spick ft

Transcription

spick ft
Hie r flie ge n
die Pfu nd e!
Kalorien mit
Freestyle killen
Freestyle-Sport statt Mathe büffeln,
gerappte Rezepte statt Deutschaufsatz – die «Freestyle Tour»
bringt Schwung in die Schule. Sie
vermittelt Spass an Bewegung und
gesunder Ernährung.
Spick war einen Tag dabei.
Text: Christa Gall. Fotos: Nick Spoerri
Ernesto von der «Schtifti»
zeigt auf dem Pausenplatz
Tricks für festen Stand auf
dem Skateboard.
Breakdance statt Bio
Die langen braunen Haare fliegen Romina ums Gesicht. Cool tanzt sie zu den
Breakbeats aus den Lautsprecherboxen.
Schon nach drei Stunden Übung hat die
14-Jährige echt was drauf. Zwanzig Kids
stehen im Kreis um sie herum und klatschen in die Hände.
«Im Jugendtreff habe ich immer die
Jungs bewundert, die getanzt haben«,
gesteht Romina. Heute kann sie ihre
Schritte und Tricks den andern zeigen.
Zum Schluss wagt sie sogar noch einen
«Freezer«: Nur auf den Ellbogen gestützt,
balanciert sie den Körper für ein paar
Sekunden frei in der Luft. Die Freundinnen jubeln.
Für Romina und die anderen ist heute
kein normaler Schultag. Statt Mathe
oder Bio stehen in der Sekundarschule
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Unteres Furttal in Otelfingen, Kanton
Zürich, Tanzen und Kochen auf dem
Programm. Denn die «Freestyle Tour»
ist für einen Tag zu Gast in der Schule,
ein Projekt der Jugendstiftung «Schtifti», das der Spick als Medienpartner
begleitet.
Neben Breakdance ist Footbag angesagt,
das Spiel mit dem kleinen Säckli. Oder
Skateboard-Kunststücke auf Slalomund Longboard. Oder Streetskaten.
Freestyle eben. Hauptsache, es ist
Bewegung drin und es macht Spass.
Tricks auf dem Slalomboard
«Suuuper, Michelle!», ruft Ernesto
Schneider. Der Leiter der Freestyle Tour
skatet selbst schon seit fünfzehn Jahren
und hat den Kids ein paar Tricks gezeigt.
Soeben ist Michelle mit dem Slalom-
board von der Rampe
gefahren und kurvt
jetzt um die Hütchen
auf dem Pausenplatz.
Sie steht das erste Mal
auf dem Brett – und
schon ziemlich sicher!
Michelle ist eines der
wenigen Mädchen in der
Gruppe der Slalom- und
Longboarder. «Manche
finden, Skaten sei ein Knabensport, aber das stimmt
gar nicht», sagt Michelle.
Angst hat sie keine. «Mit
einem Sturz rechne ich, das
ist nicht so schlimm.»
Schutzkleidung ist sowieso
selbstverständlich bei
der Freestyle Tour.
Spick 295, September 2006
Goldie Jungen, 13 Jahre:
«Wenn ich von der Schule
nach Hause komme,
brauche ich etwas Süsses.
Heute will ich auch gar
nicht mehr abnehmen. Ich
gefalle mir so, wie ich bin.»
Nicht gerade
alltäglich:
Freestyle in der
Schule!
Kim Eggeling, 13 Jahre:
«Ich bewege mich viel und
stehe jeden zweiten Tag auf
dem Skateboard. Für diesen
Sport würde ich sterben. Mein
Vater wurde damit Schweizer
Meister.»
Bewegen macht Spass
Michelle schwitzt unter dem Helm. Die
Sonne brennt, es ist ein heisser Tag. Am
Rand des Schulplatzes stehen Mineralwasserflaschen bereit. «Es ist wichtig,
dass ihr viel trinkt, etwa eineinhalb
Liter pro Tag ist das Minimum»,
sagt Ernesto. Der 35-Jährige ist
einer der Gründer der «Schtifti», der
Stiftung für soziale Jugendprojekte.
Er erklärt, worum es bei der Freestyle
Tour geht: «Die Jugendlichen sollen
sich mit Spass bewegen – ohne dass sie
es merken.»
Heuer ist das Team schon zum dritten
Mal in der Sekundarschule Unteres Furttal zu Gast. «Unsere Schüler erzählen
immer noch lange danach von diesem
Tag», sagt die Hauswirtschaftslehrerin
Maja Burri. Hinter dem Spass steckt
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Joël,
14 Jahre:
«Heute bewege ich mich jeden
Tag. Das war nicht immer so.
Ich habe zwölf Kilo abgenommen. Heute gehört gesund
essen in meinen Alltag und
bereitet mir keine Mühe mehr.»
Breakdance begeistert vor allem die
Mädchen. Am Nachmittag zeigen sie,
was sie schon drauf haben.
