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Leseprobe: Dirk K. Zimmermann Spuren von Reue Roman Paperback, 176 Seiten Originalausgabe Februar 2015 epubli GmbH, www.epubli.de ISBN (Print): 978-­‐3-­‐7375-­‐1810-­‐9
(Ausschnitt aus Kapitel 4) ... Gegen zehn Uhr piepte mein Handy. Ich schreckte hoch. Eine SMS. Ich las sie.
Wir hoffen es geht dir gut und wir vermissen dich sehr. Küsschen von Anita und Mia.
Das hat mich in den Schlaf gebracht. Auch, dass Adler sich nur wenig regte und in eine
Tiefschlafphase gesunken war. Das beruhigte mich. Ich musste wirklich fest eingeschlummert
sein. Ganze drei Stunden dürfte ich geschlafen haben. Mein erster Blick, als ich die Augen
öffnete, lag auf der Pritsche. Sie war leer.
Ich war mit einem Ruck aus den Sesseln. Das Fenster war verschlossen, die Wohnküche leer, die
Toilette ebenfalls. Die Praxistür war unverschlossen. Er musste, während ich geschlafen hatte,
meine Taschen durchsucht haben, den Schlüsselbund genommen, vielleicht hatte er aber auch
den Ersatzschlüssel aus der Schreibtischschublade entwendet und damit die Tür aufgeschlossen.
(Später entdeckte ich meinen Schlüsselbund auf dem Schreibtisch.) Er war fort. – Für mich
stürzte eine Welt zusammen. Ich hatte gesehen, wie er zwei Tabletten Valium zu sich genommen
hatte. Sicher war er daran gewöhnt. Vielleicht hatte ich seine Übermüdung, die
Medikamenteneinnahme und meine Gegenwart einfach falsch eingeschätzt. Ich dachte, ich hätte
die Situation unter Kontrolle. Ich saß da, hilflos und den Tränen nahe. Sollte ich die Polizei
informieren? Eine Suchmeldung herausgeben? Die Suizidgefahr war nicht von der Hand zu
weisen. Ich hoffte, es war Adler nur zu fremd und unbequem in meiner Praxis geworden.
Vielleicht war er zum Hotel zurückgefahren. Ich rief im Ibis an. Der Portier erklärte, es gebe
keinen Hotelgast namens Zacharias Adler. Ich beschrieb seine Gestalt. Vielleicht hatte er sich
dort unter falschem Namen eingemietet. Die Idee war abwegig, aber ich musste sie abklären. Er
konnte sich nicht an eine Person von Adlers Statur erinnern. Ich knallte frustriert den Hörer auf.
Es bestand die Chance, dass Adler wie verabredet am Nachmittag bei mir aufkreuzte. Aber ich
hatte ein flaues Gefühl im Magen. So flau, dass ich Anita anrief und ihr von dieser furchtbaren
Begebenheit erzählte. Wir telefonierten zwei Stunden lang miteinander. Ich erzählte ihr alles
haarklein. Alle Details und meine Eindrücke. Ich hangelte mich immer an meinem
Gesprächsprotokoll entlang. Der Schock saß tief. Aber Anita versuchte mich zu beschwichtigen.
Sie hielt Adler, nach allem, was ich ihr erzählt hatte, für einen Menschen, der nur schwer mit
Regeln klar kam. Wahrscheinlich hatte er seine Freiheit gesucht. Schlaflos und rastlos, wie er war.
Anita hatte intuitiv den Eindruck, dass er sich nicht umbringen würde oder wollte. Diese
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Situation auf der Brücke, so meinte sie, sei ein erneuter Hilferuf gewesen. Ich als Therapeut hatte
ihm in allen Belangen Beistand signalisiert, und deshalb würde er zurückkehren.
Ich tröstete mich mit der Hoffnung, dass es um sechzehn Uhr an meiner Praxistür klingeln
würde und er stünde vor mir. Ein kleiner Lichtblick war, dass es Anita und Mia gut getroffen
hatten, das Wetter auf Sylt war mild und sonnig, ein toller letzter Urlaubstag stand für sie bevor.
Ich versprach, die beiden am Nachmittag des nächsten Tages vom Bahnhof abzuholen. Sie
würden bei mir sein. Und ich würde mich vollkommen beruhigen.
