Schmerzen Onkologie Schmerzen Onkologie

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Schmerzen Onkologie Schmerzen Onkologie
H 64122
ISSN 1439-1139
4/2007
August
9. Jahrgang
Schmerzen
Onkologie
@ A LG ES I O LO G I E
Update zur Schmerztherapie im Alter
@ O N KO LO G I E
Lesen Sie mehr
dazu ab
Seite 10
Strahlentherapie bei Tumorerkrankungen
@ SCHLAGANFALL
Konzept einer geriatrischen Stroke Unit
@ U R O LO G I E
Management der Harninkontinenz
www.gerikomm.de
EDITORIAL
Schmerztherapie, Strahlentherapie, Schlaganfall
B
is zu 80% der über 60-jährigen Deutschen leiden unter chronischen
Schmerzen, die den Alltag und damit
die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Diese Patienten werden häufig nicht adäquat
analgetisch versorgt oder sie verweigern wegen
der Nebenwirkungen des Schmerzmedikaments die Einnahme und riskieren damit –
unbewusst – eine Chronifizierung ihrer Beschwerden. Daraus wiederum können psychosoziale Konsequenzen wie Depression und/
oder sozialer Rückzug resultieren. Generell
stellt die Therapie geriatrischer Schmerzpatienten den behandelnden Arzt vor eine große Herausforderung, denn die Patienten haben häufig– neben der schmerzverursachenden Erkrankung – weitere Krankheiten und
nehmen bereits einige Medikamente ein. Diese MultimediÄltere Schmerzkation kann zusätzlich zu unerpatienten werden
wünschten Nebenwirkungen
häufig nicht adäquat
und Fehlmedikationen führen
analgetisch versorgt
und die Compliance der Patienten reduzieren. Eine adäquate
Schmerztherapie für ältere Menschen sollte daher so konzipiert sein, dass sie rechtzeitig den
Bedürfnissen der Patienten angepasst wird
und – bei möglichst geringen Nebenwirkungen – effektiv analgetisch wirksam ist. Entsprechende Hinweise gibt Dr. Uwe Junker in
seinem Beitrag ab S. 10.
In den letzten Jahren wurden in der Klinik
für Strahlentherapie im Klinikum Lippe rund
35% aller Bestrahlungsfälle bösartiger Tumorerkrankungen bei Patienten mit einem
Lebensalter von über 70 Jahren durchgeführt.
Hinweise, dass Tumorerkrankungen älterer
Patienten schlechter auf eine Strahlentherapie ansprechen als Tumorerkrankungen jüngerer Patienten, gibt es nicht. Tumoransprechraten, Rezidivraten und Behandlungsnebenwirkungen unterscheiden sich kaum.
Darüber hinaus bietet die perkutane Be-
strahlung den Vorteil des rein ambulanten
Vorgehens ohne belastende Eingriffe. Wichtige Kriterien für die Verträglichkeit einer
Strahlentherapie sind der Allgemeinzustand
und Komorbiditäten. Einen Überblick über
die strahlentherapeutische BehandDas Schlaganfalllung von Malignomen gibt Dr. Ulrich Schäfer in seinem Artikel ab
risiko steigt in
Seite 18.
fortgeschrittenem
Der Schlaganfall ist nicht nur eiLebensalter
ne lebensbedrohliche Akuterkranexponentiell an
kung, sondern führt bei zwei Drittel der Betroffenen zu dauerhafter
Behinderung oder gar Pflegebedürftigkeit.
Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden,
steigt mit dem fortgeschrittenen Alter exponentiell an und mit dem demografischen Wandels werden neue Aufgaben auf uns zukommen. Dazu gehören zum Beispiel ein deutlich
erhöhter Bedarf im Bereich der Rehabilitation
sowie die Langzeitbetreuung von Schlaganfallpatienten, wie Prim. Dr. Johann Donis ab
Seite 26 erläutert.
Mit Diagnostik und Behandlung des akuten Schlaganfalls befasst sich Prof. Roland
Hardt in seinem Beitrag ab Seite 31. Er ist
Chefarzt der Geriatrischen Klinik am Katholischen Klinikum Mainz, die über eine speziell auf geriatrische Patienten spezialisierte
Schlaganfalleinheit verfügt. Sie wurde im November 2005 als Modellprojekt mit sechs Betten in Betrieb genommen. Die Akzeptanz der
geriatrischen Stroke-Unit ist rasch gewachsen, so dass die Kapazitäten mittlerweile voll
ausgelastet sind und derzeit eine Erweiterung
vorbereitet wird.
Eine informative Lektüre wünscht Ihnen
Jola Horschig
Redakteurin GERIATRIE JOURNAL
Foto: Pixelquelle/Harry Hautumm
I N H A LT
Voraussetzung für eine adäquate
Schmerztherapie im Alter ist, dass
die Behandlung rechtzeitig den Bedürfnissen der Patienten angepasst
wird. Ein starres Einhalten der WHOStufenleiter wird dieser Anforderung
nicht immer gerecht. Ein Update zur
medikamentösen Schmerztherapie
im Alter ab
Seite
EDITORIAL
Schmerztherapie, Strahlentherapie, Schlaganfall
Jola Horschig, Springe
3
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Wichtige Informationen in Kürze
6
10
L I T E R AT U R : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Subkutane Infusion: Hydratation in der Terminalphase
Nierenfunktionsbestimmungen: Welche Methode ist im Alter die beste?
A LG ES I O LO G I E : O P I O I D E
IM
FOKUS
Foto: U. Schäfer
Update zur medikamentösen Schmerztherapie im Alter
Uwe Junker, Remscheid und Axel Hoffmann, Köln
Alter per se ist keine Kontraindikation
gegen eine Strahlentherapie und
wird in Deutschland auch nicht so
gehandhabt. Zu den entscheidenden
Kriterien für die Verträglichkeit einer
Strahlentherapie zählen der Allgemeinzustand und Komobiditäten.
Ein Bericht zur Strahlentherapie
im Alter ab
Seite
17
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9
9
INTERVIEW: TUMORERKRANKUNGEN
IM
Ziele und Aktivitäten von IN-GHO
Interview mit Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer
®
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A LT E R
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O N KO LO G I E : B EST R A H LU N G
Strahlentherapie bei Tumorerkrankungen
Ulrich Schäfer, Lemgo
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GERIATRIE JOURNAL 4/07
I N H A LT
HERAUSFORDERUNG: SCHLAGANFALL
IM
A LT E R
26
Foto: AOK
Schlaganfallpatienten: Rehabilitation und Langzeitbetreuung
Johann Donis, Wien
SCHLAGANFALL: AKUTTHERAPIE
UND
SEKUNDÄRPRÄVENTION
Konzept einer geriatrischen Schlaganfalleinheit
Roland Hardt, Mainz
31
Der Schlaganfall ist die dritthäufigste
Todesursache in den industrialisierten Ländern, rund ein Fünftel der über
65-Jährigen ist davon betroffen – mit
steigender Tendenz. Mit der Erkrankung befassen sich die Beiträge „Rehabilitation und Langzeitbetreuung“
und „Konzept einer geriatrischen
Schlaganfalleinheit“ ab Seite
26
U R O LO G I E : D E R I C I A LG O R I T H M U S
Management der Harninkontinenz im höheren Alter
Helmut Madersbacher, Innsbruck
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G E R I AT R I E J O U R N A L – S P E Z I A L
Geriatrische Rehabilitation nach dem GKV-WSG:
Reha auch bei Demenz-Patienten
Martin Bischoff, Planegg
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P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
PDE-5-Hemmer: Pharmakologische Unterschiede
beeinflussen Patientenpräferenz
Analgesie: Morphin nicht der Goldstandard
Alzheimer Demenz: Dualer AChE-Hemmer verzögert Krankheitsverlauf
Hypertonie: Kombinationstherapie für hypertonen Diabetiker
bessere Wahl
Akutschmerzen: Postoperative Schmerzen mit Oxycodon therapieren
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41
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42
GERIATRIE JOURNAL 4/07
36
Titelbild
DIVERSES
Termine/Impressum
Inkontinenz zählt nach wie vor zu den
häufigsten Gründen für die Einweisung in Alten- und Pflegeheime. Die
Ursache der Harninkontinenz im Alter
ist meist multifaktoriell und kann
außerhalb des Harntraktes liegen.
Hinweise zur Ursachenforschung
und Therapie ab
Seite
43
© Marti Timple – Fotolia
5
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Elisabeth-Krankenhaus Essen:
Stationäre Fußbehandlung zertifiziert
Seit Juni 2007 darf sich das Diabetes-Zentrum im Elisabeth-Krankenhaus Essen
„Stationäre Fußbehandlungseinrichtung“
nennen. Mit dieser Zertifizierung würdigte die Deutsche Diabetes Gesellschaft
(DDG) die ambulante Behandlung des diabetischen Fußsyndroms der Einrichtung.
Hier arbeiten Diabetologen, Angiologen,
Gefäßchirurgen, Diabetesberater, Podologen und orthopädische Schumacher eng zusammen. Die Zertifizierung wird von der
Arbeitsgemeinschaft „Diabetischer Fuß“
organisiert. In diesem offiziellen Gremium
der DDG wirken 500 Experten mit.
Das diabetische Fußsyndrom ist eine
komplexe Störung infolge Diabetes mellitus. Auf Grund von Durchblutungsstörungen und Nervenschädigungen kann es
zu schlecht heilenden Wunden an den Füßen kommen. Im schlimmsten Fall kann
das Fußsyndrom sogar zum Verlust der
Gliedmaßen führen. Für das seit 1984 etablierte moderne Diabetes-Zentrum in Essen ist diese Zertifizierung nach eigenen
Angaben eine weitere Anerkennung ihrer
hervorragenden Arbeit.
Quelle: Elisabeth-Krankenhaus,
Essen
Leserbrief
Brauchen wir ein weiteres Geriatriejournal?
In der ersten Februarwoche erhielt
der Autor die erste Ausgabe des „Geriatrie-Report“ mit dem Untertitel
„Forschung und Praxis in der Altersmedizin“. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass die Geriatrie und geriatrisches Wissen eine größere Verbreiterung erfährt. Doch bei der Lektüre
ist schnell zu erkennen, dass es sich
hierbei um ein Marketing-Instrument
der pharmazeutischen und medizintechnischen Industrie handelt. Mit
Ausnahme eines kurzen Artikels
(S. 64) findet sich keinerlei Erklärung
über (potentielle) Interessenskonflikte
von Autoren, soweit diese überhaupt
genannt werden. Es entbehrt auch
nicht einer gewissen Ironie, wenn in
zwei Artikeln der drei Monate zurückliegende Kongress der DGG beworben
wird.
Unter Marketing ist zu verstehen
„die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf den Absatzmarkt ausgerichteten Unternehmensaktivitäten
mit dem Zweck einer dauerhaften
Befriedigung der Kundenbedürfnisse
sowie der Erfüllung der Unternehmensziele. Marketing ist das Denken
vom Markt her mit dem Ziel Kundenbedürfnisse zu erfassen oder zu erzeugen und zu befriedigen“ [1]. Von
Interesse ist für den geneigten Leser
in diesem Zusammenhang die Doktorarbeit von V. Schubert [2], die sich
systematisch mit der Frage des Kundenbeziehungsmanagements für pharmazeutische Interventionen mit dem
Ziel der „Erlösgenerierung“ beschäftigt. Wir sind uns offensichtlich häufig
nicht bewusst, in welchem Umfang wir
als Ärzte Zielgruppe für eine systematische, EDV-gestütze Datenerfassung
6
sind. Das größte deutsche Softwarehaus – SAP – wirbt z.B. für seine Software mittels derer „Ärzteprofile und
-generierung“ erstellt werden, damit
„pharmazeutische Unternehmen
einen besseren Einblick in das Verschreibungspotential der Ärzte“ erhalten „– eine wichtige Voraussetzung,
um Marketingkapital aufzubauen“ [3].
In diesem Zusammenhang sei auf
verschiedene ärztliche Eigeninitiativen [4, 5] verwiesen, die die vielfältigen Einflussnahmen auf ärztliches
Verordnungsverhalten transparent zu
machen versuchen.
Um die im Titel genannte Fragestellung zu beantworten: diese Form
eines Journals ist mehr als überflüssig
und sie schadet der Geriatrie mehr als
sie nutzt, wenn sich die Geriatrie für
ein solches Marketinginstrument benutzen lässt.
Literatur
1. http://de.wikipedia.org/wiki/Marketing
(Zugriff 15.02.2007).
2. http://opus.kobv.de/tuberlin/volltexte/2005/
1045/pdf/schubert_virginie.pdf
(Zugriff 15.02.2007)
3. http://www.sap.com/germany/media/
50064837.pdf (Zugriff 15.02.2007).
4. http://www.nofreelunch.org/ (Zugriff 15.02.2007).
5. http://www.mezis.de/index.php?option=
com_content&taskview&id=3&Itemid=3
(Zugriff 15.02.2007).
Dr. med. Manfred Gogol, Klinik für
Geriatrie, Krankenhaus Lindenbrunn,
Lindenbrunn 1, D-31863 Coppenbrügge, eMail: [email protected]
Erklärung: Es bestehen keine
Verbindungen zu pharmazeutischen
und medizin-technischen Firmen.
Ausschreibung:
SinnVoll
Die Demenz Support Stuttgart gGmbH
ruft mit der Ausschreibung „SinnVoll: Die
Pflege von Menschen mit Demenz in weit
fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung“
dazu auf, innovative Konzepte und Projekte einzusenden, die sich für eine qualitätvolle Versorgung dieser Patientengruppe einsetzen. Ziel ist es, Beispiele guter Praxis zu sammeln und gemeinsam mit
allen Akteuren einen verantwortungsbewussten Umgang mit neuen Betreuungskonzepten zu fördern.
Der Aufruf wendet sich an alle Träger
und Einrichtungen der stationären und
ambulanten Pflege, an Kliniken, Krankenhäuser, Hospize sowie bürgerschaftlich organisierte Initiativen in der Bundesrepublik Deutschland, die spezielle Ansätze für
die Pflege von Menschen in weit fortgeschrittenen Stadien der Demenz entwickelt haben und diese bereits erfolgreich
umsetzen.
Drei herausragende Projekte werden im
Rahmen eines Fachtags (30. Januar 2008)
prämiert (1. Preis: 5.000 Euro, 2. Preis:
2.500 Euro, 3. Preis: 1.250 Euro). Über
die Vergabe der Preise entscheidet ein unabhängiger und fachlich kompetenter Beirat. Teilnahmeschluss ist der 15. November 2007. Weitere Informationen zu „SinnVoll“ sowie die Teilnehmerunterlagen
stehen im Internet zum Download bereit:
http://www.demenz-support.de; Menüpunkt: Aktuelles.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Alois Alzheimer Award 2007 für
Prof. Dr. Agenta Nordberg
ausgezeichnet. Sie erhielt den mit 20.000
US-Dollar dotierten Preis für ihr herausragendes Lebenswerk bei der Erforschung
der Alzheimer-Demenz. Die Juroren be-
Foto: Merz Pharmaceuticals
Am 15. Juni 2007 wurde die schwedische
Wissenschaftlerin Prof. Dr. Agneta Nordberg von der Universität Stockholm mit
dem Alois Alzheimer Award (AAA) 2007
Prof. Agneta Nordberg hat den Alois Alzheimer Award 2007 für ihre Forschung im
Bereich Alzheimer-Demenz erhalten (v.l.n.r. Prof. Hans-Jürgen Möller, Direktor der
Psychiatrischen Universitätsklinik der LMU München und Vorsitz der AAA-Jury,
Prof. Agneta Nordberg, Dr. Martin Zügel, CEO Merz Pharmaceuticals, Prof. Konrad
Maurer, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie und
Vorsitz des AAA-Board of the Jury)
tonen, dass sich Nordberg um die Erforschung der molekularen Grundlagen der
Demenz-Erkrankung sehr verdient gemacht habe. Sie trage wesentlich dazu bei,
ein besseres Verständnis der Erkrankung
und eine Weiterentwicklung von Therapieansätzen zu ermöglichen.
Die Zahl der Demenzkranken liegt allein in Deutschland bei 1,2 Millionen. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass
sich die Zahl der Erkrankten bis 2050 weltweit auf 107 Millionen Betroffene vervierfachen wird. Die Demenz wurde deshalb in den vergangenen Jahren zu einem
Schwerpunkt der Forschung. Der Alois
Alzheimer Award wird seit 1995 von dem
pharmazeutischen Unternehmen Merz gestiftet. Es hat sich auf die Erforschung und
Entwicklung von Medikamenten für neurologische und psychatrische Erkrankungen konzentriert. Das Unternehmen ist
nach eigenen Angaben führend im Bereich
der Alzheimer-Forschung. Der dort entwickelte Wirkstoff „Memantine“ ist der
erste seiner Art zur Behandlung der moderaten bis schweren Alzheimer-Demenz.
Quelle: Merz Pharmaceuticals GmbH,
Frankfurt am Main
Einsame und überforderte Heimbewohner sind verhaltensauffällig
50% erhalten innerhalb von zwei Wochen
Besuch. Nur jeder Zweite besaß eine wichtige Bezugsperson im persönlichen Umfeld.
Heimbewohner, die körperlich aggressiv
Ein Forscherteam der Universität Bielefeld wickeln. Dabei stellten sie zunächst fest, sind, sind in ihrer verbalen Kommunikauntersuchte ein Jahr lang in Pflegeheimen dass 80% der Bewohner mindestens ein- tion deutlich stärker eingeschränkt als anVerhaltensauffälligkeiten der Bewohner. mal pro Woche unruhig und verbal ag- dere. Sie werden nachts auch häufiger durch
Das Ergebnis macht deutlich: Sind Bewoh- gressiv waren. 15-17% waren sogar ag- pflegerische Maßnahmen gestört und sind
ner sozial isoliert, werden sie unruhig, ir- gressiv gegen Personen und Gegenstände. seltener in Gruppenangebote einbezogen.
ren umher, sind verbal oder auch physisch
„Die Lebenssituationen in den Heimen Das Forscherteam empfiehlt als vorbeuaggressiv. Diese Verhaltensweisen fordern tragen dazu bei, dass viele Bewohner pro- gendes Konzept die Heimbewohner stärin den Heimen nicht nur die Pflegekräfte blematische Verhaltensweisen entwickeln“, ker sozial zu integrieren. Wichtig ist, Beheraus, sie sind auch ein Problem für die resümiert Projektleiter Dr. Klaus Wingen- ziehungen aufzubauen. „Ebenso dürfen
anderen Mitbewohner. Das Forscherteam feld. Viele Bewohner sind sozial isoliert, nur Heimbewohner auf keinen Fall überfordert
untersuchte, unterstützt
werden“, so der Projektleivom Bundesministerium
ter. Das erarbeitete KonVerhaltensauffällligkeiten von Heimbewohnern
für Bildung und Forzept wird jetzt in einer 2.
1. Verbale Verhaltensauffälligkeiten (54,2%)
schung, mehrere Hundert
Phase vom Forschungs2. Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten (49,8%)
Bewohner, die im Schnitt
team wissenschaftlich
3. Körperlich aggressives Verhalten gegen andere Personen (17,1%)
80,5 Jahre alt waren. Sie
überprüft.
versuchten herauszufin4. Körperlich aggressives Verhalten gegen Dinge (15,1%)
Quelle: Bundesminisden, wie und warum sich
5. Körperlich aggressives Verhalten gegen sich selbst (5,4%)
terium für Bildung und
Verhaltensauffälligkeiten
Quelle: Dr. Klaus Wingenfeld, Institut für Pflegewissenschaft, Universität Bielefeld
Forschung
in den Pflegeheimen entGERIATRIE JOURNAL 4/07
7
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Jeder vierte Patient in deutschen
Krankenhäusern ist mangelernährt
Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler nach Auswertung aller Daten einer Multizenterstudie zur Mangelernährung im
Krankenhaus. Die Studie wurde von der
Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM) angeregt. Hier liefert Priv.-Doz. Dr. Matthias Pirlich von
der Charité, Berlin, erstmals Daten zur Ernährungssituation von Patienten in deut-
schen Krankenhäusern. Für seine Leistung
erhielt der Arzt im Juni in Innsbruck den
mit 5.000 Euro dotierten Dr.-Werner-FeklFörderpreis für klinische Ernährung. Er
wird seit 2002 von Pfrimmer Nutricia an
Nachwuchswissenschaftler verliehen, deren
Forschungsarbeiten für die klinische Ernährung von besonders hohem Erkenntniswert sind. Die Studie, die sich über
Foto: Pfrimmer Nutricia GmbH
PD Dr. Matthias Pirlich
erhielt den Dr.-Werner-FeklFörderpreis für klinische
Ernährung. Am 1. Juni nahm
der Mediziner die Auszeichnung auf dem Kongress
„Ernährung 2007“ in Innsbruck entgegen (von links:
Dr. Zeno Stanga, Universitätsspital Bern, PD Dr. Matthias Pirlich, Charité Berlin,
Dr. Dietmar Stippler, Pfrimmer Nutricia Erlangen).
Zu wenig Schmerzmittel
für Menschen in Pflegeheimen
Beim Personal in Pflegeheimen fehlt das
Bewusstsein für Dauerschmerzen. Von den
über 600.000 dort lebenden Senioren
leiden 70% zeitweise unter Schmerzen.
„Diese Menschen bekommen zu wenig
Schmerzmittel“, kritisierte Dr. Thomas
Lange, Schmerztherapeut, auf dem 18.
Deutschen Schmerztag in Frankfurt.
Etwa neun von zehn der über 75-Jährigen klagen seltener über Schmerzen als
jüngere Menschen. Häufig gilt: Wer weniger klingelt, ist willkommener beim Personal. So beißen die Bewohner lieber die
Zähne zusammen, als Hilfe zu holen. Auch
wird von Seiten der Pflegekräfte zu wenig
nach Schmerzen gefragt. Dr. Lange kritisiert weiter: „Ärzte verordnen Patienten in
Pflegeheimen weniger Schmerzmittel, als
solche, die sie in der Praxis konsultieren.“
Gerade demente Menschen, die sich
nicht eindeutig äußern können, bekommen
deshalb zu wenig Analgetika. Dabei reicht
8
oft die Körpersprache: die Patienten haben
eine schnelle Atmung, zeigen Angst, zucken
zusammen, sind unruhig oder apathisch.
Experten haben jetzt einen Screening-Bo-
einen Zeitraum von fast vier Jahren erstreckte, erhob bei 1.886 Patienten in 13
Krankenhäusern Daten über deren Ernährungszustand. Hier stellte sich heraus, dass
73% der Patienten über 70 Jahre mangelernährt waren.
Gerade solche Patienten sterben früher
als Gleichaltrige mit einem guten Ernährungsstatus. Mangelernährung führt zudem zu einer längeren Verweildauer im
Krankenhaus. Ursache für die schlechte
Ernährung sind, so die Studie, Alter, Krebsund Mehrfacherkrankungen. Die Forscher
kommen zu dem Schluss, dass eine ausreichende Ernährungstherapie eingeleitet
werden sollte, um das klinische Outcome
dieser Patienten zu verbessern. Dazu die Jury: „Mangelernährung ist ein relevantes
Problem, dem noch nicht die Bedeutung
beigemessen wird, die notwendig wäre.“
Literatur:
1. Pirlich M. et al., The German Hospital Malnutricion
Study. Clinical Nutricion 2006; 25: 563-572.
Quelle: Pfrimmer Nutricia GmbH,
Erlangen
gen entwickelt, der über ein Punktesystem
Schmerzzustände erfasst. Dr. Lange: „Die
Schmerzproblematik muss unbedingt in die
Ausbildung der Pflegekräfte integriert werden.“
Quelle: Der deutsche Schmerztag 2007/
ProScience Communications GmbH
Medizinklimaindex zeigt bessere wirtschaftliche Aussichten
Der neue Medizinklimaindex vom
Frühjahr 2007 zeigt bei den Ärzten in
Deutschland eine spürbare Aufhellung
des Klimas. Zwar bewerten die Ärzte
ihre wirtschaftliche Lage für die kommenden Monate weiter ungünstig,
dennoch liegt der Klimaindex im
Vergleich zum Herbst 2006 bei -11,7
statt bei zuvor -23,3. Ihre aktuelle
wirtschaftliche Lage schätzen aktuell
55% der niedergelassenen Ärzte und
Zahnärzte als zufriedenstellend ein,
24% als schlecht und 21% als gut.
Ihre wirtschaftliche Lage in dem kommenden sechs Monaten bewerten
27,9% als ungünstiger und 7,6% als
günstiger.
Der Medizinklimaindex ist ein transformierter Mittelwert aus den Salden
der momentanen Geschäftslage und
der Erwartungen. Die Befragung entsprach den Kriterien des IFO Institutes
(Institut für Wirtschaftsforschung e.V.).
