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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 C 17.09
VGH 15 BV 08.263
Verkündet
am 29. Juli 2010
Kairies
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juli 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen sowie
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar
2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I
1
Der Kläger ist Beamter im Dienst der Beklagten. Er ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Den Antrag des Klägers, seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden zu verkürzen, lehnte die Beklagte
ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat
die Berufung des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, die Möglichkeit
zur Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nach der Arbeitszeitverordnung bestehe nur für Schwerbehinderte, nicht aber für Behinderte, die
ihnen gleichgestellt seien.
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Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision rügt der Kläger die
Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom
27. Januar 2009 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. November 2007 sowie
den Bescheid vom 3. März 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte
zu verpflichten, dem Kläger ab Antragstellung die beantragte Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden zu gewähren.
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3
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
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Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Verkürzung seiner regelmäßigen
wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden hat. Weder aus der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (Arbeitszeitverordnung - AZV - vom 23. Februar 2006, BGBl I S. 427) (1) noch aus anderen Vorschriften (2) ergibt sich ein solcher Anspruch.
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1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV können schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf
40 Stunden beantragen. Diese Vorschrift gilt nur für Schwerbehinderte im Sinne
von § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) vom 19. Juni 2001
(BGBl I S. 1046) nicht aber für die gleichgestellten behinderten Menschen im
Sinne von § 2 Abs. 3 SGB IX wie den Kläger. Dies folgt aus einer Auslegung
der Vorschrift nach ihrer Systematik und ihrem Zweck.
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Nach § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die
Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht
erlangen oder behalten können. Die Gleichstellung erfolgt aufgrund einer Feststellung nach § 69 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch die
Bundesagentur für Arbeit (§ 68 Abs. 2 SGB IX). Auf gleichgestellte Behinderte
werden (mit wenigen Ausnahmen) nach § 68 Abs. 3 SGB IX die besonderen
Regelungen für schwerbehinderte Menschen in Teil 2 des SGB IX angewendet.
Ob außerhalb dieses Regelungskreises auch bei anderen Vorschriften, die für
Schwerbehinderte gelten, eine rechtliche Gleichstellung geboten ist, wenn eine
ausdrückliche Bezugnahme fehlt, ist eine Frage der Auslegung (Urteil vom
19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 55.07 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 7).
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Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV nimmt hinsichtlich des Begriffs des
Schwerbehinderten - anders als z.B. § 52 Abs. 1 Nr. 2 BBG - nicht ausdrücklich
Bezug auf § 2 Abs. 2 SGB IX. Fehlt im Wortlaut einer Norm eine eindeutige
Beschränkung auf Schwerbehinderte im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX, so ist es
eine Frage der weiteren Auslegung der Vorschrift, ob von dem dort verwendeten Begriff des Schwerbehinderten auch solche Personen erfasst werden, die
nach § 2 Abs. 3 SGB IX schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (Urteil
vom 19. Februar 2009 a.a.O.). Hier spricht insbesondere die Systematik des § 3
Abs. 1 AZV gegen die Einbeziehung von gleichgestellten behinderten Menschen in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV. Ferner macht es
der Zweck der Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX, nämlich die Gewährleistung der Teilhabe von bestimmten behinderten Menschen (Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30) am Arbeitsleben, gerade nicht
erforderlich, § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV so auszulegen, dass diese Vergünstigung
auch diese Gruppe von Behinderten erfasst.
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In § 3 Abs. 1 Satz 5 AZV ist bestimmt, dass § 116 Abs. 1 SGB IX unberührt
bleibt. Diese Vorschrift regelt die Folgen des Wegfalls der Voraussetzungen der
Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX. Einen Verweis
auf § 116 Abs. 2 SGB IX, der sich mit der Aufhebung der Gleichstellung nach
§ 2 Abs. 3 SGB IX befasst, sieht § 3 Abs. 1 AZV dagegen nicht vor. Dies macht
deutlich, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers Gleichgestellte im Sinne des § 2 Abs. 3 SGB IX von der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV nicht
erfasst sein sollten und deshalb auch die Folgen des Wegfalls dieser Rechtsstellung nicht in gleicher Weise wie für Schwerbehinderte im Sinne von § 2
Abs. 2 SGB IX geregelt werden mussten.
