Salzburger - Salzburg 2016

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Salzburger - Salzburg 2016
ZEIT
GENOSS
EN
BEGEGNUNGEN IN STADT UND LAND SALZBURG
GROSSE BÜHNE
VIRTUOS
RAKETENHAFT
JUBILÄUM
DIE ZEITGENÖSSISCHEN
HIGHLIGHTS
DER SALZBURGER
FESTSPIELE.
GANZJÄHRIG
HOCHKARÄTIGE
JAZZFESTIVALS
UND -KONZERTE.
SCHRIFTSTELLERIN KAREN
KÖHLER
IM GESPRÄCH.
LANDESAUSSTELLUNG
UND PROGRAMM
IM GANZEN
LAND.
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salzburg-airport.com
Foto: Andreas Kolarik
ZEIT
GENOSS
EN
BEGEGNUNGEN IN STADT UND LAND SALZBURG
6
10
Foto: Julia Klug
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Jazz: In Salzburg
wird er das ganze Jahr
hindurch gefeiert.
Literatur: Karen Köhler
hat den Rauriser
Literaturpreis gewonnen.
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Salzburg. Wo sonst gelangt man auf direktem
Weg von einer Alm zu einer Lesung zeitgenössischer Literatur? Wo sonst liegen urige Berghütten Tür an Tür mit barockem Weltkulturerbe? Und wo sonst lassen sich innerhalb dieses
Weltkulturerbes fußwegig – etwa beim alljährlich stattfindenden Jazzfestival Jazz & The City
– an einem Abend spielend gleich mehrere
Konzerte besuchen, von internationalen Stars
bis neuer Volxmusik, von Fado bis Electronic?
Und das bei freiem Eintritt?
Mit diesem einzigartigen Zusammenspiel von
Natur und Kultur versprechen Stadt und Land
Salzburg 2016 ein Jahr voller kostbarer Momente und einzigartiger Begegnungen: Musikalische Darbietungen, literarische Höhenflüge
oder Theaterinszenierungen an besonderen
Aufführungsstätten stehen auf dem Programm.
Salzburg präsentiert sich im Heute.
Schmiede Hallein:
Ein Produzentenfestival
probt Utopia.
Bad Gastein: Einer
der ungewöhnlichsten
Orte des Landes.
26
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Tauernlamm: Ein
einzigartiges Produkt erlebt
vier Jahreszeiten.
Domquartier Salzburg:
Moderne Kunst im Dialog mit
barocken Meisterwerken.
Im Jahr 2016 feiert Salzburg aber auch einen
Meilenstein seiner Geschichte: Am 1. Mai 1816
wurde im Weißen Saal der Residenz jener Vertrag unterzeichnet, mit dem Salzburg offiziell
Teil Österreichs wurde. Von 30. April bis 30.
Oktober 2016 ist das Salzburg Museum am
Mozartplatz daher Schauplatz der Landesausstellung „Bischof.Kaiser.Jedermann“. Darüber
hinaus planen achtzehn Museen in den einzelnen Regionen Sonderausstellungen, die sich mit
Themen im Zusammenhang mit dem Jubiläumsjahr auseinandersetzen.
Salzburg ist „Bühne für Freigeister“. Kommen
Sie zu Besuch. Sie sind herzlich eingeladen.
Mag. Inga Horny
Leo Bauernberger, MBA
Geschäftsführerin
Tourismusverband Salzburger Altstadt
Geschäftsführer
SalzburgerLand Tourismus
IMPRESSUM // Das Magazin ZEITGENOSSEN erscheint einmal jährlich. Medieninhaber und Herausgeber paumgartner | eccli Kommunikationsberatung, Postfeldstraße 8, A-5322 Hof bei Salzburg, in
Zusammenarbeit mit Tourismusverband Salzburger Altstadt und SalzburgerLand Tourismus GmbH Blattlinie Das Magazin ZEITGENOSSEN widmet sich dem zeitgenössischen Kunstschaffen in Stadt und
Land Salzburg und versteht sich als Anleitung zum Kulturgenuss. Chefredaktion Mag. Markus Deisenberger Grafik Christian Ospald Mitarbeiter dieser Ausgabe Mag. Gabriela Paumgartner, Mag. Eva
Maria von Schilgen, Mag. Nicolas Sturm, Verena Schweiger Coverfoto Salzburg Museum / Bryan Reinhart Fotos Clemens Kois, Andreas Kolarik, Victoria Schaffer, Stefan Zenzmaier Druck Ferdinand
Berger & Söhne GmbH, Wienerstraße 80, A-3580 Horn. // Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeitschrift und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch
Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. WILLKOMMEN
IN SALZBURG!
DIE 6 REGIONEN
DES SALZBURGER
LANDES
Salzburg Stadt,
Flachgau, Tennengau,
Pinzgau, Pongau
und Lungau mit
den wichtigsten
Veranstaltungsorten 2016.
Seeham
Henndorf
Seekirchen
F L AC H G AU
Barockes Weltkulturerbe,
pulsierender Jazz, gemütliche
Almhütten, moderne Literatur –
nirgendwo sonst wohl lassen
sich prächtiges Stadtbild, atemberaubende Landschaft und
zeitgenössische Kunst so nah
beisammen, so eng ineinander
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ZEITGENOSSEN
SALZBURGER FESTSPIELE
GROSSE BÜHNE, ZEITGEMÄSS
Foto: Brian Voce
Foto: Jean-Francois Leclercq
Foto: Archiv der Salzburger Festspiele / Foto Ellinger
DIE SALZBURGER FESTSPIELE BIETEN DER ZEITGENÖSSISCHEN KUNST EINEN IMMER
GRÖSSER WERDENDEN RAUM. DAVON ZEUGT NICHT NUR DIE AKTUELLE AUFFÜHRUNGSPRAXIS.
DAVON ZEUGT AUCH EINE EIGENE ZEITGENÖSSISCHE SCHIENE: SALZBURG CONTEMPORARY.
DREI TIPPS AUS DEN SPARTEN OPER, KONZERT UND SCHAUSPIEL.
Thomas Adès.
Péter Eötvös.
Thomas Bernhard.
Für die Oper „The Exterminating
Angel“ – ein Auftragswerk der Salzburger Festspiele – hat sich Komponist
Thomas Adès (*1971) Luis Buñuels
1962 in Mexiko gedrehtes Meisterwerk
„Der Würgeengel“ (El ángel exterminador) als Vorlage gewählt. Die Handlung
beschäftigt sich für Buñuel geradezu
typisch mit der Unmöglichkeit, eine bestimmte Lust zu befriedigen: Ein exklusives Dinner beginnt scheinbar normal
mit den vertrauten Ritualen einer elitären Gesellschaft. Doch irgendwann stellen alle Beteiligten fest, dass sie den
Raum, in dem sie sich befinden, nicht
mehr verlassen können, obwohl sie
physisch nicht daran gehindert werden.
Eine Parabel auf den Zustand der Bourgeousie hat der Meister seinen Film einmal genannt. Eigentlich, meint Adès,
ginge es aber gar nicht um diesen Raum.
Die Leute seien in ihren Köpfen gefangen. Wenn es nach ihm geht, sollen die
schrägen Dialoge der Vorlage möglichst
erhalten bleiben. Im Anschluss geht die
Produktion nach Covent Garden in
London und an die New Yorker Met.
Péter Eötvös ist gern gesehener Gast
der Salzburger Festspiele. Im Festspielsommer 2016 bekommt der Ungar
einen eigenen Schwerpunkt in der Reihe
Salzburg Contemporary, in der drei seiner Kompositionen aufgeführt werden.
Im von den Salzburger Festspielen in
Auftrag gegebenen HALLELUJA –
Oratorium Balbulum nach einem Text
des ungarischen Schriftstellers Péter
Esterházy geht es um das Thema Prophezeiung. Dabei trifft das Publikum
auf einen stotternden Propheten und
auf einen Chor, der nicht nur Halleluja
singen möchte. Die Uraufführung werden die Wiener Philharmoniker unter
dem Dirigat von Daniel Harding gestalten. „Meine Musik ist Theatermusik, es
ist keine Begleitmusik, sondern Theater
in sich“, sagt der aus Siebenbürgen stammende Ungar Eötvös, der eng mit Karlheinz Stockhausen zusammenarbeitete,
später von Pierre Boulez das Ensemble
Intercontemporain übernahm und sich
zu einem der bedeutendsten Komponisten, Dirigenten und Lehrer unserer Zeit
entwickelte.
Thomas Bernhards „Der Ignorant
und der Wahnsinnige“ wurde 1972
bereits nach nur einer Aufführung von
Autor und Regisseur zurückgezogen.
Der Grund: Aufgrund der geltenden
Gesetzeslage war es nicht möglich, die
am Ende des Stückes verlangte „absolute
Dunkelheit“ eintreten zu lassen. Die
Farce ging als „Notlichtskandal“ in die
Geschichte ein. Ob nun eine geschickte
Marketingstrategie Bernhards dahinter
stand, wie böse Zungen heute noch behaupten, oder nicht, der Legendenbildung war es sicherlich nicht abträglich.
Mehr als vierzig Jahre später wird das
Stück über eine Opernsängerin, die dem
Leistungsdruck nicht mehr standhält,
nun also wieder aufgeführt. Höchste Zeit.
Denn ganz abgesehen von den für Bernhard üblichen Suaden gegen die marode
Kulturindustrie werden unter der Oberfläche Themen verhandelt, die aktueller
nicht sein könnten: Entfremdung, Überforderung und Angst vor dem Versagen.
Ein Lehrgang in Sachen „Burn Out“.
ZEITGENOSSEN
Salzburger Festspiele: 22.07.–31.08. 2016
www.salzburgerfestspiele.at
5
Text: Markus Deisenberger
JAZZ
AROUND
THE
CLOCK
HOCHKARÄTIGE JAZZFESTIVALS MIT INTERNATIONALEN STARS, NATIONALEN DAUERBRENNERN UND EIN EIGENER JAZZCLUB –
IN SALZBURG LÄSST SICH DAS GANZE JAHR ÜBER
JAZZ GENIESSEN. AUF HÖCHSTEM NIVEAU.
„S
pannende Projekte und spannende Spielorte – das Ganze
noch kombiniert mit einer hohen Qualität für das Publikum“ – so hat es Gerhard Eder, kürzlich viel zu früh verstorbener Intendant des Salzburger Festivals Jazz & The City,
einmal zusammengefasst. Das sei die Essenz des zeitgemäßen
Musikfestivals. Richtig. Die Zeiten, als man warmes Bier aus
Pappbechern trinken musste, sind endgültig vorbei. Das Publikum ist anspruchsvoller geworden. Um die 100 Konzerte an
40 Spielstätten, wie sie bei Jazz & The City jährlich über die
Bühne gehen, sind ein beeindruckender Wert. Aber was wären
sie ohne das Genie eines wirklich guten Kurators? Und was
wären sie ohne spannende Spielorte?
Bei Jazz & The City werden Jahr für Jahr neue Spielorte
dazu gewählt und dabei das Experiment nicht gescheut. Neben
logischen Spielorten wurden auch jede Menge ungewöhnlicher
Orte etabliert: Die Kavernen etwa, ein jahrhundertealtes Gewölbe, das durch seine besondere Akustik und subtile Lichtinszenierung zu überzeugen weiß. Oder das auf dem
Mönchsberg gelegene M32, ein Spitzen-Restaurant, von dem
aus man neben der gebotenen Musik auch einen atemberaubenden Blick über die Altstadt genießen kann. Und auch das
Weinarchiv im Arthotel Blaue Gans, ein historisches Steingewölbe aus dem 14. Jahrhundert, in dem heute der rund 1.500
Flaschen umfassende Weinvorrat des Restaurants sichtbar
hinter einer Glasfront lagert, ist jeden Besuch wert.
Der Jazz ist durchlässiger geworden und „riecht heute
nicht mehr komisch“, wie es Frank Zappa einmal in Anspielung auf seine damals vermeintliche Starrheit bezeichnete.
6
Gleichzeitig ist auch das Publikum offener geworden, will
heute gleichermaßen unterhalten wie überrascht werden. So
wie beim Jazzfest Saalfelden. Dort werden die Konzerte auf
der Hauptbühne traditionell von einem österreichischen Projekt eröffnet – einem Auftragswerk des Festivals. Mehr Überraschung geht nicht.
Auch Gastein hat eine lange Jazz-Tradition. Bei „Snow
Jazz“ oder „Jazz im Sägewerk“ lässt sich dort Jazz in Hotels,
Skihütten oder eben dem Jazzclub „Sägewerk“ genießen.
Und mit dem „Jazzit“ gibt es sogar einen Club mit ganzjährigem Programm – für eine Stadt der Größe Salzburgs
eine Seltenheit.
Warum dieser Erfolg? Warum diese Breite? Weil Jazz
immer noch Grenzen sprengt, spannend ist. So sieht es Mario
Steidl, Intendant von Saalfelden Jazz. „Irgendjemand fragt
immer, ob das jetzt nun Jazz ist oder nicht.“ Diese Frage sei
vermutlich so alt wie der Begriff selbst. „Ohne jetzt den vergeblichen Versuch unternehmen zu wollen, zu einer Definition zu gelangen, kann man immerhin so weit gehen und
behaupten, dass Jazz etwas ist, das sich einem Ausschließungssystem verweigert.“
Gerhard Eder sah das ähnlich: „Jazz ist für mich immer
noch das Synonym für Musik, die sich bewegt und engagiert
und kraftvoll ist und bereit ist Neuerungen aufzubereiten; wo
sich Menschen im Heute mit neuen Ausdrucksformen
beschäftigen.“
FESTIVALS
Jazz & The City, 19.–23.10. 2016, www.salzburgjazz.com
SNOW JAZZ Gastein, 11.–20.03. 2016, www.gastein.com/de/snow-jazz-gastein
Jazzfestival Saalfelden, 25.–28.08. 2016, www.jazzsaalfelden.com/de/37-festival
CLUBS MIT GANZJÄHRIGEM PROGRAMM
Jazzit Salzburg, www.jazzit.at
Sägewerk Bad Hofgastein, www.jazz-im-saegewerk.org
ZEITGENOSSEN
Fotos: wildbild
JAZZ MOMENTS
Zwei Konzerte
spielte Bill Frisell
2015 bei Jazz & The
City in Salzburg:
„Music for Strings“
und tags darauf
stellte er sein neues
Album „Guitar in the
Space Age“ vor.