Unter www.stiftung-gesundheit.de in
der Rubrik „Presseservice“ , dann
„Studien“ kann die ausführliche Datei
zum Medizinklimaindex heruntergeladen werden.
Quelle: Stiftung Gesundheit, Hamburg
GERIATRIE JOURNAL 4/07
L I T E R AT U R : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Subkutane Infusion
Hydratation in der Terminalphase
Die Frage der Flüssigkeitssubstitution in der Terminalphase schwerer Erkrankungen, speziell Tumorerkrankungen wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Eine
texanische Studie zur Rolle der subkutan durchgeführten parenteralen Hydratationsbehandlung bei Tumorpatienten in der Terminalphase untersucht den Einfluss
dieser Therapie auf die Symptomkontrolle und das Befinden der Patienten.
I
ntravenöse Flüssigkeitszufuhr als am
weitesten verbreitete Methode ist speziell in der Terminalphase und bei älteren Patienten oftmals mit einem erhöhten Ödemrisiko, respiratorischen Problemen durch pulmonale Stauung und
daraus resultierenden Befindlichkeitsstörungen von Patienten behaftet. Andererseits ist der Verzicht auf jegliche
Hydrierungsmaßnahmen in der Terminalphase vergesellschaftet mit Komplikationen wie Bewusstseinstrübungen,
Hyperalgesie, Fieber, Niereninsuffizienz
und vor allem einer relativen MorphinÜberdosierung bis hin zur Intoxikation
durch Kumulation der zur Schmerztherapie eingesetzten aktiven Opioide und
deren durch den Stoffwechsel entstehenden Metabolite.
Studie: Mit einer präliminären doppelblind angelegten Studie hat eine internationale Studiengruppe versucht, etwas
mehr Klarheit für die Entscheidungsfindung Hydrierung oder Verzicht auf
Hydrierung zu bringen.
49 Patienten wurden in die Studie aufgenommen. Alle litten zum Zeitpunkt
der Aufnahme an einer leichten bis moderaten Hypohydratation die per Definiton als weniger als 1 l/Tag Trinkmenge
definiert war. Diese Patienten erhielten
nach Randomisation entweder 1000 ml
(Verum) oder nur 100 ml (Plazebo) einer physiologischen Kochsalzlösung als
subkutane Infusion. Ausgewertet wurden als Symptome der Dehydratation:
das Auftreten von Halluzinationen, Myoklonus, Abgeschlagenheit (Fatigue) und
Sedierung.
Ergebnisse: 21 (78%) der 27 aktiv
therapierten Patienten erfuhren eine substantielle Besserung, erstaunlicherweise
aber auch 13 (59%) der 22 Patienten
aus der Plazebogruppe. Bezüglich des
Gesamttherapieeffektes sowie hinsichtGERIATRIE JOURNAL 4/07
lich des Wohlbefindens der Patienten
konnte kein signifikanter Unterschied
zwischen beiden Gruppen gesehen werden. Ausschließlich bezogen auf die
Zielsymptome Myoklonus und Sedierung schnitten die Verum-Patienten
deutlich besser ab als die Patienten der
Kontrollgruppe.
Diskussion: Die Studienautoren
schließen, dass durch eine subkutane
Hydratation mit 100 ml/Tag ein gewisser Vorteil erzielt werden kann.
Kommentar: Die Studie ist interessant, die Interpretation etwas zu kurz
gegriffen. Wichtig wären größere Fallzahlen und Alters-Cluster, da insbesondere die Nebenwirkungen einer Hydratation bei kardial vorgeschädigten Patienten in der Terminalphase und im
Alter besonders gravierend sich bemerkbar machen.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb,
Lingen (Ems)
Bruera E., Sala R., Rico M. A., Moyano J., Centeno C., Willey J., and Palmer J. L. Effects of Parenteral Hydration in Terminally Ill Cancer Patients:
A Preliminary Study. J Clin Oncol
2005; 23: 2366-2371
Nierenfunktionsbestimmungen
Welche Methode ist im Alter die beste?
Die Bestimmung der Nierenfunktion ist auf Grund der hohen Prävalenz von Einschränkung der glomerulären Filtrationsleistung im Alter von großer Wichtigkeit. In
einer Untersuchung ist eine universitäre geriatrische Arbeitsgruppe in Italien der
Frage nachgegangen, welche Methode der Nierenfunktionsbestimmungen am
ehesten die Besonderheiten der Altersphysiologie berücksichtigt.
S
tudie: Verglichen wurden die Cockroft-Gault (CG)-Methode mit zwei
Modifikationen der sog. „Modification of
Diet in Renal Disease (MDRD1 und
MDRD2)“ Formel. In die Untersuchung
einbezogen wurden 7.747 Personen
(51,1% Frauen), mittleres Alter 77,8 Jahre, Standardabweichung 7,2 Jahre. Die
Untersuchung fand ausschließlich bei Patienten akutgeriatrischer und internmedizinischer Stationen statt.
Ergebnis: Die mittlere glomeruläre Filtrationsrate (GFR) betrug abhängig von
der verwandten Methode (CG, MDRD1
oder MDRD2) 51,2 ml/Min bei einer
Standardabweichung von 21,3 ml/Min,
respektive 54,9 ml/Min (SD 19,8) und
64,7 ml/Min (24,2). Brach man im Vergleich auf die Individualebene herunter,
so zeigten sich bei 50% erhebliche Differenzen im Vergleich von CG und
MDRD. In der Diagnosesicherheit gab
es eine noch akzeptable Übereinstim-
mung im Hinblick auf leichte Niereninsuffizienz, allerdings eine gute Übereinstimmung in der Diagnosesicherheit zur
Feststellung einer schweren Niereninsuffizienz. Die Hauptunterschiede zwischen
den Methoden waren bedingt durch den
Faktor Alter und Gewicht.
Zusammenfassung: Bei akzeptabler,
sehr guter Diagnosesicherheit innerhalb
der Methode zeigt sich im Individualvergleich intermethodisch doch eine deutliche Differenz. Somit kann auf der individuellen Ebene von einem Wechsel
zwischen den Methoden nur abgeraten
werden. Dies gilt insbesondere für Verlaufsbeobachtungen.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Pedone C, Corsonello A, Incalzi R A.
for the GIFA Investigators. Estimating
renal function in older people: a comparison of three formulas. Age and
Ageing 2006; 35: 121-126
9
A LG ES I O LO G I E : O P I O I D E
IM
FOKUS
Update zur medikamentösen
Schmerztherapie im Alter
Uwe Junker, Remscheid und Axel Hoffmann, Köln
Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, insbesondere an
chronischen oder rezidivierenden Schmerzen zu leiden. Schmerzen im
Alter sind auf Grund der Multimorbidität vieler Senioren und der daraus
resultierenden Polymedikation eine Herausforderung an den Therapeuten. Voraussetzung für eine adäquate Schmerztherapie im Alter ist, dass
die Behandlung rechtzeitig den Bedürfnissen der Patienten angepasst
wird. Ein starres Einhalten der WHO-Stufenleiter wird dieser Anforderung
nicht immer gerecht. Zudem werden heute Substanzen bevorzugt, die
flexibel dosierbar und leicht titrierbar sind, nicht die Gefahr der Arzneimittelinteraktion in sich bergen sowie nebenwirkungsarm und in der
Langzeittherapie gut verträglich sind.
I
10
Tab. 1. Mit der Multimorbidität ist
zwangsläufig Polymedikation verbunden. Pro Tag nehmen diese Patienten
etwa sieben bis zehn verschiedene Medikamente ein.
Diese Polymedikation bedingt häufig
unerwünschte Wechselwirkungen, da
die meisten Medikamente im Körper
über das gleiche Enzymsystem, Cytochrom P450 und seine Subtypen, ab-
Foto: Pixelquelle/Harry Hautumm
n Deutschland wird erwartet, dass
der Anteil derjenigen, die älter als
65 Jahre werden, von derzeit 15% auf
voraussichtlich 20-25% im Jahr 2050
ansteigt. Bis zu 80% der über 60-Jährigen leiden auf Grund verschiedener
GrunderkrankunVoraussetzung gen an chronischen
für die adäquate Schmerzen, die den
Alltag beeinträchtiSchmerztherapie gen. Meist handelt
ist die korrekte es sich um SchmerSchmerz- zen auf Grund
bestimmung degenerativer Veränderungen des
muskuloskeletalen
Systems sowie um tumorbedingte, posttraumatische und neuropathische
Schmerzsyndrome [9]. Eine Untersuchung in Deutschland ergab, dass ältere Schmerzpatienten im Durchschnittsalter von über 76 Jahren in Praxen und
Kliniken außer ihren chronischen
Schmerzen zusätzlich zur schmerzverursachenden Erkrankung mindestens eine weitere Diagnose, im Durchschnitt
in fünf weiteren Organsystemen, aufwiesen [3]. Eine Übersicht über den Anteil der Patienten, die Komorbiditäten
im jeweiligen Bereich angeben, gibt
gebaut werden. Multimedikation führt
nicht nur häufig zu Fehlmedikationen,
sondern reduziert auch die Compliance der Patienten [6]. Aus Angst vor
Nebenwirkungen verzichten viele Patienten zunächst auf Schmerzmittel, akzeptieren ihren Schmerz und riskieren
zwangsläufig – häufig unbewusst – eine
Chronifizierung ihrer Beschwerden mit
oft psychosozialen Konsequenzen wie
z.B. Depression und/oder sozialem
Rückzug. Es gibt vielfache Hinweise darauf, dass Opioide bei älteren Patienten
zu selten eingesetzt werden [2].
Auch in Deutschland werden ältere
Schmerzpatienten ab ca. 65 Jahren häufig nicht adäquat analgetisch versorgt
oder leiden unter den Nebenwirkungen
des angewandten Analgetikums. Medikamentöse Schmerztherapie für ältere
Menschen sollte so konzipiert werden,
dass sie effektiv analgetisch wirksam ist
bei möglichst geringen unerwünschten
Wirkungen. Nur so kann sie im Rahmen
multimodaler Behandlungskonzepte zur
Polymedikation bedingt häufig unerwünschte Wechselwirkungen, da die meisten
Medikamente im Körper über das gleiche Enzymsystem, Cytochrom P450 und seine
Subtypen, abgebaut werden.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
A LG ES I O LO G I E : O P I O I D E
Voraussetzung für die adäquate Schmerztherapie und die Überwachung des Therapieerfolgs ist die korrekte Schmerzbestimmung. Dazu dienen anerkannte Skalen, wie Visuelle Analog Skala (VAS),
Numerische Rating Skala (NRS) und
Verbale Rating Skala (VRS). Bei älteren
Patienten, vor allem solchen mit fortgeschrittener Demenz, ist es jedoch oft
schwierig, deren Schmerzen richtig zu
beurteilen. Dazu bedarf es eines speziell
strukturierten Schmerzinterviews, wie
z.B. die „Beurteilung von Schmerzen
bei Demenz“ (BESD; englisch: PAINAD). Diese Skala bewertet die Verhaltenskategorien Atmung, negative
Lautäußerungen, Gesichtsausdruck,
Körpersprache und Reaktion auf Tröstung [4]. Es konnte gezeigt werden, dass
damit auch bei dementen älteren Patienten zuverlässig Schmerz gemessen
wird. Weitere Skalen oder Checklisten,
wie DoloPlus, ECPA, oder PACSLAC,
haben sich ebenfalls bei Schmerzpatienten mit kognitiven Beeinträchtigungen bewährt [21].
Schmerzrhythmus erfordert
flexible Medikation
Nicht nur Schmerzempfinden und Reaktionen auf Schmerzreize unterliegen
tagesrhythmischen Variationen, sondern
auch die Wirkungen von Pharmaka und
ihre Pharmakokinetik können tageszeitabhängige Variationen aufweisen
[15]. Der Grund dafür ist, dass sowohl
die Sensitivität der Opiatrezeptoren mit
der Tageszeit variiert, als auch unsere
körpereigenen Schmerzmediatoren wie
Endorphine und Enkephaline über 24
Stunden nicht konstant ausgeschüttet
werden. In klinischen Studien konnte für
zahlreiche Arzneimittel gezeigt werden,
dass zirkadiane Rhythmen bei der Resorption und systemischen Verteilung
eine bedeutsame Rolle spielen. Zirkadiane Rhythmen sollten laut Lemmer [15]
daher in die Beurteilung der WirksamGERIATRIE JOURNAL 4/07
keit und der therapeutischen Breite eines Arzneimittels einbezogen werden.
Auch bei älteren Patienten spielen zirkadiane Schmerzrhythmen eine Rolle.
So treten die gerade im Alter häufig vorkommenden Schmerzen auf Grund
rheumatoider Arthritis vorwiegend am
frühen Morgen auf [14], Patienten mit
Osteoarthroseschmerz haben dagegen
abends am Ende der Belastung den
höchsten Analgetikabedarf [5]. Die
höchsten Schmerzintensitäten von Tumorpatienten wurden während des Tages zwischen 8.00 und 22.00 Uhr ge-
messen, während sie nachts niedriger lagen [20]. Da unterschiedliche Schmerzen somit unterschiedliche Rhythmen
aufweisen, muss darauf mit flexiblen
Gaben von Analgetika reagiert werden.
Eine starre Therapie, wie z.B. mit transdermalen Pflastersystemen allein, wird
daher den individuellen Bedürfnissen
der Patienten oft nicht gerecht. Bei transdermaler Basisanalgesie mit starrer Kinetik muss häufiger mit schnell freisetzenden Opioiden oder Nichtopioidanalgetika „nachgesteuert“ werden als bei
oralen Retardopioiden, die zweimal täg-
Tab. 1: Komorbiditäten
■ schwer (3)
■ mäßig (2)
■ leicht (1)
■ kein (0)
Gastrointestinaltrakt
Psyche
Nervensystem
Atmung
Urogenitaltrakt
Augen, HNO
Endokrinum
Herz
Kreislauf
Muskelskel. System
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Anteil der Patienten, die eine Schädigung im jeweiligen Bereich angeben
100
(nach Basler et al., 2003)
Beurteilung von Schmerzen
FOKUS
Tab. 2: Differenzierte Opioidindikation
Symptom / Erkrankung
Obstipation
Übelkeit, Erbrechen
Dysphagie
Juckreiz
Verwirrtheit, Schwindel
Neuropathie ± Viszeralschmerz
Histaminliberation,
Analgetika-Asthma
Morphininduzierte Hyperalgesie
Polymedikation
Hochdosisbereich
Niereninsuffizienz
Leberfunktionsstörung
Junker U, Schmitz A, Busche P, Freynhagen R: Schmerz- und Symptomtherapie bei Tumorpatienten,
Klinische Onkologie 2007/2008, im Druck
Erhaltung oder Rückgewinnung persönlicher Autonomie einen wichtigen
Beitrag leisten.
IM
Mittel der Wahl
1. Wahl: Tilidin/Naoxon,Oxycodon/Naloxon
(2. Wahl: Fentanyl TTS, Buprenorphin TTS)
Methadon,Fentanyl TTS, Morphinpumpe
Transdermale Systeme / Morphingranulate
(sondengängig)
„trial and error“ nach analgetischer Wirksamkeit, Methadon
Oxycodon ± Naloxon
Buprenorphin
Methadon
Dosisreduktion, Kombination mit Methadon
Hydromorphon, Buprenorphin TTS
Hydromorphon
Buprenorphin, (Hydromorphon)
Fentanyl TTS, (Hydromorphon)
Abb. 2: Differenzialindikationen für Opioide bei bestimmten Symptomen und Erkrankungen
11
A LG ES I O LO G I E : O P I O I D E
lich in unterschiedlicher Dosis appliziert werden können.
Medikamentöse Therapie
Grundsätzlich gilt auch für die Therapie älterer Patienten das 3-stufige WHOTherapieschema mit Nichtopioidanalgetika (Stufe I), schwachen Opioiden
(Stufe II) und starken Opioiden (Stufe
III). Die neuen Empfehlungen zur Therapie von Tumorschmerz der AkdÄ 2007
[1] berücksichtigen die Anforderungen
an eine adäquate Schmerztherapie und
können allgemein auch zur Orientierung bei der Schmerztherapie älterer Patienten dienen. Darin wird eine möglichst orale Therapie, individuell abgestimmt auf den Patienten empfohlen.
Das Stufenschema muss nicht starr eingehalten werden. Bei Bedarf kann frühzeitig auf die WHO-Stufe III eingestellt
werden, so bei zu erwartender rascher
Schmerzprogredienz. Grundsätzlich
muss die Schmerztherapie im Laufe der
gesamten Therapie dem fortschreitenden
und wandelnden Schmerzcharakter angepasst werden. Eine Übersicht über
Differenzialindikationen für Opioide
bei bestimmten Symptomen und Erkrankungen gibt Tab. 2.
In allen drei Stufen werden bei Bedarf
Adjuvanzien gegeben. Führt die Gabe
von Opioiden nur zu einer partiellen,
nicht ausreichenden Schmerzreduktion,
werden zusätzlich Koanalgetika, wie
Antidepressiva, Antikonvulsiva, Bisphosphonate und Glukokortikoide eingesetzt. Sie modulieren unterschiedliche Rezeptorsysteme und sind zur ergänzenden Therapie verschiedener
Schmerzsyndrome, wie neuropathische
IM
FOKUS
und muskuloskeletale Schmerzen, geeignet [12]. Tab. 3 zeigt sinnvolle Kombinationen von Opioid-, Nichtopioidund Ko-Analgetika.
auf Grund ihrer eingeschränkten analgetischen Potenz („ceiling effect“) zu einer Untertherapie mit dem Risiko einer
ungebremsten Chronifizierung beiträgt
[17].
Nichtopioidanalgetika (Stufe I)
Schwache bzw, mittelstarke Opioide
Die meisten Patienten mit leichten bis
mäßigen Schmerzen sprechen gut auf der WHO-Stufe II
Nichtopioidanalgetika wie Paracetamol Die Bedeutung dieser schwachen (Traund NSAR an. NSAR haben ihr be- madol) bzw. mittelstarken (Tilidin/
währtes Indikationsspektrum bei akut Naloxon) Opioide der WHO-Stufe II
entzündungsbedingten Schmerzzustän- nimmt im Indikationsbereich Tumorden. Allerdings sind die Gefahren, durch schmerz gegenwärtig ab [1]. Oft ist
NSAR schwerwiegende, v.a. gastroin- mit der Stufe II nur eine kurzzeitige
testinale, Nebenwirkungen zu bekom- Schmerzreduktion zu erreichen und
men und die eingeschränkte Anwend- dann zwangsläufig eine Neueinstellung
barkeit bei Nierenfunktionsstörungen auf Stufe-III-Opioide erforderlich. Nach
bei älteren Patienten besonders zu be- neueren Überlegungen könnten bei
achten. Diese gerade von älteren multi- inadäquater Schmerzkontrolle durch
Nichtopioidanalgetimorbiden Patienten
vorwiegend bei Ge- Unterschiedliche Schmerzen ka alternativ niedrige
weisen unterschiedliche
Dosen starker Opioilenkschmerzen eingenommenen ArzRhythmen auf. Darauf muss de hinzugefügt und
dem Bedarf entspreneimittel verursamit flexiblen Gaben von
chend individuell
chen Interaktionen
Analgetika reagiert werden
auftitriert werden
mit anderen in die[7]. Tumorpatienten,
sem Alter häufig
eingesetzten Medikamenten. Kranken- die gleich auf starke Opioide eingestellt
hauseinweisungen auf Grund uner- wurden, erfuhren in Untersuchungen
wünschter Arzneimittelinteraktionen eine signifikant bessere Schmerzlindeverursachen immense Zusatzkosten. Die rung als solche, die „stufenweise“entAnwendung von NSAR besonders im sprechend der WHO-Leitlinien behanfortgeschrittenen Alter ist also proble- delt worden waren [8]. Tilidin/Naloxon
matisch und nicht als Dauermedikation zeichnet sich gegenüber Tramadol nicht
geeignet [9]. In den letzten Jahren wird nur durch seine höhere analgetische Poauch immer häufiger kritisiert, dass vie- tenz aus, sondern auch dadurch, dass
le Patienten zu lange mit Medikamen- bei Niereninsuffizienz keine Kumulation
ten der Stufe I behandelt werden, obwohl auftritt. Außerdem wirkt die Substanz
diese auf Grund ihrer zahlreichen weniger obstipierend als Tramadol, was
Nebenwirkungen für den Patienten sich auf eine peripher-prähepatische
nachteilig sind oder ihre Wirksamkeit Wirkung des Opioidantagonisten Naloxon auf Opioidrezeptoren im Darm
während des first-pass-Effekts zurückTab. 3: Sinnvolle Kombinationen
führen lässt.
Basisanalgetikum = Opioid + …
Bei manifester Leberinsuffizienz ist
Schmerzform
Mittel der 1. Wahl
Alternativen
Tilidin/Naloxon kontraindiziert, da die
Aktivierung der Prodrug Tilidin zum
Knochen- und Gelenkschmerz COX-2-Hemmer, NSAR
z.B. Bisphosphonate
analgetisch wirksamen Nortilidin einer
Muskelschmerz
Flupirtin
Metamizol
intakten hepatischen Metabolisierung
Viszeraler Schmerz
Metamizol
Butylscopolamin
bedarf. Unter Tramadol treten infolge sePhantomschmerz
Gabapentin, Pregabalin Calcitonin
rotinerger Begleiteffekte deutlich häufiTrizykl. Antidepressiva
ger Übelkeit und Erbrechen sowie insSonstige neuropathische
Gabapentin, Pregabalin Carbamazepin
besondere bei älteren Patienten kogniSchmerzen
Trizykl. Antidepressiva
tive Beeintächtigungen auf.
12
GERIATRIE JOURNAL 4/07
Während Tilidin/Naloxon Vorteile bei
Patienten mit Obstipationsanamnese
und Niereninsuffizienz aufweist, fällt es
schwer, für Tramadol bei chronischen
Schmerzen noch ein spezifisches Indikationsprofil zu definieren.
Starke Opioide der WHO-Stufe III
Morphinsulfat wird bedauerlicherweise
auch heute noch in den Empfehlungen
der WHO und der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft als
Opioid-Goldstandard genannt. Dies obwohl inzwischen moderne Retardopioide existieren, die analgetisch potenter
sind, die weniger obstipieren, deren
Metabolite weniger oder gar nicht kumulieren und die nicht zuletzt eine deutlich bessere Retardgalenik aufweisen. In
letzter Zeit mehren sich zudem die Hinweise auf eine immunsuppressive Wirkung von Morphin.
Morphin ist in zahlreichen retardierten Zubereitungen einsetzbar, für
Durchbruchsschmerzen stehen sowohl
schnell freisetzende Morphinsulfattabletten, als auch Morphinlösung zur
Verfügung. Statt bei starkem Schmerz
grundsätzlich eine Opioidtherapie mit
Standardmorphin zu beginnen, sollten
heute eher individuelle Faktoren wie
Schmerzcharakter und -rhythmus sowie
Morbidität des einzelnen Patienten in
den Fokus gerückt werden, bevor man
sich für das eine oder andere starke
Opioidanalgetikum entscheidet.
Oxycodon und Oxycodon/Naloxon.
Oxycodon ist doppelt so stark wirksam
wie Morphin. Auf Grund einer biphasischen Resorptionsgalenik kommt es
zu einem raschen Wirkeintritt bei zugleich langer Wirkdauer von bis zu zwölf
Stunden. Neuere Arbeiten zeigen, dass
Oxycodon anderen Opioiden bei viszeralen und neuropathischen Schmerzen
überlegen zu sein scheint. Bei beiden
Schmerzarten kommt es zu einer Hochregulation von κ-Opioidrezeptoren, zu
denen Oxycodon eine hohe Affinität besitzt.
Oxycodon ist in zahlreichen Wirkstärken verfügbar, neuerdings in der 10
und 20 mg-Dosierung auch in der KomGERIATRIE JOURNAL 4/07
IM
FOKUS
Foto: Jonny Heinsohn/Pixelio
A LG ES I O LO G I E : O P I O I D E
Schmerzempfinden und Reaktionen auf
Schmerzreize unterliegen tagesrhythmischen Variationen.
bination mit dem Opioidantagonisten
Naloxon, der peripher-prähepatisch an
Opioidrezeptoren im Darm wirkt. Erste Studienergebnisse zeigen unter dem
Kombinationspräparat eine signifikant
geringere Obstipationstendenz bei gleich
bleibender analgetischer Wirkung.
und die darin erhaltenen Pellets ohne
Verlust von Wirkung und Retardierung
über eine Sonde verabreichen kann. Für
Durchbruchsschmerzen steht schnell
freisetzendes Hydromorphon in verschiedenen Wirkstärken – neuerdings
auch intravenös applizierbar – zur Verfügung. Auf Grund seiner auch im
Hochdosisbereich sehr günstigen pharmokologischen und -kinetischen Eigenschaften könnte Hydromorphon zukünftig den Goldstandard der Opioidtherapie bei Tumorschmerzen darstellen
[11, 13].