Bis sechzehn Uhr waren es noch vier Stunden. An Schlaf war nicht zu denken. Eine Zeitlang sah
ich fern, wechselte zwischen den einschlägigen Nachrichtensendern und hoffte, plötzlich eine
Meldung über Zacharias Adler zu sehen. Verwirrter Mann in Bochum aufgegriffen. So oder so ähnlich
musste die Schlagzeile lauten. Ich entschied mich dafür, das folternde Warten zu beenden, eine
Kleinigkeit zu essen und einen ausgedehnten Spaziergang zu machen. Aus dem Essen wurde
nichts. Ich ertappte mich dabei, dass ich zu Fuß nach Adlers Leiche suchte. Ich stromerte im
Parkhaus der Einkaufspassage, suchte das Universitätsgelände nach ihm ab, ging in den
nahegelegenen Forst vor den Studentenwohnheimen, kam über die Treppenstufen des
Hallenbades zurück zur Einkaufsstraße. Der Ort war kaum belebt. Unter den wenigen
Gesichtern, die mir begegneten, suchte ich Adler krampfhaft. – Vergeblich. Um fünfzehn Uhr
dreißig war ich in meine Praxis zurückgekehrt. Das Warten auf ihn wurde eine Tortur. Durch das
geöffnete Fenster hörte ich die Schritte von Fußgängern aus der Ladenpassage heraufdringen.
Ich suchte mein Mobiltelefon hervor und wählte Adlers Nummer. War ich verrückt gewesen?
Ich hatte nicht ein einziges Mal bei ihm angerufen. Dabei wäre es doch die naheliegendste
Lösung gewesen ihn zu sprechen! – Ich erreichte ihn nicht. Freizeichen, dann, nach einigen
Signalen, startete die Mailboxansage. „Hallo. Nachrichten nach dem Beep!“, forderte seine
Stimme. Ich legte auf und meine Befürchtung, Adler würde nicht kommen, war genährt. Ich
dachte darüber nach, was ich tun würde, wenn Adler das Treffen platzen ließe. Ich zermarterte
mir das Hirn und kam zu dem Entschluss, Bauer anzurufen. Bauer war Kommissar. Ich kannte
ihn durch den Tod meiner Frau. Er hatte die Ermittlungen geleitet. Er kannte mich, hatte in
mein tiefstes Innerstes geblickt und würde verstehen, wie aufgewühlt ich in Bezug auf meinen
Klienten war. Eine Suchanzeige würde unumgänglich sein. Nachdem ich mir ausgemalt hatte,
wie das Ganze laufen würde, wenn Adler die Verabredung verstreichen ließ, schaute ich zur Uhr.
Es war bereits später Nachmittag. Nach fünf. Ich hatte mich nicht getäuscht. – Er kam nicht.
Vielleicht war ich pessimistisch gewesen. Aber es war leider genau so eingetroffen, wie ich es
erwartet hatte. Er würde sich nicht verspäten. Er war einfach weg. Ich hoffte, aber glauben
konnte ich es nicht. Ich nahm wieder das Telefon zur Hand. Ich wählte seine Nummer und
horchte. Freizeichen. Es tutete mehrfach, dann startete die Bandansage erneut. Ich legte auf,
versuchte es nochmals. – Nichts.
Ich stand auf, ging im Zimmer umher. Ich wanderte durch die Praxis, während ich immer wieder
Adlers Nummer wählte. Im Flur war urplötzlich mein Weg zu Ende. Nicht, dass Adler
abgenommen hätte. Ich hatte ein Geräusch wahrgenommen. Ein Surren. Ich ging dem Surren
nach. Durch die angelehnte Tür hinein ins Bad. Vor der Toilette machte ich halt. Das Surren
ertönte jetzt genau vor mir. Und dann sah ich es. Adlers Mobiltelefon. Es vibrierte und leuchte
in der Ersatztoilettenrolle auf der Ablage über dem Keramikbecken vor sich hin. Ich starrte es an
wie einen leibhaftig gewordenen Geist.
