Praktikum im Institituto Fortalece in Peru – Ica – Subtanjalla

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Praktikum im Institituto Fortalece in Peru – Ica – Subtanjalla
Zweiter Teilbericht an der Fakultät 11 für angewandte Sozialwissenschaften
der Hochschule München
Im Studiengang: Soziale Arbeit
WS 09/10
Praktikum im Institituto Fortalece in Peru – Ica – Subtanjalla
Beschreibung des Projektes „Desarrollo Personal“
und Reflexion der gemachten Erfahrungen
Vorgelegt von:
Simona Feistl
Martina Haser
Veranstaltungstitel: Praxisbegleitende Lehrveranstaltung für Auslandspraktikanten
Subtanjalla, 30.01.2010
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1 Das Projekt „Desarrollo Personal“ .................................................................................4
1.1 Zielsetzung.......................................................................................................................5
1.2 Die drei Teilbereiche des Projektes Desarrollo Personal.................................................6
1.2.1 Entwicklung einer Zukunftsvision................................................................................6
1.2.2 Identitätsbildung............................................................................................................8
1.2.3 Zeitungstheater – teatro de periodico .........................................................................14
2 Martina Haser.................................................................................................................15
2.1 Reflexion der eigenen Arbeit im Projekt.......................................................................16
2.2 Reflexion der eigenen Rolle und Funktion / Stärken /Schwächen.................................20
2.3 Entwicklungsbedarfe......................................................................................................22
2.4 Reflexion des eigenen Lernprozesses............................................................................23
3 Simona Feistl....................................................................................................................25
3.1 Reflexion der eigenen Arbeit im Projekt.......................................................................26
3.2 Reflexion der eigenen Rolle und Funktion / Stärken / Schwächen................................30
3.3 Entwicklungsbedarfe......................................................................................................32
3.4 Reflexion des eigenen Lernprozesses............................................................................33
4 Fazit34
Erklärung...........................................................................................................................36
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Einleitung
In dem vorangegangenen Teilbericht haben wir uns mit den politischen, ökonomischen und sozialen Strukturen des Landes Perus auseinandergesetzt und letztendlich die Soziale Arbeit in Südamerika beleuchtet. Dies ist für uns eine Auseinandersetzung mit viel gegensätzlichen und fremden Gegebenheiten gegenüber
unserer gewohnten Umgebung gewesen.
Im folgenden Teilbericht hingegen, wird unsere Soziale Arbeit, die wir hier geleistet haben, beschrieben und reflektiert. Diese Arbeit hat sich zu Beginn als sehr
schwierig dargestellt, da es nicht nur die Sprachbarriere zu überwinden gegeben
hat, sondern zudem ist es an uns gelegen auch die kulturellen Gewohnheiten,
Bräuche und Sitten zu beachten und mit in die Arbeit einzubeziehen.
In einem Land wie Peru, dass auf Grund seiner geschichtlichen Entwicklung auf
andere Werte setzt, als bei uns im europäischen Bereich, in einem Land, indem
die Familie noch über alles geht und freundschaftliche und nachbarschaftliche
Bände noch immer sehr viel Wert haben. In eben diesem Land ist es sehr wichtig,
dass man die Menschen annimmt, wie sie sind und nicht versucht zu verändern,
was seit Generationen besteht. Um eben diese Gegebenheiten haben sich unsere
Diskussionen und gedanklichen Auseinandersetzungen bei der Erarbeitung und
Entwicklung des großen Rahmenprojektes „Desarrollo Personal“ gedreht. Ein Projekt zur Persönlichkeitsentwicklung und Entwicklung der vorhandenen Kapazitäten
in Subtanjalla – ICA - Peru. Es handelt sich um ein Projekt, dass wir gemeinsam
mit unserem Mentor Herrn Juan Andrés Sotó Guevara erarbeitet und anschließend auch durchgeführt haben. Dessen wichtigstes Ziel ist es, den Menschen hier
eine Möglichkeit zu geben ihr Potenzial und ihre Fähigkeiten zu erkennen, zu nutzen und weiterzuentwickeln.
Im folgenden Fließtext beginnen wir mit der näheren Erläuterung dieses umfangreichen Rahmenprojektes und werden versuchen die einzelnen Teilbereiche näher
zu beschreiben. In der Beschreibung dessen werden wir auf folgende Fragen eingehen: Wie genau sind die Teilbereiche aufgebaut, was genau ist unsere Zielsetzung gewesen und das beinhaltet dementsprechend, was genau wollen wir mit
den Partizipanten unserer Projekte gemeinsam erarbeiten und erreichen? Zudem
werden wir auf die Umsetzung und Realisierung des Projektes eingehen. An-
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schließend werden wir unsere eigene Reflexion der Arbeit mit dieser fremden Kultur wiedergeben und uns mit unseren Gefühlen, unserer Entwicklung und Wissensdefiziten auseinandersetzen. Dies ist ein sehr wichtiger Teilbereich, da ein
halbes Jahr im Ausland Veränderungen bei Menschen hervor ruft und sie vor al lem auch prägt. In der Arbeit hier sind wir des Öfteren an Grenzen gestoßen, da
es sich an die gegebenen Bedingungen anzupassen galt. Wie wir all das in unsere
Arbeit hineingebracht haben und welche Probleme, oder Fragen sich ergeben haben, aber auch welche Bereicherung und Fortschritte wir gemacht haben - all dies
werden wir versuchen in Worte zu fassen und damit versuchen, einen kleinen Teil
unserer hier gemachten Erfahrungen mitzuteilen.
Während unserer Reflexion haben wir uns selbst einige Fragen gestellt, unter anderem waren dies, wie wir uns selbst gesehen haben, wie wir von unseren Klienten wahrgenommen wurden, welche Probleme sich für uns im Besonderen ergeben haben, aber auch welche Methoden besonderes gut angekommen sind. Des
Weiteren werden wir die Zusammenarbeit im Team, das nicht nur eine gemeinsame Arbeitsstelle inne gehabt hat, sondern auch ein gemeinsames Zimmer bewohnte, reflektieren. Zudem werden wir auf Grenzerfahrungen, die wir in der Arbeit und im Leben hier gemacht haben, eingehen, erläutern und diese kritisch be trachten.
Doch beginnen werden wir mit der Beschreibung des Projektes „Desarrollo Personal“ und der Frage, wie wir dieses Projekt angegangen sind und aufgebaut haben.
1
Das Projekt „Desarrollo Personal“
Wie in der Einleitung bereits erwähnt, haben wir gemeinsam mit unserem Anleiter
Herrn Sotó das Projekt „Desarrollo Personal“, was auf Deutsch so viel bedeutet
wie Persönlichkeitsentwicklung, für unsere Arbeit in Subtanjalla entwickelt. Es
handelt sich hierbei um ein sehr großes Projekt, unter dessen Deckmantel sich
sehr viele kleine Teilbereiche befinden und durchgeführt worden sind.
Als zuförderst obliegendes Ziel des Gesamtprojektes lässt sich die Persönlichkeitsentwicklung, bzw. die Stärkung und Weiterentwicklung vorhandener Kapazitäten definieren. Um das zu erreichen haben wir das Projekt in drei Teilbereiche auf geteilt. Diese Bereiche bedingen sich gegenseitig und wirken in ihrer Gesamtheit
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auf das Hauptziel „Desarrollo Personal“ hin. Im Fließtext werden wir deshalb auf
alle Teilbereiche dieses Projektes eingehen.
Diese Bereiche definieren sich als die Entwicklung einer Zukunftsvision, als Förderung und Bildung der Identität und als letzten Teil dem Zeitungstheater als Hilfe
zum Verständnis politischer Strukturen.
Wie diese Bereiche aufgebaut sind und was genau sie beinhalten wird im Folgen den näher erläutert. Doch um zu verstehen, wieso das Projekt Desarrollo Personal
folgendermaßen aufgebaut ist, stellt es sich als wichtig dar, die Zielsetzung und
die Gedanken, die dahinter stecken, zu verstehen. Weshalb hier mit der Zielsetzung des Projektes begonnen wird.
1.1
Zielsetzung
Das Projekt „Desarrollo Personal“ bedeutet, wie oben bereits genannt, übersetzt
soviel wie Persönlichkeitsentwicklung. Dies lässt sich auch als Hauptziel des Projektes definieren. Alle Teilbereiche haben den Sinn und Zweck, auf dieses Ziel hinzuwirken und die Entwicklung der Persönlichkeit zu fördern.
Das Projekt soll eine Stärkung des Selbstbewusstseins durch die Auseinandersetzung mit sich Selbst und Anderen bewirken und zudem eine Förderung der vorhandenen Kompetenzen bzw. Potenzialen bedingen. Dies geschieht auf unterschiedliche Art und Weise, durch Spiele, Lernprozesse, Vorträge und andere Dinge.
Zudem wollen wir mit dem Projekt eine Veränderung des Bewusstseins herbeiführen, indem wir einen Blick in die Zukunft und den damit verbundenen Möglichkeiten und Chancen werfen. Die Erarbeitung einer wirklichkeitsnahen Zukunftsvision
soll hierbei erfolgen.
Ein weiteres wichtiges Anliegen des Projektes ist es, die Arbeit in einem Team, in
dem man sich gegenseitig aufeinander verlassen kann, zu stärken. Vertrauen ineinander und in das Team soll ermöglicht werden.
Des Weiteren ergibt sich ein kultureller Austausch für alle Teilnehmer des Projektes. Dies geschieht allein durch die gemeinsame Arbeit von Menschen aus zwei
verschiedenen Ländern. Ergänzend hierzu werden in den Teilbereichen immer
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wieder interkulturelle Themen aufgegriffen. Der Austausch mit und zwischen anderen Ländern, ist dem Projekt ein wichtiges Ziel, weil hiermit der Horizont der Parti zipanten nicht nur auf das eigene Haus zentriert bleibt, sondern erweitert und in
neue Richtungen gelenkt wird.
Dies alles sind sehr große Ziele, die wir uns gesetzt haben. Allerdings stehen im
Mittelpunkt die jungen Menschen, mit denen die Arbeit erfolgt und eine Hilfestellung bei deren weiteren Lebensweg.
Letztendlich sollen die Jugendlichen vor allem auch merken, dass sie Potenzial
haben und dieses auch gefördert werden kann. Um dies zu verwirklichen wird ihnen ein Rahmen geboten, indem sie sich entwickeln und entfalten können.
Bei den gegebenen Familiensituationen, aus denen viele der Jugendlichen stammen, stellt es sich für einige als sehr schwierig dar, an sich zu glauben und so etwas wie Selbstbewusstsein zu entwickeln. Dieses Projekt soll ihnen das Gefühl
geben, jemand zu sein und vor allem auch etwas zu können. Der Glaube an sich
Selbst und das vorhandene Potenzial ist Persönlichkeitsentwicklung und damit eines der wichtigsten Elemente unserer Zielsetzung.
Nun stellt sich die Frage, wie diese Ziele erarbeitet und erreicht werden sollen. Um
dieser Frage gerecht zu werden, behandelt der folgende Punkt die drei Teilberei che des Projektes Desarrollo Personal, dessen Planung, Aufbau und Durchführung.
1.2
Die drei Teilbereiche des Projektes Desarrollo Personal
1.2.1 Entwicklung einer Zukunftsvision
Unter dem Teilbereich „Entwicklung einer Zukunftsvision“ laufen mehrere Tagesprojekte, in denen Jugendliche und junge Erwachsene sich mit ihren Träumen,
Wünschen und Vorstellungen von der Zukunft auseinandersetzen.
