und Konzerndarlehen - Graf von Westphalen

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und Konzerndarlehen - Graf von Westphalen
PLATOW Recht 5
Nr. 54 | Mittwoch, 14. Mai 2014
DEALS • PERSONALIEN • HINTERGRÜNDE
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PL AT OW R EC H T AWA R D
Hogan Lovells setzt sich durch
Beim
9. PLATOW InvestorenFORUM wurde in der vergangenen Woche der Sieger des diesjährigen PLATOW Recht Awards für
das „Beste Rechtsberatungsprojekt 2013“ gekürt. Hogan Lovells überzeugte mit der Beratungsleistung der Citi als Abwicklungsstelle einer innovativen Aktiendividende und einer
1,1 Mrd. Euro schweren Bezugsrechtsemission der Deutsche Telekom unter Leitung des Frankfurter Partners Michael Schlitt.
Die Hauptversammlung der Telekom hatte am 16.5.2013
eine Dividende in Höhe von 0,70 Euro beschlossen. Den Aktionären wurde die Möglichkeit eingeräumt, ihre Dividende
erstmalig entweder in bar ausgezahlt zu bekommen oder neue
Aktien aus einer Kapitalerhöhung zu erhalten. Hierzu wurde
eine neuartige Transaktionsstruktur umgesetzt: Telekom führte
eine Kapitalerhöhung zur Schaffung dieser neuen Aktien aus
dem genehmigtem Kapital durch. Dabei wurde den Aktionären
ein Angebot zum Bezug der neuen Aktien unterbreitet, wobei
das Bezugsrecht nur in der Weise ausgeübt werden konnte,
dass mit seiner Ausübung Dividendenansprüche in entsprechender Höhe an Citi abgetreten und Miteigentumsanteile an
den jeweiligen Inhaberglobalgewinnanteilsscheinen an Citi
übertragen wurden. Citi nahm die Funktion der Zeichnungsund Abwicklungsstelle ein. Die Fachjury mit Eva Bauer (Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung), Melanie Flessner (Evonik Industries) und Arne Wittig (ThyssenKrupp)
betonte den Vorbildcharakter der Beratungsleistung. Mit der
Beratung sei es Hogan Lovells gelungen, ein Modell für die
Aktiendividende zu finden, das sich in vielen ausländischen
Jurisdiktionen großer Beliebtheit erfreut, aber in Deutschland
noch nicht verbreitet war.
Ebenfalls nominiert waren die Kanzleien Ashurst („Beratung des chinesischen Staatskonzern AVIC beim Erwerb des
deutschen Anlagebauers KHD“) und GSK Stockmann + Kollegen („Beratung eines Minderheitenaktionärs im VestCorpFall“). Die Fachjury bewertete die eingereichten Projekte
anhand der Kriterien Komplexität und gesellschaftliche Relevanz, Innovation des Lösungsansatzes und der rechtlichen Instrumente sowie Kosten-Nutzen-Relation der Rechtsberatung.■
„BESTES RECHTSBERATUNGSPROJEKT 2013“
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Mehr zum PLATOW Recht Award und zur diesjährigen
Verleihung finden Sie unter www.platow.de/platow-recht-award.
T O P-T HE M A
Bankenrechtliche Behandlung von
Gesellschafter- und Konzerndarlehen
Auch Gesellschafterdarlehen sind Darlehen.
Diese simple Feststellung hat zur Folge, dass es sich auch
bei diesen Darlehen grundsätzlich um Kreditgeschäfte im
NEUERUNGEN
Sinne des Bankaufsichtsrechts handelt. Werden solche Darlehen „gewerblich“ – dazu genügt oft die Vereinbarung einer
Verzinsung – oder in einem gewissen Umfang ausgereicht
(Kreditgeschäft) oder entgegengenommen (Einlagengeschäft),
kann dies eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach dem Kreditwesengesetz darstellen (§ 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1, 2 KWG).