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Der Zweck der Vorschrift bestätigt dieses Auslegungsergebnis. Bei Menschen
mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 30 soll die Gleichstellung nach
§ 2 Abs. 3 SGB IX die Teilhabe am Arbeitsleben sicherstellen. Sie ist an die
Voraussetzung geknüpft, dass diese behinderten Menschen ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen
oder nicht behalten können. Dieser Zweck der Gleichstellung erfordert es nicht,
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gleichgestellte behinderte Beamte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit wie den
Kläger in den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV einzubeziehen.
Da diese Beamten aufgrund ihrer Rechtsstellung einen dauerhaft
gewährleisteten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung haben, kann
es bei ihnen nur darum gehen, sie vor beruflicher Überforderung und einer darauf beruhenden vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand zu bewahren. Diesen Schutz kann der Dienstherr in Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht gewähren, ohne dass es dafür der pauschalen Reduzierung der regelmäßigen
wöchentlichen Arbeitszeit um eine Stunde bedarf. Hierfür stehen dem Dienstherrn jeweils an die konkrete Behinderung des Beamten anknüpfende Mittel,
wie etwa die behindertengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes (Urteile vom
22. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Rn. 20 und
28; vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 46.08 - juris Rn. 31) zur Verfügung. Auch
ist der Dienstherr nach § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG entsprechend dem Grundsatz
„Rehabilitation vor Versorgung“ verpflichtet (Entwurf eines Dienstrechtsneuordnungsgesetzes, BTDrucks 16/7076, S. 111), vor der Versetzung eines dienstunfähigen Beamten in den Ruhestand dessen anderweitige Verwendung zu
prüfen. Dies rechtfertigt zugleich die unterschiedliche Behandlung der nach § 2
Abs. 3 SGB IX gleichgestellten behinderten Beamten, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AZV 41 Stunden beträgt, im Vergleich zu den nicht behinderten Arbeitnehmern, die infolge der Regelung in § 3
Arbeitszeitgesetz (- ArbZG -, vom 6. Juni 1994, BGBl I S. 1170) regelmäßig nur
40 Stunden arbeiten müssen.
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Etwas anderes folgt auch nicht aus § 68 Abs. 3 SGB IX. Diese Vorschrift gehört
zum Teil 2 des Sozialgesetzbuches - Neuntes Buch und bezieht sich aufgrund
ihrer systematischen Stellung und ihres Wortlauts allein auf die besonderen
Regelungen in dessen Teil 2. Aus ihr folgt nicht das die gesamte Rechtsordnung erfassende Gebot, gleichgestellte behinderte Menschen in jeder Hinsicht
rechtlich ebenso zu behandeln wie Schwerbehinderte im Sinne von § 2 Abs. 2
SGB IX.
11
Die Einbeziehung von gleichgestellten behinderten Beamten im Sinne von § 2
Abs. 3 SGB IX in den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV kann
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auch nicht damit begründet werden, andernfalls sei die Gleichstellung bei Beamten bedeutungslos. Denn auch ohne diese Einbeziehung hat die Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX für den Betroffenen weitreichende Vorteile. So
folgt z.B. aus § 68 Abs. 3 und § 123 Abs. 1 Satz 1 SGB IX für einen gleichgestellten behinderten Beamten, dass bei der Bemessung seiner Dienstbezüge
Renten und vergleichbare Leistungen, die er wegen seiner Behinderung bezieht, nicht zu berücksichtigen sind.
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Die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten Beamten und der ihnen nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellten behinderten Beamten in Bezug auf
die Möglichkeit der Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist
schließlich mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die in § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV zum
Ausdruck kommende Besserstellung von Schwerbehinderten im Sinne von § 2
Abs. 2 SGB IX knüpft - typisierend - an das sachlich gerechtfertigte Kriterium
der höheren Schutzbedürftigkeit dieser Personen ausgehend vom Grad ihrer
Behinderung von wenigstens 50 gegenüber ihnen lediglich gleichgestellten behinderten Menschen an. Mit der Erhöhung des Grades der Behinderung steigt
typischerweise auch das Maß der für die Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft erforderlichen Fürsorge (vgl. BAG, Urteil vom 19. September 2000
- 9 AZR 516/99 - ZTR 2001, 565).
