Rathaus mit
seiner Neorenaissance-Fassade schon, finden viele Kunden.
Aber die meisten Händler freuen sich doch, wenn es voraussichtlich Mitte April wieder zurück auf den gewohnten Platz
am Sand geht. Bis dahin arbeitet Marktmeister Jörg Jacobsen weiter vor der historischen Rathaus-Kulisse. Sechs Tage
die Woche vergibt er die Standplätze, stellt den Zugang zu
Strom und Wasser bereit, kassiert Standgeld und überwacht
zum Marktende die Reinigung der Fläche, wenn GeflügelSchönecke, das Café Marktlounge und alle anderen längst
schon wieder abgebaut haben.
» Mo–Sa 8–13, Mi 15–18.30 Uhr (öko), Sand (vorübergehend:
Harburger Rathausplatz)
Snack: Bisonwurst (3 Euro) und Pommes frites (1,50 Euro) vom
Imbiss Ruth Glander.
Wandsbek
Montags gleicht der tägliche Wochenmarkt in Wandsbek
eher einem kleinen Blumenmarkt. Neben zwei Obst- und
Gemüseständen haben fünf Blumenhändler ihre Tische
hinter dem Einkaufszentrum Quarree aufgebaut. Die pinken
Primeln, violetten Stiefmütterchen und Vierländer Tulpen
setzen Farbpunkte auf den eher tristen Platz. „Sie haben ja
gut zu tun“, sagt eine junge Frau zu Jörg von Hacht, der mit
Blumen aus eigenem Anbau, Erde und Dünger mitten im
Geschehen steht. „Ich hab ja auch lange genug drauf gewartet, nach diesem langen Winter“, grinst er und reicht ihr
einen frühlingshaften Strauß noch geschlossener Narzissen,
die sich zwischen schlanken Weidenzweigen recken. Forsythien- oder Sauerkirschzweige für 1,50 Euro das Bund
hätten auch gut gepasst. Oder Birkenzweige, aber die hat
Jörg von Hacht nicht, er ist allergisch dagegen.
» Mo–Sa 8–13 Uhr, Quarree
Snack: Apfel „Red Prince“ vom Obst- und
Gemüsehändler Reinhard Graeser (0,30 Euro).
Eimsbüttel
Seit 30 Jahren steht Ruth Fock mit ihren Wurst- und Käsespezialitäten auf dem Wochenmarkt neben dem U-Bahnhof
Schlump. „Früher ging er noch bis zur Bundesstraße runter“,
erinnert sie sich. Heute fällt er mit seinen zehn Verkaufsständen deutlich kürzer aus als damals, und auch einige von
Ruth Focks Würsten haben inzwischen kundenfreundliches
Mini-Format angenommen: Die Puten-Zwiebelmettwurst
gibt es in klein, die Teewurst auch. Die Kalbsleberwurst ist
höchstens so groß wie eine Mandarine und heißt „Kalbskugel“, perfekt für Singlehaushalte. Bei „Evis Pflanzkiste“ wiederum stehen Blumen in Übergrößen. „XXL sagen wir gern“,
grinst Händlerin Evelyn Schümann, deren Bellis so groß wie
ein Schokoladen-Ei sind. Gleich hat sie Feierabend auf dem
Markt und beginnt flink, die Preis- und Namensschilder aus
ihren Kräutertöpfen zu ziehen. Waldmeister, hängender
Rosmarin, Marokminze. „Nach Ostern geht es übrigens
wieder los“, sagt sie, „dann haben wir bis zu 15 Minzsorten.“
Schweizer Minze gibt es dann, Bunte Ananasminze, Schoko-,
Basilikum- und Orangenminze. Sorgsam packt sie alle Pflanzen ein, damit ihr Mann Reinhard Kühl morgen damit zum
Isemarkt fahren kann. Auch bei Helmut Buhr und Martina
von Dratel verschwinden die Obst- und Gemüsekisten nach
und nach auf der Ladefläche ihres Lkws. Die spanischen
Erdbeeren und der deutsche Rhabarber stehen noch draußen. Wer schnell zugreift, kann noch eine Torte zum Nachmittagskaffee damit backen.
» Mo/Do 8.30–14 Uhr, Gustav-Falke-Straße
Snack: Mini-Geflügelfrikadelle beim Aufschnitt-Spezialitäten-Stand
von Ruth Fock (0,70 Euro).
Der Duft von Bonbons
und Blumen: Flaniermeile am Turmweg.
Bergedorf
Volksdorf
Direkt an den idyllischen Schlossgarten schmiegen sich rund
50 Marktstände, darunter auch der von Fleischermeister
Peter Pape. Rouladen vom Galloway-Rind und Koteletts vom
Salzwiesenlamm zählen zu seinen Spezialitäten. Gegenüber
steht Annemarie Koalick im Bäckerwagen von Sohn Carsten.
Sie verkauft hier schon seit 1966 Brot, Kuchen und Kekse,
die in Schönberg im Steinofen gebacken werden. Zitronenpuffer, Knusperkissen, Cranberry-Eierlikörkuchen – da kann
auch Herr Schulze nicht widerstehen, der seit über 40 Jahren
bei Koalicks Kunde ist. „Das ist noch eine echte Hausbäckerei“, schwärmt er und kauft Bratapfelkuchen. Ein paar
Schritte weiter bietet die Gärtnerei Elberling Tulpen in allen
Farben an (zehn Stück vier Euro), während am Marktausgang die Heringe schillern: Mit Wieckhorst, Gebert und
Kalinowski reiht sich hier ein Fischwagen an den nächsten.
Verschachtelte, schmale Gassen haben die Händler mit ihren
120 Ständen geschaffen. Imker Roman Pientka sitzt unter
seinem roten Planendach und bastelt an Honigraumrähmchen – so nutzt er fleißig die Pausen, wenn gerade keiner
nach Honig aus Mecklenburg verlangt. Farideh Mirakhori
(„im Iran geboren, in Deutschland gereift“) hat kaum Leerlauf. Die Inhaberin von „Au Marché de France“ verbreitet
mit ihren Delikatessen Urlaubsfeeling: Chorizo-Aufschnitt,
Toskanacreme, Comté. Die beste Gewürzauswahl bietet
Philip Daniels „Natürlicher Aromagarten“. Und das nussigste Dattelkonfekt. „Von meiner Frau erfunden“, sagt er stolz.
» Di/Fr 8–13 Uhr, Chrysanderstraße,
» Mi/Sa 8–13 Uhr, Kattjahren/Halenreie
Snack: Fischfrikadelle von Poorthuis Fischfeinkost (1 Euro) und als
Dessert Haselnuss-Joghurt von Kruses Hofmilch (250 g, 0,95 Euro).
Altstadt
Mit grünen, weißen und rosa Plastiktüten spazieren die
Marktbesucher über den asphaltierten Platz vor dem Chilehaus (anders als in Bergedorf, wo fast jede Dame ihre Stofftasche dabei hat), die Gespräche drehen sich um Zahlen und
Geschäftstermine – wir sind in der Innenstadt. Richtig belebt ist der Markt im Kontorhausviertel erst zur Mittagszeit,
wenn die Angestellten aus den umliegenden Büros bei einen
leichten Lunch vom „Vegetarier“ oder einer Bauernpfanne
mit Hackfleisch (3,50 Euro) vom Bio-Snack-Stand Pause
machen. Neben den klassischen Obst-, Käse- und Fischwagen stehen auch kleinere Händler mit Tupperware, Holzbrettchen oder Parfüm. Beim „Dithmarscher“ gibt es rund
80 Salate aus eigener Herstellung und bei der Bäckerei Bahde zum Rosinenbrötchen sogar frisch gepressten Saft.
Blankenese
Acht Uhr, auf dem runden, 2000 Quadratmeter großen Platz
am Blankeneser Bahnhof beginnt der Markttag. Frau Lu
zieht noch die weiße Tischdecke glatt, auf der sie gleich ihre
Ketten aus Süßwasserperlen und Natursteinen ausbreiten
wird. Die meisten anderen sind schon fertig mit dem Aufbau.
Petra Scholz ist um vier Uhr aufgestanden, damit ihre Tartes, die sie frisch im Tarteort-Wagen backt, pünktlich fertig
sind. Süß und pikant liegen sie zwischen Lasagne und Kartoffelgratins hinter Glas. Verführerisch. „Das Bircher Müsli
ist der Renner“, sagt sie. „Dafür stehen die Leute Schlange.“
Am anderen Ende des Marktes lässt sich ein älterer Herr
Lammpansen einpacken, für seinen Hund. Mathias Offen
von der „Blankeneser Futterkrippe“ kann auch mit Blättermägen, Pute und gekochten Rinderherzen dienen – alles
frisch. Eingelegt dagegen sind die sauren Gurken von Daniel
Erhorn, der vor dem großen Ansturm zur Mittagszeit noch
in Ruhe mit seiner Nachbarin vom Sockenstand klönt.
» Di 8–14, Mi 8–13 (öko), Fr 8–18, Sa 8–13 Uhr,
Blankeneser Bahnhofstraße
Snack: Spinat-Tarte von Tarteort (3,20 Euro).
Großneumarkt Neustadt
Was für ein Schlemmerparadies. Die Turmuhr am Michel
zeigt halb eins und die Teller füllen sich im Minutentakt –
unter den 40 Anbietern auf dem gepflasterten Platz findet
jeder etwas: Landschaftsarchitekt Andreas Bunk hat sich „Bei
Manuel“ für Rindfleischeintopf (3,50 Euro) entschieden.
„Der ist nicht so fettig wie Fritten.“ Seit zehn Jahren kommt
er mittags auf den 4000 Quadratmeter großen Markt
und liebt auch den heißen Burgunderbraten im Brötchen
(2 Euro). Andere Besucher ziehen gebratene Asia-Nudeln
vor. Oder eine Tüte Gummifrösche vom Haribo-Stand.
» Mi/Sa 8.30–13.30 Uhr, Großneumarkt
Snack: Indisches Chicken Bangalore Curry bei Tai Asia (5 Euro).
Hammerbrook
Wattwürmer nennt der „Ostfriesen-Spezi“ seine dünnen,
geräucherten Schweinewürstchen (3 Stück für 2 Euro), aber
auch sein Tilsiter mit Kümmel oder die Aalrauchmettwurst
sind besonders. Marktbummler Oliver Kunz greift lieber zum
Obst („Gegen die Erkältung!“). Der Produktmanager macht
in der Nähe einen Computerkurs und schlendert jeden Mittwoch über das kleine Karree mit höchstens 20 Ständen an
der S-Bahn Hammerbrook. Etwas frische Luft, ein paar Dips
mit Knoblauch, dann geht es zurück an den PC. Ab 12. April
soll der Markt in der City Süd auch montags stattfinden.
Isemarkt Harvestehude
» Mi 10–14.30 Uhr, Sachsenfeld
Europas längster Freiluftmarkt erstreckt sich auf 970 Metern
direkt unter der Hochbahntrasse der U3 – und jeder Schritt
wird belohnt. Blau und buttergelb leuchten die Kartoffeln von
Heinrich Grethen, denn drei seiner zehn Sorten aus eigenem
Anbau sind violett: Vitelotte, Highland Burgundy Red und
Blauer Schwede. Rot wie die Feuerwehr ist der Wagen von
Urte Pantzek. Ihre „Käsekiste“ ist auf Bergkäse spezialisiert,
begehrt sind aber auch die 150-Gramm-Becher Frischkäse für
nur einen Euro. Vor „Wendlandt’s Holsteiner Katenschinken“
steht um kurz nach zehn schon eine Schlange. „Oh, der zergeht ja“, ruft eine Rentnerin und meint den saftigen Schinken, den ihr eine Verkäuferin zum Naschen über den Tresen
gereicht hat. Ob Bücher, Bio-Eier, belgische Waffeln – auf
dem Isemarkt findet seit über 60 Jahren jeder sein Glück.
Snack: Falafel-Sandwich von Nazari (2,60 Euro).
» Di/Fr 8.30–14 Uhr, Isestraße
Snack: Michel-Pralinen von Stolle-Pralinen (Vierer-Schachtel 4,50
Euro, inkl. Spende zur Restaurierung der Hauptkirche St. Michaelis).
Ottensen (Öko)
Am Mittwoch ist die Kinderwagendichte auf dem Spritzenplatz noch gering. Eine Mama samt Baby steht vorm Suppenstand „Suppedito“, eine zweite vorm Vollkornbäcker Effenberger. Anders als samstags, wenn hier der größte Ökomarkt
Hamburgs stattfindet, ist es heute mit sechs Ständen geradezu gemütlich. In Ruhe sucht sich ein schwules Paar bei Käse
Kober den besten Rohmilchkäse aus und schlendert danach
zur Bioland-Fleischerei Fricke. Beim Obsthof Mählmann
darf probiert werden. In Schnitzen liegen Bio-Äpfel aus dem
Alten Land bereit und finden schnell vernaschte Freunde.
» Di 8–13, Mi 15–18.30 (Öko), Fr 8–18.30, Sa 9.30–15 Uhr (Öko),
» Do 7–14 Uhr, Burchardplatz
Snack: ½ Hähnchen bei Hanse-Hähnchen (3,20 Euro).
» Di/Fr 8–13 Uhr, Rolfinckstraße
Hopfenmarkt Altstadt
Mitten auf dem Hopfenmarkt knien zwei asiatische Touristinnen und halten ihre Handys in den Himmel. Ein Klick,
und die Nikolaikirche ist gespeichert. An Blumen, Birnen
oder Bratwürsten sind sie nicht interessiert, ebensowenig
am Pfefferbraten mit Bohnen und Bratkartoffeln vom Imbissstand Moritz – gut für die anderen Besucher, die mittags
hungrig aus ihren Büros auf den kleinen Altstadtmarkt mit
seinen fünf Ständen strömen. Möglich ist das aber nur noch
bis Ende April. Dann sollen die Händler vom Hopfenmarkt
dienstags zum Katharinenkirchhof umziehen. Der Donnerstagshopfenmarkt bleibt wie gewohnt erhalten.
» Di/Do 10–14.30 Uhr, Hopfenmarkt
Snack: Pfannen-Champignons, Imbiss von Olaf Staats (3,20 Euro).
Rotherbaum
Ein zuckersüßer Duft strömt aus dem Wagen von BonbonPingel. Links und rechts des Turmwegs reihen sich 57 Händler aneinander, aber hier muss man einfach stehenbleiben
und die knapp 200 Bonbon-, Keks-, und Schokoladensorten
bestaunen, die zu 90 Prozent aus eigener Produktion sind.
Himbeer-Bonbons, die schmecken wie früher, Sahne-KakaoMandeln und riesige Schaumküsse (40 Cent). Wer kann da
schon vorbeiziehen? Am Schweizer Spezialitätenstand von
Monika Elber-Maggi geht es süß weiter. Linzer Törtchen,
Toggenburger mit Pflaumenmus, aber auch Salziges wie die
Käse-Speck-Wähe (4,90 Euro), die daheim noch 20 Minuten
aufgebacken werden soll. Christian Kaser muss an diesem
warmen Donnerstag seine Rote Bete, Pastinaken und Steckrüben (endlich) gegen die Sonne schützen. Mit seiner orangefarbenen Markise klappt das sehr gut.
Nachtmarkt St. Pauli
Die Sonne ist untergegangen, die Neonreklame wird immer
greller. Esso-Tankstelle, Schmidt-Theater, Herzblut. Dazwischen auf dem Spielbudenplatz rund 15 Händler mit Waffeln,
Fisch und Obst. „Theaterbesucher nehmen den Spargel sogar
mit in die Vorstellung“, weiß Gemüsehändlerin Svenia Ehnert.
„Dinkelmeister“ Eckhard Konetzki schätzt, dass seine Kunden zu je einem Drittel aus Kiezgängern, Anwohnern und
Theaterfans bestehen. „Komm ma’ lecker bei mich bei“ wirbt
der Nachtmarkt auf Plakaten. Yes, we come!