„Wer bewusst ein Bankgeschäft ohne erforderliche Erlaubnis
betreibt, macht sich strafbar“, sagt Patrick Wolff, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht im Hamburger Büro der
Sozietät GvW Graf von Westphalen. „Darüber hinaus droht
eine persönliche zivilrechtliche Haftung der Verantwortlichen,
wie etwa die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu so
genannten ‚Winzergeldern‘ im Jahr 2013 gezeigt hat.“
Bisher hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auch Gesellschafter im Verhältnis zu ihrer
Gesellschaft als schutzwürdiges „Publikum“ angesehen. Gesellschafterdarlehen und damit auch konzerninterne Darlehen
stellten danach grundsätzlich aufsichtspflichtige Bankgeschäfte dar. Eine Ausnahme galt nach bisheriger Verwaltungspraxis nur dann, wenn für das Darlehen ein hinreichend
qualifizierter Rangrücktritt ausdrücklich vereinbart wurde.
Für konzerninterne Darlehen gilt zudem das sogenannte
Konzernprivileg, nach dem eine Banklizenz nicht erforderlich
ist, sofern Bankgeschäfte ausschließlich mit Mutter-, Tochteroder Schwesterunternehmen betrieben werden (§ 2 Absatz 1
Nr. 7 KWG). Probleme traten vor diesem Hintergrund bisher
vor allem deshalb auf, weil bei Gewährung des Gesellschafterdarlehens der ausdrückliche Rangrücktritt nicht bedacht
oder dieser hinsichtlich der Insolvenzvermeidungsfunktion
nicht hinreichend formuliert wurde. Im Konzern führt das
Ausschließlichkeitskriterium im Rahmen des Konzernprivilegs
dazu, dass nach strenger Auslegung bei Gewährung auch nur
eines konzernexternen Darlehens das Privileg für alle – also
auch die konzerninternen – Geschäfte entfällt. „Häufig sind
dann bei Gesamtbetrachtung die von der BaFin angenommenen Grenzen für einen erlaubnispflichtigen Umfang der
Kreditgewährung überschritten“, so Wolff.
Nunmehr hat sich die BaFin der bereits zuvor zum Teil
vertretenen Auffassung angeschlossen, nach der Gesellschafterdarlehen bei Kapitalgesellschaften und diesen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften sowie Darlehen zwischen verbundenen Unternehmen per se kein Bankgeschäft
darstellen. Dies ergibt sich aus der Neufassung der BaFinMerkblätter zum Einlagengeschäft und zum Kreditgeschäft
vom 11.3.2014 und 25.4.2014. „Auf das Konzernprivileg oder
die ausdrückliche Vereinbarung einer qualifizierten Nachrangklausel kommt es damit hier in der Regel nicht mehr an“,
so Wolff. „Einige Unsicherheiten verbleiben aber, etwa bei
grenzüberschreitenden Sachverhalten.“
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Kauf der OTC-Sparte von Merck
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14,2 Mrd.
Euro hat Bayer in den Ausbau des Geschäfts mit rezeptfreien
ALLEN & OVERY UND CLIFFORD MANDATIERT
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Medikamenten investiert und für diese Summe die OTC-Sparte
von Merck übernommen. Überwiegend stemmte Bayer die
Großexpansion Inhouse. Die deutschen Büros der Kanzleien
Clifford Chance und Allen & Overy unterstützten bei der
Finanzierung.
