Milchviehbetriebe erfolgreich führen – aber wohin?

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Milchviehbetriebe erfolgreich führen – aber wohin?
Ökonomik
Milchviehbetriebe
erfolgreich führen – aber wohin?
V. Petersen, Halle
W
elchen Weg sollen Milchviehbetriebe in Zukunft beschreiten? Alles so
lassen, wie es ist? Oder den Betrieb langsam auslaufen lassen? Oder
versuchen zu wachsen und Quoten zu kaufen, um auch morgen am
Ball zu bleiben? Für diese Fragen gibt es keine einheitlichen Antworten. Sie
müssen individuell, für jeden Betrieb anders entschieden werden. Für diese
Entscheidung ist zunächst wichtig zu wissen, wie das eigene Unternehmen im
Verhältnis zu anderen Unternehmen einzuordnen ist. Wo liegen besondere
Stärken, wo nicht? Wenn darüber Klarheit herrscht, ist zu untersuchen, wie sich
das Umfeld entwickelt. Was ist von der Politik zu erwarten, wie entwickeln sich
die Marktverhältnisse, ist weiter mit Steigerungen der Milchleistung zu rechnen,
wird sich die Einstellung der Mitmenschen zu Fortschritt und Technik wandeln?
Nur wenn die Antworten auf diese Fragen gegeben sind, lässt sich beurteilen,
ob die eigenen Stärken zu dem passen, was von außen kommt. Erst dann ist zu
entscheiden, wohin der eigene Weg führen sollte.
Was kommt von außen?
Die Gestalt der agrarpolitischen Rahmenbedingungen steht in enger Beziehung
zu den Entscheidungen der Welthandelskonferenz (WTO). Hier wird festgelegt, wie
sich der Austausch von Gütern und Dienstleistungen zwischen den angeschlossenen
Staaten und Staatengruppen vollziehen
soll. Die gegenwärtig gültigen Vereinbarungen der s. g. Uruguay-Runde wurden ab
Um den europäischen
Milchviehhaltern umfassende Informationen über den
Stand der neuesten Entwicklungen
zugänglich zu machen, wird dieses
Jahr zusätzlich im Rahmen der Ausstellung die 1. Internationale MilchManagement-Konferenz zum Thema
„Erfolgreiches Milch-Management –
zukunftsorientiert, rentabel und nachhaltig” vom 26. bis 28. November stattfinden. Das vollständige Veranstaltungsprogramm mit Anmeldeformularen kan bei folgender Adresse angefordert werden:
Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Eschborner Landstr.
122, 60489 Frakfurt/M., Tel.: 069/2 47
88-312, Fax: 0 69/2 47 88-144, E-Mail:
[email protected].
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milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000
1986 zunächst in Uruguay verhandelt und am 15.
April 1994 in
Marrakesch
verabschied e t .
Sie haben einen allgemeinen
Rahmen für
die stärkere Integration auch
der
Landwirtschaft in die Weltwirtschaft
gesetzt.
Die Laufzeit der in der
Uruguay-Runde getroffenen
Vereinbarungen
endet
allerdings
am
30.6.2001. Die geplanten
Folgeregelungen lassen sich
von drei Grundgedanken leiten.
Sie sehen eine von Zöllen und Abschöpfungen weitgehend freie Einfuhr von Importgütern vor, sie wollen
eine subventionsfreie Ausfuhr von Exportgütern sicherstellen und von der
Lenkung der Produktion durch die Vorgabe von Preisen und Mengen Abstand nehmen. Die Beschlüsse der Agenda 2000
sind an diesen Grundgedanken ausgerichtet. Infolgedessen erhöht sich zum einen
das Milchangebot in der EU voraussichtlich
um 4,8 Mio. t Milch bzw. rd. 4 v.H. des Gesamtangebotes; zum anderen sinken die
Interventionspreise sehr deutlich. Um einen Absturz der Milchpreise zu verhindern
(zu erwarten wären bis zu 15 v.H.), hat der
Europäische Rat am 25. und 26.3.1999
(Berliner Gipfel) eine Reihe von Ausgleichsregelungen beschlossen. Netto
(nach Berücksichtigung der Ausgleichszahlungen) ist so „nur” mit einem politisch
bedingten Preisrückgang von rd. 5 v.H. zu
rechnen.
