1 Arbeitslosenversicherung I nhaltsverzeichnis I

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1 Arbeitslosenversicherung I nhaltsverzeichnis I
Arbeitslosenversicherung
Inhaltsverzeichnis
I.
1.
2.
3.
4.
5.
II.
III.
1.
2.
3.
IV.
V.
VI.
VII.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Anspruchsberechtigte
Voraussetzungen
Arbeitslos
a.
Arbeitnehmer
b.
Beschäftigungslosigkeit
c.
Eigenbemühungen
d.
Verfügbarkeit
aa. In Betracht kommender Arbeitsmarkt
bb. Rechtliche Hindernisse
cc. Bereitschaft des Arbeitslosen
dd. Vorschlägen zeit- und ortsnah Folge leisten
ee. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
ff. Sozialleistungen bei länger dauernder Minderung der Leistungsfähigkeit
gg. Mobilitätshilfen
Arbeitslosmeldung
a.
Persönliche Meldung
b.
Frühzeitige Meldung
Anwartschaftszeit
a.
Rahmenfrist
b.
Verlängerung der Rahmenfrist
c.
Verkürzung der Rahmenfrist
d.
Versicherungspflichtverhältnis
e.
Sperrzeit und Anwartschaftszeit
58er-Regelung und Zwangsverrentung
Anspruchsdauer
Höhe des Arbeitslosengeldes
Bemessungszeitraum
Bemessung bei alsbaldiger erneuter Arbeitslosigkeit
Bemessungsentgelt
Anrechnungsfreies Nebeneinkommen
Arbeitslosengeld im Krankheitsfall und bei Erwerbsminderung
Teilarbeitslosengeld
Ruhen und Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Arbeitskämpfe
Anspruch auf restliches Arbeitsentgelt
Anspruch auf Urlaubsabgeltung
Anspruch auf Abfindung, Entlassungsentschädigung u.a.
a.
Allgemeines
b.
Höhe der Anrechnung einer Entlassungsentschädigung
c.
Zeitraum des Ruhens
Anspruch auf Sozialleistungen
Sperrzeit
a.
Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe
aa. Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
bb. Verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung
cc. Wichtiger Grund
b.
Sperrzeit bei Arbeitsablehnung bzw. Ablehnung/Abbruch
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VIII.
IX.
1.
2.
3.
X.
einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
c.
Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen
d.
Sperrzeit bei Meldeversäumnis
e.
Beginn und Dauer der Sperrfrist
f.
Wirkung der Sperrzeit
Wie wird das Arbeitslosengeld gezahlt?
Erlöschen des Anspruchs
Wiederholter Sperrzeitanlass
Erlöschen durch Zeitablauf
Erlöschen bei Entstehen eines neuen Anspruchs
Rückforderung durch die Agentur für Arbeit
I.
Anspruchsberechtigte
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1.
Voraussetzungen
Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat gemäß § 118 Abs.1 SGB III, wer
• arbeitslos ist,
• sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
• die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Jede der zuvor genannten Voraussetzungen muss erfüllt sein. Ferner hat ein Arbeitsloser, der das 65.
Lebensjahr erreicht hat, vom Beginn des folgenden Monats an keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld
mehr (§ 117 Abs. 2 SGB III).
2.
Arbeitslos
Arbeitslos ist gemäß § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der
• nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (sog. Beschäftigungslosigkeit),
• sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (sog. Eigenbemühungen) und
• den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (sog. Verfügbarkeit).
a.
Arbeitnehmer
Arbeitnehmer ist, wer abhängig beschäftigt wäre, wenn er Arbeit hätte. Hierzu zählt derjenige, welcher
im Betrieb eines Arbeitgebers arbeitet und von ihm oder seinen Mitarbeitern Weisungen empfängt.
Hierzu zählt auch der Arbeitslose, der zumindest von nun an eine abhängig Beschäftigung sucht, auch
wenn er bisher selbständig tätig war oder sich später einmal selbständig machen will.
Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, warum jemand seine Arbeitnehmerstelle verliert (z.B. eigene
Kündigung, eigenes Verschulden, Insolvenz der Firma u.a.). In allen Fällen erhält der Arbeitslose –
abgesehen von der Sperrzeit – Arbeitslosengeld, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Auch
Auszubildende und Heimarbeiter zählen zu den Arbeitnehmern.
b.
Beschäftigungslosigkeit
Beschäftigungslos ist, wer nicht (mehr) in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Hierbei kommt es nicht
entscheidend auf die arbeitsrechtliche, sondern auf die tatsächliche Situation an. Wird ein Arbeitnehmer
z.B. von der Arbeit freigestellt, während das Arbeitsverhältnis fortbesteht, so ist der Arbeitnehmer
dennoch beschäftigungslos i.S.v. § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III, wenn der Arbeitgeber die Verpflichtungen
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aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr beansprucht oder wenn der Arbeitnehmer sich der Verfügungsgewalt
des Arbeitgebers nicht mehr unterwirft.
In diesen Fällen kann sich der Arbeitnehmer arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beanspruchen. Erhält
der Arbeitslose Arbeitslosengeld, weil der Arbeitgeber seiner Entgeltzahlungsverpflichtung nicht
nachkommt, so geht der Anspruch auf Arbeitsentgelt auf die Bundesagentur für Arbeit über (§ 115 Abs. 1
SGB III). Bezieht der Arbeitslose aber noch Arbeitsentgelt (z.B. während der Freistellung), so ruht der
Anspruch auf Arbeitslosengeld in dieser Zeit (§ 143 Abs. 1 SGB III).
Als beschäftigungslos gilt auch, wer zwar beschäftigt ist, dessen Arbeitszeit jedoch – von gelegentlichen
Abweichungen von geringer Dauer abgesehen – weniger als 15 Stunden pro Woche beträgt. Mehrere
Beschäftigungen werden zusammengerechnet (§ 119 Abs. 3 SGB III). Auf die Höhe des hierdurch
erzielten Entgeltes kommt es dabei nicht an.
Nichts anderes gilt nach § 119 Abs. 3 SGB III auch für selbständige Tätigkeiten und für Tätigkeiten als
mithelfender Familienangehöriger. Familienangehörige sind Ehegatten, Verwandte in gerader Linie
(einschließlich nichtehelicher Kinder), Verschwägerte ersten Grades, Adoptiveltern und Adoptivkinder
sowie Pflegeeltern und Pflegekinder.
In der Zeit, in der trotz kurzzeitiger Beschäftigung (weniger als 15 Std./Woche) ein Anspruch auf
Arbeitslosengeld besteht, ist der Arbeitslose – anders als im Falle mehr als geringfügiger Beschäftigung
(§ 8 SGB IV) in den anderen Zweigen der Sozialversicherung (Renten-, Kranken- und
Pflegeversicherung) – in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei (§ 27 Abs. 5 Satz 1 SGB III).
Diese Zeit stellt daher auch keine Anwartschaftszeit für die Erfüllung eines Anspruchs aus der
Arbeitslosenversicherung dar.
c.
Eigenbemühungen
Der Arbeitslose hat grundsätzlich alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen (§ 119
Abs. 4 Satz 1 SGB III). Hierzu gehört nach Satz 2 insbesondere, dass er
• die Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung wahrnimmt,
• bei der Vermittlung durch Dritte mitwirkt und
• die Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit in Anspruch nimmt.
In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung zu
beachten. Sie sind unbedingt wahrzunehmen. Nachdem der Arbeitsvermittler gemeinsam mit dem
Arbeitslosen zunächst festgestellt hat, in welche berufliche Tätigkeit dieser vermittelt werden kann (ggf.
durch Teilnahme an einer Maßnahme der Eignungsfeststellung), werden anschließend in einer
Eingliederungsvereinbarung für einen bestimmten Zeitraum die Vermittlungsbemühungen der Agentur
für Arbeit, die Eigenbemühungen des Arbeitslosen sowie gegebenenfalls künftige Leistungen der aktiven
Arbeitsförderung festgelegt (§ 35 Abs. 4 SGB III).
Kommt der Arbeitslose den in der Eingliederungsvereinbarung festgeschriebenen Eigenbemühungen
nicht nach, tritt wegen versicherungswidrigen Verhaltens gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 SGB
III eine zweiwöchige Sperrzeit ein.
d.
Verfügbarkeit
Der Arbeitslose muss den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen. Dies
ist nur der Fall, wenn er
• eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare
Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden
Arbeitsmarktes ausüben kann und darf und er auch bereit ist, jede Beschäftigung insofern
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Anzunehmen und auszuüben,
• Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge
Leisten kann und
• er bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
aa. In Betracht kommender Arbeitsmarkt
Selten liegt ein „Idealfall“ vor, in welchem der Arbeitslose durch nichts gehindert ist, jede Tätigkeit, die
auf dem Arbeitsmarkt angeboten wird, aufzunehmen bzw. auszuüben und er hierzu auch bereit ist. Daher
hat der Arbeitsvermittler dies aufgrund der vom Arbeitslosen gemachten Angaben und aufgrund von
Beratungsgesprächen herauszufinden, ob und wenn ja, welche Einschränkungen hinsichtlich künftiger
beruflicher Tätigkeiten bestehen. Kann er dies nicht ohne weiteres feststellen, so soll eine
Eignungsfeststellung vorgenommen werden und sodann eine Eignungsvereinbarung getroffen werden
(§ 35 Abs. 3 und 4 SGB III). Nimmt der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer
Maßnahme der Eignungsfeststellung nicht teil, tritt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III eine
Sperrzeit ein.