Allen & Overy-Partner Neil George Weiand (Bank- und
Finanzrecht, Frankfurt) beriet mit seinem Team Bayer und
Bayer World Investments. Clifford Chance-Partnerin Bettina
Steinhauer (Banking & Capital Markets, Frankfurt) stand den
Instituten Bank of America Merrill Lynch, BNP Paribas und
Mizuho bei dem Brückenkredit für Bayer beratend zur Seite.■
CMS, Gleiss Lutz und Hogan Lovells
beraten bei SLM-Börsengang
Die SLM Solutions Group AG hat ihren Börsengang abgeschlossen. Seit
vergangenem Freitag wird das Papier des Lübecker 3D-DruckerHerstellers an der Frankfurter Börse gehandelt. Für SLM war
ein Team um die Gleiss Lutz-Partner Stephan Aubel (Kapitalmarktrecht), Stefan Mayer (Steuerrecht), Thomas Winzer
(Arbeitsrecht, alle Frankfurt) und Burghard Hildebrandt (öffentliches Recht, Düsseldorf) aktiv. Ein CMS Hasche SigleTeam um die Partner Sebastian Orthmann (Corporate), Heino
Büsching (Steuern, beide Hamburg) und Andreas Zanner (Kapitalmarkt, Frankfurt) hat die Gründungsgesellschafter Ceresio GmbH beraten. Hogan Lovells hat die Konsortialbanken
unter Führung der Credit Suisse Securities (Europe) Limited und der Deutsche Bank AG unterstützt. Tätig waren die
Partner Michael Schlitt, Susanne Schäfer (beide Corporate/
Capital Markets), Nils Rauer (IP, alle Frankfurt), John Basnage
(London), Aleksandar Dukic (Washington, beide US-Recht),
Heiko Gemmel (Düsseldorf), Jason W. Kaplan (New York) und
Gérard Neiens (Luxemburg, alle Steuerrecht).
Der SLM-IPO ist der erste Börsengang des laufenden Jahres.
Das Platzierungsvolumen beträgt insgesamt 180 Mio. Euro
und umfasst 10 Mio. Aktien (einschließlich Greenshoe) zu
einem Ausgabepreis von 18 Euro je Aktie. SLM fließen durch
die Neuemission rund 75 Mio. Euro zu. Der Emissionserlös
dient der weltweiten Wachstumsstrategie des Unternehmens.
Mit mehr als 80 Mitarbeitern berät das Unternehmen „Blue
Chip“-Kunden aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Energie, Gesundheit und Automobil.
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180 MIO. EURO PLATZIERUNGSVOLUMEN
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Oppenhoff begleitet Fusion im
Kaffeegeschäft
Mondelez
International und das Unternehmen D.E Master Blenders
1753 B.V., das 2013 von einer Investorengruppe unter Führung der Joh. A. Benckiser s.à r.l. (heute: JAB Holding Company s.à r.l.) übernommen wurden, haben angekündigt, ihre
Geschäftsbereiche Kaffee mit einem Gesamtumsatz von mehr
GESCHÄFT IN EMERGING MARKETS GESTÄRKT
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als 5 Mrd. Euro, zusammenzulegen. Ein Team von Oppenhoff
& Partner beriet Joh. A. Benckiser und D.E Master Blenders
mit den Partnern Georg Maier-Reimer, Harald Gesell, Günter
Seulen (alle Corporate) und Gilbert Wurth (Arbeitsrecht, alle
Köln) im Vorbereitungsstadium der Transaktion und bei der
Due Diligence in Deutschland. Bei der Transaktion ebenfalls
aktiv waren Teams der Kanzleien Skadden Arps Slate Meagher
& Flom (New Yorker Büro), Freshfields Bruckhaus Deringer
(Amsterdamer Büro) und Allen & Overy (Amsterdamer Büro).
Für Mondelez waren Clifford Chance-Anwälte aus New York,
London und Amsterdam tätig.
Das neue Unternehmen, Jacobs Douwe Egberts, wird seinen Sitz in den Niederlanden haben. Es wird Marktführer in
mehr als zwei Dutzend Ländern sein, mit starker Präsenz in
den Emerging Markets und erheblichem Potenzial für zusätzlichen Umsatz. Das Unternehmen hält einige der führenden
Kaffeemarken weltweit, wie Jacobs, Carte Noire, Tassimo,
Douwe Egberts und Senseo. ■
Hengeler unterstützt Lanxess bei
Kapitalerhöhung
Der Spezialchemiehersteller Lanxess hat sein Kapital um rd. 10% des derzeitigen
Grundkapitals gegen Ausgabe von neuer, auf den Inhaber
lautender Stückaktien der Gesellschaft erhöht und das Bezugsrecht ausgeschlossen. Dabei hat die Kanzlei Hengeler
Mueller mit den Partnern Wolfgang Groß (Kapitalmarktrecht,
Frankfurt) und Carsten Schapmann (Gesellschaftsrecht, Düsseldorf) die Kapitalerhöhung des Kölner Unternehmens juristisch begleitet.