Der Anstoß zu diesem Projekt ist auf Grund einer der vielen Problematiken Perus
erfolgt. Diese Problematik zeigt sich in der Gegebenheit, dass sich viele Jugendli che kaum Gedanken über ihren beruflichen Werdegang und dem was noch kommen wird, machen. Sie sehen es nicht als wichtig an, sich weiter zu bilden und
über das Jetzt hinaus zu denken. Dies geschieht häufig aus den Umständen her-
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aus, dass sie in dem Glauben der Chancenlosigkeit, der Armut und der ungerechten Bildungsverteilung resignieren. Schlagwörter wie Chancenlosigkeit, Armut, Analphabetismus und geringe Bildung greifen hier.
Des Weiteren ist die Entwicklung einer Zukunftsvision vor allem für die Mädchen in
Peru wichtig, da ein Großteil derer bereits im Jugendalter schwanger wird. Es ist
dem Projekt ein Anliegen zu verdeutlichen, dass auch Frauen ein Recht auf eine
freie Entscheidung über ihr Leben und ihre Zukunft haben. Das Projekt versucht
den Mädchen und jungen Frauen eine Alternative aufzuzeigen.
Aus dieser Lebenswirklichkeit heraus, ist es ein Anliegen des Projektes gemeinsam mit den Jugendlichen einen Blick in ihre mögliche Zukunft zu werfen.
Zudem ist der Anstoß zu einer Auseinandersetzung mit der Zukunft auch von den
Jugendlichen selbst gekommen. Sie sind von sich aus auf uns zugekommen und
haben uns gefragt, ob wir ihnen helfen wollen ihre Zukunft zu gestalten. Bei so viel
Eigeninitiative der Jugendlichen, ist es dem Projekt wichtig gewesen, diesen
Wunsch auch zu erfüllen.
Die Teilnehmerzahl bei diesem Projekt beläuft sich auf 15 Jugendliche und junge
Erwachsene im Alter zwischen 14 und 22 Jahren. Die Räumlichkeiten für die
Durchsetzung des Projekts sind meist Küchen bzw. Aufenthaltsräume der Teilnehmer selbst gewesen. Dabei ist ein Kriterium gewesen, dass genügend Platz für
Gruppenarbeit vorhanden ist.
Die Projekttage haben sich jeweils auf drei Stunden, von 15 bis 18 Uhr, belaufen
und sind an drei Tagen die Woche durchgeführt worden. Dies ist ein einmaliges
Projekt gewesen, das in diesen drei Tagen komplett behandelt und abgeschlossen
worden ist.
Bei der Planung des Projektes ist es die Absicht gewesen, in Gruppenarbeiten
einen Plan für die Zukunft zu entwerfen, Wünsche und Interessen herauszufinden
und vielleicht sogar einen Weg zur Realisierung der Träume zu finden.
Wir haben eine Methode für dieses Projekt ausgewählt, die Zukunftswerkstatt von
Norbert R. Müllert. Hierfür haben wir diese erarbeitet und die praktische Umsetzung vorbereitet. Mit Hilfe von Plakaten sollte die Verständlichkeit der Zukunftswerkstatt gewährleistet sein. Des Weiteren haben wir uns genau darauf vorbereitet, was wir sagen wollen, da es auf Spanisch wichtig ist einen Text zur Hilfestel -7-
lung bereit zu haben. Als Thema für die Zukunftswerkstatt haben wir uns für den
Bereich Erziehung und Bildung in Schulen und Universitäten entschieden. Damit
besteht die Möglichkeit zur Übung der Zukunftswerkstatt, da man in Gruppen nicht
das Thema „mein Leben“ erarbeiten kann. Somit haben die Teilnehmer die Möglichkeit die Zukunftswerkstatt zu erlernen und daheim auf ihr Leben anzuwenden.
Durchgeführt haben wir die „Taller de futuro" mit drei unterschiedlichen Gruppen,
eine Gruppe pro Woche. Begonnen haben wir jeden Projekttag mit einer kurzen
theoretischen Einführung in die Zukunftswerkstatt. Durch die Erklärung und Verbildlichung mit Hilfe von Plakaten haben die Teilnehmer meistens sehr schnell die
Thematik der Zukunftswerkstatt aufgegriffen. Danach sind die Teilnehmer in drei
Gruppen aufgeteilt worden und es ist mit der ersten Etappe, der schlimmsten auszumalenden Situation, begonnen worden. Es folgte die zweite Etappe, die Utopie,
so wie die dritte Etappe, die Realität und mögliche Wege dort hin. Nach jeder
Gruppenarbeit ist eine kurze Repräsentation vor den anderen Gruppenteilnehmern
erfolgt.
Letztendlich liefen die Projekttage sehr gut. Die Partizipanten sind sehr motiviert
und engagiert bei der Sache gewesen und haben auch bei der abschließenden
Reflexion positiv über die gemachten Erfahrungen hierbei berichtet.
Dieser Teilbereich des Projektes „Desarrollo Personal“ soll jungen Menschen helfen, einen Weg in ihre Zukunft zu finden. Jedoch ist es wichtig, dass man weiß,
wer man ist und weiß was man kann. Das nächste Projekt hat eben dies als Auf gabe, nämlich die Bildung und Stärkung der Identität.
1.2.2 Identitätsbildung
Wie uns Herr Juan Andrés Sotó Guevara zu Beginn unseres Praktikums erklärte,
lässt sich in Peru nur sehr selten eine Person finden, die von sich behauptet: „Ich
bin Ich und das ist auch gut so!“
Die Menschen hier sind selten stolz auf das, was sie erreicht haben. Geschweige
denn, dass sie sich dessen bewusst sind, dass auch in Ihnen Potenzial steckt. Es
ist wichtig eine Unterstützung und Förderung der Identität anzuregen und somit
eine Stärkung der individuellen Fähigkeiten der Partizipanten zu erreichen.
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Hierfür haben wir mehrere verschiedene Kurse durchgeführt. Kurse die unserer
Meinung nach für das Wohlbefinden der Menschen, für die Identitätsbildung und
ihre berufliche Qualifikation wichtig sind.
Zur Förderung des Wohlbefindens haben wir ein Tanzprojekt gestartet, indem die
Teilnehmer Tänze verschiedener Kulturen erlernen konnten. Tanzen stärkt die
Wahrnehmung des Körpers und ist zudem förderlich für die Körperbeherrschung.
Nicht zu vergessen ist natürlich, dass man hierbei sehr viel Spaß haben kann.
Durch diesen Aspekt haben die Teilnehmer die Möglichkeit ihren harten Alltag zu
vergessen und noch einmal Kind sein zu dürfen. Dies ist zudem Kulturarbeit, da
man die Bewegungen und die Musik anderer Länder und somit auch gleichzeitig
ihre Bräuche kennen lernt.
Uns sind Choreografien zu typischer peruanischer, deutscher (bayerischer), italienischer, spanischer, griechischer, russischer und amerikanischer Musik vorgeschwebt.
Am Ende hatten wir geplant, die verschiedenen Choreografien in einer großen
Aufführung an Weihnachten miteinander zu verbinden. Der Tanzkurs hat aus 17
Teilnehmern, im Alter von 14 bis 19 Jahren, bestanden und ist zweimal die Woche, ca. 3 Stunden, durchgeführt worden.
Leider konnte dieser Kurs nicht aufrecht erhalten werden, da es mit unregelmäßigen und wechselnden Teilnehmern nicht möglich gewesen ist, eine ganze Choreographie zu erlernen. Insgesamt haben wir diesen Kurs zwei Monate durchgeführt.
Ein weiteres Projekt zur Identitätsbildung ist der Comickurs gewesen. Dieser hat
von der Geschichte bzw. Legende der Lagune Huacachina gehandelt. Diese Lagune ist ein touristisches Highlight ICA´s und die Bewohner der Stadt sind sehr
stolz auf eben diese. Die Jugendlichen, mit denen wir hier arbeiten, sind allerdings
aus Geldmangel noch nie selbst in Huacachina gewesen. Deshalb haben wir gemeinsam mit den Partizipanten beschlossen, den Comic über eben diese Lagune
zu machen. Er sollte dazu dienen, dass die Jugendlichen sich mit dem Ort, an welchem sie leben, auseinandersetzen und identifizieren. Der Kurs hat aus 15 Teil nehmern im Alter von 12 bis 17 Jahren bestanden. Getroffen hat sich der Kurs
zweimal die Woche, von September bis Dezember, jeweils drei Stunden.
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Aufgebaut haben wir den Kurs, in dem wir die ersten Treffen bei uns im Zimmer
durchgeführt haben. Hier haben sich die Jugendlichen mit ihrer Mimik und Gestik,
der Darstellung von Szenen und fotografischen Übungen auseinandergesetzt. Des
Weiteren sollten sie die zu fotografierenden Szenen skizzieren und grafisch darstellen. Dies alles ist durch Spiele, wie Pantomime, Rollenspiele, szenisches Darstellen und Theaterproben geschehen. Insgesamt sind die Übungen im Haus die
Vorbereitung für die große Exkursion nach Huacachina gewesen. In Huacachina
selbst sollten die Jugendlichen die erprobten Szenen darstellen und diese auf Bild
festhalten. Jeder der Jugendlichen hat hierbei seinen Verantwortungsbereich innegehabt. Beispielsweise war der Fotograf gleichzeitig auch verantwortlich für die
Anordnung der Szenen und die Darsteller mussten innerhalb der Gruppe miteinander kommunizieren um ein ganzheitliches Bild zu erreichen. Somit haben die Jugendlichen die Möglichkeit gehabt, Huacachina kennenzulernen.
Letztendlich ist mit allen Resultaten - den Zeichnungen, den gemachten Fotos und
der Kreativität der Teilnehmer - ein Comic mit Hilfe des Programms „Comic Life“
entstanden. Die Gestaltung und Ausarbeitung des Comics ist hierbei ebenfalls von
den Jugendlichen übernommen worden.
Die Durchführung hat sehr gut funktioniert und die Teilnehmer haben im Team
sehr gut mitgearbeitet. Dieser Kurs ist für uns das beste Projekt gewesen, da wir
am Ende den Kindern ein wunderschönes Endresultat – den Comic – übergeben
konnten. Außerdem sind wir sehr überrascht gewesen, dass die Jugendlichen mit
einer sehr großen Motivation, viel Kreativität und Engagement dabei gewesen
sind.
Ein zusätzlicher Teilbereich der Identitätsbildung bzw. Förderung des Potenziales
ist der Englischkurs gewesen. Der Anlass zu diesem Kurs ist die mangelnde Praxis bei der Aussprache der Sprache gewesen. Wir haben mit vielen der Jugendlichen ein paar Wörter Englisch gesprochen und dabei ist uns aufgefallen, dass sie
der Aussprache nur kaum oder gar nicht mächtig sind. Das beruht darauf, dass
selbst die Englischlehrer, mit denen wir zu tun hatten, die Aussprache nicht wirklich beherrschten. Des Weiteren bekommen die Partizipanten des Englischkurses
am Ende etwas, dass sie in ihren Lebensläufen angeben können - Zertifikate. Und
dies ist besonders bei der Arbeitslage in Peru etwas sehr wichtiges, damit man
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sich von den anderen Bewerbern abheben kann. Aus eben diesen Gründen haben
wir das Angebot für die Teilnehmer gestartet.
Der Kurs hat aus 20 Teilnehmern im Alter von 12 bis 21 Jahren bestanden. Stattgefunden hat er in der Schule Andrés Avelino in Subtanjalla. Dort haben wir die
Räumlichkeit für die Durchführung von Gruppenarbeit, inklusive einer Schultafel
etc. gehabt. Stattgefunden hat der Kurs jeweils von 19 bis 21 Uhr und das regulär
jeden Freitag und Montag von September bis Januar.
