Gestapelt - Geschossbau in Stahl

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Gestapelt - Geschossbau in Stahl
Bauen in Stahl
Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz
01+02/14
steeldoc
Gestapelt –
Geschossbau in Stahl
Inhalt
Editorial
3
Einleitung
Gestapelt – Geschossbau in Stahl
4
Stahldeckensysteme
Multifunktional – neue Dimensionen für die
Geschossdecke
8
Wohn- und Gewerbehaus Lindenplatz, Baden (CH)
Leichtfüssiger Kubus im Stadtraum
14
Bürogebäude Senn AG, Oftringen (CH)
Die Probe aufs Exempel – Stahlbau pur
20
Ecole nationale supérieure d’architecture ENSA,
Strassburg (F)
Gestapelte Boxen
24
Bankgebäude, Kopenhagen (DK)
Funkelnder Kristall
28
Actelion Business Center, Allschwil (CH)
Mikado der Fachwerke
32
Sportzentrum Cité Traëger, Paris (F)
Urbanes Feeling im Sportclub
36
Impressum
39
Kompetenz im Stahlbau
Das Stahlbau Zentrum Schweiz ist das Schweizer Kompetenz-Forum für den Stahlbau. Als Fachorganisation
vereint das SZS die wichtigsten stahlverarbeitenden Betriebe, Zulieferfirmen und Planungsbüros der Schweiz und
erreicht mit seinen Aktionen mehr als 8 000 Architektinnen, Bauplaner, Entscheidungsträger und Institutionen.
Das SZS informiert das Fachpublikum, fördert die Forschung, Entwicklung und Zusammenarbeit im Stahlbau,
pflegt internationale Verbindungen und unterstützt
die Aus- und Weiterbildung von Fachleuten. Seine Mitglieder profitieren von einem breiten Leistungsangebot zu
günstigen Konditionen.
www.szs.ch
Stahlbau Zentrum Schweiz
Centre suisse de la construction métallique
Centro svizzero per la costruzione in acciaio
2
Editorial
Die Decke ist die primäre Lebensgrundlage des urbanen Menschen.
Sie gibt im nicht nur Boden unter den Füssen, sondern sie schützt
und wärmt und ermöglicht ihm, sich beruflich und privat zivilisiert
zu verhalten. Wie man Räume am besten übereinander stapelt
und dabei auch noch die Haustechnik integriert haben schon die
Römer erfolgreich evaluiert. Der moderne Mensch hat dieses Prinzip
der Klimadecke erst relativ spät wiederentdeckt. Dass sich der
Stahlbau für intelligente Deckensysteme besonders eignet, leuchtet
ein. Denn Stahlprofile erlauben die Durchgängigkeit für Installationen in der Konstruktionsebene und grossen Spannweiten. Zudem
ist der Stahlbau durch seine Modularität und Flexibilität sowie dank
seiner sehr guten Umweltwerte als Recyclingmaterial geradezu
prädestiniert für eine nachhaltige Bauweise.
Das aktuelle Heft präsentiert eine Übersicht über die heute gängigen
Deckensysteme in Stahl und deren Vorteile. Der Einführungsteil
geht auch auf den Verbundbau mit anderen Baumaterialien ein und
zeigt die neuesten Entwicklungstendenzen auf. Darauf folgt die
Dokumentation exemplarischer, mehrgeschossiger Stahlbauten. Drei
Bauten aus der Schweiz zeigen die unterschiedlichen Ausprägungen
des Geschossbaus. Ein Hochschulgebäude in Baden trumpft mit
ungewöhnlicher Leichtigkeit, ein Bürogebäude einer Stahlbau-Unternehmung geht neue Wege im rationellen Systembau und schliesslich zeigen wir im Detail den Aufbau des bereits 2011 mit dem
Prix Acier prämierten Verwaltungsgebäudes Actelion auf, dessen
spektakuläre Konstruktion teilweise unter der Kritik der Rationalisten
stand. Eine Stapelung von Raumkörpern und damit ganz ähnlich
geartet ist das Hochschulgebäude ENSA der Universität Strassburg –
auch hier ein Schweizer Stahlbauer am Werk. Ein schräger Bürobau einer Bank in Kopenhagen zeigt die Virtuosität des Stahlbaus in
der Vertikalen auf und am Ende lockt ein kleiner, aber ungewöhnlich
konzipierter Sportbau in Paris mit beispielhaftem Mut zur Lücke.
Das vorliegende Heft ist wiederum ausserordentlich umfangreich
geworden, weshalb wir und die Doppelnummer erlauben. Wir danken
diversen Quellengebern für den Input – sie sind im Impressum aufgeführt. Das Stahlbau Zentrum Schweiz verleiht 2014 wiederum
den Prix Acier. Die kommenden Hefte lassen deshalb einen Schweizer
Schwerpunkt in der Wahl der Projekte erwarten – jeweils themenbezogen und wie immer fundiert recherchiert und professionell
dokumentiert. Wir wünschen viel Erkenntnis und Vergnügen beim
Studium der nachfolgenden Seiten.
Evelyn C. Frisch
3
Einleitung
Gestapelt – Geschossbau in Stahl
In allen grossen Städten der Welt wird mit Stahl in die Höhe gebaut.
Der Stahlbau ist die effizienteste Art, Raum zu stapeln – auch wenn dabei seine
virtuose Fähigkeit, mit Leichtigkeit Distanzen zu überspannen, weniger spektakulär zu Tage tritt. Der Verbundbau von Stahl und Beton oder Holz bietet unzählige Lösungsvorteile für Deckensysteme, insbesondere vor dem Hintergrund
der Nachhaltigkeit.
Evelyn C. Frisch und Laure Delaporte
Der Büro- und Geschossbau gehört zum so genannten
Wirtschaftsbau und untersteht weitgehend ökonomischen Kriterien. Er muss in erster Linie rational,
flexibel, modular und wirtschaftlich sein. Dies, bei
gleichzeitig zeitgemässem Komfort und natürlich
unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien
bei sich verändernder Nutzung des Gebäudes, insbesondere was die technische Ausrüstung betrifft.
Für den Investor und für den Planer stehen diese
Anforderungen oft im Widerspruch zu der relativ
kurzen Lebensdauer von dreissig oder vierzig Jahren,
auf die der Wirtschaftsbau seit den Gründerjahren
in den USA ausgerichtet ist und die so gar nicht in
das Bild unserer historisch gewachsenen Städte und
unserer urbanisierten Zonen passt, wo der Baugrund
beschränkt und teuer ist. Doch nicht nur hier, auch
in den boomenden Grossstädten der Welt stehen
Raum und Material nicht mehr unbeschränkt zur
Verfügung, und die Knappheit der Ressourcen macht
sich in einem grösseren Bewusstsein für den Wert der
Investition bemerkbar. So sind die immer anspruchsvoller gerüsteten Wirtschaftsbauten heute einem
besonderen Kriterium der Rentabilität unterworfen:
nämlich ihrer Eignung für die Umnutzung und Erneuerung.
Geht man davon aus, dass die Lebensdauer eines
Wirtschaftsbaus 60 Jahre beträgt und die der betrieblichen Anlagen 15 Jahre, so muss das Gebäude
4
während seiner Lebensdauer vier mal technisch umgerüstet werden. Dazu kommt die funktionale Nutzungsänderung der Räume, welche derzeit im Durchschnitt nach zwölf Jahren erfolgt – Tendenz sinkend.
Deshalb sollte die Bauweise, und insbesondere die
Deckensysteme, einfache Änderung von Installationen
und Ausbauelementen ermöglichen, um den Kriterien
des nachhaltigen Bauens zu genügen.
Auch wenn die Tragstruktur in der Regel nur zehn
Prozent der Gesamtkosten eines Wirtschaftsbaus
ausmacht, so ist sie doch entscheidend für eine ganze
Reihe von Folgekosten und schliesslich für die Rentabilität des Bauwerks insgesamt. Ein Bespiel dafür sind
die Kosten und Aufwände für die Fundation, für die
Isolation, die Anschlüsse der Fassaden, die Haustechnik, Installationsführung etc. Die Wahl einer Stahlkonstruktion ist also strategischer Natur und impliziert die Berücksichtigung aller Folgekosten bis hin zur
Erweiterbarkeit, Veränderbarkeit und schliesslich
zum Rückbau und Recycling des Gebäudes und seiner
Teile. Nicht umsonst hat sich der Stahl-Verbundbau
im angelsächsischen Raum als die rentabelste Bauweise für den Geschossbau erwiesen und etabliert.
Konstruktive Rationalität
Oft entsprechen Geschossbauten in ihrer Dimensionierung einem etablierten Nutzungsstandard. Typische Rastermasse sind 1.20, 1.25, 1.35 und 1.5 Meter.
Mit den zweifachen Rastermassen kann die Breite
eines Einzelbüros realisiert werden. In Querrichtung
liegen die Raumtiefen bei 4.5 bis 7.20 m für Zellenbüros und bis zu 12 m für Grossraumbüros. Diese
Achsmasse schlagen sich auch in der Gestaltung der
Fassaden nieder. Letztere wird jedoch nebst ihrer
Hüllenfunktion mehr und mehr zum Träger der
Gebäudetechnik, insbesondere was den Energiehaushalt betrifft, und die Bindung an kleine Achsmasse
stellt eher eine Behinderung dar. Kennzahl der Rendi-
steeldoc 01+02/14
te eines Gebäudes bleibt das Verhältnis von Bruttogeschossfläche zur Nutzungsfläche. So kann mit einer
geschickten Anordnung der Tragstruktur signifikant
an Raum gewonnen werden. Der Stahlbau erlaubt
grosse Spannweiten bei minimalen Abmessungen,
und zudem bietet er für Installationen durchgängige,
schlanke Deckensysteme.
Bei heute üblichen Geschossflächen im Bürobau von
1 000 m² bleibt die Einteilung in kleinere Zonen
möglich, so dass die notwenige Flexibilität für Veränderung des Unternehmens gegeben ist. Der Stahlbau
minimiert die Auflagerpunkte der Tragstruktur in
der Geschossfläche, möglich sind Spannweiten von
Fassade zu Fassade, bei der eine ganze Reihe von
Deckensystemen sinnvoll eingesetzt werden wie beispielsweise die Integration von Trägern in die Decke
in Verbundsystemen oder der geschosshohe Fachwerkträger als äusserste Ausdrucksform.
Verbunddecken im Vorteil
Nicht nur erlaubt der Stahlbau einen Flächengewinn
im Grundriss, er führt auch zu einem Raumgewinn
in der Geschosshöhe. Insbesondere im urbanen Umfeld, wo die Gebäudehöhe meist auf ein festes Mass
begrenzt ist, ist unter Umständen ein Geschoss mehr
möglich – ansonsten gewinnt man durch die schlanken
Deckensysteme immerhin signifikant mehr Raumhöhe und damit auch mehr Tageslicht. Die Entwicklung
von Verbunddecken mit integrierten Trägern, die unter Umständen ganz auf Ortbeton verzichten können,
ist in den letzten Jahren weit vorangekommen. Die
meisten Verbunddecken nutzen eine dünne Schicht
armierten Ortbeton, welcher durch Kopfbolzen statisch mit der Stahlstruktur verbunden ist. Dabei wirkt
im Feld der Beton auf Druck und das darunterliegende profilierte Stahlblech samt Träger primär auf Zug.
Jedes Material ist somit optimal beansprucht und
kann deshalb minimal dimensioniert werden.
New York Times building
(52 Stockwerke), Renzo Piano
Architects (2007) / aus:
Steeldoc 01/09)
Verbunddecken und Vollstahlstützen: Firmensitz des Uhrenfabrikanten Richemont International, Genf (2006) / aus:
Steeldoc 01/10
5
Einleitung
Cellular-Beams oder Lochstegträger sind leichter und
geeignet für die Leitungsführung. Rechts: Topfloor-IntegralTräger.
Nebst dem Effekt der gleichzeitigen Aussteifung des
Bauteils, ist damit auch eine wesentliche Gewichtseinsparung verbunden.
Wabenträger und Lochstegträger
Die in einer Verbunddecke verwendeten Stahlträger
können einerseits in ihrer statischen Höhe durch
die Stahlgüte optimiert werden (S235 bis S460), andererseits bieten sich für Lochstegträger verschiedene
Arten der Perforation an, um Gewicht zu sparen
und gleichzeitig die Leitungsführung zu erlauben.