Die Preiserwartungen für Agrarprodukte
sind über alle Produktgruppen weltweit
eher günstig einzustufen. Dazu führen ein
relativ kräftiger Anstieg der Nachfrage, die
sehr begrenzte Zunahme des Angebotes
sowie zusätzliche Aufwendungen, die für
höhere Qualitäts- und Sozialstandards notwendig werden. Allerdings gibt es hier ein
Problem: Diese allgemein günstigen
Trends gelten für Milch nur eingeschränkt.
Sie sind außerdem auf wenige verarbeitete
Milchprodukte begrenzt. Die Molkereiwirtschaft steht zudem unter dem Druck, ihre
Wettbewerbsfähigkeit verbessern zu müssen. Dazu gehören auch niedrige Einstandspreise für die Milch.
Insgesamt sind in Deutschland durch
die Entwicklung der Marktnachfrage
nach Milch nur relativ geringe Preisimpulse zu erwarten. We-
Ökonomik
verbunden wächst die Neigung, von Vorgaben zur Regelung von Produkten und
Märkten abzurücken und Unternehmen zu
fördern, die sich aus eigener Kraft an den
Daten der Weltmärkte ausrichten können.
Dies hat zwei Konsequenzen, die in sich
widersprüchlich sind, aber in einem einheitlichen Niederschlag münden. Einerseits
geht es um den Abbau hemmender Regelungen, also: schnell weg mit der Quote.
Andererseits geht es um den Schutz von
Unternehmen, die sich im Grundsatz ohne
Staat behaupten können, aber sich durch
den Kauf von Quoten hoch verschuldet haben. Alles eingerechnet heißt das: Die
Quote wird wohl fallen, aber nicht abrupt,
sondern langsam und gleitend, mit vielen
Übergangsregelungen.
Gibt es Alternativen?
sentlich bleiben die Beeinträchtigungen
durch die Politik.
Zugleich werden jedoch technische Fortschritte die Milchmengenleistungen weiter
steigen lassen. Die Leistungszuwächse
sind weitgehend größenneutral. Sie sind im
Grundsatz von allen Landwirten zu nutzen;
von denen, die groß sind und wachsen wollen ebenso wie von denen, die über kurz
oder lang den Ausstieg planen. Anders verhält es sich mit den technischen Fortschritten in der Gebäude-, Innen- und Feldtechnik. Sie führen dazu, dass v. a. große und
wachsende Betriebe günstiger produzieren können.
Dadurch entsteht ein Sog hin zu größeren
Produktionseinheiten. Gleichzeitig ist damit
eine Tendenz zur stärkeren Spezialisierung
innerhalb der Milchproduktion verbunden1.
Technische Fortschritte entfalten nur dann ihre
volle Wirkung,
wenn
die
Gesell-
schaft
sie auch
ernstlich
will. In den
vergangenen
Jahrzehnten
waren
technische Fortschritte,
insbesondere biologisch-technische
Fortschritte, nicht mit
besonderer Wertschätzung versehen. Umgekehrt erfreuten sich Interventionen des Staates einer
vergleichsweise hohen Beliebtheit. Hier zeichnet sich seit
geraumer Zeit eine Trendwende
ab.
So ist die Akzeptanz technischer
Fortschritte im Zunehmen begriffen.
Dadurch wird die Dynamik technischer
Fortschritte infolge gesellschaftlicher Impulse verstärkt. Dies stabilisiert die Wettbewerbsposition der deutschen Milchwirtschaft.
Parallel dazu hat sich die Sympathie für
eher staatsferne Lösungen erhöht. Erkennbarer Ausdruck dafür sind u. a. die Privatisierungen öffentlicher Unternehmen (Bundesbahn, Lufthansa, Bundespost). Damit
Welche „Strategie” soll ein Landwirt vor
dem Hintergrund dieser Entwicklung
wählen? Dazu muss Klarheit über zwei Tatbestände hergestellt werden.