Grundsätzlich wird gemäß § 121 Abs. 1 SGB III davon ausgegangen, dass dem Arbeitslosen alle seiner
Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar sind, soweit allgemeine oder persönliche
Gründe dem nicht entgegenstehen. Es muss daher bei der Frage der Arbeitsfähigkeit geprüft werden,
inwieweit er hinsichtlich künftiger Tätigkeiten wegen
•
•
•
•
•
körperlicher,
gesundheitlicher bzw.
geistiger Umstände und/oder aus Gründen, die in seiner
Berufsausbildung bzw.
bisherigen beruflichen Tätigkeit liegen, eingeschränkt ist.
Der Arbeitslose kann aus allgemeinen Gründen gemäß § 121 Abs. 2 SGB III, ohne die Verfügbarkeit zu
gefährden oder den Eintritt einer Sperrzeit zu riskieren, eine Beschäftigung ablehnen, wenn sie gegen
• gesetzliche,
• tarifliche oder
• in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen
solche des
• Arbeitsschutzes verstößt.
Die Zumutbarkeit von Beschäftigungen im Schichtbetrieb oder in Betrieben, die Arbeitnehmer
verleihen, ist nicht aus allgemeinen Gründen ausgeschlossen. Dies gilt auch für befristete
Beschäftigungen (§ 121 Abs. 5 SGB III).
Aus personenbedingten Gründen ist einem Arbeitslosen eine Beschäftigung insbesondere dann nicht
zumutbar, wenn das hieraus erzielbare Entgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des
Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. Hier ist eine zeitliche Abstufung vorgesehen. So
ist in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit eine Minderung um mehr als 20 % und in den
folgenden drei Monaten eine solche um mehr als 30 % gegenüber dem Bemessungsentgelt nicht
zumutbar. Jemandem, der länger als sechs Monate arbeitslos ist, sind auch Beschäftigungen zumutbar,
bei denen der arbeitslose ein Nettogehalt erzielt, welches nicht höher ist als das Arbeitslosengeld (§ 121
Abs. 3 Satz 3 SGB III).
Tägliche Pendelzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind dem Arbeitslosen nicht zumutbar,
wenn sie im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Hierbei wird unterschieden zwischen
Arbeitszeiten von bis zu 6 Stunden und solchen von mehr als 6 Stunden. Im Falle einer Arbeitszeit bis zu
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6 Stunden ist erst eine tägliche Pendelstrecke von mehr als 2 Stunden unzumutbar. Beträgt die
Arbeitszeit mehr als 6 Stunden, müssen sogar Pendelzeiten von 2 ½ Stunden in Kauf genommen werden.
Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des Pendelbereichs ist gemäß § 121 Abs. 4 Satz
4 SGB III zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Arbeitslose innerhalb der ersten drei Monate
der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Ab
dem vierten Monat der Arbeitslosigkeit ist ein solcher Umzug in der Regel zumutbar. Dies gilt nicht,
wenn ein wichtiger Grund wie z.B. familiäre Bindungen entgegensteht.
In den Fällen, in denen der Arbeitslose eine zumutbare, ihn aber nicht zufrieden stellende Beschäftigung
aufgenommen hat, kann er sich bei der Agentur für Arbeit – auch wenn er nicht arbeitslos ist –
arbeitssuchend melden. Die Agentur für Arbeit muss dann versuchen, ihm Stellen anzubieten, die ihm
eher entsprechen.
Gemäß § 120 Abs. 4 SGB III schließt die Bereitschaft nur Teilzeitbeschäftigungen auszuüben, die
Verfügbarkeit nicht mehr aus, wenn sich diese auf Teilzeitbeschäftigungen erstreckt, die
versicherungspflichtig sind, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassen und den üblichen
Bedingungen des für den Arbeitslosen in Betracht kommenden Arbeitsmarktes entsprechen. Der
Arbeitslose muss damit – anders als früher – nicht mehr grundsätzlich für jede zumutbare
Vollzeitbeschäftigung zur Verfügung stehen. Er kann sich daher ohne jede Begründung auf eine
versicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung beschränken, mit der Folge, dass sich die Höhe seines
Arbeitslosengeldes entsprechend vermindert (§ 131 Abs. 5 Satz 1 SGB III). Eine Einschränkung auf eine
Teilzeitbeschäftigung aus Anlass eines konkreten Arbeits- und Maßnahmeangebots ist hingegen nicht
zulässig.
bb. Rechtliche Hindernisse
Eine Verfügbarkeit ist nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer rechtlich daran gehindert ist zu arbeiten.
Gesetzliche Beschäftigungsverbote können sich z.B. aus § 285SGB III (Arbeitserlaubnis) oder dem
Mutterschutzgesetz ergeben
cc. Bereitschaft des Arbeitslosen
Für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ist die Bereitschaft, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen,
welche von der Agentur für Arbeit angeboten wird, zwingende Voraussetzung. Ebenso muss der
Arbeitslose bereit sein, an jeder zumutbaren Maßnahme zur beruflichen Eingliederung in das
Erwerbsleben teilzunehmen. Zu Letzteren gehören z.B. Trainingsmaßnahmen, die
• die Selbstsuche des Arbeitslosen unterstützen (Bewerbungstraining),
• dem Arbeitslosen notwendige Fähigkeiten und Kenntnisse für eine erleichterte
Vermittlung vermitteln.
dd. Vorschlägen zeit- und ortsnah Folge leisten
Der Arbeitslose muss sowohl in zeitlicher Hinsicht, als auch in Bezug auf seinen Aufenthalt jederzeit in
der Lage sein, einen möglichen neuen Arbeitgeber aufzusuchen, einen Vorstellungs- oder einen
Beratungstermin wahrzunehmen, an einer Maßnahme zur Eingliederung in das Erwerbsleben
teilzunehmen oder einem sonstigen Vorschlag der Agentur für Arbeit Folge zu leisten. Der Arbeitslose
hat daher sicherzustellen, dass ihn Stellenangebote, sonstige Vorschläge etc. der Agentur für Arbeit
jederzeit erreichen. Wie er das sicherstellt, ist dem Arbeitslosen selbst überlassen. Im Fall eines nicht
gemeldeten Umzugs erkennt die Bundesagentur für Arbeit Verfügbarkeit nur dann an, wenn dieser
innerhalb der Wohngemeinde oder in eine Nachbargemeinde vorgenommen und rechtzeitig vorher ein
Postnachsendeantrag gestellt wurde.
ee.
Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
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Arbeitslose, die während des Bezugs von Arbeitslosengeld unverschuldet erkranken oder sich einer
rechtmäßigen bzw. straffreien Schwangerschaftsunterbrechung oder einer durch Krankheit erforderlichen
Sterilisation unterziehen oder auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden und die aus diesen
Gründen arbeitsunfähig werden, behalten ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zu einer
Arbeitsunfähigkeits- bzw. Behandlungsdauer von sechs Wochen (§ 126 Abs. 1 SGB III). Gleiches gilt für
den Fall einer nach ärztlichem Zeugnis erforderlichen Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines
erkrankten Kindes des Arbeitslosen bis zur Dauer von zehn bzw. (bei allein erziehenden Arbeitslosen)
bis zur Dauer von zwanzig Tagen für jedes Kind in jedem Kalenderjahr, wenn eine andere im Haushalt
des Arbeitslosen lebende Person diese Aufgabe nicht übernehmen kann und das Kind das zwölfte
Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 126 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Insgesamt wird allerdings je
Kalenderjahr Arbeitslosengeld für höchstens 25 Tage bzw. (bei allein erziehenden Arbeitslosen) für
höchstens 50 Tage bezahlt.
ff. Sozialleistungen bei länger dauernder Minderung der Leistungsfähigkeit
Wie bereits geschildert, besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld grundsätzlich nicht, wenn der
Arbeitslose künftig nur noch eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden/Woche ausüben kann. Auf
dieses Erfordernis wird jedoch verzichtet, wenn er/sie ärztlich nachweisbar mehr als sechs Monate in
seiner/ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend gemindert oder völlig leistungsunfähig ist und binnen eines
Monats seit Zugang einer schriftlichen Aufforderung der Agentur für Arbeit beim zuständigen
Rentenversicherungsträger entweder Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur
Teilhabe am Arbeitsleben bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beantragt (§ 125 Abs. 1 Satz 1, Abs.
2 Satz 1 u. 2 SGB III). Im Volksmund wird hier häufig von einer sog. Zwangsverrentung gesprochen, da
der Arbeitslose auf diese Weise „gezwungen“ werden kann, einen Rentenantrag zu stellen und so ggf.
Abschläge bei der Rentenhöhe hinnehmen muss.
