Auslandssemester in Buenos Aires 2011/2012

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Auslandssemester in Buenos Aires 2011/2012
Auslandssemester in Buenos Aires 2011/2012
Buenos Aires - das Paris des Südens. Und zu Recht ist Europa in dieser südlichen Stadt
Lateinamerikas nicht zu übersehen. Lange hatte ich darauf hingefiebert sie endlich selbst
kennenzulernen um mich von Ihr überzeugen zu lassen. Und beides hat funktioniert.
Wer sich für Stadtkultur, Architektur und ein Leben
voller Abwechslung interessiert, ist hier am richtigen
Ort. Diese Stadt ist riesig und es gibt unheimlich viel zu
sehen. In Colectivo (den Bussen) kommt man überall
und billig hin, aber am spannendsten ist es, die Stadt zu
Fuß zu erkunden. Zwar ist alles in Cuadras aufgeteilt,
was ein wenig langweilig wirken könnte, aber das tut es
definitiv nicht, wenn man die Augen gen Himmel hebt
und sich die Häuserfassaden anschaut, die eine
faszinierende Mischung an Kolonialstilen und
Neubauten
bietet.
Vor allem auch die Porteños machen das Stadtbild
zu einem großen, lauten und chaotischen MeltingPot, den man unbedingt mal erlebt haben muss.
Man bemerkt definitiv die italienischen Wurzeln bei
den Porteños, die allein schon sehr unterhaltsam
sind, aber das tolle an den Strassen Buenos Aires`
sind die ganzen jungen Leute, meist Künstler oder
Hippieanhänger, die die Stadt Tag und Nacht
lebendig halten. Wer Kunst und Kultur sucht, findet
hier ein großes Angebot an (gratis) Veranstaltungen,
und dies zu jeder Uhrzeit.
Die Facultad Filosofía y Letras der Universidad de
Buenos Aires ist so, wie man sich das vorstellen
könnte: Laut, chaotisch und ungewöhnlich, wenn
man an die Universität in Deutschland denkt. Dass
es sich dabei um eine ehemalige Tabakfabrik
handelt, scheint der Grund zu sein, weshalb man
im Gebäude rauchen kann… ein Segen für alle
Raucher. Alles
in allem ist das
Studentenleben in dieser Fakultät ziemlich locker, was wohl an
den Freitagabendlichen Partys im Innenhof und den Bierchen
mittags liegt. Keine Party geht natürlich ohne „Fernet con Cola“,
das argentinische Nationalgetränk. Was sehr bemerkenswert
jedoch ist, ist, dass hier alle mit Leib und Seele studieren und
immer sehr hilfsbereit sind, sobald herauskommt, dass man
Ausländer ist. Was mich ebenfalls sehr überrascht hat, ist das
leidenschaftliche Engagement für die Unipolitik: In Zeiten der
Wahlen ist die Fakultät mit unglaublich vielen bunten,
handgeschriebenen Postern plakatiert und es ist nicht
ungewöhnlich , dass der Unterricht bis zu fünf Mal unterbrochen
wird, damit die Studenten für ihre Partei werben können.
Die Kurse sind in Materias und Seminarios
eingeteilt – Die Materias bestehen aus vier
Stunden Theorieunterricht und zwei Stunden
Praktika, im Ersteren hält der Professor den
Unterricht, im Zweiten setzt man das Gelernte
um. Meist muss man in diesen Materias eine
Zwischenprüfung und eine Abschlussprüfung
schreiben, manchmal auch eine Hausarbeit,
was abgesehen von der Stundenzahl einiges
an Arbeit ist. In den Seminarios ist meist ein
grosser Leseaufwand nötig um folgen zu
können und für den Schein muss man eine
Hausarbeit schreiben. Ich persönlich habe mit zwei Materias und zwei Seminarios begonnen, von
denen ich aber dann nur noch eine Materia bis zum Schluss belegt habe. Der Grund dafür war
einerseits der hohe Leistungsaufwand, denn für jeden Kurs muss man sehr viel vorbereiten,
andererseits habe ich nebenbei ein Praktikum gemacht, und das alles unter einen Hut zu packen war
kaum möglich. Denn auch wenn ein Tag in Buenos Aires 18 Stunden hat statt 12, verliert man allein
im Verkehr schon bis zu 3 Stunden. Ich habe den Kurs „Psicología del Arte“ bei Prof. Silberstein
besucht, der Freitagabend von 17 Uhr bis 21 Uhr abends ging, manchmal auch bis 23 Uhr, und 2
Stunden am Mittwochnachmittag. Der Kurs war sehr aufwendig, aber unglaublich interessant und
der Professor sehr unterhaltsam. Vor allem aber ist es sehr empfehlenswert, sich für nur einen Kurs
zu entscheiden, der einen wirklich interessiert, und sich in dessen Arbeit hineinzuhängen, anstatt
viele Kurse zu belegen. Trotzdem sollte man sich in bis zu 4 Kurse eintragen, denn wenn man sie
schlussendlich nicht belegt, hat dies keine Folgen.
Die Personen, die das Büro für die Austauschstudenten leiten, sind sehr nett und hilfsbereit.