Bei der Vorbereitung zu diesem Kurs ist es uns ein Anliegen gewesen ihn so zu
gestalten, dass die Partizipanten spielerisch und mit Spaß die Sprache Englisch
entdecken und erlernen. Hierfür haben wir sehr viel Gruppenarbeit und viele Gespräche in die Stunden mit eingebaut. Des Weiteren haben wir durch Plakate, gra fische Gestaltung und Präsentationen das bessere Verständnis der Vokabeln und
der Sprache gefördert. Als unterstützende Hilfeleistung haben wir so etwas Ähnliches wie ein Arbeitsheft für Zuhause entwickelt, dass die Partizipanten freiwillig
bearbeiten konnten. Außerdem haben wir ein Memory mit all unseren erlernten
Vokabeln entwickelt, mit dem wir jede Stunde zur Wiederholung der Vokabeln begonnen haben.
Zudem hat der Kurs zeitgleich in Arrabales, einem Distrikt Subtanjallas, mit Kindern im Alter zwischen 5 und 12 Jahren, jeden Samstag 1 ½ Stunden lang, statt gefunden. Dort haben wir den Inhalt der Stunden an das Alter der Kinder angepasst und versucht ihnen vor allem die Basic Vokabeln kreativ, spielerisch und mit
Spaß zu vermitteln.
Die Durchführung der beiden Kurse hat überwiegend gut geklappt. Vor allem bei
den Spielen sind die Teilnehmer sehr motiviert und mit Spaß bei der Sache dabei
gewesen. Bei den regelmäßig erscheinenden Partizipanten ist auch eine allmähliche Verbesserung der Aussprache deutlich gewesen. Allerdings hat sich die Teilnehmerzahl nach zwei Monaten abrupt halbiert, da zur gleichen Zeit eine Kirchenveranstaltung mit regelmäßigen Treffen angesetzt worden ist.
Das dritte Projekt zur Förderung der Identität ist das Jugendzentrum gewesen.
Dieses Jugendzentrum ist das erste dieser Art in ganz Subtanjalla, in ganz ICA
und vielleicht sogar in ganz Peru gewesen. Initiiert haben wir eben dieses, aus der
Not heraus, da viele Jugendliche nach der Schule ohne Aufsicht ihre Zeit auf der
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Straße verbringen müssen. Um eben diesem Zustand bzw. dieser Gegebenheit
entgegenzuwirken und ihnen eine Alternative zur Straße zu bieten, haben wir ih nen einen Raum gestellt, in dem sie ihre künstlerischen, kreativen, musikalischen
und poetischen Fähigkeiten entwickeln und fördern konnten.
Stattgefunden hat es zweimal die Woche, Dienstag und Donnerstag, jeweils drei
Stunden von 19 bis 22 Uhr. Die Anzahl der Jugendlichen belief sich regulär auf
zwölf Teilnehmer, im Alter zwischen 7 und 15 Jahren. Die Räumlichkeiten haben
wir gestellt, da eines unserer zwei Zimmer freigestanden ist und somit dafür verwendet werden konnte.
Wir haben die Vorstellung gehabt, den Jugendlichen sehr viel Freiraum innerhalb
des Jugendzentrums zu gewährleisten und ihnen Musikinstrumente, Zeichenutensilien, Spiele und unseren Laptop, während dieser Zeit, zur Verfügung zu stellen.
Es ist ihre freie Entscheidung gewesen, was sie mit ihrer Zeit im Jugendzentrum
anfangen. Dies war unsere Absicht, damit die Jugendlichen lernen, sich selbst
oder in der Gruppe sinnvoll zu beschäftigen. Die Gestaltung der Musik ist den Jugendlichen selbst überlassen gewesen. Zudem konnten sie Ideen und Vorschläge
mit einbringen und somit das Jugendzentrum mit gestalten. Insgesamt ist es uns
ein Anliegen gewesen mit dem Jugendzentrum einen Raum der freien Entscheidungen, der guten Gespräche und des interkulturellen Austausches, der Kreativität und nicht zu vergessen viel Spaß zu geben.
Die Durchführung hat erstaunlicherweise sehr gut funktioniert, da die Jugendlichen
sich sehr gut alleine beschäftigt haben und sich mit der Zeit ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl und Teamstärke entwickelt hat. Auch die Gestaltung der
Räumlichkeiten mit den gemalten Bildern ist ein schönes Endresultat des Jugendzentrums gewesen.
Als Abschluss all dieser aufgelisteten Kurse haben wir ein Fest organisiert, um der
Familie und Freunden der Partizipanten zu zeigen, was wir alles in diesem halben
Jahr gemeinsam erarbeitet und erlernt haben. Dieses Abschlussfest hat im Januar
stattgefunden und wurde mit Hilfe unseres Anleiters Herrn Juan Andrés Sotó Guevara umgesetzt. Zudem sind auch die Jugendlichen in die Planung und Durchführung des Festes integriert worden, was sehr gut funktioniert hat. Im Team haben
wir es geschafft, ein Fest für über 70 Menschen zu veranstalten und ein Pro-
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gramm aufzustellen, das für das Publikum sehr unterhaltsam und beeindruckend
gewesen ist.
Das Programm hat mit einer Begrüßung durch unseren Anleiter begonnen. Darauf
folgte die Präsentation unseres Englischkurses, inklusive der Aufführung des Liedes „We are the world“ von Michel Jackson. Hierbei haben die Partizipanten des
Kurses das Lied sehr gut präsentiert. Die darauf folgende Darstellung des Comickurses, mit Hilfe einer Powerpoint Präsentation und der anschließenden Vorstellung des Endresultates – des Comics – ist ein weiteres Highlight gewesen.
Nicht zu vergessen ist hierbei die nächste Vorstellung - die des Jugendzentrums.
Zu erst einmal mussten wir eine theoretische Einführung geben, was überhaupt
ein Jugendzentrum ist und was dort gemacht wird. Darauf folgend haben die Ju gendlichen ihre Sicht des Jugendzentrums wider gegeben. Als abschließenden
Höhepunkt haben alle Teilnehmer der einzelnen Projekte ein Zertifikat für ihren
Kurs erhalten. Dieses Zertifikat können die Teilnehmer für ihren weiteren beruflichen Werdegang verwenden.
Der letzte Punkt, der zur Förderung und Bildung der Identität beitragen soll, ist die
sinnvolle Freizeitgestaltung der Ferien gewesen. Dies haben wir initiiert, weil die
Kinder und Jugendlichen während der Ferien entweder komplett ohne Beaufsichtigung teilweise auf der Straße leben oder ihren Familien auf den Weintraubenfel dern helfen müssen. Gemeinsam mit den Kindern haben wir, aus eben diesen
Gründen, einen Plan der Aktivitäten für Januar erstellt. Unser Anliegen ist es hier bei gewesen, den Jugendlichen Möglichkeiten zu bieten um ihren Alltag zu entfliehen und ihre eigene Umgebung besser kennen zu lernen. Die Teilnehmer sind die
gleichen wie im Jugendzentrum gewesen und damit zwölf Jugendliche im Alter
von sieben bis fünfzehn Jahren. Mit diesen Jugendlichen haben wir verschiedene
Tagesausflüge durchgeführt, unter anderem eine Schnitzeljagd durch Subtanjalla,
einen Ausflug in ein öffentliches Bad, einen Tag in Huacachina, inklusive Buggyfahren mit Sandboarding und zum Abschluss ein Abschiedsessen im Norky´s.
Zwischendrin haben wir mehrere kleine Aktivitäten gestartet, wie eine Verlosung,
Nachmittage im Jugendzentrum oder Spaziergänge bzw. Wanderungen in der
Umgebung von Subtanjalla.
Während dieses Ferienprogramms hat die Kommunikation bzw. Zusammenarbeit
mit den Eltern sehr gut funktioniert, da die Jugendlichen jedes Mal ihr Essen, Trin- 13 -
ken und ihre spezifische Kleidung bei den Ausflügen dabei gehabt haben. Mit den
Kindern haben wir überwiegend nur gute Erfahrungen gemacht. Sie haben sich re spektvoll gegenüber uns und der Gruppe verhalten und uns als Autoritätspersonen
anerkannt. Zudem hat die regelmäßige Teilnahme und vor allem das pünktliche
Erscheinen zum Abfahrtszeitpunkt sehr gut funktioniert.
Während all dieser Projekte haben wir immer versucht, die Förderung der Arbeit in
einem Team zu stärken und das Vertrauen gegenüber seinen Mitmenschen aufzubauen. Wir haben Personen Verantwortungen übertragen und gemeinsam mit den
Jugendlichen immer wieder reflektiert, wie die Zusammenarbeit funktioniert hat.
Die Bildung und die Förderung der Identität, das Wissen, ich bin jemand und ich
kann etwas, dies sind die Hauptziele all dieser Aktivitäten gewesen. Ein weiteres
Anliegen unserer Arbeit hier, ist es allerdings auch gewesen, den Jugendlichen zu
zeigen, dass man die Lebenswirklichkeit und die Realität, vor allem aber auch die
politischen Gegebenheiten, in denen wir leben hinterfragen und kritisch betrachten
sollte. Was eignet sich hierfür besser als das Zeitungstheater von Augusto Boal?
1.2.3 Zeitungstheater – teatro de periodico
Peru ist eine sehr junge Demokratie. Daraufhin ist zurückzuführen, dass sich viele
der Menschen, aber vor allem der Jugendlichen hier, nicht über ihre Rechte, die
Strukturen und den Aufbau einer Demokratie, geschweige denn der politischen
Bedeutung im Klaren sind.
Sie haben meist noch keinen Blick dafür entwickelt, mit dessen Hilfe sie die Politik
kritisch hinterfragen können. Uns ist es in diesem Projekt ein Anliegen gewesen
mit Hilfe der Methode des Zeitungstheaters eben diesen Blick, gemeinsam mit den
Jugendlichen, zu erweitern.
Durchgeführt haben wir dieses Projekt mit einer Gruppe von neun Teilnehmern,
die im Alter von 10 bis 23 Jahren gewesen sind. Getroffen haben wir uns an zwei
Nachmittagen, für jeweils zwei Stunden, in dem Haus unseres Anleiters. Wir haben uns für die Methode des Zeitungstheaters von Augusto Boal entschieden, weil
damit soziale Ungleichheiten und Missstände in der Politik spielerisch ins Bewusstsein der Jugendlichen gerufen werden können. Des Weiteren haben wir eine
kurze biografische Vorstellung von Augusto Boal und seiner Theorie vorbereitet.
Hierfür haben wir uns die Hilfe von Plakaten zu Nutze gemacht, um damit grafisch
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die elf Schritte seiner Theorie zu verdeutlichen. Nach der Vorstellung sollten sich
die Kursteilnehmer in drei Gruppen aufteilen und dort drei der vorgestellten Techniken, mit Hilfe von aktuellen Zeitungen, erarbeiten. Daraufhin sollte das Erarbeitete der einzelnen Gruppen den anderen Kursteilnehmern vorgestellt werden.
Die Durchführung gestaltete sich schwieriger als gedacht. Das Problem ist dabei
gewesen, dass der Großteil der Teilnehmer sehr jung war und den Gedankengängen der Älteren nicht folgen konnte. Ein weiteres Problem ist das geringe Wissen
über die aktuelle Politik des Landes gewesen. Vielleicht hätten wir, bevor wir das
Zeitungstheater anbieten, zuerst einen Kurs zur Politik des Landes machen, oder
den Kurs für Ältere Teilnehmer begrenzen sollen. Trotz dieser Problematiken hat
der Kurs relativ gut funktioniert und die Teilnehmer haben sehr gut mitgearbeitet.