Wie in Trance griff ich mir das Handy und spürte, an seiner Rückseite klebte ein kleines
zusammengefaltetes Stück Papier. Ich riss es herunter, während ich versuchte die Anrufliste im
Display zu überprüfen. Es gab keinen Sperrcode, ich konnte das Handy frei bedienen. Im
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Anrufregister leuchtete nur meine Nummer auf. Keine weiteren Einträge. Ich entfaltete den
Zettel. Mit einem Kugelschreiber hatte Adler kaum leserlich eine kurze Nachricht aufs Papier
gekritzelt:
Mein erstes Leben endete mit 18. Mein zweites mit 26. Das dritte findet in einer anderen Dimension statt.
Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Adler war sechsundzwanzig Jahre alt. Was sollte das
heißen? Welche Dimension wollte er erobern? War das eine Anspielung auf Selbstmord? Hatte
ich doch mit meiner Vermutung Recht behalten? Lag er irgendwo, dem Tode nahe – eine
Überdosis Valium oder Kokain im Blut? Hatte er sich die Pulsadern aufgeschnitten? Hatte er
sich an einem Baum in den Stadtwäldern Bochums erhängt?
Wie eine ferngesteuerte Puppe ging ich zurück zum Therapiezimmer. Dort ließ ich mich auf die
Pritsche sinken, auf der Adler noch bis vor wenigen Stunden gelegen hatte.
Ich las den Zettel wieder und wieder. Dann schaute ich sein Telefon genauer an. So karg seine
Hinterlassenschaft auch war. Warum hatte er es bei mir zurückgelassen? Es musste einen Grund
haben. Das Handy war nichts Besonderes. Kein Smartphone. Keine speziellen Eigenschaften.
Fotos. SMS. Telefonieren. Ich kam zu dem Schluss, es konnten nur zwei Gründe
dahinterstecken. Erstens: Der Zettel sollte mir sein Innerstes mitteilen. Etwas, das er so noch
nicht gesagt hatte und das er mir als letzte Botschaft übermitteln wollte. Zweitens: Das Telefon
war die einzige Kontaktmöglichkeit zu ihm gewesen. Mit seinem Aufenthaltsort, dem Hotel,
hatte er mich belogen. Die ausschließliche Verbindung zu ihm war seine Mobilfunknummer.
Auch diese hatte er gekappt, indem er das Telefon hinterließ. Was konnte das Telefon mir
bringen? Es hatte eine Chipkarte, die Informationen über ihn preisgab. Wenn ich diese Bauer zur
Verfügung stellte, würde er schnell eine Menge Daten herausfinden, die ich benutzen konnte.
Benutzen.
Ich hielt inne. Warum benutzen? Fotos, Telefonnummern, Notizen. Ein Handy war heutzutage
das wandelnde Datenlexikon des Besitzers. Ich würde seine Kontakte kennen, wann er mit wem
telefoniert hatte. Mit fieberhafter Erregung drückte ich mich über die Tasten ins Menü ein. Er
hatte, wie gesagt, das Display überraschender Weise nicht durch einen Code geschützt. (War das
für einen Paparazzo nicht fahrlässig?) Ich navigierte mich wie im Wahn durch alle Untermenüs.
Adressbuch, Notizen, Bilder, Nachrichten, Musik. Mir wurde heiß und kalt zugleich. Außer
meinen eigenen Anrufen in der Liste „Letzte Anrufe“ gab es keinerlei Daten oder Einträge. Der
Telefonkartenspeicher und auch der Handyspeicher waren leer.
Ich blickte auf. Zacharias Adler war verschwunden. Suizidgefahr hin oder her. Es gab nichts, was
nunmehr auf ihn hinwies. Die Telefonkarte musste es richten. Zumindest seine früheren
Aufenthaltsorte waren durch sie feststellbar. Das wird er übersehen haben, als er sich aus meiner
Praxis davongestohlen hat. So hoffte ich. So redete ich mir es ein.
Ich hatte nochmals mit Anita telefoniert, es war bereits weit nach achtzehn Uhr. Sie war ebenso
entsetzt wie ich. Sein Verhalten war undurchschaubar und dieser Abschied hatte etwas
Unheimliches. Anita brachte mich auf eine Idee. Wenn man den Brief mitsamt dem Handy
betrachtete, als Summe seiner Teile, so hatte ich doch schon mit dem begonnen, wozu er mich
vielleicht auffordern wollte. Ich sollte recherchieren. Ich sollte seinem Verbleib nachgehen.