Stellt der Arbeitslose einen solchen Antrag nicht, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom Ende der
Monatsfrist bis zu dem Tage, an dem er den Antrag stellt. Gleiches gilt auch, wenn der Arbeitslose seinen
Mitwirkungspflichten gegenüber dem Träger der medizinischen Rehabilitation oder der Teilhabe am
Arbeitsleben nicht nachkommt bzw. wenn er durch sein Verhalten die Feststellung der Erwerbsminderung
verhindert. Hat der Rentenversicherungsträger bereits verminderte Erwerbsfähigkeit festgestellt und ist
der Arbeitslose deshalb nicht mehr in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen,
so besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Durch den Verzicht des Arbeitslosen auf die Verfügbarkeit wird in diesen Fällen der nahtlose Übergang
von Arbeitslosengeld zum Bezug von Übergangsgeld (bei Rehabilitation bzw. Eingliederung behinderter
Menschen) oder (Erwerbsminderungs-) Rente gesichert, sog. Nahtlosigkeitsprinzip. Bei Demjenigen,
der später rückwirkend zum Antragszeitpunkt Übergangsgeld oder Rente erhält, geht der Anspruch bis
zur Höhe des gezahlten Arbeitslosengeldes auf die Agentur für Arbeit über. Nur der überschießende
Betrag wird an den Arbeitslosen ausgezahlt. War das Arbeitslosengeld höher als die spätere Leistung, so
geht dies zu Lasten der Agentur für Arbeit.
gg. Mobilitätshilfen
Während einerseits strenge Anforderungen an die Verfügbarkeit gestellt werden und auch verlangt wird,
dass – falls erforderlich – ein Umzug an den neuen Arbeitsort stattzufinden hat oder lange Anfahrtswege
in Kauf zu nehmen sind, wird andererseits die geforderte Mobilität durch sog. Mobilitätshilfen
unterstützt. In Betracht kommt die
• darlehensweise Übergangsbeihilfe bis zu 1.000 € für den Lebensunterhalt bis zur ersten
Arbeitsentgeltzahlung oder Ausrüstungsbeihilfe bis zu 260 € für Arbeitskleidung und
Arbeitsgerät (§§ 53 Abs. 2 Nr. 1 u. 2, 54 Abs. 1 u. 2 SGB III),
bei auswärtiger Arbeitsaufnahme
• Reisekostenbeihilfe bis zu 300 € für die Fahrt zum Antritt einer Arbeitsstelle,
• Fahrtkostenbeihilfe für tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle während der
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ersten 6 Monate der Beschäftigung,
• Trennungskostenbeihilfe bis zu 260 €/Monat bei getrennter Haushaltsführung während der ersten
6 Monate der Beschäftigung und
• Umzugskostenbeihilfe für einen Umzug innerhalb von zwei Jahren nach Aufnahme der
Beschäftigung, wenn der Umzug durch die Aufnahme der Beschäftigung bedingt ist, die
außerhalb des zumutbaren Tagespendelbereichs von 2 ½ Stunden liegt.
Auch ein Ausbildungssuchender kann Übergangs-, Ausrüstungs- und Umzugskostenbeihilfe, nicht
jedoch Fahrtkosten und Trennungskostenbeihilfe erhalten, wenn sie bei der Agentur für Arbeit als
Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet sind (§ 53 Abs. 4 SGB III).
3.
Arbeitslosmeldung
a.
Persönliche Meldung
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld entsteht frühestens mit dem Tag der persönlichen Meldung. Wenn
schon frühzeitig feststeht, wann das Arbeitsverhältnis endet, kann sich der Arbeitslose schon vorher,
nämlich bis zu drei Monate vor einem erwarteten Eintritt von Arbeitslosigkeit (§ 122 Abs. 1 Satz 2
SGB III) persönlich arbeitslos melden.
Ist der Arbeitslose zu Beginn der Arbeitslosigkeit z.B. bettlägerig krank, geht ihm jeder Tag, an dem er
nicht in Person bei der Agentur für Arbeit vorspricht und sich arbeitslos meldet, verloren. In diesem Fall
kann jedoch ein Anspruch auf Krankengeld (gegenüber der Gesetzlichen Krankenkasse) bestehen.
Gemäß § 118 Abs. 2 SGB III kann der Arbeitslose seinen Antrag bis zur Entscheidung der Agentur für
Arbeit über diesen zurücknehmen. Dies ist z.B. sinnvoll, wenn der Arbeitslose in absehbarer Zeit ein
höheres Lebensalter erreicht und sich hierdurch die Anspruchsdauer erhöht.
b.
Frühzeitige Meldung
Gemäß § 37b Satz 1 SGB III ist der Arbeitslose, wenn sein Versicherungspflichtverhältnis endet,
verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur
für arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat dies spätestens drei
Monate vor dessen Ende zu erfolgen (Satz 2). Dies gilt auch dann, wenn der Fortbestand eines Arbeitsoder Ausbildungsverhältnisses im Wege einer Kündigungsschutzklage o.ä. geltend gemacht wird.
Die Nichtbeachtung dieser unverzüglichen Meldepflicht kann erhebliche finanzielle Einbußen zur Folge
haben. Gemäß § 140 SGB III mindert sich das Arbeitslosengeld abhängig von der Höhe des
Bemessungsentgelts wie folgt:
• bei einem Bemessungsentgelt bis zu 60 €
• bei einem Bemessungsentgelt bis zu 100 €
• bei einem Bemessungsentgelt über 100 €
7€
35 €
50 €
für jeden Tag der verspäteten Meldung, allerdings begrenzt auf den Betrag, der sich bei einer Verspätung
von 30 Tagen errechnet, im Höchstfall also 1500 €. Dieser Betrag wird auf das halbe Arbeitslosengeld
angerechnet, d.h. es wird max. die Hälfte des monatlichen Arbeitslosengeldes so lange einbehalten, bis
der Minderungsbetrag mit dem Leistungsanspruch verrechnet ist. Der Arbeitgeber soll gemäß § 2 Abs. 2
Satz 2 Nr. 3 SGB III den Arbeitnehmer über die Pflicht zur unverzüglichen Arbeitslosmeldung
hinweisen. Ob dies allerdings zu einem Schadensersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber führt, wenn
dieser seine Pflicht zur Aufklärung verletzt und dem Arbeitlosen wegen verspäteter Meldung das
Arbeitslosengeld gekürzt wird, ist umstritten.
4.
Anwartschaftszeit
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Arbeitslosengeld als Versicherungsleistung wird an denjenigen gezahlt, der durch eine genügende Anzahl
von Beiträgen die Anwartschaft darauf erworben hat und jetzt arbeitslos geworden ist.
a.
Rahmenfrist
Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer (ab 1.2.2006) in der Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens
zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§§ 123, 124 Abs. 1 SGB III). Die
Frist beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf
Arbeitslosengeld.
Beispiel: V befand sich in der Zeit vom 01.08.2004 bis 30.09.2005 als Verkäufer in einem
versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. In den folgenden sieben Monaten besuchte er seine Schwester
in Australien. Als er nun zurückkehrt, meldet er sich am 01.05.2006 bei der zuständigen Agentur für
Arbeit arbeitslos.
Hier liegen die Anspruchsvoraussetzungen vor. Die zweijährige Rahmenfrist umfasst den Zeitraum
1.5.2004 bis 30.4.2006. Da F in dieser Zeit mindestens zwölf Monate lang versicherungspflichtig
beschäftigt war, hat er die Anwartschaftszeit erfüllt.
Gemäß § 34j Abs. 3 SGB III gilt die frühere dreijährige Rahmenfrist weiter für Ansprüche, die vor dem
1.2.2006 entstanden sind. Bis dahin reicht also ein zwölfmonatiges Versicherungspflichtverhältnis
innerhalb einer Rahmenfrist von drei Jahren.
b.
Verlängerung der Rahmenfrist
Die zweijährige Rahmenfrist verlängert sich – auf höchstens fünf Jahre – um Zeiten, in denen der
Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme
bezogen hat (§ 124 Abs. 3 SGB III).
c.
Verkürzung der Rahmenfrist
Damit es nicht zu einer Doppelberücksichtigung anwartschaftsbegründender Zeiten kommt, bestimmt §
124 Abs. 2 SGB III, dass eine Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der
der Arbeitslose die Anwartschaftszeit erfüllt hatte.
d.
Versicherungspflichtverhältnis
Der Arbeitslose muss innerhalb der letzten 2 Jahre mindestens zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden haben. Hauptfall ist gemäß § 25 Abs. 1 SGB III die
versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeitnehmer gegen Entgelt oder Auszubildender.
Ferner sind versicherungspflichtig auch:
• jugendliche Behinderte in berufsfördernden Einrichtungen (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB III),
• Gefangene mit Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung nach dem
Strafvollzugsgesetz oder mit Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III (§ 26 Abs. 1
Nr. 4 SGB III),
• Personen in der Zeit, für die sie von einem Leistungsträger Mutterschaftsgeld, Krankengeld,
Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder von einem privaten KrankenVersicherungsunternehmen Krankentagegeld oder von einem Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, wenn sie
Unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren. Es reicht anstelle der
Versicherungspflicht auch der Bezug einer Entgeltersatzleistung nach dem SGB III (z.B.
Arbeitslosengeld) unmittelbar vor Beginn der Leistung aus (§ 26 Abs. 2 SGB III),
• Personen in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
erziehen, wenn sie unmittelbar vor der Kindeserziehung versicherungspflichtig waren oder
eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen haben.
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Trotz Beschäftigung besteht Versicherungsfreiheit z.B. bei:
• Zeiten einer Beschäftigung nach Erreichen des 65. Lebensjahres (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB III),
• Zeiten der Beschäftigung als Beamter, Richter, Soldat auf Zeit oder Berufssoldat (§ 27 Abs. 1
Nr. 1 SGB III),
• Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer während des Bezugs von Rente wegen voller
Erwerbsminderung gearbeitet hat (§ 28 Abs. 2 SGB III),
• Personen, die wegen einer Minderung ihrer Leistungsfähigkeit dauernd nicht mehr verfügbar
sind, ab dem Zeitpunkt, an dem die Agentur für Arbeit diese Minderung der Leistungsfähigkeit
und der Rentenversicherungsträger volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen
Rentenversicherung festgestellt haben (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB III),
• Zeiten, in denen Arbeitnehmer während der Dauer ihrer Ausbildung an einer allgemeinbildenden
Schule bzw. ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der
fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben (§ 27 Abs. 4
Satz 1 SGB III). Beitragspflichtig bleibt der Arbeitnehmer, wenn er allgemeinbildende
schulische Einrichtungen besucht, die der Fortbildung außerhalb der üblichen Arbeitszeit
dienen, d.h. Abendschulen (§ 27 Abs. 4 Satz 2 SGB III),
• Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer geringfügig beschäftigt war (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III
i.V.m. § 8 SGB IV),
• Zeiten, in denen ein Arbeitnehmer unständig (jeweils weniger als eine Woche bzw. sieben Tage)
berufsmäßig beschäftigt ist (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III),
• Zeiten eines Heimarbeiters, der zugleich Zwischenmeister ist und in dieser unternehmerischen
Tätigkeit seinen Hauptverdienst erzielt(§ 27 Abs. 3 Nr. 2 SGB III),
• Zeiten eines Ausländers, der sich hier als Beschäftigter im Rahmen der Entwicklungshilfe
beruflich aus- oder fortbildet, die BRD anschließend wieder verlassen muss und in dessen
Heimatland ausländische Beitragszeiten keine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld begründen
(§ 27 Abs. 3 Nr. 3 SGB III),
• Zeiten einer Beschäftigung, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gefördert wird (§ 27 Abs. 3
Nr. 5 SGB III),
• Zeiten, in denen trotz (kurzzeitiger) Beschäftigung ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht
(§ 27 Abs. 5 SGB III).