Die Emission wurde über ein so genanntes „Accelerated
Bookbuilding“-Verfahren prospektfrei bei internationalen
institutionellen Investoren erfolgreich platziert. Insgesamt
erzielte Lanxess einen Bruttoerlös von rd. 430 Mio. Euro. ■
BRUTTOERLÖS VON 430 MIO. EURO
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Gravis übernimmt mit Freshfields
Apple-Händler
Freshfields Bruckhaus Deringer beriet Gravis, einen Spezialisten für Digital Lifestyle
innerhalb der freenet Group, bei der Übernahme von bis zu
zwölf Ladengeschäften des Apple Premium Resellers re:Store.
Zum Freshfields-Team gehörten die Partner Markus Paul
(Gesellschaftsrecht/M&A, Frankfurt) und Burkhard Richter
(Kartellrecht, Düsseldorf).
Gravis ist mit 660 Mitarbeitern an 34 Standorten Deutschlands führende Handelskette für Apple-Produkte. Mit der
Übernahme vergrößert Gravis seine Vertriebsoberfläche in
begehrten 1A-Lagen deutscher Großstädte. Die Anzahl der
Gravis Stores steigt damit auf bis zu 46. Über den Kaufpreis
wurde Stillschweigen vereinbart. Die Übernahme muss noch
von den zuständigen Kartellbehörden genehmigt werden. ■
PREMIUMLAGEN ERSTANDEN
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Chinesischer trifft auf deutschen Mittelstand
Chinesische Investoren sind an den globalen Märkten nicht neu, dennoch
haben sich gleich mehrere Dinge in der jüngsten Vergangenheit geändert. So hat Europa im Jahr 2012 erstmals in
der Gunst der Investoren aus Fernost mit Nordamerika gleichgezogen. Seit 2010 hat sich das Volumen chinesischer
Engagements hierzulande fast verdreifacht und insbesondere mittelständische Familienunternehmen sind gefragt.
Die ausgesprochene Sympathie trifft bei deutschen Mittelständlern auf gemischte Gefühle, berichtet Maximilian
Rittmeister, Partner bei bhp Bögner Hensel & Partner. Gerade die Angst vor Veränderung spielt eine große Rolle.
RICHTIGE VORBEREITUNG BEI ÜBERNAHMEN
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Neben der Sorge vor einem Abbau von Arbeitsplätzen und
einem Transfer deutscher Technologien, Marken und Produktionsstätten, besteht auch die Sorge um den guten Ruf der
eigenen Unternehmerfamilie nach einem Verkauf. Schließlich
sind diese Unternehmerfamilien in der Regel regional stark
verwurzelt und hoch angesehen. Die chinesischen Investitionen der letzten Jahre in Deutschland weisen diese Befürchtungen jedoch als überwiegend unberechtigt zurück. Ganz im
Gegenteil, die Investoren aus China sind grundsätzlich sehr
langfristig ausgerichtet. Sie mischen sich meist kaum in das
Geschäft der erworbenen Unternehmen ein und die deutschen
Firmen behalten ihre bisherige Identität und Unabhängigkeit
sehr oft nahezu vollständig. Dies mag auch daran liegen,
dass chinesische Geldgeber meist über wenig Erfahrung im
internationalen Management von Investitionen verfügen.