Es ist schön zu sehen gewesen, wie die älteren Partizipanten die Jüngeren in der
praktischen Umsetzung der Techniken unterstützt haben.
Letztendlich haben wir mit unseren Partizipanten aller Kurse sehr viel erreicht und
gemeinsam eine sehr schöne Zeit erlebt. Auf beiden Seiten haben wir sehr viele
Erfahrungen sammeln können und beide Seiten haben sehr viel voneinander lernen können. Welche Erfahrungen wir hierbei sammeln durften werden wir im Anschließenden näher erläutern. Beginnen wird Martina Haser mit ihrer Sicht der
Dinge, gefolgt von Simona Feistl.
2
Martina Haser
Es war schon immer ein Lebenstraum von mir einmal in meinem Leben in ein
fremdes Land zu reisen, dort zu leben, zu arbeiten, mit und in einer völlig anderen
Kultur. Deshalb ist für mich schon seit langem festgestanden, das ich mein Praxissemester im Ausland verbringen würde. Die Suche nach der passenden Stelle gestaltete sich allerdings schwieriger als gedacht. Nach etlichen Absagen haben wir,
meine Mitkommilitonin Simona Feistl und ich, dann zum Glück doch noch eine
Praktikumsstelle in Peru erhalten. Die Freude bei mir ist riesengroß gewesen. Zu
Beginn habe ich von Peru so gut wie nichts gewusst, nur dass es sich in Südame rika befindet. Ich bin wissbegierig darauf gewesen, endlich mehr über das Land erfahren zu dürfen. Meine ersten Investitionen bezüglich meines Praktikums sind
Bücher und Lektüren über Peru gewesen. Wie ich später erfahren sollte, waren
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diese zwar sehr interessant, aber das wirkliche Leben in Peru muss man mit eige nen Augen sehen, um es verstehen zu können.
Eine weitere Hürde ist darin bestanden, meiner Familie zu erklären, dass ich mich
für ein halbes Jahr von ihnen verabschieden würde, weil ich nach Südamerika
gehe. Natürlich haben sie von meinem Traum gewusst das Praxissemester im
Ausland verbringen zu wollen. Allerdings haben sie nie im Leben damit gerechnet,
dass es ausgerechnet Südamerika sein sollte. Das halbe Jahr bis zum Praxisantritt hat sich daher etwas schwierig gestaltet, weil sie sich viele Sorgen gemacht
haben und dies mich auch spüren ließen. Etliche Male haben sie mich gefragt, ob
es nicht ein weniger gefährlicheres Land sein könne. Nein, es musste Peru sein.
Davon bin ich nicht abzubringen gewesen. Dies haben meine Eltern auch insgeheim bereits ab dem Augeblick, als ich ihnen von meinen Plänen erzählte, gewusst.
Trotz vieler Hürden habe ich es geschafft genau in diesem Moment in Peru zu sitzen und diesen Bericht zu schreiben. Ich habe es noch keine Sekunde bereut, obwohl wir viele Ereignisse zu bewältigen hatten. Es ist manchmal leichter und
manchmal auch schwerer, sich hier zurecht zu finden und zu leben. Aber Alles in
Allem, oder gerade deshalb, kann ich sagen, dass es eine unglaubliche und beeindruckende Zeit gewesen ist, die ich nie vergessen werde.
Peru, ein Land von dem ich am Anfang so gut wie nichts wusste, nur dass es sich
in Südamerika befindet, ein Land das in seiner Landschaft, in seinen Wetterlagen,
in seiner Essensvielfalt, in seinen Sitten und Bräuchen unterschiedlicher nicht sein
kann, ein Land das mich vom ersten Augenblick verzaubert hat. Ja, dass ist für
mich Peru.
Mein Abenteuer konnte beginnen und dies hat sich für mich darin gezeigt, in einem Land zu arbeiten das ich nicht kenne und das mit Menschen einer anderen
Kultur, deren Sprache ich zur ansatzweise mächtig gewesen bin. Dies gestaltete
sich schwieriger, als ich dachte.
2.1
Reflexion der eigenen Arbeit im Projekt
Ein positiver Aspekt ist, dass ich in Peru sehr viel Freiraum für meine Arbeit gehabt habe und daher sehr gut eigene Ideen und Vorschläge in die Arbeit einfließen
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lassen konnte. Meiner Kommilitonin Simona Feistl und mir wurden so gut wie keine Grenzen gesetzt. Zum Einen konnten wir eigene Projekte entwickeln und umsetzen. Zum Anderen hat das natürlich sehr viel Eigenengagement gefordert, woran es zum Glück nicht gefehlt hat. Obwohl das am Anfang sehr ungewohnt für
mich gewesen ist. In meinem bisherigen Leben, bzw. in der Zeit, als ich meine
Ausbildung absolviert habe, habe ich immer Regeln und auch Grenzen vorgeschrieben bekommen. Ich habe zwar einen Rahmen gehabt, in dem ich frei arbeiten konnte, allerdings war dieser begrenzt. Hier habe ich so viel Freiraum für mei ne Arbeit bekommen, mit der ich erst lernen musste umzugehen.
Die Arbeit mit meiner Mitkommilitonin Simona Feistl hat sehr gut funktioniert. Wir
haben immer im Team gearbeitet, was den Arbeitsverlauf rationalisierte. Der Ablauf ist eingespielt gewesen und aus meiner Sicht haben wir uns gut ergänzt. Dies
liegt vielleicht auch daran, dass wir uns schon Jahre kennen und in unserer Universitätszeit schon des Öfteren zusammen im Team gearbeitet haben. Wir wissen
beide, wie der jeweils Andere funktioniert und welche Stärken und Schwächen dieser hat. Besonders die Schwächen sprechen wir direkt an und diese werden daraufhin auch versucht zu ändern. Außerdem kann ich mich auf Simona verlassen.
Es ist wirklich sehr schön mit ihr im Team zu arbeiten und macht mir auch immer
sehr viel Spaß. Und dies kann ich nur von wenigen Gruppenarbeiten sagen, die
ich bis jetzt in meiner Universität gehabt habe.
Auch die Zusammenarbeit mit meinem Anleiter Herrn Juan Andrés Sotó Guevara
hat sehr gut funktioniert. Am Anfang hat die Verständigung, aufgrund der Sprachbarriere, etwas schwierig gestaltet. Allerdings habe ich mit meinem Anleiter sehr
viel Glück gehabt. Er ist gut auf uns eingegangen und hat Dank Mimik und Gestik
auch alles so erklären können, dass wir es verstehen. Am Schluss sind wir ein
richtig gutes Team gewesen. Ich habe viel von ihm gelernt, was mir in meiner zukünftigen Arbeitsstelle sicher noch nützen wird.
Das Hauptprojekt „Desarrollo Personal“ bzw. die Idee dazu, ist von unserem Anleiter Herrn Juan Andrés Sóto Guevara gekommen. Allerdings sind die Ideen zu den
Teilprojekten von uns selbst gekommen oder besser gesagt haben wir den Weg
zur Durchführung des Projektes geebnet. Jedoch hat die erste Schwierigkeit darin
bestanden zu klären, was Desarrollo Personal überhaupt ist, bzw. wie man in ei nem Land, trotz Sprachbarriere, ein solches Projekt entwickeln kann.
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Meine Arbeit hat bereits darin begonnen sich Projekte zu überlegen, welche Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gefallen könnten. An Ideen hat es mir nicht
gefehlt, jedoch haben mir meine mangelnden Sprachkenntnisse große Sorgen gemacht. An dieser Stelle sollte ich jedoch sehr bald merken, dass eine Verständigung trotz Sprachbarriere gut funktioniert, man sich nur trauen muss. Anfänglich
ist eine Kommunikation nur mit Hilfe von Mimik und Gestik möglich gewesen, aber
nichtsdestotrotz – sie funktionierte.
Zum einen haben wir versucht den Unterricht möglichst praxisnah zu gestalten.
Meine Aufgabe hat darin bestanden, die Kurse erst zu entwickeln, danach umzu setzen und währenddessen immer neue kreative Ideen und Einfälle mit in die Kurse einzubringen. Dies hat in der Realität bedeutet, sich Spiele zu überlegen, diese
auf Spanisch zu übersetzen und danach den Kindern bzw. den Jugendlichen diese vorzustellen und letztendlich auch mit ihnen diese Spiele umzusetzen. Am
meisten Zeit hat daher, auch wegen der Sprachbarriere, die Vorbereitungszeit der
Kurse gekostet. In den Projekten habe ich immer versucht auf die Stärken und
Schwächen der Teilnehmer einzugehen und bei Bedarf Hilfeleistung zu geben.
Zum Anderen ist es mir wichtig gewesen, eine Freundschaftsebene zu den Jugendlichen aufzubauen, aber zugleich auch eine Respektebene zu erhalten. Es ist
wichtig gewesen ihnen Grenzen zu setzen, obwohl ich zugeben muss, dass gerade mir dies oft schwer gefallen ist. Auch habe ich versucht ihnen zuzuhören, wenn
sie Probleme gehabt haben, vorausgesetzt ich habe sie verstanden. Des Weiteren
habe ich ihnen einen Raum geboten, indem sie die Möglichkeit gehabt haben, sich
frei zu entfalten und zu entwickeln.
Außerdem haben wir ein Ferienprogramm entwickelt. Wir haben mit den Kindern
und Jugendlichen einen Plan der Aktivitäten aufgestellt und die Ausflüge dementsprechend geplant und größtenteils auch umgesetzt. Auch haben wir einer Gruppe
von Jugendlichen zwei Theorien der Sozialen Arbeit von Südamerika vorgestellt
und danach praktisch mit ihnen umgesetzt.
Ein weiterer Punkt ist die Aufbringung von Geduld gewesen, da wir viel von dieser
mit in die Arbeit hineinbringen mussten. Hierzu zählen beispielsweise die Pünktlichkeit und Regelmäßigkeit in Peru, welche zumindest in ICA nicht groß geschrie ben wird. Es hat ein ständiger Wechsel der Teilnehmer stattgefunden und wenn
diese dann doch einmal zu dem Kurs erschienen sind, waren sie oft bis zu einer
- 18 -
Stunde zu spät dran. Leider ist ein Kurs sogar ganz aufgelöst worden, da immer
weniger Jugendliche gekommen sind und letztendlich Simona und ich alleine da
gestanden sind. Das ist eine der weniger schönen Erfahrungen gewesen, diese
sollten wir aber in Peru noch öfters erleben.
Ein weiterer Bereich meiner Arbeit ist die Erwachsenenarbeit gewesen. In der Erwachsenenarbeit habe ich viel mehr Erfahrung, deshalb dachte ich auch, dass mir
diese viel leichter fallen würde. Zum Einen haben wir ein Treffen für Frauen aus
der Umgebung geplant, um ihnen, wie den Kindern und Jugendlichen auch, Angebote und Projekte zu unterbreiten. Allerdings ist das Treffen nicht zustande gekommen, da uns die Frauen ohne abzusagen, leider versetzt haben.
So ähnlich lief es auch mit CLAS, dem Ärztezentrum ab. Wir haben Termine mit
ihnen vereinbart und in der ersten Woche auch Hausbesuche in armen Distrikten
mit einer Ärztin und zwei Krankenschwestern des Zentrums unternommen. Leider
sind wir in der zweiten Woche viermal von ihnen, ohne das sie uns abgesagt ha ben, versetzt worden. Weitere Treffen blieben aus. Ein anderer Bereich mit CLAS
bzw. einer Krankenschwester ihrerseits ist die Sexualaufklärung in der Schule gewesen. Dort haben wir auch teilgenommen bzw. wollten diese Krankenschwester
auch unterstützen. Allerdings haben wir soviel Aufmerksamkeit auf uns gezogen,
dass ein Unterricht bzw. eine Aufklärung nicht mehr möglich gewesen ist. An diesem Punkt haben wir selbst entschieden, diese Treffen nicht mehr wahrzunehmen.