GUITAR IN THE SPACE AGE
25. Oktober 2015, Kavernen Salzburg, 20.40 Uhr.
Schon nach den ersten Takten merkt man, dass dieser
Abend besonders wird. Bill Frisell – einer der wohl
besten und einflussreichsten Gitarristen – hat kurz
zuvor die Bühne der Kavernen, eines jahrhundertealten
Gewölbes im Salzburger Mönchsberg, betreten.
Doch heute wird er nicht von Bassisten und Saxophonisten begleitet. Eine Violinistin, ein Bratschist und ein
Cellist haben neben ihm Platz genommen. „Music for
Strings“ heißt das Projekt, das der Musik des Woodie
Guthrie huldigt. Bluegrass, Country, Jazz – je länger
der Abend dauert, desto mehr verwischen sich die
Grenzen zwischen den Stilen. Bill Frisell scheint das
zu genießen. Er genießt es, nicht im Mittelpunkt zu
stehen. Das tut an diesem Abend die Legende Guthrie.
Und irgendwann sieht man ihn regelrecht vor sich:
Diesen Outlaw, der die US-amerikanische Musik geprägt hat wie kein anderer. Ein Hauch von Verwegenheit weht durch den Raum, und über alldem schwebt
dieser ganz spezielle Gitarren-Sound, der Frisell so besonders macht. Wie eine Singstimme, die alle Register
zieht. Tags darauf wird Frisell auf der Hauptbühne sein
neues Album vorstellen: „Guitar in the Space Age“, auf
dem er Rock- und Surf-Klassikern der 1950er und
1960er ein neues Kleid verpasst. Kopfkino pur.
www.salzburgjazz.com
ZEITGENOSSEN
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Foto: Josef Maier
JAZZ MOMENTS
BASS ALMIGHTY
19. September 2015, Jazzit Salzburg, 19.50 Uhr.
Georg Breinschmid spielt ein Solo. Und es ist eines
dieser Soli, die einen auf eine Reise mitnehmen: Von
sanftem, melodieverliebtem Zupfen bis zu harten
Schlägen auf die Saiten des Stehbasses hält es alles
bereit, was man mit einem solchen Bass-Solo assoziiert. Und mehr. Breinschmid weiß, dass er gerade
dick aufträgt und er lässt es das Publikum auch
durch ein Augenzwinkern wissen. Der Ausnahmebassist ist einer, der über sich selbst lachen kann. Jaco
Pastorius, der berühmte Weather Report-Bassist, war
auch so einer. Dessen erstes Solo-Album bezeichnet
Breinschmid als Erweckungserlebnis: „Da wiederholt sich keine einzige Besetzung: Einmal solo,
darauf ein Quartett mit Schlagzeug, dann wieder
Streicher, eine Steel Drum.“ Und obwohl das heute
auf der Bühne stehende Trio eine durchgehende Besetzung hat, klingt auch heute jede Nummer anders.
Einmal Klassik, dann wieder Jazz. Kompositionen
von Bach bis Breinschmid. Die drei Musiker sind
ständig in Bewegung – ein Zustand, in dem sich auch
Beni Schmid, der als „Jahrhundertgeiger“ gefeierte
Virtuose, sichtlich wohl fühlt. „Musik ist das einzige,
was den Planeten zusammenhält“, hat Pastorius
einmal gesagt. Breinschmid weiß das.
David Helbock.
ONE-NIGHT-STAND?
www.gasteinertal.com/snowjazz
www.jazz-im-saegewerk.org
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www.jazzit.at
Foto: Markus Lackinger
6. Februar 2015, Hotel Europa Gastein, 21.10 Uhr.
David Helbock schaut kurz zu seinen Mitstreitern,
Herbert Pirker und Raphael Preuschl. Die beiden
sind bereit. Helbock greift in die Tasten. „Para
Hermeto“ erklingt – eines von vielen Stücken, das
er seinem Idol, Hermeto Pascoal, gewidmet hat.
Und er macht dem Brasilianer damit alle Ehre:
Rhythmisch komplex und trotzdem unwiderstehlich tanzbar ist es. Pirker streichelt die Becken
seines Schlagzeugs, Preischl spielt die Ukulele percussiv. Die drei verstehen sich blind. „Im Jazz spielt
ja jeder mit jedem. Eine Abfolge von One-NightStands“, sagt Helbock. Ihm aber komme es auf
lange Beziehungen an. „Wenn man intuitiv weiß,
was der andere will, kommt man irgendwann in
eine Phase, in der intuitiv sehr vieles möglich
wird.“ An diesem Abend ist alles möglich: Bossa,
Freejazz, sogar Volksmusik. Aber manchmal wirkt
es auch, als ziehe sich Helbock kurz in sich zurück,
um darüber nachzudenken, was die anderen jetzt
wollen, und gleich danach eine seiner vielen kleinen Klavier-Miniaturen hervorzuzaubern. Und
dann geschieht einfach, was im Moment geschehen
muss: Jazz.
Georg Breinschmid.
ZEITGENOSSEN
Foto: artisual
JAZZ MOMENTS
„Jazz is the Teacher (Funk is the Preacher)“: James „Blood“
Ulmer.
THE BLUES IS STILL ALIVE
„Möchte man die Ausrichtung des
Festivals auf einen Nenner
bringen, der allen Konzerten
gemein ist, dann vielleicht im
Moment des Grenzsprengenden,
des jeden Konsens kreativ
und auch provokativ
Herausfordernden.”
Mario Steidl, Intendant Jazz Saalfelden
30. August 2015, Saalfeldener Jazzfestival, Mainstage, 21 Uhr. James „Blood“ Ulmer hat sich warm
gespielt. So warm, dass er sich jetzt an ältere
Nummern wagt. Nummern seines legendären
Albums aus dem Jahre 1980, das den Titel „Are you
glad to be in America?“ trägt. Eine Frage, die sich
für ihn auch 35 Jahre danach nicht eindeutig beantworten lässt. „Jazz is the Teacher (Funk is the
Preacher)“ heißt ein Stück dieses Albums. Der
Geist ist bekanntlich willig, will denken, aber das
Fleisch ist schwach, es will tanzen. Jazz, Jazzrock,
Freefunk, was hat dieser Mann in seinem Leben
nicht schon alles gespielt. Und mit wem hat er nicht
schon gespielt: Dionne Warwick, Pharaoh Sanders,
John Zorn ... Aber nicht der Jazz und auch nicht
der Funk ist es, der diesen Mann so besonders
macht. Es ist der Blues. James hat den Blues. In
jeder Faser seines Körpers sitzt er. Er schlägt sein
Instrument, er streichelt es. Und egal, was er auch
macht, er hat sein Publikum in der Hand, spielt mit
ihm wie mit seiner Gitarre. Der Rest ist Ekstase.
www.jazzsaalfelden.com
ZEITGENOSSEN
9
„Wahrscheinlich schreibt dann irgendwer das Wort Roman darüber.“
Foto: Julia Klug
Karen Köhler über ihr nächstes Buch, eine längere Geschichte.
Interview: Markus Deisenberger
LITERATUR
DIE BEÄNGSTIGENDE
FREIHEIT DES SCHREIBENS
DER RAURISER LITERATURPREIS 2015 GING AN DIE HAMBURGERIN KAREN KÖHLER. EIN GLÜCKSFALL.
IHR BUCH „WIR HABEN RAKETEN GEANGELT“ IST PROSA MITTEN AUS DEM LEBEN. HUMORVOLL,
TRAGISCH, EXISTENZIELL. EIN GESPRÄCH ÜBER GEKAUFTE ZEIT, IHREN RAUSWURF BEIM BACHMANNPREIS UND DIE MERKWÜRDIGE NEIGUNG, ALLES BEWAHREN ZU WOLLEN.
I
m heutigen Literaturbetrieb ist es eher ungewöhnlich,
mit einem Kurzgeschichtenband zu debutieren. Sie
haben es trotzdem getan. Warum? Ich habe die Erzählungen nicht geschrieben, damit sie veröffentlicht werden, sondern, weil ich etwas zu erzählen habe. Und das, was ich zu
sagen hatte, hat eben auch eine bestimmte Form.
Haben Sie vor, auch einmal einen Roman zu schreiben
oder bleiben Sie vorerst bei der Kurzform? Mein Schreiben
hat ja mit Theaterstücken begonnen. Bisher habe ich acht
Theatertexte verfasst. Seitdem „Wir haben Raketen geangelt“
erschienen ist, habe ich zwei Theaterstücke, ein Hörspiel und
eine neue Erzählung geschrieben, außerdem arbeite ich an
einem Drehbuch, sowie einem neuen Theaterstück, sowie
meinem nächsten Buchprojekt. Ich war und bleibe also vielfältig in meinem literarischen Ausdruck. Die Geschichte gibt
mir eigentlich das Format vor. Die Geschichte, die ich in
meinem nächsten Buch erzählen will, ist eine längere. Wahrscheinlich schreibt dann irgendwer das Wort „Roman“ darüber.
Aber die kurze Form, die will ich immer weiter verfolgen,
weil ich sie liebe.
Sie haben den Rauriser Literaturpreis gewonnen. Abgesehen von der finanziellen Zuwendung – was macht so ein
Preis mit einem? Was bringt solch eine literarische Anerkennung? Das kann ich gar nicht so genau sagen. Der Rauriser
Literaturpreis ist in Deutschland außerhalb der Literaturszene
nicht sehr bekannt. Die Ehre, ihn verliehen zu bekommen,
spürte ich erst in Österreich. Zum einen bei den Rauriser Literaturtagen, zum anderen beim Festakt des Landes Salzburg
im Dezember 2015. Die finanzielle Zuwendung bedeutet ja
nichts anderes, als dass man sich Zeit kaufen kann. Zeit, in der
man aus ökonomischen Zwängen heraustreten kann, um neue
Literatur zu erschaffen. Man kann es sich dadurch erlauben,
das System von außen anzusehen und sich in Beziehung dazu
zu setzen, beziehungsweise sich die Freiheit erlauben, Dinge
zu tun, die für die meisten Menschen nicht nach „Arbeit“ aussehen. Für einen Schriftsteller ist es wichtig, sich immer wieder
aufzuladen, Details wahrzunehmen, denn der viel größere Teil
ZEITGENOSSEN
der Arbeit ist ja der, wo sich in einem eine Geschichte (oder
ein Text) formt, also der Teil, der noch nicht Wort ist.
Sie sind Schauspielerin. Warum haben Sie mit dem Schreiben begonnen? Sind Sie dabei einer plötzlichen Eingebung
gefolgt oder war das Schreiben immer schon da? Ich nenne
mich eigentlich gar nicht mehr Schauspielerin. Ja, das habe ich
studiert, und ja, ich habe in dem Beruf zwölf Jahre lang an
verschiedenen Theatern gearbeitet. Ich bin über die Schauspielerei zum Schreiben gelangt. Es war damals so, dass ein
Intendant einen Stoff fürs Kindertheater suchte und ich hatte
ihm eine Kurzgeschichte gegeben, die ich für meine Nichte
geschrieben hatte. Und meinte dann zu ihm: „Vielleicht ist das
ja was.“ Er mochte die Geschichte und bat mich, daraus ein
Stück zu machen, da sagte ich: „Das kann ich nicht. Das muss
ein Profi machen.“ Und er meinte: „Versuchs doch mal.“ Ich
habe es dann versucht und habe dann die beängstigende Freiheit des Schreibens entdeckt. Als Schauspielerin ist Text ja
schon immer etwas, das da ist. Man versucht in einem Rückwärtsprozess dem/der Autor/in nahe zu kommen, man versucht herauszufinden, wie z.B. Jelinek ihre Gedanken geführt
hat. Man will sie für sich knacken. Beim Schreiben ist es dann
genau umgedreht. Wie kann ich ein Theaterstück so schreiben,
dass meine Gedanken und die Handlung den Spieler/innen
etwas sagen. Meine Regel beim Schreiben war die: Ich als Spielerin müsste Lust haben, jede Rolle aus meinen Stücken zu
spielen, und seien sie noch so klein. Erst habe ich also Theaterstücke für Kinder geschrieben, dann für Jugendliche, dann
für Erwachsene, dann Prosa.
Ihr Buch „Wir haben Raketen geangelt“ handelt vom täglichen Wahnsinn und seiner Überwindung. Viele der Figuren
haben mit einem Verlust zu kämpfen. Entweder ist ihnen
ein Mensch durch Trennung oder Tod abhanden gekommen
oder es droht ihnen das eigene Leben abhanden zu kommen. Wieso ist Ihnen dieses Thema der Überwindung eines
Verlusts so wichtig? Naja, am Ende unserer aller Leben steht
ja der Tod. Also muss sich ja jeder irgendwann mal mit Verlust
auseinandersetzen und sei es auch nur dieses eine Mal, wenn
11
einem das eigene Leben abhanden kommt. Aber auch eine
Trennung, und das kennen ja auch die meisten, ist ein Prozess,
der sehr schmerzhaft ist, hinterher ist man ein anderer Mensch.
Vielleicht neigen wir dazu, die Dinge bewahren zu wollen,
dabei ist alles permanent in Bewegung und verändert sich. Dieses Gefühl von Verlust überwinden zu können, ist vielleicht
etwas sehr Heilsames. Gleichzeitig braucht man zum Loslassen
Mut und Stärke. Ich glaube, deswegen ist es mir so wichtig.