Diese Träger mit Stegöffnungen wurden speziell für
den Geschossbau konzipiert und sind im Handel
in mannigfacher Ausführung erhältlich, nebst den
standardisierten IPE- und HEA-Trägern gibt es eine
Reihe zusammengesetzter, geschweisster Träger,
die sich für Slimfloor-Deckensysteme eignen (z.B.
Slimfloor-Verbundträger SFB, IFB). Damit werden
abgehängte Installationsdecken überflüssig, welche
üblicherweise die Geschosshöhe empfindlich reduzieren. (siehe Artikel Deckensysteme)
Ein grosses Entwicklungsfeld sind Deckensysteme
mit integrierten Trägern, welche bereits von etlichen
Brandschutz im Verbundbau
Decken sind raumabschliessende Bauteile und müssen
Brandschutzanforderungen erfüllen. Nebst der Sicherung der Tragfähigkeit ist auch die Dichtigkeit gegen
Rauch und heisse Gase ein Kriterium. Passive und aktive Brandschutzmassnahmen können dabei optimal mit
Ingenieurmethoden (Fire-Engineering) kombiniert werden, um Kosten und Planungsaufwand zu minimieren.
Dank der durch den Beton stark verzögerten Erwärmung weisen Verbundtragwerke sozusagen einen integrierten Brandschutz auf. Der Brandschutz von Verbundtragwerken lässt sich einfach und kostengünstig meist
mit einigen Bewehrungszulagen bewerkstelligen. Die
Membranmethode (*) erlaubt sogar den Verzicht auf die
untere Bewehrung von Blechverbunddecken, erfordert
jedoch vertiefte Ingenieurkenntnisse. Ist ein höherer
Feuerwiderstand gefordert, so kommen für freiliegende
Stahlteile auch Brandschutzbeschichtungen (bis R60)
oder Brandschutzbekleidungen in Frage. (*)
Blechverbunddecken
Der Querschnitt einer Blechverbunddecke besteht
aus einem meist trapezförmig profilierten Blech mit aufliegendem Deckbeton. Entsprechend dem Verlauf der
Rippen trägt die Verbunddecke im Wesentlichen nur in
6
einer Richtung. Der Verbund zwischen Stahl und Beton
wird durch die Form der Rippen, durch die ins Blech
eingewalzten Sicken und durch Endverankerung (Kopfbolzen) gewährleistet. In der Regel weisen Blechverbunddecken mit oder ohne Bewehrung mindestens einen
Feuerwiderstand R30 auf. Um einen Feuerwiderstand
R60 zu erreichen genügt meist eine Mattenbewehrung in
oberer Lage. Feuerwiderstände über R60 erfordern meist
eine Zusatzbewehrung in den Betonrippen. (*)
Slimfloor-Decken
Slimfloor-Decken gleichen in der optischen Wirkung den
Flachdecken in Ortbeton. Dabei sind die Stahlträger in
die Deckenplatte integriert, lediglich der untere Flansch
bleibt dem Feuer ausgesetzt. Slimfloor-Träger weisen
meist einen Feuerwiderstand von R30 auf. R60 lässt sich
einfach und kostengünstig mit einer Längsbewehrung
in der Trägerkammer bewerkstelligen. Höhere Brandwiderstände benötigen eine kräftige Längsbewehrung mit
ausreichender Überdeckung in der Trägerkammer (*).
* Ausführliche Angaben in: Steelwork C1/12 VerbundbauBemessungstafeln, Stahlbau Zentrum Schweiz, Zürich 2012.
Kapitel Brandbemessung (S.195-259).
steeldoc 01+02/14
Der Hauptsitz von ThyssenKrupp in Essen: Das Atrium
überspannt eine Brückenkonstruktion mit einer Spannweite
von 28 Metern (2010).
Industriepartnerschaften angeboten werden. Allen
Systemen gemeinsam ist der Höhengewinn durch perforierte Stahlträger und damit äusserst schlanke und
wirtschaftliche Deckenkonstruktionen, die für die
Installationsführung ausgelegt sind. Die Gewichtseinsparung gegenüber einer Betondecke entspricht etwa
40 Prozent oder mehr, falls kein Ortbeton mehr
verwendet wird (Trockenbaulösungen mit vorfabrizierten Elementen, Stahl-Holzverbund). Auf das ganze
Gebäude ausgelegt, kann man davon ausgehen,
dass eine Stahlverbund-Konstruktion gegenüber einer
Betonkonstruktion nur etwa die Hälfte wiegt.
Leichtigkeit vor allem
Die inhärente Leichtigkeit von Stahltragwerken bietet
Vorteile auf verschiedener Ebene. Auf schwierigem,
instabilen Baugrund beispielsweise oder in städtischen
Gebieten über existierenden Infrastrukturen (U-Bahn,
Tunnel) und insbesondere als Aufstockung auf
bestehenden Gebäuden. Der Stahlbau ist sozusagen
geländetauglich – stellt sich allen mechanischen
Beanspruchungen (inklusive Erdbeben) mit Selbstverständlichkeit und passt sich den Anforderungen
des Ortes souverän an. Damit ist der Stahlbau auch
prädestiniert für das Bauen in der Stadt, wo die Rücksichtnahme auf bestehende Bausubstanz, Infrastruktur und die Emissionen für Anwohner der Baustelle
zur Herausforderung gehören. Hier kommt dem
Stahlbau seine Herkunft als Ingenieurbauwerk zugute, was ihn als kühnen Akrobaten über Hindernisse
hinweg auszeichnet.
Der Leichtigkeit gesellt sich die industrielle Vorfertigung hinzu, die Modularität, die Schnelligkeit in der
Bauphase und der geringere Aufwand in allen Prozessen. Stahltragwerke sind äusserst ökologisch und
energieeffizient sowohl in der Produktion wie auch in
der Verarbeitung und Verwendung im Bauwerk – vergleichbar mit dem Holzbau. Deshalb gehören StahlHolz-Verbundtragwerke zu den zukunftsweisendsten
Verbundkonstruktionen, insbesondere in der Schweiz.
Steelwork C1/12
Verbundbau-Bemessungstafeln
Die Verbundwirkung erlaubt schlanke Abmessungen, geringes Gewicht
und grosse Spannweiten für maximale Flexibilität. Das Planungshandbuch
steelwork C1/12 ist das Referenzwerk für die Planung und einfache Bemessung von Verbundtragwerken.
Steelwork C1/12 ist ein praktisches Arbeitsinstrument für jedes Ingenieur- und
Planungsbüro. Das zweisprachige (d/f), gebundene Buch umfasst rund 300
Seiten und enthält Grundlagen und Bemessungstabellen für die meisten praktischen Anwendungsfälle inklusive Brandbemessung.
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Verbundträger mit IPE, HEA und HEB
Träger mit Stegöffnungen
Kammerbetonträger
Blechverbunddecken
Slim-Floor-Flachdecken mit Hohlplatten, Deckensysteme
Verbundstützen
Verbund-Anschlüsse
Brandbemessung
Die Verbundbau Bemessungstafeln beruhen auf den aktuellen Schweizer
Normen SIA 264 sowie den europäischen EN 1994 und wurden durch die
schweizerische Brandschutzbehörde VKF genehmigt. Inkl. CD
Online bestellen unter www.szs.ch/publikationen
7
Stahldeckensysteme
Multifunktional – neue Dimensionen für die Geschossdecke
Eine Geschossdecke ist nicht nur ein lastabtragendes Raumelement, sondern
auch eine multifunktionale Versorgungsebene. Verbund-Decken vereinen mehrere
Funktionen in einem Element. Der Vorteil: mehr Spielraum, mehr Raumhöhe,
weniger Gewicht. Folgender Artikel bietet einen Überblick über die gängigen
Systeme und die Chancen ihrer Weiterentwicklung.
Evelyn C. Frisch*
Die Multifunktionalität der Geschossdecke stellt an
ihre Konzeption und Ausführung komplexe Anforderungen. Die Decke ist nicht nur eine Tragfläche,
sondern eine für das Bauwerk vitale Versorgungsebene.
Deshalb ist es vorteilhaft, wenn die tragenden Konstruktionselemente für technische Installationen in
beiden Richtungen oder sogar in der Vertikalen durchlässig sind. Stahlbau-Systeme und insbesondere
Deckensysteme erfüllen diese Anforderungen in vielfältiger Weise. Zudem bieten Stahldecken grosse
Spannweiten, d.h. grosse stützenfreie Raumflächen,
und im Vergleich zu Massivdecken geringes Gewicht,
so dass das Tragsystem insgesamt effizienter und
wirtschaftlicher wird. Bezüglich der Nachhaltigkeit
erfüllen Decken in Stahlbauweise die Kriterien der
Flexibilität, Veränderbarkeit, Zugänglichkeit, Rückbaubarkeit und Trennbarkeit aller Bauelemente
sowie letztlich des Recyclings des Bauelementes zur
Wiederverwendung oder des Baumaterials selbst.
In einer Ökobilanz schneiden Stahl-Verbunddecken
durch ihr geringes Gewicht insbesondere im Verbund
mit Holz am besten ab. Aber auch im Vergleich zur
konventionellen Beton-Flachdecke sind Verbundflachdecken mindestens ebenso gut. Dazu kommen
die Vorteile des schnellen Baufortschritts und der
geringen Emission der Baustelle, welche den Stahlbau
als effiziente Bauweise insbesondere für das urbane
Umfeld prädestiniert.1)
8
Stahldeckensysteme im Überblick
1. Verbunddecken mit Stahlblech
Die Deckenkonstruktion besteht aus einem profilierten Stahlblech und einer Schicht Ortbeton. Zur Anwendung kommen verzinkte Profilbleche zwischen
0,5 und 1,5 mm, welche auf der Baustelle gleichzeitig
als Arbeitsbühne genutzt werden. Der Stahlträger
wird in der Regel mittels Kopfbolzendübel mit dem
Stahlblech und dem Ortbeton verbunden. Dieses
System gilt als klassische Verbundbauweise mit Trägerverbund und Flächenverbund. Da die Last des
Ortbetons vom Stahlblech aufgenommen wird, sind
aus Effizienzgründen maximale Stützweiten von
3 bis 4 Meter einzuhalten. Die Hauptträger haben
typischerweise eine Spannweite von 6 bis 12 Metern.
Der Verbundquerschnitt wirkt mechanisch und über
Reibung. Der Schubverbund wird zum Beispiel über
eingewalzte Noppen oder Sicken oder durch Trapezprofile mit hinterschnittener Profilgeometrie erreicht.
Leitungen mit grösserem Querschnitt können bei diesem System nur unterhalb der Träger angeordnet
werden, zudem kann für die Verkabelung ein zusätzlicher Doppelboden notwendig sein, was zu einer vergleichsweise grossen Konstruktionshöhe führt.
Optimierung erreicht man durch die Integration
von Tragwerks- und Installationsebene (Stegöffnungen
der Träger) sowie durch die Vergrösserung der
Nebenträgerabstände. Bei Cellformträgern (L/22),
wird ein warmgewalztes Profil in zwei T-Stücke
geteilt versetzt und perforiert wieder zusammengeschweisst, so dass ein optimierter, leicht höherer Steg
entsteht (I-Profil = L/24 für Nebenträger). Cellformträger sind als Nebenträger bei grossen Spannweiten
besonders effizient. Die Grösse der Stegöffnungen
sollte zwischen 60 und 80% der Trägerhöhe betragen.
Hoesch-Additiv-Decke:
5 Kopfbolzendübel
1 Stahlverbundträger
6 Kunststoffabdichtkappe
Verbunddecke mit Hohlboden und
2 Kammerbeton
7 Z-Abdichtprofil
abgehängter Decke. (Steeldoc
3 Stahltrapezprofil
8 Stahlbetonrippendecke
01/06)
4 Stahlknagge
steeldoc 01+02/14
Bei Cellformträgern als Hauptträger kann es notwendig sein, auflagernahe Öffnungen wegen der hohen
Schubkräfte auszufüllen. Oft werden für die Hauptträger auch konventionelle I-Profile verwendet.
Typische Trägerspannweiten für Cellformträger sind
10 bis 18 Meter für Neben- und 9 bis 12 Meter für
Hauptträger. Alternativ zur Verwendung der standardisierten Cellformträger können auch individuell
an den Installationsbedarf angepasste Träger hergestellt werden.