» Mi 16–23 Uhr, Spielbudenplatz
Snack: Dinkelkeks „Kieztaler“ mit einem Totenkopf
aus Kakao vom „Dinkelmeister“ (1 Euro).
Snack: Dinkel-Laugencroissant (1,20 Euro) und Maya-Biokaffee
(1 Euro pro Becher) von der Hofbäckerei Wittmack aus Bargteheide.
Nienstedten (Öko)
Schon angegrillt? Auf dem ersten Ökowochenmarkt Hamburgs, vor 20 Jahren gegründet, gibt es alles, was man für ein
vollkommenes Grillfest braucht: Schinkenwürstchen, Thüringer und Nürnberger aus eigener Herstellung bei der Fleischerei Fricke, Bio-Kartoffeln für den Salat, Oliven-Ciabatta
und Auberginen beim Demeter-Hof Wörme. Sogar auf Ketchup muss man nicht verzichten: „Jähncke Naturkost“ ist der
„Tante-Emma-Laden“ auf dem kleinen gepflasterten Platz
mit dem Baum, um den sich die fünf Stände scharen. Jochen
Jähnke hat fast alles, von Müsli bis zu Rotkohl, im Glas.
Und gleich neben dem Markt gibt es auch noch Parkplätze.
Praktischer geht’s wirklich nicht.
» Fr 9–12.30 Uhr (Öko), Nienstedtener Marktplatz
Snack: Zwiebelpizza am Stand „Vegetarische Spezialitäten“ von Michael Althaus
und Sabine Kunze (2,50 Euro).
Snack: Milchreis mit Marmelade von Jähncke Naturkost (2,20 Euro).
St. Georg (Öko)
Altona
„Mann, bist du spät heute, ich hab so auf dich gewartet“,
scherzt Nicole Weber vom Würstchenstand mit Stammgast
Guido. Der Kurierfahrer kommt jeden Donnerstag an ihren
Imbiss und mag am liebsten die Frikadellen. Manchmal
bestellt er auch etwas anderes, wie Currywurst oder Erbsensuppe. „Das wär mir sonst zu langweilig“, sagt er. Nebenan
steht Gemüsehändler Matthias Klinck. Er hat den schönsten
Ausblick auf dem Minimarkt, der seit Frühjahr 2008 aus nur
vier bis fünf Ständen besteht. Über Tomaten, Spargel und
Becher mit geschälter Ananas hinweg schaut er direkt auf
die Elbe und Dock 11 von Blohm + Voss. Und auf BlumenGitte, mit der die kleine Runde fast schon komplett ist. Zauberhaft lächelnd verkauft sie Orchideen, Strelitzien und
gefüllte englische Rosen, die sie nachts vom Großmarkt holt.
» Do 9–15 Uhr, Große Elbstraße/Fischmarkt
Snack: Hausgemachte Frikadelle von Nicole Weber (Wagen „Urda’s
Imbiss“, 2 Euro).
St. Pauli (Öko)
Vormittags ist er noch auf dem Rahlstedter Markt, doch ab
14.30 Uhr parkt Peter Bruno vom Ökohof Bruno seinen
Wagen vor der Roten Flora in der Schanze. Bio-Frischfleisch
wie Lammnacken und Kalbsgulasch gibt es dann bei ihm,
aber auch Eiersalat und Ziegenbrie. Wenn die Sonne aus dem
Schulterblatt ein wuseliges Pflaster macht, profitieren davon
nicht nur die Cafés wie das Bedford oder das Transmontana,
sondern auch die sechs bis neun Händler, die direkt vor den
Cappucino-Trinkern auf der Piazza ihre Geschäfte machen.
Lukas Pilarski von „Neptuns Fischreich“ verkauft mehr
Fischfrikadellen, der Demeter-Hof Wörme mehr Wurzeln
und bei der Nudelei schrumpfen die Gnocchiberge.
» Do 13.30–18.30 Uhr, Schulterblatt
Snack: Löwenzahn-Frischkäse von der Nudelei (100 Gramm,
1,89 Euro), dazu ein Sonnenblumenbrötchen von der Effenberger
Vollkornbäckerei (0,60 Euro).
„Kiek mal wedder in“ steht auf dem Kassenbon von Ute &
Wolfgang Backhus, die mit ihrem Fisch-Feinkost-Wagen im
Finksweg auf dem 1300 Quadratmeter großen Markt stehen,
den sie sich mit 20 Kollegen teilen. Unweit der Landungsbrücke Finkenwerder haben sie eine große Auswahl Geräuchertes im Angebot. Forelle, Heilbutt, Aal, Lachs, Makrele,
sogar geräucherter Rollmops. Da schaut die Kundschaft gerne
wieder rein. Kerstin Marckwardt handelt mit Geflügel. Ganze
Suppenhühner, Hähnchen und Roaster (besonders fleischige
Hühner) gehen über ihren Tresen und landen in Finkenwerders Kochtöpfen – zusammen mit Gemüse vom Hof Göbel,
deren gefärbte Freilandeier (25 Cent pro Stück) aber eher für
den Osterbrunch bestimmt sind. Wer dazu auch den Kuchen
von Michael Jungclaus aus Stade servieren möchte, muss
früh aufstehen: Kurz nach 10 Uhr sind an diesem Sonnabend
viele seiner Bleche schon leer. Butterkuchen ist aus, Rosenkuchen, Sahneschnitten und Kirsch-Sahne-Butterkuchen
auch. Drei Stück Rhabarber-Rahm-Kuchen (Stück 1,30 Euro)
sind noch da. Aber bestimmt nicht mehr lange.
Erst am Nachmittag sind die letzten Händler auf dem ganztägigen Ökomarkt in der Langen Reihe angekommen. Mit den
Öffnungszeiten des Ökosupermarkts „Bio Company“ genau
gegenüber können die Marktstände zwar nicht konkurrieren,
aber sehr wohl mit Qualität und Warenangebot. Gurken und
Radieschen kommen jetzt frisch aus der Region. „Söths Bioland“ verkauft die ersten Kräutertöpfe wie Koriander oder
Petersilie aus Nordfriesland, am Demeter-Stand von Peter
Bielefeldt sind Feldsalat, Löwenzahn und Agano-Salat aus
den Vierlanden begehrt. Auch für Brot, Fleisch, Fisch und
Käse ist gesorgt: Obwohl der quirlige Markt nur zehn Stände
hat, deckt er das ganze klassische Spektrum ab.
» Do 9–13.30, Fr 9–18.30 Uhr (Öko), Carl-von-Ossietzky-Platz/
Lange Reihe
Snack: ½ Mettwurst-Brötchen (1 Euro) und eine Capri-Sonne
(0,50 Euro) an der Wurstbude Vossberg und Schilling.
Goldbekmarkt Winterhude
Im Vorbeigehen streift der Blick genüsslich über die Delikatessen von „Délices de France“: Croissants, Morbier, Mousse
de Canard und – zack! – steht Fuß auf Fuß. Ein gemurmeltes
„’tschuldigung“ reicht aber völlig aus, denn kleine Zusammenstöße sind auf dem Goldbekmarkt völlig normal. In der engen
Gasse und mit Blick auf den idyllischen Goldbekkanal kommt
es leicht zu Staus – besonders am Sonnabend, wenn jeder fürs
Wochenende an 81 Ständen die leckersten Happen ergattern
will. Portugiesische Törtchen, Scampi-Schlemmereien,
Kräuteroliven wohin man schaut. Die große gelbe Saftpresse
am Obst- und Gemüse-Stand von „Bernd & Angela“ ist mittendrin ein Anziehungspunkt für eine kurze Pause. Nach
einem Becher Orangensaft (1 Euro) geht es erfrischt weiter.
Aber wahrscheinlich nur bis zu „Käse, Wein und mehr“, um
am auffälligen 30 Jahre alten Marktwagen von Uwe Quentmeier die warmen Panini mit Fenchelsalami (3,80 Euro) zu
probieren. Je wärmer es draußen wird, desto weiter breitet
sich das bunte Treiben auch auf den Goldbekplatz aus. Im
Sommer quellen die Menschen aus dem Marktschlauch
heraus wie Sahne aus einem Blätterteighörnchen und scheinen zur Stärkung unbedingt einen Milchkaffee im gegenüberliegenden Marktkaffee zu brauchen. Ihre Kinder vergnügen sich derweil auf dem angrenzenden Spielplatz, der
zurzeit generalüberholt wird.
» Di/Do/Sa 8.30–13 Uhr, Goldbekufer
Snack: Himbeer-und-weißeSchokolade-Muffin von Meckmans
Muffins (1,20 Euro).
Snack: Mandelhörnchen von Naturkost Fuchs (1,75 Euro).
Eppendorf (Öko)
Barmbek-Nord
„Herr Direktor, was ist das?“ Die alte Dame mit der kecken
Ballonmütze zeigt in die 13 Meter lange Auslage der Fleischerei Willibert Rex. „Das sind gewürzte Hähnchenflügel“,
antwortet Junior Marco Rex. „Zwei“, sagt sie nur und hebt
Zeige- und Mittelfinger. Eine zielsichere Wahl. Um die Ecke,
vor Obsthof Benecke, toben zwei Kinder. Dass Maik Benecke
aus Moorende übers Jahr 32 Sorten Äpfel anbietet, interessiert sie nicht die Bohne. Zurzeit hat er 15 Sorten am Stand,
erst Ende Juli kommen die frischen Sommeräpfel, wie Jamba
und Astramel. Aber noch ist Frühling, Plüschküken und Stoffhäschen bevölkern die gebundenen Sträuße bei „Bärbels
Blumen“. Tulpen gehen gut und Osterglocken. Hübsch sind
auch die blauen Perlhyazinthen, mit ihren eiförmigen Zwiebeln, die intensiv duften, wenn sie erblühen. Ein lebendiger
Nachmittagsmarkt ist das hier mit den 22 Ständen auf dem
Parkplatz-Karree zwischen U-Bahnhof Barmbek und Museum der Arbeit. Der Mix aus Jung und Alt stimmt.
» Di 8.30–13, Fr 14–18 Uhr, Wiesendamm/Bert-Kaempfert-Platz
Snack: 100 Gramm Krabbensalat vom Krabbenhandel Kerstin Thaden
(2 Euro), ein Brötchen von Jörg Kases Brot- & Kuchenstand (0,80 Euro).
Feiner Nieselregen fällt auf den Strohballen und die darauf
aufgetürmten Hokkaidokürbisse am Amalur-Bioland-Stand,
aber die paar Tropfen halten die Eppendorfer nicht von
ihrem Samstagseinkauf ab. Fast überall kann man sich unterstellen und am „Friesische Feinkost“-Wagen von Agnes
und Dirk Eggers sogar probieren. Backensholzer „Friesisch
Blue“, den würzig-cremigen Blauschimmelkäse zum Beispiel. Appetitlich schauen auch die Ziegenfrischkäse-Pralinen und der Möhrensalat mit Kürbis-, Sonnenblumen- und
Pinienkernen (100 Gramm 1,29 Euro) aus. Aber nicht jeder
ist nur wegen der frischen Lebensmittel hier. Am kleinen
Stand von Anna Barnstorf, der „Blumenmanufaktur“, lassen
sich ausgesuchte Pflanzenschönheiten entdecken: maigrüne
Muschelblumen, lila-weiß-karierte Schachbrettblumen und
zartblaue Vergissmeinnicht. Die freuen sich bestimmt über
den Regen, der immer stärker wird und die Kunden unter
dem gelben Dach der Metzgerei Dreymann enger zusammenrücken lässt.
Snack: Die Bio-Currywurst von der Demeter-Metzgerei Dreymann
(2,50 Euro).
Farmsen-Berne
Di/Do 14–18 Uhr, Berner Heerweg
Fischmarkt Altona
Fuhlsbüttel
Mi/Fr 8.30–13 Uhr, Ratsmühlendamm
Sonntag. Kurz nach sieben. Die Sonne scheint. Während
sich die meisten Hamburger noch im Bett räkeln, ist auf dem
Fischmarkt bereits ordentlich Betrieb: Mit Stadtplänen
bewaffnet bestaunen Touristen die Hamburger Attraktion,
neben ihnen junge Leute, die direkt von den Tanztempeln
des Kiez hergewandert sind, zum Katerfrühstück mit Fisch
und Bratkartoffeln. Der Geräuschpegel hat jedenfalls ClubQualität: Hähne krähen in ihren Käfigen, Marktschreier
verkünden die Erdbeersaison, und in der altehrwürden
Fischauktionshalle wird getanzt, gefuttert, geküsst und
natürlich auch viel geknipst – denn ihr Fischmarkterlebnis
wollen die meisten Besucher im Bild festhalten. Es ist ja
auch ein Erlebnis. Birte Schütt ist dafür mit ihren Mädels
eigens um 5 Uhr früh in Stade gestartet. „Noch 20 Tage
alleine rocken“ hat sie auf ihre Jeansweste genäht – sie feiert
ihren Junggesellinnenabschied, ist gut gelaunt und „will
gucken, was der Tag so bringt“.
„Hier komm her!“, ruft Bananen-Fred in einer Tour. Dabei
hat sich vor seinem offenen Wagen bereits eine riesige Menschentraube versammelt und wundert sich, wie viel Gemüse
und Obst ein Mensch in eine kleine Basttasche stopfen kann.
Melonen, Ananas, Erdbeeren, Zwiebeln – schwupps, da
schmeißt er auch noch eine Banane in die Menge. „Bitte
kaufen Sie jetzt“, bellt Bananen-Fred mit heiseren Stimmbändern, aber viele der Marktbesucher wollen einfach nur
gucken – und flanieren weiter zu Aal-Kai. Dort kostet jedes
Fischpaket nur 20 Euro. Einen Fisch nach dem anderen
klatscht Kai geräuschvoll auf einen Bogen Einschlagpapier.
Zwei Aale, einen Heilbutt, eine Schillerlocke. Und Bücklingsfilet. „Das schmeckt zwar nicht, aber muss ja auch mal
weg.“ Die Menge quittiert es mit einem Lachen.
Seit dem Jahr 1703 geht es hier jeden Sonntag so lautstark
zu. Damals wurde auf dem Markt nur mit Fisch gehandelt,
und damit Hamburgs Bürger die leicht verderbliche Ware
noch vor dem Kirchgang um 10 Uhr einkaufen und wieder
nach Hause bringen konnten, hat man ihnen die außergewöhnlichen Marktöffnungszeiten am frühen Sonntagmorgen gewährt. Heute erinnern zwei Bronzeskulpturen mit
Fischverkäufern an die goldenen Zeiten, als allein mit den
Flossentieren aus Nordsee und Elbe noch das große Geschäft zu machen war. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts
wurden auf dem Hamburger Fischmarkt auch Gemüse,
Obst und Pflanzen angepriesen.
Zwar eröffnete 1876 noch der „Schellfischtunnel“ – so hieß
im Volksmund die unterirdische Schienenverbindung zwischen Altonaer Bahnhof und Fischereihafen, die später auf
die Länge von einem Kilometer ausgebaut wurde. Aber der
Bau der Fischauktionshalle im Jahr 1896 war für die Elbfischer vor allem Wirtschaftshilfe: Hier konnten sie – auch
gegen die Konkurrenz großer Dampfer und Flotten – noch
angemessene Preise für ihren Fang erzielen. Mit der Errichtung großer Kühlhäuser und Fabriken zu Beginn des 19.
Jahrhunderts war jedoch auch die Fischauktionshalle überflüssig. Heute wird Fisch längst nicht mehr direkt vom Wasser angelandet, sondern per Lkw angefahren, aber dafür ist
die Halle zum beliebten Fotomotiv für Touristen und zum
Veranstaltungsort mit Lokalkolorit geworden – Ole von
Beusts CDU feiert hier gerne rauschende Wahlpartys. Eine
bunte Sammeltüte für jeden Geschmack.