1. Soll ein Produkt hergestellt werden, das
alle erzeugen, dann aber möglichst kostengünstig? Oder soll ein Produkt hergestellt werden, das besondere Eigenschaften hat und deshalb teurer verkauft
wird? Bei diesen Fragen geht es um das
so genannte Strategische Verhalten.
2. Wenn die Entscheidung zu Gunsten des
einen oder des anderen Verhaltens gefallen ist, ist zu klären, wie diese Entscheidung am besten umgesetzt werden
kann. Durch möglichst lange Nutzung
der Kapazitäten, die auf dem Hof bereits
vorhanden sind? Oder aber durch
Wachstum und Ausbau des Betriebes?
Bei diesen Fragen geht es um den so
genannten
Strategischen Ressourceneinsatz.
Zum strategischen Verhalten:
Unter den vorherrschenden Bedingungen ist für die mit Abstand größte Anzahl
von landwirtschaftlichen Unternehmen mit
Milchproduktion eine Strategie der Kostenführerschaft der sinnvollste Weg. Der
Landwirt versucht dabei, seine Produkte,
hier die Milch, so kostengünstig wie möglich bereitzustellen. Bei allen Überlegungen und Handlungen, von der Beschaffung
bis zum Verkauf, steht dieses Ziel im Mittelpunkt. Warum ist gerade dieser Weg der
sinnvollste? Erstens: Der Milchmarkt ist ein
weitgehend gesättigter, stagnierender
1
Wachstum ist an den zusätzlichen Einsatz von Kapital gebunden. Die Konzentration des zusätzlichen Kapitals ausschließlich auf die Milchproduktion ist im Allgemeinen mit einem stärkeren Rückgang der Kosten verbunden als dessen gleichmäßige Verteilung auf die Milchproduktion, die Färsenproduktion und den Feldfutterbau.
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Markt. Zweitens: Eine eventuelle Differenzierung der Milch in Erzeugnisse mit besonderen Eigenschaften findet vorrangig
auf der Stufe der Molkereiwirtschaft statt.
Hier, an der Schnittstelle zum Lebensmitteleinzelhandel, wird der Joghurt, wird
die Butter vom Normalprodukt zum Exklusivprodukt. Von der Landwirtschaft wird
dazu nur gute Standardmilch, und die möglichst billig, erwartet. Immer dann, wenn
Bedingungen dieser Art vorliegen, ist es für
die meisten Landwirte sinnvoll, auf niedrige
Kosten zu achten.
Zum strategischen
Ressourceneinsatz:
Wie lässt sich die Strategie der Kostenführerschaft verwirklichen? Eine Hauptlinie
besteht natürlich darin, den Produktionsprozess zu optimieren, z. B. durch die Ausschöpfung des Milchleistungspotenzials,
die Bereitstellung hoher Grundfutterqualitäten und ein gutes Herdenmanagement.
Das ist die Ebene des täglichen Handelns,
die operative Ebene. Ergänzend stellt sich
jedoch die Frage, welche Richtungsentscheidungen zum Erreichen der Kostenführerschaft geboten sind. Dabei ist zwischen drei Zeitebenen zu trennen.
Unternehmen, die ohne weitere Investitionen die vorhandenen Kapazitäten verbrauchen, können für einen eng befristeten
Übergangszeitraum teilweise sehr kostengünstig produzieren. Dies gilt vor allem
dann, wenn genügend Arbeitskräfte vorhanden sind und keine Beschäftigungsalternativen bestehen. Diese Variante
scheidet spätestens dann aus, wenn
nach vollständiger Abschreibung der
Gebrauchsgüter eine Produktion nicht
mehr möglich ist.