Ein weiterer Bereich meiner Arbeit ist die Teilnahme an den Treffen des Teams
Wiederaufbaus gewesen. Nach dem schweren Erdbeben 2007 und aufgrund der
fehlenden Unterstützung des Staates, hat sich in Subtanjalla eine Gruppe gegründet, die sich für den Wiederaufbau ihres Distrikts einsetzt. Die Treffen haben ca.
einmal im Monat stattgefunden. Dort sind vor allem unsere Aktivitäten mit den Ju gendlichen besprochen und weitere Pläne aufgestellt worden. Das letzte Treffen
sollten wir planen und umsetzten. Das haben wir auch gemacht. Leider ist bis auf
ein Mitglied keiner gekommen und leider hat uns auch keiner abgesagt. Dies hat
mich sehr sauer gemacht und ich habe mich zum Teil gefragt, wofür wir ein halbes
Jahr gemeinsam mit dem Team gearbeitet haben.
- 19 -
Zum Schluss möchte ich noch einmal die wichtigsten Punkte meiner Arbeit kurz
zusammenfassen. Für mich und meine Arbeit hier in Peru ist es das Wichtigste die
Menschen zu verstehen und wenn dies nicht möglich gewesen ist, sie so anzunehmen wie sie sind. Außerdem ist es für mich wichtig gewesen, viel Zeit mit den
Kindern zu verbringen. Hier gibt nicht viele Erwachsene, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen. Die Kinder und Jugendlichen so anzunehmen wie sie sind, mit ihren
Stärken aber auch mit ihren Schwächen. Sie zu verstehen, trotz Sprachbarriere.
Aber auch Kulturarbeit zu machen, indem ich viel von Deutschland und den dortigen Sitten und Bräuchen erzählt habe. Das alles waren Herausforderungen, die
ich mir gestellt habe. Und ich kann auch mit ein bisschen Stolz sagen, dass ich sie
gerne angenommen und die Meisten auch gut bewältigt habe.
In meiner Arbeit in Peru habe ich sehr viele neue Seiten an mir entdeckt. Darunter
auch neu gewonnene Stärken, aber auch Schwächen auf die ich im nächsten
Punkt näher eingehen möchte.
2.2
Reflexion der eigenen Rolle und Funktion / Stärken /Schwächen
Was mir sehr leicht fällt, ist im Team zu arbeiten. Ich habe schon immer gerne im
Team gearbeitet und finde dort auch schnell meine Rolle. Meine Aufgaben erledige ich zuverlässig und ich vertraue auch auf die Kompetenzen der Menschen in
meiner Gruppe. Allerdings lasse ich mich auch leicht in eine Rolle hineinzwängen,
in der ich nicht sein möchte. Mir fehlt öfters die Durchsetzungskraft um dort wieder
heraus zu kommen, da ich nicht möchte, dass unnötige Konflikte in der Gruppe
entstehen. Allerdings ist es mir ein Anliegen ich dies ändern und lernen mich öfters durchzusetzen.
Auch bin ich sehr offen für andere Arbeitsweisen. Natürlich arbeite ich am Liebsten nach meiner Vorstellung und nach meiner Arbeitsmethode. Wird in der Gruppe
allerdings der Vorschlag unterbreitet, auf eine andere Art und Weise zu arbeiten,
bin ich demgegenüber offen, solange der Arbeitsablauf dadurch rationalisiert wird.
Ich gehe auf die Ideen und Vorschläge meiner Kollegen/innen ein und setzte diese
auch mit um. Wird der Arbeitsablauf allerdings dadurch behindert, kann ich auch
sehr ungeduldig werden.
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Eine meiner Stärken ist, dass ich Menschen gegenüber sehr offen bin. Ich kann
gut zuhören und nehme sie so an, wie sie sind. Deshalb bin ich auch recht schnell
in diese Kultur eingestiegen und konnte mich mit ihr zum Schluss auch teilweise
identifizieren. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht in und mit dieser Kultur zu arbeiten und das hat man, glaube ich, auch gesehen. Ich bin den Menschen freundlich
gegenüber getreten und habe versucht ein gutes Bild von den Deutschen zu übermitteln. Schließlich ist auch das Kulturarbeit.
Zudem habe ich hier gelernt meine Gestik und Mimik noch besser einzusetzen. Inzwischen benutze ich diese zwei Eigenschaften von mir sehr häufig und es fällt
mir auch immer leichter diese gekonnt einzusetzen.
Des Weiteren fällt es mir oft schwer Gefühle zu zeigen. Ich bin ein Mensch, der
seine Gefühle mehr mit sich selbst ausmacht und nicht nach außen trägt. Zum
Einen ist das ein Nachteil, weil ich die Menschen nicht so schnell an mich heran
lassen kann. Zum Anderen kann dies in der Sozialen Arbeit aber auch sehr nützlich sein, weil ich dadurch mit Menschen die ein schlimmes Schicksal erlebt haben, sehr gut umgehen und mit ihnen arbeiten kann. Ich nehme diese Menschen
an, lass ihr Schicksal aber nicht zu sehr in mich hinein.
Außerdem möchte ich versuchen öfters Gruppen anzuleiten. Ich würde nicht von
mir sagen, dass ich eine Persönlichkeit bin, die leicht unter geht. Allerdings bin ich
auch keine Persönlichkeit, die leicht in den Vordergrund gerät und schnell das
Zepter in die Hand nimmt. Hier hatte ich die Chance auch einmal die Leitung einer
Gruppe zu übernehmen und dabei hatte ich sehr viel Spaß. Deshalb will ich diese
Seite weiter ausbauen und bestimmter und überzeugender an die Sachen heran
gehen, um öfters die Führungsposition übernehmen zu können.
Eine weitere Schwäche, die ich an mir festgestellt habe, ist das ich mich zu sehr
auf die Freundschaftsebene mit den Jugendlichen begebe. Dabei bin ich vielleicht
oft zu locker und müsste mich das ein oder andere Mal öfters durchsetzen.
Im Großen und Ganzen bin ich aber überzeugt, dass ich meine Sache ganz gut
gemacht habe. Ich bin hilfsbereit und man kann sich auf mich verlassen. Jedoch
müsste ich noch mehr lernen, aus mir herauszugehen und von meinen Fähigkeiten überzeugt zu sein.
- 21 -
Wo ich meine Schwächen mindern und meine Stärken ausbauen und in welchen
Bereichen meine Entwicklung noch gefördert werden könnte, dies alles möchte ich
im nächsten Punkt Entwicklungsbedarfe versuchen näher zu erklären.
2.3
Entwicklungsbedarfe
Es ist sehr schwierig für mich die Entwicklungsbedarfe zu nennen. Jeder Mensch
bildet und entwickelt sich das ganze Leben lang und hat auch immer einen Bedarf
zu einer neuen Entwicklung seiner Persönlichkeit und seiner Fähigkeiten. Und
ebenso ist es auch bei mir. Allerdings diese Punkte schwarz auf weiß auf Papier
zu bringen, ist schwieriger als ich gedacht habe. Deshalb fange ich mit dem grundlegendsten Entwicklungsbedarf an, den ich hier hatte – der Sprache.
Hier in Peru ist es am Wichtigsten gewesen, schnell die Sprache Spanisch, die
hier überwiegend gesprochen wird, zu erlernen. Ohne diese Sprachkenntnisse ist
es sehr schwierig mit anderen Menschen in Verbindung zu treten, geschweige
denn, mit ihnen zu kommunizieren oder zu arbeiten. Gerade die Arbeit mit Menschen setzt fast immer eine funktionierende Sprache bzw. Kommunikation voraus.
Allerdings bin ich, nur mit wenigen Grundkenntnissen dieser Sprache, nach Südamerika gegangen. Deshalb habe ich Anfangs nur schwer Gespräche führen können. Mit der Zeit ist dies immer besser geworden. Durch viele Lerneinheiten und
praktische Übungen im Alltag ist mir die Sprache immer leichter gefallen und ich
konnte nach und nach länger und auch inhaltlich genauer mit den Menschen kommunizieren. Jedoch habe ich noch großen Entwicklungsbedarf in der Grammatik
und in der Formulierung von längeren Sätzen.
Aufgrund dieses Mankos war ich mir manchmal sehr unsicher und habe nicht den
Mut gefasst, ein Gespräch anzufangen oder den Leuten von mir aus etwas zu er zählen, obwohl ich zu diesen Zeitpunkt dazu Lust gehabt hätte. Jetzt, im Nachhinein, würde ich versuchen mehr aus mir heraus zu gehen. Ich würde versuchen
mehr auf die Menschen, vor allem auf die Jugendlichen, zuzugehen. Bei den Jugendlichen habe ich das Gefühl, dass ich noch mehr auf sie eingehen hätte können und noch mehr hinterfragen hätte sollen. Gerade jetzt zum Schluss finde ich
es sehr Schade, mir nicht mehr Zeit für gute Gespräche mit meinen Jugendlichen
genommen zu haben.
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Des Weiteren ist mir hier aufgefallen, dass mir noch einiges Wissen über Theorien
in der Sozialen Arbeit fehlt. Simona und ich haben hier das Zeitungstheater und
die Zukunftswerkstatt in einem unserer Projekte angewendet. Es hat überraschenderweise echt gut funktioniert. Allerdings ist mir dabei auch bewusst geworden,
dass ich nur sehr wenige Theorien kenne, obwohl diese sehr nützlich sind. Ich
würde gerne mehr über Theorien lerne, vor allem im Bereich Südamerika. Die Ansätze und Theorien von Paulo Freire finde ich zum Beispiel sehr interessant - über
diesen Theoretiker möchte ich auch unbedingt noch mehr erfahren.
Ein weiterer Punkt in der Entwicklung meiner Bedarfe ist, dass ich noch mehr Ide en von mir umsetzen und meine Kreativität mehr nutzen möchte. Um diese dadurch noch besser in die Arbeit mit hinein fliessen zu lassen. Wenn jemand Anderes vor mir Ideen und Einfälle vorstellt, ziehe ich mich zurück und lasse meine Vorschläge untergehen.
Diese Reflexion zeigt mir, dass ich vor allem Entwicklungsbedarf in meinem
Selbstvertrauen brauche und mich einfach trauen sollte, meine Ideen auszuprobieren und zu realisieren. Ich muss mir in Zukunft mehr zutrauen und lernen mich
besser durchzusetzen. Auch wenn etwas manchmal nicht funktioniert, sollte ich es
zumindest versuchen. Schließlich heißt es ja so schön: „Den Mutigen gehört die
Welt.“
Ich bin nach Peru gekommen, ohne zu wissen was mich erwartet. Jetzt kann ich
sagen, dass ich mich hier sehr weiterentwickelt habe. Was genau ich damit meine,
möchte ich im nächsten Punkt näher erläutern.
2.4
Reflexion des eigenen Lernprozesses
Bei diesem Punkt habe ich zu Beginn nicht gewusst, wo ich anfangen sollte. Über
sechs Monate habe ich in Peru gelebt und habe jeden einzelnen Tag so viele un glaubliche und wertvolle Erfahrung und Eindrücke sammeln dürfen. Wenn ich alle
Lernprozesse festhalten würde, welche ich in dieser Zeit gelernt habe, würde dies
den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es ist schwierig, dies alles in knappen Worten zusammen zu fassen. Ich will aber hiermit versuchen die für mich wichtigsten
Lernprozesse festzuhalten.
