Gerundium und Gerundivum

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Gerundium und Gerundivum
A: Das Gerundivum
I. Wortart und Formenbildung
Das Gerundivum ist ein passives Verbaladjektiv (d.h., ein von einem Verb abgeleitetes
Adjektiv) mit dem Nebensinn der Notwendigkeit (laudandus heißt wörtlich ein zu
lobender, lobenswert).
Es leitet sich vom Präsensstamm her, an den als Kennung –nd– und die Endungen der
o- und a-Deklination gehängt werden. Dekliniert wird das Gerundivum also wie longus a -um, und es gleicht sich wie jedes andere Adjektiv in Kasus, Numerus und Genus an
ein Substantiv oder Pronomen an.
Bildungsbeispiel für alle Konjugationen:
â-Konjugation
ê-Konjugation
kons. Konjugation
kurzvok. Konjugation
î-Konjugation
porta–nd–us, -a, -um
mone–nd–us, -a, um
mitt–e–nd–us, -a, um
capi–e–nd–us, -a, -um
fini–e–nd–us, -a, -um
II. Funktion im Satz
Wie jedes andere Adjektiv kann auch das Gerundivum die Funktion eines Attributs,
eines Prädikatsterms bei esse und eines Prädikativums einnehmen.
1. Das Gerundivum als Attribut
Da das Gerundivum bei Caesar in dieser Funktion nicht vorkommt, sei nur ein
Beispielsatz gegeben:
Vir laudandus laudatur.
Ein lobenswerter Mann wird gelobt.
2. Das Gerundivum als Prädikatsterm
Das Gerundivum kann als Prädikatsterm bei esse stehen.
Übersetzt wird mit müssen und bei Verneinung mit nicht dürfen.
Exercitus navibus transportandus erat.
Das Heer musste mit Schiffen
transportiert werden.
Exercitus navibus transportandus non erat.
Das Heer durfte nicht mit
Schiffen transportiert werden.
Häufig wird das Gerundivum im unpersönlichen Passiv gebraucht, also mit
Prädikatsnomen im Neutrum. Im Deutschen empfiehlt sich zumeist eine Wiedergabe mit
man.
Diu atque acriter pugnandum Es mußte lange und heftig gekämpft werden.
erat.
Man mußte lange und heftig kämpfen.
Der Dativus auctoris zur Angabe des Urhebers
Wird angeben, von wem etwas getan werden muß oder nicht getan werden darf, steht
der persönliche Urheber im Dativ auctoris (des Urhebers). 1 Für die deutsche
Übersetzung empfiehlt sich in diesem Fall eine Umwandlung ins Aktiv. Vgl. den
nachstehenden Beispielsatz:
Diu atque acriter pugnandum Es mußte lange und heftig gekämpft werden.
erat.
Man mußte lange und heftig kämpfen.
1
Bei allen anderen Passivformen steht der Urheber im Ablativ mit der Präposition ab.
Gerundivum als Prädikatsterm im AcI
Von dem Gerundivum als Prädikatsterm kann natürlich auch einen Infinitiv gebildet
werden. Folgende Formen kommen im AcI vor:
Singular
Plural
laudandum, laudandam, laudandum esse laudandôs, laudandâs, laudanda esse
Als Anwendungsbeispiel vgl. den folgenden A.c.I:
Caesar pontem faciendum (esse) dixit.
Caesar sagte, dass eine Brücke gebaut
werden müsse.
Das esse kann wie bei den anderen zusammengesetzten Infinitiven fehlen.
3. Das prädikative Gerundivum
Spes oppidi expugnandi milites incitat.
Die Hoffnung auf die Eroberung der Stadt stachelte die Soldaten an.
Die Hoffnung, die Stadt zu erobern, stachelte die Soldaten an.
In Beispielsatz bezieht sich auf oppidi 2 das Gerundivum expugnandi.
Von der Hierarchie der Satzglieder her ist das Gerundivum also seinem Beziehungswort
untergeordnet. Inhaltlich aber hat es größeres Gewicht als sein Beziehungswort, denn
die Soldaten hoffen ja nicht in erster Linie auf die Stadt, sondern auf deren Eroberung.
Diese inhaltliche Priorität muss in der Übersetzung zum Ausdruck kommen.
Übersetzungsmöglichkeiten:
Grundsätzlich können Sie so verfahren, dass Sie das Gerundivum mit einem deutschen
Verbalsubstantiv wiedergeben und das Beziehungswort als Genitivattribut dazu. Häufig
ist auch eine Übersetzung mit einem deutschen Infinitiv möglich.
Besonders beim Gerundivum im Akkusativ mit der Präposition ad und im Genitiv mit der
Postposition causa empfiehlt sich eine Übersetzung mit um zu:
Beispiel mit ad:
Ad eas res conficiendas biennium satis erat.
Zur Vollendung dieser Dinge reichten zwei Jahre aus.
Um dies zu vollenden, reichten zwei Jahre aus.
Beispiel mit causâ:
Legati auxilii petendi causa ad Caesarem venerunt.
Die Gesandten kamen zu Caesar, um Hilfe zu erbitten.
2
oppidi ist seinerseits Genitivus objectivus zu spes.
B: Das Gerundium
Wortart und Formenbildung
Das Gerundium ist ein Verbalsubstantiv, will heißen: ein von einem Verb abgeleitetes
Substantiv.
Es vertritt die fehlenden Kasus des Infinitivs, der als Neutrum gilt. (Vgl. den
substantivierten Infinitiv im Deutschen: das Erobern, des Eroberns usw.)
Wie das Gerundivum wird auch das Gerundium gebildet durch Präsenstamm + nd:
porta–nd–
mone–nd–
ag–e–nd–
capi–e–nd–
audi–e–nd–
ag–u–nd–
capi–u–nd–
audi–u–nd–
Es wird dekliniert wie ein Substantiv der ô-Deklination des Neutrums und kommt vor im
Genitiv, im Akkusativ nur mit Präposition und im Ablativ mit und ohne Präposition. Der
Dativ ist selten und fehlt in Cäsars 'Bellum Gallicum' ganz. Daraus ergibt sich für uns
folgender Formenbestand:
Gen.
currend-î
des Laufens
Dat.
currend-ô
für das Laufen (Dat.
fin.)
Akk.
ad currend-um
Abl.
in currend-ô
currend-ô
zum Laufen, um
zu laufen
beim Laufen
durch das Laufen
Syntax und Übersetzung
Die Übersetzungsmöglichkeiten entsprechen denen des Gerundivums, z.B.
facultas adoriendi
die Möglichkeit zum Angriff
die Möglichkeit anzugreifen
Das Gerundium kann durch Objekte und Adverbien ergänzt werden. Vgl. die beiden
folgenden Beispiele:
facultas nostros adoriendi
die Möglichkeit unsere Leute anzugreifen
die Möglichkeit zum Angriff auf unsere
Leute
facultas nostros celeriter adoriendi
die Möglichkeit unsere Leute schnell
anzugreifen
die Möglichkeit zum schnellen Angriff auf
unsere Leute