2. Additive Systeme
Bei Additivdecken wirken die Tragfähigkeit des Bleches und des Ortbetons nicht im Verbund, sondern
additiv. Es besteht aus einem 200 mm hohen Trapezblech, das gleichzeitig als Arbeitsbühne und Schalung
dient, und armiertem Ortbeton. Die Profilbleche
werden zwischen den Trägern auf angeschweissten
Knaggen eingehängt, wodurch Konstruktionshöhe
eingespart wird. Die Hauptträger sind mit Kopfbolzendübeln versehen und wirken mit der Betondecke im
Verbund. Durch die relativ grosse Profilblechhöhe
werden stützenfreie Spannweiten bis 5,5 Meter möglich (maximales Trägerraster 5,8 Meter), bei Betonieren in zwei Abschnitten bis zu 7 Meter. Im Brandfall
wirkt nur die Stahlbetondecke. Dieses System wird
häufig für Parkhäuser und neuerdings auch für gewerbliche Geschossbauten genutzt.
3. Flachdeckensysteme mit integrierten Stahlprofilen
Der Trend zu schlanken Decken hat zur Entwicklung
von Flachdeckensystemen geführt. Hierbei werden
die Stahlträger in die Ebene der Deckenplatte integriert.
Die Vorteile gegenüber konventionellen Lösungen
liegen in einer geringeren Bauhöhe sowie in einer
ebenen Deckenunterseite, welche die Leitungsführung
und die freie Anordnung von Trennwänden verein-
Slimfloor-Konstruktion:
3 Stirnplatte
1 Stütze
4 Hohlplattenelement
2 Verschraubung
5 Slimfloor-Träger
Geschäftshaus Karl-Arnoldplatz Düsseldorf (2002) mit
Slimfloor-Decken. (Steeldoc
04/04)
Integrated Floor Beam (IFB) Slimfloor Beam (SFB)
Hutprofil
facht. Zudem erfüllt die Decke in der Regel ohne zusätzliche Massnahme einen Brandschutz von R60,
da der Stahlträger bereits eingepackt ist.
Hauptmerkmal aller Flachdeckensysteme ist der verbreiterte Trägeruntergurt, der als Auflager für die
Deckenplatte dient. Stahlflachdecken können mit und
ohne Trägerverbund in Ortbeton- oder Trockenbauweise erstellt werden. Beim Flachdeckensystem Slimfoor werden Spannbetonhohlplatten auf den verbreiterten Untergurt eines unsymmetrischen Stahlprofils
gelegt. Die Träger bestehen aus einem halbierten
IPE- oder HE-Profil, an dessen Steg ein Untergurtblech
angeschweisst wird (IFB) oder aus ganzen I-Profilen
mit einem untergeschweissten Blech (SFB). Für
Randträger werden auch Hohlprofile mit einem einseitig untergeschweissten Blech eingesetzt. Um die
Betonelemente zu einer Scheibe zu verbinden, wird
eine Schicht armierter Aufbeton emfohlen. In der Regel werden Slimfloor-Decken ohne Trägerverbund
ausgeführt, bei entsprechender Ausbildung der Betondeckung (über 85 mm) über dem Stahlträger ist ein
Verbund jedoch möglich.
9
Stahldeckensysteme
Bei der Verwendung von Spannbetonhohlplatten (15
bis 40 cm) ist die Deckenspannweite bis zu 15 Metern
in der Regel grösser als die Trägerspannweite. Die
Slimfloor-Decke ist eine nahezu trockene Bauweise mit
optimierten Anschlüssen, einem hohen Vorfertigungsgrad und kurzen Montagezeiten. Es existieren einige
Sonderformen der Slimfloor-Bauweise, die mit Teilfertigteilen oder Profilblechen und einer grossen Ortbeton-Ergänzung arbeiten, um eine Verbundwirkung
zwischen Stahlprofil und Betondecke herzustellen.
Der Kranspoor Bürobau wurde
auf einer alten Krahnbahn im
Hafen von Amsterdam errichtet (Steeldoc 02/10)
10
Integration der Kühlung in die Decken mit dem
MIPIM Green Building Award 2008 ausgezeichnet
wurde. Das System Slimline wurde in den Niederlanden für eine Vielzahl von Büro- und Wohngebäuden
sowie Hotels eingesetzt und eignet sich wegen seiner
Einfachheit und Leichtigkeit insbesondere auch für
Aufstockungen.
4. Inverse Systeme
Aus der Überlegung eine einfache Zugänglichkeit
der Installationen von oben zu ermöglichen, wurden
innovative Tragwerkslösungen entwickelt, bei denen
die raumabschliessende Betonplatte am Untergurt
der Stahlträger angeordnet ist. Das vorgefertigte
Deckensystem Slimline besteht aus parallel angeordneten Stahlträgern, die je nach Belastung im Abstand
von 0,6 bis 1,2 Metern in einen Betonuntergurt einbetoniert sind. Für die Leitungsführung sind in den
Stegen regelmässige Öffnungen angeordnet. Darüber
wird ein demontierbarer Boden in Querrichtung
montiert, der die Zugänglichkeit der Installationen
erlaubt. Die Slimline-Deckenelemente überspannen
bei einer Breite von 2,4 Metern in der Regel 4,5 bis 9.6
Meter, wobei auch Stützenweiten bis 12 Meter möglich sind. Die Betonplatte dient der bauphysikalischen
Trennung der Geschosse und trägt die Installationslast, wirkt jedoch nicht mit den Stahlträgern im Verbund (siehe dazu das Topfloor-Integral-System).
Eine Speziallösung dieses Systems wurde für das
Hochhaus WestendDuo in Frankfurt entwickelt. Hier
wird sowohl die obere als auch die untere Installationsebene in die Konstruktionshöhe des Tragwerks integriert. Die Spannweite der Träger beträgt 12 Meter,
wobei die (schlaffbewehrte) Ortbetondecke von 15 cm
in den Randbereichen unten verläuft und in der Gebäudemitte nach oben springt. In den so gewonnenen
Hohlräumen laufen pro Geschoss sowohl die Bodenwie auch die Deckeninstallationen und müssen nicht
durch für den Schall- und Brandschutz problematische Durchbrüche geführt werden. In den Bereichen,
in denen die Stahlträger nicht bereits in der Deckenplatte eingebunden sind, wurde durch eine Verkleidung
auch im Hohlboden ein Feuerwiderstand von R120
erreicht. Das Deckensystem benötigt keine Zwischenstützen und ermöglicht die geforderte Flexibilität
der Grundrisse, zwei zusätzliche Geschosse (bei
insgesamt 27 Geschossen), minimale Lasten und Einsparungen bei der Fundation, Integration der Haustechnik und wirtschaftliche Bauabläufe. Gemäss
Bauherrschaft wurden die höheren Baukosten durch
eine höhere Rentabilität des Projektes aufgewogen.
Da es keine abgehängte Decke gibt, kann die thermische Kapazität der Betondecke für die Regulierung
der Innentemperatur genutzt werden (Aktivierung).
Im Brandfall erreicht die Deckenunterseite einen
Feuerwiderstand von 120 Minuten ohne zusätzliche
Massnahme. Beispiel für die Anwendung dieses in
den Niederlanden entwickelten Deckensystems ist
das Kraanspoor-Building in Amsterdam, das aufgrund
der wiederverwertbaren Elementbauweise und der
Das in der Schweiz weiterentwickelte Deckensystem
Topfloor Integral übernimmt die Vorteile des SlimlineSystems und bindet zudem die Betondecke mit den
Stahlträgern statisch zusammen. Damit kann zusätzlich Material und damit auch Gewicht eingespart
werden. Halbierte Wabenträger sind in einem Abstand
von 1,25 Metern schubfest mit der unten (oder oben)
liegenden Betonplatte (90 bis 100 mm) verbunden.
Durch die Verwendung von Wabenträgern wird eine
steeldoc 01+02/14
grössere Materialeffizienz erzielt, zum anderen ergibt
sich eine hohe Flexibilität für die Installationsführung.
Beim Einsatz in Negativlage können Doppel- und
Hohlraumböden auch oben ausgebildet werden, so
dass die Decke zur Aktivierung als Kühlelement genutzt werden kann. Das in diesem Heft vorgestellte
Hochschulgebäude Lindenplatz in Baden wurde mit
diesem Deckensystem realisiert.
Tragverhalten
Während in Skandinavien, Holland und angelsächsischen Ländern Flachdeckensysteme in Verbundbauweise gegenüber konventionellen Betondecken
bereits weit verbreitet sind, gelten sie in Ländern wie
Deutschland, Frankreich und der Schweiz meist noch
als Sonderlösungen. Jüngere Untersuchungen zeigen
jedoch, dass Verbundflachdecken einfacher bemessen
werden können. Verbundflachdecken können als
einachsige als auch als zweiachsig gespannte Decken
ausgeführt werden. Bei der Verwendung von Teilfertigteilen (z.B. Betonhohlplatten) ist der Lastabtrag
im Bauzustand nur in eine Richtung möglich. Im Endzustand ist eine zweiachsige Lastabtragung möglich,
mit entsprechendem Aufbeton. In der Trockenbauweise werden die Lasten über die Deckenelemente in
Querrichtung zu den Stahlträgern geführt. Üblicherweise genügt ein Verguss der Fugen zwischen den
Fertigteilen ohne zusätzlichen Aufbeton. Die Nassbauweise besitzt den Vorteil, dass die Betonplatte als
Scheibe wirkt und diese somit schlanker ausgeführt
werden kann, als die Einfeldträgersysteme des Trockenbaus. Flachdeckensysteme weisen ein sehr ähnliches Tragverhalten auf wie eine Stahlbetonflachdecke. Für das Tragverhalten im Brandfall sind die
Sicherheit der Lastabtragung, sowie die Sicherheit der
Auflagerung der Decken auf dem Stahlträger massgebend. Als Brandschutzmassnahme dient der konventionelle Brandschutz mit Brandverkleidung
(Flansch-Unterseite), passiver Brandschutz durch
Warmbemessung und der Integrierte Brandschutz mit
eingelegter Stabbewehrung.
Hochhaus WestendDuo in
Frankfurt am Main. Gefaltete
Verbunddecke (Slimline)
Wirtschaftlichkeit
Aus einer Studie zum Wirtschaftlichkeitsvergleich
von Verbundflachdecke und Betonflachdecken
geht hervor, dass eine Slimfloor-Decke (SlimfloorTräger mit Elementplatten und Aufbeton) nur rund
1% teurer ist, als eine Betonflachdecke. Grund dafür
ist, dass bei der Verbundflachdecke keine Deckenschalung notwendig ist und dies die Mehrkosten für
den Baustahl in der Verbundflachdecke aufwiegt.
Am günstigsten sind im Allgemeinen die Trockenvarianten, da die Kosten für Fertigelemente bis zu 50 %
der gesamten Herstellungskosten ausmachen.
Durch den Wechsel der Verbundträger laufen sowohl
die Boden- wie auch die Deckeninstallationen in der
Decke und müssen nicht durch
für den Schall- und Brandschutz problematische Durchbrüche geführt werden.