Ein deutsches Krankenhaus, die Küste Süditaliens, ein
Kreuzfahrtschiff im Nordmeer, ein Motel im mittleren Westen der USA, die Wälder Sibiriens – ihr Buch spielt an
Orten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Reisen Sie
viel und gerne? Oder machen Sie’s wie Karl May und imaginieren Sie vom Schreibtisch? Im Moment reise ich viel, wegen
des Buches. Die Raketen haben mich nach Island, New York,
Amsterdam und Albanien gebracht, und natürlich in viele
Winkel im deutschsprachigen Raum. Rauris, Elmau, Bamberg,
Halle, ich hab ja fast 120 Lesungen gemacht ... Was ich am Reisen mag, ist das Neue, Fremde, Andere, Unerwartete. Ich liebe
es, zu beobachten. Beim Schreiben greift man natürlich auf
etwas zurück, was man kennt, aber ich liebe auch das Internet
mit all seinen Möglichkeiten, an Information zu gelangen. Ich
habe mich über Google Satellitenansicht den ganzen Highway
93 entlanggeklickt. Mir etliche Videos zu den Shoshone-People
angesehen. Manchmal allerdings passiert es, dass ich eigentlich
nur ganz kurz etwas googeln wollte und dann wie Rotkäppchen vom Rechercheweg abkomme. Und nach einer Weile
dann so: Großmutter, warum bin ich auf dieser Seite gelandet?
Sie mussten Ihre Teilnahme am Bachmannpreis wegen einer
Krankheit absagen. Würden Sie das Vorlesen gerne nachholen? Ich habe eigentlich nicht abgesagt. Ich hatte die Windpocken und der ORF hat mich deswegen aus dem Wettbewerb
genommen. Ich hätte gelesen, auf jeden Fall. Ich habe dem
Sender sehr viele Alternativen angeboten, um die Gesundheit
des Publikums zu schützen: Von der Lesung im Virenanzug
bis zum Partnerstudio in Hamburg oder in Klagenfurt, eine
Skype-Livelesung war auch dabei, aber der ORF war damals
sehr unflexibel und hat mich wegen der Krankheit vom Wettbewerb ausgeschlossen. Nachzuholen ist das wohl nicht. Selbst,
wenn ich irgendwann doch noch Mal dort lesen würde, wäre
es etwas anderes.
Vielen Dank für das Gespräch.
Karen Köhler:
WIR HABEN RAKETEN GEANGELT
Erzählungen
Gebundene Ausgabe mit 240 Seiten,
13,3 x 2,5 x 21,1 cm, Carl Hanser Verlag
ISBN-10: 3446246029
ISBN-13: 978-3446246027
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Fotos: Andreas Kolarik (1) / Victoria Schaffer (2 und 3)
LITERATUR
„Präsentieren und reflektieren.“ Die Rauriser Intendanten
Ines Schütz (rechts) und Manfred Mittermayer (links) im
Salzburger Literaturarchiv, dessen Leiter Mittermayer ist.
WO DIE GONDELN
NAMEN TRAGEN
JEDE MENGE FESTIVALS IN STADT UND LAND
UND EIN EIGENES LITERATURHAUS –
IN SALZBURG LÄSST SICH DAS GANZE JAHR
HINDURCH LITERATUR GENIESSEN.
Seit 1971 gibt es im entlegenen Pinzgauer Dorf Rauris
ein Literatur-Festival. Anfangs war das noch eine eher
merkwürdige Mesalliance, erzählt Ines Schütz, die gemeinsam mit Manfred Mittermayer die Intendanz des
Festivals inne hat, vom Hörensagen. Weil oft zu wenig
Interessierte kamen, musste man, damit die Lesungen
annähernd voll wirkten, mitunter Skilehrer rekrutieren,
erzählt der Bürgermeister noch heute gern. Und die in
Festtagstracht herausgeputzen Dorfbewohner fühlten
sich gekränkt, wenn ein H.C. Artmann in abgewetzter
Cordhose erschien.
„Doch diese Zeiten sind vorbei.“ Germanist Mittermayer, der auch Autor der aktuellen Thomas BernhardBiographie ist, meint, heute sei das Festival angekommen. „Es ist bei der Bevölkerung sehr akzeptiert“,
ergänzt Schütz, ebenfalls Germanistin im Brotberuf.
Der Ruf, anders zu sein, ist jedoch geblieben: Wo sonst
kann man erleben, wie Svetlana Alexijewitsch, mittlerweile Literaturnobelpreisträgerin, auf einer Alm bei
frischer Milch und Kuchen aus ihrem Werk vorträgt?
„Störlesungen“ nennt man diese intimen Veranstaltungen. So wie nach mittelalterlichem Brauch Handwerker
„auf Stör“ gegangen sind, besuchen dabei Dichterinnen
und Dichter Familien aus der Gegend. Gegen Pinzgauer
ZEITGENOSSEN
Klaus Seufer-Wasserthal, der wohl umtriebigste Buchhändler
Salzburgs und zugleich Veranstalter des Literaturfestes Salzburg
(gemeinsam mit Christa Gürtler und Jochen Jung).
„Ein Drittel unserer Veranstaltungen sind für Kinder und
Jugendliche.“ Tomas Friedmann, seit über zwanzig Jahren
Geschäftsführer des Salzburger Literaturhauses.
Kost lesen sie in Stuben aus ihrem Werk,
erzählen über ihre Arbeit und kommen so
mit den Raurisern ins Gespräch.
wie Carl Zuckmayer, Johannes Freumbichler,
Ödön von Horvàth, Stefan Zweig oder Max
Reinhardt gelebt und gearbeitet haben.
Nach Herta Müller ist Alexijewitsch übrigens
die zweite Nobelpreisträgerin, die vorher den
Rauriser Literaturpreis erhielt. Salzburg ist
also ein guter Boden für die Literatur. Und
die Literatur ist ein Fest. Genauso heißt das
von Salzburgs wohl umtriebigstem Buchhändler Klaus Seufer-Wasserthal (gemeinsam mit Christa Gürtler und Jochen Jung)
veranstaltete Festival, das sich als fester
Punkt in Salzburgs Kulturkalender etabliert
hat. Thema des kommenden Festes: „Gegenwärtigkeiten“, d. h. man möchte ausloten, was
zeitgemäßes Schreiben heute bedeuten kann.
Oder man nutzt die Chance, auf einer der
jährlich über 270 Veranstaltungen, die im
Salzburger Literaturhaus über die Bühne
gehen, hochkarätige Literatur zu erleben.
Laut Geschäftsführer Tomas Friedmann
reicht die Bandbreite von Krimi bis Lyrik,
von Avantgarde bis Jugendbuch. Auch Karen
Köhler, die aktuelle Rauriser Preisträgerin,
hat unlängst hier gelesen. Und wer weiß,
vielleicht wird sie die nächste Rauriser Preisträgerin sein, die den schriftstellerischen
Olymp besteigt. Bis dahin muss sie mit der
Ski-Gondel Vorlieb nehmen, die ehrenhalber
nach ihr benannt wurde, und jetzt Tag für
Tag Wanderer und Skifahrer den Berg hoch
bringt. Ja, im Literaturland Salzburg tragen
die Gondeln nicht Trauer, sondern die
Namen hoffnungsvoller Schriftsteller.
Apropos Bernhard: Der hat seine Stadt Salzburg so hassgeliebt, dass er ihr ein paar seiner
schönsten Suaden widmete. So bezeichnete
er sie in „Die Ursache“ als „eine Todeskrankheit, in welche ihre Bewohner hineingeboren
und hineingezogen werden.“ Dass ihm, der
Zeit seines Lebens an der Lunge litt, im Luftkurort Goldegg mit einem eigenen Festival
gehuldigt wird, wo Schauspieler seine und
Schriftsteller ihre eigenen Texte lesen, hätte
ihm trotzdem gefallen. Jede Wette.
Aber auch wer außerhalb der Festivalzeit nach
Salzburg kommt, hat gute Chancen, hochkarätige Literatur zu erleben. Auf dem Henndorfer Literaturspaziergang zum Beispiel, wo sich
Wissenswertes und Anekdotenhaftes über
Henndorfer Dichter erfahren lässt und man
jene Orte besuchen kann, an denen Künstler
ZEITGENOSSEN
LITERATUR-FESTIVALS
IN SALZBURG STADT UND LAND
Rauriser Literaturtage,
30.03.–03.04.2016, Rauris
www.rauriser-literaturtage.at
Literaturfest Salzburg,
18.05.–22.05.2016, Salzburg Stadt
www.literaturfest-salzburg.at
Verstörungen – ein Fest für Thomas Bernhard,
Herbst 2016, Goldegg
www.verstörungen.at
Henndorfer Literaturspaziergang
www.literaturhaus-henndorf.at
Über 270 Literatur-Veranstaltungen jährlich
www.literaturhaus-salzburg.at
(GEHEIM)-TIPPS
SALZBURG STADT
von Tomas Friedmann,
Geschäftsführer Literaturhaus
Salzburg
Lieblingsort: Nachts im November
auf dem Mönchsberg.
Lieblingsgasthaus:
Der Gastgarten vom Krimpelstätter
(www.krimpelstaetter.at)
oder der Seehof in Goldegg
(www.derseehof.at).
Lieblingsbauwerk: Besonders mag
ich die Atmosphäre des „schönsten
Literaturhauses“ (H.C. Artmann)
im 400 Jahre alten Eizenbergerhof.
Lieblingsprodukt aus der Region:
Brot aus der Stiftsbäckerei St. Peter
und die Original Mozartkugeln
der Konditorei Fürst.
Lieblingsbuch: Da gibt es mehrere.
Immer wieder zur Hand nehme
ich die Bücher der österreichischen
Schriftstellerin Ilse Aichinger,
besonders ihren Gedichtband
„Verschenkter Rat“.
13
THEATER
Text: Markus Deisenberger
„W
er sind die Menschen, die davon träumen hier zu leben?
Wer sind sie, die wir mit Drohnen, Nachtsichtgeräten, Unterwasserkameras, Internierungslagern, Tränengas und Gummigeschossen davon abhalten wollen, die lebensgefährliche
Reise zu uns anzutreten?“ Das seien die
Fragen, die heutiges Theater stellen
kann und muss, ist Carl Philipp von
Maldeghem, Intendant des Salzburger
Landestheaters, überzeugt. Die Antwort darauf liefern Texte, aus denen
Theaterabende werden: Eine senegalesische Frau etwa wird von ihrer Familie
nach Europa geschickt. Nach einer
Odyssee über den afrikanischen Kontinent scheitert sie an einem Zaun. Sie
bleibt im Stacheldraht hängen. Für den
Text, der dieses Schicksal erzählt, wurde
die 1967 in Frankreich geborene Autorin Marie NDiaye mit dem Prix Goncourt, einem der wichtigsten Literaturpreise Frankreichs, ausgezeichnet.
DER SOG,
DER UNS
MITREISST
Eine Szene aus der Theaterproduktion „Funny Girl“. Zu
sehen von 05.02. bis 26.04. im
Salzburger Landestheater.
14
Funny Girl / UA © Christina Canaval
FLÜCHTLINGE UND FLUCHTHELFER.
IN SALZBURGS THEATERN ENTERN
DOKUMENTARISCHE TEXTE DIE
BÜHNE. KANN DAS THEATER SO
ETWAS LEISTEN, DAS DEN MEDIEN
NICHT MEHR GELINGT?
In einem zweiten Text schildert der
Journalist Wolfgang Bauer seinen erfolglosen Versuch, mit syrischen Männern von Ägypten aus über das Meer
nach Europa zu gelangen. Eindringlich
beschreibt er die Flucht dieser Männer.
Ihre Nöte, ihre Lebensangst. Letztlich,
nach Überwindung lebensgefährlicher
Widrigkeiten, schaffen sie es. Der Text,
entstanden zu einer Zeit, als eine Balkanroute noch nicht absehbar war, sei aus
seiner Sicht deshalb so wichtig, erzählt
von Maldeghem, weil er eine Innensicht
schildere. „Heute wird ja nur noch über
Zahlen geredet. Wie viele jetzt wieder da
oder dort stehen. Dass hinter diesen
Zahlen Menschen stehen, das führt dieser Text eindrucksvoll vor Augen.“ Seit
uns politische Themen wieder so mitnehmen wie aktuell, finden auch wieder
vermehrt dokumentarische Texte auf
Salzburgs Bühnen statt. Die szenische
Umsetzung, so von Maldeghem, sei
leichter gewesen als erwartet. „Es war
wie ein Sog, der uns alle mitriss.“
ZEITGENOSSEN
THEATER
„Das Theater war
immer ein Ort,
an dem die Krise
verhandelt wurde.
Leute mit Gedanken
zu konfrontieren,
mit denen sie
vielleicht gar nicht
gerechnet haben,
halte ich für eine
große Chance.“
Foto: Victoria Schaffer
Carl Philipp von Maldeghem
Das Theater, sagt Robert Pienz,
Intendant des Salzburger Schauspielhauses, befinde sich gerade in einer
spannenden und brisanten Phase, „weil
wir an der Schwelle zu großen Veränderungen stehen.“ Jahrzehntelang keine
vernünftige Integrations- und Bildungspolitik – all diese Dinge fielen uns jetzt
auf den Kopf. „Aber alles, was wir zu
begreifen scheinen, ist, dass etwas
zu rutschen beginnt. Wie ein großes
Schneebrett.“
Heute finden am Schauspielhaus
erste Proben eines neuen Stückes statt.