Nach dem Prinzip „Gemischtwarensammlung“ wird zwischen
Stilwerkbrücke und Hafentreppe oft gearbeitet. Nicht nur
Aal-Kai, auch Nudel-Olli, Käse-Tommi und Der Holländische Schokoladekönig verkaufen ihre Produkte in der Sammeltüte. Meistens für zehn Euro, Showschreien inklusive.
Man möchte ihnen ein Salbeibonbon für den Hals zuwerfen,
aber dann kommt der eigene Hunger durch. Ein Crêpe mit
Kinderschokolade (2,50 Euro) bei Bade-Zerbe ist da gerade
recht. Oder vielleicht doch lieber eine Portion Bratkartoffeln
mit Spiegelei in der Fischauktionshalle? Dort ist es warm,
und um 8.30 Uhr wird immer noch getanzt.
Groß Borstel
Do 11–19 Uhr, Borsteler Chaussee
Groß Flottbek
Mi/Sa 8-13 Uhr, Osdorfer Landstraße
Hamm-Nord
Di 9–13, Fr 12.30–18 Uhr, Bei der Vogelstange
Horn
Do 9–13 Uhr, Meurerweg
Hummelsbüttel
Do 9–14 Uhr, Norbert-Schmid-Platz
Jenfeld
Mi 14–18, Fr 14–18.30 Uhr, Bei den Höfen
Kirchsteinbek
Do 10-15 Uhr, Steinbeker Marktstraße 1
Langenhorn
Do 8.30–13 Uhr, Schmuggelstieg;
Di 13.30–18, Sa 8.30–13 Uhr, Langenhorner Markt
Lohbrügge
Mi/Sa 8–13 Uhr, Lohbrügger Markt
Lokstedt
Mi 8.30–13 Uhr, Grelckstraße
Lurup
Do 8–13 Uhr, Eckhoffplatz;
Di/Do 14–19 Uhr, Elbgaustraße 120
Neugraben-Fischbek
Di/Do/Sa 7–13 Uhr, Neugrabener Markt/Marktpassage
Niendorf
Fr 8–12 Uhr, Quedlinburger Weg;
Do/Sa 08.30–13, Fr 9–12.30 Uhr (öko), Tibarg
Poppenbüttel
Fr 13–18.30 Uhr, Moorhof
Rahlstedt
Mi/Sa 8–13, Do 9–13 Uhr (Öko), Rahlstedter
Bahnhofstraße;
Di 8.30–13, Fr 9–18 Uhr, Hermann-Balk-Straße
Rissen
Di/Sa 7–14 Uhr, Wedeler Landstraße vor Nr. 30
Rothenburgsort
Mi/Sa 8–13 Uhr, Rothenburgsorter Marktplatz
Rotherbaum
Sa 8–14 Uhr, Rothenbaumchaussee vor Nr. 64
(Museum für Völkerkunde)
Sasel
Do/Sa 8–13 Uhr, Saseler Markt
Schnelsen
Di/Fr 08.30–13 Uhr, Wählingsallee
Steilshoop
Di/Fr 14–18.30 Uhr, Schreyerring
Uhlenhorst
Di 14–18, Fr 8.30–13 Uhr, Immenhof
Wandsbek
Sa 8–13 Uhr, Rauschener Ring 2
» So 5–9.30 Uhr, Fischmarkt
Snack: Räucherlachs-Brötchen
vom Hamburger Fischimbiss
Marx und Sohn (3 Euro), dazu ein
Apfel-Karotten-Saft vom Saftladen Gebrüder Peters (2 Euro).
» Do 11–18.30 (öko), Sa 10–15 Uhr (öko), Marie-Jonas-Platz
(Eppendorfer Landstraße / Kümmellstraße)
Eimsbüttel
Mi/Sa 8.30–13 Uhr, Lappenbergsallee/Bei der
Apostelkirche
Ein Klassiker seit
1703: der Fischmarkt
an der Elbe.
Finkenwerder
» Di/Sa 7–12 Uhr, Finksweg
» Do 8.30–14 Uhr, Turmweg
Spritzenplatz
Snack: Kartoffelsuppe mit Kraut u. Wurst von Suppedito (4,50 Euro).
Wellingsbüttel
Feldsalat, Rauke, Postelein und der Asiasalat-Mix (zwischen
1,59 und 1,99 Euro pro 100 Gramm) sind das Grün der Saison
bei der Gärtnerei Gut Wulksfelde aus Tangstedt. „Der regionale Anbau ist den Kunden sehr wichtig“, sagt Maria Rothe,
die seit vier Jahren Bio-Obst und -Gemüse verkauft – unter
anderem auch auf dem 1400-Qadratmeter-Platz in Wellingsbüttel, den sie sich mit 27 weiteren Ständen teilt. Und was ist
mit den acht Kilo Bananen, die gerade an eine Kindergartenköchin über den Tisch gehen? „Die kommen aus Peru.“ Aus
der Schweiz kommt der Alpkäse am „Bio Delikatessen“Wagen von Michael Paulitsch, der auch Schinken aus Umbrien anbietet. Woher genau ihr eigener Markteinkauf bei
„Blumen Timpe“ stammt, die Zweige mit echten schwarzen
Oliven und roséfarbene Rosen, das hat Maria Rothe nicht
gefragt. Sie war schlicht von ihrer Schönheit verzückt.
Höhe Bergedorfer Schlossgarten
Snack: Blätterteigkranz von Bäckerei Koalick
aus Schönberg (1,20 Euro).
Klein, aber fein
und kunterbunt: der
Bio-Markt in St. Georg.
Eidelstedt
Mi/Sa 8.30–13, Fr 8.30–18 Uhr, Alte Elbgaustraße
Wein und
Käse im
Oldtimer:
Delikatessen
am Goldbekufer.
INTERNET-Service
www.hamburger-wochenmaerkte.de
www.oeko-wochenmarkt.de
FOTOS: PETRA NICKISCH (12), JÜRGEN JOOST, PR
Kräuter und Blühendes
am Schlossgarten:
der Markt in Bergedorf.
Wilhelmsburg
Mi/Sa 7–13 Uhr, Stübenplatz;
Di 8–13, Fr 8.30–17.30 Uhr, Berta-Kröger-Platz;
Do 14–18 Uhr, Karl-Arnold-Ring/Kirchdorfer Damm
Winterhude
Mi 10–16 Uhr, Dakarweg;
Mi 11–18, Fr 14.30–18.30 (Öko), Sa 8–13 Uhr,
Winterhuder Marktplatz
Wohldorf-Ohlstedt
Di/Fr 8–13 Uhr, Brunskrogweg
V
IV
› THEMA DER WOCHE
Ostern, 3. / 4. / 5. April 2010
Wochenmarktkalender
Montag
Dienstag
Mittwoch
Neorenaissance und
Gemüse: Shoppen am
Harburger Rathaus.
Wochenmärkte
REDAKTION: PETRA NICKISCH
Allermöhe
Sa 8–13 Uhr, Fleetplatz
An jedem Tag und zu fast jeder Uhrzeit kann man in Hamburg unter
freiem Himmel shoppen, staunen und probieren. Ein Stundenplan
mit 24 Wochenmärkten, die man nicht schwänzen sollte.
Alsterdorf
Fr 10–18 Uhr, Alsterdorfer Markt;
Di 12–18 Uhr, Heubergredder
Altona-Altstadt
Mi/Sa 8–14 Uhr, Neue Große Bergstraße
Barmbek-Nord
Di/Do/Sa 8.30–13 Uhr, Hartzloh
Donnerstag
Freitag
Sonnabend
Barmbek-Süd
Fr 12–18 Uhr, Vogelweide
Sonntag
Bergedorf
Do 8–13 Uhr, Friedrich-Frank-Bogen;
Do 12–19 Uhr, Alte Holstenstraße;
Mi 14–18 Uhr, Grachtenplatz
Brot und Spiele: der
Nachtmarkt auf dem
Spielbudenplatz.
Billstedt
Di 9–13, Fr 9–18 Uhr, Möllner Landstraße;
Sa 8–13 Uhr, Kandinskyallee
Bramfeld
Di/Fr 8–13 Uhr, Herthastraße
Dulsberg
Mi 8.30–13, Fr 14–18 Uhr, Straßburger Straße
Duvenstedt
Sa 8–13 Uhr, Duvenstedter Damm/Lohe
Harburg
„Hier guck mal, wir haben eine Banane geschenkt bekommen“,
sagt Doreen Becker und beugt sich vor Gehrkes Gemüsewagen
zu ihrem kleinen Sohn Tristan (19 Monate) hinunter. Flugs
ist die Frucht ausgepackt, Tristan mampft selig und Mama
kann in Ruhe ihre Einkäufe im Beutel der Kinderkarre verstauen: Weintrauben (die mag Tristan auch gern), Orangen
und eine Gurke. Doreen Becker kommt oft auf den Wochenmarkt mit seinen über 40 Verkaufsständen und geht auch
gern zum Würstchenwagen von Ruth Glander. Anfang März
jedoch mussten alle Marktbeschicker aufgrund von Sanierungsarbeiten 200 Meter weiter ziehen. Schöner ist die
Übergangsmarktfläche vor dem Harburger Rathaus mit
seiner Neorenaissance-Fassade schon, finden viele Kunden.
Aber die meisten Händler freuen sich doch, wenn es voraussichtlich Mitte April wieder zurück auf den gewohnten Platz
am Sand geht. Bis dahin arbeitet Marktmeister Jörg Jacobsen weiter vor der historischen Rathaus-Kulisse. Sechs Tage
die Woche vergibt er die Standplätze, stellt den Zugang zu
Strom und Wasser bereit, kassiert Standgeld und überwacht
zum Marktende die Reinigung der Fläche, wenn GeflügelSchönecke, das Café Marktlounge und alle anderen längst
schon wieder abgebaut haben.
» Mo–Sa 8–13, Mi 15–18.30 Uhr (öko), Sand (vorübergehend:
Harburger Rathausplatz)
Snack: Bisonwurst (3 Euro) und Pommes frites (1,50 Euro) vom
Imbiss Ruth Glander.
Wandsbek
Montags gleicht der tägliche Wochenmarkt in Wandsbek
eher einem kleinen Blumenmarkt. Neben zwei Obst- und
Gemüseständen haben fünf Blumenhändler ihre Tische
hinter dem Einkaufszentrum Quarree aufgebaut. Die pinken
Primeln, violetten Stiefmütterchen und Vierländer Tulpen
setzen Farbpunkte auf den eher tristen Platz. „Sie haben ja
gut zu tun“, sagt eine junge Frau zu Jörg von Hacht, der mit
Blumen aus eigenem Anbau, Erde und Dünger mitten im
Geschehen steht. „Ich hab ja auch lange genug drauf gewartet, nach diesem langen Winter“, grinst er und reicht ihr
einen frühlingshaften Strauß noch geschlossener Narzissen,
die sich zwischen schlanken Weidenzweigen recken. Forsythien- oder Sauerkirschzweige für 1,50 Euro das Bund
hätten auch gut gepasst. Oder Birkenzweige, aber die hat
Jörg von Hacht nicht, er ist allergisch dagegen.
» Mo–Sa 8–13 Uhr, Quarree
Snack: Apfel „Red Prince“ vom Obst- und
Gemüsehändler Reinhard Graeser (0,30 Euro).
Eimsbüttel
Seit 30 Jahren steht Ruth Fock mit ihren Wurst- und Käsespezialitäten auf dem Wochenmarkt neben dem U-Bahnhof
Schlump. „Früher ging er noch bis zur Bundesstraße runter“,
erinnert sie sich. Heute fällt er mit seinen zehn Verkaufsständen deutlich kürzer aus als damals, und auch einige von
Ruth Focks Würsten haben inzwischen kundenfreundliches
Mini-Format angenommen: Die Puten-Zwiebelmettwurst
gibt es in klein, die Teewurst auch. Die Kalbsleberwurst ist
höchstens so groß wie eine Mandarine und heißt „Kalbskugel“, perfekt für Singlehaushalte. Bei „Evis Pflanzkiste“ wiederum stehen Blumen in Übergrößen. „XXL sagen wir gern“,
grinst Händlerin Evelyn Schümann, deren Bellis so groß wie
ein Schokoladen-Ei sind. Gleich hat sie Feierabend auf dem
Markt und beginnt flink, die Preis- und Namensschilder aus
ihren Kräutertöpfen zu ziehen. Waldmeister, hängender
Rosmarin, Marokminze. „Nach Ostern geht es übrigens
wieder los“, sagt sie, „dann haben wir bis zu 15 Minzsorten.“
Schweizer Minze gibt es dann, Bunte Ananasminze, Schoko-,
Basilikum- und Orangenminze. Sorgsam packt sie alle Pflanzen ein, damit ihr Mann Reinhard Kühl morgen damit zum
Isemarkt fahren kann. Auch bei Helmut Buhr und Martina
von Dratel verschwinden die Obst- und Gemüsekisten nach
und nach auf der Ladefläche ihres Lkws. Die spanischen
Erdbeeren und der deutsche Rhabarber stehen noch draußen. Wer schnell zugreift, kann noch eine Torte zum Nachmittagskaffee damit backen.
» Mo/Do 8.30–14 Uhr, Gustav-Falke-Straße
Snack: Mini-Geflügelfrikadelle beim Aufschnitt-Spezialitäten-Stand
von Ruth Fock (0,70 Euro).
Der Duft von Bonbons
und Blumen: Flaniermeile am Turmweg.
Bergedorf
Volksdorf
Direkt an den idyllischen Schlossgarten schmiegen sich rund
50 Marktstände, darunter auch der von Fleischermeister
Peter Pape. Rouladen vom Galloway-Rind und Koteletts vom
Salzwiesenlamm zählen zu seinen Spezialitäten. Gegenüber
steht Annemarie Koalick im Bäckerwagen von Sohn Carsten.
Sie verkauft hier schon seit 1966 Brot, Kuchen und Kekse,
die in Schönberg im Steinofen gebacken werden. Zitronenpuffer, Knusperkissen, Cranberry-Eierlikörkuchen – da kann
auch Herr Schulze nicht widerstehen, der seit über 40 Jahren
bei Koalicks Kunde ist. „Das ist noch eine echte Hausbäckerei“, schwärmt er und kauft Bratapfelkuchen. Ein paar
Schritte weiter bietet die Gärtnerei Elberling Tulpen in allen
Farben an (zehn Stück vier Euro), während am Marktausgang die Heringe schillern: Mit Wieckhorst, Gebert und
Kalinowski reiht sich hier ein Fischwagen an den nächsten.
Verschachtelte, schmale Gassen haben die Händler mit ihren
120 Ständen geschaffen. Imker Roman Pientka sitzt unter
seinem roten Planendach und bastelt an Honigraumrähmchen – so nutzt er fleißig die Pausen, wenn gerade keiner
nach Honig aus Mecklenburg verlangt. Farideh Mirakhori
(„im Iran geboren, in Deutschland gereift“) hat kaum Leerlauf. Die Inhaberin von „Au Marché de France“ verbreitet
mit ihren Delikatessen Urlaubsfeeling: Chorizo-Aufschnitt,
Toskanacreme, Comté. Die beste Gewürzauswahl bietet
Philip Daniels „Natürlicher Aromagarten“. Und das nussigste Dattelkonfekt. „Von meiner Frau erfunden“, sagt er stolz.
» Di/Fr 8–13 Uhr, Chrysanderstraße,
» Mi/Sa 8–13 Uhr, Kattjahren/Halenreie
Snack: Fischfrikadelle von Poorthuis Fischfeinkost (1 Euro) und als
Dessert Haselnuss-Joghurt von Kruses Hofmilch (250 g, 0,95 Euro).