Transdermale Systeme: Fentanyl
und Buprenorphin. Fentanyl ist 200fach stärker analgetisch wirksam als
Morphin. Mittels einer Polymer-Matrix wird der Wirkstoff gleichmäßig über
Hydromorphon zeichnet wie Oxy- 72 Stunden freigesetzt. Stabile Plascodon eine hohe orale Bioverfügbarkeit maspiegel werden wie beim transderaus. Es ist etwa 8-mal so stark wirksam malen Buprenorphinsytem nach ca.
wie Morphin. Hydromorphon hat bei zwölf Stunden erreicht. Letzteres zeichmultimorbiden Patienten unter Poly- net sich durch eine noch effektivere Remedikation entscheidende Vorteile, die tardierung aus und muss nur zwei mal
auch im Hochdosisbepro Woche gewechselt
Auch die Wirkungen
reich erhalten bleiben:
werden. Seit kurzem ist
von Pharmaka und ihre
Die Metabolisierung
ein neues Pflaster für
erfolgt weitestgehend Pharmakokinetik können den Niedrigdosisbeunabhängig vom Cytoreich im Handel, das
tageszeitabhängige
chrom-P450-Enzymnur einmal in der WoVariationen aufweisen
system, dem Hauptche gewechselt werden
katalysator des Arzneimuss. Beide Systeme –
stoffwechsels. Darüber hinaus trägt auch insbesondere aber Buprenorphin als pardie sehr geringe Plasmaeiweißbindung tieller Opioidantagonist – führen in etdazu bei, Kumulation und Interaktion was geringerem Ausmaß zu Obstipamit anderen Arzneistoffen zu vermei- tion als die starken oralen Opioide.
den.
Statistisch signifikant sind diese UnterAktuelle Arbeiten deuten darauf hin, schiede allerdings nicht. Im Gegensatz
dass diese Vorteile insbesondere bei al- zu Fentanyl kumuliert Buprenorphin
ten, multimorbiden Patienten zum Tra- nicht bei Niereninsuffizienz und bindet
gen kommen. Hydromorphon ist in ver- nicht wie die meisten Pharmaka an Seschiedenen Wirkstärken verfügbar, so- rumalbumin, sondern ganz überwiewohl als zweimal täglich zu applizierende gend an α-oder -γ-Globuline, wodurch
Retardkapsel, als neuerdings auch als das Arzneimittelinteraktionsrisiko miLangzeit-Retardtablette, die den Wirk- nimiert wird. Wie Oxycodon verfügt
stoff mittels eines osmotischen Systems auch Buprenorphin über eine hohe Afgleichmäßig über 24 Stunden freisetzt. finität zu κ-Opioidrezeptoren, die bei
Vorteile der zweimal zu applizierenden chronischen viszeralen und neuropaRetardkapsel sind einerseits, dass man thischen Schmerzen eine wesentliche
die erforderliche Dosis dem individuel- Rolle spielen (s.o.). Fentanyl ist vorlen Bedarf des Patienten im Tagesverlauf teilhaft bei Patienten mit Leberschäanpassen und andererseits die Kapsel bei den, da es bei Leberinsuffizienz nicht
schluckunfähigen Patienten aufbrechen kumuliert. Als wirkstoffgleiche Medi-
13
A LG ES I O LO G I E : O P I O I D E
IM
FOKUS
kation für Durchbruchsschmerzen steder damit einhergehenden Polymedihen transmukosales Fentanyl als Lutschkation eine Herausforderung.
tablette und Buprenorphin als Sublin- @ Zur Erfassung des Schmerzes sind speziell strukturierte Schmerzinterviews
gualtabletten zur Verfügung.
wichtig, die auch mögliche kognitive
Beide Pflastersysteme stellen wertLeistungseinbußen berücksichtigen.
volle Bereicherungen unseres therapeutischen Arsenals dar. Bedingt durch ih- @ Bei der Auswahl der geeigneten medikamentösen Schmerztherapie müsre träge Kinetik sind sie allerdings wesen pharmakokinetische und chroniger geeignet für die Therapie von
nopharmakologische Gesichtspunkte
Schmerzen mit hohem Opioidbedarf
berücksichtigt werden.
und häufigen Durchbruchsschmerzen.
Mit über 70% Verordnungen war @ Die WHO-Stufenleiter stellt eine
Orientierungshilfe auch bei der
transdermales Fentanyl im Kollektiv der
Behandlung älterer
starken Opioide in
Vor dem Einsatz eines
Schmerzpatienten
den letzten Jahren
dar. Ein starres Eindie am häufigsten
Opioidanalgetikums
halten dieses Schemas
eingesetzte Substanz
sollten Faktoren wie
ist aber nicht zwin– Folge eines geSchmerzcharakter und
gend. Der klinische
schickten Marketings
und nicht Ergebnis -rhythmus sowie Morbidität Nutzen der Stufe-IIklinischer Studien,
des Patienten in den Fokus Opioide bei der Behandlung von Krebswie auch die Arzneigerückt werden
schmerz sollte übermittelkommission
dacht werden.
der deutschen Ärzteschaft in ihren aktuellen Empfehlun- @ Die Therapie mit Opioiden sollte flexibel und den individuellen Anfordegen zur Therapie von Tumorschmerzen
rungen des Patienten entsprechend
feststellt.
gestaltet werden und möglichst nebenwirkungsarm sein.
Levomethadon ist als Reservesubstanz bei therapieresistenten Opioid- @ Eine transdermale Pflastertherapie
kann die Steuerung der Behandlung
nebenwirkungen wie z.B. Juckreiz oder
bei schwankendem Opioidbedarf ver– selten – Morphinasthma oder opioidkomplizieren.
bedingte Hyperalgesie oder ansonsten
nicht zu beherrschenden neuropathi- @ Die gravierendste Nebenwirkung von
Opioiden ist die Obstipation. Abhilschen Schmerzsyndromen einzustufen.
fe: Prophylaxe mit Laxanzien, AusSie bietet einige Besonderheiten, die sie
wahl eines seltener mit Obstipation
in der Hand des schmerztherapeutisch
einhergehenden Opioids in KombiUnerfahrenen gefährlich machen: Die
nation mit Naloxon.
Eliminationshalbwertzeit von etwa 72
Stunden überdauert die zwischen sechs
bis zwölf Stunden variierende analgeti- Literaturverzeichnis
1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärztesche Wirksamkeit deutlich. Interindischaft. Empfehlungen zur Therapie von Tumorviduell stark unterschiedliche Plasmaschmerzen. Tumorschmerz 3. Auflage 2007
spiegel aktiver Metabolite bergen das
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in elderly patients with chronic pain. Drugs Aging
Risiko einer Kumulation, so dass nach
22 (2005) 641-654
drei bis sieben Tagen eine Dosisreduk3. Basler HD, Hesselbarth S, Kaluza G et al:
Komorbidität, Multimedikation und Befinden bei
tion um 20-30% versucht werden sollälteren Patienten mit chronischen Schmerzen.
te. Eine kontrolliert-retardierte ZubeSchmerz 17 (2003) 252-260
reitung von Levomethadon existiert
4. Basler H, Hüger D, Kunz, R et al: Beurteilung
von Schmerz bei Demenz (BESD): Untersuchung
nicht.
Zusammenfassung
@ Schmerzen im Alter sind auf Grund
der Multimorbidität der Patienten und
14
zur Validität eines Verfahrens zur Beobachtung
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im fortgeschrittenen Lebensalter. NeuroGeriatrie
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Wochenschr/Fortschr Med 147 (2005) Sonderdruck 3
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(2005) Sonderdruck 9
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dementia. Pain 126 (2006) 210-220
Korrespondierender Autor:
Dr. med. Uwe Junker,
Ltd. Arzt der Abteilung für
Spezielle Schmerztherapie und
Palliativmedizin,
Sana Klinikum Remscheid,
Burger Str. 211,
42859 Remscheid
GERIATRIE JOURNAL 4/07
INTERVIEW: TUMORERKRANKUNGEN
IM
A LT E R
Ziele und Aktivitäten
von IN-GHO
Welche Besonderheiten sind bei der Therapie älterer Tumorpatienten
zu berücksichtigen? Was können Fachärzte und Hausärzte, aber auch
Pflegekräfte und Angehörige tun, um der besonderen Situation dieser
Patienten gerecht zu werden? Mit diesen Aspekten befasst sich IN-GHO®,
die Initiative für Geriatrische Hämatologie und Onkologie. Über ihre
Ziele und Aktivitäten sprachen wir mit Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer
vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Herr Professor Bokemeyer, welche Rolle spielen geriatrische Patienten derzeit in der Hämatologie und Onkologie?
?
Knochenmarkreserve) und der Verstoffwechslung von Medikamenten sowie
nicht zuletzt die mentale und kognitive
Leistungsfähigkeit dieser Patienten.
Bokemeyer: Krebs ist vor allem eine Er-
krankung des älteren Menschen. Schon
heute wird die Hälfte aller Tumorerkrankungen bei Menschen über 65 Jahren diagnostiziert, und mehr als 50% der
Tumoren dieser Patienten befinden sich
bereits in einem fortgeschrittenen oder
metastasierten Stadium. Mit 60% überproportional hoch ist daher der Anteil
der tumorbedingten Todesfälle in dieser
Altersgruppe. Und die Zahl der älteren
und besonders der sehr alten Patienten
mit Krebs wird zukünftig noch gravierend steigen.
?
Welche Faktoren beeinflussen die Therapieentscheidungen?
Bokemeyer: Derzeit basiert die Thera-
?
pieentscheidung des Arztes sehr stark
auf seinem eigenen Erfahrungshorizont.
Die Entscheidungsfindung ist dann leider oft mehr oder minder eine „Bauchentscheidung“, die von ganz unterschiedlichen Faktoren abhängt. Das
kann von der reinen Kostenseite bis hin
zur Einflussnahme von Angehörigen reichen. Untersuchungen zeigen aber auch,
dass ältere Patienten häufiger eine Therapie wünschen, als es die Angehörigen
oder wir Therapeuten vermuten.
Bokemeyer: Den älteren Tumorpatien-
?
Welche Aspekte sollte der Arzt bei der
Behandlung des älteren Tumorpatienten besonders beachten?
ten als solchen gibt es eigentlich nicht.
Ältere Tumorpatienten stellen vielmehr
eine sehr heterogene Gruppe dar. Bei
gleichem kalendarischen Lebensalter sehen wir Patienten, die noch äußerst vital sind, aber auch solche, die schon
recht gebrechlich sind. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Therapiefähigkeit der Patienten. Neben dem
Allgemeinzustand besonders wichtig
sind hier eventuell bestehende Komorbiditäten, mögliche Veränderungen in den
Organfunktionen (z.B. eine veränderte
GERIATRIE JOURNAL 4/07
Ein Problem bei der Therapie älterer
Tumorpatienten ist oft, dass es für diese Patientengruppe keine Studiendaten
gibt. Worauf führen Sie diese Defizite zurück?
Bokemeyer: Tatsache ist, dass zur Zeit
nur sehr wenige ältere oder alte Patienten in klinische Studien aufgenommen
werden. Hier stellt sich die Frage, ob
dies daran liegt, dass diese Patientengruppe nicht für Studien geeignet ist –
oder umgekehrt – viele Studien nicht für
ältere Patienten geeignet sind? Beides ist
sicher korrekt. Betrachtet man die
„Wir müssen
Therapiestandards für
geriatrischonkologische
Patienten
erarbeiten.“
Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer
Studienlandschaft genauer, so kann man
zahlreiche Barrieren entdecken, die den
Einschluss älterer Patienten in onkologisch-hämatologische Studien erschweren. Da ist in erster Linie natürlich das
Studiendesign mit teils recht restriktiven
Einschlusskriterien, dann aber auch
mögliche Vorbehalte des behandelnden
Arztes, der vielleicht einen erhöhten Dokumentationsaufwand fürchtet oder sich
in seiner Therapiefreiheit eingeschränkt
sieht.
Barrieren gibt es aber auch auf Seiten
der Patienten, die klinischen Studien oft
generell skeptisch gegenüber stehen.
Oder die räumliche Entfernung zum
nächsten Zentrum, in dem eine geeignete Studie läuft, ist einfach zu weit –
besonders natürlich für ältere Tumorpatienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
Abhilfe kann hier sicher die Intensivierung der geriatrisch-onkologischen
Forschung bringen. Welche Ziele sehen Sie
da an erster Stelle?
?
Bokemeyer: Zunächst einmal müssen
wir die individuellen Patienten viel besser als bisher klassifizieren. Dazu benötigen wir mehr Daten, um die altersabhängige Organfunktion des einzelnen
Patienten charakterisieren zu können.
Bei der medikamentösen Therapie brauchen wir mehr Daten zur Pharmakodynamik und vor allem mehr Daten zur
Pharmakokinetik im Alter. Wir brauchen aber auch mehr Informationen
zum Einfluss bestehender Komorbiditäten und anderer altersbedingter Einschränkungen auf das Therapieergebnis
im Einzelfall. Zudem müssen wir mehr
15
INTERVIEW: TUMORERKRANKUNGEN
IM
A LT E R
zum Stellenwert von Supportivmaßnahmen bei alten Patienten wissen und
ganz wichtig: Wir müssen Therapiestandards für geriatrisch-onkologische
Patienten erarbeiten und diese – durch
kontinuierliche Fortbildung – unseren
Kollegen in der täglichen Praxis vermitteln.
nissen besser zu verstehen, um so unter
rationalen Gesichtspunkten die beste
Therapieoption auswählen zu können.
Hier will die Initiative IN-GHO®
die medizinischen Fachkreise unterstützen. Was ist das Besondere an dieser
Initiative?
@ Fortbildung von Onkologen, Haus-
?
Welche Angebote stellt IN-GHO® zur
Verfügung?
Bokemeyer: Wir bieten unter anderem
folgende Aktivitäten an:
?
Bokemeyer: Alle an dieser Initiative Be-
teiligten haben ein wichtiges Ziel vor
Augen: Sie wollen das Bewusstsein für
die Besonderheiten älterer Menschen
schärfen und darauf basierend die Therapie der geriatrisch-onkologischen Patienten verbessern. Dabei richtet sich
IN-GHO® nicht nur an den behandelnden Facharzt, sondern ebenso an Hausärzte, Pflegekräfte, Kostenträger und das
Umfeld der Patienten.
Alle Personen, die mit älteren Tumorpatienten befasst sind, sollen in die Lage versetzt werden, den individuellen Patienten mit seinen spezifischen Bedürf-
ärzten und medizinischen Pflegekräften,
@ Entwicklung von unterstützenden
Maßnahmen für Fachärzte und Hausärzte,
@ Weiterentwicklung geriatrischer Assessments – nun für ältere Krebspatienten,
@ Generierung von Impulsen für die
Weiterentwicklung von Standards im
Sinne von Praxishinweisen.
Daneben ist der kontinuierliche Ausbau
des Webportals vorgesehen. Hier finden
sich aktuelle Informationen zum Thema Krebs im Alter, Assessments und
Guidelines, Praxistipps, Erfahrungsberichte und Kasuistiken sowie ein Veranstaltungskalender zu relevanten Kongressen. In einem Newsletter, der sich an
Hämatologen, Onkologen und Haus-
Abb.: Therapie-Entscheidungen
Geriatrisches Assessment
Gruppe 1
(Unabhängig
und ohne schwere
Komorbidität)
Gruppe 2
(Abhängig in 1-2 IADL
± 1-2 Komorbiditäten)
Gruppe 3
(Gebrechlich, „frail“:
abhängig in ≥ 1 ADL,
≥ 3 Komorbiditäten)
(Deutsche Krebsgesellschaft; nach Balducci L, Extermann M, Oncologist 2000)
Lebenserwartung
> Tumorbedingte
Prognose
< Tumorbedingte
Prognose
Behandlung
toleriert
Ja
Lebensverlängernde
Behandlung
Nein
Palliation
Management of Cancer in the Older Person: A Practical Approach; Balducci L, Extermann M.
The Oncologist 2000, 5, 224-237
Geriatrisches Assessments als Basis für Therapieentscheidungen.
16
ärzte wendet, vertiefen wir die speziellen Aspekte des älteren Tumorpatienten
zusätzlich. Hinzu kommt das INGHO®-Patientenregister. Es bildet die
empirische Datenbasis, mit der wir die
bestehenden Assessments optimieren
wollen. Das Register
@ dokumentiert die heutige Behandlungswirklichkeit geriatrischer Krebspatienten,
@ evaluiert die Besonderheiten und Bedürfnisse älterer Tumorpatienten,
@ erfasst die Kooperationen verschiedener Fachgruppen und Pflegeeinrichtungen,
@ ermöglicht die Entwicklung praxisgerechter geriatrischer Assessments und
Therapieempfehlungen und Politikern
und Kostenträgern über die wachsende Bedeutung der geriatrischen Hämatologie und Onkologie.
?
Welchen Nutzen hat ein geriatrisches
Assessment?
Bokemeyer: Bei älteren Patienten unterscheiden wir drei Gruppen:
@ Gruppe 1: Diese Patienten sind unabhängig und haben keine schweren Komorbiditäten
@ Gruppe 2: Diese Patienten benötigen
Hilfe in 1 bis 2 instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL);
zusätzlich können sie unter ein bis
zwei Komorbiditäten leiden.
@ Gruppe 3: Diese Patienten sind gebrechlich („frail“), benötigen Hilfe bei
mindestens einer Aktivität des täglichen Lebens (ADL) und leiden unter mindestens drei Komorbiditäten.
Während die Therapieentscheidungen
bei Patienten der Gruppen 1 und 3 im
Prinzip relativ einfach sind, muss bei
Patienten der Gruppe 2 zunächst genau
abgewogen werden, welches Therapieziel
– lebensverlängernde Behandlung oder
reine Symptomkontrolle – verfolgt werden soll. Hier bietet ein geriatrisches Assessment eine rationale Basis für die Therapieentscheidung und damit zugleich
mehr Sicherheit für den behandelnden
Arzt.
Herr Professor Bokemeyer,
vielen Dank für das Gespräch.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
O N KO LO G I E : B EST R A H LU N G
Strahlentherapie bei
Tumorerkrankungen
sprechen als bei Jüngeren [4, 10, 11, 15].
Auf „Zeit spielen“ ist jedenfalls bei älteren
Tumorpatienten häufig eine schlechte Entscheidung. Patienten im Alter von 70-75
Jahren haben eine (statistische) Lebenserwartung von 10-15 Jahren und im Alter
von 85 Jahren immerhin noch von 5-6 Jahren. Es gibt eigentlich keine Beweise, dass
Malignome im Alter langsamer wachsen
als bei jüngeren Patienten. Dieses gilt auch
in der postoperativen Situation. Ohne adjuvante Strahlentherapie müssten insgesamt viele ältere Patienten ein Lokalrezidiv erleiden.
Ulrich Schäfer, Lemgo
Alter per se ist keine Kontraindikation gegen eine Strahlentherapie
und wird in Deutschland auch nicht so gehandhabt. Zu den entscheidenden Kriterien für die Verträglichkeit einer Strahlentherapie zählen der
Allgemeinzustand und Komorbiditäten.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
ein lokal-begrenztes und damit potentiell
kurativ behandelbares Tumorleiden. Hiervon werden 56% neben der Chirurgie
auch durch Einsatz der Bestrahlung geheilt.
Dabei gibt es generell keine Hinweise, dass
Tumorerkrankungen älterer Patienten
schlechter auf eine Strahlentherapie an-
Radiobiologische Daten
Radiobiologische Untersuchungen zur
Strahlentoleranz im Alter sind selten. Bindegewebezellen (Fibroblasten) zeigen in
Zellkulturen Überlebenszeiten, die unabhängig sind vom Alter des Spenders
(11-78 Jahre) [7], allerdings ist die Tei-
Abb. 1: Lebensalter
70
60
Prozent
50
40
30
20
10
0
< 70
70-75
75-80
80-85
Alter
85-90
90-95
>95
Datenbasis: n = 1852, Strahlentherapie Klinikum Lippe GmbH
Prozentuale Verteilung des Lebensalters zu Beginn einer Strahlentherapie.
Abb. 2: Tumorerkrankungen
35
unter 70 Jahre
30
über 70 Jahre
25
Prozent
I
n der Klinik für Strahlentherapie im
Klinikum Lippe GmbH wurden in
den letzten Jahren rund 35% aller Bestrahlungsfälle bösartiger Tumorerkrankungen bei Patienten mit einem Lebensalter von über 70 Jahren durchgeführt
(Abb. 1). Zum Vergleich: Der relative Anteil der über 70-Jährigen an der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland betrug im Jahre 2006 lediglich 13%,
der über 75 Jahre 8% [14]. Auch die Intention der Behandlung unterschied sich
kaum: Bei Patienten bis 70 Jahre erfolgte
eine kurative Behandlung in gut 75% der
Fälle, bei Patienten über 70 Jahre immer
noch in 70%. Die bestrahlten Tumorerkrankungen waren größtenteils anteilsmäßig ähnlich (Abb. 2). Unterschiede betrafen vor allem das Mammakarzinom
(mehr jüngere Patientinnen) und das Prostatakarzinom (mehr ältere Patienten).
Die Entscheidung zwischen kurativer
und palliativer Bestrahlung älterer Patienten richtet sich grundsätzlich nach
dem Allgemeinzustand und den vorhandenen Komorbiditäten und nur bei eindeutig langsam progredienten Tumorleiden (Prostatakarzinom) auch nach der verbliebenen Lebenserwartung. Natürlich
kann eine zu aggressive Therapie auf Dauer die Lebensqualität von Patienten einschränken. Meistens jedoch wird mit einer erfolgreichen Tumortherapie auch die
Lebensqualität gesteigert. Und neben Chirurgie und Chemotherapie ist nun mal die
Strahlentherapie die Hauptwaffe in der
Behandlung von Malignomen. Ungefähr
70% aller Patienten, die einer Strahlentherapie zugeführt werden, haben lediglich
20
15
10
5
0
Lu
Pr
Br
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tat
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n
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ta.
se
n
Datenbasis: n = 1852, Strahlentherapie Klinikum Lippe GmbH
Diagnosen zwischen jüngeren (unter 70 Jahre) und älteren (über 70 Jahre) Patienten.
17
O N KO LO G I E : B EST R A H LU N G
Effekt von Allgemeinzustand und Zusatzerkrankungen. Grundsätzlich ist der
Allgemeinzustand einer der wichtigsten
Indikatoren für die Prognose vieler maligner Erkrankungen und ebenso für die
Durchführbarkeit einer Strahlentherapie!
Der Allgemeinzustand wird u.a. nach dem
Karnofsky-Index eingeteilt (Tab. 1). Häufig lassen sich intensive Bestrahlungen im
Kopfhals-Bereich, Thorax, Abdomen oder
Becken nur bis zu einem Karnofsky-Index
Abb. 3: Eine Kopfmaske als Lagerungshilfe
in der Strahlentherapie von Kopf-HalsTumoren ermöglicht eine exakte und reproduzierbare Lagerung. Laser illuminieren
Lagerungsmarkierungen.
Fotos: Autor
lungshäufigkeit reduziert. Experimentelle Untersuchungen, dass die Fähigkeit zur
Reparatur radiogener DNS-Schäden im
Alter reduziert sein soll, konnten nicht bestätigt werden. In klinischen Studien zur
adjuvanten Strahlentherapie nach Brustamputationen zeigte sich bei älteren Patientinnen keine erhöhte Anzahl chronischer Strahlenfolgen. Die Rate an Hautveränderungen, Lungenfibrosen oder
Armödemen war identisch mit denen bei
jüngeren [2]. Insgesamt kann man schließen, dass sich die Strahlenreaktion des
normalen Gewebes im Alter nicht ändert.
(KI) von 70%, weniger intensive Behandlungen bis zu einem KI von 50% sinnvoll
durchführen. Bei einem schlechteren Allgemeinzustand kann die Bestrahlung sogar kontraproduktiv sein.
Komorbiditäten wie chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, Bluthochdruck
oder Diabetes beeinflussen die Strahlentherapie, da hierbei die Strahlentoleranz
mitbestrahlter Organe wie Lunge oder
Nieren eingeschränkt sein kann. Die moderne Strahlentherapie setzt eine exakte
Tab. 1: Karnofsky-Index
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
Normalzustand, keine Beschwerden, keine manifeste Erkrankung
minimale Krankheitssymptome
normale Leistungsfähigkeit mit Anstrengung
eingeschränkte Leistungsfähigkeit, arbeitsunfähig, kann sich alleine
versorgen
gelegentliche fremde Hilfe
krankenpflegerische und ärztliche Hilfe, nicht dauernd bettlägerig
bettlägerig, spezielle Pflege erforderlich
schwerkrank, Krankenhauspflege notwendig
Krankenhauspflege und supportive Maßnahmen erforderlich
moribund, Krankheit schreitet schnell fort
Karnofsky-Index zur symptombezogenen Einschränkung der Aktivität, Selbstversorgung und Selbstbestimmung bei Patienten mit bösartigen Tumoren.