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Angefangen hat mein Lernprozess bereits mit dem Leben und der Arbeit in einer
völlig anderen und für mich neuen Kultur. Jeder Tag hat etwas Neues und Aufregendes mit sich gebracht, vom Essen, Trinken, den Tänzen, den Sitten und Bräuchen, bis hin zu den Festen und den dortigen Trink- und gleichzeitig Freundschaftsbräuchen. Ich habe gelernt mich darauf einzulassen, mich mit dem auseinanderzusetzen was ihre Kultur ausmacht. Auch wenn dies erst einmal hieß Tanzen zu lernen. Inzwischen glaube ich, zumindest einen Teil von ihrer Kultur kennengelernt, verstanden und auch angenommen zu haben. All das und noch vieles
mehr habe ich von ihnen erfahren und lernen dürfen. Ursprünglich wollte ich den
Menschen hier in Peru helfen und ihnen etwas geben. Allerdings ist das was sie
mir gegeben haben bei Weitem mehr, als ich ihnen jemals hätte geben können.
Im Bereich Arbeit habe ich sehr vieles von meinem Anleiter Herrn Juan Andrés
Sotó Guevara lernen können. Er ist eine sehr beeindruckende Persönlichkeit und
ich habe wirklich sehr viel Glück gehabt, mein Praktikum bei ihm und dem Instituto
Fortalece ableisten zu dürfen. Zum Einen habe ich gelernt wie Vorträge gehalten
werden, indem man durch Mimik, Gestik und bestimmte Übungen alle Anwesen den mit einbezieht und dadurch die Interessen und Aufmerksamkeiten aller Teilnehmer für sich gewinnt. Zum Anderen hat mir meine Arbeitsstelle einen Rahmen
geboten, indem ich frei handeln und wirken konnte. Ich habe selbst Vorträge inklusive Plakate erstellen können und diese vor einem Publikum vortragen.
Des Weiteren habe ich erfahren, wie man sich ein Netzwerk mit Institutionen und
Behörden aufbaut, wie man eine Verbindung zu den dortigen Ansprechpartnern
erstellt und auch aufrechterhält. Auch habe ich gelernt, wie Gespräche aufgebaut
werden und wie ich sie leiten kann.
Zudem habe ich noch Erfahrungen in den Bereichen Planung, Organisation und
Koordination sammeln können. Ich muss gestehen, dass ich manchmal sehr chaotisch sein kann und das ist mir auch schon öfters zum Verhängnis geworden. In
meiner Arbeit hier habe ich gelernt, vor einer Aktivität erst einmal einen Plan aufzustellen. Dieser beinhaltet einen genauen Zeitplan, was Planung und Durchführung angeht. Dadurch habe ich gelernt, besser zu organisieren und zu koordinieren. Diesen „plan de actividades“ werde ich auch nach Deutschland mitnehmen
und weiterführen.
- 24 -
Auch habe ich hier erfahren dürfen, wie ich eigene Projekte auf die Beine stelle.
Ich habe Ideen gesammelt, Vorschläge gemacht, geplant, Vorbereitung unternommen und letztendlich diese Projekte auch teilweise realisiert. Sind die Projekte bei
den Jugendlichen dann auch noch gut angekommen, bin ich sehr stolz darauf gewesen. Am meisten Respekt habe ich vor dem Projekt der Zukunftswerkstatt und
dem Zeitungstheater gehabt. Diese zwei Projekte haben mir bei der Stärkung meines Selbstbewusstseins sehr weitergeholfen. Nach diesen ist mir hier das erste
Mal richtig bewusst geworden, etwas erreicht zu haben.
Allerdings habe ich den größten Lernprozess in meiner Persönlichkeit erreicht.
Seit ich hier bin, hat es noch keinen Tag gegeben, an dem ich nicht zufrieden gewesen bin. Natürlich hat es zwischendurch immer wieder traurige und bewegende
Momente gegeben, aber genau in diesen ist mir bewusst geworden, was ich in
meinem Leben habe und was ich noch alles machen und erreichen möchte. Ich
bin hier selbstbewusster und zufriedener geworden. Ich habe Pläne für meine Zukunft entwickelt und ich bin kreativer und motivierter denn je.
Gerade als das Ende meines Praktikums immer näher gerückt ist, habe ich gedacht, das mein Lebenstraum bald zu Ende ist. Inzwischen sehe ich das anders.
Mein Lebenstraum hat gerade erst begonnen. Wie heißt es so schön „Träume
nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“, oder besser: „Lebe dein Leben.“
3
Simona Feistl
Als ich meine Familie, Freunde und Bekannte das erste Mal davon in Kenntnis
setzte, dass ich mein Praxissemester im Ausland machen würde, wurde ich oft ge fragt, warum das denn im Ausland sein müsse. Meine Antwort darauf war nicht in
einen Satz zu fassen, Ganz im Gegenteil. Ich habe die Entscheidung mein Praxissemester im Ausland zu machen aus vielen Gründen heraus getroffen. Einer dieser Gründe ist, weil mich die Neugierde auf andere Kulturen, Bräuche und Sitten
angetrieben hat. Die Neugierde auf die Menschen und deren Alltag, aber vor allem
auch die gefundenen Lösungswege der Menschen, die Mentalität und ihre Freuden bzw. Tränen. Ein Weiterer ist gewesen, dass ich endlich etwas Neues, etwas
noch komplett Fremdes sehen wollte, nicht immer nur den Routinealltag in
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Deutschland - das Bekannte hinter sich lassen. Auch wenn das geheißen hat, von
der Familie, dem eigenen Freund und den Freundinnen Abschied zu nehmen und
für einige Zeit die gewohnte und sichere Umgebung, in der man sich bis dahin bewegt hat, zu verlassen. Zudem ist es mir schon immer ein großes Anliegen gewesen, nein eigentlich sogar mein Lebenstraum, irgendwann einmal in ein anderes
Land zu gehen und dort nicht nur den Urlaubsbereich zu sehen, sondern ganz im
Gegenteil, die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit kennenzulernen, aber auch
bzw. vor allem um von ihnen zu lernen. Mehr sehen, als nur den eigenen Lebensbereich, den Horizont erweitern und nicht nur bis Weilheim und Umgebung sehen,
dass war und ist bis heute für mich ein sehr wichtiger Aspekt meines Lebens. Und
somit habe ich mich gemeinsam mit meiner Kommilitonin Martina Haser in das
Abenteuer Peru und die Arbeit dort gestürzt und ich denke, dass für uns beide ein
neuer Lebensabschnitt begonnen hat.
Heute sitze ich hier in meinem Zimmer in Peru und schreibe diese Zeilen. Ich habe
mein Praktikum nun fast abgeschlossen, es fehlen nur noch zwei Wochen. Es ist
sehr viel Zeit seit dem Anfang des Praktikums vergangen und ich kann bereits
jetzt von mir behaupten, dass ich hier sehr viele Erfahrungen, Gute wie auch
Schlechte, gemacht habe. Das mich diese Erfahrungen prägen würden, ist mir von
Anfang an klar gewesen, ich habe sogar nach Veränderung gestrebt. Das mir
mein Praxissemester in Peru allerdings so sehr weiterhelfen würde, wie es getan
hat, hätte ich mir am Anfang niemals erträumen lassen. Auf eben diese Veränderungen werde ich im Folgenden eingehen und mich bzw. meine Persönlichkeitsentwicklung genauer beleuchten. Doch anfangen möchte ich mit der Reflexion
meiner Arbeit in dem Projekt „Desarrollo Personal“.
3.1
Reflexion der eigenen Arbeit im Projekt
Das Projekt „Desarollo Personal“ ist ein sehr freies Projekt gewesen und unser
Anleiter Juan Andrés Sotó Guevara hat uns sehr viel Freiraum in der Gestaltung
dieses Projektes gelassen. Dementsprechend ist es an uns gelegen, wie viel wir
uns einbringen und wie viel wir geben. Damit hatte ich anfangs sehr große Proble me. In meinen bisherigen Arbeitsstellen habe ich zwar meistens auch einen relativ
großen Spielraum zur Selbstverwirklichung gehabt, allerdings immer in einem gewissen Rahmen mit Angaben der Zielsetzung, Arbeitsbereich, etc. Hier habe ich
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erst einmal die Bedeutung von Desarrollo Personal herausfinden müssen. Dies
bedeutet übersetzt Persönlichkeitsentwicklung und unsere Aufgabe ist es hierzu
gewesen, verschiedene Projekte zu entwickeln. Letztendlich habe ich gemeinsam
mit meiner Kommilitonin Martina Haser ein sehr gutes Projekt entwickelt, indem
wir beide unsere Fähigkeiten einbringen konnten und durch viele Diskussionen,
Überlegungen, Umplanungen ist unser jetziges Projekt entstanden. Ich selbst
habe mir hierbei immer vor Augen gehalten, dass ich etwas machen möchte, was
den Kindern und Jugendlichen hier langfristig etwas bringt und vor allem Spaß
macht. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen hier schon genug Ernst in ihrem
Alltag haben und somit ist es mir ein großes Anliegen gewesen, einen Raum zu
schaffen, indem die Jugendlichen einfach mal SEIN konnten. Ich denke, dass dies
mit dem Teilbereich Jugendzentrum des Projektes sehr gut gelungen ist und dort
am Besten umgesetzt worden ist.
Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen hat mir sehr viel Spaß gemacht und
nach anfänglichen Sprachbarrieren ist auch eine sehr gute Kommunikationsbasis
entstanden. Ich habe versucht während meiner Arbeit auf die Kinder und Jugendlichen zuzugehen, mich auf ihre Stärken und Schwächen einzulassen und mit ihnen
gemeinsam etwas zu entwickeln bzw. zu fördern. Die freundschaftliche, aber zugleich auch respektvolle Ebene ist mir immer sehr wichtig gewesen. Dies rührt daher, weil es mir ein großes Anliegen gewesen ist, dass die Kinder in mir einen An sprechpartner sehen, jemanden mit dem sie über ihre Probleme in der Familie, mit
Freunden etc. reden können. Hierzu hat für mich auch gehört, dass sich zwischen
den Jugendlichen und mir eine Vertrauensbasis entwickeln konnte.
Bei den Vorträgen, die wir gelegentlich gehalten haben, ist mir eine neue Seite an
mir aufgefallen. Die Vorträge waren vor Lehrerinnen, Professoren oder ähnlichen
Berufgruppen und es ist mir sehr schwer gefallen mich vor diese Leute zu stellen
und in einer anderen Sprache einen Vortrag über die Probleme der Kinder und Ju gendlichen in ihren Familien zu halten. Dass ich das geschafft habe und die Leute
letztendlich sogar applaudiert haben, hat mich sehr stolz gemacht.
Die Arbeit mit erwachsenen Frauen hingegen, ist für mich ein völlig neuer Arbeitsbereich gewesen, der mir anfänglich sehr viel Angst gemacht hat. Es hat sich auch
herausgestellt, dass die Kommunikation mit ihnen nicht so einfach ist und die Ar-
- 27 -
beit mit ihnen scheiterte letztendlich an fehlender Zeit der Frauen für Dinge außerhalb des Haushalts.