Altstadt
Mit grünen, weißen und rosa Plastiktüten spazieren die
Marktbesucher über den asphaltierten Platz vor dem Chilehaus (anders als in Bergedorf, wo fast jede Dame ihre Stofftasche dabei hat), die Gespräche drehen sich um Zahlen und
Geschäftstermine – wir sind in der Innenstadt. Richtig belebt ist der Markt im Kontorhausviertel erst zur Mittagszeit,
wenn die Angestellten aus den umliegenden Büros bei einen
leichten Lunch vom „Vegetarier“ oder einer Bauernpfanne
mit Hackfleisch (3,50 Euro) vom Bio-Snack-Stand Pause
machen. Neben den klassischen Obst-, Käse- und Fischwagen stehen auch kleinere Händler mit Tupperware, Holzbrettchen oder Parfüm. Beim „Dithmarscher“ gibt es rund
80 Salate aus eigener Herstellung und bei der Bäckerei Bahde zum Rosinenbrötchen sogar frisch gepressten Saft.
Blankenese
Acht Uhr, auf dem runden, 2000 Quadratmeter großen Platz
am Blankeneser Bahnhof beginnt der Markttag. Frau Lu
zieht noch die weiße Tischdecke glatt, auf der sie gleich ihre
Ketten aus Süßwasserperlen und Natursteinen ausbreiten
wird. Die meisten anderen sind schon fertig mit dem Aufbau.
Petra Scholz ist um vier Uhr aufgestanden, damit ihre Tartes, die sie frisch im Tarteort-Wagen backt, pünktlich fertig
sind. Süß und pikant liegen sie zwischen Lasagne und Kartoffelgratins hinter Glas. Verführerisch. „Das Bircher Müsli
ist der Renner“, sagt sie. „Dafür stehen die Leute Schlange.“
Am anderen Ende des Marktes lässt sich ein älterer Herr
Lammpansen einpacken, für seinen Hund. Mathias Offen
von der „Blankeneser Futterkrippe“ kann auch mit Blättermägen, Pute und gekochten Rinderherzen dienen – alles
frisch. Eingelegt dagegen sind die sauren Gurken von Daniel
Erhorn, der vor dem großen Ansturm zur Mittagszeit noch
in Ruhe mit seiner Nachbarin vom Sockenstand klönt.
» Di 8–14, Mi 8–13 (öko), Fr 8–18, Sa 8–13 Uhr,
Blankeneser Bahnhofstraße
Snack: Spinat-Tarte von Tarteort (3,20 Euro).
Großneumarkt Neustadt
Was für ein Schlemmerparadies. Die Turmuhr am Michel
zeigt halb eins und die Teller füllen sich im Minutentakt –
unter den 40 Anbietern auf dem gepflasterten Platz findet
jeder etwas: Landschaftsarchitekt Andreas Bunk hat sich „Bei
Manuel“ für Rindfleischeintopf (3,50 Euro) entschieden.
„Der ist nicht so fettig wie Fritten.“ Seit zehn Jahren kommt
er mittags auf den 4000 Quadratmeter großen Markt
und liebt auch den heißen Burgunderbraten im Brötchen
(2 Euro). Andere Besucher ziehen gebratene Asia-Nudeln
vor. Oder eine Tüte Gummifrösche vom Haribo-Stand.
» Mi/Sa 8.30–13.30 Uhr, Großneumarkt
Snack: Indisches Chicken Bangalore Curry bei Tai Asia (5 Euro).
Hammerbrook
Wattwürmer nennt der „Ostfriesen-Spezi“ seine dünnen,
geräucherten Schweinewürstchen (3 Stück für 2 Euro), aber
auch sein Tilsiter mit Kümmel oder die Aalrauchmettwurst
sind besonders. Marktbummler Oliver Kunz greift lieber zum
Obst („Gegen die Erkältung!“). Der Produktmanager macht
in der Nähe einen Computerkurs und schlendert jeden Mittwoch über das kleine Karree mit höchstens 20 Ständen an
der S-Bahn Hammerbrook. Etwas frische Luft, ein paar Dips
mit Knoblauch, dann geht es zurück an den PC. Ab 12. April
soll der Markt in der City Süd auch montags stattfinden.
Isemarkt Harvestehude
» Mi 10–14.30 Uhr, Sachsenfeld
Europas längster Freiluftmarkt erstreckt sich auf 970 Metern
direkt unter der Hochbahntrasse der U3 – und jeder Schritt
wird belohnt. Blau und buttergelb leuchten die Kartoffeln von
Heinrich Grethen, denn drei seiner zehn Sorten aus eigenem
Anbau sind violett: Vitelotte, Highland Burgundy Red und
Blauer Schwede. Rot wie die Feuerwehr ist der Wagen von
Urte Pantzek. Ihre „Käsekiste“ ist auf Bergkäse spezialisiert,
begehrt sind aber auch die 150-Gramm-Becher Frischkäse für
nur einen Euro. Vor „Wendlandt’s Holsteiner Katenschinken“
steht um kurz nach zehn schon eine Schlange. „Oh, der zergeht ja“, ruft eine Rentnerin und meint den saftigen Schinken, den ihr eine Verkäuferin zum Naschen über den Tresen
gereicht hat. Ob Bücher, Bio-Eier, belgische Waffeln – auf
dem Isemarkt findet seit über 60 Jahren jeder sein Glück.
Snack: Falafel-Sandwich von Nazari (2,60 Euro).
» Di/Fr 8.30–14 Uhr, Isestraße
Snack: Michel-Pralinen von Stolle-Pralinen (Vierer-Schachtel 4,50
Euro, inkl. Spende zur Restaurierung der Hauptkirche St. Michaelis).
Ottensen (Öko)
Am Mittwoch ist die Kinderwagendichte auf dem Spritzenplatz noch gering. Eine Mama samt Baby steht vorm Suppenstand „Suppedito“, eine zweite vorm Vollkornbäcker Effenberger. Anders als samstags, wenn hier der größte Ökomarkt
Hamburgs stattfindet, ist es heute mit sechs Ständen geradezu gemütlich. In Ruhe sucht sich ein schwules Paar bei Käse
Kober den besten Rohmilchkäse aus und schlendert danach
zur Bioland-Fleischerei Fricke. Beim Obsthof Mählmann
darf probiert werden. In Schnitzen liegen Bio-Äpfel aus dem
Alten Land bereit und finden schnell vernaschte Freunde.
» Di 8–13, Mi 15–18.30 (Öko), Fr 8–18.30, Sa 9.30–15 Uhr (Öko),
» Do 7–14 Uhr, Burchardplatz
Snack: ½ Hähnchen bei Hanse-Hähnchen (3,20 Euro).
» Di/Fr 8–13 Uhr, Rolfinckstraße
Hopfenmarkt Altstadt
Mitten auf dem Hopfenmarkt knien zwei asiatische Touristinnen und halten ihre Handys in den Himmel. Ein Klick,
und die Nikolaikirche ist gespeichert. An Blumen, Birnen
oder Bratwürsten sind sie nicht interessiert, ebensowenig
am Pfefferbraten mit Bohnen und Bratkartoffeln vom Imbissstand Moritz – gut für die anderen Besucher, die mittags
hungrig aus ihren Büros auf den kleinen Altstadtmarkt mit
seinen fünf Ständen strömen. Möglich ist das aber nur noch
bis Ende April. Dann sollen die Händler vom Hopfenmarkt
dienstags zum Katharinenkirchhof umziehen. Der Donnerstagshopfenmarkt bleibt wie gewohnt erhalten.
» Di/Do 10–14.30 Uhr, Hopfenmarkt
Snack: Pfannen-Champignons, Imbiss von Olaf Staats (3,20 Euro).
Rotherbaum
Ein zuckersüßer Duft strömt aus dem Wagen von BonbonPingel. Links und rechts des Turmwegs reihen sich 57 Händler aneinander, aber hier muss man einfach stehenbleiben
und die knapp 200 Bonbon-, Keks-, und Schokoladensorten
bestaunen, die zu 90 Prozent aus eigener Produktion sind.
Himbeer-Bonbons, die schmecken wie früher, Sahne-KakaoMandeln und riesige Schaumküsse (40 Cent). Wer kann da
schon vorbeiziehen? Am Schweizer Spezialitätenstand von
Monika Elber-Maggi geht es süß weiter. Linzer Törtchen,
Toggenburger mit Pflaumenmus, aber auch Salziges wie die
Käse-Speck-Wähe (4,90 Euro), die daheim noch 20 Minuten
aufgebacken werden soll. Christian Kaser muss an diesem
warmen Donnerstag seine Rote Bete, Pastinaken und Steckrüben (endlich) gegen die Sonne schützen. Mit seiner orangefarbenen Markise klappt das sehr gut.
Nachtmarkt St. Pauli
Die Sonne ist untergegangen, die Neonreklame wird immer
greller. Esso-Tankstelle, Schmidt-Theater, Herzblut. Dazwischen auf dem Spielbudenplatz rund 15 Händler mit Waffeln,
Fisch und Obst. „Theaterbesucher nehmen den Spargel sogar
mit in die Vorstellung“, weiß Gemüsehändlerin Svenia Ehnert.
„Dinkelmeister“ Eckhard Konetzki schätzt, dass seine Kunden zu je einem Drittel aus Kiezgängern, Anwohnern und
Theaterfans bestehen. „Komm ma’ lecker bei mich bei“ wirbt
der Nachtmarkt auf Plakaten. Yes, we come!
» Mi 16–23 Uhr, Spielbudenplatz
Snack: Dinkelkeks „Kieztaler“ mit einem Totenkopf
aus Kakao vom „Dinkelmeister“ (1 Euro).
Snack: Dinkel-Laugencroissant (1,20 Euro) und Maya-Biokaffee
(1 Euro pro Becher) von der Hofbäckerei Wittmack aus Bargteheide.
Nienstedten (Öko)
Schon angegrillt? Auf dem ersten Ökowochenmarkt Hamburgs, vor 20 Jahren gegründet, gibt es alles, was man für ein
vollkommenes Grillfest braucht: Schinkenwürstchen, Thüringer und Nürnberger aus eigener Herstellung bei der Fleischerei Fricke, Bio-Kartoffeln für den Salat, Oliven-Ciabatta
und Auberginen beim Demeter-Hof Wörme. Sogar auf Ketchup muss man nicht verzichten: „Jähncke Naturkost“ ist der
„Tante-Emma-Laden“ auf dem kleinen gepflasterten Platz
mit dem Baum, um den sich die fünf Stände scharen. Jochen
Jähnke hat fast alles, von Müsli bis zu Rotkohl, im Glas.
Und gleich neben dem Markt gibt es auch noch Parkplätze.
Praktischer geht’s wirklich nicht.
» Fr 9–12.30 Uhr (Öko), Nienstedtener Marktplatz
Snack: Zwiebelpizza am Stand „Vegetarische Spezialitäten“ von Michael Althaus
und Sabine Kunze (2,50 Euro).
Snack: Milchreis mit Marmelade von Jähncke Naturkost (2,20 Euro).
St. Georg (Öko)
Altona
„Mann, bist du spät heute, ich hab so auf dich gewartet“,
scherzt Nicole Weber vom Würstchenstand mit Stammgast
Guido. Der Kurierfahrer kommt jeden Donnerstag an ihren
Imbiss und mag am liebsten die Frikadellen. Manchmal
bestellt er auch etwas anderes, wie Currywurst oder Erbsensuppe. „Das wär mir sonst zu langweilig“, sagt er. Nebenan
steht Gemüsehändler Matthias Klinck. Er hat den schönsten
Ausblick auf dem Minimarkt, der seit Frühjahr 2008 aus nur
vier bis fünf Ständen besteht. Über Tomaten, Spargel und
Becher mit geschälter Ananas hinweg schaut er direkt auf
die Elbe und Dock 11 von Blohm + Voss. Und auf BlumenGitte, mit der die kleine Runde fast schon komplett ist. Zauberhaft lächelnd verkauft sie Orchideen, Strelitzien und
gefüllte englische Rosen, die sie nachts vom Großmarkt holt.
» Do 9–15 Uhr, Große Elbstraße/Fischmarkt
Snack: Hausgemachte Frikadelle von Nicole Weber (Wagen „Urda’s
Imbiss“, 2 Euro).
St. Pauli (Öko)
Vormittags ist er noch auf dem Rahlstedter Markt, doch ab
14.30 Uhr parkt Peter Bruno vom Ökohof Bruno seinen
Wagen vor der Roten Flora in der Schanze. Bio-Frischfleisch
wie Lammnacken und Kalbsgulasch gibt es dann bei ihm,
aber auch Eiersalat und Ziegenbrie. Wenn die Sonne aus dem
Schulterblatt ein wuseliges Pflaster macht, profitieren davon
nicht nur die Cafés wie das Bedford oder das Transmontana,
sondern auch die sechs bis neun Händler, die direkt vor den
Cappucino-Trinkern auf der Piazza ihre Geschäfte machen.
Lukas Pilarski von „Neptuns Fischreich“ verkauft mehr
Fischfrikadellen, der Demeter-Hof Wörme mehr Wurzeln
und bei der Nudelei schrumpfen die Gnocchiberge.
» Do 13.30–18.30 Uhr, Schulterblatt
Snack: Löwenzahn-Frischkäse von der Nudelei (100 Gramm,
1,89 Euro), dazu ein Sonnenblumenbrötchen von der Effenberger
Vollkornbäckerei (0,60 Euro).
„Kiek mal wedder in“ steht auf dem Kassenbon von Ute &
Wolfgang Backhus, die mit ihrem Fisch-Feinkost-Wagen im
Finksweg auf dem 1300 Quadratmeter großen Markt stehen,
den sie sich mit 20 Kollegen teilen. Unweit der Landungsbrücke Finkenwerder haben sie eine große Auswahl Geräuchertes im Angebot. Forelle, Heilbutt, Aal, Lachs, Makrele,
sogar geräucherter Rollmops. Da schaut die Kundschaft gerne
wieder rein. Kerstin Marckwardt handelt mit Geflügel. Ganze
Suppenhühner, Hähnchen und Roaster (besonders fleischige
Hühner) gehen über ihren Tresen und landen in Finkenwerders Kochtöpfen – zusammen mit Gemüse vom Hof Göbel,
deren gefärbte Freilandeier (25 Cent pro Stück) aber eher für
den Osterbrunch bestimmt sind. Wer dazu auch den Kuchen
von Michael Jungclaus aus Stade servieren möchte, muss
früh aufstehen: Kurz nach 10 Uhr sind an diesem Sonnabend
viele seiner Bleche schon leer. Butterkuchen ist aus, Rosenkuchen, Sahneschnitten und Kirsch-Sahne-Butterkuchen
auch. Drei Stück Rhabarber-Rahm-Kuchen (Stück 1,30 Euro)
sind noch da. Aber bestimmt nicht mehr lange.
Erst am Nachmittag sind die letzten Händler auf dem ganztägigen Ökomarkt in der Langen Reihe angekommen. Mit den
Öffnungszeiten des Ökosupermarkts „Bio Company“ genau
gegenüber können die Marktstände zwar nicht konkurrieren,
aber sehr wohl mit Qualität und Warenangebot. Gurken und
Radieschen kommen jetzt frisch aus der Region. „Söths Bioland“ verkauft die ersten Kräutertöpfe wie Koriander oder
Petersilie aus Nordfriesland, am Demeter-Stand von Peter
Bielefeldt sind Feldsalat, Löwenzahn und Agano-Salat aus
den Vierlanden begehrt. Auch für Brot, Fleisch, Fisch und
Käse ist gesorgt: Obwohl der quirlige Markt nur zehn Stände
hat, deckt er das ganze klassische Spektrum ab.
» Do 9–13.30, Fr 9–18.30 Uhr (Öko), Carl-von-Ossietzky-Platz/
Lange Reihe
Snack: ½ Mettwurst-Brötchen (1 Euro) und eine Capri-Sonne
(0,50 Euro) an der Wurstbude Vossberg und Schilling.