11
Stahldeckensysteme
TOPfloor Integral
Positiv- und Negativlage
Tab. C-40 – Statische Angaben durch den Hersteller
L
m
h
mm
Profil
gk
kN/m2
qRd
kN/m2
wpos(1)
mm
f1pos(2)
Hz
wneg(1)
mm
f1neg(2)
Hz
Ø
mm
6.00
200
240
260
310
HEA 220
IPE 270
HEA 280
IPE 330
2.7
2.6
2.8
2.7
11.5
15.8
14.2
15.0
2.23
1.97
0.93
0.89
8.1
8.4
12.3
12.0
2.36
2.04
1.12
1.01
6.9
7.4
9.9
10.4
30
70
90
130
7.00
220
280
300
360
HEA 260
IPE 300
HEA 340
IPE 400
2.8
2.7
2.9
2.8
13.5
12.0
16.7
21.5
2.77
2.30
1.05
0.96
7.3
7.6
11.8
11.6
3.19
2.51
1.36
1.17
5.9
6.6
9.1
9.7
30
100
110
160
8.00
250
310
360
400
HEA 280
IPE 330
HEA 400
IPE 450
2.8
2.7
3.0
2.8
13.1
11.3
20.6
22.1
3.22
2.80
1.09
1.19
6.2
6.8
11.6
10.5
3.89
3.19
1.47
1.49
5.4
5.9
8.6
8.6
70
130
170
190
9.00
280
335
420
480
HEA 320
IPE 360
HEA 450
IPE 500
2.9
2.7
3.1
2.9
14.0
11.9
18.6
24.1
3.48
3.40
1.17
1.08
6.6
6.2
11.0
11.3
4.45
4.00
1.61
1.50
5.1
5.3
8.2
8.4
90
150
240
250
10.00
330
400
500
560
HEA 360
IPE 450
HEA 550
IPE 600
2.9
2.8
3.2
3.0
14.0
18.0
23.1
21.8
3.38
2.91
1.13
1.09
6.6
6.8
11.3
10.8
4.47
3.63
1.61
1.46
4.9
5.6
8.2
8.5
150
190
300
360
11.00
370
450
540
560
HEA 400
IPE 500
HEA 600
IPE 600
3.0
2.9
3.2
3.0
14.1
18.9
22.3
19.8
3.64
3.01
1.37
1.60
6.4
6.7
10.4
9.1
4.92
3.85
1.96
2.14
4.7
5.4
7.5
7.1
190
240
330
360
12.00
420
530
610
HEA 500
IPE 550
HEA 700
3.1
2.9
3.3
16.2
11.7
23.2
3.58
2.78
1.43
6.7
6.8
10.5
5.04
3.62
2.09
4.7
5.5
7.3
190
350
370
(1) Bei der Durchbiegung für das Element in Positivlage sind Kriecheffekte bereits berücksichtigt. Für kurzzeitige Beanspruchungen kann eine
grössere Biegesteifigkeit berücksichtigt werden. Für Elemente in Positivlage ist zudem eine Durchbiegung aus Schwinden des Betons von
L/1000 zu berücksichtigen. Die Elemente können überhöht geliefert werden (Standardüberhöhung für Elemente in Positivlage: L/450).
(2) Die angegebene erste Eigenfrequenz f1 berücksichtigt als Masse nur das Eigengewicht gk des Trägers. Bei einer anderen Massenbelegung m
——
(z.B. aus Ausbaulasten und einem Anteil der Verkehrslasten) berechnet sich die Eigenfrequenz fm1 wie folgt: fm1 = f ⋅ √—
g—
k /m
Bemessungstafel TopfloorIntegral aus: Steelwork C1/12,
S. 272. links: Negativlage,
rechts: Positivlage
Der Vergleich der Bauzeit ist im Prinzip nur anhand
eines konkreten Beispiels möglich, da hier eine Vielzahl von Einflüssen massgebend ist. Trotzdem lässt
sich ableiten, dass bei der Trockenbauweise die
aufwändige Schalung sowie die Bewehrungsarbeiten
wegfallen. Somit rechnen sich die geringen Mehrkosten einer Verbundflachdecke mit der längeren Bauzeit
der Betonflachdecke auf.
Weiterentwicklung und Forschung
Die aktuelle Forschung im Bereich Deckensysteme
widmet sich dem optimierten Einsatz diverser
Materialien und ihrer Verbundwirkung. Interessant ist
insbesondere die Kombination von Stahltragwerken
mit Holzdeckenelementen. Gegenüber reinen Holzdecken bieten Brettstapel-Beton-Verbundsysteme den
12
Vorteil, dass sie bezüglich Brand- und Schallschutz
besser gerüstet sind. Aufgrund der Faserrichtung sind
Brettstapeldecken nur in einer Richtung tragfähig,
deshalb bietet die Lagerung der Deckenelemente auf
Slimfloor-Stahlträgern eine optimale Lösung. In einer
Stahl-Holzverbundkonstruktion können die Stützenabstände grösser sein als bei einer Betondecke (bei
gleicher Deckenstärke), weil das Gewicht der Gesamtdecke geringer ausfällt. (Steeldoc Stahl&Holz; VDI
Bericht Kuhlmann)
Experimentiert wird auch mit hochfesten Stählen,
da die Tragfähigkeit erhöht und das Gewicht reduziert
werden kann (S690). Ziel des Forschungsvorhabens
ist die Entwicklung von Stahlleichtverbund-Systemen
in Element- und Modulbauweise mit höchstem
steeldoc 01+02/14
Vorfertigungsgrad sowie von Verbunddeckensystemen
mit externer, flächiger Stahlbewehrung. Die thermische Aktivierung von Decken ist ein grosses Thema in
Bezug auf die energetische Optimierung von Gebäuden. Der Klimaschutz und die Ressourcenschonung
sind politische Ziele, welche die Baubranche in hohem
Masse betreffen. Der sommerliche Wärmeschutz wird
nicht allein durch den Massivbau erreicht. Profilblechdecken weisen im Vergleich zu ebenen Ortbetondecken gleicher Dicke bei rein passiver Betriebsweise
ein höheres wirksames Wärmespeichervermögen
auf. Durch die oberflächennahe Verlegung von Kühlrohren ist bei Rippendecken in Stahlverbundbauweise
eine höhere Leistung aktiver Kühlsysteme erreichbar
und die Kühlwirkung ist aufgrund der geringeren
Trägheit der Systeme flexibler regelbar. Ein vielversprechendes Funktionsprinzip ist der Einsatz sogenannter PCM (Phase Changing Materials), welche
den Phasenwechsel ausnutzen. Diese meist flüssigen
Materialien haben eine 10- bis 20-fach grössere
Speicherdichte im Vergleich zu konventionellen
massiven Bauweisen. (ZUTECH-Forschungsvorhaben
Bauen im Bestand – Potentiale und Chancen der
Stahlleichtbauweise).
Innovationspotenzial für die Baubranche
Verbundtragwerke bieten ein grosses Potenzial, die
Anforderungen an heutige Bausysteme zu erfüllen.
Der aufeinander abgestimmte Einsatz von Stahl,
Beton und Holz in möglichst trockenen Verfahren
führt zu schlanken und nachhaltigen Konstruktionen.
Der Einsatz von nachwachsenden und recyclebaren
Baustoffen anstelle von primären, nicht erneuerbaren
Rohstoffen (wie Sand, Kies etc.) sowie die schonende
Verarbeitung in flexiblen, leichten Bausystemen,
die wenig Materie und Energie binden, gehört heute
zu den grossen Aufgaben der Gesellschaft und insbesondere der Bauwirtschaft. Die Schweiz könnte hier
eine Pionierrolle in der Weiterentwicklung hybrider
Systeme spielen, unter Verwendung der lokal vorhandenen Ressourcen wie Holz und Recyclingstahl und
dem Know-how gut ausgebildeter Planer und innovativer Unternehmen.
Literaturnachweis
Weiterführende Literatur:
1) Literatur zur Nachhaltigkeit von Stahlkonstruktionen:
Steelwork C1/12 Verbundbau Bemessungstafeln, Grundlagen des
Verbundbaus und Brandbemessung. Stahlbau Zentrum Schweiz
(Hrsg.), Zürich 2012
Stroetmann R., Podgorski Ch.: Zur Nachhaltigkeit von Stahl- und
Verbundkonstruktionen bei Büro- und Verwaltungsgebäuden, Teil
1: Tragkonstruktionen. In: Stahlbau 83(2014), Heft 4, S. 245ff.
Auf der Grundlage: Mensinger M., Stroetmann R. et al.: Abschlussbericht AiF-Vorhaben 373 ZGB (2014) FOSTA P881
Mensinger, M., Stroetmann, R., Eisele, J., Feldmann, M., Lingnau,
V., Zink, J., et al: Nachhaltige Büro- und Verwaltungsgebäude in
Stahl- und Stahlverbundbauweise, Stahlbau 80 (2011),
Heft 10 S. 740ff.
Beachte hierzu auch die EPD (Umweltprodukte Deklaration für
offene Stahlprofile des SZS, 2014 in Bearbeitung) sowie die
EPD-IFBS-20130094-IBG1-DE Umweltproduktedeklaration –
Baustähle: Offene Walzprofile und Grobbleche. Institut für Bauen
und Umwelt e.V., bauforumstahl 2013.
Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (2012)
* Evelyn C. Frisch ist Architektin ETH und seit 2003 Direktorin
des Stahlbau Zentrums Schweiz. Sie befasst sich in ihren Fachartikeln insbesondere mit der Nachhaltigkeit von Verbundbausystemen. Der Artikel bezieht sich auf verschiedene Fachartikel
zum Thema «Stahldeckensysteme» (Ungermann, Strohmann,
Mensinger u.a.), welche im Literaturverzeichnis aufgeführt sind.
Steeldoc 03+04/12 Stahl und Holz – die neue Leichtigkeit. Bautendokumentation des Stahlbau Zentrums Schweiz, Zürich 2012
Kuhlmann U., Hauf G., Aldi P. (Universität Stuttgart): Verbundflachdecken – neue Lösungen mit Stahl und Holz
Institut für Konstruktion und Entwurf. VDI-Berichte Nr. 2084,
2009. VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik (ISBN 9783-18-092084-9)
Ungermann D., Strohmann I., Brune B.: Stahldeckensysteme, in:
Stahlbau 79 (2010), Heft 10, S. 729-740. Berlin: Ernst & Sohn
2010
Mensinger M., Fontana M., Frangi A.: Entwicklung eines multifunktionalen Deckensystems mit erhöhter Ressourceneffizienz. Stahlbau
79 (2010), Heft 10. Sonderdruck/S.282-297. Berlin: Ernst &
Sohn 2010
13
Wohn- und Gewerbehaus Lindenplatz, Baden (CH)
Leichtfüssiger Kubus im Stadtraum
Bauherrschaft
Diebold AG, Baden-Dättwil
Architekt
rgp Rolf Graf & Partner Architekten, Baden
Ingenieure und Stahlbau
H. Wetter AG, Stetten
Baujahr
2013
Tektonisch sieht er aus – kubisch mit Sockelgeschoss und einer filigranen Krone,
ganz wie es die gute Architekturschule für das städtische Bauen lehrt. Bauen
in der Stadt heisst heute aber nicht einfach Massivbau. Was so feingliedrig und
in sich ruhend wirkt ist ein reiner Stahlbau, der alle Vorteile der Leichtbauweise
bietet – als Prototyp für ein innovatives Deckensystem.
Ein Bauplatz in einer Hofsituation, an der unmittelbaren Peripherie zur Altstadt von Baden, einer
Kleinstadt im Kanton Aargau. Es ist eine typische
Situation für einen Gewerbe- und Wohnbau, der
unterschiedliche Nutzungen aufnimmt. Im Umfeld
sieht es ähnlich aus – grossvolumige, kubische Geschäftshäuser und einiges an Verkehrserschliessung.
Dass unmittelbar unter dem Grundstück ein Bahntunnel verläuft und deshalb bei acht Geschossen
Situation, M 1: 3 000
nur ein minimales Gewicht zulässig ist, legte einen
Stahlbau nahe, der nur rund die Hälfte so viel wiegt,
wie ein klassischer Massivbau.
So wurden die beiden Untergeschosse des Vorgängerbaus mit den Parkgaragen erhalten und darauf ein
achtgeschossiger Stahlbau errichtet. Ein Teil der Lasten
des Bauwerks werden über pfahlgegründete, zweistöckige Stahlfachwerke abgetragen, welche quasi eine
Brücke über dem Tunnel bilden. Das Tragwerk ist
ein Stahlskelettbau mit einem innovativen Deckensystem, welches die Integration sämtlicher Installationen erlaubt und eine maximale Gewichtseinsparung
bringt. Der aussteifende Betonkern dient der Erschliessung. Alle Geschosse sind frei unterteilbar,
eine geräumige zentrale Foyer- und Erschliessungszone führt über grosszügige Treppen durch alle
Etagen. Einzig das Attikageschoss ist ausschliesslich
über die Treppen und Aufzüge innerhalb des Betonkerns zu erreichen. Heute wird das Gebäude von
der Zurich International School ZIS als Schulgebäude
genutzt, was auch der Region Baden zu mehr Attraktivität als Standort für internationale Firmen verhilft.
Das Gebäude bietet 15 Klassenzimmer, Bibliothek,
Aula und Musikzimmer. Das Attikageschoss mit
innenliegender Dachterrasse dient der Schulverwaltung und bietet zudem mehrere Attikawohnungen.
Der Bauplatz ist eine typisch
innerstädtische Situation mit
wenig Raum für die Baustelle.