Unternehmen, die heute gut ausgestattet sind, können über einen längeren Zeitraum relativ kostengünstig produzieren,
wenn die zu Beginn vorliegenden techni-
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das erhebliche Stärken in der Produktionstechnik, in der Bereitschaft und Fähigkeit
zur Umsetzung biologisch-technischer
Fortschritte sowie im Verkaufs- und Finanzmanagement aufweist. Nur wenn diese Stärken vorliegen, lassen sich die erwarteten Entwicklungen und Chancen der
Umwelt nutzen. In
Übersicht 1: Kapitalwert einer Ausdehnung der unserem „Standardszenario” sollen im
Milchproduktion
Einzelnen die nachPosition (DM)
Investitions2000/2001
2007/2008
stehenden
Annahbeginn
men gelten (ÜberLfd. Einzahlungena
5.537
6.175
sicht 1). Sie werden
Lfd. Auszahlungenb
1.850
2.200
später noch abgeAuszahlungen Bereitschaftc
1.480
1.480
wandelt. Um die EntSaldo
2.207
2.495
wicklungsdynamik
Auszahlungen Investitionen
gut zu erfassen, wird
– Gebäude
8.000
0
0
ein dynamisches Kal– Kuhd
2.200
0
0
kulationsverfahren
e
– Quote
12.000
300
255
eingesetzt. Das dyEinzahlungen Investitionen
namische Kalkulati– Gebäude
0
0
4.800
onsverfahren erfasst
f
0
0
1.500
– Kuh
nicht nur vermutliche
– Quote
0
0
12.200
Durchschnittsdaten,
Sa. Saldo
22.200
1.901
20.740
sondern spiegelt
Kapitalwertg
2.059
Leistungssteigeruna 8000 kg Milch; jährliche Steigerung (ab 2000/2001) 200 kg; 0,64 DM/kg Milch; Absenkung ab
gen, Wertverluste der
b Kraftfutter 830,– DM/Kuh, Grundfutter inkl. Dienstleistungen
2000/2001 bis 2007/2008 um 5 v.H.
Quoten, Milchpreis570,– DM/Kuh, Tierarzt, Strom, Wasser, Sonstiges 450,– DM/Kuh. c Arbeit 980,– DM/Kuh; Fläche
350,– DM/Kuh , Service, Verwaltung, Unterhaltung 150,– DM/Kuh. d Zukauf bzw. Erfassung der Totalen
änderungen usw. in
Prozessausgaben inkl. Arbeit.- e Rückgang des Quotenpreises von 1,50 DM/kg auf 1,28 (85 v.H.) DM/kg
dem Betrachtungsab 2004/2005. f Verkaufserlöse innerhalb des Betrachtungshorizontes 1100,– DM/Kuh. g Zinssatz 5 v.H.
bzw. Diskontierungsfaktor 1,05.
zeitraum gut wider.
Quelle: Eigene Berechnungen; Rinderreport Schleswig-Holstein, mehrere Jahrgänge
Die Milchleistung
beträgt am Anfang
des Betrachtungshorizontes 8000 kg je
schen Kapazitäten einem zeitgemäßen
Kuh und Jahr; bis zum Ende im Jahr
Standard entsprechen und die Arbeitskräf2007/2008 steigt sie um 200 kg/Kuh und
te sinnvoll beschäftigt sind. Wichtig ist hier:
Jahr an. Die Produktpreise belaufen sich
Der Zukauf von Kühen und Quoten ist bei
auf 0,64 DM/kg. Der Produktpreis sinkt bis
dieser Variante im Allgemeinen hoch rentazum Ende des Investitionszeitraumes
bel, wenn Ställe und Arbeitskräfte vorhan(Transferzahlungen sind gegengerechnet)
den sind und ausschließlich Quoten geschrittweise um insgesamt 5 v.H. auf rd.
kauft werden müssen. Unternehmen kön0,61 DM/kg Milch.
nen sich in dieser vergleichsweise komforDie Preise für Kälber liegen mit
tablen Lage teilweise recht lange einrich320,– DM leicht über dem Preisniveau im
ten.