„Illegale Helfer“ heißt es. Und es geht
darin um Leute wie du und ich, die
durch besondere Lebensumstände zu
Fluchthelfern werden. Da ist zum Beispiel der Sachbearbeiter, der den Asyl-
ZEITGENOSSEN
antrag einer alten Frau abschlägig behandeln muss. Als er merkt, dass sie
dann ihre Tochter nie wieder sehen
wird, fährt er sie in einer Nacht- und
Nebelaktion über die Grenze. Aus purer
Menschlichkeit macht er sich strafbar,
riskiert seinen Job, seine gesicherte
Existenz. Dann gibt es den jugendlichen Revoluzzer, der seine Tat als politischen Kampf auffasst. Und die Dame,
die auf der Almhütte einem Flüchtling
begegnet, der sie aufgeregt fragt, ob er
denn jetzt schon in der Schweiz sei. Mit
der Begeisterung, die aus ihm herausbricht, als sie die Frage bejaht, wird er
ihr Leben verändern. Völlig unterschiedliche Charaktere sind es, die
Autorin Maxi Obexer getroffen, interviewt und deren Erzählungen sie zu
einem dokumentarischen Drama ver-
arbeitet hat. „Das sind aus der Mitte der
Gesellschaft kommende Leute, falls es
diese Mitte überhaupt noch gibt“, sagt
Intendant Robert Pienz nicht ohne Sarkasmus. „Ärzte, Anwälte und Frauen,
die in heilenden Berufen tätig sind.“
Um sich mit dem Thema vertraut
zu machen, wählte Regisseur Peter Arp
einen ungewöhnlichen Weg, vielleicht
aber den einzig logischen. Er begab sich
zum Salzburger Hauptbahnhof, dorthin
also, wo wochenlang Tag für Tag tausende Flüchtlinge ankamen, um zu helfen. „Um ins Bewusstsein zu bekommen,
dass das Menschen sind, Menschen mit
allen Stärken und Schwächen“, sei das
ungemein wichtig gewesen. „In der
Theorie wisse man das alles zwar, aber
plötzlich hat man ein Gegenüber ...“
15
Innerhalb kürzester Zeit werde man da zum
Experten, um zu helfen“, so Arp. „Im Stück
aber brechen Leute Gesetze, um zu helfen.
Sie gehen also noch einen Schritt weiter.“
Schauspielerin Christiane Warnecke tat
es ihrem Regisseur gleich. Sie gab Essen in
einer zur Flüchtlingsunterkunft unfunktionierten Turnhalle aus. Wie das war? „500
Männer und eine Frau – das ist wohl in
jedem Kontext eine seltsame Erfahrung“, sagt
sie. „Da prallen Weltbilder aufeinander.“
Und dann beginnen auch schon die ersten Sprechproben, die ersten Versuche, diesen dokumentarischen Text szenisch zum
Leben zu erwecken. Aber schon bald wird
klar: Christiane Warnecke und die anderen
Schauspieler stellen kein Leben nach, sie sind
im Leben. Und vielleicht ist das auch der
Grund, weshalb wieder dieser Sog zu spüren
ist, von dem von Maldeghem zuvor gesprochen hat. Der Sog, der sich entwickelt, wenn
das Theater keine ausgedachten, sondern aus
dem Leben gegriffene Texte verhandelt.
Kann das Theater etwas leisten, das die
Medien nicht mehr schaffen? „Auf jeden
Fall“, gibt sich Carl Philipp von Maldeghem
kämpferisch. In der abgelaufenen Spielzeit
seien ganz bewusst politische Opern gespielt
worden. „Tahrir“ von Hossam Mahmoud,
eine Oper über die ägyptische Revolution, sei
aufschlussreicher als monatelanges Zeitunglesen, ist er sich sicher.
Und man bleibt auch weiterhin politisch.
Eine weitere Reportage von Wolfgang Bauer
über die von Boko Haram geraubten Mädchen hat im Februar Premiere.
ZEITGENOSSEN
Foto: Chris Rogl
Foto: Victoria Schaffer
Robert Pienz (links): „Wir
stehen an der Schwelle
zu großen Veränderungen.“
Und auch „Funny Girl“ hat ein Thema
mit Sprengkraft zum Inhalt: Azime, Tochter
einer kurdisch-muslimischen Familie, möchte
Comedian werden. Dabei hat sie nicht nur
gegen die eigene Unsicherheit, sondern auch
gegen die Widerstände innerhalb der eigenen Familie zu kämpfen. Als besonderen
Gag trägt sie während ihrer Show eine Burka,
was ihren Bruder und ihren Vater umso mehr
erzürnt. Als dann noch eine bekannte Tageszeitung über sie berichtet und auf Youtube
Videos von ihr auftauchen, spalten sich die
Lager endgültig in Bewunderer und Hasser.
„Das Interessante daran ist, dass der Autor,
Antony Mc Carten der erste war, der sich diesem Thema über den Humor näherte.“ Ein
heikles Thema also wird mit englischem
Humor gemeistert. Befreiend sei das gewesen,
so von Maldeghem. Im Stück gibt es ein
Happy End: Am Ende steht Azime vor einem
großen Auftritt. Sie legt die Burka beiseite und
bewältigt ihn. Aber ist es im wirklichen Leben
auch so einfach? „Wahrscheinlich nicht. Gelingen kann es nur, wenn wir Gedankenräume
aufmachen, wie ein Zusammenleben in diesem Europa, das mit jedem Tag diverser wird,
möglich ist.“ Es ist, wie es ist: Die Medien sind
vielleicht für die Zahlen verantwortlich. Das
Theater für den ganzen Rest.
THEATERPRODUKTIONEN
Salzburger Landestheater
05.02.–26.04.: Funny Girl
17.02.–06.04.: Die geraubten Mädchen
www.salzburger-landestheater.at
Schauspielhaus Salzburg
20.01.–20.02.: Illegale Helfer
www.schauspielhaus-salzburg.at
Rechts: Ausschnitt aus
„Illegale Helfer“. Zu sehen
von 20.01. bis 20.02. im
Schauspielhaus Salzburg.
(GEHEIM)-TIPPS
SALZBURG STADT
von Andreas Gfrerer, Inhaber
Arthotel Blaue Gans, Salzburg
Lieblingsort: Vor dem Heizkraftwerk Mitte und der Eisenbahnbrücke, die Altstadt in einiger
Entfernung im Rücken, diese
beiden Elemente der Stadt, das
finde ich magisch.
Lieblingsgasthaus:
Besonders, wenn der Wirt
da ist: das m32 (www.m32.at).
Mit den Kindern: der Strasserwirt
(www.zumstrasserwirt.at).
Mit meiner Frau allein:
Paradoxon (www.facebook.com/
brandtnersparadoxon).
Lieblingsprodukt aus der Region:
Lungauer Bauchspeck, in
rot-weiß-rote, kurze Streifen
geschnitten. Schwarzbrot dazu,
selbst eingelegtes Essiggemüse,
begleitet von einem reschen
Grünen Veltliner aus einem
möglichst derben Glas.
Ziegenkäse von Naynar.
Selbst gepflückte Steinpilze.
Lieblingsbuch: Man kann
unmöglich ein Lieblingsbuch
haben. Nicht einmal einen
Lieblingsautor. Aber weil wir
beim Regionalen sind: Den
Karl Markus Gauß mag ich
halt schon sehr gerne.
17
Foto: Benjamin Hohnheiser
SCHMIEDE HALLEIN
Text: Markus Deisenberger
DER
RHYTHMUS
VON
UTOPIA
DIE SCHMIEDE HALLEIN
IST EIN PRODUZENTENFESTIVAL,
BEI DEM ES WENIGER UM
VORTRAG, ALS UM ZUSAMMENFÜHRUNG, AUSTAUSCH UND
INTERAKTION GEHT, EIN „PLAYGROUND OF IDEAS“. GEFEIERT
WIRD DIE KUNST AN SICH. IN ALL
IHREN SCHATTIERUNGEN.
V
ierhundert Leute. Alle heißen „Smith“. Und alle haben
ein Ziel: Ihre künstlerische Arbeit voranzutreiben. Zehn
Tage haben sich die Smiths Zeit genommen. Tag für Tag
kommen sie in die alte Saline Hallein, um dort, wo früher 210 Tonnen Salz pro Tag erzeugt wurden, zu arbeiten. Dabei entstehen
eine Menge Kooperationen. Und am Ende jedes Tages gibt es
Präsentationen in verschiedensten Formaten. Von „Hallo, ich bin ...“
bis zu Projekt- und Werkstatt-Präsentationen, die tief in das Schaffen der jeweiligen Künstler blicken lassen.
Aber von vorne: Dreizehn Jahre ist es her, dass Rüdiger Wassibauer gemeinsam mit seinem Bruder Philipp und Paul Estrela die
Idee hatte, ein Festival ins Leben zu rufen, bei dem es nicht um
Wettbewerb, sondern um Kooperation geht. In Hallein habe es
damals wenig bis nichts gegeben, erinnert sich Wassibauer. Die
Stadt selbst hatte, nachdem die Saline 1989 ihre Pforten schloss,
schon einmal bessere Zeiten gesehen. Und künstlerisch gab es viele
kleine Gruppen, die alle für sich waren und sich nicht gegenseitig
befruchteten. Das wollten die drei nicht mehr länger hinnehmen.
Cinema Vertigo: Eine mit
einem Lift befahrbare
20 Meter hohe Leinwand, die
auf jeder Ebene interaktiv
auf das Publikum reagiert.
6
18
„Ich wollte mich immer als Gruppe entwickeln, nur selten
allein“, erzählt Rüdiger Wassibauer, der einzige der drei im Projekt
verbliebene. Sein Bruder Phlipp ist mittlerweile erfolgreicher StartUp-Unternehmer, Estrela ging in Richtung Musikmanagement.
ZEITGENOSSEN
Foto: Benjamin Hohnheiser
Das Projekt „Lost in the FEARest“
kombiniert Papierschnitte mit
Elektronik, Programmierung
und 2D-Animation. Im Rahmen
eines Pop-up-Buches wird die
Geschichte von individuellen
Ängsten, in Schattenform
dargestellt, die man spielerisch mit
einer Taschenlampe erforscht.
Foto: Leo Lass
Foto: Benjamin Hohnheiser
Foto: Leo Lass
Ein Plattenspieler, der Holz abspielt?
Genau das passiert im Projekt
„Years“ von Bartholomäus Traubeck.
Die Jahresringe werden in einem
komplexen Prozess in Musik übersetzt.
Foto: Traubeck
Cloud Chamber Diaries: Den Ausgangspunkt
stellt eine Gegenüberstellung zweier Spiegel
dar, die miteinander interagieren. Es scheint,
als ob das im einen Spiegel Gezeigte eine
Kausalität zu dem im anderen Spiegel
Gezeigten birgt: Handbewegungen, Mimik
und Kunststücke des Protagonisten im einen
Spiegel scheinen sich in wolkenähnlichen
Formationen im anderen Spiegel zu reflektieren.
Glyph ist eine interaktive Skulptur:
In einer inszenierten mystischen
Erfahrung wird man mit der hypnotischen Macht eines religiösen Rituals
konfrontiert. Runenartige Schriftzeichen
und eine starke Klangerfahrung
versetzen einen in einen angenehm
erschreckenden Trance-Zustand.
„Es ging uns darum, für eine große
Gruppe völlig unterschiedlicher Kunstund Kulturschaffender eine Art von
Rhythmus zu schaffen.“ Dafür brauchte
es einen neutralen Ort, an dem man sein
kann und den man in der alten Saline
fand. Durch Kunst wollte man ihr neues
Leben einhauchen. „Am wichtigsten war
uns von Anfang an die Vielfalt“, so der
heutige künstlerische Leiter. „Alle sind
gleich, gleichberechtigt.“ Daher auch der
Gag, allen Teilnehmern denselben Nachnamen zu verpassen: „Smith“.
Die Schmiede begann also als eine
romantische Utopie. Und wie bei allen
Utopien ist aller Anfang schwer, noch
dazu, wenn es dabei um innovative
Kulturarbeit im regionalen Umfeld geht.
„Als wir anfingen, glaubten alle, wir
seien durchgedreht“, so Wassibauer. So
manches Projekt – vom multimedialen
Fahrstuhl bis zu neunzehnstündigen
Klavier-Konzerten – wird diesen Ein-
ZEITGENOSSEN
druck auf Außenstehende auch verstärkt
haben. Aber allem Gegenwind zum
Trotz taten die drei damals instinktiv das
Richtige, rannten bei vielen Gleichgesinnten eine offene Tür ein. Und so war
der Andrang, an der Schmiede teilzunehmen, von Anfang an groß.
menprogramm, das man wahrnehmen
kann, man muss aber nicht. Eine der
zentralen Regeln der Schmiede ist es
nämlich, die Autonomie seiner Teilnehmer nicht zu untergraben. Alles geht,
nichts muss. „Wir produzieren nur die
Atmosphäre, eine Art Ökosystem.“
NAIVITÄT BEIBEHALTEN
Heute, dreizehn Jahre später, ist die
Schmiede ein arriviertes Festival, hat
sich aber, obwohl es sukzessive gewachsen ist und mittlerweile Leute aus der
ganzen Welt anzieht, seine Naivität
bewahrt. Die gelte es auch hoch zu halten, sagt Wassibauer. Denn: „Die Naivität lässt es zu, dass wir Sachen machen,
von denen alle sagten, dass sie nicht
möglich sind.“
Und die Atmosphäre ist einzigartig,
die Vielfalt der hier ausgeübten Künste
enorm: Das Wiener Elektronik-Duo
Ogris Debris etwa hat sich hier kennen
gelernt und gleich vor Ort ein Video
produziert. Der Wiener Soundpoet
Thomas Havlik genießt das besondere
Flair ebenso wie Michela Pelusio,
Installations- und Performance-Künstlerin. Ihr geht es darum, erzählt sie,
neue Fähigkeiten zu erlernen und die
Qualität anderer in die eigene Arbeit
einzubauen, um die eigene auf einen
neuen Level zu bringen. Andere treffen
sich hier, um einmal im Jahr gemeinsam Kunst zu machen, und gehen dann
Vieles aber ist über die Jahre gleich
geblieben. Die lose Struktur etwa: Es
gibt zwar ein aus Vorträgen, Workshops
und Performances bestehendes Rah-
19
Foto: Jannik Weylandt
Foto: Ela Grieshaber
Foto: www.polacsek.com
Rüdiger Wassibauer: „Das richtig zu machen, von dem wir glauben, dass es richtig ist.“
(GEHEIM)-TIPPS
TENNENGAU
von Stefan Zenzmaier,
Fotograf, Kuchl
Lieblingsort: Der Trattberg in
St. Koloman, mit Panoramablick
auf den Dachstein, das Tennengebirge und die Postalm.