Die Vorfertigung der Stahlbauteile ist deshalb ein grosser
Vorteil.
14
steeldoc 01+02/14
Insgesamt ist das Schulgebäude
der International Business
School acht Geschosse hoch.
Es wiegt jedoch nur die Hälfte
eines konventionellen Massivbaus. Grund für diese Anforderung war die Untertunnelung
durch die Bahn.
Isometrie des
Stahltragwerks
15
Wohn- und Gewerbehaus Lindenplatz, Baden (CH)
9
11
9
10
9
7
7
8
9
9
9
9
4. – 6. Obergeschoss
2. Obergeschoss
6
5
4
3
2
1
Erdgeschoss
Grundrisse, M 1: 500
1
2
3
4
5
6
16
Eingangshalle
Empfang
Kantine
Küche
Musikzimmer
Mehrzweckraum
7
8
9
10
11
Erschliessung/Begegnungszone
Lehrerbüro
Klassenzimmer
Pausenplatz
Naturwissenschaftszimmer
steeldoc 01+02/14
7
6
5
Schnitt, M 1: 500
4
3
2
2
1
1
2
3
4
5
6
7
Eisenbahntunnel
Einstellhalle Bestand
Eingangshalle
Mehrzweckraum
Lehrerbüro
Klassenzimmer
Begegnungszone
Innovatives Deckensystem
Um den komplexen Anforderungen der Bausituation
gerecht zu werden, entwickelte die Stahlbaufirma
eine im eigenen Betrieb statisch bemessene und erdbebensicher konstruierte Lösung. Einen wichtigen
Beitrag zur geforderten Reduktion des Gewichts
leistete ein patentiertes Deckentragwerk (Topfloor
Integral), das von der Stahlbaufirma in enger Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und der TU München
entwickelt wurde. Das System entspricht der Idee
einer Integration des Hohlbodens in die statische
Konstruktionshöhe der Decke. Die Deckenelemente
werden als Fertigteile angeliefert. Besonders an dieser
Erfindung ist, dass nicht ganze Stahlträger sondern
halbierte Wabenträger in einem Abstand von 1,25 m
schubfest mit einer 90 bis 100 mm dicken Betonplatte
verbunden werden. Dadurch ergibt sich eine grössere
Materialeffizienz und eine höhere Flexibilität hinsichtlich der Installationsführung. Die Elemente des
Deckensystems weisen eine Baubreite von ca. 2,5 m
bei einer angestrebten Stützenweite von 15 m auf.
In Baden wurde das Deckensystem in Positivlage
eingebracht: Das flächige Betonelement befindet sich
oben, die halbierten Wabenträger unten. Je nach
Aufgabe oder Bedürfnis lässt sich die Decke auch in
Negativlage einbringen, wodurch sich abgehängte
Decken für Installationen oder für zusätzliche Brandschutzmassnahmen einsparen lassen. Das System
bietet auch besondere Lösungen für erhöhten Trittund Luftschall an.
Der Stahlskelettbau ist bereit
für die Montage der Deckenelemente. Der Rohbau war in
nur acht Wochen fertiggestellt.
17
Wohn- und Gewerbehaus Lindenplatz, Baden (CH)
3
1
4
5
2
7
6
8
9
10
11
12
Die feingliedrige Fassade ist
mit Titanzink-Platten verkleidet,
so bleibt der metallisch-zurückhaltende Charakter des Stahlbaus spürbar.
13
14
6
8
9
10
11
Fassadenschnitt, M 1: 50
15
1 Dachaufbau:
Substrat Extensivbegrünung 80 mm
Filterschicht
Dichtungsbahn zweilagig
Dämmplatten 80 mm
Dämmung 140 – 200 mm zwischen
Wabenträgern
Topfloor-Integral-Element in Negativlage
(Beton 90 mm unten)
Dampfsperre
2 Gipsdecke abgehängt
3 Randträger HEA 240
4 Stahlkonsole, Querschnitt 15 x 204 mm
5 Vorgefertigtes Betonelement Dachrand
6 Holz- /Aluminium-Fenster
7 Bodenaufbau Attika:
Bodenbelag
Unterlagsboden
Trittschalldämmung
Dämmung / Niveauausgleich 90 mm
Überbeton gegossen 110 mm
8 Topfloor-Integral-Element in Positivlage
(Beton 90 mm oben),
Dimensionierung der Wabenträger nach
Position und Statik
9 Fassadenaufbau:
Unterkonstruktion thermisch getrennt /
Aluminiumprofile
Dämmung 220 mm
Hinterlüftung 60 mm
Blech Titanzink 1,5 mm
10 Vorgefertigtes Betonelement
Brüstung / Sturz
11 Stahlkonsole 15 mm
12 Randträger HEB 320 / HEA 320
13 Brandschutzdecke EI90 /
Akustikdecke
14 Bodenaufbau:
Bodenbelag
Unterlagsboden
Trittschalldämmung
Dämmung
15 Obergurt HEM 320 vom
2-geschossigen Fachwerkträger
16 Untergurt HEM 320 vom
2-geschossigen Fachwerkträger
17 Bodenaufbau:
Bodenbelag
Unterlagsboden
Trittschalldämmung
Dämmung
Betonplatte 160 mm
Elastische Trennung 30 mm
Ausgleichsschicht Leichtbeton
18 Beton Bestand
19 Dämmung 160 mm mit Vlies
20 Bodenaufbau:
Asphaltbelag
HMT
Kieskoffer
Dichtungsbahn
14
8
9
10
11
12
13
17
19
18
6
13
6
16
20
18
steeldoc 01+02/14
Leichtbau im Vorteil
Durch dieses besondere Deckentragwerk konnte an
diesem Beispiel im Vergleich zu einer konventionellen
Lösung eine Gewichtseinsparung von 60 Prozent
erreicht werden. Bei den engen Raumverhältnissen
der Baustelle war die Vorfertigung im Werk und
die geringen Bauemissionen ein weiterer Vorteil. Die
Anlieferung und Montage der Stahlbauteile und insbesondere der Deckenelemente erfolgte just in time,
so dass der Rohbau innerhalb von nur acht Wochen
errichtet war.
Ort Mellingerstrasse (Lindenplatz), 5400 Baden CH
Bauherrschaft Diebold AG, Baden-Dättwil
Architekten rgp Rolf Graf & Partner Architekten SIA AG,
Baden
Ingenieure und Tragwerksplanung H. Wetter AG, Stetten/
Projektleitung M. Kreisig
Bauleitung Gross Generalunternehmung AG, Brugg
Ingenieure (Pfahlfundation, Stahlbeton)
Schüpbach Ingenieure AG, Oberrohrdorf
Erschütterungsschutz Trombik Ingenieure AG, Zürich
Stahlbau Stahlskelettbau, Deckentragwerk, insgesamt Stahl
450 t
Deckensystem Topfloor-Integral, 5 500 m 2 Deckenelemente;
Betongüte C50/C60;
Bauteilversuche ETH Zürich (Prof. Mario Fontana); TU München
(Prof. M. Mensinger)
Masse BGF 6 370 m 2 ; Nutzfläche 7 860 m 2 ; Volumen nach
SIA 416 29 773 m 3
Bauzeit April 2012 bis August 2013
Fertigstellung August 2013
In Baden wurde das Deckensystem in Positivlage eingebracht,
so dass keine abgehängte Decke
für die Installationsführung
notwendig ist. Ausnahme: für
das Attikageschoss wurde die
Negativlage gewählt.
19
Neubau Bürogebäude Senn AG, Oftringen (CH)
Die Probe aufs Exempel – Stahlbau pur
Bauherrschaft
Senn AG, Oftringen
Architekt
Gerold Dietrich Architekten, Lotzwil
Ingenieure
Frey + Gnehm AG, Olten
Baujahr
2010
Ein Stahlbauer baut für sich – natürlich in Stahl. Mit diesem einfachen, aber
eleganten Stahlskelettbau hat eine Schweizer Stahlbaufirma ein Exempel für die
Rationalität und Nachhaltigkeit des Stahlbaus statuiert. Das dreigeschossige
Bürogebäude erfüllt alle Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit und Repräsentation eines modernen Unternehmens.
Die Stahlbauer kennen natürlich die Vorzüge ihres
Materials. Das gilt auch für die Metall- und Stahlbaufirma Senn AG. Für das neue, zentrale Betriebsgebäude auf ihrem Areal in Oftringen haben sie sich
von den Architekten Gerold Dietrich einen einfachen,
aber hoch effizienten Skelettbau entwerfen lassen.
Der Neubau vereint die bisher über das ganze Areal
verteilten Büroarbeitsplätze und ist Anlaufstelle für
Kunden und Besucher.
Situation, M 1: 5 000
Der rundum verglaste kubische Baukörper verfügt
über drei Haupt- und ein zurückversetztes Dachgeschoss. Ein einfaches Stahlskelett mit einem effizienten
Deckensystem bildet die Tragkonstruktion des Gebäudes. Sie wurde so dimensioniert, dass eine spätere
Aufstockung um zwei Geschosse möglich ist. Zur
Aussteifung des Gebäudes dient der im Zentrum des
Volumens angeordnete Stahlbetonkern. Er enthält das
als Lichthof ausgebildete, zentrale Treppenhaus mit
Ein schlichter, dreigeschossiger
Glaskubus ist die neue Visitenkarte der Stahlbaufirma Senn.
Der Eingang als markante, rote
Box ist nicht zu verfehlen.
20
steeldoc 01+02/14
Grundriss Erdgeschoss, M 1: 400
Personenaufzug und Nebenräumen. Zwischen diesem
Kern und der Glasfassade sind sämtliche Räume für
Empfang, Ausstellung und Besucher sowie die Büros
angeordnet. Die Tiefe der Büroarbeitsplätze beträgt
2,50 Meter. Dieses Mass diente auch als Grundraster
für das gesamte Gebäude: Das Tragsystem des Stahlskelettbaus ist im Raster von fünf auf fünf Meter aufgebaut, die Fassaden sind im Achsmass von 1,25 Meter
gegliedert. Es versteht sich von selbst, dass viele
Bauteile von der Auftraggeberin in Eigenleistung angefertigt worden sind.
Rationales Deckensystem
Für die Decke und das Dach verwendete man das
«Holorib»-Verbunddeckensystem. Es besteht aus einem
verzinkten Stahlblech in Schwalbenschwanzform,
das mit Beton ausgegossen wird. Die trapezförmigen
Vertiefungen des Blechs lassen sich als Ankerschiene
nutzen. In Oftringen nutzte man die Eigenart der
Konstruktion für das Anbringen von Deckenspiegeln
in den Rasterfeldern der Verbunddecke. Diese flächigen Elemente, die frei über den Büros zu schweben
scheinen, haben verschiedene Funktionen. Sie dienen
als Akustikelement (Absorber) und zusammen mit
der indirekten Beleuchtung via Ständer- und Pendelleuchten als Reflektor zur gleichmässigen, blendfreien
Ausleuchtung der Bildschirmarbeitsplätze. Ausserdem
werden die Räume über sie mit Frischluft versorgt.
Im Sommer wird über die Deckensegel gekühlt.
Grundwasser zirkuliert durch die in den Metallplatten
eingelegten Rohre und diese geben die Kühlungsenergie in den Raum ab. Die Deckenspiegel beinhalten weiter die Sprinklerköpfe, kaschieren partiell
die frei geführte Haustechnik-Installation und bilden
als Flächenelement einen Kontrast zur linearen Tragkonstruktion.
Die Installationen werden in
beiden Richtungen in der
Konstruktionsebene der Hauptträger geführt. Abgehängt
sind lichtreflektierende KlimaElemente.
Isometrische Darstellung
des Stahlskeletts.
21
Neubau Bürogebäude Senn AG, Oftringen (CH)
1
3
4
2
6
2
5
7
8
2
5
7
8
2
5
7
9
3
4
2
Die Holoribbleche sind mittels
Kopfbolzendübel mit den
Trägern verbunden, darauf
wird eine Schicht Ortbeton vergossen. Die Decke bleibt für
Installationen zugänglich und
jederzeit veränderbar.