Durchschnitt der vergangenen Jahre. UrLangfristig ist die Kostenführerschaft jesachen hierfür sind die Quotenregelung
doch mit Wachstum zwingend verbunden.
und nur geringe Angebote aus spezialisierMechanisch-technische Fortschritte verten Kälberaufzuchtbetrieben.
schieben den Punkt kostenminimaler HerDie laufenden Ausgaben unter anderem
stellung laufend in Richtung größerer Einfür Kraftfutter, Grundfutter, Wasser, Strom
heiten. Die neuen Technologien erreichen
und veterinärmedizinische Maßnahmen
dort ihr Kostenminimum, der anteilige Einbetragen in 2000/2001 je Kuh 1850,– DM,
satz von Arbeit ist an diesem Punkt in aller
mit anschließend leicht steigender
Regel geringer. Für Unternehmen, die
Tendenz. Die gleichfalls laufenden, jelangfristig am Markt bleiben wollen, ist die
doch eher durch langfristige Bindung
Strategie des Wachstums die angemessefestgelegten Bereitschaftsausgaben für
ne unternehmerische Option.
Arbeit, Boden, Service und Verwaltung
sind mit 1480,– DM/Kuh beziffert. Ein relativ geringer Betrag ist für die Arbeit mit
Für wen ist Wachstum
980,– DM/Kuh bzw. 0,12 DM/kg Milch einrentabel?
gesetzt. Voraussetzung sind spezialisierte
und effizient organisierte VerfahrensabWelche allgemeinen individuellen Voläufe.
raussetzungen müssen erfüllt sein, damit
Was wird für die Quote gezahlt? Trotz
diese Strategie zum Erfolg führt? GrundlaBörse wird es erhebliche regionale Unterge muss ein unternehmerisches Profil sein,
Kapitalwert
Ökonomik
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
– 2.000
0
1
2
3
4
Zinssatz, v. H.
5
6
7
Kurzum: Das Ergebnis ist relativ stabil,
wenn sich jeweils ein Faktor ändert, aber
alle anderen gleich bleiben. Das Profil insgesamt muss stimmen. Schlechtere Finanzverhältnisse (über 6,5 v. H.) und ein
geringeres Erlösniveau für die Quoten (unter 85 v. H.) sind hingegen mit einem Erfolg
des Vorhabens nicht verträglich. Das Gleiche gilt, wenn schlechtere Finanzverhältnisse (über 6,5 v. H.) und eine niedrigere
Milchleistung (unter 8000 kg) zusammentreffen. Oder wenn sich ein geringeres Erlösniveau für die Quoten (unter 60 v. H.)
und höhere Ausgaben für Arbeit (über
980,– DM/Kuh) überschneiden.
Grafik 1: Zinssatz und Kapitalwert
Kapitalwert
schiede geben. Der hier unterstellte Preis
beeinflusst. Es wurden zunächst sehr
von 1,50 DM/kg ist relativ hoch. Grundlage
günstige Finanzierungsverhältnisse unterist die Annahme, dass auch Unternehmen,
stellt. Ein Zinsfuß von 5 v. H., wie vorerst
die sich über kurz oder lang zurückziehen,
verwendet, steht für einen hohen EigenkaQuoten kaufen, um durch Leispitalanteil bei der Finanzierung; alternativ
tungssteigerung frei gewordene Plätze
würde der Kapitalbesitzer sein Geld nur in
auszunutzen. Leistungssteigerungen sind
traditionellen Standardwerten anlegen.
größen- und strategieneutral; alle können
Eine Variation des Kalkulationszinsfußes
sie nutzen. Durch dieses Verhalten wird
um 1 v. H. verschiebt den Kapitalwert, ausüber einen längeren Zeitraum eine relativ
gehend vom Basiswert von 5 v. H., um rd.
hohe Nachfrage nach Quoten ausgelöst,
1300,– DM/Kuh. Der Kapitalwert reagiert
nicht nur von den eigentlichen Wachsauf Variationen des Zinssatzes also relativ
tumsbetrieben.
unempfindlich. Erst bei einem Zinsfuß von
Für das Ende des Investitionszeitrau6,5 v. H. wird die Rentabilitätsschwelle unmes ist v. a. festzulegen, welche Einzahterschritten (s. Grafik 1).
lungen (außer für Gebäude und Kühe) für
Mit anderen Worten: Unter den heute
Quoten zu erzielen sind. In dem vorliegenherrschenden Geldmarktbedingungen ist
den Szenario sei für die Quote zunächst
sogar eine vollständige Fremdfinanzierung
ein Liquidationserlös von 85 v.H. der Andes Investitionsvorhabens noch rentabel.
fangsausgabe unterstellt; darin enthalten
Jedenfalls dann, wenn alles andere
sind vermutete (s. o.) staatliche Transferstimmt.
zahlungen zum Schutz der Quoteninhaber.