Jeanine,
14 Jahre:
Michael,
14 Jahre:
«Am liebsten esse ich
die Budget-Guetzli von
der Migros. Die sind gut
und billig. Meine Mutter
sagt mir oft, ich solle nicht
die ganze Packung essen.
Dann lasse ich jeweils noch
zwei oder drei Guetzli übrig.»
ein ernstes Problem: Jedes fünfte Kind
bringt zu viele Pfunde auf die Waage.
Innerhalb der vergangenen 40 Jahre hat
sich die Zahl übergewichtiger Kinder in
der Schweiz mehr als verdreifacht.
Schuld sind vor allem mangelnde Bewegung und falsche Ernährung.
Viel Gemüse, wenig Hamburger!
In Sachen Essen sind die Vorlieben der
Schülerinnen und Schüler in Otelfingen
nicht anders als sonstwo in der Schweiz.
«Was ist euer Lieblingsessen?», fragt
Sandro Heimberg, der Schtifti-Jungkoch
am Nachmittag. «Hamburger – Kebab –
Pizza», tönt es aus dem Schulzimmer.
Ziemlich fettige Sachen also. Verboten
sind sie nicht, aber «es ist alles eine
Frage des Masses», sagt Sandro.
«Gemüse, Früchte, Salat – die solltet ihr
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fünfmal am Tag zu euch nehmen, denn
sie enthalten viel gesunde Vitamine und
machen nicht dick!«
Gerapptes Rezept
Für die meisten ist das nichts Neues.
Doch sich ans richtige Essen zu halten,
fällt eben oft nicht leicht. Dabei kann
sogar ein Birchermüesli richtig Spass
machen.
Sandro erklärt das Rezept nicht lang
und breit, sondern schiebt einfach eine
CD ein. Und los gehts: «D Nüss sötsch
raffle geit aber zlang, drum mach die
irgendwie mit em Schnitzer abenang.
Nüss dri, Honig ou. Nou mau rüere u
ietz chaschs Ganze mit em Refrain probiere.» Viereinhalb Minuten geht der
Rap, dann ist das Birchermüesli fertig.
Gibt Energie für zwei Stunden Skaten!
«Ich habe einen
Bauch, den ich
gerne weg
hätte, aber
sonst bin ich
zufrieden mit
mir. Ich versuchte,
weniger Schokolade
zu essen, aber das
gelang mir nicht. Ich habe
aber einen Bewegungsplan ausgearbeitet, den ich nun umsetzen
werde.»
«Mmmh, das ist gut!» Vanessa schleckt
den Löffel sauber. Nicht allen schmeckt
ihr Müesli so gut. Manche haben zuviel
Birnel erwischt, bei der Fruchtsüsse
rebellieren die Geschmacksnerven.
Riechtest im Klassenzimmer
«Zum Essen gehört das Geniessen»,
erklärt Sandro. Wer die Nahrungsmittel
so richtig auf der Zunge zergehen lässt,
isst langsamer und damit weniger. Denn
erst nach zehn Minuten tritt das Sättigungsgefühl ein.
Genuss hängt mit Geschmack zusammen.
Und Geschmack mit Geruch. Denn das
meiste, was wir als «Geschmack« empfinden, ist in Wahrheit Geruch, den wir
über die Nase wahrgenommen haben.
Also auf zum Nasen-Test! Sieben Fläschchen zum Riechen stehen in allen Ecken
Spick 295, September 2006
Wow! Statt Unterricht
skaten auf dem
Pausenplatz!
Virgina,
14 Jahre:
«Wenn ich alleine zu Hause bin,
kann ich locker zwei Pizzen hintereinander verschlingen. Pizza ist
schliesslich meine Leibspeise.»
Sandro rappt das
Müesli-Rezept!
www.schtifti.ch
Infos zur Schtifti
und Freestyle-Tour
des Schulzimmers bereit. Ein Lebensmittel nur anhand des Geruchs zu erraten, ist gar nicht so einfach.
Romina hat vier Nahrungsmittel richtig
erraten. Sie hat den Tag toll gefunden.
«Die Leiter waren nett und die Musik
war gut.» Ob sie sich in Zukunft anders
ernähren wird, weiss sie allerdings noch
nicht.
Einen guten Vorsatz hat Romina immerhin gefasst: «Ich werde versuchen, jeden
Tag in Ruhe zu frühstücken.» Das hat
sie bisher nicht geschafft – ihr fehlte
einfach die Lust. Doch eines ist für sie
jetzt schon klar: Breakdancen möchte
sie weiter lernen. «Auf die Lektionen
freue ich mich schon jetzt!» FreestyleLeiter Ernesto Schneider darf stolz sein.
Wie es aussieht, hat sein Plan funktioniert: Mehr Bewegung macht Spass!
Spick 295, September 2006
Mit Musik
macht Müesli
mixen Spass!
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