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Die unterschiedliche Behandlung von Beamten und Tarifbeschäftigten findet
ihren rechtfertigenden Grund im unterschiedlichen Status beider Personengruppen. Die Verschiedenheit der jeweiligen Ordnungssysteme vermag nach
der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine unterschiedliche Regelung zu rechtfertigen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom
8. Januar 1992 - 2 BvL 9/88 - BVerfGE 85, 176 <186>; Kammerbeschluss vom
30. Januar 2008 - 2 BvR 398/07 - DVBl 2008, 448; BVerwG, Urteile vom
12. Dezember 1979 - BVerwG 6 C 96.78 - BVerwGE 59, 176 <183>, vom
9. Mai 1985 - BVerwG 2 C 20.82 - Buchholz 235 § 48 BBesG Nr. 6 und vom
29. August 1991 - BVerwG 2 C 22.89 -; Beschlüsse vom 26. Oktober 1988
- BVerwG 2 B 44.88 - Buchholz 240 § 28 BBesG Nr. 14, vom 18. Februar 1992
- BVerwG 2 B 147.91 - Buchholz 239.1 § 86 BeamtVG Nr. 2, vom 14. Oktober
1994 - BVerwG 2 NB 2.94 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 73 und vom
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30. Januar 2008 - BVerwG 2 B 59.07 - juris). Die unterschiedlichen Strukturprinzipien von Beamtenrecht und Tarifrecht haben durch die im Laufe der Zeit
veränderten Vorschriften über die Arbeitszeit und ihre weitgehende Angleichung
keinen essentiellen Wandel erfahren. Die grundsätzliche Verpflichtung des
Beamten zum vollen Einsatz in seinem Beruf ist unberührt geblieben, mögen
auch die Arbeitszeitvorschriften dieser Pflicht einen zeitlich bestimmten Inhalt
im Rahmen der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegeben haben (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 25. November 1980 - 2 BvL 7, 8, 9/76 - BVerfGE 55, 207
<240>). Wenn gleichwohl der Gesetzgeber aus sozialen und fürsorgerechtlichen Erwägungen die Arbeitszeit für Beamte weitgehend in Angleichung an die
Verhältnisse der Arbeitnehmer festgesetzt hat, begründet dies keine Verpflichtung zur vollständigen Anpassung (vgl. hierzu Urteil vom 29. November
1973 - BVerwG 2 C 14.73 - Buchholz 237.7 § 78 LBG NW Nr. 2 m.w.N.; Beschlüsse vom 14. Oktober 1994 - BVerwG 2 NB 2.94 - a.a.O. und vom 30. Januar 2008 - BVerwG 2 B 59.07 - a.a.O.).
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Im Übrigen würde die Annahme eines einheitlichen Regelungsauftrags an den
Gesetzgeber nicht automatisch dem klägerischen Begehren zum Erfolg verhelfen und für den Kläger einen Anspruch auf Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden begründen. Vielmehr wären dem
Normgeber verschiedene Möglichkeiten zur Beseitigung des - unterstellten Verstoßes eröffnet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993 - 1 BvL 38,
40, 43/92 - BVerfGE 88, 87 <101 f.>; BVerwG, Urteile vom 11. Oktober 1996
- BVerwG 3 C 29.96 - BVerwGE 102, 113 <117 ff.> und vom 25. Oktober 2007
- BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1).
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2. Aus § 124 SGB IX ergibt sich für den Kläger ebenfalls kein Anspruch auf
Verkürzung seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden. Nach § 124 SGB IX werden schwerbehinderte Menschen auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Zwar werden von § 124 SGB IX neben Arbeitnehmern auch Beamte erfasst (vgl. Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar
zum Sozialgesetzbuch IX, 3. Aufl., § 124, Rn. 4; Dau/Düwell/Haines, Sozialgesetzbuch IX, 2. Aufl., § 124, Rn. 3). Auch können sich gleichgestellte behinderte
Menschen nach § 68 Abs. 3 SGB IX auf diese Norm berufen. Die vom Kläger
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abverlangte wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden ist aber die Regelarbeitszeit und keine über diese hinausgehende Mehrarbeit im Sinne von § 124
SGB IX.