In Zeiten, in denen Kurzarbeitergeld oder Winterausfallgeld gezahlt wird, besteht hingegen ein
Versicherungspflichtverhältnis fort (§ 24 Abs. 3 SGB III).
e.
Sperrzeit und Anwartschaftszeit
In Fällen, in denen der Arbeitslose eine zumutbare Arbeit ohne wichtigen Grund ablehnt, tritt eine
Sperrzeit ein, in der er kein Arbeitslosengeld erhält (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III). Bestehen
Sperrzeiten von 21 Wochen oder mehr, so erlischt gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 2 SGB III der Anspruch auf
Arbeitslosengeld vollständig.
Zwischenzeitliche Beschäftigungszeiten, die vor dem Tag liegen, an dem ein Anspruch auf
Arbeitslosengeld wegen wiederholten Eintretens von Sperrzeiten erlischt, sind nicht
anwartschaftsbegründend (§ 123 Satz 2 SGB III).
5. 58er–Regelung und Zwangsverrentung
Zum 31.12.2007 läuft die Regelung des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III aus. Hiernach besteht bis zu diesem
Zeitpunkt für ältere Arbeitslose, die 58 Jahre oder älter sind, die Möglichkeit, Arbeitslosengeld auch dann
zu beziehen, wenn sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen wollen, um ihre
Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Voraussetzung ist jedoch, dass alle übrigen Voraussetzungen für
den Bezug von Arbeitslosengeld vorliegen und der Anspruch spätestens am 31.12.2007 entsteht.
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Hat der Arbeitslose Arbeitslosengeld nach § 428 SGB III unter den erleichterten Voraussetzungen drei
Monate lang bezogen und erfüllt er in absehbarer Zeit die Voraussetzungen für einen Anspruch auf
Altersrente, wird die Agentur für Arbeit ihn zwingen, diese innerhalb eines Monats auch zu beantragen
(§ 428 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dies darf sie gemäß dieser Vorschrift jedoch nur, sofern der Arbeitslose
die Rente ohne Abschläge in Anspruch nehmen kann. Kommt der Arbeitslose dem nicht nach, ruht der
Anspruch vom Ablauf der Monatsfrist bis zu dem Tage, an dem er die (Alters-) Rente beantragt.
Da diese Regelung jedoch zum 31.12.2007 nach gegenwärtigem Kenntnisstand ausläuft und der
Anspruch auf Rente vorrangig gegenüber dem Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende
(ALG II) ist, droht den älteren Arbeitslosen künftig die sog. Zwangsverrentung. Sie haben also vor dem
Bezug von Arbeitslosengeld II zunächst die persönlichen Reserven (abgesehen von geringen Freibeträgen
bzw. Schonvermögen) aufzubrauchen. Hierzu gehört auch die (Alters-) Rente, was zur Folge hat, dass der
Arbeitslose keine ALG II-Leistungen erhält und stattdessen frühzeitig und unter Hinnahme von
Abschlägen die Rente beantragen muss. Die Abschläge betragen 0,3 % für jeden Monat, in welchem
Rente vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter bezogen wird. Ein Arbeitsloser, der schon mit Beginn des
58. Lebensjahres in Rente geht, obwohl die Altersgrenze für die Regelaltersrente bei 65 Jahren liegt, hat
insgesamt einen Abschlag von 25,2 % (84 x 0,3 %) hinzunehmen.
II. Anspruchsdauer
Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich gemäß § 127 Abs. 1 SGB III seit dem
1.2.2006 nach
• der Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist
(mindestens 12 Monate) und nach
• dem Lebensalter zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs
Die Dauer des Arbeitslosengeldes beträgt seit dem 1.2.2006:
Nach Versicherungspflichtverhältnissen mit
einer Dauer von insges.
mind. ……. Monaten
Und nach Vollendung
des …… Lebensjahres
…… Monate
12 Monate
6
16 Monate
8
20 Monate
10
24 Monate
12
30 Monate
55.
15
36 Monate
55.
18
Wer also innerhalb der letzten 2 Jahre seit Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindestens
12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt war, hat den Grundanspruch von 6 Monaten erworben. Je
nachdem, wie lange der Arbeitslose innerhalb einer auf drei Jahre erweiterten Rahmenfrist
versicherungspflichtig beschäftigt und wie alt er zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs war,
verlängert sich die Anspruchsdauer bis auf 18 Monate (§ 127 Abs. 1 u. 2 SGB III). Auf die alte
Rechtslage vor dem 01.02.2006 soll hier im Detail nicht mehr eingegangen werden. Je nach Dauer der
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Betriebszugehörigkeit konnte der Arbeitslose nach altem Recht ab dem 57. Lebensjahr noch über eine
Anspruchsdauer von bis zu 32 Monaten Arbeitslosengeld erhalten.
Die Anspruchsdauer vermindert sich durch den Eintritt einer Sperrzeit. Dies kann der Fall sein, wenn
der Arbeitslose durch sein eigenes Verhalten arbeitslos geworden ist oder er bei der Beseitigung der
bestehenden Arbeitslosigkeit nicht aktiv mitwirkt. Während dieser Zeit ruht mithin der Anspruch auf
Arbeitslosengeld. Hinzu kommt, dass sich die gesamte Anspruchsdauer zumindest um die Tage der
Sperrzeit mindert. Mehr hierzu erfahren Sie unter Punkt III.
III. Höhe des Arbeitslosengeldes
Das Arbeitslosengeld wird für Kalendertage berechnet und geleistet. Ist es aber für einen vollen
Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit 30 Tagen anzusetzen (§ 134 SGB III).
Die Höhe des Arbeitslosengeldes wird als Prozentsatz des bisher erzielten Nettoverdienstes
ausgedrückt. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen dem erhöhten Leistungssatz von 67 % für
Arbeitslose mit Kindern (im steuerrechtlichen Sinn) und dem allgemeinen Leistungssatz von 60 % für
die übrigen Arbeitslosen. Den erhöhten Leistungssatz erhält auch ein Arbeitsloser, dessen nicht von ihm
getrennt lebender und ebenfalls unbeschränkt einkommens- bzw. lohnsteuerpflichtiger Ehegatte ein Kind
im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG hat.
Das pauschalierte Nettoentgelt (Leistungsentgelt) ist nach § 133 Abs. 1 SGB III das im
Bemessungszeitraum erzielte Bemessungsentgelt (Beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt) abzüglich
• einer Sozialversicherungspauschale von 21 % des Bemessungsentgelts (Nr. 1),
• der Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle des Bundesministeriums der Finanzen in
dem Jahr, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 2) sowie
• des Solidaritätszuschlags ohne Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen (Nr. 3).
Individuelle Abzüge bzw. Steuerfreibeträge (z.B. für Schwerbehinderte) dürfen nicht berücksichtigt
werden.
1.
Bemessungszeitraum
Der Bemessungszeitraum für die Höhe des Arbeitslosengeldes umfasst grundsätzlich die
Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen (1 Jahr) vor der Entstehung des Anspruchs,
in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem
Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren.
Enthält der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, so wird der
Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert. Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen
mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf 2 Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht
festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs.
1 SGB III). Auf die genauen Berechnungsmodalitäten soll hier nicht näher eingegangen werden.
Bestimmte Zeiten bleiben gemäß § 130 Abs. 2 SGB III bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes
außer Betracht. Dies sind z.B. Zeiten einer Beschäftigung, neben der Übergangsgeld wegen einer
Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, Teilübergangsgeld oder Teilarbeitslosengeld gewährt wurde,
Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld und Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes unter
drei Jahren, wenn das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit deswegen
gemindert war. Näheres findet sich in § 130 SGB III.
2.
Bemessung bei alsbaldiger erneuter Arbeitslosigkeit
In Fällen, in denen der Arbeitslose nach einer Zwischenbeschäftigung von weniger als zwölf Monaten
erneut arbeitslos wird, hat er keine neue Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld erworben. Hat
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er jedoch aus der vorigen Anwartschaft noch eine Rest-Anspruchsdauer und sind seit der Entstehung des
Anspruchs noch keine vier Jahre vergangen (§ 147 Abs. 2 SGB III), so erhält er Arbeitslosengeld für die
noch unverbrauchten Tage auf der Basis seines früheren Bemessungsentgelts. Ist dieser Restanspruch
verbraucht, kann möglicherweise Arbeitslosengeld II bezogen werden.
Dauerte die Zwischenbeschäftigung zwölf Monate oder länger, so hat der Arbeitslose eine neue
Anwartschaft auf den Bezug von Arbeitslosengeld erworben, wobei sich das Bemessungsentgelt nach den
zuletzt abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen im Bemessungsrahmen richtet. Die
Anspruchsdauer erhöht sich um die innerhalb der letzten vier Jahre entstandene Rest-Anspruchsdauer
aus der vorigen Arbeitslosigkeit bis zu der dem Alter zugeordneten Höchstdauer.
Das Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt,
das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum (in den letzten 52 Wochen) erzielt hat.
3.