Ein besonders wichtiger Punkt gegenüber vielen anderen Investorengruppen: Die Chinesen zählen zu den strategischen
Investoren und nicht zu den meist rein renditegetriebenen
Finanzinvestoren. Trotz kultureller Unterschiede bringen sie
deshalb nicht selten mehr Verständnis für die Wünsche des
deutschen Mittelständlers nach Erhalt der Arbeitsplätze, des
Markennamens und des operativen Aufbaus der Firma mit, als
andere Investorengruppen. Ebenso wie Unternehmerfamilien
haben sie mit Blick auf die Unternehmensentwicklung einen
langfristigen Fokus und arbeiten nicht auf einen kurz- bis
mittelfristigen Weiterverkauf hin. Auch investieren neben den
staatlichen Unternehmen zunehmend private Unternehmen
aus China, so dass auch personell eine langfristige Konstanz
gegeben ist. Neu ist, dass chinesische Mittelständler zunehmend deutsche mittelständische Unternehmen erwerben.
Operative Eigenständigkeit erhalten
Chinesische mittelständische Investoren sind ganz überwiegend stark an dem Erhalt des Standortes sowie der meist
hochqualifizierten Fachkräfte in Deutschland interessiert und
möchten speziell deren operative Eigenständigkeit erhalten.
Sie versprechen sich von der Investition auch, mehr über
die Prozessabläufe sowie strategischen Vorgehensweisen zu
lernen. Ihnen ist klar, dass die Qualität und die Innovationsstärke deutscher Unternehmen nur erhalten werden kann,
wenn die deutschen Standorte nicht nur weiter bestehen,
sondern auch gefördert werden. Die Vorurteile, dass lediglich
Technologie und Knowhow transferiert werden sollen, sind
überholt. Zu den Herausforderungen für deutsche Unternehmer zählen allerdings schon auf den ersten Blick die sprach-
lichen und kulturellen Unterschiede.
Chinesische Unternehmen sind deutlich stärker hierarchisch ausgerichtet
als deutsche Firmen. Eine Streitkultur
nach europäischem Vorbild ist in Asien
unbekannt. Kleinste Andeutungen im
Kontext reichen in der chinesischen
Kommunikation, was auf deutscher
Seite meist als Intransparenz gedeuMaximilian Rittmeister
tet wird. Andererseits sind mittel- bhp Bögner Hensel &
ständische chinesische Investoren Partner
durchaus auch für schnelle und direkte Entscheidungen bekannt sowie eine hohe Flexibilität.
Was bei deutschen Unternehmen als mangelndes Abwägen
und fehlende strategische Planung ankommt, steht in China
für die meist erstaunlich erfolgreiche Methode „Machen und
Ausprobieren, im Zweifel korrigieren“ – ein Charakterzug, der
grundsätzlich unter dem Stichwort Unternehmermut auch dem
deutschen Mittelständler nicht völlig fremd ist.
Andersartigkeit als Chance
Worauf ist zu achten, wenn ein chinesischer Investor und ein
deutsches mittelständisches Unternehmen erfolgreich zusammen kommen wollen? Im Kern geht es zunächst darum, die
Andersartigkeit des chinesischen Mittelständlers als Chance
zu begreifen und sich darauf, auch von der Verhandlungsstrategie her, einzustellen. Die eigenen Ziele in einer völlig ungewohnten Verhandlungskultur durchzusetzen ist dabei die Herausforderung. Die chinesischen Verhandlungspartner und ihre
wahren Intentionen zu verstehen und bei dem Durchsetzen
der eigenen Position auch zu berücksichtigen, erfordert die
Bereitschaft und Disziplin des deutschen Mittelständlers, eine
vorher intern festgelegte Strategie zu verfolgen. Zu direkte
und laute Worte sowie Gesten sind in diesen Verhandlungssituationen eher schädlich. Gerade bei Investoren aus China ist
es wichtig, eine Vertrauensposition aufzubauen. Dies erfolgt
nicht kurzfristig und erfordert, dass Zeit zum Zuhören und
zur Erklärung der Zusammenhänge investiert werden muss.