Lieblingsgasthaus: Der Gasthof
Abfalter in Golling Torren am
Wasserfall.
Lieblingsbauwerk: Das Haus
47°40’48”n/13°8’12”e in Adnet,
der Architekten Maria Flöckner
und Hermann Schnöll.
Lieblingsprodukt aus der Region:
Die ausgezeichneten Mehlspeisen
und Schokoladen von Braun in
Hallein. Whisky und Gin Alpin
vom Guglhof in Hallein.
Lieblingsbuch: „Die unerträgliche
Leichtigkeit den Seins“, von Milan
Kundera.
wieder getrennte Wege: Die einen nach Glasgow, die anderen nach Köln. „Die Vernetzung findet weiterhin, auch außerhalb der
Schmiede statt“, so Wassibauer. Vor allem in
den Städten Berlin, Wien und München, die
aufgrund der Größe meist mehrere Teilnehmer stellen, und natürlich in Salzburg aufgrund seiner Nähe.
Geht man bei vollem Betrieb durch die
große Halle der Schmiede, die eine Art
Großraumbüro ist und „the Wood“ genannt
wird, trifft man auf Leute, die völlig von ihrer
Kunst absorbiert sind, allein vor dem Bildschirm, mit anderen im Gespräch, Interaktion suchend oder nicht. Die Ergebnisse ihrer
Bemühungen sind qualitativ sehr unterschiedlich: Von „netten Studentenprojekten“
bis zu solchen, die internationale Furore
machen. Das Projekt Cloud Chambers Diaries der Gruppe Depart etwa gewann 2013
den Content Award der Technologieagentur
der Stadt Wien (ZIT). Das Projekt Years wiederum wurde nicht nur über 12 Millionen
Mal auf Vimeo abgerufen, sondern wurde
auch von Tokyo, New York, Moskau und
Linz international ausgestellt.
Die Aufnahmekriterien der Schmiede
sind locker. 450 Anträge gibt es derzeit circa
jährlich, 400 bekommen einen Platz. Einzige
Voraussetzung laut Wassibauer: „Die künstlerische Arbeit muss eine gewisse Qualität
aufweisen. Und man muss wollen.“ Sich zehn
Tage am Stück wirklich Zeit zu nehmen, sei
schon viel verlangt.
Wenn man so will, ist die Schmiede die
gelebte Antithese zum heute üblichen Festival, wo ein oder mehrere kunstsinnige Kuratoren einem Publikum etwas vorsetzen, von
dem sie glauben, dass es ihnen gefallen
6
20
könnte. Wassibauer: „Das Spannendste ist
meistens nicht das, was ich programmiere,
und das ist auch gut so.“ Die Schmiede hat
also in all den Jahren ein Eigenleben entwickelt, eigentlich baue sie sich selbst zusammen. Der Prozess werde zwar betreut,
komme letztlich aber von den Leuten selbst.
„Self assembling“ – so lautetet dann auch
das Thema eines der letzten Festivals. Jedes
Jahr gibt es solch ein Thema, das laut Wassibauer als Impuls dienen kann, immer aber
auch etwas über das jeweilige Stadium, in
dem sich das Festival gerade befindet, erzählt.
„Discontent“ etwa griff diese allgemeine
Unzufriedenheit über den Mangel an Möglichkeiten auf, die man in den Anfangstagen
wahrgenommen hatte. Anstatt sich aber
darüber zu beschweren, tat man das, was man
für richtig hielt. Man schuf die Schmiede.
„Chaos creates structure“ beschäftigte
sich mit der Frage, wie viel Freiheit, wie viel
Anarchie man zulassen kann, und wie viel
Struktur man demgegenüber braucht. Nächstes Jahr lautet das Thema: „Ausnahmezustand“. Beeinflusst von einem Buch des
italienischen Philosophen Giorgio Agamben
ist damit jener Zustand gemeint, der es
Demokratien ermöglicht, auch totalitäre
Entscheidungen zu treffen. Das Thema –
noch vor den Ereignissen von Paris und der
Klimakonferenz festgesetzt – könnte aktueller nicht sein.
Die immer wieder gesellte Frage, ob das
alles denn sinnvoll sei, was die Schmiede so
mache, beantwortet Wassibauer gerne mit
einer Gegenfrage: „Schauen Sie sich das
System rundherum an, ist das sinnvoll?“
www.schmiede.ca
ZEITGENOSSEN
Claudia Rogge | PerSe
13.1.–12.03.2016
Abb.: © Claudia Rogge, Relation 3
Lambdaprint, 2013-2015, 150 x 210 cm, 12-teilig
1010 Wien, Gluckgasse 3
+43 1 5138283
Öffnungszeiten:
Mo–Fr: 11:00 bis 18:30,
Sa: 11:00 bis 16:00
5020 Salzburg, Erhardplatz 3
+43 662 840200
Öffnungszeiten:
Mo, Mi–Fr: 11:00 bis 18:30
Sa: 10:00 bis 14:00
[email protected]
www.galerie-frey.com
WIEN SALZBURG
Text: Markus Deisenberger
BAD GASTEIN
ALLES IM
FLUSS
WAS WURDE NICHT SCHON ALLES ÜBER DEN NIEDERGANG VON BAD GASTEIN
GESCHRIEBEN. TATSACHE IST, DASS DIE EINSTIGE SOMMERFRISCHE-RESIDENZ
HEUTE EINER DER SPANNENDSTEN ORTE DES LANDES IST – ALLERDINGS
NUR, WENN MAN GESCHMACK HAT, OFFEN IST UND EINEM DER SINN NACH
JUNGER, UNVERBRAUCHTER KUNST STEHT. EIN RUNDGANG MIT TIEFGANG.
D
as „Monte Carlo der Alpen“ nannte man
Bad Gastein einst. Kaiser und Könige
kamen hierher, um die Extravaganzen des
mondänen Kurorts zu sehen und gesehen zu werden. Doch dann fiel der Kurort der Reichen und
Schönen in einen Dornröschenschlaf. Der Jet Set
blieb aus, die Grandhotels schlossen ihre Pforten.
Heute sind es vor allem Künstler und Kreative,
die nach Bad Gastein kommen, um Kunst zu schaffen und darüber zu diskutieren. Ein Wandel, der der
unermüdlichen Kulturarbeit einiger engagierter
Menschen zu verdanken ist, die allen Widrigkeiten
zum Trotz immer an diesen Ort und seine besondere Aura geglaubt haben. Vom einstigen Glanz
zeugt noch heute die prachtvolle Bell EpoqueArchitektur des Ortes, auch wenn der Putz an der
einen oder anderen Stelle schon arg abgeblättert ist
und vieles dem Verfall preisgegeben wurde.
Evelyn Ikrath ist eine dieser Unermüdlichen. In
Gastein aufgewachsen, hat sie gemeinsam mit
ihrem Mann, dem Architekten Ike Ikrath, zuerst
das von ihren Eltern geerbte Haus Hirt behutsam
renoviert. Dann kam das, einst von der Nationalbank betriebene, Hotel Miramonte dazu. Heute
sind diese beiden Häuser Inbegriff eines neuen,
urbanen Geschmacks, der Gastein heute ausmacht.
Ein Mix aus ausgewählten Design-Möbeln aus
den 1950er, 1960er und 1970er Jahren und zeitgenössischer Kunst ist es, der sich dem Hotelgast hier offenbart.
„In den frühen 1970ern kam der Bruch“, erzählt
sie. Mit den ersten leistbaren Long Distance-Flügen
blieben die Gäste aus. Man flog plötzlich lieber
22
nach Kapstadt oder Rio. Die Durststrecke sollte um
die zwanzig Jahre dauern. Denn mit den ersten billigen Städteflügen Anfang der 1990er Jahre rückte
Bad Gastein wieder vermehrt ins touristische Bewusstsein. Plötzlich war der Ort wieder in die Nähe
der Ballungszentren gerückt. Wie einst kamen wieder Großstädter zur Sommerfrische oder um im
Winter die Pisten unsicher zu machen. So auch der
Hamburger Olaf Krohne, der mit seinen Eltern oft
zum Urlaub gekommen war. Die Zerrissenheit zwischen Trotz und Verfall war es, die ihn 2003 seine
Hamburger Szenebar verkaufen ließ, um das Hotel
Regina zu übernehmen. Gemeinsam mit Ike Ikrath
gründete er das „project badgastein“ – ein Netzwerk aus Designern, Fotografen und Architekten,
das den Ort wieder zu dem machen wollte, was er
einmal war: Ein sommerlicher Treffpunkt für
Künstler und eine Kontaktbörse für Kreative.
Evelyn Ikrath in der
Lobby des Hotel
Miramonte, dem
zweiten Haus, das
die Familie Ikrath
einem geschmackvollen Facelifting
unterzog. Einst im
Eigentum der
Nationalbank, ist
es heute Treffpunkt
der kreativen
Szene, die den Ort
bereichert.
Als größter Hemmschuh erwies sich dafür das
Investment eines Wiener Privatiers. Der mittlerweile verstorbene Geschäftsmann hatte Anfang der
00er Jahre eine Reihe denkmalgeschützter Gebäude
im Ortskern gekauft, darunter auch das geniale
Kongresszentrum, das Gerhard Gerstenauer zwischen 1968 und 1974 ins Zentrum hineinbetonieren ließ. Noch heute bringt einen die brutalistische
Wucht dieses Bauwerks zum Staunen. Aus den erhofften Revitalisierungen wurde jedoch nichts. Gemeinde und Privatier waren sich uneins. Die eine
Seite behauptet, es sei nur aus Spekulationsgründen
gekauft worden. Die andere Seite dementiert und
meint, man ließe sie nur nicht. Das Ergebnis: Ein
seit fünfzehn Jahren verfallender Stadtkern, und
ein Kongresszentrum, durch dessen Fenster man
alte Designermöbel im Staub versinken sieht.
ZEITGENOSSEN
Foto: Clemens Kois
Fotos: Clemens Kois
Links: Das Hotel Miramonte, in dem charmanter Vintage-Chic und modernes Design eine gelungene Symbiose eingehen, versteht sich als „Treffpunkt urbaner Geister mit Bergaffinität und Kommunikationslust“.
Rechts oben: Das charakteristische Ortsbild von Bad Gastein mit seinen Bauten aus der „Belle Epoque“,
die über dem Wasserfall zu schweben scheinen. Der Wasserfall (rechts unten) ist das Wahrzeichen Bad
Gasteins. Mit einer Fallhöhe von 341 Metern tost er in drei Stufen mitten durch das Zentrum zur Talsohle.
24
ZEITGENOSSEN
BAD GASTEIN
Fotos: Werner Gritzbach
www.sommerfrischekunst.de
sommer.frische.kunst.
Einen Sommer lang, von Juli
bis September, sorgen
Ausstellungen, Installationen,
offene Ateliers, Kreativworkshops, Konzerte, Sommertheater und unzählige weitere
kulturelle Aktivitäten für
Frische in Bad Gastein.
Links: Noa Yekutieli war eine der Artists in Residence, die 2015 im Wasserkraftwerk Raum
für Inspiration und Kraft für intensives Schaffen fanden. Ihre aufwendigen zwei- und
dreidimensionalen Arbeiten werden mit einem einfachen Satz künstlerischer Werkzeuge
realisiert: schwarzem Papier, einem Messer und einer Vision.
Rechts: Als einen der „100 Maler von morgen“ bezeichnete die Cisneros Fontanals
Art Foundation (CIFO) – eine der bedeutendsten Kunststiftungen Nordamerikas – den
in Rio de Janeiro geborenen Maler Daniel Lannes. 2015 residierte er in Gastein.
Manchen gefällt dieser morbide Charme.
Andere muss man warnen, bevor sie ins Zentrum losziehen.
Parallel zu dieser Welt des Verfalls und
völlig unbeeindruckt von ihr hat sich nun aber
eine neue Welt des Aufbruchs aufgetan: Moderne Kunst, Fotografie und Jazz. Seit sieben
Jahren etwa gibt es das Festival sommer.frische.kunst mit Ausstellungen, einer Akademie
und einem Artists-in-Residence-Programm:
Unter der Leitung der Kunstsammlerin Andrea von Goetz und Schwanenfliess wählt eine
Jury aus zahlreichen internationalen Künstlern einige aus, die vier Wochen lang nach Bad
Gastein kommen. Sie beziehen Ateliers im vor
über 100 Jahren errichteten denkmalgeschützten Wasserkraftwerk, das direkt neben dem
tosenden Wasserfall liegt, und arbeiten dort.
Die Ateliers stehen Besuchern immer offen.
Gäste können so den Schaffensprozess der
Künstler hautnah miterleben. Doch nicht nur
im Wasserkraftwerk findet Kunst statt, während des Festivals sprießt die Kunst auch an
anderen Orten. Es gibt Fotoausstellungen an
öffentlichen Plätzen und jede Menge Musik:
ZEITGENOSSEN
Von jungen skandinavischen Indie-Bands bis
Jazz des von Anfang Juli bis Anfang September stattfindenden Jazzfestivals „summer.
jazz.in.the.city“.