Goldbekmarkt Winterhude
Im Vorbeigehen streift der Blick genüsslich über die Delikatessen von „Délices de France“: Croissants, Morbier, Mousse
de Canard und – zack! – steht Fuß auf Fuß. Ein gemurmeltes
„’tschuldigung“ reicht aber völlig aus, denn kleine Zusammenstöße sind auf dem Goldbekmarkt völlig normal. In der engen
Gasse und mit Blick auf den idyllischen Goldbekkanal kommt
es leicht zu Staus – besonders am Sonnabend, wenn jeder fürs
Wochenende an 81 Ständen die leckersten Happen ergattern
will. Portugiesische Törtchen, Scampi-Schlemmereien,
Kräuteroliven wohin man schaut. Die große gelbe Saftpresse
am Obst- und Gemüse-Stand von „Bernd & Angela“ ist mittendrin ein Anziehungspunkt für eine kurze Pause. Nach
einem Becher Orangensaft (1 Euro) geht es erfrischt weiter.
Aber wahrscheinlich nur bis zu „Käse, Wein und mehr“, um
am auffälligen 30 Jahre alten Marktwagen von Uwe Quentmeier die warmen Panini mit Fenchelsalami (3,80 Euro) zu
probieren. Je wärmer es draußen wird, desto weiter breitet
sich das bunte Treiben auch auf den Goldbekplatz aus. Im
Sommer quellen die Menschen aus dem Marktschlauch
heraus wie Sahne aus einem Blätterteighörnchen und scheinen zur Stärkung unbedingt einen Milchkaffee im gegenüberliegenden Marktkaffee zu brauchen. Ihre Kinder vergnügen sich derweil auf dem angrenzenden Spielplatz, der
zurzeit generalüberholt wird.
» Di/Do/Sa 8.30–13 Uhr, Goldbekufer
Snack: Himbeer-und-weißeSchokolade-Muffin von Meckmans
Muffins (1,20 Euro).
Snack: Mandelhörnchen von Naturkost Fuchs (1,75 Euro).
Eppendorf (Öko)
Barmbek-Nord
„Herr Direktor, was ist das?“ Die alte Dame mit der kecken
Ballonmütze zeigt in die 13 Meter lange Auslage der Fleischerei Willibert Rex. „Das sind gewürzte Hähnchenflügel“,
antwortet Junior Marco Rex. „Zwei“, sagt sie nur und hebt
Zeige- und Mittelfinger. Eine zielsichere Wahl. Um die Ecke,
vor Obsthof Benecke, toben zwei Kinder. Dass Maik Benecke
aus Moorende übers Jahr 32 Sorten Äpfel anbietet, interessiert sie nicht die Bohne. Zurzeit hat er 15 Sorten am Stand,
erst Ende Juli kommen die frischen Sommeräpfel, wie Jamba
und Astramel. Aber noch ist Frühling, Plüschküken und Stoffhäschen bevölkern die gebundenen Sträuße bei „Bärbels
Blumen“. Tulpen gehen gut und Osterglocken. Hübsch sind
auch die blauen Perlhyazinthen, mit ihren eiförmigen Zwiebeln, die intensiv duften, wenn sie erblühen. Ein lebendiger
Nachmittagsmarkt ist das hier mit den 22 Ständen auf dem
Parkplatz-Karree zwischen U-Bahnhof Barmbek und Museum der Arbeit. Der Mix aus Jung und Alt stimmt.
» Di 8.30–13, Fr 14–18 Uhr, Wiesendamm/Bert-Kaempfert-Platz
Snack: 100 Gramm Krabbensalat vom Krabbenhandel Kerstin Thaden
(2 Euro), ein Brötchen von Jörg Kases Brot- & Kuchenstand (0,80 Euro).
Feiner Nieselregen fällt auf den Strohballen und die darauf
aufgetürmten Hokkaidokürbisse am Amalur-Bioland-Stand,
aber die paar Tropfen halten die Eppendorfer nicht von
ihrem Samstagseinkauf ab. Fast überall kann man sich unterstellen und am „Friesische Feinkost“-Wagen von Agnes
und Dirk Eggers sogar probieren. Backensholzer „Friesisch
Blue“, den würzig-cremigen Blauschimmelkäse zum Beispiel. Appetitlich schauen auch die Ziegenfrischkäse-Pralinen und der Möhrensalat mit Kürbis-, Sonnenblumen- und
Pinienkernen (100 Gramm 1,29 Euro) aus. Aber nicht jeder
ist nur wegen der frischen Lebensmittel hier. Am kleinen
Stand von Anna Barnstorf, der „Blumenmanufaktur“, lassen
sich ausgesuchte Pflanzenschönheiten entdecken: maigrüne
Muschelblumen, lila-weiß-karierte Schachbrettblumen und
zartblaue Vergissmeinnicht. Die freuen sich bestimmt über
den Regen, der immer stärker wird und die Kunden unter
dem gelben Dach der Metzgerei Dreymann enger zusammenrücken lässt.
Snack: Die Bio-Currywurst von der Demeter-Metzgerei Dreymann
(2,50 Euro).
Farmsen-Berne
Di/Do 14–18 Uhr, Berner Heerweg
Fischmarkt Altona
Fuhlsbüttel
Mi/Fr 8.30–13 Uhr, Ratsmühlendamm
Sonntag. Kurz nach sieben. Die Sonne scheint. Während
sich die meisten Hamburger noch im Bett räkeln, ist auf dem
Fischmarkt bereits ordentlich Betrieb: Mit Stadtplänen
bewaffnet bestaunen Touristen die Hamburger Attraktion,
neben ihnen junge Leute, die direkt von den Tanztempeln
des Kiez hergewandert sind, zum Katerfrühstück mit Fisch
und Bratkartoffeln. Der Geräuschpegel hat jedenfalls ClubQualität: Hähne krähen in ihren Käfigen, Marktschreier
verkünden die Erdbeersaison, und in der altehrwürden
Fischauktionshalle wird getanzt, gefuttert, geküsst und
natürlich auch viel geknipst – denn ihr Fischmarkterlebnis
wollen die meisten Besucher im Bild festhalten. Es ist ja
auch ein Erlebnis. Birte Schütt ist dafür mit ihren Mädels
eigens um 5 Uhr früh in Stade gestartet. „Noch 20 Tage
alleine rocken“ hat sie auf ihre Jeansweste genäht – sie feiert
ihren Junggesellinnenabschied, ist gut gelaunt und „will
gucken, was der Tag so bringt“.
„Hier komm her!“, ruft Bananen-Fred in einer Tour. Dabei
hat sich vor seinem offenen Wagen bereits eine riesige Menschentraube versammelt und wundert sich, wie viel Gemüse
und Obst ein Mensch in eine kleine Basttasche stopfen kann.
Melonen, Ananas, Erdbeeren, Zwiebeln – schwupps, da
schmeißt er auch noch eine Banane in die Menge. „Bitte
kaufen Sie jetzt“, bellt Bananen-Fred mit heiseren Stimmbändern, aber viele der Marktbesucher wollen einfach nur
gucken – und flanieren weiter zu Aal-Kai. Dort kostet jedes
Fischpaket nur 20 Euro. Einen Fisch nach dem anderen
klatscht Kai geräuschvoll auf einen Bogen Einschlagpapier.
Zwei Aale, einen Heilbutt, eine Schillerlocke. Und Bücklingsfilet. „Das schmeckt zwar nicht, aber muss ja auch mal
weg.“ Die Menge quittiert es mit einem Lachen.
Seit dem Jahr 1703 geht es hier jeden Sonntag so lautstark
zu. Damals wurde auf dem Markt nur mit Fisch gehandelt,
und damit Hamburgs Bürger die leicht verderbliche Ware
noch vor dem Kirchgang um 10 Uhr einkaufen und wieder
nach Hause bringen konnten, hat man ihnen die außergewöhnlichen Marktöffnungszeiten am frühen Sonntagmorgen gewährt. Heute erinnern zwei Bronzeskulpturen mit
Fischverkäufern an die goldenen Zeiten, als allein mit den
Flossentieren aus Nordsee und Elbe noch das große Geschäft zu machen war. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts
wurden auf dem Hamburger Fischmarkt auch Gemüse,
Obst und Pflanzen angepriesen.
Zwar eröffnete 1876 noch der „Schellfischtunnel“ – so hieß
im Volksmund die unterirdische Schienenverbindung zwischen Altonaer Bahnhof und Fischereihafen, die später auf
die Länge von einem Kilometer ausgebaut wurde. Aber der
Bau der Fischauktionshalle im Jahr 1896 war für die Elbfischer vor allem Wirtschaftshilfe: Hier konnten sie – auch
gegen die Konkurrenz großer Dampfer und Flotten – noch
angemessene Preise für ihren Fang erzielen. Mit der Errichtung großer Kühlhäuser und Fabriken zu Beginn des 19.
Jahrhunderts war jedoch auch die Fischauktionshalle überflüssig. Heute wird Fisch längst nicht mehr direkt vom Wasser angelandet, sondern per Lkw angefahren, aber dafür ist
die Halle zum beliebten Fotomotiv für Touristen und zum
Veranstaltungsort mit Lokalkolorit geworden – Ole von
Beusts CDU feiert hier gerne rauschende Wahlpartys. Eine
bunte Sammeltüte für jeden Geschmack.
Nach dem Prinzip „Gemischtwarensammlung“ wird zwischen
Stilwerkbrücke und Hafentreppe oft gearbeitet. Nicht nur
Aal-Kai, auch Nudel-Olli, Käse-Tommi und Der Holländische Schokoladekönig verkaufen ihre Produkte in der Sammeltüte. Meistens für zehn Euro, Showschreien inklusive.
Man möchte ihnen ein Salbeibonbon für den Hals zuwerfen,
aber dann kommt der eigene Hunger durch. Ein Crêpe mit
Kinderschokolade (2,50 Euro) bei Bade-Zerbe ist da gerade
recht. Oder vielleicht doch lieber eine Portion Bratkartoffeln
mit Spiegelei in der Fischauktionshalle? Dort ist es warm,
und um 8.30 Uhr wird immer noch getanzt.
Groß Borstel
Do 11–19 Uhr, Borsteler Chaussee
Groß Flottbek
Mi/Sa 8-13 Uhr, Osdorfer Landstraße
Hamm-Nord
Di 9–13, Fr 12.30–18 Uhr, Bei der Vogelstange
Horn
Do 9–13 Uhr, Meurerweg
Hummelsbüttel
Do 9–14 Uhr, Norbert-Schmid-Platz
Jenfeld
Mi 14–18, Fr 14–18.30 Uhr, Bei den Höfen
Kirchsteinbek
Do 10-15 Uhr, Steinbeker Marktstraße 1
Langenhorn
Do 8.30–13 Uhr, Schmuggelstieg;
Di 13.30–18, Sa 8.30–13 Uhr, Langenhorner Markt
Lohbrügge
Mi/Sa 8–13 Uhr, Lohbrügger Markt
Lokstedt
Mi 8.30–13 Uhr, Grelckstraße
Lurup
Do 8–13 Uhr, Eckhoffplatz;
Di/Do 14–19 Uhr, Elbgaustraße 120
Neugraben-Fischbek
Di/Do/Sa 7–13 Uhr, Neugrabener Markt/Marktpassage
Niendorf
Fr 8–12 Uhr, Quedlinburger Weg;
Do/Sa 08.30–13, Fr 9–12.30 Uhr (öko), Tibarg
Poppenbüttel
Fr 13–18.30 Uhr, Moorhof
Rahlstedt
Mi/Sa 8–13, Do 9–13 Uhr (Öko), Rahlstedter
Bahnhofstraße;
Di 8.30–13, Fr 9–18 Uhr, Hermann-Balk-Straße
Rissen
Di/Sa 7–14 Uhr, Wedeler Landstraße vor Nr. 30
Rothenburgsort
Mi/Sa 8–13 Uhr, Rothenburgsorter Marktplatz
Rotherbaum
Sa 8–14 Uhr, Rothenbaumchaussee vor Nr. 64
(Museum für Völkerkunde)
Sasel
Do/Sa 8–13 Uhr, Saseler Markt
Schnelsen
Di/Fr 08.30–13 Uhr, Wählingsallee
Steilshoop
Di/Fr 14–18.30 Uhr, Schreyerring
Uhlenhorst
Di 14–18, Fr 8.30–13 Uhr, Immenhof
Wandsbek
Sa 8–13 Uhr, Rauschener Ring 2
» So 5–9.30 Uhr, Fischmarkt
Snack: Räucherlachs-Brötchen
vom Hamburger Fischimbiss
Marx und Sohn (3 Euro), dazu ein
Apfel-Karotten-Saft vom Saftladen Gebrüder Peters (2 Euro).
» Do 11–18.30 (öko), Sa 10–15 Uhr (öko), Marie-Jonas-Platz
(Eppendorfer Landstraße / Kümmellstraße)
Eimsbüttel
Mi/Sa 8.30–13 Uhr, Lappenbergsallee/Bei der
Apostelkirche
Ein Klassiker seit
1703: der Fischmarkt
an der Elbe.
Finkenwerder
» Di/Sa 7–12 Uhr, Finksweg
» Do 8.30–14 Uhr, Turmweg
Spritzenplatz
Snack: Kartoffelsuppe mit Kraut u. Wurst von Suppedito (4,50 Euro).
Wellingsbüttel
Feldsalat, Rauke, Postelein und der Asiasalat-Mix (zwischen
1,59 und 1,99 Euro pro 100 Gramm) sind das Grün der Saison
bei der Gärtnerei Gut Wulksfelde aus Tangstedt. „Der regionale Anbau ist den Kunden sehr wichtig“, sagt Maria Rothe,
die seit vier Jahren Bio-Obst und -Gemüse verkauft – unter
anderem auch auf dem 1400-Qadratmeter-Platz in Wellingsbüttel, den sie sich mit 27 weiteren Ständen teilt. Und was ist
mit den acht Kilo Bananen, die gerade an eine Kindergartenköchin über den Tisch gehen? „Die kommen aus Peru.“ Aus
der Schweiz kommt der Alpkäse am „Bio Delikatessen“Wagen von Michael Paulitsch, der auch Schinken aus Umbrien anbietet. Woher genau ihr eigener Markteinkauf bei
„Blumen Timpe“ stammt, die Zweige mit echten schwarzen
Oliven und roséfarbene Rosen, das hat Maria Rothe nicht
gefragt. Sie war schlicht von ihrer Schönheit verzückt.
Höhe Bergedorfer Schlossgarten
Snack: Blätterteigkranz von Bäckerei Koalick
aus Schönberg (1,20 Euro).
Klein, aber fein
und kunterbunt: der
Bio-Markt in St. Georg.
Eidelstedt
Mi/Sa 8.30–13, Fr 8.30–18 Uhr, Alte Elbgaustraße
Wein und
Käse im
Oldtimer:
Delikatessen
am Goldbekufer.
INTERNET-Service
www.hamburger-wochenmaerkte.de
www.oeko-wochenmarkt.de
FOTOS: PETRA NICKISCH (12), JÜRGEN JOOST, PR
Kräuter und Blühendes
am Schlossgarten:
der Markt in Bergedorf.
Wilhelmsburg
Mi/Sa 7–13 Uhr, Stübenplatz;
Di 8–13, Fr 8.30–17.30 Uhr, Berta-Kröger-Platz;
Do 14–18 Uhr, Karl-Arnold-Ring/Kirchdorfer Damm
Winterhude
Mi 10–16 Uhr, Dakarweg;
Mi 11–18, Fr 14.30–18.30 (Öko), Sa 8–13 Uhr,
Winterhuder Marktplatz
Wohldorf-Ohlstedt
Di/Fr 8–13 Uhr, Brunskrogweg
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› BROT & SPIELE
Ostern, 3./4./5. April 2010
Samurai-Sudoku
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FOTO: GRAFIKANSTALT
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Senkrecht
1 Endloses Gebet der Muslime. 2 Donnerwetter,
hier raucht sogar schon die Schwefelsäure. 3 Er
sorgt dafür, dass es beim Ottomotor gerecht zugeht. 4 Der büßt, weil er Hera begehrte, in der Unterwelt. 5 Im Wasser schwimmende Abkürzung
einer Winkelfunktion. 6 Den Platz im Dorfe kennen Sie für Menschen und für’s Federvieh. 7 Hier
kurt man in Rheinland-Pfalz. 8 Einer, der so ist,
rührt keinen Finger. 9 „Was ist der langen Rede
kurzer …?“ (Schiller „Wallenstein“) 10 Ehemaliger
Fußballbundesliga-Stadtteil von Krefeld. 11 Lateinischer vor-Name. 12 Böse Zungen behaupten,
ihretwegen seien Pferderennen erfunden worden.