Tab. 2: Typische akute Nebenwirkungen
Bestrahlte Region
Gehirn
Mundhöhle
Brustdrüse
Thorax
Oberbauch
Becken
Prostata
18
Nebenwirkungen
Fatigue
Strahlenmukositis, Verschleimung, Xerostomie
Dermatitis, Mastitis
Ösophagitis, bronchitische Beschwerden
Emesis
Diarrhöe
Dysurie, Harnverhalt
Lagerung und Ruhigstellung unter guter
Mitarbeit des Patienten voraus. Lagerungsprobleme können bei älteren Patienten
mit bestimmten Erkrankungen wie chronische Gelenkerkrankungen oder respiratorischer Insuffizienz auftreten. Thermoplastische Kopfmasken (Abb. 3), Unterpolsterung im Knochenbereich oder
Hochlagerung können helfen, so dass lediglich nur 1% aller Patienten aus diesen
Gründen für nicht behandelbar gelten.
Sozio-ökonomische Aspekte. Ein häufiges Problem für ältere Patienten ist das
tägliche Kommen zur ambulanten Strahlentherapie über viele Wochen. In einer
holländischen Untersuchung beeinflusste die Entfernung zur strahlentherapeutischen Einrichtung die Entscheidung zur
Durchführung einer Strahlentherapie älterer Patienten. Bei einer täglichen Anreise
von über 35 km sank die Akzeptanz zur
Therapie deutlich ab [5]. Zumindest in
der Palliation kann man diesem Problem
begegnen, in dem man die Strahlentherapie nicht täglich durchführt, sondern auf
wenige Behandlungen eingrenzt (hypofraktionierte Bestrahlung). Allerdings
müssen zum Ausgleich höhere Einzeldosen verwendet werden. Da hierbei aber das
Risiko von Spätnebenwirkungen steigen
kann, sollte diese Form der Bestrahlung
nicht bei kurativer Zielsetzung durchgeführt werden [6].
Supportivtherapie. Ältere Patienten
mit Nebenerkrankungen benötigen eine
supportive Therapie, ggf. mit hausärztlicher Betreuung. Die alternative Durchführung einer stationären Therapie ist dagegen nicht vorteilhaft, da gerade ältere
Patienten in fremder Umgebung zur Desorientiertheit oder depressiven Verstimmung neigen.
Typische akute Nebenwirkungen sind
abhängig von der bestrahlten Region (Tab.
2). Zusätzlich muss häufig bei Bestrahlungen im Hals- oder Speiseröhrenbereich
GERIATRIE JOURNAL 4/07
O N KO LO G I E : B EST R A H LU N G
eine Mangelernährung (Malnutrition) ausgeglichen werden, gelegentlich auch mittels
temporärer Anlage einer parenteralen Ernährungssonde (PEG). Insgesamt lässt sich
somit auch bei älteren Patienten in 80-90%
der Fälle die Strahlentherapie rein ambulant durchführen.
Spezielle Aspekte
Das weite Feld der strahlentherapeutischen Behandlung von Malignomen lässt
sich nur unvollständig an wenigen Beispielen umreißen, zumal man bei der Vielzahl von verschiedenen Tumorentitäten
jeweils auch noch zwischen der definitiven, der adjuvanten und der palliativen
Strahlentherapie unterscheidet. Die folgenden Bespiele können deshalb nur
einen groben Überblick geben.
Maligne Hirntumoren. Die Strahlentherapie maligner Gliome ist auch bei älteren Patienten eine elementare Behandlung, die nachweisbar die verbleibende
Überlebenszeit verlängert. In einer randomisierten französischen Studie lebten
Patienten (>70 Jahre) mit einem Glioblastom im Median 16,9 Wochen unter alleinigem „best supportive care“, aber 29,1
Wochen mit zusätzlicher Radiotherapie
(50 Gy über fünf Wochen) bei gleicher Lebensqualität [6]. Allerdings gilt diese Aussage nur bei einem Karnofsky-Index (KI)
von mindestens 70%. Bei Patienten mit
einem KI zwischen 60% und 50% ist der
Profit der Bestrahlung geringer, hier kann
alternativ eine alleinige medikamentöse
Therapie mit einer oralen Chemotherapie
(Temozolomid) sinnvoller sein. Bettlägerige Patienten (KI <50%) profitieren meist
nicht von einer Tumortherapie.
Es gibt Hinweise, dass ältere Patienten
ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung
einer strahleninduzierten Demenz oder
Hirnatrophie haben [1]. Bei den in der Regel schnell progredienten malignen Gliomen fällt dieser Tatbestand allerdings wenig ins Gewicht. Die akute Verträglichkeit
der Hirnbestrahlung ist in der Regel gut.
Kopf-Hals-Tumoren.
@ Adjuvante Strahlentherapie
Die adjuvante Strahlentherapie im KopfHals-Bereich ist mit einer deutlichen AkutGERIATRIE JOURNAL 4/07
toxizität verbunden (schmerzhafte Mukositis/Pharyngitis). Ein Gewichtsverlust
von mehreren Kilogrammen ist während
der 6-wöchigen Radiotherapie keine Seltenheit. Hinzu kommen Beschwerden seitens der radiogenen Xerostomie. Dem
Strahlentherapeuten werden deshalb ältere Patienten nach Operation häufig nicht
vorgestellt. Hierbei ist aber zu bedenken,
dass lokoregionale Rezidive bei höheren
Tumorstadien (T3/T4 Tumoren, Lymphknotenbefall) trotz vollständiger Tumorentfernung sehr häufig sind (teilweise über
50%). Die Hälfte aller lokoregionalen Rezidive ereignet sich innerhalb der ersten 18
Monate [13]. Diese Rezidive sind in 80%90% der Fälle nicht mehr kontrollierbar
und führen teilweise zu erheblichen und
längeren Beschwerden (Stridor, Dysphagie, Gesichtsödemen, Arrosionsblutungen). Aus diesen Gründen sollte auch bei
älteren Patienten mit operierten HNOKarzinomen die Indikation zur adjuvanten Radiotherapie eher wie bei Jüngeren
gestellt werden.
@ Definitive Strahlentherapie
Die definitive, also alleinige Strahlentherapie als alternative Behandlung zur Resektion kann bei bestimmten Tumoren
im Kopf-Hals-Bereich (Kehlkopf, Lippe,
Wange Mundhöhle) bei älteren Patienten
eine Operation ersetzen, sofern sie ein eher
niedriges Tumorstadium haben. Die Ergebnisse sind ähnlich wie nach einer Resektion (Paradebeispiel: Kleines Larynxkarzinom), wobei hierbei die Bestrahlungsfelder eher klein gehalten werden können.
Die Behandlungserfolge und die objektiven Nebenwirkungen bei Bestrahlungen
im Kopf-Hals-Bereich unterscheiden sich
nicht bei älteren und jüngeren Patienten.
In einer großen Untersuchung wurden
Patienten in unterschiedliche Altersgruppen unterteilt (<50, 50-54 bis 70-75, >75
Jahre) [12]. Das Alter der Patienten hatte
keinen Einfluss auf den Behandlungserfolg,
die Rate objektiver Nebenwirkungen
(Grad der Schleimhautentzündung), den
Gewichtsverlauf während der Radiotherapie oder Spätnebenwirkungen. Es zeigten sich lediglich in der subjektiven Beurteilung von akuten Nebenwirkungen
(Beschwerden) Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Patienten.
Tumoren der Brustdrüse. Gut ein Drittel aller bösartigen Brustdrüsentumoren
tritt nach dem 70. Lebensjahr auf. Das
Mammakarzinom ist somit auch eines der
häufigsten Malignome bei älteren Patientinnen. Kleine Tumoren (T1, T2) werden
in der Regel brusterhaltend operiert, größere Tumoren (T3, T4) durch Mastektomie. Wichtige prognostische Faktoren sind
der Befall der regionalen Lymphknoten,
die Tumorgröße, die Hormonrezeptoren
und das histologische Grading.
Die primäre Therapie ist chirurgisch,
die Strahlentherapie also grundsätzlich adjuvant. In sehr frühen Stadien und positivem Hormonrezeptor betragen hierbei
für ältere Patientinnen unter hormoneller
Therapie die lokalen Rückfallraten lediglich 0,8% pro Jahr (Tumor bis 1 cm, histol. Grading 1, kein Lymphknotenbefall).
Eine kontroverse Betrachtung über die
Notwendigkeit der Nachbestrahlung älterer Patientinnen ist deshalb in diesen
Fällen plausibel.
Bei größeren Tumoren und schlechter
Differenzierung steigt jedoch die Rezidivrate bis zu ca. 3% pro Jahr deutlich an,
bei negativem Hormonrezeptor sogar noch
höher. Eine adjuvante Strahlentherapie
senkt diese lokale Rückfallrate um ca. 75%
deutlich ab. Die Nachbestrahlung der Restbrustdrüse wird deshalb in der Regel auch
bei älteren Patientinnen empfohlen.
Die Bestrahlung der Brustdrüsen bzw.
Brustwand ist in der Regel auch im Alter
gut verträglich, typische Nebenwirkung
sind eine vorübergehende Dermatitis und
Mastitis. Bei Mitbestrahlung des Lymphabflusses besteht ein Risiko von ungefähr
10% für ein radiogenes Lymphödem des
Armes.
Lungentumoren. Zur Beurteilung, ob
bei einem älteren Patienten eine Bestrahlung im Lungenbereich durchgeführt werden sollte, ist die Lungenfunktion relevant.
Durch eine Radiotherapie werden nicht
selten 25% bis 35% des Lungenvolumens
funktionell ausgeschaltet. Zur Beurteilung der Bestrahlungsfähigkeit älterer
Patienten ist deshalb eine Lungenfunktionsuntersuchung vor Beginn der
Bestrahlung sinnvoll, wobei die zu erwartenden radiogenen Lungenfunktionsverluste einzurechnen sind. Eine
19
O N KO LO G I E : B EST R A H LU N G
FEV 1 von weniger als 1,5 bis 1,2 Liter
kann eine kritische Grenze für eine thorakale Strahlentherapie sein.
Ein weiterer Punkt ist, dass bei Lungenkarzinomen häufig eine sequentielle
oder sogar simultane Chemotherapie appliziert wird. In einer Auswertung einer
großen amerikanischen Studie zeigte sich
bei Gabe von Cisplatin und Etoposid simultan zur Bestrahlung eine verstärkte
Hämatotoxizität bei älteren Patienten
(> 70 Jahre) [16], so dass multimodale
Therapien im Alter eher mit Vorsicht angewendet werden sollten. Die Ansprechund Überlebensraten bei der definitiven
Radiotherapie von lokalisierten Bronchialkarzinomen (NSCLC) unterscheiden
sich allerdings nicht zwischen älteren (>70
Jahre) und jüngeren Patienten [16].
Speiseröhrentumoren. Die Prognose
des Ösophaguskarzinoms ist – unabhängig von der durchgeführten Behandlung
– insgesamt schlecht, aggressive Therapien haben hohe Raten an akuten Nebenwirkungen (kombinierte Radiochemotherapie), wenn nicht sogar Akutmortalitäten (radikale Operation). In der Literatur
gibt es aus diesem Grunde kaum Untersuchungen zur Strahlentherapie älterer
Patienten mit dieser Erkrankung. Insgesamt scheint im Alter ein eher palliatives
Vorgehen überlegenswert.
Pankreaskarzinom. Die schlechte Prognose von Pankreaskarzinomen wird
durch eine Strahlentherapie nur wenig
beeinflusst, Bestrahlungen im Oberbauch
sind zudem nebenwirkungsträchtig, ein
eher palliatives Vorgehen im Alter somit
gerechtfertigt.
Beckentumoren. Bestrahlungen der
Beckenorgane gehören zu den eher nebenwirkungsreichen Behandlungen. Akute
Nebenwirkungen treten häufig auf in
Form von Diarrhöe und zystitischen Beschwerden sowie auch Hämatotoxizität.
Man rechnet bei älteren Patienten mit
einer Rate für moderate und schwere
Nebenwirkungen von 9-10% [8, 9]. Bei
Behandlung von älteren Patienten mit
schlechtem Allgemeinzustand (KI 70%
und schlechter) steigt die Rate der Therapieabbrecher deshalb steil an.
20
Abb. 4: Lagerung eines Patienten bei einer Beckenbestrahlung. Durch die Bauchlagerung auf einer speziellen Vorrichtung (belly-board) und Bestrahlung aus mehreren
Richtungen befinden sich größere Anteile des Darmes außerhalb des Hochdosisbereiches.
Rektumkarzinome werden prinzipiell
immer operiert, die Strahlentherapie ist somit adjuvant, häufig kombiniert mit einer Chemotherapie. In den letzten Jahren wird diese Therapie aber zunehmend
nicht postoperativ, sondern präoperativ
(neoadjuvant) eingesetzt, zumal, wenn
durch ein „Downstaging“ ein Sphinktererhalt ermöglicht werden soll. Erfahrungsgemäß ist die neoadjuvante Radiotherapie nebenwirkungsärmer als die adjuvante und auch bei älteren Patienten
mit einem KI bis 70% zumutbar. Lagerungen in Bauchlage in einem so genannten belly-board verringern die Darmtoxizität (Abb. 4).
ginguntersuchungen (Knochenszintigraphie). Besonders in skandinavischen Ländern wurden Studien durchgeführt, die bei
älteren Männern (ab 75 Jahre) mit günstigem Risiko (niedriges PSA und Gleasonscore) eine reine Beobachtung des Patienten ohne Therapie beinhalteten
(watchful waiting). Der Verzicht auf eine
Prostatakarzinom-Therapie scheint aber
nur gerechtfertigt, wenn der Patient eine
Lebenserwartung von deutlich unter zehn
Jahren hat und es sich nicht um einen aggressiven Tumor (hoher Gleason-Score)
handelt [3]. Nicht zu unterschätzen ist die
psychische Belastung des Patienten, der bei
bekanntem Tumor trotz zahlreicher Be-
Prostatakarzinom. Bei Prostatakarzinomen im höheren Lebensalter ist zu beachten, dass bei oft sehr langsamem Tumorwachstum viele Patienten an anderen Ursachen sterben, ohne dass ihre
Lebensqualität je durch das Prostatakarzinom beeinträchtigt worden wäre. Die
Wahl der Therapie sollte daher abhängig
gemacht werden von der statistischen Lebenserwartung des Patienten, der bestehenden Komorbidität und dem eigentlichen Tumorrisiko. Letzteres lässt sich
abschätzen anhand der Höhe und zeitlichem Verlauf des Serum-PSA, dem Gleason-Score aus den Gewebestanzen, aus
dem klinischen Tastbefund und den Sta-
Abb. 5: Darstellung einer 3-D Bestrahlungsplanung eines Prostatakarzinoms
basierend auf den Daten eines Planungssystems. Die konformalen Bestrahlungsfelder sind auf der virtuellen Patientenoberfläche erkennbar.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
O N KO LO G I E : B EST R A H LU N G
handlungsmöglichkeiten keine Therapie
erhält.
Die perkutane Strahlentherapie der Prostata bietet auf Grund einer computergestützten, dreidimensionalen Bestrahlungsplanung (Abb. 5) eine gute, ambulante
Alternative zur Operation. Sie ist allgemeinkörperlich wenig belastend und kann
deshalb auch im Alter durchgeführt werden. Das Tumoransprechen älterer Patienten entspricht dabei dem von Jüngeren.
Typische akute Nebenwirkungen bestehen lediglich in einer vorübergehenden
Pollakisurie/Nykturie, gelegentlich auch
Dysurie oder leichten proktitischen Beschwerden. Das Risiko für bleibende
Strahlenschäden (chronische Proktitis) ist
gering (ca. 2-3%). Eine Ganzbeckenbestrahlung allerdings (bei Beckenlymphknotenmetastasen) ist bei älteren Patienten häufig zu toxisch, zumal ihr Wert umstritten ist.
Palliative Strahlentherapie
Nach der Definition der WHO ist Palliativmedizin die aktive Gesamtbehandlung
von Kranken, deren Leiden auf kurative
Behandlung nicht anspricht. Kontrolle
von Schmerzen, von anderen Symptomen sowie von psychischen, sozialen und
spirituellen Problemen ist von entscheidender Bedeutung. Das Ziel der palliativen Behandlung ist es, die bestmögliche
Lebensqualität für Patienten und deren
Angehörigen zu erreichen.
Auch beim älteren Menschen kommt
der palliativen Strahlenbehandlung eine
große Bedeutung zu. Das Alter erweist sich
in der Zusammenschau nicht als negati-
ver Prognosefaktor. Insbesondere eine tumorbedingte Immobilisation kann abgekürzt werden. Eine der wichtigsten und
schwierigsten Entscheidungen dabei stellt
die Indikationsstellung dar, denn sie bestimmt das Therapievorgehen entscheidend. Das Hauptziel palliativer Strahlentherapie ist Linderung oder Vermeidung
von Schmerzen oder tumorbedingten
Komplikationen. Das Indikationsspektrum ist daher außerordentlich breit, die
häufigsten Indikationen für eine palliative Strahlentherapie sind in Tab. 3 aufgeführt.
Knochenmetastasen stellen mit 60%
die häufigste palliative Bestrahlungsindikation dar. 80% der Knochenmetastasen
wiederum stammen von Mamma-, Prostata-, Bronchial- und Nierenzellkarzinom. Die häufigsten Lokalisationen sind
Wirbelsäule, Beckenknochen, Femur, Humerus und Schädel. Wichtigste Komplikationen von ossären Metastasen sind
Schmerzen, Frakturgefahr und evtl.
Hyperkalzämie. Die lokale Strahlentherapie ist hierbei bei älteren Patienten aus
mehreren Gründen empfehlenswert: Sie
kann (im Gegensatz zu kurativen Bestrahlungen) zeitlich kurz gehalten werden (zehn Bestrahlungen in zwei Wochen), sie ist in der Regel gut verträglich
auf Grund geringer Gesamtdosis und kleiner Bestrahlungsfelder und sie ist hocheffizient. Die Schmerzlinderungsraten
werden in der Literatur mit 71% bis 100%
angegeben. Bei älteren Patienten ist bei
großvolumigen Bestrahlungen im Beckenskelett auf eine erhöhte Hämatotoxizität zu achten, da die hämatopoetischen Reserven im Alter verringert sind.
Tab. 3: Häufigste Indikationen für palliative Strahlentherapie
@ Knochenmetastasen
@ Hirnmetastasen
@ Meningiosis carcinomatosa oder blastomatosa
@ Aderhautmetastasen
@ Vena-cava-superior-Syndrom (obere Einflussstauung)
@ Obstruktion/Kompression von Bronchus oder Ösophagus
@ Drohende inkomplette und komplette Querschnittslähmung
@ Hautmetastasen, Lymphangiosis carcinomatosa cutis
@ Lymphknotenmetastasen
@ Präsakrale Lokalrezidive nach Rektumkarzinom
@ Tumorblutungen (v.a. bei gynäkologischen Tumoren)
GERIATRIE JOURNAL 4/07
Neben den ossären Metastasen stellen
die Hirnmetastasen eine der häufigsten
Indikationen für eine palliative Strahlentherapie dar. 5% bis 10% aller Malignome metastasieren im Krankheitsverlauf
in das zentrale Nervensystem, am häufigsten sind es Bronchial- und Mammakarzinome. Das entstehende Beschwerdebild ist vielfältig und reicht von Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und
Erbrechen, über sensomotorische Störungen und Krampfanfällen bis zu Sprachstörungen und Persönlichkeitsveränderungen. Die Bestrahlung erfolgt in der
Regel über seitlich opponierende Gegenfelder. Die Behandlung ist sinnvoll und
effizient, die Konzepte mit 10 x 3 Gy
ebenfalls kurz. Ohne Strahlentherapie beträgt das mediane Überleben lediglich
zwischen sechs und zwölf Wochen, mit einer palliativen Ganzschädelbestrahlung
kann diese Zeit zumindest verdoppelt
werden. Ältere Patienten neigen nach einer kranialen Strahlentherapie häufiger
zu mentalen Funktionsdefiziten. Insgesamt sind aber diese chronischen Bestrahlungsfolgen in einem palliativen Setting weit weniger von Bedeutung, da diese von den Patienten auf Grund ihrer
fortgeschrittenen Tumorerkrankung nur
selten noch erlebt werden.
Zusammenfassung
Es gibt nur wenig Argumente, die Strahlentherapie älterer Patienten anders zu gestalten als bei Jüngeren. Tumoransprechen, Rezidivraten und Behandlungsnebenwirkungen unterscheiden sich kaum.
Darüber hinaus bietet die perkutane Bestrahlung den Vorteil eines rein ambulanten Vorgehens ohne belastende Eingriffe oder Interventionen. Wesentlich
wichtigere Kriterien für die Verträglichkeit einer Strahlentherapie als das Alter
sind der Allgemeinzustand und Komorbiditäten.
Literatur beim Verfasser
PD Dr. med. Ulrich Schäfer,
Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie,
Klinikum Lippe GmbH,
Rintelner Str. 85, 32657 Lemgo
25
HERAUSFORDERUNG: SCHLAGANFALL
IM
A LT E R
Schlaganfallpatienten: Rehabilitation und Langzeitbetreuung
Johann Donis, Wien
Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in den industrialisierten Ländern, rund ein Fünftel der über 65-Jährigen ist davon betroffen – mit steigender Tendenz. So ist bis 2050 etwa mit einer Verdoppelung dieser Bevölkerungsgruppe zu rechnen. Auch bei optimistischer
Einschätzung präventiver Maßnahmen wird es zu einem deutlich erhöhten Bedarf im Bereich der Rehabilitation wie der Langzeitbetreuung von
alten Schlaganfallpatienten kommen. Der Artikel zeigt die damit verbundenen Herausforderungen auf.
A
b dem 55. Lebensjahr verdoppelt
sich die Inzidenz des Schlaganfalls etwa alle zehn Jahre und liegt
bei den über 75-Jährigen bei etwa
1.500/100.000 Einwohnern. In den letzten Jahrzehnten ist es zu einem Anstieg
der Prävalenz um etwa 30% gekommen,
bei gleichzeitig sinkender Mortalität
durch die verbesserte Akutversorgung.
Dennoch sind etwa 15% der Todesursachen bei Frauen und etwa 10% der Todesursachen bei Männern durch einen
Schlaganfall bedingt. Die Einjahresletalität ist mit 40% sehr hoch, was sich
durch die besonders bei älteren Schlaganfallpatienten bestehenden, meist internistischen Begleiterkrankungen und Risikokonstellationen erklären lässt. Von
den überlebenden Patienten behalten
90% neurologische Defizite, allen voran motorische Ausfälle, Sprach-, Sprechund Schluckstörungen. Zwei Drittel der
Betroffenen bleiben langfristig hilfs- und
pflegebedürftig. 20% behalten auch nach
abgeschlossener Rehabilitation schwere
bis schwerste Beeinträchtigungen.
In mehrfachen Studien wurden Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit von spezialisierten Schlaganfalleinheiten (Stroke
Units) mit allgemein medizinischen Ein-
26
Foto: AOK
Akutbehandlung
des Schlaganfalles
richtungen verglichen. Die Betreuung
an einer Stroke Unit reduziert die Mortalität um 18-46%, Tod oder Abhängigkeit um 29% und die Notwendigkeit einer Weiterbetreuung in einem Pflegeheim um etwa 25%, unabhängig vom
Geschlecht und Alter des Patienten oder
vom Typ des Schlaganfalles. Die Wirk-
samkeit einer Lysetherapie, insbesondere in den ersten drei Stunden, ist eine bewiesene Tatsache, wenngleich die Anwendung derzeit nur bis zum 80. Lebensjahr zugelassen ist, obwohl in
mehrfachen Berichten über kein erhöhtes Komplikations-, insbesondere Blutungsrisiko auch bei älteren Patienten
berichtet wird. Man wird diesen Ausschlussgrund zukünftig sicherlich kritisch hinterfragen müssen.