Des Weiteren ist mir die Arbeit im Team mit Martina sehr leicht gefallen. Es hat mir
sehr viel Spaß bereitet gemeinsam über die auf uns zukommende Arbeit zu diskutieren, gemeinsam Kompromisse zu finden und auch einmal Zugeständnisse an
Andere zu machen. Anfänglich bin ich der Tatsache, dass ich mit Martina Haser
zusammen leben und gleichzeitig auch zusammen arbeiten würde, ein wenig
skeptisch gegenüber gewesen. Jedoch hat unsere Zusammenarbeit so gut funktioniert und es gibt keine nennenswerten Konflikte. Ganz im Gegenteil, es ist ein
sehr schönes Zusammenspiel gewesen, indem jeder sehr gut seine Ideen und
Vorstellungen einbringen konnte. In einem komplett fremden Land, indem man
sich nicht in den Strukturen, den Sitten und Bräuchen auskennt, ist es für mich
sehr wichtig gewesen einen Arbeitskollegen zu haben, auf den ich mich verlassen
und dem ich vertrauen kann. Diesen habe ich in Martina Haser gefunden.
Gegenüber meinem Anleiter Juan Andrés Sotó Guevara habe ich relativ schnell
ein sehr großes Vertrauen entwickelt. Er hat mir das Gefühl gegeben hier in Peru
einen Ansprechpartner in jeder Situation zu haben. Des Weiteren habe ich sehr
viel von ihm lernen können, beispielsweise wie man eine Gruppe gut anleitet und
die Leute so gut wie möglich partizipiert oder wie man mit einer großen Gruppe
gemeinsam demokratisch Entscheidungen trifft. Dies ist noch längst nicht alles, allerdings kann ich die Liste dessen, was ich von ihm gelernt habe, hier nicht weiter
ausführen. Dies würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Die Diskussionen mit
Juan und Auseinandersetzungen über unsere Arbeit und die Probleme Perus haben mir sehr viel gegeben und ich habe mich stets mit Eifer eingebracht.
Zudem hat sich die Form der Arbeit sehr viel in Gruppenarbeit gezeigt. Für mich
ist es sehr einfach gewesen eine Gruppe anzuleiten und mich vor eine Menschengruppe hinzustellen. Dies kommt daher, da ich schon seit Jahren in der Jugendarbeit tätig bin und hierdurch viel Erfahrungen in diesem Bereich sammeln konnte.
Damit auch Martina die Chance hatte, diese Erfahrungen zu sammeln, ist es wichtig gewesen, dass ich mich auch mal im Hintergrund verhalte und andere Arbeiten
übernehme, wie beispielsweise im Curso de Ingles die Tafel zu beschriften und
mich mehr um die Einzelpersonen in den Gruppen zu kümmern. Dies ist eine sehr
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schöne Erfahrung für mich gewesen, einfach mal nicht die volle Verantwortung tragen zu müssen.
Allgemein ist es ein Anliegen meinerseits gewesen, die Menschen, mit denen ich
hier gearbeitet habe, zu verstehen. Dies auch dann, wenn es einem manchmal
schwer fällt. Verstehen ist für mich in der Sozialen Arbeit ein sehr wichtiger
Aspekt. Auf der anderen Seite muss man allerdings auch in der Lage sein, dass
man, wenn man die Menschen und ihre Gewohnheiten einmal nicht versteht, diese „Macken“ anerkennt und respektiert. Die Menschen so anzunehmen wie sie
sind und nicht verändern zu wollen, was nicht zu verändern ist. Dies ist mir zu Be ginn meines Praktikums hier vor allem mit dem peruanischen Verständnis von Zeit
sehr schwer gefallen. Dies hat mich oft in meiner Arbeit gestört, wenn die Teilneh mer erst ein bis zwei Stunden später erscheinen oder gar nicht. Allerdings ist das
ein Phänomen, dass zu dem Land Peru gehört, genauso wie Ceviche oder Machu
Picchu und damit nicht oder nur schwer veränderbar. Vor allem aber nicht in so
kurzer Zeit veränderbar. Dies zu akzeptieren und diese „peruanische Zeit“ in die
Arbeit mit einzubeziehen bzw. zu beachten ist mir Anfangs wirklich sehr schwer
gefallen. Jedoch ist es mir gelungen es zu akzeptieren und vor allem, damit zu arbeiten. Des Weiteren hat mir diese Erfahrung geholfen meinen Zwang zur Pünktlichkeit und den Stress vor Veranstaltungen abzubauen und mein Leben mehr zu
genießen. Vor allem aber auch die Arbeit lockerer anzugehen.
Eine weitere Schwierigkeit die sich für mich aus den peruanischen Gewohnheiten
ergeben hat, ist die unregelmäßige Teilnahme bzw. das unregelmäßige Erscheinen der Peruaner bei Kursen oder Projekten gewesen. Es ist wohl ein Teil der
Mentalität der hier lebenden Menschen, dass man nicht regelmäßig an etwas teil nehmen kann. Dies behaupten sie sogar selbst von sich. Dies hat mich häufig in
meiner Arbeit hier behindert, wenn man beispielsweise einen Kurs mit 20 Partizipanten vorbereitet und letztendlich 15 da sind, allerdings komplett neue Teilnehmer als in dem vorherigen Kurs. Sich auf diese Gegebenheit einzulassen und da mit zu arbeiten ist eine große Barriere für mich gewesen. Es ist letztendlich dadurch besser geworden, indem ich die Unregelmäßigkeit akzeptiert und damit gearbeitet habe, da ich ohne diese Akzeptanzbasis die Arbeit nicht hätte fortführen
können. Nun hieß es Kurse umgestalten, so dass sie nicht aufeinander aufbauen,
und sich jedes Mal wieder auf neue Gesichter und neue Menschen einzulassen.
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Letztendlich ist es mir während des gesamten Projektes ein Ziel gewesen, die Kurse etc. so vorzubereiten, damit sie da anfangen, wo sich der Klient in eben diesem
Moment befindet. Ihn an dem Ort seiner Entwicklung abzuholen, an dem er sich
gerade befindet und sich mit ihm gemeinsam weiterzuentwickeln. Die Stärken ge meinsam herauszufinden und zu fördern, die Schwächen stärken und zu Stärken
werden lassen. Die gemeinsame Arbeit, in einem Team, wo sich Klient und Anlei ter wechselseitig bedingen und gegenseitig beeinflussen, ist meiner Meinung nach
ein sehr wichtiger Aspekt der Sozialen Arbeit. Diesen habe ich während meiner
Arbeit hier immer wieder versucht mit einzubauen und in der Planung und Gestal tung der Projekte zu berücksichtigen.
Zusammenfassend denke ich hat mich die Arbeit hier sehr weitergebracht und ich
habe immer wieder versucht mein Bestes zu geben, auch wenn dies nicht immer
gelungen ist. Des Weiteren habe ich mich in Akzeptanz geübt und mein Verstehen
gegenüber den anderen Gewohnheiten verbessert.
Aber was ist nun letztendlich meine eigene Rolle hier in ICA – Subtanjalla gewesen? Außerdem habe ich hier viel über mein Bemühen die Stärken und Schwächen der Teilnehmer zu Fördern und zu entwickeln, geschrieben. Nun stellt sich
die Frage, was eigentlich meine Stärken und Schwächen hier sind.
3.2
Reflexion der eigenen Rolle und Funktion / Stärken / Schwächen
In meiner bisherigen Tätigkeit im Sozialen Bereich, wie auch hier in Peru, ist es
mir immer sehr schwer gefallen, Verantwortung abzugeben und anderen Menschen zu übergeben. Dies ist mir zwar einerseits oft zuviel gewesen, aber ich bin
trotzdem immer wieder in dieser Schiene gelaufen. Hier ist es mir gelungen, die
Verantwortung an Martina zu übergeben und nicht immer den gesamten Teil der
Verantwortung zu übernehmen. Es ist wichtig für mich gewesen zu erlernen, Verantwortung abzugeben und zu teilen.
Andererseits ist dies meiner Meinung nach auch eine Stärke von mir, da man sich
auf mich verlassen kann und das ist besonders in der Teamarbeit ein sehr wichtiger Aspekt.
Eine Stärke von mir ist es zudem, dass ich sehr gut Gruppen anleiten kann und
mich in dieser Rolle auch sehr wohl fühle. Mir macht es Spaß den Kindern und Ju-
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gendlichen Dinge zu erklären oder gemeinsam mit ihnen in Gruppenarbeit etwas
zu entwerfen. Ich habe außerdem einen großen Vorteil durch meine Stimme und
mein selbstbewusstes Auftreten nach außen hin. Da meine Stimme sehr laut und
kräftig ist, schaffe ich es sehr leicht die Aufmerksamkeit einer Gruppe auf mich zu
ziehen. Allerdings übernehme ich hierdurch sehr schnell die Führungsrolle in der
Arbeit. Dies ist in einem Team, wie Martina und ich es gewesen sind, allerdings
nicht sehr gut. Deshalb habe ich sehr darauf geachtet mich in dieser Hinsicht zurückzuhalten.
Ein Manko meinerseits ist es, dass ich sehr verfahren in meinen Arbeitsstrukturen
bin. Ich habe meist einen Plan, welchen ich dann auch durchführen möchte. Dieses Verhalten hat hier in Lateinamerika allerdings nicht wirklich funktioniert, wodurch ich spontaner geworden bin und mich in meinem Verhaltensmuster sehr
verändert habe. Spontaneität und den Klienten angepasste Arbeitsweise ist in der
Sozialen Arbeit sehr wichtig und ich denke, dass ich mich durch das hier Gelernte,
in meinem weiteren Arbeitsleben leichter tun werde.
Sich eben nicht aufzuregen, wenn mal etwas nicht nach Plan läuft, sondern das
Beste daraus zu machen – dies sind die Dinge, die ich nun zu meinen Stärken
zählen darf.
Außerdem ist es ein großer Vorteil von mir, dass ich mit Hilfe meiner Gestik und
Mimik sehr gut auf Menschen zugehen und mich hiermit sehr gut ausdrücken
kann. Dies ist mir vor allem mit der fehlenden Sprachkenntnis eine große Erleichterung gewesen.
Eine Schwäche ist es zudem, dass ich mich sehr leicht von den großen braunen
Kulleraugen der Kinder „weich kochen“ lasse. Ich habe den Jugendlichen und Kindern hier relativ oft etwas durchgehen lassen und es dann auf ihre Lebenssituation
geschoben. Allerdings ist Danke sagen oder fragen ob man etwas haben kann,
nicht unbedingt eine Frage der Lebensbedingungen, sondern eine Frage der Erziehung. Vielleicht hätte ich hier mehr versuchen sollen zu der Erziehung beizutragen und gewisse Verhaltensweisen dadurch zu verändern.
Ein weiteres Problem ist es, dass ich mich sehr von den Problemen und den Lebenssituationen der Menschen hier mitnehmen habe lassen. Es fällt mir schwer
eine Grenze zwischen den Problemen anderer Menschen und meiner eigenen
- 31 -
Problemen zu ziehen. Dadurch werden die Probleme Anderer häufig zu meinen
Problemen. Hierdurch ergibt sich für mich eine sehr große Belastung die mich zugleich auch in meiner Arbeit behindert.
Womit ich beim nächsten Punkt angelangt bin, bei meinen Entwicklungsbedürfen
und den Fragen, was kann ich noch verändern, wo sollte ich mich weiterentwi ckeln?
3.3
Entwicklungsbedarfe
Wie gerade erwähnt, ist es für mich sehr wichtig, dass ich lerne mich von den Problemen Anderer abzugrenzen und die Probleme nicht so emotional an mich ran zu
lassen. Ich sollte lernen zu akzeptieren, dass es Ungerechtigkeiten auf dieser Welt
gibt, aber ich allein sie nicht alle beseitigen kann. Dies ist mir ein sehr wichtiges
Anliegen, damit ich nicht selbst unter der Last die ich mir aufbürde, zerbreche.