13 Aufgabe für Orden. 14 Damit ködert der Jäger.
15 Bringt die Moldau der Elbe neues Wasser, ist
das von ihr längst drin. 24 Auf fremdem ... steht
die Saat gut. 25 Auch Opern gibt es von dem,
der auszog, das Fürchten zu lernen. 27 Zeitiger
Auftakt erfolgversprechender engl. Bettgeschichte. 28 Brotaufstrich für Obstliebhaber. 30 Mit
diesem Schiff ist es vorbei. 32 Grafschaft im
Weserland - ist als Ausflugsziel bekannt. 33 Die
römische Göttin Viktoria in Griechenland. 34 Ist
in Aktenordnern richtungweisend. 36 „... Ahnung“
sagt der Berliner. 38 Vornämlicher Teil Puccinis.
39 Teil einer Tierzehe. 40 Hier ein Muss: Leeds
durchfließender Fluss.
Auflösungen:
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IMPRESSUM
Chefredaktion: Claus Strunz (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich)
Art Direction: Julia Wagner
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Vera Altrock, Thomas
Andre, Albrecht Barke, Jörg Block, Oliver vom Hofe,
Irene Jung, Heike Kamolz, Thomas Leidig, Karin
Lübbe, Peter Maus, Julia Marten, Jens MeyerOdewald, Joachim Mischke, Petra Nickisch, Norman
Raap, Kirsten Rick, Maike Schiller, Claudia Sewig,
Marcus Stäbler, Josephine Warfelmann
Konzeption & Realisation:
mar10 media GmbH
Geschäftsführer: Nikolas Marten
Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel,
Tel. 040/34 72 25 56
Verlag & Druck: Axel Springer AG,
Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
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Waagerecht
1 Die bekommen Sie nur brandneu. 9 Ist in tansanischen Amtsstuben zu vernehmen. 16 Alias ElIskandariya. 17 Wer schreit so schaurig bei Nacht
und Wind? (Mz.). 18 Kulinarisches Schaumschlägerprodukt. 19 So reden wir kurz über die
Angestelltenrente. 20 Eine Gruppe gleicher Tiere
wird hier kopflos. 21 Erbfaktor eines Verkehrmittels. 22 Kann mancher beim Reden nicht finden.
23 Ob eine Straßen- oder Hausdecke; es kommt
nur auf den Standpunkt an. 24 Was nicht nur
frommen Jasagern noch so über die Lippen
kommt. 25 Ludwig war Lehrer und sammelte
deutsche Volkslieder. 26 Wer die erste spielt, der
ist Bester im Orchester. 29 Hinter dem Kurzen
steht das gesamte Nordrhein-Westfalen. 31 Wird
es verabreicht, kratzt das Fieber die Kurve. 35
Fluss durch Orel fließt zur Wolga schnell. 37 Hier
ein Muss: rechter Oberrheinnebenfluss. 41 Hier
wurden von Daun die Preußen verhau’n. 42 Servierende Spielkarte. 43 Bekleckerte ein Römer
sich nicht gerade mit Ruhm, fehlte sie ihm. 44
Wofür Deutsche das Auge haben, haben Engländer dies. 45 Die Sensenmänner des alten Griechenlands. 46 Er erlebte 1865 bei Appomattox
sein Waterloo. 47 Kunstfreunde finden seine
Werke einfach (oder mehrfach) tierisch. 48 Obwohl es selten ist, kommt es in Terrarien dauernd
vor. 49 Mit einem „H“ davor kann man dieses
Kfz-Z. überziehen. 50 Als Hochverräter endete
Michel, der Herzog von Elchingen. 51 Das war den
Griechen neu. 52 Hiermit zahlt man in Albanien.
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Fischmarkt 5, Tel. 68 87 30 34, 4.4.,
12 Uhr, www.sichtbar-im-elbrausch.de,
5 Euro plus Verzehr.
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» SICHTBAR IM ELBRAUSCH,
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» HOTEL ATLANTIC, An der Alster
72–79, 4.4., 12 Uhr, 54 Euro (Kinder bis
6 J. frei, bis 12 J. 27 Euro), Anmeldung
unter Tel. 288 88 11, www.atlantic.de
SCHIFFFAHRTSLINIE, Bergedorfer
Hafen, 4./5.4., 10 Uhr, 26 Euro,
Anmeldung unter Tel. 73 67 56 90.
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» BARKASSE DER BERGEDORFER
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So edel wie im Atlantic geht es in der
gemütlichen Café-Bar am Fischmarkt
am Ostersonntag nicht zu. Dafür kommt
Nina Hagen und liest, während die Gäste
exzellenten Kaffee und frische Bagels
genießen, aus ihrem Buch „Bekenntnisse“. Danach singt sie mit Mighty
Howard Gospels. Durchdringend, melodiös und eindrucksvoll – festtagsgemäß.
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Empfangen werden die Gäste des
Osterbrunchs in der Lobby – stilvoll mit
einem Glas Champagner. Dann geht’s in
den Alstersalon. Warme und kalte Speisen, Kaffee, Tee und Pianomusik sind
im Preis inbegriffen und obendrein Entspannung für Eltern. Denn die Kinder
suchen im Atrium Ostereier, sobald sie
nichts mehr an den Tischen hält.
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Am Sonntag und Montag startet die
Barkasse der Bergedorfer Schifffahrtslinie zum dreistündigen Osterbrunch in
die Marschlande, auf der Dove-Elbe
vorbei an der Reitbrooker Mühle bis zur
Tatenberger Bucht – mit kulinarischen
Köstlichkeiten für die Seefahrer an Bord:
stilechte Fischgerichte, Fleisch, Aufschnitt, Käsespezialitäten und Salate.
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Gospel-Brunch
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Familien-Brunch
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Barkassen-Osterbrunch
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CAFÉ-BAR
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HOTEL
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Essen und
ausgehen
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C
O
M
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1 Ingwer schälen, in dünne Scheiben schneiden. Koriandersamen in einer Pfanne rösten, dann zerstoßen.
Zitronengras in kleine Stücke schneiden. Ingwer,
Zitronengras, Koriander und Zitronensaft in den
Joghurt rühren, mit Salz und Zucker abschmecken.
2 Den Tafelspitz grob vom Fett befreien und mit dem
Joghurt 48 Stunden marinieren.
3 Den Tafelspitz mit der Marinade bei 160 °C ca.
90 Minuten im vorgeheizten Ofen schmoren. Dabei
einen Behälter mit Wasser in den Ofen stellen.
4 Topinambur schälen, in kleine Würfel schneiden
und blanchieren. Anschließend in Butter langsam
braten. Mit Salz, Pfeffer und Zitrone abschmecken.
5 Mit Mehl, Schalotten und Butter eine helle Mehlschwitze bereiten, Kalbsfond und Sahne einrühren,
etwas einköcheln. Anschließend mit Wasabipulver,
Salz und Zucker abschmecken und durch ein feines
Sieb passieren. Mit der Crème fraîche verfeinern.
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600 g Topinambur
500 ml Kalbsfond
50 ml Sahne
50 g Crème fraîche
Wasabipulver
20 g gehackte Schalotten
20 g Butter, 20 g Mehl
Für scharfe Denker
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Für 4 Personen:
800 g Kalbstafelspitz
300 g Joghurt
2 Stangen Zimt
30 g frischer Ingwer
20 g Koriandersamen
Saft von 1 Zitrone, 1 Limone
3 Stangen Zitronengras
2
Weder Orientierung noch Trost bietet das Schwarz
des Mahnmals, das Sol LeWitt 1987 für die Stadt
Münster konzipiert hatte. Die Politiker dort lehnten
den späteren Ankauf des Monuments ab, deshalb
schenkte der Künstler 1989 „das wichtigste
Stück, das ich je gemacht habe“ der Stadt Hamburg. Er spendete sein Honorar, wählte einen Platz
vor einem repräsentativen Gebäude und errichtete
aus Gasbetonsteinen einen Block von fünfeinhalb
Metern Länge, zwei Metern Höhe und zwei Metern
Tiefe, der „den fehlenden Juden“ gewidmet ist.
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Asiatisch gebeizter Kalbstafelspitz
mit Topinambur und Wasabisauce
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Irgendwo in Hamburg. Nur wo?
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REZEPT VON SEBASTIAN KUNST
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1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf
jede Zahl in jeder Zeile und jeder
Spalte sowie in jedem 3 x 3 Feld nur einmal vorkommen.
Lösung: siehe unten …
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Tel. 43 41 23, Mo–Sa ab 18 Uhr (Küche bis 23 Uhr), Mittagstisch, Mo–Fr 12–15 Uhr, Sonntag Ruhetag, www.mess.de
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einen Block mit dem ZentralSudoku teilt! Dabei gelten für
jedes der 5 Sudoku-Diagramme
die klassischen Spielregeln: Alle
Diagramme sind mit den Zahlen
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» Mess, Gastronomie und Weinhandel GmbH, Turnerstraße 9,
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Tobias Strauch, 41, aufgewachsen in Poppenbüttel,
ist Geschäftsführer des
Mess. In einem Hotel machte der Sohn einer Deutschen
und eines Marokkaners eine
Ausbildung zum Koch,
arbeitete dann in Frankfurt,
am Chiemsee und in der
Schweiz. Zurück in Hamburg, absolvierte Strauch die
Hotelfachschule als staatlich geprüfter Betriebswirt.
Er betreibt neben dem Mess
noch das Marblau am
Brahmsplatz, die Cocktailbar im St. Pauli Theater
und einen Weinladen.
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Kurz-Biografie
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ir sitzen in der „Raucherlounge“, die
wir aber nur zum Scherz so nennen.
Oder aus Gewohnheit. Es sieht hier
eher aus wie im Verköstigungsraum eines, sagen wir,
französischen Weinguts. Der stabile Tisch steht fest
auf einem Steinfußboden, in Einlassungen an der
Wand sind die edlen und guten Tropfen aufgereiht.
Früher lag hier mal Teppich, aber den hat Tobias
Strauch irgendwann rausgerissen, als wieder mal jemand Buttersäure durch das zerborstene Glas seines
Restaurantfensters gespritzt hatte.
1994 eröffnete Strauch das Mess, mit 26. Ein enthusiastischer junger Mann, den es ins von Trödelund Secondhandläden geprägte Karoviertel zog, um
seinen Traum vom stilvollen Restaurant mit großer
Weinauswahl wahr werden zu lassen. „Ich hatte aber
die politische Dimension dieses Ortes unterschätzt“,
sagt Strauch. Und erinnert sich: an die Vermummten
aus den besetzten Häusern, die nachts durch das
Viertel zogen und seinem angeblichen Yuppie-Unternehmen den Garaus bereiten wollten. Mehrfach flogen Pflastersteine. Strauch war zäh, und irgendwann
ließen die Gegner von ihrem Vorhaben ab. Gut so: Das
Mess ist ein wunderbarer Ort, um die schöne Kultur
des Gut-Essens und Gut-Trinkens zu pflegen.
Wir wählen Lammcarpaccio und Feldsalat, Dorade
und das gute, alte Wiener Schnitzel. Alles Klassiker,
alles Gerichte, bei denen man viel falsch machen
kann. Strauchs Team macht alles richtig. Die Bratkartoffeln sind der Hit, und dazu passt natürlich ein her-
ber Gerstensaft. Zum Leidwesen des Chefs, denn
Strauch, der gerne den Sommelier gibt, ist einigermaßen stolz auf seine Weine. 300 Sorten bietet er in seinem Lokal an, in seinem Weinhandel, der direkt gegenüber liegt, sind es sogar noch mehr. Strauch kocht
schon länger nicht mehr selbst und hat mit Sebastian
Kunst einen Küchenchef, der die Vorlieben Strauchs
teilt: Zutaten kommen nur dann in den Topf, wenn sie
allen Qualitätsprüfungen standhalten. Und dann werden die Ingredienzen zu kreativen Schöpfungen verarbeitet, die dann „Thunfisch-Mangostapel mit Quitten-Zitronengraschutney, Pak Choi und Jasminreis“
oder „Kalbsleber in Trüffeljus mit geschmortem Chicorée und Birne dazu Kartoffelpüree“ heißen.
Drüben, im Weinladen, ist der umtriebige Strauch
genauso in seinem Element. Früher hat er die Weinkisten unter den Bänken seines Restaurants gelagert
und lächelt bei der Erinnerung daran: „Wir wollen
nicht nur teure Weine verkaufen, sondern vor allem:
gute. Und die können auch mal preiswerter sein“.
Eine Kaffeemaschine, eine von den modernen, schicken, hat er auch im Weinladen, und deswegen kommen die Kreativen aus den Fotolabors und Werbeagenturen auch einfach mal auf einen Latte Macchiato vorbei. Und wenn ihr Blick dann durchs Fenster
fällt und Strauchs Lokal findet, dann wissen sie vielleicht auch schon, warum sie später, nach der Arbeit,
noch einmal in die Turnerstraße kommen.
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Man nehme Klassiker wie das Wiener Schnitzel, dazu Kreativküche und 300 Weine: So setzt das „Mess“ Standards.
TEXT: THOMAS ANDRE • FOTOS: THOMAS LEIDIG
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Lösungsweg:
Beim Samurai-Sudoku sind vier
Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes
der vier Eck-Sudokus sich je
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Alles isst gut
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LOKAL-TERMIN
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Irgendwo in
Hamburg:
Sol LeWitt: „Black
Form … Dedicated
to the Missing
Jews“, Platz der
Republik vor dem
Altonaer Rathaus.
Einfach gut:
Cooles Interieur,
beste Zutaten –
im Mess steht
dem Genuss
nichts im Wege.
1
VII
Ostern, 3. / 4. / 5. April 2010
› GESTERN & HEUTE
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er Himmel über Hamburg war
grau. Was im April niemanden
verwunderte. Aber musste es
schütten wie aus Kübeln? Ein
Fähnlein von etwa 120 Menschen
hatte sich am Karfreitag 1960
um neun Uhr am Harburger
Bahnhof versammelt, um mit
einem langen Sternmarsch nach Bergen-Hohne
gegen die atomare Bewaffnung zu demonstrieren.
Lektion Nummer eins: Es gibt ein Feiertagsgesetz.
„Losziehen durften wir deshalb erst um elf“, erinnert
sich Konrad Tempel, der den Marsch zusammen
mit seiner Frau Helga initiiert hatte.
Im Dezember 1959 war bekannt geworden, dass
auf dem Bundeswehr-Truppenübungsplatz in Bergen-Hohne so genannte „Honest John“-Raketen stationiert werden sollten, die kleinsten mit Kernwaffen
bestückbaren Boden-Boden-Raketen der US-Armee.
1958 hatte der Bundestag gegen den heftigen Widerstand der SPD-Opposition zudem beschlossen, die
erst junge Bundeswehr mit nuklearfähigen Trägersystemen auszustatten. Diese taktischen Waffen seien „nichts als eine Weiterentwicklung der Artillerie“,
hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer beschwichtigt. „Selbstverständlich“ müssten „unsere Truppen
auch in der normalen Bewaffnung die neueste Entwicklung mitmachen“.
Viele Deutsche sahen das etwas anders. Denn zur
gleichen Zeit hatte die von SPD und DGB ins Leben
gerufene Kampagne „Kampf dem Atomtod“ bundesweit mehr als 350000 Menschen mobilisiert. Allein
in Hamburg kamen zu einer Kundgebung im April
1958 vor dem Rathaus 150000 Menschen zusammen.