In Österreich, mit ca. acht Millionen
Einwohnern, gibt es derzeit im gesamten Bundesgebiet 30 Stroke Units. Die
Ausweitung auf 40 bis zum Jahre 2010
ist geplant. Ende 2006 lag die Lyserate
bei Schlaganfallpatienten, die an einer
Stroke Unit aufgenommen wurden, bereits bei über 10%, womit Österreich zu
Es besteht kein Zweifel, dass das menschliche Gehirn – unabhängig vom Alter –
neue kompensatorische Strukturen im Rahmen eines Rehabilitationsprozesses
bilden kann und neuroplastische Prozesse durch Training in Gang gesetzt werden
GERIATRIE JOURNAL 4/07
HERAUSFORDERUNG: SCHLAGANFALL
IM
A LT E R
den europäischen Ländern mit der höch- eventuell stattgehabtes Insultgeschehen. thologische Zustände treten in eine ensten Lyserate zählt. Diese optimistische Problematisch wird die Zuordnung zu ge Wechselwirkung und führen gemeinDarstellung relativiert sich aber, be- einem Schlaganfall nicht selten bei Al- sam zu Funktionseinschränkungen. Dartrachtet man alle Patienten, die unter der ternans-Syndromen, die vom Patienten über hinaus ist die physische wie psyDiagnose eines Schlaganfalles in Kran- selbst aber auch vom Umfeld nicht als chische Belastbarkeit meist niedriger.
kenhäusern des Wiener Krankenanstal- Schlaganfallsymptomatik erkannt wer- Nicht selten war die selbstständige Alltenverbundes aufgenommen wurden. den.
tagsbewältigung schon vor dem SchlagDem Wiener Krankenanstaltenverbund
Bei jüngeren Patienten leicht einzu- anfallereignis eingeschränkt. Alt sein besind etwa 80% aller Akutbetten in Wien ordnende Sprach- und Sprachverständ- deutet in der Regel Multimorbidität. Fast
zuzuordnen, mit derzeit fünf Schwer- nisstörungen bereiten beim alten Schlag- immer liegen neben der im Vordergrund
punktkrankenhäusern und den Univer- anfallpatienten nicht selten diagnosti- stehenden neurologischen Erkrankung
sitätskliniken, an desche Probleme. Noch internistische, orthopädische, urologinen Neurologische Vorbestehende Einschrän- schwieriger wird die sche Begleiterkrankungen, aber auch Erkungen der Motorik
Abteilungen/Kliniken
Zuordnung
von krankungen aus dem HNO- und Zahnmit Stroke Units etaSprech- und Schluck- bereich vor. Von orthopädischer Seite
erschweren oft die Akutbliert sind. An diesen
diagnostik und verbergen störungen. Fast regel- sind degenerative GelenksveränderunFachabteilungen wurhaft überfordert aber gen sowie degenerative Veränderungen
ein eventuell stattgehabden beispielsweise im
sind nicht spezialisier- der Wirbelsäule und des Stützapparates
tes Insultgeschehen
Jahr 2005 insgesamt
te Abteilungen, wenn zu nennen. Auch Erkrankungen aus dem
1.325 Patienten mit
sie mit dem bunten urologischen Bereich mit vorbestehender
der Diagnose eines Schlaganfalles auf- Spektrum neuropsychologischer Auffäl- Harn- und Stuhlinkontinenz und Ergenommen. Insgesamt wurden in diesen ligkeiten und kognitiver Störungen kon- krankungen aus dem HNO- und ZahnEinrichtungen aber über 2.700 Schlag- frontiert werden. Agraphien, Alexien, bereich mit Kau- und Schluckstörunanfallpatienten aufgenommen, sodass apraktische Störungen, agnostische, an- gen, die schon vor dem Schlaganmehr als die Hälfte nicht auf einer neu- osognostische Störungen, Körpersche- fallereignis Nahrungsaufnahme und
rologischen Fachabteilung und somit mastörungen, räumliche Orientierungs- Schlucken erschwert haben, spielen
auch nicht auf einer Stroke Unit ver- störungen und nicht zuletzt das Neglect- eine wesentliche Rolle.
sorgt wurde. Ein Zustand, der sich, ver- Syndrom wie amnestische Störungen
Schlaganfallpatienten sind meist alte
glichen mit einer ähnlichen Erhebung und Störungen des Antriebes und der Patienten und das bedeutet, dass ihr soaus dem Jahr 1997, nur unwesentlich Affektivität sind hier zu nennen. Bedenkt ziales Netzwerk eingeschränkt ist oder
verändert hat. Betrachten wir das Alter man die mit zunehmendem Alter häu- gar nicht mehr existiert. Meist fehlen beder aufgenommenen Patienten, so wa- figer werdenden demenziellen Syndrome treuende Angehörige, die Wohnsituaren ca. 60% davon älter als 70 Jahre. Wir mit ihren unterschiedtion entspricht nicht
Der für die Rehabilitation der jüngerer Menschen
können davon ausgehen, dass Österreich lichen Ausprägungsvorgesehene Zeitrahmen und die oftmals nothier keine Sonderstellung einnimmt und formen, so bekommt
ähnliche Zahlenverteilungen auch in an- man eine Ahnung,
wendigen Adaptierunnimmt auf die Situation
deren europäischen Ländern zu finden dass der Umgang mit
gen für eine behinderdes alten Schlaganfallsind. Es ist also eine Tatsache, dass trotz derartig komplexen
tengerechte Wohnung
vieler Verbesserungen in den letzten Jah- Störungen in nicht patienten keine Rücksicht lassen sich oft nur mit
ren bei weitem noch nicht alle akuten spezialisierten Abteigroßen SchwierigkeiSchlaganfälle an neurologischen Fach- lungen eine Herausforderung darstellen ten bewerkstelligen – und das bei einer
abteilungen oder an Stroke Units be- kann. Die klinischen Besonderheiten er- in der Regel bei älteren Menschen schwietreut werden.
fordern neurologisch orientiertes Wis- rigeren finanziellen Situation als bei junsen, fachliche Spezialisierung und ein gen Menschen. Darüber hinaus ist der
grundsätzliches Verständnis, um über- Lebenspartner oft selbst alt, funktionell
Besonderheiten
haupt einen Zugang zu finden.
eingeschränkt oder chronisch krank und
des alten Schlaganfallpatienten
Auch das Alter dieser Schlaganfallpa- mit der aktuellen Situation massiv überMotorische Defizite, in erster Linie ei- tienten stellt selbst schon eine besonde- fordert – kognitiv wie organisatorisch
ne Hemiparese, stehen beim alten re Situation dar. Ohne Krankheitswert durch die eventuelle Änderung der vorSchlaganfallpatienten im Vordergrund, kommt es zu einer Verlangsamung psy- bestehenden Rollenverteilungen, durch
wobei der Schweregrad mit zunehmen- chischer und physischer Funktionen. Der aktuelle Konflikte, aber auch Verdrändem Lebensalter ansteigt. Vorbestehen- Schweregrad neurologischer und neuro- gungs- und Vermeidungsreaktionen. Zude, nicht neurologisch bedingte Ein- psychologischer Ausfälle und die damit sätzlich stellt sich nicht selten gerade bei
schränkungen der Motorik erschweren verbundenen Behinderungen wirken sich älteren Menschen die Frage nach dem
oft die Akutdiagnostik und verbergen ein besonders stark aus. Verschiedene pa- Sinn.
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HERAUSFORDERUNG: SCHLAGANFALL
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Die Rehabilitation
des alten Schlaganfallpatienten
men kann, aber noch zu einem erheb- noch Rehabilitationspotential vorhanlichen Teil von pflegerischer Hilfe ab- den wäre.
hängig ist. In den stationären RehabiliBetrachtet man zusätzlich die AufEs besteht kein Zweifel, dass das mensch- tationseinrichtungen ist einerseits die nahmediagnosen in akutgeriatrischen
liche Gehirn – unabhängig vom Alter – pflegerische Unterstützung häufig nicht Einrichtungen des Wiener Krankenanneue kompensatorische Strukturen im im ausreichenden Maß vorhanden, an- staltenverbundes, erkennt man, dass entRahmen eines Rehabilitationsprozesses dererseits ist der alte Schlaganfallpatient gegen aller epidemiologischen Erwarbilden kann und neuroplastische Pro- durch eine Therapie von drei Stunden tungen Schlaganfallpatienten nur ca.
zesse durch Training in Gang gesetzt pro Tag oft überfordert. So kann das 5% aller Aufnahmen ausmachen. Man
werden. Wir wissen, dass dieser Effekt Therapieziel in den meist vorgesehenen kann also feststellen, dass auf Grund der
umso effizienter und nachhaltiger ist, je 4-6 Wochen nicht erreicht werden, so- Schwere der Ausfälle, der Begleiterfrüher der Rehabilitationsprozess ein- dass bis dahin investierte Rehabilitations- krankungen, der geringen Belastbarkeit,
setzt. Beim alten Menschen ist das Ziel bemühungen vorzeitig
der häufigen interZwischen 14 bis 25% der
meist nicht eine restitutio ad integrum, abgebrochen werden
kurrenten Kompliälteren Schlaganfallsondern das Erlernen von Fähigkeiten, und eine Entlassung
kationen, auf Grund
um mit den Beeinträchtigungen ein nach Hause nicht mög- patienten müssen vorüber- des oft fehlenden somöglichst selbstständiges Leben führen lich ist.
zialen Umfeldes sogehend oder auf Dauer in
zu können. Das unterstreicht auch die
In der Phase D des
wie der notwendigen
einem Pflegeheim
Wichtigkeit eines höchst individuellen österreichischen PhaLänge des Rehabiliuntergebracht werden
Rehabilitationszieles sowie der Aus- senmodells soll der Patationsaufenthaltes
schöpfung des vorhandenen Rehabili- tient in den Aktivitäten
der alte Schlaganfalltationspotentials.
des täglichen Lebens vollkommen oder patient benachteiligt ist. Es ist leider
Neurorehabilitation erfordert die en- weitgehend, ggf. mit Hilfsmitteln, selbst- auch nicht auszuschließen, dass ökonoge und aufeinander abgestimmte Zu- ständig sein – eine Voraussetzung, die ge- mische Überlegungen und die Frage
sammenarbeit im multiprofessionellen rade beim alten Patienten nicht gegeben nach der Sinnhaftigkeit von BemühunTeam bestehend aus Ärzten, Pflege, Phy- ist. Alle diese Überlegungen zeigen klar gen bei alten, multimorbiden und mehrsio- und Ergotherapeuten, Logopäden, die Notwendigkeit von auf die Bedürf- fach behinderten Patienten eine Rolle
Psychologen, Psychotherapeuten und nisse des alten Schlaganfallpatienten spielen.
nicht zu vernachlässigen die Sozialar- ausgerichteten neurogeriatrischen Langbeiter, denen oft eine entscheidende Be- zeitrehabilitationseinrichtungen als
Wer kommt ins Pflegeheim?
deutung in der Wiedereingliederung des wichtiger Bereich zwischen Akutkranalten Schlaganfallpatienten zukommt. kenhaus und Pflegeheim. Hier können Es gibt mehrere Ursachen, warum älteNeurorehabilitation einoch teilweise insta- re Schlaganfallpatienten in ein Pflege... nicht auszuschließen, bile, chronisch kranke, heim verlegt werden. In erster Linie sind
nes Schlaganfallpatienten bedeutet die Rück- dass ökonomische Über- intensivpflege- aber es Multimorbidität, Inkontinenz und/
führung zu größtmögauch rehabilitationsbe- oder Schluckstörungen und schließlich
legungen und die Frage
licher Selbstständigkeit
dürftige Menschen mit die Unmöglichkeit, selbstständig oder
nach der Sinnhaftigkeit
in einen selbst bestimmeinem Schlaganfall in auch nur mit geringer Hilfe einen Transeine Rolle spielen
ten Alltag. Das erforeinem erweiterten zeit- fer zu bewerkstelligen. Nicht selten sind
dert in der Regel besonlichen Rahmen zu ei- es auch neuropsychologische und kogdere Rücksichtnahme auf die persönli- nem weitgehend selbstständigen Leben nitive Störungen wie depressive Zuche Lebensplanung und das persönliche hingeführt werden. Betrachtet man die stände oder eine Demenz, die eine EntRehabilitationsziel des Patienten und sei- Aufenthaltsdauer von Schlaganfallpa- lassung nach Hause oder die Durchner Angehörigen.
tienten in den Schwerpunktkranken- führung einer gezielten Rehabilitation
Ältere Patienten schaffen es oft nicht, häusern des Wiener Krankenanstalten- vorerst nicht ermöglichen. Immer wieihr vorhandenes Potential auszuschöp- verbundes, so lässt sich klar erkennen, der wird auch ein fehlendes soziales Umfen, da meist der dafür vorgesehene Zeit- dass die Aufenthaltsdauer an den spezi- feld angeführt und der viel zu kurz berahmen auf die Situation des alten alisierten neurologischen Abteilungen messene zur Verfügung stehende ZeitSchlaganfallpatienten keine Rücksicht bei Schlaganfallpatienten um ein Viel- rahmen für eine Rehabilitation. Es ist
nimmt. Im Phasenmodell der Österrei- faches höher ist als an nicht neurologi- interessant, dass auch immer wieder die
chischen Gesellschaft für Neurorehabi- schen Abteilungen. Daraus könnte man Dauer des Krankenhausaufenthaltes als
litation ist die Phase C als Rehabilita- schließen, dass dort keine entsprechen- wesentlicher Faktor für die Transferietionsphase definiert, in der der Patient de Rehabilitation stattfindet und alte rung in ein Pflegeheim angeführt wird,
über den Tag verteilt drei Stunden an Schlaganfallpatienten oft vorzeitig in ein was möglicherweise mit den in Abhäntherapeutischen Maßnahmen teilneh- Pflegeheim entlassen werden, obwohl gigkeit von der Aufenthaltsdauer zu-
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GERIATRIE JOURNAL 4/07
HERAUSFORDERUNG: SCHLAGANFALL
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nehmenden interkurrenten Komplika- ist auch das Ergebnis einer jüngst im nalisierten Patienten, findet eine enttionen zusammenhängt.
British Medical Journal publizierten Ar- sprechende Therapie trotz fehlender
Zwischen 14 bis 25% der älteren Men- beit über die Konsequenzen einer nach- Kontraindikation nur bei einem Viertel
schen mit einem Schlaganfall müssen gewiesenen symptomatischen Karotis- bis zur Hälfte der Patienten statt. Bei
vorübergehend oder auf Dauer in einem stenose, wo Patienten über 80 Jahre sig- mehr als 50% der antikoagulierten PaPflegeheim untergebracht werden, wo- nifikant seltener sowohl nachuntersucht, tienten war der INR unterhalb des thebei mit zunehmender Schwere des als auch operiert wurden, obwohl sich rapeutischen Bereiches. Betrachtet man
Schlaganfalles dieser Prozentsatz bis auf kein altersabhängiger Unterschied der die Häufigkeit einer indizierten Profast 60% ansteigt. Bedenkt man, dass es peri- wie postoperativen Komplika- phylaxe mit einem Thrombozytenagsich hierbei häufig um
tionsrate nachweisen gregationshemmer in Langzeitpflege... ergeben sich doch
schwerkranke, multilässt. Vergleicht man die einrichtungen, so erhalten fast zwei DritHinweise darauf, dass Anzahl der Patienten, tel keine entsprechende Therapie. Auch
morbide Patienten handelt und stellt man diedie nach dem Akutauf- wenn die angeführten Beispiele nicht
ältere Schlaganfallser Tatsache die meist
enthalt eine ambulante verallgemeinert werden können, ergepatienten anders
anzutreffende, nicht
Rehabilitation oder eine ben sich doch Hinweise darauf, dass älbetreut werden
fachspezifische mediziweiterführende statio- tere Schlaganfallpatienten anders benisch-ärztliche Versornäre Rehabilitation er- treut werden.
gung in Pflegeeinrichtungen gegenüber, hielten, so schneiden ältere Schlaganwird man unweigerlich zu dem Schluss fallpatienten signifikant schlechter ab.
Voraussetzungen für die
kommen müssen, dass derartige Insti- Auch die Häufigkeit einer logopäditutionen nicht selten überfordert sind.
schen, ergo- oder physiotherapeutischen Entlassung nach Hause
Neben den internistisch und neuro- Behandlung im häuslichen Langzeitbe- Die Rehabilitation von geriatrischen
logisch bedingten Problemen mischen reich nimmt signifikant mit zuneh- Schlaganfallpatienten soll in der Regel
sich in bis zu einem Drittel der Fälle mendem Lebensalter ab. Noch drama- die Voraussetzungen schaffen, mit einer
Auffälligkeiten durch ein im Vorder- tischer ist der fehlende Zugang zu Behinderung ein möglichst normales,
grund stehendes demenzielles Zu- Physio- und Ergotherapie sowie Logo- weitgehend selbstständiges und selbst
standsbild. Die Etablierung von auf die pädie in Pflegeeinrichtungen. Vergleicht bestimmtes Leben in den eigenen vier
Langzeitbetreuung von älteren Men- man 65-Jährige mit 85-Jährigen, so er- Wänden zu führen. An der Neurologischen mit einem Schlaganfall speziali- hält die ältere Gruppe nur mehr halb so schen Abteilung im Geriatriezentrum
am Wienerwald, einer Langzeitpflegesierten Pflegeeinrichtungen ist daher ei- oft eine Physio- oder Ergotherapie. Eine
ne dringliche Forderung und es ist un- notwendige logopädische Behandlung und geriatrischen Rehabilitationseinverständlich, dass dieses Problem selbst erhielten nur mehr 6% in der älteren richtung, wurden Patientencharakterisvon den Fachgesellschaften bisher nur Gruppe. Bedenkt man, dass hier in mehr tika von geriatrischen Schlaganfallpaunzureichend erkannt wird.
als 50% der Betroffenen Schluckstö- tienten erhoben, die wieder nach Haurungen zu erwarten sind, unterstreicht se entlassen werden konnten. Es waren
Schlaganfallpatienten,
das die Tatsache einer
Alte Schlaganfallpatienten
Nach einer
die primär in unserer
krassen Unterversorgung.
werden anders betreut
Im Bereich der mediRehabilitationsdauer Pflegeeinrichtung aufgeEin besonders heikles Thema ist die Fra- kamentösen Therapie ist
nommen wurden und für
von durchschnittlich
ge, ob der alte Schlaganfallpatient quan- die geringe Häufigkeit eidie zu diesem Zeitpunkt
fast sechs Monaten
titativ und qualitativ schlechter sowohl ner indizierten oralen
daheim keine ausreiim Akut- wie im Langzeitbereich be- Antikoagulation bei alten
chende Versorgung und
konnten 60% der
treut wird. Leider gibt es dafür eine Schlaganfallpatienten beBetreuung möglich war.
Patienten entlassen
nachgewiesene Evidenz. Vergleicht man merkenswert. Es ist eine
Das durchschnittliche
werden
Patienten über und unter 80 Jahre, so Tatsache, dass VorhofLebensalter lag bei 72
wird in der älteren Gruppe nur in etwa flimmern mit einem beJahren. 64% der Patienzwei Drittel, in der jüngeren aber fast bei trächtlichen jährlichen Schlaganfallrisi- ten waren Frauen und 75% hatten kei90% eine akute bildgebende zerebrale ko verbunden ist. Es beträgt bei den nen Lebenspartner mehr.
Diagnostik durchgeführt. Noch un- über 80-Jährigen etwa 23% pro Jahr
Alle Patienten wiesen schwere bis
günstiger ist das Verhältnis bei der Ultra- und eine orale Antikoagulation redu- schwerste Beeinträchtigungen mit eischalluntersuchung der extrakraniellen ziert das Risiko um fast 70%. Eine tat- nem durchschnittlichen Barthel-Index
Gehirngefäße, die in der jüngeren Grup- sächliche Kontraindikation liegt bei äl- von 26 auf, die in der Regel ein selbpe akut in etwa 50%, in der älteren teren Patienten nur in 14-16% vor. ständiges Leben daheim unmöglich maGruppe jedoch nur mehr in 21% der Untersucht man die Häufigkeit einer chen. Betrachtet man die Ergebnisse im
Fälle durchgeführt wird. Bemerkenswert oralen Antikoagulation bei institutio- Einzelnen, so hatten SchlaganfallpaGERIATRIE JOURNAL 4/07
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HERAUSFORDERUNG: SCHLAGANFALL
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tienten, bei denen das linke Mediastrom- ein wachsendes Problembewusstsein in
gebiet betroffen war und Patienten mit der Bevölkerung für das Thema Schlageiner vorhergehenden, aber abgebro- anfall lassen eine weitere Verbesserung
chenen Rehabilitation, bei denen aber erwarten. Beträchtliche Probleme ergeeine Fortführung der Rehabilitation ben sich jedoch im Bereich der Rehaempfohlen wurde, eine bessere Entlas- bilitation wie im Bereich der Langzeitsungschance. Interessant war auch die betreuung des älteren SchlaganfallpaTatsache, dass Patienten, bei denen ei- tienten. Rehabilitationseinrichtungen
ne Entlassung ein bei der Aufnahme wurden historisch mit dem Ziel geselbst artikuliertes Ziel war, zu 82% ent- schaffen, eine Wiedereingliederung in
lassen werden konnten. Das Vorhan- den Arbeitsprozess zu ermöglichen. Ein
densein eines Lebenspartners war oft ein Ziel, das heute nur mehr zum Teil, wenn
entscheidendes Kriterium, ob eine Ent- überhaupt erreichbar ist. Die Bedürflassung möglich war
nisse und die Situation
In der Rehabilitation
oder nicht. Durchgeriatrischer Patienten
schnittlich konnte der
werden in vielen Eindes alten SchlaganfallBarthel-Index während
richtungen nicht auspatienten spielen das
des Aufenthaltes um etreichend berücksichsoziale Umfeld und die
wa 18 Punkte verbestigt. Eine der HauptVorbereitung dieses
sert werden.
ursachen ist neben der
Ein wesentlicher Beoft unzureichenden
Bereiches auf eine
reich war die zur Verpflegerischen AusstatBetreuung daheim eine
fügung stehende Zeit
tung der Faktor Zeit
entscheidende Rolle
in einer Langzeiteinund die damit verbunrichtung. Nach einer
dene oft nicht ausreiRehabilitationsdauer von durchschnitt- chende Vorbereitung und Etablierung
lich fast sechs Monaten konnten 60% eines tragfähigen sozialen Umfeldes.
der Patienten entlassen werden – also Diese Versäumnisse führen dazu, dass
alte Menschen mit einem Schlaganfall, auch ältere Schlaganfallpatienten mit
die ohne diese Möglichkeit mit hoher Rehabilitationspotential nicht in ihr
Wahrscheinlichkeit den Rest ihres Le- gewohntes häusliches Umfeld oder in
bens in einer Institution verbracht hät- adaptierte Wohneinrichtungen entlasten.
sen werden können. Die Folge ist die
In der Rehabilitation des alten Schlag- Aufnahme in Langzeitpflegeeinrichanfallpatienten spielen das soziale Um- tungen, die wiederum den Bedürfnissen
feld und die Vorbereitung dieses Berei- der Schlaganfallpatienten häufig nicht
ches auf eine Betreuung daheim eine entsprechen. Hier besteht ein noch beentscheidende Rolle. Diese Tatsache fin- trächtlicher Mangel an auf ältere Schlagdet in der täglichen Praxis viel zu wenig anfallpatienten spezialisierte EinrichBeachtung. In Zeiten, in denen durch tungen. Herkömmliche Pflegeheime
die epidemiologischen Veränderungen sind fast regelhaft durch die Besonderdie Finanzierbarkeit der stationären Pfle- heiten dieser Patientengruppe und zum
ge heftig diskutiert wird, sollte auf den Nachteil dieser überfordert.
Bereich einer geriatrischen LangzeitreDie derzeitige Situation ist unbefriehabilitation besonderes Augenmerk ge- digend, da ältere Schlaganfallpatienten
legt werden.
einerseits zu oft in nicht spezialisierten
Pflegeabteilungen landen, andererseits
als „Fehlbelegungen“ auf diversen AkutPerspektive einer integrierten Versorabteilungen ohne entsprechende fachgung des alten Schlaganfallpatienten
spezifische Qualifikation über Wochen
Trotz mancher Einschränkungen ist die verbleiben oder ohne entsprechende ReAkutversorgung – auch des älteren habilitation in ein meist überfordertes soSchlaganfallpatienten – quantitativ wie ziales Umfeld und ohne ausreichende
qualitativ gut organisiert. Der geplan- Möglichkeiten einer ambulanten Thete weitere Ausbau von Stroke Units und rapie nach Hause entlassen werden.
30
Zukünftige Perspektiven umfassen eine altersunabhängige Chance auf Frührehabilitation und die Schaffung neurogeriatrischer Rehabilitationseinrichtungen, denen ein größerer Zeitrahmen
zur Verfügung steht. Weiters sind die
Schaffung von neurogeriatrischen – auf
die Bedürfnisse des alten Schlaganfallpatienten ausgerichtete – Langzeitpflegeeinrichtungen, eine vermehrte Unterstützung für die Pflege daheim notwendig sowie ein unbürokratisches
Schnittstellenmanagement neben einem
gesicherten Finanzierungskonzept. Hier
sind die verantwortlichen Entscheidungsträger in der Gesundheitspolitik,
insbesondere aber auch die neurologischen und geriatrischen Fachrichtungen
aufgefordert entsprechende Entwicklungen voran zu treiben.