Fassadenschnitt, M 1: 50
6
1 Dachaufbau:
Substrat Extensivbegrünung 120 mm
Abdichtung
Wärmedämmung 170 mm
Dampfsperre
Verbunddecke 200 mm mit
Holoribblech HR51, 1,0 mm
2 Wabenträger WIPE 300/WHEB 300
3 Randträger UPE 220
4 IPE 300
5 Deckensegel
6 Fassade:
Pfosten-Riegel-Konstruktion aus
Rechteckprofilen120 x 60 x 3 mm
7 Stütze HEB 300
8 Bodenaufbau:
Textiler Bodenbelag
Doppelboden für Installationen 130 mm
Verbunddecke 200 mm mit
Holoribblech HR51, 1,0 mm
9 Bodenaufbau:
Epoxidharz-Bodenbelag
Estrich 70 mm
Dämmung 60 mm
Stahlbetondecke 280 mm
22
3
4
2
steeldoc 01+02/14
Die Fassade aus einer fest verglasten Pfosten-RiegelKonstruktion ist in den Obergeschossen mit Lüftungsflügeln versehen. Die Glashaut und die innenliegenden
Lamellenstoren als Blendschutz bilden eine «Klimazone», die nicht möbliert wird. Hier wird die durch
die Sonne erwärmte, aufsteigende Luft abgezogen
und der sommerliche Wärmeschutz gewährleistet.
Konsequenter Innenausbau
Bei der Wahl der Oberflächen und Baustoffe achtete
man auf Zurückhaltung im Ausdruck und eine
materialgerechte Anwendung. Tragkonstruktion und
Rohbau sind sichtbar, Stahl- und Metallteile blieben
unverkleidet und sind durch Eisenglimmer-Farben
geschützt. Die Betonwände erhielten eine farblose
Lasur. Im Erdgeschoss wurde ein fugenloser PUBodenbelag eingebracht, auf den Doppelböden in den
Obergeschossen liegt ein textiler Belag. Alle Innenwände können im Raster von fünf auf fünf Meter
frei aufgebaut werden. Die Brandabschnittsbildung
ist geschossweise ausgelegt. Dank dem GebäudeVollschutz mit Sprinkler- und Brandmeldeanlage
konnte auf die Verkleidung der Stahlkonstruktion
und Brandschutzanstriche verzichtet werden.
Durch die Stahlkonstruktion und durch den Entscheid für ein Stahl-Verbunddecken-System erscheint
das Innere des neuen Verwaltungsgebäudes als eine
stimmige Komposition sich ergänzender Teile, die
eine räumliche Grosszügigkeit gewährt. Die einzelnen Elemente und Ebenen der Struktur sind lesbar,
die Installationen bleiben leicht zugänglich – und
gleichzeitig kann man mit einem eleganten Auftritt
Besucherinnen und Besucher beeindrucken. Mit
diesem mehrgeschossigen, in klarer, ehrlicher
Architektur erstellten Kubus für seine Büro- und
Empfangsräumlichkeiten hat die Senn AG ihr Können unter Bewei s gestellt und die Rationalität der
Stahlbauweise zum Ausdruck gebracht.
Das einfache Stahlskelett
besteht aus durchgehenden
HEB-Profilen für die Stützen
und Wabenträgern als Hauptträger. Der aussteifende Betonkern dient der Erschliessung.
Ort Bernstrasse 9, Oftringen (CH)
Bauherrschaft Senn AG, Stahlbau, Metallbau, Krane, Oftringen
Architekten Gerold Dietrich Architekten FH/STV, Lotzwil
Ingenieure Frey + Gnehm AG, Olten
Stahlbau, Fassade und Schlosserarbeiten Senn AG,
Oftringen
Stahl und Masse Gebäudeabmessung 32.50 x 22.50 m;
Gebäuderaster 5 x 5 m; Geschosshöhe 3.75 m; Fassadenhöhe
12.50 m. Stahlskelettbau: Durchgehende Stützen aus
Breitflanschprofilen HEB 300, Dach und Decken: Wabenträger
WHEB 300 und WIPE 300
Brandschutz Gebäudevollschutz durch Sprinkler- und Brandmeldeanlage
Verglasung Glas Trösch AG, Bützberg
Bauzeit 2009 – 2010
23
Ecole nationale supérieure d’architecture ENSA, Strassburg (F)
Gestapelte Boxen
Bauherrschaft
Ministère de la Culture et de la Communication, Strassburg
Architekten und Ingenieure
Marc Mimram, Paris
Baujahr
2013
1
2
Leicht industriell angehaucht wirkt die neue Architekturschule von Strassburg –
und doch fügt sich das Stapelwerk in Stahl behutsam in den städtischen
Blockrand ein. Als Wissensfabrik für angehende Planer bietet sie selbst auch
Anschauungsmaterial, wie zeitgemässer Städtebau und umweltbewusster
Umgang mit Materialien vereint werden können.
Architekturschulen, die mitten in der Stadt liegen,
haben Seltenheitswert. Die Ecole nationale supérieure
d’architecture ENSA befindet sich als Blockrandbebauung ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs von
Strassburg. Die Stahlbauweise ermöglichte trotz engen
Verhältnissen eine ungewöhnliche, lichte Struktur.
Das neue Schulgebäude wird denn auch «La Fabrique»
genannt – dies nicht nur, weil es ein Fabrikgebäude ersetzt. Der Architekt wollte ganz bewusst eine «Wissensfabrik» bauen, deren Produktion auch für Passanten
sichtbar ist.
Situation, M 1: 2 500
1 Bestand
2 Erweiterung (La Fabrique)
Der siebengeschossige Bau steht bei der Einmündung
in den Boulevard du Président Wilson ergänzt das
bestehende Schulgebäude auf der anderen Seite der
Rue Moll, das vom selben Architekt umgebaut wurde.
Die beiden Häuser bilden ein Ensemble und sind auf
dem Niveau des ersten Obergeschosses durch eine
Brücke miteinander verbunden. «La Fabrique» fällt
auf durch die gegeneinander verschobenen, in unterschiedlichen Graden transparenten Geschossvolumen,
ordnet sich aber dennoch der Blockrandbebauung
unter – eine der Lektionen, die das Gebäude den Studierenden und den aufmerksamen Passanten erteilt.
Der Architekt, der auch als Ingenieur für Brückenbauwerke bekannt ist, hat in diesem Bau ein raffiniert
ausbalanciertes Tragwerk realisiert.
Urbane Didaktik
Das Erdgeschoss des neuen Gebäudes bildet einen
transparenten Sockel, der die öffentlich zugänglichen
Gemeinschaftsräume der Schule – die Cafeteria und
einen Ausstellungsbereich – beherbergt. Im darunter
liegenden «Gartengeschoss» sind die beiden Hörsäle
untergebracht. Der horizontale Ausblick auf die Stadt,
welchen das Sockelgeschoss bietet, verlängert sich
in der Vertikalen durch die Öffnung eines Atriums,
das auf vier Geschossen die Aktivitäten im Innern des
Gebäudes sichtbar macht. Die Ateliers und Unter-
Ein leichter Brückenbau über
die Rue Moll verbindet den
Altbau der Architekturschule
mit dem neuen Gebäude.
24
steeldoc 01+02/14
richtsräume in den Obergeschossen haben einen
direkten Bezug zum Stadtraum und profitieren vom
Tageslichteinfall aus Norden an der Rue Moll und
aus Osten am Boulevard du Président Wilson. Dachterrassen, die von den Ateliers aus zugänglich sind,
bieten den Studenten zusätzlichen Raum für Aufenthalt und Kommunikation.
Boîtes
Die Konstruktion des Neubaus ist ein Arrangement
von Teilen. Zwei unterschiedlich hohe MassivbauKerne bilden den eigentlichen Anker des Gebäudes.
Vor und über ihnen, auf dem minimalistischen, mit
wenigen linearen Trägern und Stützen operierenden
Unterbau des Sockelgeschosses, stapeln sich vier
zweigeschossige Stahlstrukturen, von den Ingenieuren
schlicht «Boîtes», Boxen, genannt. Jede Box besteht
aus sieben Meter hohen, bis zu 27 Metern langen
Stahlrahmen in Fassadenebene, die stützenfreie,
flexibel unterteilbare Geschossebenen ermöglichen.
Insgesamt vier Stahlboxen
sind in leichter Verschiebung
aufeinandergestapelt. Diese
Fachwerke wurden in der
Schweiz vorfabriziert und in
Teilen auf der Baustelle
montiert.
8
Grundrisse, Schnitt, M 1: 500
7
1
2
3
4
5
6
7
8
6
6
Eingang
Halle/Atrium
Ausstellung
Cafeteria
Hörsaal
Seminar-/Übungsraum
Dachterrasse
Verbindungsbrücke
7
6
3. Obergeschoss
7
6
6
1
2
6
4
3
6
4
5
Erdgeschoss
3
2
5
Längsschnitt
25
Ecole nationale supérieure d’architecture (ENSA), Strassburg (F)
Die Rahmen selbst werden gebildet aus einem kombinierten System von Fachwerk- und Vierendeelträgern,
um die grossen Fenster zu integrieren.
Die Geschossdecken sind in Verbundbauweise erstellt, bestehend aus einer Primärstruktur aus Wabenträgern, Kopfbolzendübeln, Rippenblech und einer
Betondecke von 130 Millimetern Stärke. Der zu erfüllende Brandwiderstand liegt bei einer Stunde. Um
diesen zu erreichen, versah man die massgeblichen
Teile der Tragstruktur mit einer dämmschichtbildenden Beschichtung. Die Teile wurden bereits mit
einem Voranstrich angeliefert, die abschliessende
Schicht trug man vor Ort auf. Die Betondecke ist zur
Verstärkung des Brandschutzes leicht armiert.
Insbesondere nachts wird die
Fachwerkstruktur hinter den
halb transparenten Fassadenelementen aus Streckmetall
sichtbar.
26
steeldoc 01+02/14
2
1
3
Durch die Wabenträger der
Primärstruktur ist die Leitungsführung in beiden Richtungen
in der Konstruktionshöhe der
Decke möglich.
5
4
6
3
7
8
Vertikalschnitt Fassade, M 1: 50
9
1
2
3
4
5
6
11
3
10
7
8
9
10
11
Flachdach-Eindeckung
Kastenträger geschweisst
Lochstegträger
Diagonale/Vertikale IPE160
bzw. HEA160
Doppelverglasung mit
Aluminium-Rahmen
Bodenaufbau
Lochstegträger mit Kopfbolzendübel
Profilblech Cofraplus 60
Ortbeton
Kastenträger geschweisst
Doppelverglasung
Streckmetallpaneel, verschiebbar
Kastenträger geschweisst
Bodenaufbau wie 6
Transparenzen
Die Fassade der Boxen ist praktisch vollständig verglast. Durch das Anbringen eines textil wirkenden
Streckmetalls, das grosse Fensteröffnungen einfasst,
wird eine scheinbare Massivität erzeugt. Die Fassadenelemente sind teilweise verschiebbar. Die Durchsichtigkeit der Fassaden und die Einsehbarkeit variieren je
nach Wetterlage und Tageszeit. Im Innern setzen sich
die klare Gliederung und die Konzentration auf wenige
Materialien konsequent fort. Die kühl-sachliche, fast
spröde Gestaltung überrascht durch ihren industriellen
Charakter: Stahl, Sichtbeton, Streckmetall und grauer
Estrich wirken für eine Hochschule unkonventionell –
es herrscht der kreative Workshop-Charakter wie in
einem Atelier.
Im Innern herrscht durch die
klare Materialität und den
sichtbaren Stahl industrielle
Workshop-Stimmung, die
für angehende Architekten
inspirierend wirkt.
Ort 8, boulevard Wilson, Strasbourg (F)
Bauherrschaft Ministère de la Culture et de la Communication,
Strassburg
Architekten Marc Mimram, Paris
Ingenieure Marc Mimram Ingénierie SA (structure et économie),
Paris
Stahlbau Zwahlen & Mayr SA, Aigle
(Fassaden: Laubeuf / Zwahlen & Mayr SA, Aigle)
Stahl 280 t (S355K2, S355N, S355J0 und J2);
Verbunddecken 2 700 m2
Nutzungsfläche Neubau 4 500 m 2
Baukosten 13,4 Mio Euro
Bauzeit 2010 – 2013
Fertigstellung 2013
27
Bankgebäude, Kopenhagen (DK)
Funkelnder Kristall
Bauherrschaft
Nykredit, Kopenhagen
Architekten
schmidt hammer lassen architects, Aarhus
Ingenieure
Buro Happold, London
Baujahr
2010
Der Erweiterungsbau eines Finanzinstituts in Kopenhagen präsentiert sich am
Übergang zwischen Altstadt und Hafen als durchlässiger, skulpturaler Solitär und
unterstreicht mit seiner transparenten Stahl-Glas-Konstruktion die gewünschte
«Corporate Architecture», die mit Offenheit um das Vertrauen ihrer Kunden wirbt.