Zudem empfiehlt sich für beide Seiten eine frühzeitig eingeschaltete professionelle Beratung. Auf diese Weise kann von
Anfang an ein auf den Einzelfall angepasster strukturierter
Weg vorgegeben werden, der beiden Seiten hilft. Denn die
bisherigen Transaktionen haben gezeigt, je besser deutsche
Unternehmen auf einen chinesischen Investor vorbereitet
waren, desto erfolgreicher war die spätere Zusammenarbeit.■
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Grenzüberschreitende Formwechsel
in der EU
Das OLG Nürnberg hat
im vergangenen Jahr (Az.: 12 W 520/13) entschieden, dass das
deutsche Recht auf Grund der europarechtlich garantierten
Niederlassungsfreiheit den Zuzug einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft (S.à r.l.) nach Deutschland unter identitätswahrendem Wechsel ihrer Rechtsform in eine deutsche GmbH
(grenzüberschreitender Hinein-Formwechsel) anerkennen
muss. Im Fall des OLG Nürnberg hatten die Gesellschafter einer luxemburgischen S.à r.l. zunächst unter luxemburgischem
Recht beschlossen, den Satzungs- und Verwaltungssitz ihrer Gesellschaft nach Deutschland zu verlegen und diese als
deutsche GmbH fortzuführen. Im Anschluss daran beschlossen
sie unter deutschem Recht, die S.à r.l. auf Basis des deutschen Umwandlungsgesetzes in eine GmbH formzuwechseln
und meldeten die GmbH zur Eintragung in das Handelsregister
an. Das AG Fürth wies den Eintragungsantrag jedoch zurück.
Das OLG Nürnberg erklärte diese Zurückweisung in seinem
Beschluss nunmehr für rechtswidrig. Das Gericht berief sich
dabei auf die Grundsätze des „VALE-Urteils“ des EuGH (Urteil
vom 13.2.2012, C-378/10). Gegenstand dieses Urteils war der
grenzüberschreitende Rechtsformwechsel einer italienischen
Gesellschaft nach Ungarn. Wie später auch das AG Fürth, weigerten sich die ungarischen Behörden, die ungarische Gesellschaft in das Gesellschaftsregister einzutragen. Dies verstieß
nach Ansicht des EuGH gegen die europarechtlich garantierte
Niederlassungsfreiheit.
Angesichts des VALE-Urteils des EuGH kam die Entscheidung des OLG Nürnberg für Fachleute nicht überraschend.
Diese werteten das Urteil aber dennoch als bahnbrechend:
„Der Beschluss des OLG Nürnberg markiert einen weiteren,
wichtigen Schritt hin zur umfassenden Mobilität von Gesellschaften innerhalb Europas“, kommentiert Thorsten Schumacher, Rechtsanwalt bei Hogan Lovells. Es bestehe kein
Zweifel, dass auch der grenzüberschreitende Formwechsel aus
Deutschland hinaus grundsätzlich von der Niederlassungsfreiheit umfasst und daher vom deutschen Recht anzuerkennen
sei. Deutsche Gesellschaften können daher grundsätzlich unter Wahrung ihrer Identität in einen anderen EU-Mitgliedsstaat wegziehen und dort in einer entsprechenden nationalen
Rechtsform fortgeführt werden. Mit dem grenzüberschreitenden Formwechsel stehe international tätigen Unternehmensgruppen zukünftig eine weitere Alternative für die Optimierung ihrer gesellschaftsrechtlichen Strukturen zur Verfügung,
so Corporate-Experte Schumacher.
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MOBILITÄT VON GESELLSCHAFTEN
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TR ANSFERMARK T
Die Partnerversammlung von Luther hat zwei neue Managing Partner gewählt: Elisabeth Lepique (Gesellschaftsrecht, Köln) und
Markus Sengpiel (IT- und Medienrecht, Köln) werden die Kanzlei
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mit Wirkung zum 1.7.2014 in den kommenden vier Jahren führen.