Bemessungsentgelt
Berücksichtigt wird als Entgelt im Grundsatz nur das beitragspflichtige Entgelt, das der Arbeitslose im
Bemessungszeitraum erzielt hat. Hierzu zählen auch Einmalzahlungen (z.B. Weihnachts- oder
Urlaubsgeld, Treueprämien u.a.), Provisionen, vermögenswirksame Leistungen, Zuschläge (auch
Mehrarbeits- und Nachtzuschläge) und Sachbezüge für Verpflegung und Unterkunft. Nicht berücksichtigt
werden Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält oder
die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind, z.B. die Urlaubsabgeltung für nicht
verbrauchte Urlaubstage (§ 131 Abs. 2 Nr. 1 SGB III).
Berücksichtigt wird Arbeitsentgelt nur dann, wenn es erzielt wurde. Darunter ist zu verstehen, dass es
entweder ausbezahlt wurde oder es nur noch des technischen Überweisungsvorgangs bedarf. Als erzielt
gelten aber auch Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem
Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, wenn diese (später) zugeflossen oder nur wegen
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind (§ 131 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
IV. Anrechnungsfreies Nebeneinkommen
Bei einem Arbeitslosen, der während der Zeit, in der er Arbeitslosengeld beansprucht, eine weniger als
15 Stunden/Woche umfassende Beschäftigung ausübt, wird das Arbeitsentgelt, welches er hieraus
erzielt, auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Hierzu werden vom Arbeitsentgelt zunächst die Steuern,
Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten abgezogen, ebenso wie ein weiterer Freibetrag von
165 €. Der danach verbleibende Betrag wird auf das Arbeitslosengeld des Monats angerechnet, in dem die
Beschäftigung ausgeübt wurde. Die Einkünfte mehrerer unselbständiger und selbständiger Tätigkeiten
sind zusammen zu rechnen. Ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder wird er zeitweilig versagt, so ist
das in dieser Zeit erzielte Einkommen anrechnungsfrei.
V. Arbeitslosengeld im Krankheitsfall und bei Erwerbsminderung
Sofern während des Bezuges von Arbeitslosengeld eine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit eintritt,
wird das Arbeitslosengeld für längstens sechs Wochen weitergezahlt. Der kalendermäßige Ablauf des
Sechs-Wochen-Zeitraums wird durch die Gewährung von Übergangsgeld an den Arbeitslosen nicht
unterbrochen. Ferner wird das Arbeitslosengeld bis zu einer Dauer von 10 Tagen, bei allein erziehenden
Arbeitslosen bis zu einer Dauer von 20 Tagen im Kalenderjahr weitergezahlt, wenn der Arbeitslose ein
erkranktes Kind beaufsichtigen, betreuen oder pflegen muss. Hierzu muss der Arzt die Notwendigkeit
bescheinigen. Ferner ist Voraussetzung, dass eine andere Person, die im Haushalt des Arbeitslosen lebt,
diese Aufgabe nicht wahrnehmen kann und dass das Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist (§ 126 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Bei mehreren Kindern des
Arbeitslosen ist die Höchstdauer auf 25 Tage, bei Alleinstehenden auf 50 Tage je Kalenderjahr begrenzt.
Wichtig ist im falle der Erkrankung, dass diese der Agentur für Arbeit unverzüglich, also i.d.R. am Tage
der Erkrankung, gemeldet und vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit
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durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachgewiesen wird (§ 311 Satz 1 SGB III). Gleiches gilt
für Folgebescheinigungen. Die Genesung sollte ebenfalls ohne Zögern mitgeteilt werden.
Ab der siebten Woche zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Grundlage für die Zahlung des
Krankengeldes ist ein Aufhebungsbescheid, den die Agentur für Arbeit dem Arbeitslosen erteilt.
Gesundet der Arbeitslose wieder, nachdem er Krankengeld bezogen hat, so muss er sofort einen neuen
Antrag bei der Agentur für Arbeit auf Gewährung von Arbeitslosengeld stellen.
In Fällen, in denen ein Arbeitsloser wegen einer Minderung seiner Leistungsfähigkeit für die Dauer von
mehr als sechs Monate der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht und deshalb an sich keinen
Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wird die Übergangszeit, bis zu der der Rentenversicherungsträger –
gegebenenfalls auf Veranlassung der Agentur für Arbeit – über die Frage des Vorliegens verminderter
Erwerbsfähigkeit entschieden hat, überbrückt (sog. Nahtlosigkeit). Dies gilt sowohl für Fälle teilweiser
als auch für Fälle vollständiger Erwerbsminderung. Auch hier richtet sich die Höhe des NahtlosigkeitsArbeitslosengeld danach, was der Arbeitslose zuletzt im Bemessungszeitraum als Voll-Erwerbstätiger
verdient hat (§ 131 Abs.5 Satz 2 SGB III). Die Agentur für Arbeit fordert den Arbeitslosen, der aufgrund
der Nahtlosigkeitsregelung Arbeitslosengeld erhält, auf, binnen eines Monats Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu beantragen. Unterlässt er dies, so
ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld vom tage nach Ablauf der Monatsfrist bis zu dem Tage, an dem
er einen solchen Antrag stellt oder Rente wegen Erwerbsminderung beantragt. Gleiches gilt, wenn der
Arbeitslose seinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Träger der medizinischen Rehabilitation bzw.
Teilhabe am Arbeitsleben nicht nachkommt oder wenn er durch sein Verhalten die Feststellung der
Erwerbsminderung verhindert (§ 125 Abs. 2 Satz 3 u. 4 SGB III). Hat der Rentenversicherungsträger die
volle Erwerbsminderung festgestellt, steht der Arbeitslose – auch wenn daraus keine Rentenzahlung
erfolgt – der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung.
VI. Teilarbeitslosengeld
Gemäß § 150 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Gewährung von Teilarbeitslosengeld, wer
• teilarbeitslos ist,
• sich teilarbeitslos gemeldet hat und
• die Anwartschaftszeit für Teilarbeitslosengeld erfüllt hat.
Teilarbeitslos ist, wer eine von mehreren nebeneinander ausgeübten versicherungspflichtigen
Beschäftigungen verliert und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht. § 150 Abs. 2 Nr. 2
SGB III schreibt eine Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist von zwei Jahren vor. In dieser Zeit muss neben
der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang eine
weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt worden sein.
Im Gegensatz zum vollen Arbeitslosengeld, bei dem die Anspruchsdauer auch von der Dauer der
Beschäftigung und vom Lebensalter abhängt, sieht § 150 Abs. 2 Nr. 3 SGB III eine einheitliche
Höchstdauer für alle Bezieher von Teilarbeitslosengeld vor. Diese beträgt sechs Monate.
Der Anspruch auf Teilarbeitslosengeld erlischt in folgenden Fällen:
• wenn eine Beschäftigung, selbständige Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender
Familienangehöriger für mehr als zwei Wochen oder mit einer Arbeitszeit von mehr als
fünf Stunden/Woche aufgenommen wird,
• wenn ein „normaler“ Arbeitslosengeldanspruch entsteht oder
• spätestens nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung.
VII. Ruhen und Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
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1.
Arbeitskämpfe
Im Falle von Arbeitskämpfen muss sich die Agentur für Arbeit neutral verhalten. § 146 Abs. 1 Satz 1
SGB III schreibt vor, dass durch die Gewährung von Arbeitslosengeld nicht in Arbeitskämpfe
eingegriffen werden darf. Daher erhalten Arbeitnehmer, die am Arbeitskampf beteiligt sind, kein
Arbeitslosengeld. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Kampfmaßnahme zulässig oder rechtswidrig
ist. Erfasst hiervon werden auch Arbeitnehmer, die mittelbar durch den Arbeitskampf arbeitslos werden.
In Härtefällen kann der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit bestimmten Gruppen von
Arbeitnehmern Arbeitslosengeld gewähren (§ 146 Abs. 4 SGB III).
2.
Anspruch auf restliches Arbeitsentgelt
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht in der Zeit, für die der Arbeitlose noch Arbeitsentgelt erhält oder
in der er solches noch zu beanspruchen hat (§ 143 Abs. 1 SGB III).
Ruhen bedeutet hierbei, dass dem Arbeitslosengeld zeitweilig kein Arbeitslosengeld gezahlt wird; dies
bedeutet nicht, dass die Anspruchsdauer um die Zeit des Ruhens kürzer wird. Dies ist nur der Fall, wenn
gleichzeitig eine Sperrzeit eintritt. Hierzu unter Punkt 6. mehr.
3.
Anspruch auf Urlaubsabgeltung
Das Arbeitslosengeld ruht ebenfalls für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, wenn der Arbeitslose wegen
Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch eine Urlaubsabgeltung (z.B. für nicht genommenen Urlaub,
der ihm zusteht) tatsächlich erhalten hat oder beanspruchen könnte (§ 143 Abs. 2 SGB III). Dieser
Ruhenszeitraum schließt sich an das Ende des Arbeitsverhältnisses an.
4.
Anspruch auf Abfindung, Entlassungsentschädigung u.a.
a.
Allgemeines
Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung
oder eine ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das
Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers
entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum
vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis längstens zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei
Einhaltung der der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist geendet hätte,
höchstens jedoch ein Jahr (§ 143a Abs. 1 u. 2 Satz 1 SGB III).
Wenn also das Arbeitverhältnis mit einer Frist beendet worden ist, die der ordentlichen Kündigungsfrist
des Arbeitgebers (gemäß § 622 BGB bzw. Tarifvertrag) entspricht oder wenn das Arbeitsverhältnis von
vornherein befristet war und mit dem vereinbarten Fristende beendet wird, ruht der Anspruch auf
Arbeitslosengeld also nicht. Auch ruht der Anspruch nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber
das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen
können.
In den genannten Fällen wird die Anspruchsdauer für den Bezug von Arbeitslosengeld durch das Ruhen
nicht gekürzt; lediglich der Beginn der Zahlung wird hinausgeschoben.