Vielleicht war es auch so, dass er mir indirekt sagte: Ich bin zu verwirrt um nach ihr zu suchen,
aber finde Chrystal für mich.
Dass er mit dieser Haltung nur sich selbst schadete, lag auf der Hand. Von seinen
Schuldgefühlen und der damit verbundenen Reue konnte er sich nur aktiv befreien. In dem er
sein Verhalten änderte, indem er erkannte, dass solche Mediengeschäfte, wie er sie betrieb,
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schnell zu einer gefährlichen Lawine werden konnten. Seine Geschäfte würde er auf andere
Weise betreiben müssen, um damit ruhigen Gewissens leben zu können.
Was blieb mir übrig? Adler hatte mich zu seinem Zeugen gemacht, ich blätterte meine Mitschrift
durch, schrieb die Rufnummern von C.C. Chrystal und Dennis in ein kleines Notizbuch. (Ich
hatte bei Chrystal versucht anzurufen, aber ihre Leitung war tatsächlich tot, wie Adler es mir
mitteilte.) Ich öffnete meinen kleinen schwarzen Karteikasten auf dem Schreibtisch, durchsuchte
alle Karten auf Einträge und fand schließlich zwischen ihnen die Notiz mit Bauers Rufnummer.
Erstaunlicher Weise hatte ich den Kommissar sofort am Apparat. Er erinnerte sich gleich an
mich.
„Herr Professor Wallmann, was verschafft mit die Ehre?“, sagte er. „Es ist doch wohl nichts
passiert? Ich meine, es ist Pfingstmontag!“
„Doch“, entgegnete ich. „Ich hatte einen eigentümlichen Patienten. Er hat meine Praxis
verlassen, hinterließ aber eine Nachricht, die man als Suizidabsicht deuten könnte. Ich habe ihn
versucht zu erreichen. Sein Mobiltelefon liegt hier bei mir. Er übernachtet angeblich in einem
Hotel am Bahnhof. Dort ist er nicht. Nie gewesen.“
„Wie heißt der Mann?“
„Zacharias Adler. Seine Eltern wohnen angeblich in Bochum-Langendreer.“
„Wie alt?“
„Sechsundzwanzig.“
„Wie ist seine Gestalt, seine Kleidung?“
„Er ist etwa einen Meter siebzig groß, schlank, drahtig. Er hat kurzes blondes Haar, blaue
Augen. Jeans, Lederjacke.“
„Wie lautet diese Nachricht?“
Ich las sie dem Kommissar kommentarlos vor.
„Und seine Rufnummer?“
Auch die Telefonnummer gab ich Bauer an.
„Okay, Herr Wallmann. Sie sind, nehme ich an, noch in Ihrer Praxis?“
„Ja.“
„Bleiben Sie dort. Ich komme gleich zu Ihnen. Adler könnte noch bei Ihnen eintreffen.“
„Wie Sie meinen“, sagte ich, dankte dem Kommissar und legte auf.
Zwanzig Minuten später saß mir Bauer gegenüber. Er hatte sich über die fünf Jahre hinweg nicht
verändert. Er trug das mittellange dunkle Haar noch immer zum Zopf gebunden. Ihn kleideten
braune abgewetzte Lederhosen und ein grünes Flanellhemd. Unter dem groben Stoff seiner
schwarzen Jeansjacke erahnte ich links das Schulterholster der Dienstwaffe. Durch den
Oberlippenbart erinnerte mich Bauer im Aussehen ein wenig an Dschingis Khan. Bauers
schlanke Finger fuhren immer wieder über diesen wild aussehenden Schnäuzer, während er sich
meine Geschichte anhörte. Ich kam mit meinem Bericht zu Ende. In regelmäßigen Abständen
hatten sich seine buschigen Augenbrauen gehoben und gesenkt. Bauer blickte düster drein.