Grafik 2 illustriert, welche Folgen eine
Der angenommene Betrag ist recht hoch.
Änderung des Liquidationserlöses der
Er ist begründet durch das erwartete ZuQuote für die Wirtschaftlichkeit hat. Steigt
sammenwirken zweier Tatbestände: den
oder sinkt der Verkaufserlös um 10 Progrundsätzlich verfolgten Weg zum Auszentpunkte, ändert sich der Kapitalwert um
stieg einerseits, daher die Absenkung. Und
rd. 800,– DM/Kuh. Das Vorhaben ist also
durch die Festlegung von Übergangsregerentabel, solange der Restwert der Quote
lungen zum Schutz stark gewachsener
(Ausgleichsregelungen sind darin einbeUnternehmen andererseits, daher die
zogen) einen Betrag von gut 60 v. H. der
äußerst moderate Absenkung. Steuerliche
Anfangsausgabe nicht unterschreitet.
Regelungen können das Ergebnis im EinAuch hier sollen alle anderen Faktoren
zelfall verbessern. Sie sind hier aber nicht
gleich sein.
abgebildet. Unter diesen Bedingungen ergibt sich ein Kapitalwert der Investition von rd.
4.000
2000,– DM/Kuh. Der Kapitalwert
3.000
gibt an, um welchen Betrag das
2.000
Kapital bzw. das Vermögen des
Unternehmens durch die Investi1.000
tion vergrößert wird.
0
Wie wirken sich Änderungen
der Gegebenheiten im Unterneh– 1.000
8.000
10.000
12.000
14.000
men oder außerhalb des UnterRestwert der Quote
nehmens auf die Ergebnisse des
Standardszenarios aus? Grafik 1
Grafik 2: Quotenerlös und Kapitalwert
zeigt auf, wie eine veränderte finanzielle Situation das Ergebnis
Fazit
1. Spitzenunternehmen können mit Erfolg
ihre Milchproduktion ausdehnen. Dies
gilt, obwohl sich das politische und wirtschaftliche Umfeld eher ungünstig entwickeln. Die Strategie des Wachstums
ist zudem gegenüber einer Änderung
der Rahmendaten recht stabil. Sind Abweichungen vom gewünschten Niveau
nur bei einem Faktor (nur Finanzierung,
nur Milchleistung, nur Beschaffungspreis der Quote, nur Quotenverkauf) gegeben, bleibt das Vorhaben rentabel.
Das Unternehmens- und Umweltprofil in
seiner Gesamtheit muss stimmen. Es
erträgt jedoch moderate Abweichungen
in einem Bereich.
2. Gleichwohl ist Vorsicht angebracht.
Auch die besten Unternehmen können
eine Strategie des Wachstums nur dann
erfolgreich umsetzen, wenn politisch ein
gleitender und langfristiger Übergang
von dem bisherigen System der Quote
zu einem künftigen System ohne Quote
gewährleistet ist. Diese Voraussetzung
ist zwingend: Ein schneller Ausstieg
ohne Ausgleich schaffende Regelungen
gefährdet die wettbewerbsstarken Unternehmen. Er gefährdet jene Unternehmen, die auf Grundlage exzellenter Voraussetzungen den strategisch richtigen
Pfad des Wachstums einschlagen wollen. Er gefährdet jene, die
im globalen Wettbewerb um
Märkte und Marktanteile bestehen können. Neben der betriebswirtschaftlich richtigen Diagnose
des Unternehmers ist politisches
MP
Augenmaß geboten.
16.000
Anschrift des Autors:
Prof. Dr. Volker Petersen, Institut für
Agrarökonomie und Agrarraumgestaltung
der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Ludwig-Wucherer-Straße 2, 06108
Halle/Saale
milchpraxis, 38. Jg. (4) 2000
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