Der prägnante, scharfkantige Baukörper dominiert
den neu gestalteten trapezförmigen Platz, integriert
sich jedoch durch die Aufnahme von Bauhöhen und
Sichtbezügen sensibel in das städtebauliche Umfeld.
Seine zweifach gefaltete Unterseite löst das Gebäude
von der Platzebene und begrenzt zusammen mit
dem parallel verlaufenden Dach die sechs vertikalen
Fassadenflächen. Entlang der Schnittkanten entstehen
je drei Hoch- und Tiefpunkte – der geometrische
Körper berührt den Boden nur mit einer Linie und
einem Punkt. Diese abstrakte Figur wird ergänzt um
zwei Kerne, welche die Untersicht des Gebäudes
Situation, M 1: 5 000
durchdringen und die Obergeschosse mit der Platzebene sowie der darunter liegenden Tiefgarage verbinden. Über einen gläsernen, dreieckigen Eingangsbereich wird das Gebäude durch die mit spiegelnden
Blechschindeln verkleidete Unterseite betreten. Von
hier gelangt man über eine grosszügige Treppe auf
die eigentliche Foyerebene und von dort weiter in die
über zwei Atrien einsehbaren, offenen Bürogeschosse.
Da Kerne und Eingang hinter die Fassadenebene zurückgesetzt sind, bleibt die Idee des fast schwebenden
Körpers gut ablesbar.
Der vom Boden gelöste Baukörper eröffnet Fussgängern
Durchblicke in verschiedenen
Richtungen sowie die Möglichkeit, das gläserne Volumen
auch physisch zu unterqueren.
28
steeldoc 01+02/14
Rautenförmiges Stahltragwerk
Das Tragwerk besteht aus sich kreuzweise überlagernden, diagonal verlaufenden Stahlprofilen mit zusätzlichen horizontalen Trägern vor den Deckenkanten.
Sie bilden unmittelbar hinter der Fassade ein vertikales
Gitter mit Scheibenwirkung aus und leiten die Gebäudelasten in nur drei Auflagerpunkte. Zusammen
mit den beiden Kernen tragen sie die Deckenplatten
und eine fast geschosshohe, sich nach aussen verjüngende Dachkonstruktion aus sternförmig angeordneten Fachwerkträgern. Von hier sind die Kanten
der zwei dreieckigen Atrien mit Zugseilen abgehängt,
die flexibel nutzbaren Geschossebenen bleiben frei
von Stützen.
Der scharfkantig geschnittene,
prismatische Baukörper zeigt
aus jeder Blickrichtung ein
überraschend unterschiedliches
Erscheinungsbild.
Schnitt, Grundrisse, M 1:1000
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
Eingang
Unteres Foyer
Zufahrt Tiefgarage
Oberes Foyer
Empfang
Teeküche
Offene Bürozone
Einzelbüro
Besprechungsraum
Kantine
Küche
Längsschnitt
9
7
7
4
8
9
6
9
8
9
10
11
5
1. Obergeschoss
5. Obergeschoss
9
1
3
2
7
8
6
Erdgeschoss
2. Obergeschoss
29
Bankgebäude, Kopenhagen (DK)
10
4
Im Bereich der dreieckigen
Atrien sind die Geschoss decken über Zugseile von der
Stahlfachwerkkonstruktion
des Daches abgehängt.
1
5
2
7
Vertikalschnitt, M 1: 20
1 VSG aus 2x ESG 5 mm geklebt,
aussenseitig keramischer Siebdruck mit
verschiedenen Punktrastern weiss
2 Fassadenelement vorgefertigt, Aluminium
3 Zuluftöffnung mit feststehenden Lamellen
4 Lamellenraffstore Aluminium perforiert
5 Dreifachverglasung,
Float 8 mm mit Sonnenschutzbeschichtung +
SZR 15 mm + Float 5 mm + SZR 16 mm +
VSG aus 2x Float 3 mm, im Deckenbereich
opak beschichtet
6 Kragkonsole Aluminium
7 Träger Dachrand:
Stahlprofil IPE 500 mit Brandschutz verkleidung
Kalziumsilikatplatte gestrichen
8 Träger Geschossdecke:
Stahlprofil 300/350 mm, mit Brandschutz verkleidung Kalziumsilikatplatte gestrichen
9 Deckenauflager Stahlwinkel
10 Dachaufbau:
Photovoltaikmodul auf Aluminiumunter konstruktion
Stehfalzdeckung Stahlblech verzinkt 1 mm
Abdichtung
Dämmsystem Schaumglas 80 mm
Trapezblech/Wärmedämmung 150 mm
Stahlkonstruktion 500–2500 mm,
Profile nach statischer Erfordernis
Akustikplatte Mineralwolle 40 mm
abgehängte Decke Aluminiumprofile 30/40 mm
11 Bodenaufbau:
Stabparkett Esche geölt 10/150 mm
Doppelboden Kalziumsulfatplatte 36 mm,
aufgeständert
Stahlbetonfertigteil 220 mm
Installationszone
Akustikplatte Mineralwolle 40 mm
abgehängte Decke Aluminiumprofile 30/40 mm
12 Aluminiumschindeln blank gewalzt,
1000/400 mm, auf zementgebundener
Spanplatte
30
8
3
11
6
9
12
steeldoc 01+02/14
Das Spiel des Lichts auf der
Glasfassade und den spiegelnden Wasserflächen verleiht dem
Platz seine lebendige Ausstrahlung.
Zweischichtige Fassadenkonstruktion
Vor eine grossformatige Dreischichtverglasung ist in
feinprofilierten Rahmenelementen eine Verbundglasschicht mit unterschiedlichen Siebdruck-Punktrastern
als Sonnenschutz gehängt. Der 70 cm breite Zwischenraum schützt die Lamellenraffstoren vor der Witterung
und wird in zweigeschossige klimatische Abschnitte
unterteilt. Horizontal angeordnete, schmale Belüftungselemente mit feststehenden Lamellen erlauben
eine natürliche Ventilation der Büros bei sehr gutem
Schallschutz ebenso wie die Nachtauskühlung durch
Dachöffnungen über den Atrien. Photovoltaikelemente
auf dem Dach, Regenwassernutzung für die Toilettenspülung und eine Gebäudekühlung über Meerwasser
sind weitere Bestandteile eines Energiekonzepts, das
den Verbrauch auf 70 kWh/a begrenzt – ein niedriger
Wert für ein komplett verglastes Gebäude.
Die Mehrschichtigkeit der Fassade hat aber auch eine
gestalterische Bedeutung. Die gegeneinander versetzten, unterschiedlichen Elemente überspielen die Ge-
schossebenen und verleihen dem Gebäude die für die
skulpturale Wirkung angestrebte Körperhaftigkeit. Im
Inneren geniessen die Mitarbeiter einen hohen Anteil
an Tageslicht, Sichtbezüge durch das gesamte Gebäude
und einen ungehinderten Blick auf die umgebende
Stadt. Als von aussen betrachtetes Objekt schliesslich
bietet die Fassade je nach Tages- und Jahreszeit immer
unterschiedliche An- und Durchblicke – und kommt
so dem Bild des Kristalls denkbar nahe.
Ort Hambrosgade 1562, Kopenhagen (DK)
Bauherrschaft Nykredit, Kopenhagen
Architekten schmidt hammer lassen architects, Aarhus,
Kim Holst Jensen (Verantwortlicher Partner)
Peter Voldstedlund (Projektleitung)
Ingenieure Buro Happold, London (Entwurf)
Grontmij, Glostrup (Ausführung)
Tonnage 1 400 t
Nutzfläche 6 850 m2
Bauzeit 2008 – 2010
31
Actelion Business Center, Allschwil (CH)
Mikado der Fachwerke
Bauherrschaft
Actelion Pharmaceuticals Ltd., Allschwil
Architekten
ARGE Herzog & de Meuron, Basel / Proplaning AG, Basel
Ingenieure
Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Basel
Baujahr
2010
Das Business Center des Pharmakonzern Actelion verkörpert mit seiner
spektakulären Architektur den Innovationsgeist und die auf Kommunikation und
Transparenz ausgerichtete Unternehmenskultur. Durch die Überlagerung unterschiedlicher Raumkörper ergibt sich eine grosse räumliche Vielfalt.
Das Gebäude besteht aus gestapelten, konstruktiv
zusammenhängenden Körpern, die dem Areal präzise
und gleichzeitig zwanglos eingeschrieben sind. Durch
die Überlagerung der geschossweise unterschiedlich
disponierten Raumkörper ergibt sich im Innern und
an seiner Peripherie eine grosse Vielfalt gestalteter
Aussenräume, wobei sich das Gesamtvolumen zur
Strasse hin zu einer urbanen Blockform verdichtet. Der
Bau setzt sich damit auch mit der Frage auseinander,
wie ein offenes Baugrundstück in einer peripheren,
grün-urbanen Umgebung räumlich markant besetzt
werden kann.
Die Stapelung der Körper
Der Bürobau besteht aus 34 übereinander gestapelten, prismatischen Körpern, die ineinander verzahnt
sind. Raumhohe Stahlfachwerkträger bilden deren
Seitenwände. Um die Trägerkonstruktion optimal
auszunutzen, wurden kombinierte Fachwerk- und
Vierendeelträger ausgeführt. Bei einer Grundrissabmessung von etwa 80 auf 80 Meter reicht diese Struktur
Situation, M 1: 10 000
bis auf eine Höhe von 21 Meter. Jeder einzelne Raumkörper kann als rechteckiges oder schiefes Gitterrohr
betrachtet werden. Dabei hat jeder «Stab» eine andere
Abmessung. Die Körper sind 30 bis 100 Meter lang
und, abhängig von der Büronutzung, fünf oder sieben
Meter breit. Sie bestehen im Wesentlichen aus den
Boden- und den Deckenplatten sowie zwei Fachwerkträgern, deren Seiten verglast sind.
Jede Geschossebene hat ihr eigenes Trägerlayout
und liegt nicht gleich über dem unteren Geschoss,
sondern trägt ihre Lasten über wenige einzelne
Punkte in die untere Ebene ab. Einzelne Raumkörper
überschneiden sich und bilden dadurch vier Schnittflächen in jeder Ebene. Sie werden als Erschliessungsund Kommunikationszonen über die insgesamt
sechs Ebenen genutzt und ihre gemeinsame Fläche
ist gerade so gross, dass ein Lift und die Steigschächte
darin Platz finden. Die Treppenanlagen winden sich
räumlich durch die unregelmässig angeordneten
Geschosse.
Vierendeelträger, die nur aus Gurten und Pfosten
bestehen, lassen rechteckige Fensteröffnungen zu, sind
aber etwas teurer. So wurde ein Trägersystem gewählt, das sich aus Vierendeel- und Fachwerkträgern
zusammensetzt. In den Auflagerbereichen, wo eine
hohe Querkraftbeanspruchung vorhanden ist, wurde
ein reines Strebenfachwerk ausgebildet. Gegen die
Trägermitte nimmt die Querkraft kontinuierlich ab, so
dass dort ein reiner Vierendeelträger mit den gewünschten rechteckigen Öffnungen umgesetzt werden
konnte.
Schnitt, M 1: 1 000
32
steeldoc 01+02/14
Jedes Geschoss setzt sich
aus einzelnen Raumkörpern
zu sammen, die sich je nach
Grundrisssituation unterschiedlich miteinander verzahnen.