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Eine einheitliche Definition des gesetzlichen Begriffs der Mehrarbeit oder ein
Verständnis dieses Begriffes im Sinne einer Festlegung auf eine bestimmte tägliche oder wöchentliche Stundenzahl hat der Gesetzgeber in § 124 SGB IX in
Kenntnis der unterschiedlichen Ausgestaltungen der regelmäßigen Arbeitszeit
bewusst unterlassen (vgl. Beschluss vom 30. Januar 2008 - BVerwG 2 B
59.07 - juris Rn. 8; BAG, Urteile vom 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - BAGE
104, 73, Rn. 47 und vom 21. November 2006 - 9 AZR 176/06 - NZA 2007, 446,
Rn. 21; Lachwitz/Schellhorn/Welti, a.a.O., § 124, Rn. 12; Deinert/
Neumann, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 2. Aufl., § 18,
Rn. 57). Zur Bestimmung der über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehenden
Zeit (Mehrarbeit) ist die für die jeweilige Gruppe von Beschäftigten geltende
Bestimmung maßgeblich. Für Arbeiter und Angestellte ist die für diese Beschäftigtengruppe geltende Vorschrift des § 3 Satz 1 ArbZG heranzuziehen (vgl.
BAG, Urteile vom 3. Dezember 2002 - 9 AZR 462/01 - BAGE 104, 73 und vom
21. November 2006 - 9 AZR 176/06 - NZA 2007, 446 f.). Für Bundesbeamte
beträgt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach § 87 Abs. 3 Satz 1 BBG
sowie § 3 Abs. 1 Satz 1 AZV 41 Stunden. Damit wird vom Kläger keine Mehrarbeit im Sinne von § 124 SGB IX verlangt.
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Den geltend gemachten Anspruch kann der Kläger auch nicht unmittelbar auf
eine Verletzung der in § 78 BBG ausdrücklich normierten und durch Art. 33
Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn stützen (vgl. Urteil
vom 10. Februar 1977 - BVerwG 2 C 43.74 - Buchholz 232 § 89 BBG Nr. 9
m.w.N.; Beschluss vom 30. November 1994 - BVerwG 10 B 1.94 - Buchholz
262 § 1 TVG Nr. 2). Aus den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil
ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Ausschluss des einem
Schwerbehinderten gleichgestellten Klägers von der Möglichkeit der Verkürzung
der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 auf 40 Stunden verletze die
der Beklagten als Dienstherrin obliegende Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
VRiBVerwG Herbert
ist wegen Urlaubs verhindert
zu unterschreiben.
Dr. Heitz
Thomsen
RiBVerwG Groepper
ist wegen Eintritts in den
Ruhestand verhindert zu
unterschreiben.
Dr. Heitz
Dr. Hartung
Dr. Heitz
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Beamtenrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BBG
SGB IX
SGB IX
SGB IX
SGB IX
SGB IX
AZV
AZV
§ 78
§ 2 Abs. 2
§ 2 Abs. 3
§ 68 Abs. 3
§ 116 Abs. 1
§ 124
§ 3 Abs. 1 Satz 1
§ 3 Abs. 1 Satz 2
Stichworte:
Behinderung, Grad der Behinderung, Schwerbehinderter, gleichgestellte behinderte Menschen, regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, Verkürzung.
Leitsatz:
Die Möglichkeit der Verkürzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 41
auf 40 Stunden nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AZVO gilt nur für schwerbehinderte Beamte (§ 2 Abs. 2 SGB IX), nicht aber für die gleichgestellten behinderten Beamten (§ 2 Abs. 3 SGB IX).
Urteil des 2. Senats vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 C 17.09
I. VG München vom 20.11.2007 - Az.: VG M 5 K 06.2977 II. VGH München vom 27.01.2009 - Az.: VGH 15 BV 08.263 -