Auch bei Einhaltung der Kündigungsfrist kann dennoch eine Sperrzeit eintreten, wenn der Arbeitslose
selbst kündigt oder einvernehmlich einen Auflösungsvertrag mit Entlassungsentschädigung schließt.
b.
Höhe der Anrechnung einer Entlassungsentschädigung
Es führt stets nur ein bestimmter Anteil der Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistung zum
zeitweiligen Ruhen des Arbeitslosengeldes. Der andere Teil bleibt voll erhalten. Bei der Frage, wie viel
angerechnet wird, hängt davon ab,
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• wie alt der Arbeitslose am Tag des Ausscheidens ist und
• wie viele Jahre der Arbeitslose dem Betrieb oder Unternehmen angehört hat.
Entsprechend bleiben ihm mindestens 40 %, höchstens 75 % der Entschädigungssumme unangetastet
erhalten. Der genaue Prozentsatz im Einzelfall ist der folgenden Tabelle zu entnehmen:
BetriebsZugehörigkeit
weniger als 5 Jahre
ab 5 Jahren
ab 10 Jahren
ab 15 Jahren
ab 20 Jahren
ab 25 Jahren
ab 30 Jahren
ab 35 Jahren
Lebensalter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
bis 40
ab 40
ab 45
ab 50
60 %
55 %
50 %
45 %
55 %
50 %
45 %
40 %
50 %
45 %
40 %
35 %
45 %
40 %
35 %
30 %
40 %
35 %
30 %
25 %
35 %
30 %
25 %
25 %
25 %
25 %
25 %
25
%
25 %
-
ab 55
40 %
35 %
30 %
25 %
25 %
25 %
25 %
25 %
ab 60
35 %
30 %
25 %
25 %
25 %
25 %
25 %
25 %
Zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Entstehung des Anspruches auf die
Entlassungsentschädigung muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Solche Leistungen werden
z.B. gewährt aufgrund eines Sozialplans, eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs bzw. Urteils oder zum
Ausgleich des Verlustes des Arbeitsplatzes. Laut BSG ist es unerheblich, ob in einem Prozess wegen
einer rechtsunwirksamen fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch
gerichtlichen Vergleich oder ein sog. Gestaltungsurteil beendet wird. In den Fällen, in denen das
Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitnehmers auflöst und den Arbeitgeber zur
Zahlung einer Entlassungsentschädigung verurteilt, kommt es ebenfalls zur Anrechnung auf das
Arbeitslosengeld.
c.
Zeitraum des Ruhens
Ob und wie lange der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, richtet sich
• nach Kündbarkeit, Kündigungsfrist und ggf. auch nach dem Kündigungsgrund,
• nach der Anzahl der Kalendertage, die zwischen dem tatsächlichen Arbeitsende und dem
Ende des Arbeitsverhältnisses bei ordentlicher Kündigungsfrist bzw. fiktiver Kündigungsfrist
liegen (§ 143a Abs. 1 sGB III),
• nach dem längsten Ruhenszeitraum; dieser beträgt ein Jahr (§ 143a Abs. 2 Satz 1 SGB III),
• nach der Höhe der Entlassungsentschädigung,
• nach dem Lebensalter des Arbeitslosen,
• nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit,
• und danach, ob der Arbeitslose unmittelbar nach Ende seines Arbeitsverhältnisses oder erst
zu einem späteren Zeitpunkt Arbeitslosengeld beantragt.
Ein Arbeitsloser, der beispielsweise nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses für ein Jahr aus dem
Arbeitsleben ausscheidet und sich erst dann arbeitslos meldet, kann seine Entlassungsentschädigung
anrechnungsfrei behalten.
5.
Anspruch auf Sozialleistungen
Um Doppelleistungen zu vermeiden, führen Leistungen anderer Sozialleistungsträger zum Ruhen des
Anspruchs auf Arbeitslosengeld. So ruht der Anspruch während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein
Anspruch auf solche Sozialleistungen zusteht, die entweder Lohnersatzfunktion haben oder dem
Bestreiten des Lebensunterhalts dienen. Dies können gemäß § 142 Abs. 1 SGB III sein:
● Berufsausbildungsbeihilfen nach § 59 SGB III,
● Krankengeld, Versorgungskrankengeld nach dem Bundesversorgungsgesetz, Verletztengeld
aus einer Unfallversicherung, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld nach dem SGB III oder
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einem anderen Gesetz, dem eine Leistung zur Teilhabe zugrunde liegt, wegen der der
Arbeitslose keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann,
● Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung,
● Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Knappschaftsausgleichsleistung
oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art.
Zu den sonstigen Sozialleistungen, die zum Ruhen des Arbeitslosengeldes führen, gehören auch die
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (§ 237 SGB VI), die Altersrente für Frauen (§ 237a SGB VI) und die
sog. flexible Altersrente (§ 36 SGB VI). Auch ein Ruhen löst aus das Vorruhestandsgeld oder eine
vergleichbare Leistung des Arbeitgebers in Höhe von mindestens 65 % des Bemessungsentgelts, das der
Arbeitslose wegen seines Ausscheidens aus dem Erwerbsleben erhält (§ 142 Abs. 4 SGB III).
Bei bestimmten Ruhegehältern (z.B. Ruhegehälter der Beamten wegen Vollendung des 63. Lebensjahres)
kann der Rentner nebenbei uneingeschränkt eine Arbeitstätigkeit aufnehmen, ohne dass hierdurch das
Ruhegeld gekürzt wird. In diesen Fällen ruht auch der Anspruch auf Arbeitslosengeld ggf. nur teilweise,
denn soweit nämlich der Anspruch auf Arbeitslosengeld höher ist als die Rentenleistung, wird der
überschießende Betrag als Arbeitslosengeld gewährt.
6.
Sperrzeit
a.
Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe
Eine Sperrzeit von drei, sechs oder zwölf Wochen tritt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III ein mit
der Folge, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Zeit ruht, wenn der Arbeitslose das
Beschäftigungsverhältnis
● gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung eines solchen
gegeben und
● er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat,
● ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Die Vorschrift erfasst also sowohl die Arbeitnehmerkündigung als auch die verhaltensbedingte
Arbeitgeberkündigung. Liegt einer der beiden Fälle vor und hatte der Arbeitslose für sein Verhalten
keinen wichtigen Grund, so tritt eine Sperrzeit kraft Gesetzes ein. Die Dauer des Anspruchs verringert
sich um die Tage der Sperrzeit.
aa. Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB III sieht dieses Merkmal als erfüllt an, wenn der Arbeitslose
● dieses selbst kündigt,
● das Arbeitsverhältnis durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber einvernehmlich beendet
(Aufhebungsvertrag),
● mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Herabsetzung der wöchentlichen
Arbeitszeit auf weniger als 15 Stunden pro Woche trifft oder
● gegenüber seinem Arbeitgeber auf die Einhaltung der Kündigungsfrist ausdrücklich
verzichtet und dieser ihn daraufhin vorzeitig kündigt. Dies gilt auch für befristete
Arbeitsverhältnisse, die vor Ablauf der Befristung beendet werden.
Auf wessen Initiative z.B. ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, ist hierbei unerheblich. Bereits das
Mitwirken hieran führt zu einer Sperrzeit. Wenn der Arbeitgeber jedoch nachweisbar fest entschlossen
war, den Arbeitnehmer aus personen- oder betriebsbedingten Gründen zu kündigen, bleibt ein
Aufhebungsvertrag folgenlos, wenn sich die Arbeitsvertragsparteien im Hinblick hierauf jetzt
entscheiden, das Beschäftigungsverhältnis zum – vom Arbeitgeber – beabsichtigten – arbeitsrechtlich
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zulässigen - Kündigungszeitpunkt durch Aufhebungsvertrag zu beenden. Hier fehlt es an der
Ursächlichkeit, da der Arbeitslose das Arbeitverhältnis zwar „gelöst“ hat, der Arbeitgeber ihn aber so
oder so gekündigt hätte.
Im Falle einer rechtswidrigen Arbeitgeberkündigung tritt eine Sperrzeit nicht ein, wenn der
Arbeitslose diese hinnimmt, d.h. arbeitsgerichtlich nicht anficht. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn zuvor
eine Absprache mit dem Arbeitgeber getroffen wurde, die rechtswidrige bzw. nichtige Kündigung
hinzunehmen.
In folgenden Fällen dürfte eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses auch nicht vorliegen:
● Der Arbeitnehmer nutzt nach dem Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses eine
bestehende Verlängerungs- oder Übernahmemöglichkeit nicht.
● Im Falle einer Änderungskündigung wird das hiermit verbundene Angebot, einen
Arbeitsvertrag mit veränderten Bedingungen abzuschließen, nicht wahrgenommen.
● Im Arbeitsgerichtsverfahren wird auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis
nach § 9 KSchG vom Arbeitsgericht aufgelöst.
● Im Falle eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB widerspricht der Arbeitnehmer,
erlangt somit keine Beschäftigung bei dem Übernehmer und wird vom bisherigen Arbeitgeber
aus betrieblichen Gründen gekündigt.
Problematisch sind auch die Fälle, in denen im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs eine
Verkürzung der Kündigungsfrist vereinbart wird. Der Arbeitnehmer erhält in solchen Fällen, in denen
häufig sehr lange Kündigungsfristen bestehen, in der Regel eine entsprechend hohe Abfindung. Dies führt
zunächst zu einer Anrechnung der Entlassungsentschädigung auf das Arbeitslosengeld. Die in solchen
Fällen vorzeitig eingetretene Arbeitslosigkeit beruht nicht ursächlich auf der Arbeitgeberkündigung,
sondern vielmehr auf dem gerichtlichen bzw. außergerichtlichen Vergleich. Daher ist hier eine Lösung
des Beschäftigungsverhältnisses i.S.v. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III anzunehmen. Wenn also kein wichtiger
Grund hierfür vorgelegen hat, kann es zu einer Sperrzeit kommen.
bb. Verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung
Ein vertragswidriges Verhalten führt gemäß § 144 Abs. Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 SGB III ebenfalls zu einer
Sperrzeit, wenn dieses Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat.