Damit bleibt Markus Sengpiel eine weitere Amtszeit Teil der Doppelspitze, die er bei Luther seit 2010 gemeinsam mit Hans-Georg
Hahn gebildet hatte. Hahn war nicht mehr zur Wahl angetreten, er
will sich wieder auf das Mandatsgeschäft konzentrieren. Sie hat
die Funktion als Co-Managing Partnerin übernommen. Lepique war
zuletzt Leiterin des Kölner Luther-Büros. Mit ihr rückt erstmals
eine Frau an die Spitze der Sozietät. +  +  +   Watson, Farley &
Williams ernennt drei neue Partner am Standort Hamburg: Christine Bader (Kartellrecht), Stefan Hoffmann (M&A) und Alexandra
Michalopoulos (Finance) wurden mit Wirkung zum 1.5.2014 befördert. Die Anzahl der Partner in den drei deutschen Büros wird
damit auf insgesamt 27 erweitert. +  +  +  Simmons & Simmons
hat den Kapitalmarkt-Experten Thomas Scharfenberg mit Wirkung
zum 1.5.2014 zum Partner ernannt. Das Spezialgebiet des 34-Jährigen sind strukturierte Produkte und Kapitalmarktrecht. Er verfügt
über umfangreiche Erfahrung unter anderem bei der Beratung zu
strukturierten Anleihen, Optionsscheinen und Zertifikaten, sowie
zu Emissionsprogrammen, Einzelanleihen und Schuldscheindarlehen.
Scharfenberg ist seit August 2012 für Simmons & Simmons tätig.
+  +  +  DLA Piper hat weltweit 45 neue Partner ernannt, darunter
mit Burkhard Führmeyer (Intellectual Property, Frankfurt), Fabian
Mühlen (Real Estate, Frankfurt) und Christian Schneider (Versicherungsrecht, Köln) auch drei Partner in Deutschland. Darüber hinaus
hat die Kanzlei in Deutschland sechs Anwälte zu Counseln befördert.
S O G EH T E S W E I T E R
Übernahme der Deutschen Postbank vor dem Bundesgerichtshof (BGH): Die Verlagsgesellschaft Effecten-Spiegel
fordert von der Deutschen Bank einen Nachschlag auf den
Kaufpreis für Aktien der Deutschen Postbank. Die Deutsche
Bank veröffentlichte am 7.10.2010 ein freiwilliges Übernahmeangebot zum Preis von 25 Euro pro Aktie, dieses nahm die
Verlagsgesellschaft an. Nun verklagt sie die Deutsche Bank
auf Zahlung des Differenzbetrags nach § 31 WpÜG bzw. auf
Schadensersatz wegen eines unterlassenen Pflichtangebotes.
Vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Köln hatte die
Verlagsgesellschaft keinen Erfolg. Am 20.5. verhandelt der
BGH in der Sache (Az.: II ZR 353/12). Der BGH muss prüfen,
ob die Deutsche Bank zur Veröffentlichung eines Pflichtangebotes nach § 35 WpÜG verpflichtet und der Kaufpreis für
die Aktien in der Folge unangemessen niedrig war. „Dies wäre
der Fall, wenn ein ‚acting in concert’ zwischen der Deutschen
Bank und der Deutschen Post vorliegt“, so Matthias Heisse, Partner von Heisse Kursawe Eversheds. „Ein ‚acting in
concert’ ist gegeben, wenn die Parteien ihr Verhalten auf
informellem Weg abstimmen und die Absprache eine ‚nachhaltige Wirkung’ hat, wie der BGH 2006 entschieden hat.
Die Anteile der agierenden Parteien müssen dann addiert
werden.“ Überschreitet die Summe der Anteile die Grenze von
30%, sieht § 35 WpÜG die Abgabe eines Pflichtangebotes an
die restlichen Aktionäre vor. „In der Praxis ist der Nachweis
einer informellen Absprache für die klagende Partei jedoch
häufig eine große Herausforderung“, so Heisse weiter.
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