Literatur
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älteren Menschen. Schweiz Med Forum (2004)
824-831
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3. Brown RD., Ransom J., Hass St.: Use of Nursing
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Stroke in the Very Old. Stroke (1999) 2313-2319
5. Donis J.: Geriatrische Neurorehabilitation; in
Gatterer G. (Hrsg): Multiprofesionelle Altenbetreuung, Springer Verlag Wien New York (2003)
6. Fairhead JF., Rothwell PM.: Underinvestigation
and undertreatment of carotid disease in elderly
patients with transient ischaemic attack and
stroke. BMJ (2006) 525-527
7. Ferrari J.: Schlaganfallmanagement in der Geriatrie. Focus Neurogeriatrie (2007)35-40
8. Latif AK., Peng X.: Predictors of anticoagulation
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atrial fibrillation. J Am Med Dir Assoc (2005)
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9. Laussegger C.: Langzeitrehabilitation von
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des Lehrganges Neurorehabilitation, DonauUniversität Krems (2005)
10. Portelli R., Lowe D., Irwin P. et al.: Institutionalization after stroke. Clin Rehabil (2005) 97-108
11. Quilliam BJ., Lapane KL.: Clinical Correlates and
Drug Treatment of Residents With Stroke in Long
Term Care. Stroke (2001) 1385-1393
Prim. Dr. Johann Donis,
Vorstand der Neurologischen
Abteilung,
Geriatriezentrum am Wienerwald,
Jagdschlossgasse 59,
1130 Wien,
eMail: [email protected]
GERIATRIE JOURNAL 4/07
SCHLAGANFALL: AKUTTHERAPIE
UND
SEKUNDÄRPRÄVENTION
Konzept einer geriatrischen
Schlaganfalleinheit
Roland Hardt, Mainz
Der Schlaganfall ist nicht nur eine lebensbedrohliche Akuterkrankung,
sondern führt bei der Mehrzahl der vorwiegend älteren Patienten zu dauerhafter Behinderung und gar Pflegebedürftigkeit. Der Beitrag gibt Hinweise
zu Diagnostik und Therapie und stellt das Konzept der geriatrischen
Schlaganfalleinheit am Katholischen Klinikum Mainz (KKM) vor.
N
GERIATRIE JOURNAL 4/07
Symptome, Definition und Klinik
Der Schlaganfall ist ein akutes, fokales,
neurologisches Defizit, verursacht durch
eine umschriebene Durchblutungsstörung
des Gehirnes (ischämischer Insult) oder
durch eine umschriebene Gewebezerstörung durch primäre Einblutung in das Gehirn (hämorraghischer Insult).
Die klinische Symptomatik erlaubt eine
näherungsweise Lokalisation des Defektes,
z.B. bei der Hemiparese oder der Aphasie,
gestattet aber keine Rückschlüsse auf die
Ätiologie mit Unterscheidung zwischen
ischämischem (ca. 85% der Fälle) und hämorraghischem Insult (ca. 15% der Fälle).
Differentialdiagnostisch kommen die
Subarachnoidalblutung, eine Sinusvenenthrombose, eine Migräne accompagne,
Hirntumore und Abszesse, Enzephalitiden, epidurale und subdurale Hämatome,
fokale Anfälle, die hypertensive Krise, die
metabolische Enzephalopathie sowie Neuritiden und psychogene Lähmungserscheinungen in Betracht.
Da die Symptomatik alleine keine spezifische Therapieoption impliziert, steht die
unmittelbare zerebrale Bildgebung im
Vordergrund (kranielle CT oder MRT).
Die prä-stationäre Diagnostik beschränkt
sich daher auf das Wahrnehmen der neurologischen Defizite durch den Betroffenen oder durch Fremdbeobachtung und
die Identifizierung dieser Symptome als
möglichen Schlaganfall. Ziel einer möglichst breiten Aufklärung der Bevölkerung
muss die Wahrnehmung von schlaganfallverdächtigen Symptomen als absoluter
medizinischer Notfall und die unmittelbare Alarmierung der Rettungskette sein.
Der erstversorgende Arzt ist für die Überprüfung der üblichen Notfallparameter
sowie die unmittelbare Einweisung der
Patienten in ein geeignetes Krankenhaus
vorzugsweise mit entsprechend spezialisierter Schlaganfalleinheit verantwortlich.
Zur prä-hospitalen Sicherung der Schlaganfalldiagnose haben sich standardisierte
Kurzscores bewährt. Folgende drei Funktionen sollten immer überprüft werden:
@ Faciale Parese: Lachen, Grimassieren.
@ Armparese: im Liegen jeden Arm separat gestreckt anheben (ca. 45 Grad)
@ Sprache: Satz nachsprechen, Gegenstand
benennen.
Abb. 1: Schlaganfallrisiko
0,035
0,030
relatives Risiko
Quelle: CS Anderson et al. Med J Aust 1993, 188: 80-84
eben koronarer Herzerkrankung,
Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz
und peripherer arterieller Verschlusskrankheit ist der Schlaganfall die
häufigste Manifestationsform kardiovaskulärer Erkrankungen. Die arterielle Hypertonie ist auch für den Schlaganfall, wie
für die anderen genannten Erkrankungen,
neben Vorhofflimmern, Stoffwechselstörungen und entsprechendem Risikoverhalten (z.B. Nikotinabusus) der häufigste
Risikofaktor.
Die Inzidenz des Schlaganfalles ist ausgesprochen hoch: Zwischen 180 und 200
Individuen pro 100.000 Einwohner sind
in der BRD jährlich betroffen. Die Ein-Jahres Letalität ist mit bis zu 40% ausgesprochen hoch. Von den Überlebenden sind
zwei Drittel langfristig hilfs- oder pflegebedürftig. Das Schlaganfallrisiko steigt in
fortgeschrittenem Lebensalter exponentiell
an. Die überwiegende Mehrzahl der Schlaganfallpatienten hat das 70. Lebensjahr bereits überschritten. Häufig trifft der Schlaganfall ältere Patienten mit internistischer
Multimorbidität bzw. Risikokonstellation,
wie z.B. hypertensiver Herzerkrankung,
Vorhofflimmern und Diabetes als schwere Akuterkrankung mit oftmals gravierendem funktionellen Defizit, z.B. Hemiparese vergesellschaftet mit motorischer und/
oder sensorischer Aphasie. Der Schlaganfall ist damit das Paradigma einer geriatrischen Akuterkrankung oder eines geriatrischen Notfalles, gefolgt von entsprechendem Bedarf an stationärer Diagnostik und
Akuttherapie sowie Frühmobilisation und
Rehabilitation.
Diagnostik
0,025
0,020
0,015
0,010
0,005
0,000
35-44
45-54
55-64
65-74
75-84
>85
Alter
Jährliches Schlaganfallrisiko mit exponentiellem Anstieg des Risikos bei Hochaltrigen.
31
SCHLAGANFALL: AKUTTHERAPIE
UND
SEKUNDÄRPRÄVENTION
Tab. 1: Übersicht Geriatrische Schlaganfalleinheit am KKM
@ Intensivüberwachungsstation
(6 Betten)
@ Monitorüberwachung von Herz,
Kreislauf, Sauerstoffversorgung und
Temperatur
@ Computertomografie
(24 h/Tag)
@ Umfassende Ultraschalldiagnostik
von Herz und Blutgefäßen
@ Magnetresonanztomografie
@ Videoendoskopische Schluckdiagnostik
@ Multiprofessionelles therapeutisches Team bestehend aus:
} Ärzten (Geriatrie, Innere Medizin,
Kardiologie, Angiologie,
Internistische Intensivmedizin,
Physikalische Therapie)
} Aktivierende Pflege
} Physiotherapie
} Logopädie
} Ergotherapie
} Sozialdienst
} Seelsorge
Tab. 2: Konzept der Geriatrischen Schlaganfalleinheit
@ Medizinische Versorgung auf dem Niveau einer internistischen Intensivüberwachungsstation
@ Anwendung gesicherter Therapieoptionen (Rhythmus/RR/O2/TemperaturKontrolle, BZ-Einstellung, Thrombembolieprophylaxe, Aspirations/Pneumonieprophylaxe)
Lagerung,
Frühmobilisation und Aktivierung durch das multiprofessionelle
@
Geriatrische Team auf neurophysiologischer Basis
Fällt mindestens einer dieser Prüfungen
pathologisch aus, kann die Verdachtsdiagnose Schlaganfall mit einer Sensitivität
von ca. 80% und einer Spezifität von 90%
gestellt werden. Im Falle eines negativen
Kurztestes müssen mindestens vier weitere Funktionen untersucht werden:
@ Blickparese: Augenwendung nach rechts
und links
@ Visusstörung: rechtes und linkes Gesichtsfeld (für jedes Auge)
@ Beinparese: im Liegen jedes Bein einzeln nach vorne gestreckt anheben (bis
30 Grad)
@ Hemihypästhesie: Berührungsempfinden für jede Seite an Gesicht, Arm und
Bein.
Ist hierdurch die Schlaganfalldiagnose
wahrscheinlich, ist die dringlichste Aufgabe die Klärung einer möglichen LyseIndikation. Die Lyse-Therapie mit systemischer r-TPA Gabe ist in Deutschland
innerhalb des 3-Stunden-Fensters nach
Symptombeginn zugelassen. Patienten
mit entsprechenden Kriterien sollten unverzüglich in eine entsprechend zertifizierte Stroke-Unit verbracht werden.
Alle anderen Patienten sollten ebenfalls
nach Möglichkeit in eine für die Akuttherapie des Schlaganfalls spezialisierte
Einrichtung notfallmäßig eingewiesen
32
werden, bei entsprechender Befundkonstellation (fortgeschrittenes Lebensalter,
Multimorbidität) und Verfügbarkeit in
eine geriatrische Schlaganfalleinheit.
Bei Aufnahme der Patienten in der Klinik muss eine unverzügliche, zielgerichtete Diagnostik erfolgen. Zum klinischen
Untersuchungsgang gehört die Erfassung
der Vitalparameter einschl. der GlasgowComa-Scale, eine internistische Untersuchung mit Auskultation von Herz, Lunge und Gefäßen, Blutdruck, Herzfrequenz
und Körpertemperatur. Apparative Minimaldiagnostik sind Sauerstoffsättigung,
Basislabor, vor allen Dingen Glukosespiegel sowie ein 12-Kanal-EKG.
Neben der primären neurologischen
Untersuchung sollte die Erhebung der
NIH-SS Skala (National Institut of Health Stroke Scale) stehen. Die NIH-SS
erlaubt eine quantitative Erfassung der
Schlaganfallschwere und eine Abschätzung eines möglichen Therapieerfolges
durch eine Lyse-Therapie. Indikation und
Kontraindikation für die Lyse-Therapie
sind den entsprechenden nationalen und
internationalen Leitlinien zu entnehmen.
Besteht eine ausgeprägte Bewusstseinsstörung, verbunden mit schwerer Okkulo- und Pupillenmotorikstörung ergibt
sich der Verdacht auf einen Verschluss der
Arteria basiliaris, die eine unmittelbare
Darstellung des Gefäßes erfordert.
Bei den bildgebenden Verfahren steht
die unmittelbare Durchführung eines Nativ-CT des Kopfes im Vordergrund. Diese Untersuchung dürfte in den meisten
Einrichtungen, ggf. als teleradiologische
Leistung verfügbar sein. Wichtigste Indikation ist der sichere Ausschluss einer
intrazerebralen oder subarachnoidalen
Blutung oder eines subduralen oder epiduralen Hämatoms.
Der ischämische Insult selbst ist erst
12-24 Std. nach Symptombeginn als abgrenzbare Dichteminderung sicher erkennbar. Der positive Nachweis des ischämischen Insultes gelingt am frühesten
durch eine MRT-Untersuchung. Ein sog.
Missmatch zwischen diffusions- und perfusionsgewichteter Darstellung kann auch
noch außerhalb des 3-Stunden-Fensters eine Indikation zur Lysetherapie implizieren. Diese Methode steht jedoch nur an
wenigen ausgewählten Zentren zur Notfalldiagnostik zur Verfügung.
Möglichst frühzeitig, d.h. innerhalb der
ersten 24 Std. sollte eine umfassende sonographische kardiovaskuläre Diagnostik erfolgen. Dazu gehört die Duplex-Sonographie der extrakraniellen hirnversorgenden Arterien, nach Möglichkeit die
transkranielle Doppleruntersuchung sowie die transthorakale Echokardiographie,
ggf. die transösophagiale Echokardiographie im Intervall. Ein pathologischer ABIScore (pathologischer Quotient zwischen
dopplersonographisch gemessenem Blutdruck an oberer und unterer Extremität)
kann den Verdacht auf eine vaskuläre Genese des Schlaganfalles unterstützen.
Da bis zu 50% aller Schlaganfallpatienten zumindest initial Schluckstörungen aufweisen, ist ein gezieltes Dysphagiescreening, vorzugsweise durch videoendoskopische Schluckdiagnostik oder
durch klinische Untersuchung, ggf. durch
einen erfahrenen Logopäden obligat zur
Vermeidung einer meist lebensbedrohlichen Aspirationspneumonie.
Das Monitoring während der Akutphase auf der Schlaganfalleinheit (ca. 35 Tage) umfasst die Kontrolle von Herzrhythmus, Blutdruck, Sauerstoffsättigung,
Körpertemperatur, Blutzucker, Laborkontrollen und Bilanzierung des WasserGERIATRIE JOURNAL 4/07
SCHLAGANFALL: AKUTTHERAPIE
Therapie
Die einzige kurative Therapieoption ist die
rechtzeitige Lyse-Therapie beim akuten
ischämischen Insult. Zugelassen ist die
Lyse-Therapie mit r-TPA in intravenöser
Anwendung innerhalb eines 3 StundenFensters nach Symptombeginn. Die Zulassung beschränkt sich in Deutschland
auf Patienten bis zum 80. Lebensjahr.
Eine Vielzahl geriatrischer Patienten
könnte also allenfalls innerhalb kontrollierter klinischer Studien von einer LyseTherapie profitieren. Zudem weisen natürlich gerade die hochaltrigen Patienten
auch häufig eine oder mehrere Kontraindikationen gegen eine Lyse-Therapie auf.
Ohnedies ist insgesamt der Anteil geeigneter Patienten relativ niedrig. Selbst in
universitären Stroke-Units, die mit industrieller Unterstützung teilweise erhebliche Mittel in die Aufklärung der Bevölkerung investiert haben, konnten Lyseraten von max. 15% nicht überschritten
werden. Insgesamt liegt der Anteil lysierter Patienten, selbst in hochspezialisierten
neurologischen Stroke-Units meist im einstelligen Prozentbereich. Für den typischen Geriatriepatienten bedeutet dies,
dass die Lyse-Therapie allenfalls in ausgewählten Ausnahmefällen eine nach derzeit gültigen Leitlinien realistische Therapiealternative darstellt.
Alle anderen gesicherten Therapieoptionen in der Akutphase des Schlaganfalles
zielen auf eine bestmögliche Begrenzung
GERIATRIE JOURNAL 4/07
SEKUNDÄRPRÄVENTION
des geschädigten Hirnareals. Im Falle des
ischämischen Insultes bedeutet dies, das
dem Infarktkern benachbarte, vital gefährdete Hirngewebe, die sog. Penumbra,
möglichst funktionsfähig zu erhalten.
Gleichzeitig zielt die Akuttherapie des Patienten mit frischem Schlaganfall auf die
möglichst weitgehende Vermeidung von
Komplikationen und die möglichst frühzeitig einsetzende Remobilisation durch
aktivierende Therapieverfahren.
Konzeption der
geriatrischen Schlaganfalleinheit
Insgesamt stützt sich die Behandlung von
Patienten auf der Schlaganfalleinheit auf
wenige, gesicherte Empfehlungen, die in
den einschlägigen Leitlinien entsprechend
ausgeführt werden. Vitalfunktion und
neurologischer Status sollen monitorisiert bzw. engmaschig überwacht werden. Besonders ist auf das Freihalten der
Atemwege zu achten, eine zusätzliche
Oxygenierung (Sauerstoffgabe) ist obligat. Hypertensive Blutdruckwerte sollen
bei Schlaganfallpatienten in der Akutphase nur behutsam gesenkt werden,
wenn kritische Grenzen (systolisch über
220 mmHg und/oder diastolisch über
120-140 mmHg) überschritten werden
oder Symptome wie z.B. eine kardiale
Dekompensation dazu zwingen. Erst
nach Ende der Akutphase soll mit einer
Blutdrucknormalisierung begonnen werden. Medikamente, die zu einem drastischen Blutdruckabfall führen können
(z.B. Nifedipin) sind zu vermeiden. Eine arterielle Hypotonie sollte vermieden
werden, ggf. durch Gabe von Volumen
und/oder Katecholaminen behandelt werden.
Der Blutglukosespiegel sollte in physiologischen Grenzen gehalten werden, was
engmaschige Blutzuckerkontrollen, erforderlichenfalls die Insulingabe notwendig macht. Die Körpertemperatur sollte
ebenfalls regelmäßig kontrolliert werden.
Kerntemperaturen über 37,5° Celsius sollten durch geeignete Maßnahmen, z.B.
Paracetamol gesenkt werden.
Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt
sollten überwacht und ggf. ausgeglichen
werden. Eine orale Flüssigkeits- und
Nahrungsaufnahme bzw. Kostaufbau sollte erst nach entsprechendem Dysphagiescreening bei gefährdeten Patienten
unter Anleitung entsprechend weitergebildeter Therapeuten erfolgen.
Obligatorisch ist ebenfalls die Prophylaxe von Immobilisationsrisiken, d.h. entsprechende Lagerungstechniken und
Frühmobilisation auf neurophysiologischer Basis, Pneumonieprophylaxe sowie
allgemeine Infektionsprophylaxe, beispielsweise auch durch Beschränkung
künstlicher Harnableitung auf das zwingend notwendige Maß, z.B. bei der neurogenen Blasenentleerungsstörung. Dies
impliziert in der Regel den Einsatz des therapeutischen Teams vom ersten Tage an
einschließlich aktivierender Pflege sowie
der Beratung und Anleitung von Angehörigen im Umgang mit Schlaganfallpatienten.
Sekundärprophylaxe
Frühe Sekundärprophylaxe, Vorbeugung
und Behandlung von Komplikationen
des akuten Schlaganfalles greifen unmittelbar ineinander über. Die Verabreichung von ASS (100-300 mg pro die) ist
nach Ausschluss einer Blutung beim ischä-
Abb. 2: Fallzahlen 2006/2007
35
30
Gesichert
Verdacht
25
Fallzahlen
und Elektrolythaushaltes. Die Anforderungen entsprechen demnach einer medizinischen Intensivüberwachungsstation,
mindestens aber einer sog. IntermediateCare-Einheit. Obligatorisch ist ebenfalls
die regelmäßige, im Bedarfsfall engmaschige Kontrolle der klinischen, internistischen und neurologischen Befunde um
Änderungen im Verlauf (z.B. Verschlechterung bei einem Progressiv-Stroke) oder
Komplikationen (z.B. Pneumonie) unmittelbar zu erkennen und zu behandeln.
Selbstverständlich gehört das geriatrische
Assessment mit den Bereichen ADl, Sozialassessment, Demenz- und Depressionsscreening, insbesondere auch bei den
Schlaganfallpatienten zur Routinediagnostik in der geriatrischen Klinik.
UND
20
15
10
5
0
Januar
April
Juli
Oktober
Januar
Entwicklung der Fallzahlen in der geriatrischen Schlaganfalleinheit am KKM.
33
Fotos: Autor
SCHLAGANFALL: AKUTTHERAPIE
a
b
c
d
e
f
g
h
UND
SEKUNDÄRPRÄVENTION
Abb. 3: Fall einer 91-jährigen Patientin, die mit dem klinischen Bild einer hypertensiven
Krise und einer diskreten Halbseitensymptomatik zur Aufnahme kam. Die unmittelbar
in der Aufnahmesituation durchgeführte Duplex-Sonographie der Carotiden zeigt eine
hochgradige Stenose der Carotis interna rechts (a, b). Bestätigung durch das Angiologische-MR (c, d). e-h zeigen die postoperativen Befunde (Angiologische-MR und Duplex-Sonographie). Entlassung der Patientin ohne neurologisches Defizit.
34
mischen Insult indiziert. Die systemische
Vollheparinisierung in PTT-wirksamer
Dosierung führt zu keiner Prognoseverbesserung. Die Thrombembolieprophylaxe ist hinsichtlich der Risikoreduktion
für tiefe Bein-/Beckenvenenthrombosen
und Lungenembolien wirksam, z.B. durch
subkutanes niedermolekulares Heparin
(low-dose Heparinisierung). Ebenso wirksam ist die Thromembolieprophylaxe
durch ausreichende Hydratation, Frühmobilisation und individuell angepasste
Antithrombosestrümpfe. Im Falle eines
Apoplexie-assoziierten Krampfanfalles ist
die Gabe von Antiepileptika zur Vermeidung wiederholter Krampfanfälle indiziert. Eine generelle prophylaktische Gabe von Antiepileptika ist nicht empfehlenswert.
Insgesamt könnten die einzelnen allgemeinen Therapieempfehlungen bei der
Behandlung des akuten Schlaganfalles
möglicherweise trivial erscheinen. Es ist
jedoch wissenschaftlich belegt, dass die gezielte Anwendung gesicherten Wissens
auf hierfür spezialisierten Behandlungseinheiten verbunden mit den Einsatz hierfür entsprechend geschulten Personals zu
einer deutlichen Senkung der Mortalität
sowie einer deutlichen Verbesserung des
funktionellen Outcomes führt. Insbesondere gilt dies für das skandinavische
Modell der sog. Combined-Stroke Unit,
das ganz gezielt frührehabilitative Therapiestrategien in die Akuttherapie des
Schlaganfallpatienten integriert hat und
überhaupt die Diskussion um eine Verbesserung in der Schlaganfalltherapie wesentlich mit initiiert hat. Dies gilt in besonderem Maße für geriatrische Schlaganfallpatienten, die bisher im „normalen“
Medizinbetrieb nicht selten im Abseits gelandet sind und von einer problemorientierten Behandlung auf einer geriatrischen Schlaganfalleinheit nur profitieren können.
Die geriatrische Schlaganfalleinheit am
Katholischen Klinikum Mainz (KKM)
hat sich in diesem Sinne als komplementäre Einrichtung zur Stroke-Unit der
Neurologischen Universitätsklinik organisiert. Die Zuweisung der Patienten in
die jeweilige Klinik erfolgt nach inhaltlichen Kriterien, die gemeinsam erarbeitet wurden und den Rettungskräften
GERIATRIE JOURNAL 4/07
SCHLAGANFALL: AKUTTHERAPIE
(Leitstelle, Notärzte) klare Entscheidungshilfen vorgeben. Patienten mit potentieller Lyse-Indikation werden nach
diesen Kriterien primär an die StrokeUnit der Neurologischen Universitätsklinik verbracht. Ältere, multimorbide
Patienten, speziell auch mit Vorschädigung (Re-Apoplex) werden der geriatrischen Schlaganfalleinheit am Katholischen Klinikum Mainz zugewiesen. Diese Kriterien haben sich in den letzten 1,5
Jahren in der Praxis bewährt. Sekundäre
Verlegungen von der einen zur anderen
Schlaganfalleinheit sind Einzelfälle geblieben. Die Patienten in der geriatrischen Schlaganfalleinheit zeigen initial
ein ausgeprägtes neurologisches Defizit.
Der Krankheitsverlauf ist durch die ausgeprägte Begleitmorbidität sowie ein großes Komplikationsrisiko geprägt. Die
Verweildauer der Patienten (durchschnittlich 7,2 Tage) ist dementsprechend
länger als erwartet.
Nicht selten können kritische KarotisStenosen ätiologisch identifiziert werden.
Durch eine enge Verzahnung mit der Klinik für Herz-Thorax-Gefäßchirurgie
(HTG) der Universität gelingt es jedoch,
auch hochaltrige Patienten erfolgreich
einer gefäßchirurgischen Intervention zu
unterziehen. Die unmittelbare postoperative Nachbetreuung wird wiederum in
der geriatrischen Schlaganfalleinheit vorgenommen. Die Akzeptanz der geriatrischen Schlaganfalleinheit ist rasch gewachsen, sodass die Kapazitäten mittlerweile voll ausgelastet sind und eine
Erweiterung von 6 auf 10 Betten nach
entsprechender Genehmigung durch das
Sozialministerium vorbereitet wird.
In der Weiterbehandlung hat sich die
Kooperation mit den geriatrischen RehaKliniken im Bundesland Rheinland-Pfalz
bewährt. Nach Abschluss der Krankenhausbehandlung werden alle Patienten
mit positiven Kriterien (Reha-Fähigkeit,
Motivation und zu erwartender Benefit
einer geriatrisch-rehabilitativen Behandlung) zugeführt.
Selbstverständlich ist die Initiierung
einer Leitlinien gerechten Sekundärprophylaxe. Es sei diesbezüglich auf den kürzlich in dieser Zeitschrift erschienenen Artikel von E. Schmidt (GERIATRIE JOURNAL 2/2007, S. 21ff.) verwiesen.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
UND
SEKUNDÄRPRÄVENTION
Abb. 4: Thrombus am linken Herz bei
einem Patienten mit einem embolischen
Hirninfarkt.