Voraussetzung hierfür ist, dass
● der Arbeitnehmer schuldhaft (d.h. vorsätzlich oder fahrlässig) gegen eine seiner
arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen hat und
● der Arbeitgeber ursächlich deshalb die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses
ausgesprochen hat.
Als vertragswidrig anzusehen sind z.B. die fehlerhafte Arbeit, die Missachtung von Anordnungen,
Verstoß gegen gesetzliche oder tarifliche Pflichten. Diese Alternative verlangt, dass die Pflichtverletzung
schuldhaft (Vorsätzlich oder fahrlässig) erfolgt – bloße menschliche Unzulänglichkeit genügt nicht.
Nicht selten wird in arbeitgerichtlichen Prozessen die Kündigung als „betriebsbedingt“ unterstellt oder
fingiert. Dies bindet die Agentur für Arbeit und die Sozialgerichte jedoch nicht. Vielmehr sind die
Agentur für Arbeit und die Sozialgerichte verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und
müssen selbständig feststellen, ob der wahre Anlass zur Kündigung betriebs- oder verhaltensbedingt war.
Eine Sperrzeit tritt demnach nicht ein, wenn der Anlass für die Arbeitgeberkündigung in betriebs- oder
personenbedingten Gründen zu sehen ist. Liegen mehrere Gründe vor, so ist festzustellen, welcher
letztendlich maßgeblich für die Kündigung war.
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cc. Wichtiger Grund
Eine Sperrzeit entfällt, wenn der Arbeitslose für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Hierzu hat
er die für die Beurteilung des wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und
nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen.
So ist z.B. ein wichtiger Grund anzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner und der Interessen der Versichertengemeinschaft
ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden kann. Weiß der Arbeitslose um die Umstände, die ihn
zu seinem Verhalten veranlassen, muss er zuvor jedoch einen zumutbaren Versuch unternehmen, diese
zu beseitigen. Auch muss der Arbeitslose, hat er aus wichtigem Grund gekündigt und sind die den
wichtigen Grund ausmachenden Umstände später entfallen, alle ihm zumutbaren Maßnahmen treffen, um
den Arbeitsplatz doch noch zu erhalten.
Als wichtiger Grund kann gegeben sein, wenn
● für die Arbeit nicht das tarifliche oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, das im
Beruf ortsübliche Arbeitsentgelt gezahlt wird oder bindende Bestimmungen über sonstige
Arbeitsbedingungen oder Arbeitsschutzvorschriften nicht eingehalten werden (Nr. 1) oder
● die Arbeit dem Arbeitslosen nach seinem körperlichen oder geistigen Leistungsvermögen
nicht zugemutet werden kann oder ihm die künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden
Tätigkeit wesentlich erschweren würde (Nr. 2) oder
● die Arbeit durch Streik oder Aussperrung frei geworden ist, für die Dauer des Streiks oder der
Aussperrung (Nr. 3) oder
● die (betriebliche) Unterkunft gesundheitlich oder sittlich bedenklich ist (Nr. 4) oder
● der Arbeitslose sich zur Verrichtung der Arbeit an einem anderen Wohn- oder Aufenthaltsort
als seine Angehörigen aufhalten muss und infolgedessen deren weitere Versorgung
wirtschaftlich nicht hinreichend gesichert oder in anderer Hinsicht besonders gefährdet ist
(Nr. 5) oder
● die Arbeit gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt (Nr. 6).
Zudem stellen alle Umstände, die den Arbeitnehmer zur fristlosen Kündigung berechtigen, wichtige
Gründe dar.
b.
Sperrzeit bei Arbeitsablehnung bzw. Ablehnung/Abbruch
einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
Weigert sich der Arbeitslose, eine ihm von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und
der Art der Tätigkeit angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, anzutreten oder verhindert er
die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines
Vorstellungsgespräches durch sein Verhalten, so tritt eine Sperrzeit von drei, sechs oder zwölf Wochen
ein (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
Dies gilt auch, wenn der Arbeitslose sich weigert, an
● einer Maßnahme der Eignungsfeststellung,
● einer Maßnahme zur beruflichen Aus- oder Weiterbildung bzw.
● einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen oder wenn er die
Teilnahme an einer solchen Maßnahme abgebrochen oder durch maßnahmewidriges
Verhalten Anlass für den Ausschluss aus ihr gegeben hat (§ 144 Ab. 1 Satz 2 Nr. 4 u. 5 SGB III),
ohne dass er für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Als ein wichtiger Grund sind
gesundheitliche Gründe oder auf den Beruf bezogene, akzeptable Gesichtspunkte zu sehen.
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Eine berufliche Bildungsmaßnahme darf der Arbeitslose bzw. Arbeitssuchende ablehnen, wenn diese
ihm, was wohl eher selten der Fall sein dürfte, keine zusätzliche Befähigung vermitteln kann. Ein
Beschäftigungsverhältnis darf nicht allein deshalb abgebrochen werden, weil es sich um ein
Leiharbeitsverhältnis handelt (BSG Urteil vom 8.11.2001 – B 11 AL 31/01 R). Grundsätzlich kann eine
Arbeit abgelehnt werden, wenn sie unzumutbar ist.
Eine Sperrzeit wegen Ablehnung eines Arbeitsangebots kann grundsätzlich nur verhängt werden, sofern
der Arbeitslose/Arbeitssuchende zuvor über die Rechtsfolgen einer Arbeitsablehnung belehrt worden ist.
Eine solche Rechtsfolgenbelehrung muss jedem Vermittlungsangebot erneut beigefügt werden
c.
Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen
Der Arbeitslose muss, um verfügbar zu sein, Eigenbemühungen zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit
unternehmen (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Erbringt er – auf Aufforderung der Agentur für Arbeit – den
Nachweis solcher Eigenbemühungen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht, führt dies zum Eintritt
einer Sperrzeit von zwei Wochen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 SGB III).
d.
Sperrzeit bei Meldeversäumnis
Der Arbeitslose hat sich, wenn er hierzu auffordert wird, bei der Agentur oder einen anderen Dienststelle
persönlich zu melden. Hierzu zählen auch ärztliche oder psychologische Untersuchungstermine. aus
welchen Gründen der Arbeitslose zur Meldung aufgefordert werden kann, ergibt sich aus § 309 Abs. 2
SGB III. Hiernach kann dies zur zum Zwecke der Berufsberatung, der Vermittlung in Ausbildung oder
Arbeit, zur Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen und von Entscheidungen im
Leistungsverfahren sowie zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch
geschehen.
Kommt der Arbeitslose dem trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nach, ohne hierfür einen
wichtigen Grund zu haben, so tritt eine einwöchige Sperrzeit ein (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, Abs. 6 SGB
III).
e.
Beginn und Dauer der Sperrfrist
Die Sperrzeit beginnt mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser
Tag in eine (bereits laufende) Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (§ 144 Abs. 2 SGB III). Sie
läuft kalendermäßig ab und kann weder gehemmt noch unterbrochen werden. Während der Sperrzeit
ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld.
In den Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis durch Arbeitnehmerkündigung oder durch
verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung beendet worden ist, beginnt die Sperrzeit – sofern die
übrigen Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III vorliegen – erst nach dem Ende des
Beschäftigungsverhältnisses. Besteht das Arbeitsverhältnis z.B. aufgrund längerer Kündigungsfristen
noch einige Zeit fort und ist der Arbeitnehmer in dieser Zeit freigestellt, so beginnt die Sperrzeit mit dem
Tage der Freistellung, da es hier auf die faktisch eingetretene Arbeitslosigkeit ankommt.
Bei der Frage nach der Dauer einer Sperrzeit wird unterschieden zwischen der Sperrzeit bei
Arbeitsaufgabe (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III), der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, Ablehnung
einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme bzw. Abbruch einer solchen Maßnahme (§ 144 Abs. 1
Satz 2 Nr. 2, 4 und 5 SGB III), der Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen (§ 144 Abs. 1 Satz
2 Nr. 3 SGB III) und derjenigen bei Meldeversäumnis (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III).
Im Einzelnen gilt folgendes:
Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe
● Die Regeldauer beträgt zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III).
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● Die Sperrzeit beträgt hingegen drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von
sechs Wochen nach dem die Sperrzeit begründenden Ereignis ohne eine Sperrzeit geendet
hätte (§ 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB III).
● Sie beträgt sechs Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach
dem die Sperrzeit begründenden Ereignis ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 144 Abs. 3
Satz 2 Nr. 2a SGB III).
● Eine Sperrzeit von ebenfalls sechs Wochen tritt ein, wenn eine solche von zwölf Wochen nach
den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten
würde (§ 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III). Wirtschaftliche und soziale Gesichtspunkte in der
Person des Arbeitslosen können demzufolge insoweit keine Berücksichtigung finden.
Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme
bzw. bei Abbruch einer solchen Maßnahme
● Die Sperrzeit beträgt drei Wochen, wenn eine berufliche Eingliederungsmaßnahme
abgebrochen wird und die Maßnahme innerhalb von sechs Wochen nach dem die Sperrzeit
begründenden Ereignis ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 144 Abs. a Nr. 1a SGB III).
● Sie beträgt drei Wochen, wenn eine bis zu sechs Wochen befristete Arbeit oder berufliche
Eingliederungsmaßnahme abgelehnt wird (§ 144 Abs. 4 Nr. 1b SGB III).