Bad Gastein hat sich neu erfunden. „Der
Ort ist die größte Spielwiese der Welt“, sagt
Ike Ikrath. Tatsächlich haben er und seine
Mitstreiter es geschafft, den Ort wieder auf der
Landkarte der Kulturliebhaber und Hipster zu
verankern. Ob es Konzept und Lebenskünstler Friedrich „Supergeil“ Liechtenstein ist, der
sein Album „Bad Gastein“ nennt, oder Zukunftsforscher Mathias Horx, der im Rahmen
der Gastein.Talks über die neue grüne Üppigkeit philosophiert. Der Ort zieht wieder jede
Menge interessante Menschen an. Und heute
wie damals ist es ein Bild der Extreme, das
Gastein ausmacht: Der Wasserfall, der mitten
durch die Stadt tost, der großstädtische Prunk
der Bel Epoque mitten im Gebirge und hochwertige Kunst. Wer nach Bad Gastein kommt,
sucht das Besondere. Das war immer so, und
ist es auch heute wieder.
www.haus-hirt.com | www.badgastein.at
(GEHEIM)-TIPPS
PONGAU / GASTEIN
Evelyn Ikrath, Haus Hirt
Lieblingsort: Das Gasteiner
Nassfeld in Sportgastein –
silbrig leuchtend am Morgen,
wild und naturgewaltig bei Sturm.
Der untere Wasserfall in Bad
Gastein, wo die heiße Thermalquelle und der Wasserfall
zusammenkommen.
Lieblingsgasthaus: Poserhöhe am
Gamskarkogel, Valeriehaus im
Nassfeld, die Astenalm, der Seehof
in Goldegg.
Lieblingsprodukt aus der Region:
Mühlhof Heidis Brot mit ihrer
Butter, das Heidelbeergelee und
der Hollersaft von Annemarie von
der Gadaunerer Hochalm, der
Birnenschnaps vom Purzelbauer.
Lieblingsbuch: „The Outsiders“
erschienen im Gestalten Verlag.
25
TAUERNLAMM
Foto: Stefan Zenzmaier
WEITE
WEGE
„Dass die Lämmer nur mit Kraftfutter gefüttert werden, gibt es bei uns nicht.“
Robert Zehetner
A
lmabtrieb im Nationalpark Region Hohe Tauern. Das Ende
der Almweidezeit wird wie
jedes Jahr feierlich begangen. Robert
Zehetner erinnert sich: Hier standen er
und andere befreundete Bergbauern
vor mehr als 35 Jahren mit dem Rücken
zur Wand. „Wenn wir Bauern bleiben
wollen, dürfen wir uns nicht auf die
Politik verlassen, sondern müssen selber
etwas tun.“ So oder so ähnlich war der
Tenor damals. Die Lösung: Das Schaf.
Genügsam und vor allem geländegängiger als die auf den steilen Flächen kaum
zu haltende Kuh ist es. Und das Fleisch
der auf der Weide gehaltenen Tiere
schmeckt viel besser als das aus der
Massentierhaltung. Und so wurde die
Tauernlamm Genossenschaft gegründet, deren Geschäftsführer Zehetner
26
heute ist und deren Mitglieder sich zu
einer besonders nachhaltigen Aufzucht
verpflichten. „Wir schlachten die Lämmer älter als andere“, erzählt Zehetner.
Erst wenn sie acht, neun Monate alt sind.
Denn das Alter spiele keine so große
Rolle, wenn sie von der Weide kommen
und mit Gras und Heu gefüttert wurden.
„Dass die Lämmer nur mit Kraftfutter
gefüttert werden, gibt es bei uns nicht.“
Vom kleinen Lamm also, das mit seiner
Mutter einige Monate auf den Almen
und Weiden unserer Berghöfe verbringt, bis hin zum pikanten Tauernlammgericht auf dem Teller eines
Spitzenrestaurants ist es daher ein weiter Weg. Länger und intensiver als der
von der Alm ins Tal ist er, aber ebenso
im Einklang mit der Natur.
DAS TAUERNLAMM
Unter natürlicher Haltung
wächst es heran und wird auf
den Bergbauernhöfen der
Region schlachtfertig gefüttert.
Weit über die Grenzen des
schönen Pinzgaus hinaus gilt
es aufgrund seines besonders
zarten und wohlschmeckenden
Fleisches als Delikatesse.
In Salzburg ist es auf der
Schranne, einem traditionellen
Markt, erhältlich, sonst nur
auf dem Land und bei
ausgesuchten gastronomischen
Betrieben.
ZEITGENOSSEN
Text: Markus Deisenberger
TAUERNLAMM
EIN LAMM,
VIER JAHRESZEITEN
DIE JAHRESZEITEN KOMMEN UND GEHEN UND
MIT IHNEN AUCH DIE MEISTEN PRODUKTE.
DAS TAUERNLAMM JEDOCH GIBT ES DAS GANZE
JAHR HINDURCH. MARTIN BAUERNFEIND KOCHTE
ES FÜR UNS AUF VIER VERSCHIEDENE ARTEN.
beit des bekannten chinesischen Foto-Künstlers Ai Wei Wei
hängt, die das Weiße Haus mit seinem provokant gestreckten
Mittelfinger garniert, dann muss schon einmal ein gewagter
Hechtsprung des Hoteliers die Begrüßungszeremonie mit der
amerikanischen Botschafterin retten. Auch Kunst-Superstar
Jonathan Meese, der von sich gerne in der dritten Person
spricht, ist Stammgast: „Die Blaue Gans hat Jonathan Meese
ein optimales Nest, Netz und einen Rückzugsort zur Verfügung gestellt, toll, toll, toll, besser geht’s nicht.“ Na denn.
Doch zunächst zum Ort des Geschehens: Kein DesignHotel, sondern ein Art-Hotel ist es, das Andreas Gfrerer mitten
in Salzburgs Altstadt führt. Das heißt, hier gibt es nicht nur
jede Menge moderne Kunst als gut gemeinte Deko wie andernorts, sondern hier findet Kunst auch tatsächlich statt: Ausstellungen und Lesungen sind an der Tagesordnung. Und für
Zensur ist kein Platz. Wenn im Hoteldurchgang eine Fotoar-
Den Anfang macht ein einfaches, dafür umso schmackhafteres Gericht: Selbstgemachte, mit Frischkäse und faschiertem
Lamm gefüllte Tortellini. Dazu gibt es sautierten grünen Spargel.
Darüber werden ein leichtes Schafskäsedressing und braune
Butter geträufelt. Für den besonderen Pep aber sorgt der darüber gestreute Lamm-Bries: Außen knusprig, innen weich, ist
er die perfekte Ergänzung zu den Nudeln.
Fotos: Victoria Schaffer
Als uns Martin Bauernfeind, Chefkoch des Arthotels Blaue
Gans, vorschlug, das sonst übliche, meist aus drei Gängen
bestehende Hochglanz-Kochen doch einmal beiseite zu
lassen und uns ganz auf das Produkt zu konzentrieren,
indem wir einfach vier Lammgerichte – für jede Jahreszeit ein
passendes – kochen, waren wir sofort begeistert. Vier Mal
Tauernlamm? Was für eine großartige Idee.
Am Herd regiert aber – und das ist eine Art lebende Antithese zum oftmals exaltierten Kunstbetrieb – Martin Bauernfeind. Der gebürtige Osttiroler, der zuletzt in der Schweiz kochte,
ist, das sollten wir bald herausfinden, ein besonders geradliniger
Mann. Mit Hauben hat er, auch wenn er sich zuletzt zwei erkochte, wenig am Hut. Raffinesse hat für ihn nichts mit Schäumchen und Pinzetten zu tun. Raffinesse ist es, aus dem Vorhandenen das bestmögliche herauszuholen. Und bei einem Ausgangsprodukt wie dem Tauernlamm ist das eine steile Vorlage.
ZEITGENOSSEN
~ Frühling ~
27
TAUERNLAMM
~ Sommer ~
~ Herbst ~
Als sommerlich leichte Draufgabe gibt es danach Lammrücken auf Ruccola-Creme. Das beste Stück vom Lamm wird
in Butter geschwenkt und auf dem zuerst blanchierten, dann
pürierten und mit bestem Olivenöl und Fonds zu einer wunderbar schmelzigen Creme gerührten Ruccola gebettet. Und
auch wenn man etwas derart Plattes eigentlich nicht schreiben
darf: Das Fleisch zergeht förmlich auf der Zunge.
Kann es noch besser werden? Das fragt man sich nach dem
Sommer doch immer. Bei uns hält aber auch der Herbst eine
gelungene Überraschung bereit: Ein Lammzüngerl mit Safranzwiebeln nämlich. Im Lammfonds werden die Zwiebeln, gemeinsam mit dem Safran schön glasig gekocht. Halbierte
Oliven und in Streifen geschnittene Orangen sorgen für ein
harmonisches Frucht-Säure-Spiel, Kräuter-Brot-Croutons
runden das Gericht geschmacklich ab. Dazu wird getoastetes
Schwarzbrot gereicht. Ein Gericht, das die in der modernen
Küche sträflich vernachlässigte Zunge vollends rehabilitiert,
so frisch, so fein, so bekömmlich gerät sie Bauernfeind.
Den letzten, winterlichen Gang bestreitet eine Lammstelze.
Und auch hier merkt man, dass Bauernfeind jeglicher Manierismus zuwider ist. Schön langsam wurde die Haxe im Ofen
weich geschmort. Für einen gelungenen Kontrast zur fast
schwarzen Lammschmorsauce sorgt eine Gremolata aus
Zitronenabrieb, Knoblauch und jeder Menge Petersilie. Sie
verleiht dem deftigen Gericht eine frische Note. Dazu wird
eine cremige Polenta gereicht, die jede italienische Oma vor
Neid erblassen ließe.
28
~ Winter ~
Unser Resumee: Kochen als Kunstform. Vier Gänge, kein Chichi,
sondern geradlinige Arbeit, die sich am Produkt orientiert und
das Beste aus dem genialen Grundprodukt „Tauernlamm“
herausholt. www.tauernlamm.at | www.blauegans.at
ZEITGENOSSEN
Natur. Design. Handwer k
voglauer.com
25. Nov. - 11. Dez. 2016
Adventsingen
Salzburger
IM GROSSEN FESTSPIELHAUS ZU SALZBURG
JEDEM ANFANG
WOHNT EIN
ZAUBER INNE
HANS KÖHL ÜBER BEGINN,
ENTWICKLUNG UND BESONDERHEIT
DES SALZBURGER ADVENTSINGENS.
Das Salzburger Adventsingen
wurde 1946 gegründet – was
hat sich seither verändert?
Enorm viel. Am Beginn stand
eine schlichte Gedenkfeier für
gefallene oder vermisste Musikantenfreunde, getragen von
sehnsuchtsvoller Hoffnung auf
eine bessere, friedlichere Welt.
Wer hätte damals gedacht, dass
diese kleine Andacht die KeimHans Köhl ist seit 2000
Gesamtleiter des Salzburger
zelle von mittlerweile unzähligen
Adventsingens.
„Adventsingen“ im gesamten
deutschsprachigen Raum werden
würde! Im Laufe der Jahre wurden das Spiel der Hirtenkinder,
Figuren wie Vogelfänger oder Bandlkramer, Gruppen von
Schön- und Schiachperchten oder das Heilige Paar Maria und
Josef in das Geschehen integriert. Man übersiedelte von einem
kleinen Veranstaltungsraum in immer größere Säle und
schließlich ab 1960 in das neu erbaute Große Festspielhaus,
das seither unsere Spielstätte ist.
„GIB UNS
FRIEDEN!“
Wie gestaltet sich der Weg zwischen Tradition und Moderne?
Das Salzburger Adventsingen ist heute eine ganz besondere
Form einer musikalisch-szenischen Darbietung, die sich stilistisch in keine Gattung einordnen lässt. Dabei wird das adventliche Geschehen alljährlich mit einer spannenden Geschichte
verwoben. Dieses harmonische Gefüge von volkskulturellen,
klassischen und zeitgenössischen Elementen im szenischmusikalischen Werk schafft eine für das Publikum wohl einzigartige, immer wieder faszinierende Atmosphäre.
Welche Programmatik verfolgen Sie 2016?
Mit dem neuen Werk „Gib uns Frieden“ kehren wir gedanklich
zu den Anfängen des Salzburger Adventsingens zurück, in die
Zeit, wo sich die neu gewonnene Freiheit nach dem Krieg in
ausgelassenen, lauten Heimkehrer-Bällen widerspiegelt. Zwei
Personen ist offenbar jedoch nicht nach Feiern zumute. Sie
sehnen sich nach der Kraft der Stille. Die Idee eines Adventsingens wird geboren und nimmt ihren Lauf.
Vielen Dank für das Gespräch.
www.salzburgeradventsingen.at
+43(0)662/84 31 82 · [email protected]
30
ZEITGENOSSEN
Top-ausgebildete Fachkräfte sind die Basis für einen florierenden Wirtschaftsstandort. Mit ihren Bildungs- und Informationseinrichtungen ist die Wirtschaftskammer Salzburg
Bildungspartner für jährlich 90.000 Menschen und eröffnet
vielfältige Karrierewege.
Advertorial
Ein Meilenstein für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort
Salzburg war die Eröffnung des Talente-Checks Salzburg, der
kürzlich seinen Betrieb aufgenommen hat. Die Wirtschaftskammer investierte 3 Millionen Euro in die modernste
Talente-Teststrecke Österreichs. Ziel ist es, möglichst alle Salzburger Schüler eines Jahrgangs – das sind rund 6.000 – bei
ihrer Berufs- oder Bildungswegentscheidung umfassend zu
beraten. Schon im ersten Betriebsjahr werden mehr als 4.000
Schüler den Talente-Check nutzen. Nach Auswertung der
Tests findet ein Beratungsgespräch statt, bei dem sich die
WKS-Bildungsberater einzeln mit den Schülern und ihren
Eltern zusammensetzen, um die Ergebnisse zu besprechen.