Abb. 5: Video-endoskopisches Bild bei
einem Versuch mit fester Nahrung
(Weißbrot). Ein Speisebolus penetriert
in die Trachealöffnung. Es besteht höchste Aspirationsgefahr.
Fazit
gegenüber möglichen Komplikationen
und der unmittelbaren therapeutischen
Intervention. Hierdurch gelingt es Apoplexie bedingte Behinderungen auf ein
absolut unvermeidbares Maß zurückzuführen und möglichst vielen Patienten
die Chance für ein selbst bestimmtes Leben zu erhalten.
Gerade die tägliche Praxis in der Akuttherapie geriatrischer Schlaganfallpatienten lenkt jedoch den Blick auf die
Notwendigkeit einer wirksamen Primärprophylaxe, die es insbesondere auch in
der Geriatrie zu intensivieren gilt. Auch
für hochaltrige Bevölkerungsgruppen existiert eine solide Datenbasis für die Behandlung der häufigsten Risikofaktoren.
Sowohl mit der Behandlung der arteriellen Hypertonie, als auch mit der INR-gesteuerten Antikoagulantienbehandlung
beim chronischen Vorhofflimmern lässt
sich eine jeweilige relative Risikoreduktion
um bis zu 50% bzw. 70% bezüglich des
Auftretens eines Schlaganfallereignisses
erzielen. Diese Möglichkeiten gilt es vordringlich auf Bevölkerungsebene umzusetzen.
Der Schlaganfall, mehrheitlich der ischämische apoplektische Insult, ist nicht nur
eine nach wie vor lebensbedrohliche Akuterkrankung, sondern führt wie kaum ein
anderes Ereignis bei der Mehrzahl der
vorwiegend älteren Patienten zu dauerhafter Behinderung und gar Pflegebedürftigkeit. Neben den immensen sozioökonomischen Folgen dieser nach wie vor
überaus häufigen Erkrankung bedeutet
dies einen erheblichen Verlust von persönlicher Autonomie und Lebensqualität
der betroffenen Patienten.
Die vornehmlich durch die Neurologische Stroke-Unit Bewegung in Gang gesetzte Diskussion hat hier das öffentliche
Interesse auf ein bisher eher stiefmütterlich behandeltes Krankheitsbild gelenkt.
Neben dem Versuch, möglichst alle hierfür in Frage kommenden Patienten einer
Lyse-Therapie des ischämischen Insultes
zuzuführen, dürfen jedoch die Patienten,
die die entsprechenden Kriterien nicht
erfüllen, keinesfalls vergessen werden.
An diese mehrheitlich hochaltrigen,
multimorbiden Apoplexiepatienten adressiert das Konzept der geriatrischen
Schlaganfalleinheit, das alle medizinischen
Therapieoptionen mit positivem Wirksamkeitsnachweis mit den früh-rehabilitativen Behandlungsansätzen des therapeutischen Teams verbindet.
Die Patienten profitieren mehrheitlich
von der intensivmedizinischen Überwachung, der maximalen Aufmerksamkeit
Prof. Dr. med. Roland Hardt,
Geriatrische Klinik/Geriatrische
Schlaganfalleinheit,
St. Hildegardis-Krankenhaus –
Katholisches Klinikum Mainz,
Hildegardstr. 2,
55131 Mainz
35
U R O LO G I E : D E R I C I A LG O R I T H M U S
Management der
Harninkontinenz im höheren Alter
Helmut Madersbacher, Innsbruck
Inkontinenz zählt nach wie vor zu den häufigsten Gründen für die
Einweisung in Alten- und Pflegeheime. Die Ursache der Harninkontinenz
im Alter ist meist multifaktoriell und kann außerhalb des Harntraktes
liegen. Der Beitrag gibt Hinweise zur Ursachenforschung und Therapie.
D
as Management der Harninkontinenz im höheren Alter
unterscheidet sich im Wesentlichen von dem bei jüngeren Inkontinenten. Dementsprechend hat auch das
International Consultation of Incontinence (ICI) einen speziellen Algorithmus für „frail elderly persons“, am besten übersetzt „für gebrechliche Ältere“, 2005 veröffentlicht [2]. Der
„gebrechliche Ältere“ ist nach der ICI
dadurch charakterisiert, dass er meist
an mehreren chronischen Erkrankungen
leidet, fünf oder mehr Medikamente
einnimmt und dass er zur Betreuung
von einigen oder allen täglichen Aktivitäten Betreuung benötigt.
Prävalenz und Ätiologie der
Harninkontinenz im Alter
Die Prävalenz ist hoch und schwankt
zwischen 30% bei zu Hause Wohnenden – wie eine Straßenbefragung im Veneto gezeigt hat [3] – und 90% bei erheblich Dementen. Die häufigste Form
der Harninkontinenz beim Älteren ist
die durch eine terminale Detrusorüberaktivität hervorgerufene Dranginkontinenz, sie ist die Ursache bei 90%
der Männer und ist bei etwa 60% der
älteren Frauen mit einer Belastungsinkontinenz kombiniert. Die Ätiologie
der Harninkontinenz im Alter ist multifaktoriell, vielfach liegen die Ursachen
außerhalb des Harntrakts. Zu diesen
Faktoren gehören Diabetes mellitus,
Gelenkserkrankungen, die eine Einschränkung der Mobilität bedingen, die
36
Schlafapnoe, neurologische und psychiatrische Erkrankungen und – häufig
nicht beachtet – ein kontinenzfeindliches Umfeld, die chronische Obstipation und eingenommene Medikamente. Medikamente, die Harninkontinenz,
insbesondere eine Dranginkontinenz,
bewirken oder verstärken, sind Diuretika, insbesondere von Furosemid-Typ,
sowie psychotrope Medikamente, wie
Sedativa, Hypnotika und Antipsychotika.
Algorithmus der Abklärung
Die Basisdiagnostik ist insofern umfassend, als es gilt, auch den geistigen und kontraktion, dass die Chance, postkörperlichen Zustand des Betroffenen operativ kontinent zu bleiben, hoch ist
zu erfassen. Eine alleinige Fokusierung [7].
auf Blase und Schließmuskel würde
Bevor man jedoch all diese diagnosmanchen Auslöser der Harninkontinenz tischen Maßnahmen unternimmt, sollnicht erfassen. Andererseits muss man te man sich vergewissern, ob überhaupt
auch bei der urologischen Routineun- ein Therapiewunsch besteht, nicht jetersuchung auf einige Besonderheiten der inkontinente Ältere wünscht sich
achten. Bei der Rektaluntersuchung soll- eine Behandlung.
te nicht nur die Prostata palpiert, sonZur Basisuntersuchung gehören weidern auch auf den Tonus des Sphinkter ter die Harnanalyse, die Erfassung von
ani und auf eine Stuhlimpaktion ge- Restharn, am besten sonographisch,
achtet werden. Die Fähigkeit, den aber auch durch Palpation und PerkusSphinkter ani willkürlich kontrahieren sion kann man eine übervolle Blase als
zu können, ist ein
Ursache einer Überwichtiger positiver
laufinkontinenz erfasDie Ätiologie der
Prädiktor für die Ersen, der Katheterismus
Harninkontinenz im
reichung von Kontisollte zur RestharnAlter ist multifaktoriell,
nenz, bei Parkinsonbestimmung nur ausvielfach liegen die
Patienten, die für eine
nahmsweise benützt
TUR-P vorgesehen
werden. Das wichtigUrsachen außerhalb
sind, bedeutet die Fäste Instrument zur Erdes Harntrakts
higkeit zur Willkürfassung der Funktion
GERIATRIE JOURNAL 4/07
U R O LO G I E : D E R I C I A LG O R I T H M U S
des unteren Harntraktes ist das Mik- Therapieziel definieren
tionsprotokoll, in dem die Zeiten der Der nächste Schritt ist das Therapieziel
Blasenentleerung, die jeweils entleerten zu definieren. Nach Fonda et al., ICI
Harnmengen sowie das Faktum, ob der 2005, [2] kann man nur bei wenigen älBetroffene zum Zeitpunkt der Blasen- teren Inkontinenten eine unabhängige
entleerung noch trocken oder bereits Kontinenz erreichen, d.h. die Betroffenass war, über zwei Tage, festgehalten nen bleiben nach erfolgreicher Therawerden. Werden zusätzlich auch noch pie ohne Fortführung der Behandlung
die Trinkmengen notiert, spricht man kontinent, dies ist im Allgemeinen nur
bei sog. temporärer Harninkontinenz
von einem Blasentagebuch.
Eine urodynamische Untersuchung (s. unten) möglich. Wenn die entspregehört nicht zur Basisdiagnostik bei In- chenden geistigen und körperlichen
Voraussetzungen gegeben sind, ist abkontinenz im Alter.
Die Basisdiagnostik reicht bei 80% hängige Kontinenz anzustreben; darunder Betroffenen aus, um folgende drei ter versteht man nach der ICI Kontinenz
Gruppen zu definieren, solche mit mit Fremdhilfe, mit Verhaltenstherapie
Drang- oder/und Belastungsinkonti- und/oder Medikamenten. Ist dieses Ziel
nicht erreichbar, sollte
nenz sowie solche mit
Eine alleinige
man zumindest eine
Inkontinenz mit erhebFokusierung auf Blase sog. soziale Kontinenz
lich Restharn (Restharn
anstreben, d.h. gesellmehr als 50% der funkund Schließmuskel
schaftsfähig durch adätionellen Blasenkapawürde manchen Ausquate Hilfsmittelverzität). Bei etwa 20% der
löser der Harninkonti- sorgung.
Betroffenen sind weiternenz nicht erfassen
Lediglich bei erhebführende Untersuchunlich Verwirrten und högen wie Sonographie des
Harntraktes, eine (video-)urodynami- hergradig Dementen ist auch dieses Ziel
sche Untersuchung oder Zystoskopie nicht erreichbar und damit die Inkonnotwendig. Diese weiterführende Dia- tinenz und ihre Auswirkungen nicht begnostik ist vor allem notwendig, wenn einflussbar.
eine sog. „komplizierte“ Harninkontinenz vorliegt, Inkontinenz mit SchmerTherapiemaßnahmen
zen, Hämaturie, wiederholte Harnwegsinfektionen, ein drittgradiger Pro- Ist das Therapieziel definiert, muss man
laps, wenn eine Operation oder eine zunächst nach Ursachen fahnden, solBestrahlung im kleinen Becken voran- che beseitigen oder behandeln.
Die Erkennung einer temporären
gegangen ist sowie bei Z.n. radikaler
Prostatektomie bzw. wenn eine Rezi- Harninkontinenz ist aus zwei Gründen
wichtig. Unerkannt und unbehandelt
divharninkontinenz vorliegt.
Abb.: Prävalenz der Harninkontinenz
100
90
Prozent
Quelle: Deutsche Kontinenz Geselllschaft
80
56
60
40
24
25
30-60 Jahre
60-80 Jahre
30
20
0
> 80 Jahre
Heimbewohner
Demenz
Die Prävalenz der Inkontinenz ist hoch und schwankt zwischen 30% bei zu Hause
Wohnenden und 90% bei erheblich Dementen.
GERIATRIE JOURNAL 4/07
kann aus der temporären rasche eine
permanente Harninkontinenz entstehen, zum anderen kann man über die
Abklärung der Harninkontinenz bisher
nicht bekannte Krankheiten diagnostizieren. Resnick M.N. et al. [5] hat die
hauptsächlichen Ursachen einer Harninkontinenz memotechnisch in dem
Wort „Diappers“ (= Inkontinenzeinlagen) zusammengefasst und meint darunter, D = Delirium, I = Infektion, insbesondere Harnwegsinfekt, A = Atrophie (athrophe Urethritis, atrophe
Vaginitis), P = Pharmaka, P = psychogene Ursachen, E = Übermaß an Einfuhr und Ausfuhr, R = eingeschränkte
Mobilität und S = Stuhlverhaltung.
Nach diesen Ursachen ist in erster Linie zu fahnden, wenn sich plötzlich
beim Älteren Harninkontinenz einstellt.
Therapiealgorithmus
Hat man das Therapieziel definiert,
nach Ursachen gefahndet und solche
beseitigt und besteht weiterhin Inkontinenz, so stehen Änderungen der Lebensgewohnheiten (Lifestyle-Interventionen) und verhaltenstherapeutische Maßnahmen an erster Stelle. Obwohl die in
der Literatur dokumentierte Evidenz
für den Effekt der Änderung von Lebensgewohnheiten eher gering ist, können ausreichende Flüssigkeitszufuhr
(Harnausscheidung zwischen 1.500 und
2.000 ml), weniger Kaffee und Maßnahmen, die eine Obstipation verhindern, die verhaltenstherapeutischen
Maßnahmen unterstützen.
Die verhaltenstherapeutischen Maßnahmen bestehen in erster Linie im sog.
Toilettentraining, also in der regelmäßigen Aufforderung, die Blase zu entleeren, bevor sie das kritische Füllungsvolumen erreicht hat. Grundlage dafür
ist ein entsprechendes Miktionsprotokoll bzw. Blasentagebuch.
Voraussetzung für ein erfolgreiches
Toilettentraining ist die Fähigkeit des
Betroffenen, den Anordnungen Folge
leisten, die Toilette aufsuchen und auf
der Toilette in gewohnter Position auf
Aufforderung die Blase entleeren zu
können. Dadurch kann zumindest
untertags das Einnässen stark reduziert
37
U R O LO G I E : D E R I C I A LG O R I T H M U S
Foto: Darren Pellegrino – Fotolia.com
werden bzw. Kontinenz erreicht wersachen liegen außerhalb des Harntrakts,
den. Nachts ist weiterhin eine Hilfsauch eingenommene Medikamente
mittelversorgung notwendig.
können dafür verantwortlich sein.
Erst wenn diese Maßnahmen nicht
Bei etwa 80% der Betroffenen reicht
ausreichen, sollten bei Dranginkontidie Basisdiagnostik, um zwischen
nenz Anticholinergika gegeben werden.
Drang- und Belastungsinkontinenz soSie sind im Allgemeinen nur dann inwie Inkontinenz mit erheblich Restharn
diziert, wenn die funktionelle Blasenzu differenzieren. Vor Durchführung
kapazität deutlich vermindert ist (Mikder diagnostischen Maßnahmen ist festtionsprotokoll!). Mit Anticholinergika
zustellen, ob Therapiewunsch besteht.
kann man zwar die Blasenkapazität verVor Einleiten der Therapie ist das
größern und damit die BlasenentleeTherapieziel – unabhängige Kontinenz,
rungsfrequenz senken, das Einnässen Die Ursache der Harninkontinenz im
abhängige Kontinenz oder soziale Konals solches kann man jedoch damit meist Alter ist meist multifaktoriell.
tinenz – zu definieren. Therapeutisch
nicht verhindern. Andererseits können
stehen Änderungen der LebensgewohnAnticholinergika im Alter gefährliche solches ist dafür keine Kontraindika- heiten und verhaltenstherapeutische
Nebenwirkungen, insbesondere solche tion [4].
Maßnahmen an erster Stelle. Antichozentralnervöser Art, die von der GeAuch für chirurgische Eingriffe, bei linergika sind vor allem dann indiziert,
dächtnisstörung bis zu Halluzinationen der Frau mit reiner Belastungsinkonti- wenn die erstgenannten Maßnahmen
reichen, hervorrufen. Weiters sind Inter- nenz (die im Alter eher selten ist) eine nicht ausreichen und die funktionelle
aktionen mit anderen eingenommenen Bandoperation, ist das
Blasenkapazität deutDie verhaltensMedikament möglich und zu beden- Alter keine Kontraindilich vermindert ist. Die
therapeutischen
ken. Insbesondere Anticholinergika, die kation. Die Implantation
Nebenwirkungen der
die Blut-Liquor-Schranke leicht über- eines suburethralen BanMaßnahmen bestehen Anticholinergika könwinden, wie das tertiäre Amin Oxybu- des ist nicht sehr belasnen zu ernsthaften, insin erster Linie im sog.
tynin, verursachen zentralnervöse tend, allerdings ist eine
besondere zentralnerToilettentraining
Nebenwirkungen. Das gehäufte Auf- bestehende Drangsympvösen Komplikationen
treten derartiger Nebenwirkungen bei tomatik eine Kontrainführen, auch InterakOxybutynin in der immediate release dikation. Entsprechende Studien haben tionen mit anderen eingenommenen
Formulierung hat dazu geführt, dass die gezeigt, dass nur etwa 50% der Frauen Medikamenten sind zu bedenken.
Amerikanische Gesellschaft für Geria- postoperativ kontinent sind. Sie sind
Das Alter an sich ist keine Kontraintrie Oxybutynin in dieser Formulerung zwar von ihrer Belastungsinkontinenz dikation für die Inkontinenzchirurgie,
zur Therapie der Dranginkontinenz weitgehend geheilt, leiden aber nun un- insbesondere für suburethrale Bänder
nicht mehr empfiehlt [1], weiters, dass ter einer Dranginkontinenz [6]. Grund bei der belastungsinkontinenten Frau,
die Food and Drug Administration dafür ist, dass eine vorbestehende wenn die entsprechenden Kontraindi(FDA) nun von der Erzeugerfirma ver- Drangsymptomatik persistiert oder kationen beachtet werden.
langt, dass sie die Mögdurch die Bandimplanlichkeit von zentralner- ICI 2005 unterscheidet tation eine solche indu- Literatur:
1. Fick D.M., Cooper J.W., Wade W.E. 2003 Arch.
zwischen unabvösen Nebenwirkungen
ziert wurde.
Int. Med 163: 2716-2724.
in der Fachinformation
Fortschritte in der 2. Fonda D., Du Beau C.E., Harari D. et al.: Incontihängiger Kontinenz,
nence in the Frail Elderly in Incontinence, pg.
anführt.
abhängiger Kontinenz Hilfsmittelversorgung
1165-1239, Edts. P. Abrams, L. Cardozo, S. Khoury
Bei Inkontinenz mit
durch bessere Produkte,
und A. Wein. Health Publication Ltd. 2005.
und
sog.
sozialer
erheblich Restharn könbeim Mann auch ein 3. Maggi et al., 2001 Journal of Geront. 56 A,
Kontinenz
M14-M18.
nen double oder triple
Kondomurinal, sollten
4. Pilloni S., Krhut J., Mair D. et al. 2005. Age &
voiding sowie regelmäes heute ermöglichen,
Aging 34, 57-60
ßige Blasenentleerung bei gut gefüllter, dass man die Inkontinenz soweit be- 5. Resnick, N.M. 1996, JAMA 276, 1832.
aber nicht zu voller Blase, mitunter auch herrscht, dass die Betroffenen gesell- 6. Sevestre et al. Eur. Urol 44:128-31.
7. Staskin DS., Vardi Y., Siroki MB., 1988, J. Urology,
Medikamente, wie Cholinergika und schaftsfähig werden. Lediglich bei De140: 117-8.
Alphablocker, den Restharn auf akzep- menten oder Verwirrten ist dieses Ziel
table Werte senken (unter 50% der nicht zu erreichen.
Univ. Prof. Dr. Helmut Madersbacher,
funktionellen Blasenkapazität). Gelingt
Leiter der Neuro-Urologie der
dies nicht, so sollte vor Legen eines DauZusammenfassung
Universitätsklinik für Neurologie,
erkatheters, transurethral oder suprapubisch, der intermittierende Kathete- Die Ursache der Harninkontinenz im Medizin. Univ. Innsbruck,
rismus erwogen werden. Das Alter als Alter ist meist multifaktoriell, viele Ur- Anichstr. 35, A-6020 Innsbruck
38
GERIATRIE JOURNAL 4/07
G E R I AT R I E J O U R N A L – S P E Z I A L
Geriatrische Rehabilitation nach dem GKV-WSG
Reha auch bei Demenz-Patienten
Früher wurden Patienten mit einer Demenz aus der geriatrischen Rehabilitation oft nach dem Motto „Wer nicht gut im Kopf ist, ist auch nicht
rehafähig“ ausgeschlossen. Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
(GKV-WSG) mag viele Schwächen haben, aber gerade in dieser Hinsicht
wird es zu Verbesserungen führen.
Mobilität vor und nach Reha-Maßnahme
Quelle: Gassmann
Prozent der Patienten
100
bei
Aufnahme
80
bei
Entlassung
60
40
20
0
keine Demenz
Demenz
keine Demenz
Demenz
nicht gehfähig mit Hilfe gehfähig selbständig gehfähig
M
it dem neuen Gesetz sind geriatrische Reha-Leistungen klar als
Pflichtleistung der Krankenkassen definiert. Damit steht es nicht mehr in
der Entscheidung der einzelnen Kassen,
ob sie diese Leistungen übernehmen oder
nicht. Wie Prof. Dr. med. Ingo Füsgen,
Wuppertal, auf dem 26. Workshop des
Zukunftsforums Demenz mitteilte, waren
früher demente Patienten besonders benachteiligt. Man war der Meinung, dass bei
ihnen die Rehabilitation keinen Sinn machen würde, eine Ansicht, die mittlerweile widerlegt werden konnte.
Nunmehr soll mit dem neuen Gesetz
auch der ältere, chronisch Kranke die Chance auf eine Rehabilitation bekommen. So
soll die geriatrische Rehabilitation beispielsweise auch bei fortgeschrittener Demenz, eine Wiedereingliederung in das soziale Umfeld und eine Reduzierung der
Pflegebedürftigkeit ermöglichen.
Mehr Selbstständigkeit
mit Memantine
Damit dies gelingen kann, müssen die
ganzheitlichen Bedürfnisse des Dementen
erfasst und behandelt werden. Dazu gehöGERIATRIE JOURNAL 4/07
Mobilität bei
Aufnahme
und Entlassung (Timedup-and-goTest) bei
dementen
und nichtdementen
Patienten
ren neben einer internistischen Therapie,
einer psychosozialen Betreuung oder körperlichem Training auch eine medikamentöse antidementive Therapie etwa mit
Memantine. In einer Meta-Analyse sechs
plazebokontrollierter Studien von Winblad et al., 2007, zeigten Patienten unter
Memantine deutliche Fortschritte in ihrer
Kognition, ihren Alltagsaktivitäten und im
klinischen Gesamtbild.
In Bayern gibt es seit 1999 das Projekt
„Geriatrie-in-Bayern-Datenbank“ (GiBDat). Hierbei werden alle Behandlungsfälle
geriatrischer Einrichtungen zentral gespeichert und ausgewertet. PD Dr. med. KarlGünter Gassmann, Erlangen, wies darauf
hin, dass dementielle Erkrankungen nicht
gesondert in den Hauptdiagnosen aufgeführt werden, jedoch als Begleitdiagnose erscheinen. Nach einer Analyse aus dem Jahr
2006 litten 40% der geriatrischen Rehapatienten an einer Demenz. Das Rehapotenzial dieser Patienten wird zu Unrecht oft
sehr kritisch bewertet, wie Gassmann darstellen konnte. Die Patienten verbesserten
sich trotz einer ungünstigen funktionellen
Ausgangslage durchaus im Hinblick auf
ihre Mobilität (siehe Abbildung), ihre
Gangsicherheit und Selbstständigkeit im
Alltag. Entsprechend nimmt die Pflegebedürftigkeit auch von Patienten mit fortgeschrittener Demenz ab und die Verlegung
in eine stationäre Pflegeinrichtung kann
vermieden oder zumindest verzögert werden. Der Datenbank zufolge musste nur
einer von fünf Patienten aus der Reha in
eine Pflegeeinrichtung wechseln. Alle anderen wurden wieder nach Hause entlassen. Fazit von Dr. Gassmann: Die Notwendigkeit einer geriatrischen Reha-Maßnahme sollte auch bei dementen Patienten
geprüft werden, denn die Chance auf eine
erfolgreiche Behandlung ist durchaus gegeben.
Daten, die diese Position stärken, lieferte auch PD Dr. med. Annette Welz-Barth,
Wuppertal. Ihr ging es in einer eigenen
Untersuchung ebenfalls um Möglichkeiten
und Sinnhaftigkeit einer geriatrischen Rehabilitation bei dementen Patienten. Die
100 Teilnehmer waren zu 97% aus anderen Kliniken verlegt worden, die anderen
kamen von zu Hause. Die verlegenden Kliniken hatten nur bei 7% kognitive Störungen gemeldet, obwohl in Wirklichkeit
bei 64% derartige Defizite vorlagen. WelzBarth stellte fest, dass zwischen dementen
und nicht dementen Patienten keine Unterschiede in der Verweildauer bestanden und
der gleiche Rehaerfolg erzielt werden konnte.