● Drei Wochen beträgt die Sperrzeit auch, wenn nach der Entstehung des Anspruchs erstmalig
eine Arbeit oder berufliche Eingliederungsmaßnahme abgelehnt bzw. erstmalig eine solche
Maßnahme abgebrochen wird (§ 144 Abs. 4 Nr. 1c SGB III).
● Sechs Wochen beträgt die Sperrzeit, wenn eine berufliche Eingliederungsmaßnahme
abgebrochen wird und die Maßnahme innerhalb von zwölf Wochen nach dem die Sperrzeit
begründenden Ereignis ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 144 Abs. 4 Nr. 2a SGB III).
● Die Sperrzeit beträgt sechs Wochen, wenn eine bis zu zwölf Wochen befristete Arbeit oder
berufliche Eingliederungsmaßnahme abgelehnt wird (§ 144 Abs. 4 Nr. 2b SGB III).
● Auch sechs Wochen beträgt die Sperrzeit im Falle der zweiten Ablehnung einer Arbeit oder
beruflichen Eingliederungsmaßnahme bzw. des zweiten Abbruchs einer solchen Maßnahme
nach der Entstehung des Anspruchs (§ 144 Abs. 4 Nr. 2c SGB III).
● In allen übrigen Fällen beträgt die Sperrzeit zwölf Wochen (§ 144 Abs. 4 Nr. 3SGB III).
Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen und bei Meldeversäumnis
● Die Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen dauert zwei Wochen.
● Bei einem Meldeversäumnis beträgt die Sperrzeit eine Woche.
f.
Wirkung der Sperrzeit
Im Falle einer Sperrzeit mindert sich die Bezugsdauer um die Sperrzeittage. Wenn eine Sperrzeit wegen
Arbeitsaufgabe (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III) eintritt, mindert sich die Bezugsdauer mindestens
um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der
Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet,
zusteht (§ 128 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB III). Die Minderung der Dauer des Anspruchs auf
Arbeitslosengeld entfällt in den Fällen der eigenen Kündigung, der Kündigung durch den Arbeitgeber
wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens und des Abbruchs einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme,
wenn diese Ereignisse, die eine Sperrzeit begründen, bei Erfüllung der Voraussetzungen für den
Anspruch auf Arbeitslosengeld (Arbeitslosmeldung bzw. Beantragung von Arbeitslosengeld) länger als
ein Jahr zurückliegen (§ 128 Abs. 2 Satz 2 SGB III).
VIII. Wie wird das Arbeitslosengeld gezahlt?
Das Arbeitslosengeld wird stets für Kalendertage berechnet und geleistet. Ist das Arbeitslosengeld für
einen vollen Kalendermonat zu leisten, wird dieser mit 30 Tagen berechnet (§ 134 SGB III).
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Arbeitslosengeld wird nachträglich monatlich auf das vom Arbeitslosen benannte Bank- oder
Postgirokonto überwiesen. In Fällen, in denen durch die nachträgliche monatliche Auszahlung unbillige
Härten entstehen (z.B. kann die Miete nicht gezahlt werden), kann der Arbeitslose eine angemessene
Abschlagszahlung beantragen (§ 337 Abs. 4 SGB III).
Sofern der Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach feststeht und ist lediglich zur Feststellung
der Höhe und zur allgemeinen Bearbeitung noch eine längere, mehrere Wochen umfassende Zeit
erforderlich, so kann die Agentur für Arbeit auf Wunsch einen Vorschuss zahlen. Sie muss dies tun,
wenn der Arbeitslose dies beantragt und ein Monat seit der Antragstellung vergangen ist (§ 42 SGB I).
Wenn unklar ist, ob dem Arbeitslosen überhaupt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zusteht, dies jedoch
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Fall ist und erfordert die Feststellung der Voraussetzungen
voraussichtlich noch längere Zeit, so kann die Agentur für Arbeit, wenn der Arbeitslose die Umstände
einer sofortigen abschließenden Entscheidung nicht zu vertreten hat, eine vorläufige Entscheidung treffen
(§ 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III). Wichtig – von dieser Möglichkeit sollte der Arbeitslose kein
Gebrauch machen, wenn er ohne eine vorläufige Leistungsgewährung einen Anspruch auf
Arbeitslosengeld II (ALG II bzw. Hartz IV) hat. Stellt sich nämlich später heraus, dass er keinen
Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) hat, muss er dieses zurückzahlen. Für zurückliegende Zeiten kann er
jedoch kein ALG II mehr beanspruchen. Der Arbeitslose würde in diesen Fällen somit überhaupt keine
Leistungen erhalten. Daher sollte er sich arbeitslos melden und sich dann eine Bescheinigung
(„Laufzettel“) von der Agentur für Arbeit ausstellen lassen. Diese berechtigt ihn bei nachgewiesener
Bedürftigkeit, zunächst vom JobCenter bzw. der zuständigen Stelle Arbeitslosengeld II zu beziehen –
zumindest so lange, bis die Frage nach einem Anspruch auf Arbeitslosengeld (I) geklärt ist.
IX. Erlöschen des Anspruchs
In bestimmten Situationen kann der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlöschen. Dies ist in folgenden
Fällen gegeben:
1.
Wiederholter Sperrzeitanlass
Der Anspruch erlischt, wenn der Arbeitslose Anlass für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von
insgesamt mindestens 21 Wochen gegeben hat, er hierüber schriftliche Bescheide erhalten hat und er auf
die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen hingewiesen
worden ist (§ 147 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Der Anspruch geht unwiederbringlich verloren. Bisherige
Beschäftigungszeiten fallen sowohl für eine neue Anwartschaftszeit wie für die Anspruchsdauer völlig
heraus. Ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entsteht erst wieder, wenn der Arbeitlose danach
mindestens zwölf Monate erneut versicherungspflichtig war und dadurch die Anwartschaftszeit erfüllt (§
123 Satz 1 SGB III).
2.
Erlöschen durch Zeitablauf
Findet der Arbeitslose rasch wieder eine neue Beschäftigung und ist ein Teil des Anspruchs auf
Arbeitslosengeld unverbraucht, so bleibt dieser Anspruch vier Jahre, gerechnet von der Entstehung des
Anspruchs, erhalten. Er erhält somit innerhalb dieser Zeit den Restanspruch, wenn er erneut arbeitslos
wird. Einen neuen Anspruch muss der Arbeitslose also nicht erworben haben (§ 147 Abs. 2 SGB III).
3.
Erlöschen bei Entstehen eines neuen Anspruchs
Nimmt der Arbeitslose eine neue, mindestens zwölf Monate dauernde versicherungspflichtige
Beschäftigung auf, so erwirbt er im Falle erneuter Arbeitslosigkeit einen neuen Anspruch auf
Arbeitslosengeld. Hierdurch erlischt der alte, noch nicht verbrauchte Anspruch auf Arbeitslosengeld
(§ 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Gleichzeitig erhöht sich jedoch die Dauer des neuen Anspruchs um die
Dauer des erloschenen Anspruchs, soweit dieser noch nicht verbraucht war und wenn seit Entstehung des
alten Anspruchs noch keine vier Jahre verstrichen sind. Die Gesamtdauer des neuen Anspruchs verlängert
sich allerdings längstens bis zu der dem Lebensalter des Arbeitslosen zugeordneten Höchstdauer.
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X. Rückforderung durch die Agentur für Arbeit
Die Agentur für Arbeit kann eine von Anfang an fehlerhafte Leistungsbewilligung nicht zurücknehmen,
sofern der Arbeitslose auf die Richtigkeit vertraut und das Geld ausgegeben hat und sein Vertrauen
schutzwürdiger erscheint als das öffentliche Interesse an der Rückzahlung. Auf ein solches Vertrauen
kann sich nicht berufen, wer den Fehler erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat
(§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Das Bundessozialgericht nimmt in diesem Zusammenhang an, dass
eine grobe Fahrlässigkeit eine Sorgfaltspflichtverletzung in besonders schwerem Maße, d.h. eine
besonders grobe und auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraussetzt, die das
gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit erheblich übersteigt. Demnach ist subjektiv schlechthin
unentschuldbar ein Verhalten, wenn schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt
werden, wenn nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss.
§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X schreibt vor, dass ein Leistungen bewilligender Bescheid mit Wirkung für die
Zukunft aufgehoben werden muss, wenn seit dessen Erlass eine den Leistungsanspruch berührende
wesentliche Änderung eintritt. Eine rückwirkende Aufhebung, verbunden mit der Erstattung zu
Unrecht gewährter Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) ist in folgenden Fällen vorgesehen:
● wenn der Arbeitslose entgegen seiner Verpflichtung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I
vorsätzlich oder grob fahrlässig eine wesentliche Änderung nicht mitgeteilt hat,
● wenn der Arbeitslose nach Antragstellung oder Erlass des Bescheids Einkommen oder
Vermögen erzielt hat, welches zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt
haben würde, oder
● wenn der Arbeitslose die auf Grund der geänderten Verhältnisse eingetretene Rechtswidrigkeit
des Bescheids erkannt oder nur grob fahrlässig nicht erkannt hat.
Der Agentur für Arbeit kommt – wenn die Voraussetzungen für eine Rücknahme bzw. Aufhebung des
Bewilligungsbescheids vorliegen – kein Ermessen zu. Vielmehr muss sie ihren fehlerhaften bzw.
fehlerhaft gewordenen Bescheid rückwirkend zurücknehmen bzw. aufheben und überzahlte Leistungen
zurückfordern (§ 330 Abs. 2 u. 3 Satz 1 SGB III). Neben den Leistungen, die dem Arbeitslosen
ausgezahlt wurden, müssen auch die Beiträge, welche die Agentur für Arbeit für den
Aufhebungszeitraum zur gesetzlichen Krankenkasse bzw. zur sozialen Pflegeversicherung gezahlt hat,
erstattet werden (§ 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III).
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