Die fünfziger Jahre waren nicht nur die Zeit der Nierentische, selbstgehäkelten Eierwärmer und Kofferradios. Die Erinnerungen an den Krieg waren noch
wach. Und nun entschied sich die Adenauer-Regierung, das Konzept der atomaren Abschreckung mitzutragen. Die Honest-John-Raketen würden den
Einsatz von Atomwaffen von deutschem Boden aus
ermöglichen. Damit machte sich Deutschland theoretisch auch zum Ziel eines Gegenschlags. Schon
wurden erste Atombunker geplant. Im schlimmsten
Fall, schrieb der Hamburger Physikprofessor und
CDU-Bundestagsabgeordnete Pascual Jordan, werde
sich die Menschheit „daran gewöhnen müssen, für
Jahrzehnte unter der Erde zu leben“.
„Die haben uns damals Sand in die Augen gestreut“, sagt Helga Tempel. „Wir Lehrer sollten un-
Start der Friedensbewegung:
120 Pazifisten wandern am
15. April 1960 zum Truppenübungsplatz Bergen-Hohne.
FOTOS: ULLSTEINBILD/DPA,
ANDREAS LAIBLE (6)
Aus Detlef Ekes
Fotoalbum: eine
Aufnahme vom
Ostermarsch ’61.
50 JAHRE OSTERMÄRSCHE
Links
zwo drei
Detlef Eke, 68, Gewerbelehrer im Ruhestand.
vier…
Ich war 17, machte eine Ausbildung als
Klempnerinstallateur und habe mit meiner
Ahrensburger DGB-Jugendgruppe am Marsch
nach Bergen-Hohne teilgenommen. Wir
hatten schon oft Fahrradtouren in die Heide
gemacht, also nahmen wir Schlafsäcke und
Räder mit. Ich war eigentlich nicht Pazifist,
aber für Gewaltfreiheit. Mein Vater war im
Krieg gefallen. Wir haben mitgemacht, weil
wir politisiert waren, vielleicht war auch Abenteuerlust dabei. Es herrschte der Kalte Krieg,
aber die Gefährlichkeit der Nuklearwaffen war
uns klar. Wir waren überzeugt, dass wir in
Deutschland diese Waffen nicht brauchten
und dass sie vor allem der Eskalation dienen
würden. Am Karfreitag 1960 trafen wir uns
Harald Krüger, 69, Busunternehmer.
Ich war Kfz-Schlosser, Kriegsdienstverweigerer und aktiver Atomwaffengegner. Es gab einen Aufruf zum
Ostermarsch nach Bergen-Hohne,
und im Schwimmverein hat mich ein
Sportsfreund gefragt: Willst du mit?
Warum das Marschieren den Soldaten überlassen? Am
Karfreitag 1960 begann in Hamburg der erste Ostermarsch.
IRENE JUNG über den Tag, der die Republik veränderte.
FOTO: IRENE JUNG
Äußerst knifflig war für die jungen Initiatoren vor
seren Schülern sagen: Wenn ein Atom-Alarm kommt,
allem eins: Der Marsch sollte von niemandem poligeht ihr alle in den Keller und haltet notfalls eine
tisch instrumentalisiert werden können. Die politiAktentasche über euren Kopf. Solche Einlull-Parolen
sche Situation war aufgeheizt. Herbert Wehner, der
wurden damals ausgegeben.“ 1959 hatte das Lehrereinflussreiche SPD-Fraktionschef, war überzeugt,
ehepaar Tempel in Großbritannien an einem Dreidass die SPD niemals an die Macht gelangen würde,
Tage-Protestmarsch der Anti-Atom-Bewegung CND
wenn sie sich der Adenauer’schen Politik der Ab(Campaign for Nuclear Disarmament) teilgenomschreckung widersetzte. Aus diesem Grunde hatten
men, der zehntausend Menschen auf die Beine brachsich die Sozialdemokraten zwischenzeitlich abrupt
te. CND-Präsident und Symbolfigur war der britische
aus der „Kampf dem Atomtod“-Bewegung zurückMathematiker und Literaturnobelpreisträger Lord
gezogen. SPD- und DGB-Mitglieder sollten also keiBertrand Russell, der 1955 in einem Manifest zusamnesfalls an den „obskuren“ Ostermärschen teilnehmen mit Albert Schweitzer vor einem möglichen numen, womöglich noch neben irgendwelchen Komklearen Holocaust gewarnt hatte. Unter norddeutmunisten. Auch der DGB-Vorstand wollte nicht zuschen Kriegsdienstverweigerer-Verbänden warben
lassen, „dass sich unsere Kolledie Tempels dafür, nun einen entgen an Aktionen beteiligen, die
sprechenden Protestmarsch nach
nicht von Idealisten, sondern von
Bergen-Hohne zu starten. So etpolitisch undurchsichtigen Kräfwas war „im Deutschland des Jahten und Hintermännern im Inres 1960 alles andere als ein Zuteresse gegnerischer politischer
ckerschlecken“, erinnert sich der
Ziele gesteuert werden.“
Politikwissenschaftler Andreas
Die Tempels gehören der christBuro, der am ersten Ostermarsch
lichen Gemeinschaft der Quäker
mit 24 Mitmarschierenden von
an. „Wir kommen aus einer TradiBraunschweig aus teilnahm. Bei
tion von Menschen, die sehr oft
derherrschendenOst-West-Feindetwas als erste getan haben: keine
schaft „wollte es schon etwas heiSklaven mehr halten, Irrenhäuser
ßen, wenn normale Menschen es
„Unser Nein zur
auflösen, Schulen für alle bauen.
wagten, gegen Atomwaffen in Ost
Atombombe ist ein Ja
Deshalb hatten wir 1960 auch keiund West zu protestieren.“
zur Demokratie.“
ne Angst, mit den Ostermärschen
Der Hamburger Aktionskreis
zu beginnen“, sagt Tempel. „Wir
für Gewaltlosigkeit hatte alles vorKonrad & Helga Tempel, Initiatoren
waren überzeugt, dass alle Verdes ersten Ostermarschs 1960.
bereitet. In Tageszeitungen, auch
nünftigen einen ersten Schritt
dem Abendblatt, waren Treffpunkt
machen müssen.“
und Zeit vermeldet worden. „Wir
Die Organisatoren wollten sich mit dem Marsch
sind vorher die gesamte Strecke abgefahren. In Soltau
ganz klar gegen Atomwaffen in West und Ost wenden.
sollte in einer Turnhalle, in Sprötze im Jugendheim
Die Frage war, ob andere nur gegen US-Atomwaffen
und in Schneverdingen in einer Scheune übernachtet
oder nur gegen UdSSR-Atomwaffen eintreten wollwerden“, sagt Konrad Tempel. Geplant waren drei
ten. „Wir verstanden nicht, warum jemand freundlich
Etappen von je 25 bis 30 Kilometern, meist auf Bunzur DDR eingestellt sein konnte. Umgekehrt waren
desstraßen. Später gab es über die Route immer wiewir als Pazifisten den linken Gruppen unverständlich.
der Ärger mit der Polizei. Diesmal klappte es nicht
Es waren zwei Welten. Aber wir haben gelernt, mitmit der Verpflegung: 150 bestellte Essensportionen
einander klarzukommen“, sagt Helga Tempel.
standen in einem Lokal plötzlich nicht zur Verfügung.
Als die immer größer gewordene Gruppe aus Hamburg Bergen-Hohne erreichte, traf sie auf die Marschsäulen aus Bremen, Hannover/Göttingen und Braunschweig; alle waren überrascht, dass insgesamt mehr
als tausend Menschen dort zusammengekommen waren. Die Reden der Abschlusskundgebung am Ostermontag wurden vom Dach eines kleinen Lastwagens
aus gehalten. Selbst die mitgeführten Slogans hatte
der Aktionskreis sicherheitshalber vorher entworfen,
damit kein falscher Zungenschlag hinein käme: „Widerstand gegen Atomwaffen jeder Nation“. Besonders Helga Tempel wurde mit den Jahren zur SloganErfinderin: „Unser Nein zur Atombombe ist ein Ja zur
Demokratie“ zum Beispiel. Oder: „Der wahre Mut
zeigt sich im Mut zu neuen Wegen“.
I
n den folgenden Jahren entwickelte sich ein breites Ostermarsch-Bündnis aus unterschiedlichen
Milieus und politischen Lagern, von Naturfreunden über Christen bis zu Linken. Aber es blieb bei dem
Grundsatz: Organisationen bleiben im Hintergrund,
die gemeinsame Sache steht im Vordergrund. Die Aktionen finanzierten sich selbst und fanden prominente Unterstützer – vom Zukunftsforscher Robert Jungk
über den Verleger Ernst Rowohlt bis zum Theologen
Helmuth Gollwitzer. Auch die Teilnehmerzahlen stiegen rasant: 1963 waren es bereits 50 000, 1967 rund
150 000 und 1968 über 300 000 Menschen. Damit waren die Ostermärsche die erste der neuen sozialen Bewegungen, die organisch wuchsen und die „nicht von
Parteien bzw. Organisationen vereinnahmt“ wurden,
sondern unabhängig und überparteilich blieben,
schreibt der Politologe Christoph Butterwegge.
Ab 1968 ging die Bewegung in andere Aktionsformen über – die Studentenbewegung begann. Die
Tempels konzentrierten sich ab 1965 für einige Zeit
auf ihre Familie mit drei Kindern, bauten ein Haus
und engagierten sich im Beruf. Er habe mit den Ostermärschen gelernt, „auch den Friedenswillen von
Menschen ernst zu nehmen, die anders denken“, sagt
Konrad Tempel. Seit vielen Jahren setzt sich das
Paar für den „Zivilen Friedensdienst“ und die internationale „Nonviolent Peaceforce“ ein.
um 9 Uhr am
Bahnhof
Harburg.
Einige kamen
aus der pazifistischen,
andere aus der Arbeiterbewegung. Es gab Reibereien, aber die haben
sich auf dem Marsch verflüchtigt. Allerdings
hatten wir laufend Theater mit der Polizei,
auf welcher Route wir nun laufen durften. Die
Leute in der Heide waren vor uns gewarnt
worden: Da kämen lauter Kommunisten. Wir
wurden zwar nicht beschimpft, aber freundlich begrüßt wurden wir auch nicht. In den
späteren Jahren hat sich das geändert.
Wollte ich. Da jemand gesucht wurde, der
einen Lkw fahren konnte, hab ich mich
gemeldet und auf diesem Lkw das Gepäck
von Marschteilnehmern hingefahren: Zelte,
Rucksäcke, sogar ein paar Fahrräder. Ich
erinnere mich noch, dass wir in der Nähe der
Bundesstraße 3 bei einem Bauern in der
Scheune übernachten sollten. Aber in der
Scheune hatten nicht alle Platz, also habe ich
mich im Schlafsack unter den Lkw gelegt.
Es war ja sehr regnerisch.
Horst Warncke, 51, Ingenieur. Der Wedeler nimmt jedes Jahr mit
Ehefrau und zwei Söhnen am Ostermarsch teil.
In meiner Kindheit war Ostermarsch ein fester
Termin wie Ostern und Weihnachten. Ab 1961
haben mich meine Eltern in der Kinderkarre
mitgenommen, später bin ich an der Hand
gegangen. Meine Mutter hatte fast alle Angehörigen im Krieg verloren, darunter einige bei
den Bombenangriffen auf Hamburg. Mein
Vater wurde an die Ostfront geschickt, aus
seiner Schulklasse hat außer ihm nur einer
überlebt. Ich bin gegen Waffenexport, man darf
keine bewaffneten Gruppen unterstützen und
Gewalt nicht zum Mittel der Politik machen,
das erzeugt immer Gegengewalt. Nach
1980 haben in Schleswig-Holstein vor
allem Jugendliche die Ostermärsche wiederbelebt. Wir waren dagegen, dass in
Deutschland Cruise Missiles und PershingRaketen stationiert werden. Die Friedensmärsche fanden eine breite Unterstützung,
auf den Kundgebungen haben Gitte, Peter
Maffay, Howard Carpendale, Klaus Lage und
TERMINE
» Ostermarsch in Wedel, Sa, 3.4., Auftaktkundgebung um 10 Uhr vorm Rathaus Wedel,
danach Demozug zum Theaterschiff Batavia.
Dort um 12 Uhr Friedensfest und Musik.
» Ostermarsch in Hamburg, Mo, 5.4., 11.30
Uhr, Friedensandacht in der Friedenskirche.
Auftakt (12 Uhr) vor der Kirche, danach Demo
durch die Stadt. 14 Uhr Fest mit Musik auf dem
Großneumarkt. www.hamburger-forum.org
BAP gesungen. Musik gab es schon beim
allerersten Ostermarsch. Da aber Schalmeienkapellen oder Kirchenlieder als Symbole
bestimmter Bewegungen unerwünscht
waren, stießen Liedermacher und Skifflegruppen in dieses Vakuum. Die „Oma-KörnerBand“, die ich 1994 in Wedel mitgegründet
habe, ist seitdem fast jedes Jahr in Wedel
beim Ostermarsch dabei und spielt auch bei
der diesjährigen Abschlusskundgebung am
Theaterschiff Batavia.
DemoVeteran: Horst
Warncke heute
und beim
Ostermarsch
1964 – hinter
seiner Mutter
im weißen
Mantel.
VIII
› STIL & LEBEN
Ostern, 3. / 4. / 5. April 2010
HANDGEMACHT
Knetende Hände: Mit der Teigwaage werden die
Laibe abgewogen, so haben alle die gleiche Garzeit.
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT
Mit Laib
und Seele
Vor fast 25 Jahren öffnete Thomas Effenberger
Hamburgs erste Vollkorn-Bäckerei. Die Formel
seines Erfolges: Sorgfalt, Geduld und Tradition.
Z
HEIKE KAMOLZ, 42, Repräsentantin
der Hamburg Tourismus GmbH für
die Arabischen Golfstaaten, lebt mit
Mann und Sohn (8 Monate) in Riad.
Während zu Hause noch die letzten Ausläufer des harten Winters
zu spüren sind, steigen die Temperaturen in Riad auf fast 40 Grad
Celsius. Ich wollte Berufserfahrung im Ausland sammeln, und
seit November vergangenen Jahres lebe ich nun hier mit meinem
Mann, einem Hamburger, den ich
2004 in Dubai kennenlernte. Wie
die meisten Ausländer wohnen
wir in einem Compound, einer
eingemauerten und von Soldaten
bewachten Wohnanlage, der vom
Supermarkt über Friseur, Reinigung, Bibliothek und Kindergarten bis hin zum Fitness-Center,
Swimming-Pool und Restaurant alles bietet. Innerhalb dieses goldenen
Käfigs kann man sich
völlig frei bewegen.
TEXT: CLAUDIA SEWIG • FOTOS: THOMAS LEIDIG
ur Eröffnung am 10. Februar 1986 backte Thomas
Effenberger 150 Brote. „Gleich am ersten Tag verkauften wir 50“, sagt er. Heute sind es 10 000 Laibe,
die jede Woche die Bäckerei in der Rutschbahn verlassen.
Vom Berliner Landbrot bis zum Essener-Vita-plus-x2, dazu
Baumkuchen, Bienenstich, Franzbrötchen, Müslistangen –
und alles in Vollkorn-Qualität. Nischenprodukte für Ökos?
Schon lange nicht mehr. Effenberger setzte Maßstäbe, bevor die Ökowelle „in“ wurde. Aus Überzeugung.
Ein Traktor fährt vor. Die Steppkes vom Kindergarten
nebenan laufen zusammen, rufen, freuen sich über das Gefährt. Dabei ist ihnen das Spektakel nicht unbekannt: Landwirte aus der Region liefern hier regelmäßig Getreide an.