MB
Impressum
S
P E Z I A L
26. Workshop des Zukunftsforum Demenz
„Geriatrische Rehabilitation – Vom Ermessen
zur Pflicht auch für den dementen Patienten“, unterstützt von Merz Pharmaceuticals,
am 9. Juli 2007 in Erlangen
Berichterstattung: Martin Bischoff
Redaktion: Jola Horschig
Layout: Sabine Löffler
Druck: Verlag Gödicke Druck & Consulting,
Hannover
Auflage: 5.500 Exemplare
39
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
PDE-5-Hemmer
Pharmakologische Unterschiede
beeinflussen Patientenpräferenz
Zur Behandlung der Erektilen Dysfunktion (ED) gibt es drei zugelassene PDE-5Hemmer. Sie sind vergleichbar und verträglich, schlussfolgert Dr. P.J. Wright vom
Wolfson Research Institute der Universität
Durham in einer Übersichtsarbeit [1]. Der
Autor vergleicht Sildenafil-Citrat, Vardenafil HCI und Tadalafil auf Basis der aktuellen Studienlage. Aus dieser geht u.a. hervor, dass die unterschiedlichen pharmakologischen Eigenschaften die Patientenpräferenz zu beeinflussen scheinen. Dr.
Wright vergleicht die PDE-5-Hemmer anhand aktueller Studien zur Wirksamkeit
und Verträglichkeit der einzelnen Produkte
sowie dreier Patientenpräferenzstudien [2,
3, 4] zwischen Sildenafil-Citrat und Tadalafil. Die drei vergleichbaren Wirkstoffe
unterscheiden sich wie folgt: Sildenafil-Citrat und Vardenafil HCI verfügen über eine Halbwertzeit von vier Stunden, Tadalafil von 17,5 Stunden. Letzteres kann zudem nahrungsunabhängig eingenommen
werden, denn Rate und Ausmaß der Re-
sorption werden nicht durch Nahrungsmittel beeinflusst [5, 6, 7].
In diesen Eigenschaften sieht Wright eine mögliche Ursache für die Ergebnisse
der Studie zur Patientenpräferenz. Mehrheitlich zogen diese eine Behandlung mit
Tadalafil vor. So präferierten in der offenen, multizentrischen, randomisierten
Crossover-Studie von Eardley et al. 71%
der Patienten (n = 206) eine Behandlung
mit Tadalafil gegenüber 29% (n = 85) mit
Sildenafil-Citrat [4]. 376 Männer mit ED,
die zuvor noch nicht mit einem PDE-5Hemmer behandelt wurden, erhielten zunächst für einen Zeitraum von zwölf Wochen randomisiert Tadalafil oder Sildenafil-Citrat. Danach gab es für den gleichen
Zeitraum die jeweils andere Medikation.
291 Patienten durchliefen beide Therapiephasen. Sie wurden am Studienende gefragt, welches der Präparate sie für die nächsten acht Wochen einnehmen wollten.
Die Übersichtsarbeit von Wright geht in
einem Absatz auf den möglichen Nutzen
Analgesie
Morphin nicht der Goldstandard
In der Schmerztherapie mit Opioiden
kann Morphin als Referenzsubstanz gelten, aber der Goldstandard ist es auf
Grund der Nebenwirkungen und der
Kontraindikationen nicht. Diese Auffassung vertraten die Referenten des vom
Gesprächskreis Ost der Forschenden Arzneimittelhersteller ausgerichteten Pressegesprächs. Zu den wichtigsten Kriterien
der Schmerztherapie zählt die individuelle
Situation des Patienten, denn „bei der
Therapie sind neben der Wirksamkeit
auch die Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente zu berücksichtigen“,
betonte Prof. Dr. med. Enno Freye, Abteilung für Gefäßchirurgie der HeinrichHeine-Universität Düsseldorf. Dazu zählt
fast immer eine Obstipation, die nicht
nur die Lebensqualität des Patienten deut-
40
lich reduziert, sondern auch eine effektive Analgesie, weil sie häufig eine weitere
Steigerung der Opioiddosis unmöglich
mache. Zu berücksichtigen ist weiterhin,
dass bei Patienten mit eingeschränkter
Nierenfunktion aktive Metabolite akkumulieren und z.B. Halluzinationen verursachen können. Außerdem wirkt Morphin immunsuppressiv, und viele der Patienten seien auf Grund ihres Alters oder
der Grunderkrankung ohnehin immungeschwächt.
Für Dr. Thomas Nolte, Schmerzzentrum Wiesbaden, bedeutete das Festhalten am Morphin, wie es von patientenfernen Organen der Gesundheitsverwaltung
propagiert wird, nicht nur eine inakzeptable Beeinträchtigung der Lebensqualität
und Funktionalität der Patienten. Auf
einer regelmäßigen Dosierung von Tadalafil ein. Eine tägliche Einnahme entspricht
nicht der aktuellen Zulassung. Tadalafil
10 mg und 20 mg sind vorgesehen zur
Einnahme vor einer erwarteten sexuellen
Aktivität.
Literatur
1. Wright PJ. Comparison of phosphodiesterase type 5
(PDE5) inhibitors. Int J Clin Pact 2006; 60: 967-75
2. von Keitz A et al. A multicenter, randomized, doubleblind, crossover study to evaluate patient preference
for tadalafil and sildenafil. Eur Urol 2004; 45: 499-507.
3. Ströberg P et al. Switching patients with erectile dysfunction from sildenafil citrate to tadalafil: results of a
European multicenter, open-label study for patient
preference. Clin Ther 2003; 25: 2724-37.
4. Eardley I et al. An open-label, multicentre, randomized, crossover study comparing sildenafil citrate and
tadalafil for treating erectile dysfunction in men naïve
to phosphodiesterase 5 inhibator therapy. BJU International 2005; 95: 1323-32.
5. Nichols DJ et al. Pharmacokinetics of sildenafil after
single oral doses in healthy male subjects: absolute
bioavailability, food effects and does proportionality.
Br J Clin Pharmacol 2002; 53 (Suppl. 1): 5S-21S.
6. Stark S et al.: Vardenafil increases penile rigidity and
tumescence in men with erectile dysfunction after a
single oral dose. Eur Urol 2001; 40: 181-8
7. Patterson B et al. The effect of intrinsic and extrinsic
factors on the pharmacokinetics properties of tadalafil (IC351). Int J Impot Res 2001; 13 (Suppl. 5): S62
(Abstract 16).
Quelle: Lilly Deutschland GmbH,
Pressemitteilung vom 16. März 2007,
www.lilly-pharma.de
Grund der z.T. unkalkulierbaren Risiken
gerade bei älteren und multimorbiden Patienten gefährde es auch die körperliche
Gesundheit. Bei Patienten mit Polymedikation etwa sei Morphin kontraindiziert,
vor allem, wenn die Begleitmedikamente
über das Cytochrom P450-System abgebaut werden. Gleiches gelte für Patienten
mit kognitiven Störungen, Nieren- oder
Leberinsuffizienz, vorbestehender Obstipation und immunologischen Problemen.
In all diesen Fällen sind neuere Opioide
(wie Hydromorphon, Oxycodon/Naloxon, Tilidin/Naloxon, transdermales Buprenorphin oder transdermales Fentanyl)
– mit wenigen Ausnahmen und in unterschiedlichen Konstellationen – Mittel der
ersten oder zweiten Wahl. Mit Blick auf
die Therapiekosten erklärte Nolte: „Unter
ökonomischen Gesichtspunkten ist die
nebenwirkungsärmere oder -freie Therapie immer die günstigere Option – durch
die Vermeidung von Folgekosten.“
GERIATRIE JOURNAL 4/07
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
Dr. med. Till Wagner, Chefarzt der Klinik für Schmerztherapie am Medizinischen Zentrum Aachen, hob hervor, dass
die Therapie mit Morphin nur vermeintlich günstig ist. Zwar ergebe sich
ein Kostenvorteil, wenn die im Arzneimittelindex aufgeführten „angenommenen mittleren Tagesdosen“ (Defined Daily Doses, DDD) zugrunde gelegt würden.
Berücksichtige man aber die äquipotenten (d.h. nach der Wirkstärke bereinigten)
Dosierungen, schmelze der Preisvorteil
von retardiertem Morphin dahin. „Werden dann noch die Ko-Therapeutika zur
Behandlung der Nebenwirkungen hinzugerechnet, verursacht diese Therapie
am Ende die höchsten Kosten“, erklärte
Wagner. Laut mehr als 200 Studien, die
den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechen, hätten alle neueren
Opioide ein günstigeres Nebenwirkungsprofil als Morphin, so Wagner
weiter.
„Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen“,
zitierte Dr. jur. Ronny Hildebrand, Dierks
& Bohle Rechtsanwälte, Berlin, aus dem
Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V,
§2 Abs. 1). Bleibt die Schmerztherapie
hinter dem Facharztstandard zurück, liegt
ein Behandlungsfehler vor und der Patient
Alzheimer Demenz
Dualer AChE-Hemmer verzögert
Krankheitsverlauf
In Deutschland leiden derzeit etwa 1,2
Mio. Menschen an einer Demenz, davon
600.000 an Alzheimer. Eine frühzeitige
Therapie mit Medikamenten kann ein
Fortschreiten der Krankheit effektiv verzögern und Betroffene können lange selbstständig bleiben.
Ein Presse-Workshop im März 2007 in
Seeon nahm sich dieses Themas an. Hier
wurden verschiedene Diagnose- und Therapieverfahren vorgestellt und diskutiert.
Insgesamt, so hieß es, werden AChE(Acetylcholinesterase)-Hemmer derzeit noch zu
wenig eingesetzt. Nur 26% der an Alzheimer-Demenz erkrankten Patienten werden überhaupt mit einem modernen Antidementivum behandelt. Auch gebe es zwischen den einzelnen Wirkstoffen große
Unterschiede.
Besonderes Augenmerk galt auf dem
Workshop dem modernen AChE-Hemmer Galantamin (Reminyl®) mit seinem
dualen Wirkungsprinzip. Prof. Alfred Maelicke, Mainz erklärte: „Als einzige Substanz der Wirkstoffgruppe der AChE-Inhibitoren hemmt es nicht nur den Abbau
des Botenstoffes Acetylochin, der eine besondere Bedeutung für Denk- und Lernprozesse besitzt. Darüber hinaus moduliert
er die nikotinergen Rezeptoren und erGERIATRIE JOURNAL 4/07
leichtert so die neuronale Signalerweiterung.“ Zudem gibt es Hinweise darauf,
dass Reminyl den bei Alzheimer-Demenz
charakteristischen Abbau von Nervenzellen hemmt. Eine Vergleichsstudie mit Donepezil zeigt eine bessere Wirkstärke und
Wirkungsdauer bei dem dualen AChEHemmer. Maelicke: „Dieses Antidementivum weist eine breite – symptomatische
und protektive – Wirkung auf.“
Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) bestätigt die Vorteile einer Behandlung dementer Patienten mit AChEHemmern. In seinem auf der Grundlage
von kontrollierten Studien erstellten
Abschlussbericht gibt es Belege dafür, dass
die kognitive Leistung günstig beeinflusst
wird. Aktivitäten des täglichen Lebens
können von den Patienten besser bewältigt werden. PD Dr. Bernd Ibach, Neuss,
betonte: „ Bei Galantamin verbessern sich
auch neuropsychiatrische Symptome, wie
Wahn oder Aggressivität. Der Betreuungsaufwand lässt sich pro Tag um zwei
Stunden reduzieren.“
Das britische National Institute of Clinical Excellence (NICE) zeigte in einer
Metaanalyse mehrerer Studien eine Verbesserung der kognitiven Leistungen un-
hat ggf. Anspruch auf Schadenersatz. Zwar
fordere das SGB V „nur“ eine ausreichende ärztliche Leistung. „Das bedeutet
aber nicht Schulnote 4, sondern das Ziel
erreichen. Und dazu zählt in der Schmerztherapie auch eine gute Lebensqualität“,
betonte der Jurist. Wer dem Bedarf des Patienten gemäß ein anderes Opioid als retardiertes Morphin verordnet, sollte allerdings auf eine sorgfältige Dokumentation
achten.
Quelle: Gesprächskreis Ost Forschender Arzneimittelhersteller LunchPressekonferenz „Goldstandard Morphin? Eine realistische Bewertung
...“, Freitag, 11. Mai 2007, Berlin
ter Galatamin. Bei leichter Erkrankung
lag die Verbesserung bei 2,4, bei moderater um 4,1 und bei mäßig-schweren Fällen bei 6,1 Punkten auf der ADAS-Cog.
(Alzheimer’s Disease Assessment ScaleCognition). Unbehandelte Patienten verschlechtern sich jährlich zwischen 8 und
11 Punkten.
Unter dem dualen Wirkungsmechanismus von Galatamin profitieren Alzheimer-Patienten durch eine Verzögerung
ihres Krankheitsverlaufs. Zusätzlich kann
ihre Funktionalität verbessert, der Betreuungsaufwand verringert und die Lebensqualität gesteigert werden.
Literatur:
1. Brodaty H, et al. Galantamine prolonged-release
formulation in the treatment of mild to moderate
Alzheimer’s disease. Dement Geriatr Cogn Disord
2005; 20 (2-3): 120-32.
2. Rockwood K, et al. Attainment of treatment goals by
people with Alzheimer’s disease receiving galantamine: a randomized controlled trial. CMAJ 2006;
174 (8): 1099-105.
3. Sano M, et al. the effects of galantamine treatment
on caregiver time in Alzheimer’s disease. Int J
Geriatr Psychiatry 2003; 18: 942-50
4. Presse-Workshop: „Alzheimer-Demenz: Bedeutung
verschiedener Diagnoseverfahren und Stellenwert
des dualen AChE-Hemmers Galantamin in der Therapie“ am 7. und 8. März in Seeon, Janssen-Cilag
5. Maelicke A. Klinische Bedeutung: Dualer Wirkmechanismus von Galatamin zur Behandlung de Alzheimer-Demenz. Psychoneuro 2005; 31 (5): 243-6
6. Wilcock G, et al. A long-term comparison of galantamine and donepezil in the treatment of Alzheimer’s
disease. Drugs Aging 2003; 20 (10): 777-89
7. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen (IQWIG). Cholinesterasehemmer bei Alzheimer Demenz. Abschlussbericht A0519A. Köln: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG); Februar 2007
41
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
8. Matthews F, et al. MRC Report appendixB,
http://www.nice.org.uk/page.aspx?o=288664
9. Stern RG et al. A longitudinal Study of Alzheimer’s
disease: measurement, rate, and predictors of
cognitive deterioration. Am J Psychiatry 1994; 151:
390-6
10. Waldemar G, Phung KT, Burs A, Georges J, Hansen
FR, Iliffe S et al. Access to diagnostic evaluation and
treatment for dementia in Europe. Int J Geriatr
Psychiatry 2007; 22:47-54
Quelle: Janssen-Cilag GmbH, Neuss,
Pressemitteilung vom 9. Mai 2007;
www.janssen-cilag.de
Hypertonie
Kombinationstherapie für
hypertonen Diabetiker bessere Wahl
Welche Strategie ist bei kardiovaskulären
Risikopatienten mit Typ 2 Diabetes die
überlegenere, die Monotherapie oder die
niedrig dosierte Kombinationstherapie?
Dies war das Thema auf einem Symposium
im April in Mannheim anlässlich des Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Vorgestellt wurde eine neue Studie (STRATHE-Studie). 533 Hypertoniker mit einem Ausgangsblutdruck von
166/98 mmHg erhielten entweder eine sequentielle Monotherapie, eine Stufentherapie oder die niedrig dosierte Fixkombi-
nation Perindopril/Indapamid (2 mg/
0,625 mg, Preterax®). Die Ergebnisse, so
der Leiter der Studie Prof. Dr. Roland
Schmieder, Erlangen, sprechen eine eindeutige Sprache. Unter der Fixkombination
war der systolische Blutdruck nach vier
Wochen um etwa 4 mmHg mehr abgesunken. Zudem lag hier der Anteil der Patienten mit nunmehr kontrolliertem Blutdruck um 15% höher.
Dass 4 mm HG für das kardiovaskuläre Risiko relevant ist, zeigt eine Metaanalyse aus 61 prosprektiven Studien. Die KHK-
Akutschmerzen
Postoperative Schmerzen mit Oxycodon therapieren
Für Patienten mit akuten posttraumatischen Schmerzen gibt es seit Juli 2007 ,
solange diese z.B. nach einer Operation
nicht schlucken können, Oxygesic®
injekt. Das intravenös und subkutan
injizierbare Medikament gibt es in
Dosierungen zu 10 mg/1 ml und 20 mg/
2 ml. Es wirkt innerhalb von 2-5 Minuten. Der maximale schmerzlindernde
Effekt tritt nach 10-15 Minuten ein. Die
Analgesie hält vier Stunden an. Die
Dosierung kann gut und schnell an die
Schmerzstärke angepasst werden.
Die Substanz ist nach Angaben des
Herstellers auch nach wiederholter
Applikation gut steuerbar. Beim Abbau
von Oxycodon entstehen im Vergleich
zu Morphin keine therapeutisch aktiven
Metabolite. Daher wird der Wirkstoff
gut vertragen. Die Eleminationskinetik
erlaubt nach Angaben des Herstellers
eine sichere Einstellung von Risikopatienten, bei denen die Dosis ggf. reduziert werden muss.
42
Sobald der Patient wieder schlucken
kann, ist eine schnelle und einfache
Umstellung auf eine orale Therapie mit
Targin möglich. Das Medikament ist
eine Fixkombination aus retardiertem
Oxycodon und retardiertem Naloxon.
Ein Wechsel auf ein anderes Opiat ist
so nicht notwendig. Die Behandlung
mit einer einzigen analgetischen Wirksubstanz vermeidet umstellungsbedingte Nebenwirkungen. Die Compliance des Patienten wird so erheblich
erhöht.
Literatur:
1. KalsoE.: Oxycodone. J Pain Symptom Manage 2005;
29 (5. Suppl.): S 47-56. Review
2. Kalso E. et al: Intravenous morphine and oxycodone for pain after abdominal surgery. Acta Anaesthesiol Scand 1991; 35 (7): S 642-646
Quelle: Mundipharma GmbH & Co.
KG, Limburg a.d. Lahn,
Pressemitteilung vom 19. Juni 2007;
www.mundipharma.de
Mortalität sank um 7% pro 2 mmHG
Differenz und die Schlaganfall-Mortalität
um 10%. Die europäischen Fachgesellschaften ESC und ESH empfehlen die initiale Kombinationstherapie bei hohem
kardiovaskulären Risiko und niedrigem
Zielblutdruck, z.B. 130/85 mmHG und
Typ-2-Diabetes oder Nierenerkrankung.
Bei der Kombination mehrerer Antihypertensiva sind Diuretika beliebt. In
Deutschland wird am häufigsten Hydrochlorothiazid (HCTZ) eingesetzt. Hier
liegt die Halbwertzeit bei zwölf Stunden.
Indapamid hingegen, mit einer Halbwertzeit von 18-24 Stunden, senke den
Blutdruck effektiv über 24 Stunden. Darauf verwies Prof. Schmieder auf dem Symposium. Das Medikament erweise sich somit als idealer Partner für den ebenfalls 24
Stunden wirkenden ACE-Hemmer Perindopril.
Bei der Behandlung des hypertonen Diabetikers sind aber nicht nur der hohe Blutdruck zu senken, auch die metabolische
Neutralität und Organprotektion sind zu
fordern. Denn, so Prof. Dr. med. Heinrich
Holzgreve, München, das kardiovaskuläre Risiko dieser Konstellation übersteige das
jeder dieser Erkrankungen alleine um das
2-4-fache. In einer Studie (PREMIERStudie) zeige sich, dass Perindopril/Indapamid in der Reduktion der Albuminurie
bei diabetischer Nephropathie als deutlich
effektiver als der ACE-Hemmer Enalapril.
Zudem sei das Risiko, einen neuen Diabetes zu entwickeln, unter einer Langzeittherapie mit ACE-Hemmern und AT1Blocker sowie Kalziumantagonisten sehr
viel geringer als unter Betablocker und
Diuretika.
Literatur:
1. Symposium „Rationale antihypertensive Therapiestrategien bei kardiovaskulären Risikopatienten mit
Typ 2 Diabetes – was ist gesichert?“, Jahrestagung
der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 13.04.07,
Mannheim
2. Strategies of Treatment in Hypertension: Evaluation
Mourad JJ et al. J. Hypertens. (2004) 22: 2379-2386
3. Prospective Study Collaboration. Lancet 2002: 360;
1903-13
4. Blood Pressure Lowering Treatment Trialists Collaboration, Arch. Intern. Med. 2005
5. Preterax in Albuminuria Regression Mogensen C
et al. Hypertension 2003
Quelle: Servier GmbH, München;
Pressemitteilung vom 9. Mai 2007,
www. servier.de
GERIATRIE JOURNAL 4/07
IMPRESSUM/TERMINE
Impressum
Termine 2007
Herausgeber:
@ 5. September 2007, Lutherstadt Eisleben
Prof. Dr. Dr. med. G. Kolb, Lingen;
Prof. Dr. med. I. Füsgen, Wuppertal;
Prof. Dr. med. C. Sieber, Nürnberg;
Prof. Dr. med. B. Höltmann, Grevenbroich;
Prof. Dr. R. Hardt, Trier;
PD Dr. M. Haupt, Düsseldorf;
Dr. D. Lüttje, Osnabrück
Redaktion: Jola Horschig (Ltd. Redakteurin, presserechtlich verantwortlich), Im Kampe 9, 31832 Springe,
Telefon: 0 50 41 / 98 90 58, Telefax: 0 50 41/ 98 90 59,
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Herstellung: Sabine Löffler (verantwortlich)
Grafik: Sabine Löffler (verantwortlich)
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Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Gerichtsstand und Erfüllungsort: Wiesbaden
Druck: Verlag Gödicke Druck & Consulting, Hannover
„Die Patientenverfügung – Ärztliches Handeln und politische
Initiativen“, Weiterbildungsveranstaltung
© gerikomm Media 2007
Druckauflage: 5.500 Exemplare
GERIATRIE JOURNAL 4/07
ISSN 1439-1139
III. Quartal 2007
Informationen: Klinikum Mansfelder Land & Pflege gGmbH, Geriatrische Klinik und Tagesklinik, Sekretariat, Hohetorstr. 25, 06295 Lutherstadt Eisleben, Tel. 0 34 75 / 90-16 50 Fax: 0 34 75 / 90-16 16
@ 8. September 2007, Bamberg
„Pharmakologie und Harninkontinenz“ – 11. Bamberger Gespräche
Informationen: Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.,
Tel. 05 61 / 7 80 604, Fax: 05 61 / 77 67 70, eMail: [email protected], Internet: www.kontinenz-gesellschaft.de
@ 9./10. November 2007, Kiel
Kontinent bleiben – kontinent werden.
19. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V.
Informationen: Deutsche Kontinenz Gesellschaft e. V.,
Tel. 05 61 / 78 06 04, Fax: 05 61/776 770, eMail: [email protected], Internet: www.kontinenz-gesellschaft.de
@ 12.-16. November 2007
Heidelberger Basiskurs – Palliativmedizin/ Palliative Geriatrie
Informationen: Bethanien-Krankenhaus – Geriatrisches Zenrum –
Agaplesion Akademie Heidelberg, Almut Lawall, Rohrbacher Str. 149,
69126 Heidelberg, Tel. 0 62 21 / 3 19-16 31, Fax: 0 62 21 / 3 19-16 35,
eMail: [email protected], www.agaplesion-akademie.de
@ 14. November 2007, Amberg
1. Fachtagung: Demenz – eine Herausforderung für
Politik und Gesellschaft
Informationen: Verein zur Förderung der Seelischen Gesundheit im Alter
im Landkreis Amberg-Sulzbach und Stadt Amberg e.V., Paulanergasse 18,
92224 Amberg, Tel. 0 96 21 / 37 24 13, Fax: 0 96 21 / 37 24 19,
www.sega-ev.de
@ 15.-17. November 2007, Nürnberg
16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie e.V. (DGG)
Informationen: Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e.V. (DGG),
Reiner Münster, Winzerstr. 9, 65207 Wiesbaden, Tel. 0 62 21 / 70 52 36,
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@ 16./17. November 2007
Tübinger HELP Symposium für Alterswissenschaften
Informationen: Geriatrisches Zentrum am Universitätsklinikum Tübingen,
Antonia Gaertner, Osianderstr. 24, 72076 Tübingen,
Tel. 0 70 71 / 2 98 65 28, Fax 0 70 71 / 29 41 41,
eMail: [email protected], Internet:
www.medizin.uni-tuebingen.de/interdisz_einr/geriatrisches_zentrum/
@ 21.-24. November 2007, Berlin
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und
Nervenheilkunde (DGPPN) Kongress 2007
Informationen: CPO Hanser Service GmbH, Paulsborner Str. 44,
14193 Berlin, Tel. 0 30 / 3 00 66 90, Fax: 0 30 / 30 06 69 50,
eMail: [email protected], www.dgppn-kongress.de
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