7
8
6
7
3
7
2
1
8
5
1
4
6
Ebene 1
Grundrisse, M 1: 1 000
Ebene 0
1
2
3
4
Eingang
Foyer
Lounge Cafe
Auditorium
5
6
7
8
Restaurant
Kommunikation
Büro
Konferenz
33
Actelion Business Center, Allschwil (CH)
1
4
2
5
3
Detailschnitt, M 1: 50
1 Vierendeelträger
Gurtungen Walzprofile HEA300, HEA340,
HEB400, HEM360
Pfosten geschweisste Träger (teilweise lineare
Verjüngung zur Pfostenmitte hin)
Anschlüsse Pfosten-Gurtungen voll durchgeschweisst
2 Fachwerkträger
Gurtungen Walzprofile HEA300, HEA340,
HEB400, HEM360
Diagonalen H-Profile (min. HEA 200, max. HEM 340)
Anschlüsse von Zugdiagonalen voll durchgeschweisst
3 Blechverbunddecken
Sekundärträger HEB180, Blech Superholorib SHR 51,
Verbundmittel KBD D=16 mm, e=150 mm,
Stärke Betonplatte h=12 cm
4 Verbunddecke: konventionell geschalte Betonplatten
h=15cm zwischen kammerbetonierten Sekundärträgern
5 Stützen
Auflager zwischen Fachwerken
zweier Geschosse: Verjüngung
der Gurthöhe auf die Hälfte
(«Sättel») , zur Kompensation
lokale Verbreiterung der
Flansche von 30 auf 40 cm
und Ausführung in massiven
Flansch- und Stegblechen der
Stahlqualität S460.
34
steeldoc 01+02/14
Das Gebäude hat keine Kerne, die den horizontalen
Lastabtrag sicherstellen. Die meisten Stützen sowie
die am direkten Lastabtrag beteiligten Fachwerkstäbe
wie Vierendeelpfosten und Diagonalstäbe sind nicht
lotrecht ausgerichtet. Die daraus resultierenden
horizontalen Ablenkkräfte, aber auch die Erdbebenund Windkräfte sowie das bezüglich des Reaktionszentrums entstehende Torsionsmoment müssen über
die Fachwerke sowie Decken und Böden der Kastenträger teilweise ausgeglichen und abgetragen werden.
Dabei funktionieren die Fachwerke als vertikale
Scheiben und die Decken und Böden als horizontale
Scheiben. Die Deckenscheiben sind als Verbundquerschnitt konzipiert, bestehend aus den Stahlprofilen
der Trägergurte und der Sekundärträger und den dazwischen liegenden Betondecken.
Ungewöhnlich und komplex
Das elementare, im Grunde einfache Prinzip der
Stapelung von Raumkörpern wird zu einer vielfältigen,
vielschichtigen und funktional differenzierten Raumstruktur. Die teilweise gewagten Auskragungen und
Spannweiten werden durch die Wahl von Stahl als
Konstruktionsmaterial nicht nur technisch, sondern
auch architektonisch souverän bewältigt. Das äusserst
strapazierte Verhältnis von Nutzfläche zu Gebäudehülle lässt zwar vermuten, dass die Energieeffizienz
des Gebäudes wohl kaum einen exemplarischen
Standard erreichen wird, doch spricht für die Nachhaltigkeit des Gebäudes die Vielfalt und Flexibilität
des Raumangebotes. Der Bau wurde 2011 mit dem
Prix Acier (Schweizer Stahlbaupreis) ausgezeichnet.
Es steht als eine weitere Ikone des Stahlbaus für
die Faszination eines Realität gewordenen Entwurfsgeda nkens und für die Kühnheit, die man sich im
Stahlbau erlauben darf.
Ort Hegenheimermattweg, 4123 Allschwil (CH)
Bauherrschaft Actelion Pharmaceuticals Ltd., Allschwil
Architekten ARGE Herzog & de Meuron, Basel /
Proplaning AG, Basel
Ingenieure Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Basel
Stahlbau Winterhalter Stahlbau GmbH, Freiburg D
Tragsystem Gestapelte Fachwerk- und Vierendeelträger,
Verbunddecken aus Betonplatten zwischen kammerbetonierten
Sekundarträgern, teilweise Blechverbunddecken
Stahl Walzprofile S355, Knotenbleche S460; 2 500 t
Oberflächen Sa 2½ + 1K-Grundbeschichtung 90 μm;
Brandschutz (R60): Fachwerkdiagonalen, Vierendeelpfosten
und Stützen Gipskartonverkleidung, Fachwerkgurtungen und
Sekundärträger kammerbetoniert
Vorfabrikation Fachwerke elementweise im Werk vorfabriziert
Abmessungen 80 x 80 x 21m (L x B x H);
Volumen 104 500m 3 ; BGF 27 500 m 2
Bauzeit Juli 2007–Dezember 2010
Vierendeel- und Fachwerkträger
sind je nach Beanspruchung
in einem Element kombiniert
und übereinandergestapelt, die
Seiten mit 10 Grad zur Verti kalen geneigt. Wo erforderlich,
sind die Träger zusätzlich auf
geneigte Stützen gelagert.
35
Sportzentrum Cité Traëger, Paris (F)
Urbanes Feeling im Sportclub
Bauherrschaft
Ville de Paris, direction de la Jeunesse et des Sports
Architekten
Lankry architectes, Paris
Ingenieure
VP & Green Engineering, Paris
Baujahr
2009
Der Bodenbelag des Vorplatzes
setzt sich in der Eingangshalle
fort und verdeutlicht die öffentliche Nutzung des Zentrums.
In einem aufstrebenden Quartier von Paris wurde in einer Baulücke ein Sport- und
Quartierzentrum errichtet, das durch seine innovative Bauart und seinen urbanen
Charakter besticht. Gefragt waren grosszügige, lichte Räume für Veranstaltungen
und Sport auf fünf Etagen.
Das 18. Arrondissement von Paris ist eine gepflegte,
dichte Wohngegend mit einer regen Quartiersaktivität.
In einer Baulücke konzipierten die lokalen Behörden
deshalb ein Zentrum für Versammlungen, sportliche
Aktivitäten und Veranstaltungen. Das Zentrum Cité
Traëger, benannt nach der Strasse an dem es liegt,
bietet auf fünf Etagen verschiedene Raumtypologien,
die flexibel genutzt werden können. In den oberen
beiden Geschossen sind die Säle für Tanz- und Kampfsportarten untergebracht, in den unteren Etagen
Versammlungsräume, Umkleide- und Serviceräume.
Die Sporträume in den
oberen beiden Etagen sind
von zwei Seiten belichtet.
In den Zwischenräumen der
Z-Profile der Decke sind
Beleuchtung und Heizung
integriert.
Die Fassade, transparent mit einer attraktiven, thematisch bedruckten Glashaut spiegelt die einladende
Haltung des Gebäudes. Das Gebäude wurde denn
auch von Architekten in Zusammenarbeit mit einem
Künstler konzipiert, und verweist so auf das neue
4. Obergeschoss, M 1: 400
Erdgeschoss, M 1: 400
36
steeldoc 01+02/14
kulturelle Bewusstsein des Quartiers, in dem sich
Neu- und Altbauten zu einem interessanten urbanen
Tissus verflechten.
Maximale Raumfreiheit
Das knappe Grundstück am Ende einer Sackgasse
innerhalb einer kompakten Bebauung, liess räumlich
nicht viel Spielraum. Das Volumen musste deshalb
optimal ausgenutzt werden und gleichzeitig genügend
Flexibilität für die Nutzung bieten. Die Unterbringung
von Räumen im Erdgeschoss war nicht erwünscht,
weshalb also die schlanke Deckenkonstruktion und
stützenfreie Räume ein Hauptargument für eine Stahlverbundbauweise war, welche die Abtragung der
Lasten an den Extremitäten der Parzelle erlaubte. Das
Gebäude einer Gesamthöhe von 18 m wird nur durch
H-Stützen mit einem Durchmesser von 12 cm getragen,
welche in den Seitenwänden integriert sind.
Auf diese filigrane vertikale Struktur legt sich eine
Deckenlage, welche die gesamte Gebäudebreite von
10 m ohne Zwischenstütze überspannt. Die Decke
besteht aus Spundwandprofilen (Z-Profile), die mit
armiertem Ortbeton ausgegossen sind. Dadurch
entstehen freie Geschossflächen über die gesamte
Parzellengrösse. Eine zentrale Erschliessungszone
organisiert die Vertikale mit wenigen, mit Stahlblech
verkleideten Wänden – von öffentlichen Zonen in
den unteren Geschossen bis zu den hohen Sportsälen
in den oberen Etagen.
Gegen den kleinen Platz hin,
ornamentiert eine serigraphierte Glashaut die Fassade. Sie
ist das Schaufenster nach
Aussen und inspiriert sich am
Geschehen im Gebäude.
Reduktion im Inneren
Die Innenausstattung ist reduziert und lässt dem Raum
freien Lauf. Die Spundwandprofile der Decke sind
lediglich transparent gestrichen und behalten so ihren
rohen Charakter. Gleichzeitig erfüllen sie die Brandschutzanforderungen ohne zusätzliche Massnahme.
Die grossen Säle sind beidseitig natürlich belichtet. Bei
der Frontfassade handelt es sich um eine doppelte
Glashaut, wobei die äussere mit einem grossformatigen Bild serigraphiert ist. Diese spielt mit ihrer Funktion als Schaufenster und Leinwand und relativiert
die Massstäblichkeit des Gebäudes. Man spürt, dass
hier Menschen in Bewegung und im Austausch sind.
Das Ornament gibt dem kleinen Platz am Ende der
Sackgasse eine Identität und macht ihn so zum öffentlichen Ort.
5
4
3
2
1
Schnitt, M 1: 400
1
2
3
4
5
Eingangshalle, Serviceräume
Vereins- und Veranstaltungsräume
Umkleideräume
Sport
Tanzen
37
Sportzentrum Cité Traëger, Paris (F)
Das Deckensystem aus aus gegossenen Spundwandprofilen
überspannt den Raum über
10 m stützenfrei. Die Stahlprofile
sind lediglich gestrichen und
erfüllen ohne Zusatzmassnahme
den geforderten Brandschutz.
Isometrie des Stahltragwerks
38
Ort Cité Traëger, 18. Arrondissement, Paris (F)
Bauherrschaft Ville de Paris – Direction de la Jeunesse et
des Sports
Architekten Lankry Architectes, Paris;
Kunst am Bau: Patrick Tosani
Ingenieure VP & Green Engineering, Paris
Stahlbau Paris Charpente; Fassade: Verre & Métal;
Bedrucktes Glas: Interpanne; Spundwandprofile: Arcelor Mittal
Nutzfläche 1500 m2
Baukosten 3,3 Mio €
Bauzeit Juli 2007 bis Juni 2009
steeldoc 01+02/14
Impressum
steeldoc 01+ 02/14, Juli 2014, Doppelnummer
Gestapelt – Geschossbau in Stahl
Herausgeber:
SZS Stahlbau Zentrum Schweiz, Zürich
Evelyn C. Frisch, Direktorin
Redaktion:
Evelyn C. Frisch, Zürich
Layout:
Martina Helzel, circa drei, München
Texte:
Projektbeschriebe aufgrund der Projektinformationen der Planer
Bankgebäude, Kopenhagen: Beitrag aus Detail 2013 1/2,
mit freundlicher Genehmigung des Verlags
Fotos:
Titel: Herzog & de Meuron / Iwan Baan, Amsterdam
Editorial: Adam Mørk
Einleitung/Deckensysteme: WestendDuo: Jean-Luc Valentin,
KSP Jürgen Engel Architekten (S. 11);
Wohn- und Gewerbehaus Lindenplatz, Baden: René Rötheli,
Baden (S. 14 –19);
Bürogebäude Senn AG, Oftringen: Hans Ege, www.artege.ch,
(S. 20, S. 21 unten, S. 23), Senn AG (S. 21 oben, S. 22);
Ecole nationale supérieure d’architecture ENSA, Strassburg:
Julien Lanoo (S. 24 –37), Marc Mimram (Abbildung S. 26 oben);
Bankgebäude, Kopenhagen: Adam Mørk (S. 28 –31);
Actelion Business Center, Allschwil: Herzog & de Meuron /
Iwan Baan (S. 33, S. 35 oben, mitte), Johannes Marburg (S. 34,
S. 35 unten)
Sportzentrum Cité Traëger, Paris: Benoit Fougeirol (S. 36 –38)
Die Informationen und Pläne stammen von den Planungsbüros.
Zeichnungen überarbeitet durch Stefan Zunhamer, circa drei,
München.
Designkonzept:
Gabriele Fackler, Reflexivity AG, Zürich
Druckvorstufe und Druck: Kalt Medien AG, Zug
ISSN 0255-3104
Jahresabonnement Inland CHF 48.– / Ausland CHF 60.–
Einzelexemplar CHF 15.– / Doppelnummer CHF 25.–
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Bauen in Stahl/steeldoc © ist die Bautendokumentation des
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