Allerdings sollte man immer persönlich zu den Sprechzeiten hingehen, denn auf Mails wird
grundsätzlich nicht reagiert.
Ich bin mit der Idee nach Buenos Aires
gegangen, dass alles recht günstig ist. Doch
da habe ich mich ordentlich getäuscht, denn
die ökonomische Situation ist nicht besonders
gut. Eine WG findet man nicht unter 1000
Pesos, noch eher zahlt man mehr, und das
unabhängig vom Viertel, in dem man wohnen
möchte. Auch das Alltagsleben ist nicht
gerade günstig , allein durch einen mäßig
großen Einkauf kann man um die 100 Peso
verlieren.
Mit
den
Porteños habe ich leider nicht nur gute, sondern auch ein paar unangenehme Erfahrungen gemacht.
Vor allem wenn es um Geld geht, wird man leicht über den Tisch gezogen, selbst von den eigenen
Vermietern oder Mitbewohnern. Man sollte also immer ein Auge auf sein Geld und seine Kosten
haben und sich für alles immer einen Beleg ausstellen lassen.
Woran ich mich nicht so schnell gewöhnen konnte, war das Essen. Viel Fleisch, viel Öl, viel Käse…
aber kaum Obst und Gemüse, auch wenn das an jeder Ecke zu kaufen war. Sehr viel Produktauswahl
hat es nicht in den Supermärkten, manchmal muss man ganz schön improvisieren, um nicht zu viel
Geld auszugeben. Bei den süßen Sünden wie Facturas und Alfajores oder Dulce de Leche hatte ich
weniger Probleme, mich an sie zu gewöhnen. Den Rhythmus des Alltagslebens übernimmt man auch
ziemlich schnell: Zu spät kommen, in den Tag hineinleben und schauen was er bringt,
Abendprogramme die erst um 1 oder 2 Uhr Nachts beginnen.
Wie schon erwähnt, habe ich neben dem Studium auch ein Praktikum bei einer DeutschLateinamerikanischen Reiseagentur namens „Papaya Tours“ gemacht. Schon zu Beginn des
Semesters hat mich die Lust überkommen mehr zu machen als nur zu studieren und mehr von der
Stadt und Umgebung kennenzulernen. Ich hatte das Glück, dass genau zu dieser Zeit eine
Praktikantenstelle in dieser Agentur frei war. Ich habe nicht nur bei der Organisation von Reisen
durch Argentinien mitgeholfen, sondern durfte auch
selbst als Reiseleiterin einspringen und an
lehrreichen und interessanten Touren durch Buenos
Aires teilnehmen. Ich habe jeden Tag mit einer
Gruppe Argentiniern zusammengearbeitet, was mir
einen guten Einblick in die argentinische Kultur und
ein abwechslungsreiches und volles Alltagsprogramm
gegeben hat. Der Ausgleich zwischen Universität und
Arbeit war, auch wenn oftmals etwas stressiger als
erhofft, die beste Entscheidung die ich hätte treffen
können. Abgesehen davon, arbeitet so gut wie jeder argentinische Student tagsüber und geht abends
erst in den Unterricht.
Ich habe mich alles in allem sehr sicher gefühlt in
dieser Stadt. Auch wenn man dies nicht sollte, bin
ich nachts allein heimgegangen und mir ist nie
etwas passiert. Nur aus einem Fehler habe ich
gelernt: Man sollte niemals nachts auf einer
Parkbank in einer Plaza sitzen, auch begleitet,
denn das war das einzige Mal dass ich überfallen
wurde. Im Viertel Once um die Plaza Miserere
(Plaza Once) herum sollte man bei Nachtanbruch
nicht mehr allein herumlaufen, am Busbahnhof
Retiro sollte man auch sehr vorsichtig sein und
bei Dunkelheit nicht mehr allein unterwegs sein,
da dahinter das Armenviertel liegt, und das Viertel Constitución um die Plaza Constitución herum
sollte man gar nicht erst betreten, vor allem nicht als Ausländer.
Die Wohnungssuche in Buenos Aires ist nicht
besonders schwer… meist geht es über
Internet. Ich habe bei compartodepto.com und
craigslist.com geschaut, da findet man immer
eine Bleibe. Die meisten Leute wohnen in den
hippen Vierteln wie Palermo und Recoleta. Ich
habe an der Grenze zwischen den Vierteln San
Cistóbal und Constitución gewohnt, ein Viertel
eher ohne Touristen (soweit man dies von
Buenos Aires sagen kann), in der Nähe der
Plaza Congreso. Auf diesem Platz ist tagsüber
so gut wie jede Woche irgendeine
Demonstration – demonstrieren ist das Hobby der Argentinier. Gearbeitet habe ich im Norden der
Stadt, in Belgrano, ein sehr hübsches Viertel zum wohnen. Im Allgemeinen bin ich der Meinung, dass
alles auf die eigene Einstellung und das Verhalten ankommt, dass man an den Tag legt, ob einem
etwas passiert oder nicht.
Wer noch Fragen offen hat oder nach einer Bleibe in Buenos Aires sucht, kann sich gerne an mich
wenden. Meine ehemaligen Mitbewohner in Buenos Aires können euch da bestimmt weiterhelfen!
Alles
Gute
im
- Land!