Das WIFI ist in Salzburg die Nummer 1 in der beruflichen
Erwachsenenbildung. Mit 30.000 Kursteilnehmern und 2.400
Kursen war 2014 das bislang erfolgreichste Jahr in der Ge-
Foto: WKS/wildbild
TOP-AUSGEBILDET
IN DIE ZUKUNFT
Beim neuen Talente-Check Salzburg erfahren die Jugendlichen,
wo ihre Stärken liegen.
schichte. 2015 wurden die Erfolgszahlen noch einmal getoppt.
Mit modernen Kursräumen, Werkstätten und dem Gastronomiezentrum steht eine Fläche von rund 11.000 Quadratmetern für Aus- und Weiterbildung zur Verfügung.
Die Fachhochschule Salzburg zählt rund 2.600 Studierende. Es werden 28 Studiengänge angeboten. Im Herbst 2014
startete mit dem neuen KMU-Management-Lehrgang eine
maßgeschneiderte Ausbildung für den unternehmerischen
Mittelstand.
Und auch die Ausbildung an den Tourismusschulen Salzburg der WKS ist ein Qualitätsgarant. Die Schulen zählen
international zu den weltbesten Kaderschmieden für Tourismusfachkräfte.
STANDORTMARKETING UND BETRIEBSANSIEDLUNG
STANDORTMARKETING
UND BETRIEBSANSIEDLUNG
WIRTSCHAFTSSTANDORT
SALZBURG
© Anibal Trejo - Fotolia.com
• innovative Unternehmen als Partner und Kunden
• zentraler Standort für Markteintritt in den deutschsprachigen Raum
• kurze Wege und rasche Entscheidungsabläufe
• zentral gelegener Handelsplatz und idealer Standort für Headquarter
• soziale und politische Stabilität
• hohe Lebensqualität, Kaufkraft und Sicherheit
• größter Bundesländerflughafen mit perfekten Anbindungen an europäische Metropolen
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StandortAgentur Salzburg GmbH | Südtiroler Platz 11 | 5020 Salzburg | Tel: +43 662 45 13 27 0 | [email protected] | www.salzburgagentur.at
SALZBURG 1816–2016
Text: Eva Maria von Schilgen
VOM ARMENHAUS
ZUM ZENTRUM DER KULTUR
© Salzburg Museum
1816–2016 – SALZBURG IST 200 JAHRE BEI ÖSTERREICH
Johann Michael Sattlers Panoramabild der Stadt Salzburg, gemalt um 1826.
Der letzte regierende Erzbischof, Hieronymus Graf von
Colloredo, war bereits vor dem Einmarsch der Truppen nach
Wien geflüchtet. Auf der letzten Sitzung des „Immerwährenden Reichstages“ in Regensburg wird beschlossen, alle geistlichen Fürstentümer aufzulösen, um jene weltlichen Fürsten zu
entschädigen, deren Besitz während der Revolutionskriege
verloren gegangen war.
Salzburg wird von nun an zum Spielball der politischen
Mächte: Ferdinand III. von Habsburg-Toskana, zweiter Sohn
von Kaiser Leopold II. von Österreich, wird mit dem Kurfürstentum Salzburg im Austausch mit dem Großherzogtum
Toskana entschädigt. Als Vertreter eines aufgeklärten Absolutismus wandelt er mit behutsamen Reformen das geistliche
Fürstentum in einen weltlichen Staat um. Doch bereits 1806
muss er diese Regentschaft abgeben. Die Franzosen entsenden
32
mehr als 60.000 Besatzer, das Kurfürstentum Salzburg wird aufgelöst und im „Frieden zu Preßburg“ Österreich zugesprochen.
Die hohen Kontributionszahlungen an das französische Kaiserreich führen zum wirtschaftlichen Niedergang. 1809, nach
Napoleons Sieg über Österreich in der „Schlacht bei Wagram“,
fällt Salzburg an Frankreich, das es 1810 wiederum an Bayern
abtritt. Europa wird beim „Wiener Kongress“ (1814–1815) neu
gestaltet, Salzburg am 1. Mai 1816 ein Teil der Habsburgermonarchie, und es erhält seine noch heute bestehenden Grenzen.
„BETTELDORF MIT LEEREN PALÄSTEN“
Die Verwaltung Salzburgs wird nach Linz verlegt, Beamte und
Hofbedienstete verlassen die Stadt, die zu einem „Betteldorf
mit leeren Palästen“ verkommt. In den nächsten Jahrzehnten
gehen die Bevölkerungszahlen dramatisch zurück. Franz
Schubert schreibt 1825 anlässlich seines Besuches in Salzburg:
„Auf den Straßen und Plätzen der Stadt, deren es viele und
schöne gibt, wächst Gras, so wenig werden sie betreten.“ Die
europaweite Tournee des Malers Johann Michael Sattler mit
seinem um 1826 gemalten Panoramabild Salzburgs, der Zeitgeist der „Romantik“ und seine Naturschönheiten machen
Salzburg bald zu einem beliebten Reiseziel.
Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt erst später: Durch
die 1860 eröffnete Kaiserin-Elisabeth-Westbahn, die von Wien
über Salzburg nach München führt. Ein Jahr später erhält Salzburg endlich eine eigene Landesregierung.
1880 wird die Internationale Stiftung Mozarteum mit dem
Ziel gegründet, das Erbe von Salzburgs Genius Loci, Komponist
Wolfgang Amadeus Mozart, zu bewahren und eine zeitgemäße
ZEITGENOSSEN
Advertorial
S
alzburg, am 1. Mai 1816: Das ehemals blühende Fürsterzbistum ist verwüstet, geplündert, die Bevölkerung
verarmt. Es herrscht Hungersnot. Mehr als tausend Jahre
hatten zuvor kunstsinnige und innovative Fürsterzbischöfe ein
Land regiert, das bei seiner größten territorialen Ausdehnung
bis weit nach Bayern, Tirol, in die Steiermark und nach Osttirol reichte. Dank der Einnahmen aus dem Salzabbau bei Hallein hatten sie prachtvolle Bauten errichten lassen, unschätzbare Kunstsammlungen angelegt sowie Handel und Gewerbe
gefördert. Ihre weltoffene Einstellung zog Musiker, Schriftsteller und Gelehrte aus ganz Europa an. Diese Blütezeit endet
jedoch jäh am 15. Dezember 1800: Vor den Toren Salzburgs
wurde mit dem Sieg der napoleonischen Armee bei der
„Schlacht am Walserfeld“ eine Zeit des Wandels eingeläutet.
SALZBURG 1816–2016
Harnischbrust und Schützenhaube aus
der Großen Reihengarnitur des Salzburger
Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau,
Inv.-Nr. W 1001.5 a-i, Foto Nr. D151589
© Bayerisches Nationalmuseum,
München, Foto: Haberland, Walter
Greifenklaue des Erzbischofs Gregor Schenk
von Osterwitz (1396–1403), um 1400
Material / Technik: Büffelhorn, vergoldetes Silber,
Email, Höhe: 28 cm
© Ex S.S.P.S.A.E e per il Polo Museale
della città di Firenze – Gabinetto Fotografico
Jüngling vom Magdalensberg,
Bronzeabguss des antiken Originals,
16. Jahrhundert
Material / Technik: Bronze, Hohlguss,
Höhe: 185 cm
© KHM-Museumsverband
Bischof.Kaiser.Jedermann. 1816–2016
So lautet der Name der Landesausstellung 200 Jahre Salzburg
bei Österreich, im Salzburg Museum Neue Residenz von 30. April
bis 30. Oktober 2016, www.salzburg200.at
Auseinandersetzung mit seinem Werk zu unterstützen. Die Salzburger Festspiele werden 1920 von dem Dichter Hugo von Hofmannsthal und dem Regisseur Max Reinhard ins Leben gerufen
und führen zu einem Aufblühen des Tourismus. Die Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929, sowie die von 1933 bis 1936 andauernde „Tausend-Mark-Sperre“, bei der deutsche Gäste bei der
Einreise nach Österreich 1.000 Mark an das Deutsche Reich zahlen mussten, schwächen Salzburgs Wirtschaft jedoch massiv.
Dennoch bestehen die Salzburger Festspiele weiter, auch nach
dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938.
Während des Zweiten Weltkrieges werden große Teile der
Altstadt, darunter auch der Dom, schwer beschädigt und zahlreiche Industrieanlagen vernichtet. 1945 wird Salzburg von
den amerikanischen Truppen befreit. Die Besatzung endet
1955 mit dem Österreichischen Staatsvertrag. Die Festspiele
ZEITGENOSSEN
und der Tourismus werden in den nachfolgenden Jahrzehnten
zum treibenden wirtschaftlichen Motor, der die rasante Entwicklung von Industrie und Wirtschaft ermöglicht.
Heute zählt Salzburg zu den dynamischsten und innovativsten Wirtschaftsregionen Europas. Gleichzeitig hat die Region nichts von ihren landschaftlichen Schönheiten verloren.
Kunst und Kultur werden gelebt und gefördert. Und – last but
not least – schafft der Charme der Bevölkerung ein ganz besonderes, liebenswertes Lebensgefühl. Denn wie Hugo von
Hofmannsthal im Gründungsmanifest der Salzburger Festspiele 1919 schrieb: „Das Salzburger Land ist das Herz vom
Herzen Europas. Das mittlere Europa hat keinen schöneren
Raum – und gerade hier musste Mozart geboren werden.“
Alle Ausstellungen, auch die in den Regionalmuseen des Salzburger Landes,
finden Sie unter: www.salzburg2016.at
33
DOMQUARTIER SALZBURG
GLAUBE
UND
MACHT
ZUM
ANFASSEN
DAS DOMQUARTIER SALZBURG
IST MEHR ALS NUR EIN MUSEUM.
EINE AKTUELLE AUSSTELLUNG JUNGER
STUDENTEN, DIE IHRE WERKE IN EINEN
DIALOG MIT DEN BAROCKEN MEISTERWERKEN SETZEN, VERDEUTLICHT DAS.
D
er Barock – was war das doch für eine seltsame Zeit. Die theaterverrückten Menschen
schminkten sich sogar im Alltag weiß, um
ihrer Liebe zur Bühne Ausdruck zu verleihen. Und
um ihren weißen Teint und die weiß gepuderten
Perücken zu kontrastieren, klebten sie sich kleine
Pflästerchen aus Samt oder Taft – Fliegen oder „la
mouche“ genannt – ins Gesicht. So spielte man
auch im echten Leben ein wenig Theater. Und mit
der Zeit bekam jedes dieser Pflästerchen eine
eigene emotionale Bedeutung – den heutigen Icons
nicht unähnlich, die wir so gerne auf Facebook und
anderen sozialen Medien einsetzen, um anderen zu
verdeutlichen, wie es uns gerade geht. Damals also
klebten sie im Gesicht.
In Bonaventuras Gemälde „Segelboote im Gewittersturm“
wirken die schäumenden, peitschenden, grauen Wellen
übertrieben, ja fast schon surreal. Margret Breitfuß hat das
in ihrer horizontal im Raum schwebenden Stoff-Installation
vor dem Gemälde gekonnt aufgegriffen.
34
Foto: Victoria Schaffer
Wie will man diese seltsame Zeit mit ihren
Eigenheiten heute noch verstehen? Ganz einfach.
Indem man junge Leute losschickt und sie in einen
Dialog mit der Kunst von damals treten lässt. Unvoreingenommen. Mit offenem Ausgang.
So geschehen im Domquartier Salzburg, wo
sich Studierende der Universität Mozarteum mit
den barocken Kunstwerken der Residenz und der
Residenzgalerie auseinandersetzten. Beim Durchschreiten dieser prächtig ausgestatteten Prunk-
ZEITGENOSSEN
Text: Markus Deisenberger
„Kann denn Liebe Sünde sein?“
fragt die Arbeit von Alexandra Gruchmann, in der die verbotene Beziehung
von Erzbischof Wolf Dietrich und Salome Alt, der fünfzehn Kinder entsprangen, thematisiert wird. Sündige
Heimlichkeiten und leidvoller Alltag,
ZEITGENOSSEN
Foto: Victoria Schaffer
Foto: Victoria Schaffer
Die kostbaren Brüsseler Tapisserien
im Audienzsaal der Residenz, die Szenen aus der römischen Frühgeschichte
und eingewoben das Wappen des Erzbischofs Wolf Dietrich zeigen, nahm
Mariya Diener zum Anlass einer
Rauminstallation, die den Titel „Farbverlauf “ trägt. Durch den Alterungsprozess und die Lichteinwirkung über
Jahrhunderte veränderten sich die Farben, heute können wir die ursprüngliche Buntheit der Gobelins nur erahnen.
Mariya Diener nimmt in ihrer textilen
Arbeit den Dialog mit den Wandteppichen auf: Kettfäden, die aus Reagenzgläsern ihre Farbe ziehen, schweben
wie ein Schleier der Erinnerung im
Raum und zeigen die verlorengegangene Vielfalt der Farbigkeit.
Foto: Victoria Schaffer
Im Kaisersaal der Residenz etwa,
dort wo alle österreichischen Kaiser bis
zum Vater Maria Theresias in Öl hängen, wird experimentelle Mode ausgestellt. Ein aus 40.000 Sicherheitsnadeln
gefertigter Mantel setzt sich mit dem
Thema Sicherheit und ihrer Illusion
auseinander. Andere Stücke greifen das
Thema „Oppulenz“ durch futuristische
Formen und Materialien auf.