„Wir mahlen erst direkt vor der Verarbeitung“, erklärt Effenberger, und zeigt auf die fünf großen Mühlen. Fast noch
wichtiger ist dem gebürtigen Bremer, dass trotz des Selbermahlens der Energieverbrauch zwei Drittel niedriger liegt
als bei vergleichbaren Betrieben. Die Nutzung von Abluft,
das Wissen um die richtige Belüftung im traditionellen
Kühlkeller – Thomas Effenberger denkt ganzheitlich.
„Ich habe einen Freund, der ist Bäcker“ heißt das PixieBuch, das im Laden auf der Theke liegt. „Ich habe einen Vater, der ist Bäcker“, könnte Thomas Effenberger seine Biografie betiteln, denn tatsächlich wurde dem 53-Jährigen das
Handwerk in die Wiege gelegt. 1971 fing er im elterlichen
Betrieb an, der größten Marzipan-Brennerei Bremens. Mit
16 Jahren war er bereits Geselle, überlegte, den Betrieb zu
übernehmen und machte 1979 seinen Bäckermeister. „Dann
habe ich allerdings einen Naturkostladen gegründet, mein
Abitur in der Abendschule nachgeholt und angefangen,
Landwirtschaft zu studieren“, erinnert er sich. Einen Hof
wollte er kaufen und bewirtschaften, „doch ich habe gemerkt, wie schwer das ist.“ So kam er stattdessen 1985 nach
Hamburg und öffnete Anfang 1986 seine Bäckerei.
Anfang der 70er-Jahre, sagt Effenberger, habe es eine
Vollkorn-Bewegung gegeben, „und heute ist der Markt dafür wieder bereit.“ Das erkennt er auch daran, wie viele Wie-
Ein Mann, ein Brot: Weil Thomas
Effenberger, 53, bestimmte Sorten
besonders langsam backt, öffnen
einige Filialen erst um 11 Uhr.
derverkäufer seine Produkte in ihr Sortiment aufnehmen
wollen. Doch auch da hat Effenberger klare Prinzipien:
„Keiner der Wiederverkäufer bekommt mehr als zehn Prozent unserer Produktion. Ich habe mich schließlich selbstständig gemacht, um selbstständig zu sein.“
In zwei großen Plastikwannen an einer Wand der Bäckerei keimt Roggen. „Für das Essener-Brot verwenden wir 50
Prozent verkeimten Roggen“, sagt der Bäckermeister, „das
ist ein Brot für echte Feinschmecker.“ Die Prozedur geht auf
die Essener zurück, eine jüdische Volksgruppe, und ist 2000
Jahre alt. Durch das Keimen wird der Vitamingehalt des Getreides um ein Vielfaches gesteigert. „Allerdings haben die
damals 100 Prozent verkeimt und das Brot dann auf einem
Stein getrocknet – das wäre dann doch vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig“, sagt Effenberger und lacht.
Wer bei ihm kauft, weiß, was ihn oder sie erwartet: Mit
Honig statt mit Zucker gesüßte, reine Vollkorn-Produkte,
alle sorgfältig zubereitet und immer frisch verkauft. „Wir
frieren nichts ein, und das Ansetzen eines Sauerteiges dau-
ert eben seine Zeit“, sagt Effenberger. Und da er strikt dagegen ist, Menschen arbeiten zu lassen, wenn sie in der Tiefschlafphase sein sollten, machen seine Läden zum Teil auch
erst um 11 Uhr auf. Wenn das Brot, dessen Entstehungsprozess am Vortag um 7.45 Uhr begonnen hat, fertig ist.
Natürlich kann man ein Brot auch schneller backen, wie
die meiste Industrieware, und man kann Sonnenblumenund Kürbiskerne auch aus China beziehen. Doch für Thomas Effenberger ist das nichts. „Ökologischer Landbau ist
das einzige, was es in Zukunft noch geben wird“, sagt er. Und
die Rückbesinnung auf regionale Produkte – sowie eine gewissenhafte Zubereitung. „In Frankreich und Italien hat
Essen eine viel größere Bedeutung als bei uns, da verwenden die Menschen auch ganz selbstverständlich mehr Geld
und Zeit darauf. Nirgends sind Lebensmittel so billig wie bei
uns, und viele stopfen das Essen einfach nur in sich hinein.“
Sagt der Mann, der selten frühstückt. Wenn, dann aber mit
selbst eingeweichtem Müsli. Oder einer guten Scheibe Brot.
Aber die isst er auch zu jeder anderen Tageszeit gerne.
Kontakt
» Effenberger Vollkorn-Bäckerei,
Stammladen Rutschbahn 18,
Mo – Fr 9 – 18 Uhr, Sa 9 – 13 Uhr;
Erste Dinkel-Vollkornbäckerei
Deutschlands im Dammtorbahnhof, Mo – So 8 – 20 Uhr.
Tel. 45 54 45 (Büro); alle weiteren
Läden und Stände auf ÖkoWochenmärkten im Internet: www.
effenberger-vollkornbaeckerei.de
MEIN STYLE-TRIO
SCHILLERS
STADTGEFLÜSTER
„Black“ statt bunt
Was machen Sie im
Frühling am liebsten?
Am liebsten fahre ich Motorrad, wenn die Sonne den
Asphalt wärmt. Jetzt sind
die Temperaturen perfekt,
es ist nicht zu heiß für die
Bikerkluft, aber warm genug, um sich den Wind um
die Nase pfeifen zu lassen.
Und – ich gehe gern klettern, verbinde so optimal
Fitness und Meditation.
Schwarzes Hemd von Hugo
(Hugo Boss), Elisha, Slim Fit,
gesehen bei Wormland,
Europapassage, um 90 Euro.
Die Wochenvorschau
MONTAG
KINDER: Instrumente aus aller
Welt warten im Klingenden Museum darauf, ausprobiert zu werden!
Beim Osterspecial unter dem Motto
„Alle Vögel sind schon da“ können
Familien mit Kindern (6–12 Jahre)
Saiten- und Perkussionsinstrumente erleben und gemeinsam ein Musikstück gestalten. Laeiszhalle, 14
und 16 Uhr, Kinder 4, Erwachsene 7
Euro, Anmeldung Tel. 35 75 23 43.
DIENSTAG
MUSIK: Klassik und Pop fusionieren, wenn The Ten Tenors
(von Kennern kurz TTT genannt)
ihre starken Solo-Stimmen zu
einem aufregenden Klangerlebnis
verschmelzen lassen. CCH, 20 Uhr.
HÖRSPIEL: „Der Malteser Falke
wird unter Sternen gejagt“. Das
NDR-Hörspiel des düsteren Detektiv-Klassikers von Dashiell Hammett
läuft im Planetarium, 19.30 Uhr.
die Hamburger Anthologie „Sex ist eigentlich nicht so mein Ding“, wenig später „Schlechter Sex 2“ und schließlich –
man war offenkundig auf eine Marktlücke gestoßen – „Schlechter Sex 3“. Eine
komplette Trilogie voller Beischlaf-Desaster! Diese Recherche kann nicht vergnügungssteuerpflichtig gewesen sein.
Einmal sind wir mit der Redaktion
umgezogen, was im Kulturressort heißt:
Bücher ausmisten. Der versammelte
schlechte Sex fiel – neben diversen daVinci-Bildbänden, klugen Essays und
Hochkarätigem vom ein oder anderen
Nobelpreisträger – auf den „Bitte mitnehmen“-Stapel. Für die kulturell unterversorgten Kollegen aus Lokalteil,
Wirtschaft und Sport. Was soll man sagen? „Schlechter Sex“ war als erstes
weg. Alle Bände. Arme Kollegen.
Ich habe jetzt wieder ein Buch geschickt bekommen. „Sex is fun“. Liebe
Verlage: Aha. Liebe Kollegen: Ich lege
es in den Flur. Als Antiserum. Aber
nicht vergessen: Alleine lesen gilt noch
nicht als Kultur. Und die Vergnügungssteuer geht an mich.
ILLUSTRATION: JOSEPHINE WARFELMANN
Gesichtscreme
Clinique, „skin
supplies for men
M lotion“, gesehen bei Douglas,
Europapassage,
um 34 Euro.
FOTOS: PR
FOTO: SAT.1/BERND JAWOREK
Sie sind viel für Shootings unterwegs, stehen jetzt auch vor
der Kamera. Was tun Sie dafür, immer blendend auszusehen?
Das Leben in vollen Zügen
zu genießen ist für mich die
beste Medizin, um gut auszusehen. Wenn man sich gut
fühlt, strahlt das auch von
innen aus. Und von „außen“
kommt dann noch eine
Clinique-Creme drauf …
E
Motorradstiefel Roadstar
GTX von Daytona, gesehen
bei Polo, Kieler Str. 157 – 161,
um 250 Euro.
in Sex-Kino ist keine Kultureinrichtung“, meldeten Agenturen
kürzlich. Wir hatten das schon
geahnt. Die Begründung aber ist das
Spannende: Ein belgischer Pornokinobetreiber wollte gern den für Kinos ermäßigten Mehrwertsteuersatz bezahlen und durfte nicht, weil seine Filme
nicht gemeinsam, sondern in Einzelkabinen betrachtet würden. In Deutschland ist da sogar Vergnügungssteuer
fällig. Als berufsbedingt Feuilletongeschädigter fragt man sich da, ob es also
schon als Kultur gilt, wenn man sich z.B.
zu dritt in eine solche Kabine zwängt
und warum Kultur eigentlich von der
Vergnügungssteuer ausgeschlossen ist.
Schließlich wird man als Kulturarbeiter einer Zeitung von fürsorglichen
Verlagen regelmäßig mit Gedrucktem
versorgt. Da landen die kuriosesten
Dinge auf dem Schreibtisch. Gestern
zum Beispiel der Band „Tolstoi auf’m
Klo – Russlands Kultur durch die Toilettenbrille betrachtet“. Am Tag davor „Nackt am Grill – Ein Mann geht an
seine Grenzen“ und „Auf die Größe
kommt es an“. Wenn nicht gelegentlich
ein Werk wie „Die Geburt des radikalen
Islamismus aus dem Hüftspeck des
deutschen Schlagers“ darunter wäre,
geriete man fast ins Grübeln, nach welchen Kategorien die Verlage wohl ihre
Rezensionsexemplare verteilen.
Vor einiger Zeit kam zuerst das erhellende Werk „Schlechter Sex“, dann
Außerhalb der Mauern
ist das Leben sehr eingeschränkt. Als Frau darf ich
nicht selbst Auto fahren, bin immer
auf einen Chauffeur angewiesen.
Es gibt keine öffentlichen Kinos,
Theater oder ähnliches, so dass
man auf das kulturelle Angebot
der Botschaften zählen muss. Außerdem muss man als Frau eine
Abaya tragen. Der Kopfschal ist
zwar keine Pflicht, aber die Religionspolizei ist überall und mahnt
auch schon mal an, ihn umzulegen. Eine große Herausforderung
sind die fünf Gebetszeiten, die
man genau kennen sollte, denn
einfach alles – Geschäfte, Büros,
Restaurants – wird dann für eine
halbe Stunde geschlossen. Hinzu
kommt eine Mittagspause von
drei Stunden, weshalb man sich
genau überlegen muss, wann man
welche Besorgungen macht. Doch
all das habe ich schon nach nur
kurzer Zeit als völlig normal empfunden, es gehört hier eben dazu.
Riad ist eine riesige Wüstenstadt,
die nicht sehr viel zu bieten hat,
unzählige Shopping Malls und
Fast-Food-Restaurants prägen das
Bild, aber dafür hat die Wüste ihre
Reize. Der Zusammenhalt unter
den Ausländern ist extrem gut,
und so haben wir innerhalb kürzester Zeit einen großen multikulturellen Freundeskreis gefunden, was ich so bisher noch nicht
kannte. Für unseren Sohn Paul
ist das Leben hier geradezu ideal,
denn es gibt reichlich Babys und
Kinder. Und durch die Kita direkt
vor der Tür genießt er von klein
auf das Herumtollen und Spielen
inmitten vieler Menschen.
Kein Vergnügen
Eugen Bauder, 24, Model und Schauspieler
(„Eine wie keine“, Sat.1), liegt leger auf der
Couch oder gibt Gas auf dem Motorrad.
Als Model sind Sie immer stylish und trendy gekleidet.
Was tragen Sie privat am liebsten?
Ich mag es leger und casual. Am liebsten trage ich eine
lässige Jeans und ’ne coole Lederjacke, obwohl ich mich
auch in einem schicken Sakko und passendem Hemd sehr
wohl fühle. Am Wochenende, wenn ich nicht vor der Kamera stehe und so rumlaufen kann, wie es mir gefällt, relaxe ich gern auf der Couch. Da gibt es nichts Passenderes
als eine ausgeleierte Jogginghose und irgendein T-Shirt.
Riad
MADE IN HAMBURG
Kolumne
» An dieser Stelle schreiben
im wöchentlichen Wechsel die
Abendblatt-Redakteure Maike
Schiller und Joachim Mischke.
Das frisch gekochte
Osterei sicher und
warmgehalten im
Bauch des 13 cm großen
und handbemalten
„Hamburger Wasserträgers“, der – stets
lächelnd – in seinem
Zylinder sogar noch
einen Salzstreuer
versteckt hält.
Eierbecher mit
Salzstreuer, gesehen bei Compagnie Coloniale,
Mönckebergstr.
7, um 10 Euro.
5.–11. APRIL
MITTWOCH
DONNERSTAG
SCHLAGER: „Stark“ fühlt sich
Howard Carpendale. Längst
vergessen, dass er sich vor ein paar
Jahren von der Bühne verabschiedet hat – „Howie“ lässt es sich
nicht nehmen, seine neueste CD
live zu präsentieren. CCH, 20 Uhr.
SHOW: „Star Wars in Concert“.
Bombast-Show der Sci-Fi-Saga
mit Highlights aller sechs Teile, LiveMusik des Royal Philharmonic Concert Orchestra & Chor und C-3PODarsteller Anthony Daniels als
Erzähler. Color Line Arena, 20 Uhr.
FUSSBALL: Die deutsche U-20
Nationalelf spielt am Millerntor ab
18.15 Uhr gegen Italiens Jungkicker.
LESUNG: Senta Berger und C.
Bernd Sucher stellen den Erzähler
und Aphoristiker Alfred Polgar vor,
St. Pauli Theater, 20 Uhr.
FREITAG
KUNST: „20 Jahre Art Store
St. Pauli.“ Mit einer Ausstellung
mit Bildern von SAM über DM-Bob
bis Silky sowie drei Bands feiert
die feine kleine Cheap-Art-Galerie
im Fundbureau Geburtstag. 21 Uhr.
MESSE: „Nord Antique“ 70 Aussteller bieten Schätze von Schmuck
bis Möbeln an. Messehalle Schnelsen. Fr 14 – 19, Sa / So 11 – 19 Uhr.
SONNABEND
KONZERT: „Der Mann am
Klavier – Paul Kuhn“ – beim Konzert in der Hamburger Klangkirche
(Harburg, Neue Str. 44) wird die
82-jährige Swing-Legende u.a. von
Ex-Passport-Drummer Willy Ketzer
begleitet. 15 – 35 Euro, 20 Uhr.
GALA: „Die Stiftung zur Förderung der Staatsoper“ feiert ihr
50-jähriges Bestehen mit einem
Ballett- und Opernabend, ab 18 Uhr.
SONNTAG
GESPRÄCH: „Gib die Dinge der
Jugend mit Grazie auf – Mein
Leben“ heißt die Biografie von Volker Lechtenbrink, die er mit Hubertus Meyer-Burckhardt vorstellt.
Ernst-Deutsch-Theater, 11 Uhr.
DESSOUS: Rockabilly-Pin-upGirl Bernie Dexter präsentiert die
Korsett-Kollektion von „Revanche
de la Femme“ und gibt Autogramme. Boutique Bizarre, 16 – 20 Uhr.