„Zacharias Adler“, sagte er, „ist polizeilich bekannt. Hausfriedensbruch. Körperverletzung. Es
gibt eine ganze Litanei von Klagen gegen ihn. Der Bursche ist einer der schlimmsten Paparazzi
weit und breit. Der schreckt vor nichts zurück. Das reicht bis ins Ausland. In Österreich hat er
Inzest-Opfer bis ins Krankenhaus verfolgt. Er hat sich dort eingeschlichen und versucht, ins
Krankenzimmer einzudringen. Das Sicherheitspersonal konnte es nur knapp verhindern.
Hundertprozentig beweisen, dass er es war, kann man allerdings nicht. Er war verkleidet, eine
Perücke hat er bei seiner Flucht verloren. Ehe die Polizei eintraf, war er bereits über alle Berge.“
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„Dieses Handy da“, tippte Bauer auf Adlers Mobiltelefon, „hat er sich wohl im Ausland besorgt.
Die Nummer weist auf eine Prepaid-Karte hin. Die Karte wurde unter falschem Namen
registriert. Das ermittelte Bewegungsprofil bringt nichts. Er hat damit nur mit Ihnen telefoniert.
Der Einwahlort des Funknetzes ist in unmittelbarer Nähe Ihres Büros. Adler ist nicht in
Bochum gemeldet. Er ist nirgends gemeldet. Er hat keine Homepage, wie Sie wissen. Er ist ein
Phantom.“
„Wie?“ Ich schluckte. „Ein Phantom...“
„Ein Trugbild. Eine Fata Morgana. Er ist wie ein flüchtiges Gas. Nicht fassbar. Unsichtbar. Ich
habe mir von einem befreundeten Richter sagen lassen, der kennt ihn gut, Adler lebt
wahrscheinlich in einem Transporter oder großen Van und arbeitet aus dem Auto heraus. Aber
er wechselt die Autos wie Unterhemden. Du weißt nie wo er ist.“
Ich tippte auf den Zettel. „Und was halten Sie davon?“
„Das ist ein Köder. Er will rätselhaft erscheinen. Das ist kein echter Abschiedsbrief.“
„Was also hat er vor?“
„Schwer zu sagen. Aber so wie es aussieht, will er, dass Sie ihn suchen.“
Bauer wusste sich also auf die Sache keinen besseren Reim zu machen als ich.
„Was spielt die Skandalgeschichte von dieser Ex-Sängerin, die sich einen jugendlichen Lover
nimmt, für eine Rolle?“
„Keinen Schimmer. Eine Geschichte ist dazu da, erzählt zu werden. Das haben unsere
Vorfahren an den Lagerfeuern nicht anders gemacht. Vielleicht ist das schon das ganze
Geheimnis.“
„Und das Foto? Das Gewehr?“, fragte ich.
Bauer nahm meinen Ausdruck, den ich von meinem Handybild gemacht hatte, vom Schreibtisch
auf und schaute ihn genauer an.
„Ich nehme das Bild mal mit. Das ist eigentlich nicht unsere Baustelle. Es sei denn, die Viktualia
Müller, oder besser gesagt, C.C. Chrystal, hätte ihren Wohnsitz in Deutschland. Ich kann das
überprüfen, aber ich fürchte, wir kommen da nicht weiter. Dennoch..., die Flinte ist interessant.“
„Was können wir tun?“, sagte ich.
„Sie können nichts tun. So hart es auch ist. Wir machen das! Es gibt zwei Vermisste. Ganz schön
vertrackt. Derjenige, der eine Frau als vermisst angibt, kann dies nicht mehr anzeigen, weil er
selbst vermisst wird. Das Discosternchen könnte verschleppt oder getötet worden sein. Und der
Fotofuzzi soll sich das Leben nehmen wollen, weil er sie in Gefahr gebracht hat. Also so etwas
Abstruses hab ich ja seit Jahren nicht gehört.“
„Was wollen Sie damit sagen?“
„Nichts will ich damit sagen“, sagte Bauer. „Falls sich was tut, anrufen.“ Er spreizte den
Daumen und den kleinen Finger seiner rechten Hand ab und wedelte damit vor seinem Ohr.
Dann stand er auf. Ich musste wohl geschaut haben wie ein geschlagener Ridgeback nach einem
verlorenen Hundekampf. „Wenn ich was weiß, melde ich mich“, sagte er. „Und Sie müssen mir
etwas versprechen.“
„Was?“
„Sie grübeln nicht. Abgemacht?“
Ich nickte.
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