Etwas, dass sich hier schon gebessert hat, allerdings immer noch entwicklungsbedürftig ist, ist die Tatsache, dass ich immer jegliche Verantwortung übernehmen
muss bzw. das Gefühl habe, sie übernehmen zu müssen. Ich muss lernen anderen Menschen genau so zu vertrauen, wie mir selbst und nicht alles in meine Hand
zu nehmen.
Ein weiterer Aspekt den ich verändern möchte, ist, dass ich den Menschen nicht
versuche Lösungen für ihr Leben aufzuzeigen. Diese Lösungswege sind nicht die
Ihren und werden den Menschen nicht sehr viel weiterhelfen. Sie müssen ihre eigenen Lösungen finden. Dies ist wichtig, damit sie lernen sich selbst zu Helfen.
Diesen Aspekt sollte und muss ich für meine weitere Arbeit lernen und vor allem
auch beginnen ihn umzusetzen.
Des Weiteren habe ich in meiner Arbeit hier ein Defizit in dem Wissen von Theorien bemerkt. Ich habe zwar gemeinsam mit Martina das Zeitungstheater von Augusto Boal und die Zukunftswerkstatt sehr gut durchgeführt, aber es ist mir ein An liegen mehr über diese oder ähnliche Theorien zu erlernen. Beispielsweise habe
ich hier ein großes Interesse an den Theorien Paulo Freires entdeckt, da ich den ke, diese sind für die Arbeit in Ländern wie Peru sehr von Nutzen. Ich möchte
mich in die Theorien verschiedener Theoretiker einlesen und somit meinen Horizont in diesem Bereich erweitern.
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Dies sind sehr viele Dinge, die ich verbessern und weiterentwickeln möchte und
ich hoffe, dass ich diese auch in die Tat umsetzen werde. Das Auslandspraktikum
in Peru hat mich insgesamt sehr geprägt und ich habe sehr viel dazu gelernt. Diesen Lernprozess werde ich im nächsten Punkt genauer reflektieren.
3.4
Reflexion des eigenen Lernprozesses
Wie genau bin ich am Anfang nach Peru gekommen, was sind meine Probleme
gewesen und wo stehe ich heute? Ich denke der größte Schritt den ich hier gemacht habe, ist das Erlernen von Akzeptanz gegenüber Gegebenem gewesen.
Dies ist etwas, dass ich zu Beginn meines Auslandsaufenthaltes zwar praktiziert
habe, allerdings habe ich es noch nie innerhalb meiner Arbeit in dieser Art und
Weise angewandt. Ohne die Akzeptanz des „Zu spät Kommens“ und der unregelmäßigen Teilnahme an den Kursen, hätte ich meine Arbeit hier nicht durchführen
können und damit habe ich einiges dazugelernt. Menschen kann man nicht von ei nem Tag auf den Anderen verändern – dies ist wohl jedem rein theoretisch bewusst. Aber wenn man dann tatsächlich einmal in der Arbeit damit konfrontiert ist,
fällt es einem schwerer als gedacht, die Akzeptanz zu üben und zu praktizieren.
Das ich das geschafft habe und gelernt habe mit diesen Dingen zu arbeiten, darauf bin ich sehr stolz.
Des Weiteren habe ich zu Beginn des Praktikums hier sehr große Angst vor den
Verständigungsproblemen mit den Menschen in einer anderen Sprache gehabt.
Ich bin wortwörtlich über dem Übersetzer gehangen und habe mich keinerlei auf
mich Selbst, meine Mimik und Gestik bzw. meine Fähigkeit mich zu verständigen,
verlassen. Ich habe gelernt mich auf mich zu verlassen und das man auch mit Hilfe von wenigen Worten etwas ausdrücken kann. Dies ist, denke ich, auch ein
wichtiger Aspekt für meine spätere Arbeit. Diese Sprachbarriere, und meine Erfahrungen damit, in die Arbeit einfließen zu lassen und nicht immer lange um die ei gentlichen wichtigen Dinge herum zu reden, sondern gleich auf den Punkt kommen – dies ist ein langer Lernprozess für mich gewesen. Zum heutigen Zeitpunkt
denke ich, von mir behaupten zu können, dass ich das gelernt habe und wohl
auch in die Tat umsetzen werde.
Zudem habe ich anfänglich sehr große Probleme gehabt, mich auf das Neue hier
einzulassen. Dies allerdings nicht in dem Sinne, dass ich nicht offen für das Leben
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in Peru gewesen bin, sondern in dem Sinne, dass ich mich schwer getan habe die
Probleme meiner „Daheim gelassenen“ in Deutschland zu lassen. Womit ich wieder bei dem Verantwortung für Alles und Jeden übernehmen angekommen wäre.
Allerdings habe ich dieses Verhalten relativ schnell ablegen und mich somit gänzlich dem Praktikum hier widmen können. Es ist eine sehr schöne Erfahrung für
mich gewesen, hier einmal fernab von Allem was mich in Deutschland so beschäftigt, zu leben und mich in diesem Sinne „abzunabeln“. Ich habe dieses Gefühl der
Unverantwortlichkeit sehr genossen.
Außerdem habe ich gelernt aus eigenen Antrieb heraus ein Projekt auf die Beine
zu stellen und auch durchzuführen. Ich habe mehr Selbstvertrauen in mich selbst
entwickelt, da ich gesehen habe, dass ich selbst etwas ausarbeiten und organisieren kann. Es ist etwas völlig Neues für mich gewesen, ein Projekt von Anfang an
mit zu gestalten. Nicht nur daran teilnehmen, sondern von vorneherein mitwirken
und letztendlich das Projekt durchzuführen. Damit habe ich anfänglich sehr viele
Probleme gehabt, welche sich allerdings im Laufe der Zeit gelegt haben. Ich habe
den Spaß an der Organisation eines solchen Projektes entdeckt und mich von mir
aus immer mehr getraut.
Dies alles ist ein sehr langer Lernprozess für mich gewesen, und ich bin öfter als
nur einmal an meine Grenzen gestoßen. Wenn ich den Blick von heute aus darauf
zurückwerfe bin ich allerdings sehr stolz auf das, was ich hier in Peru alles erreicht
habe. Letztendlich bin ich sehr dankbar für die Zeit die ich hier gehabt habe und
die Erfahrungen, welche ich hier sammeln durfte. Das Auslandssemester hat mich
und mein Leben geprägt und das ist unter Anderem das Beste, was mir in meinem
bisherigen Leben passieren hat können.
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Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dies ein auf völlig unterschiedliche Weise erarbeiteter Bericht, ganz im Gegenteil zu unserem ersten Bericht, gewesen ist.
Dies liegt daran, dass dieser Bericht nicht auf Gegebenheiten und Tatsachen be ruht, sondern das er davon handelt, was unser Leben und unsere Tage hier geprägt hat. Er hat das beleuchtet, was wir hier erreichen wollten und letztendlich
auch erreicht haben – und das ist nicht gerade wenig.
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Das Projekt „Desarrollo Personal“ ist in Peru – ICA – Subtanjalla im Großen und
Ganzen sehr gut gelaufen. Und die Menschen, die darin partizipiert gewesen sind,
haben unserer Meinung nach von unserem Projekt profitiert.
Persönlichkeitsentwicklung ist ein Wort das für sehr Vieles steht und zugleich auch
sehr viel ausdrückt. Wir haben versucht, all das in ein Projekt zu fassen.
Als wir unsere Jugendlichen beim letzten Treffen betrachtet haben, ist uns aufgefallen, dass sich etwas verändert hat. Zum Einen sind wir nicht mehr die fremden
Weißen – Gringas – und sie nicht mehr die fremden braunen Peruaner gewesen.
Nein, ganz im Gegenteil – wir sind eine funktionierende Gruppe geworden und das
trotz unterschiedlichen kulturellen Hintergründen.
Zum Anderen ist es besonders schön zu sehen gewesen, dass die Gruppe gelernt
hat, untereinander Verantwortung zu übernehmen und sich respektvoll gegenüber
den anderen Teilnehmern zu verhalten. Des Weiteren ist es auffällig gewesen,
dass die regelmäßige und pünktliche Teilnahme der festen Teilnehmer unserer
Kurse letztendlich sehr gut funktioniert hat. Dies zu erreichen ist für uns beide ein
Highlight gewesen und hat uns sehr gefreut. Wir hoffen dass die Menschen hier in
Subtanjalla durch uns ihren Horizont erweitert haben und wir ihnen vielleicht mehr
mitgeben konnten, als wir uns vorstellen können.
Das ganze Praktikum wäre allerdings nicht in diesem Rahmen durchsetzbar gewesen, wenn wir nicht die finanzielle Unterstützung von der Agenda 21, besonders
von Herrn Heinz Schulze und aus unserem Bekanntenkreis gehabt hätten. An dieser Stelle möchten wir uns für die großzügige Hilfe bedanken.
Wir schreiben hier die ganze Zeit darüber, was wir den Leuten mit unserer Arbeit
gegeben haben. Allerdings haben auch die Menschen uns sehr viel gegeben.
Mehr als wir zu Beginn unseres Praktikums gedacht haben. In unseren Reflexionen hat sich gezeigt, dass wir uns beide sehr weiterentwickelt und zum Teil verborgene Seiten an uns entdeckt haben. Die Arbeit und der damit verbundene Austausch mit den Menschen hier, hat uns beide mehr geprägt und weiterentwickelt,
als wir je erwartet haben. Wir sind dankbar für die Zeit, die wir hier erleben durften,
dankbar für die Möglichkeit uns in unserer Arbeit weiterzuentwickeln, dankbar unsere Persönlichkeit ein Stück voran zu bringen und vor allem aber sind wir dankbar die Leute mit und in ihrer Kultur kennenlernen zu dürfen.
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Dies Alles sind Dinge die wir bei einem Praktikum in Deutschland vielleicht nicht
hätten erleben dürfen. Weshalb wir einmal mehr dankbar dafür sind diesen Schritt
in das uns eins so fremde Land gewagt zu haben. In diesem Sinne möchten wir
unser Praktikum und diesen Bericht mit einem von uns kreierten Spruch abschließen:
„Gehe neue Wege, auch wenn du sie nicht kennst, wage den Schritt in neue Richtungen, auch wenn du nicht weisst, wohin sie dich fuehren werden, traue dich den
Weg voran zu schreiten, auch wenn du Angst hast, vor dem was kommen wird.
Genau dieser Weg, dein Weg, wird der Richtige sein, wenn du nur daran glaubst.
Und du wirst sehen, es wird sich fuer dich lohnen.“
Subtanjalla, den 30.01.2010
Feistl Simona
Haser Martina
Memoryspiel beim Curso de Inglés
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Eindrücke des Curso de Comics:
In den Internetkabinen beim kreieren des eigenen Comics, bei
den Übungen für die Szenen und
der anschließenden Umsetzung in
Huacachina
Die
gescheiterte
Tanzgruppe
Das Jugendzentrum oder auch Centro de jovenés genannt. Hier ist Raum
für alle Tätigkeiten, die das Herz begehrt, gewesen. Ein Raum zum zeichnen, zum musizieren, zum modeln oder auch für Diskussionen und kulturellem Austausch. Nicht zu vergessen das Erlernen von Spielen aus anderen Ländern – zum Beispiel Kniffel.
Bei verschiedenen Aktivitäten des Ferienprogramms:
-Schnitzeljagd: Gefühlsparcour und Essenspause
-Huacachina: Sandboarding und Buggyfahren
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-Große Verlosung: Highlight – Nutellagläser aus
Deutschland
Zeitungstheater - Auseinandersetzung
bzw. Beschäftigung mit Politik
Abschlussfest: Verteilung der Zertifikate und die anwesenden Zuschauer
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