Foto: Stefanie Haslacher
Foto: FOTO FLAUSEN / Andreas Brandl
räume ist man umgeben von üppigen
Interieurs, historischen Stoffen, schweren Vorhängen und Brüsseler Tapisserien. „Mehr als Verhüllung“ nennt sich
die Ausstellung, die diese Umgebung
erforscht, seziert und konterkariert. Mit
teils beeindruckenden Ergebnissen:
Interaktive Installationen zum Ertasten
sind da zu sehen, experimentelle ModeObjekte und vieles mehr. Die vorgegebenen Themen, mit denen sich die
Studierenden auseinandersetzen, waren
Überfülle, Macht und Sicherheit.
Oben: Kettfäden, die aus Reagenzgläsern ihre Farbe ziehen, schweben wie ein Schleier
der Erinnerung im Raum, und treten so in einen Dialog mit den alten Tapisserien.
Mitte: Die Wunde Jesu, einmal im Bild „Der ungläubige Thomas“, einmal in Bauernleinen und Baumwollsamt zum Anfassen.
Unten: Die Insignien der Macht, damals und heute. Kaiserkrone und Zepter wurden
vom Binärcode abgelöst.
damals wie heute, werden darin offengelegt. Die Installation bezieht sich auf
eine Einlegearbeit im Parkettboden des
Weißen Saals. Das Symbol der verschlungenen ernsthaften Liebe wird plastisch interpretiert: Fünfzehn kleine
Kinderhemden verweisen auf die fünfzehn verbotenen Kinder.
leinen und Baumwollsamt gefertigten
Wunde, die jener Wunde Jesu, in die
der ungläubige Thomas im gleichnamigen Bild von G. F. Barbieri seinen Finger
legt, nachempfunden ist. So kann man
in die Wunde Christi greifen, sie erfühlen und dabei die eigene Einstellung zu
Glauben und Spiritualität hinterfragen.
„Glaubst Du?“, fragt uns in der Residenzgalerie Stefanie Haslacher in
ihrer Installation, einer aus Bauern-
Um die Insignien der Macht geht es
in einer Installation aus Video und
Stoffbahnen, die sich zu einem der
35
Fotos: Victoria Schaffer
Rembrandts „Betende alte Frau“: Links im kleinen Original, rechts in der digitalisierten Version, die sehr viel mehr Nähe zulässt.
AUF DEN SPUREN
DER FÜRSTERZBISCHÖFE
Das Domquartier Salzburg
umfasst das baulich in sich
geschlossene Ensemble
Residenz, Dom, Stift St. Peter
und Wallistrakt.
Auf einem abwechslungsreichen
und spektakulären Rundgang
von 1,3 Kilometern Länge lässt
sich ein höchst interessantes
Zusammenspiel von Herrschaftsund Kirchengeschichte, Kunst
und Architektur mit imposanten
Ausblicken auf Altstadt und
Stadtberge erwandern.
„Das Domquartier soll ein
lebendiger Ort der Begegnung
sein“, wünscht sich Geschäftsführerin Elisabeth Resmann.
Vor allem spezielle Führungen
und Sonderausstellungen
sollen das bewerkstelligen.
Bis jetzt ist das hervorragend
gelungen: Seit der Eröffnung
im Mai 2014 ließen sich 243.000
Besucherinnen und Besucher
von der barocken Pracht
verzaubern.
www. domquartier.at
wertvollsten Gemälde der Galerie, „Kaiser
Karl V.“ von Peter Paul Rubens in Beziehung
setzt. Eva Karner und Manuela Schrattenecker setzen Zepter und Kaiserkrone den
Binärcode entgegen. Die Matrix – der Binärcode – ist Grundlage für die Verarbeitung
digitaler Informationen in unserer Zeit und
wird in der Rauminstallation als ein modernes Pendant zu den im Gemälde abgebildeten Herrscherinsignien gesehen. Auf transparente Stoffbahnen werden digitale herunterlaufende Daten projiziert und ermöglichen dem Betrachter beim Durchschreiten
ein hautnahes Eintauchen und transparentes Erleben der digitalen Macht.
Einen würdigen Abschluss unseres
Rundganges bildet Rembrandts „Betende
alte Frau“, der eine komplett digitalisierte
Version gegenübersteht. Mittels Cursor
kann man jeden noch so kleinen Teil des
Gemäldes erkunden. Falten und Schrunden
lassen sich unendlich vergrößern. Eine
merkwürdige Erfahrung ist das, die in
einem ausgelöst wird, wenn man Teile der
Gesichtshaut dieser alten Frau heranzoomt.
Hätte Rembrandt das so gewollt? Eine interessante Frage, über die es sich nachzudenken lohnt.
Und genau das ist es, was die Schau so
großartig macht: Selbst wenn sich einem
der eine oder andere künstlerische Zugang
nicht erschließt, die modernen Assoziationen zum Barock sind allesamt sehenswert,
weil sie die richtigen Fragen, nämlich die
36
Fragen unserer Zeit stellen, und einem
bewusst wird: Ähnliche Fragen waren damals schon relevant.
2016 wird es eine Fortsetzung der partizipativen Ausstellungsprojekte geben. In
„Bildwechsel“ werden es u. a. Licht- und
Sprachinstallationen sein, die auf vielfältige
Art und Weise mit den Gemälden und
Kunstgegenständen in Beziehung treten.
Man darf gespannt sein.
SONDERAUSSTELLUNGEN 2016
12.02.–18.05., Nordoratorium
Vedi Napoli e poi muori – Grand Tour der Mönche
Über die Italienreisen von Benediktinermönchen.
Eine Zusammenarbeit des Museum St. Peter mit dem
Stiftsarchiv St. Gallen und dem Kloster Einsiedeln.
14.04.–31.12., Prunkräume der Residenz
Weißer Saal 20.16
Künstlerische Raum-Inszenierung anlässlich
der Unterzeichnung des Übernahmevertrags
im Weißen Saal am 1. Mai 1816.
14.06.–03.07., Residenzgalerie Salzburg
Bildwechsel
Ein Kooperationsprojekt mit der Universität
Mozarteum/FB Fotografie und Neue Medien
sowie Medienkünstlern.
30.07.-16.10., Residenzgalerie Salzburg /
Nordoratorium
Menschenbilder – Götterwelten.
The World of Gods and Men
Eine Ausstellung der Fürstlichen Sammlungen
Liechtenstein in Kooperation mit der Residenzgalerie
Salzburg und der Gemäldegalerie der Akademie
der bildenden Künste Wien.
11.11.–Mai 2017, Residenzgalerie Salzburg
Unter der Farbe. Wie Gemälde entstanden.
21.07.–25. 09., Kunst- und Wunderkammer
Marcel Odenbach, Sprünge in der Wahrnehmung
ZEITGENOSSEN
TANZ
Black Marrow. © Bjarni Grimsson
Text: Verena Schweiger
SALZBURG
TANZT SICH
FREI
MIT HOCHKARÄTIGEN PRODUKTIONEN
UND EINER INTERNATIONAL
RENOMMIERTEN TANZAKADEMIE
ENTWICKELT SICH DIE MOZARTSTADT
ZUM GANZJÄHRIGEN HUB FÜR
ZEITGENÖSSISCHEN TANZ.
S
alzburg ist Mozart. Salzburg ist „Sound of
Music“. Salzburg sind die Festspiele. Tatsächlich? Weit gefehlt! Denn auch abseits des Genius Loci, klassischer Musik und alpenländischem
Flair gibt es in der Stadt an der Salzach so einiges
an kultureller Verführung zu entdecken. Besonders
evident in den letzten Jahren ist Salzburgs Etablierung als Drehscheibe innerhalb der zeitgenössischen Tanzszene. Außergewöhnliche Produktionen
von namhaften Kompanien gastieren regelmäßig
38
in der Stadt und bescheren gemeinsam mit einer
international renommierten Nachwuchsförderung
dem Publikum ein Kunsterlebnis der besonderen
Art. Es sind Bühnenmomente, gespendet von sprechenden Körpern jenseits von Worten und Klang.
Momente des intuitiven Nachspürens, die über das
Live-Erlebnis hinaus immer wieder vor dem inneren Auge auftauchen und mit der visuellen Reminiszenz das Gefühl jenes besonderen Augenblicks
durch die Adern pulsieren lassen.
Zu sehen bei der
Sommerszene
2016: Erna Ómarsdóttirs apokalyptische Tanzelegie
„Black Marrow“
mit der Iceland
Dance Company, in
der sich alles um
das Schwarze Gold
und seine fatalen
Folgen dreht.
Zu verdanken ist diese glückliche Entwicklung
zwei außergewöhnlichen Frauen, die die Salzburger
Kulturszene befeuern: Angela Glechner, Intendantin der SZENE Salzburg und Susan Quinn, visionäre Leiterin von SEAD, der Salzburg Experimental
Academy of Dance, in der sie mittlerweile Studenten aus dreißig Ländern um sich schart. Jede für
sich und immer auch wieder gemeinsam, treiben
diese beiden Kulturdamen Salzburgs Ruf als offenen
Ort, an dem Neues passieren darf, voran.
Die Liebe habe sie nach Salzburg verschlagen,
lacht Susan Quinn, charismatische Amerikanerin
und langjährige Tänzerin in der Kompanie von
Tanzlegende Merce Cunningham in New York. Mit
dem Umzug war die Idee geboren, hier eine Tanzschule für zeitgenössischen Tanz zu eröffnen. Ein
Wagnis, das viel Idealismus und Durchhaltever-
ZEITGENOSSEN
TANZ
Doch Susan Quinn geht es nicht um
Zahlen. „Es ist wunderbar zu erleben,
wie meinen Studenten Flügel wachsen,
sie ihren eigenen Weg gehen und in
namhaften Kompanien, wie die von Jan
Fabre, Sasha Waltz oder Meg Stuart Eingang finden.“ SEAD solle ein Ort des offenen Austausches sein. „Immer wieder
kommen Gastchoreografen, um mit den
Studenten zu arbeiten. Diese Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem ist für
die Atmosphäre und die Ausbildung unglaublich wichtig.“ Die Offenheit gelte
auch gegenüber dem Publikum. Regelmäßig finden öffentliche Showings und
Abendveranstaltungen statt, bei denen
sich Besucher vom außergewöhnlichen
Talent und der Experimentierlust der
Studenten überzeugen können. Hinzu
kommen internationale Gastauftritte.
Eine derart renommierte Ausbildungsstätte vor der eigenen Haustüre
zu haben, schätzt auch Angela Glechner, die als Intendantin der SZENE
Salzburg am Regelwerk für zeitgenössische Bühnenkunst in Salzburg sitzt. An
ihrem Haus kuratiert sie die beiden
Festivals „PNEU“ – Performing New
Europe, ein Tanzfestival – und die
„Sommerszene“, eine spartenübergreifende Veranstaltungsreihe zeitgenö ssischer Bü hnenkunst.
ZEITGENOSSEN
Die langjährige Zusammenarbeit
mit Susan Quinn und SEAD ist äußerst
fruchtbar für beide Seiten. Ein gemeinschaftliches Fixprojekt sind ein bis zwei
Produktionen pro Jahr für die Sommerszene. Das alljährlich im Frühsommer
stattfindende Fest über eineinhalb Wochen, das zeitgenössisches Theater,
Tanz und Performance in die Mitte der
Salzburger Altstadt rückt, hat sich über
Jahrzehnte zu einem international beachteten Festival entwickelt. 2016 wird
es von 23. Juni bis 3. Juli stattfinden, das
umfassende Programm wird im Mai
präsentiert, doch ein Ausblick sei bereits hier gegeben: Der Österreicher
Willi Dorner wird einen choreographischen Parcours durch Salzburg
konzipieren. Zudem gastiert Islands
Star-Choreografin Erna Ómarsdóttir
mit der Iceland Dance Company und
dem bildgewaltigen Tanzstück „Black
Marrow“, einer düsteren Elegie über
das alles bestimmende Mark der Erde,
das Erdöl.
Ein weiteres Highlight 2016 dürfte
die Produktion des führenden Choreografen seiner Generation im südostasiatischen Raum, Eko Supriyanto, werden,
dessen Performances Pop und Folklore,
Klassik und Avantgarde, Musicals und
Hochkultur vermengen. „2015 haben
wir verstärkt mit regionalen Künstlern
zusammengearbeitet. 2016 werden wir
einen vermehrt über-europäischen
Blickwinkel einnehmen.“ Die SZENE
beginnt das neue Jahr mit dem PNEUFestival von 20. bis 23. Jänner, wo u. a.
Ingri Fiksdal mit „BAND“ sowie Alessandro Sciarroni mit „Folk-s Will you
still love me tomorrow?“, einem Stück,
das folkloristisches Schuhplatteln mit
zeitgenö ssischer Performance verkuppelt, zu sehen sein werden.
Abgerundet wird das ganzjährige
Salzburger Angebot von der ARGE
Kultur, einem Veranstaltungszentrum
im Stadtteil Nonntal, das ebenfalls den
Bereich Tanz ausbaut und dabei regionale Künstler mit internationalem Erfolg wie Editta Braun fördert.
www.szene-salzburg.net | www.sead.at
„Es ist wunderbar zu
erleben, wie meinen
Studenten Flügel
wachsen, sie ihren
eigenen Weg gehen
und in namhaften
Kompanien, wie die
von Jan Fabre, Sasha
Waltz oder Meg Stuart
Eingang finden.“
Susan Quinn
SEAD
(SALZBURG
EXPERIMENTAL ACADEMY
OF DANCE)
1993 von Susan Quinn
gegründet (Merce
Cunningham Company);
1994 neun Student/inn/en;
2000 Übersiedelung in den
heutigen Standort in der
Schallmooser Hauptstraße
mit 1.200 m2 Studiofläche;
Ausbildungsjahr 2014/15
100 eingeschriebene
Student/inn/en;
Auditions in 13 Ländern
mit rund 500 Bewerbern
für 30 Studienplätze;
20 Gastauftritte pro
Jahr weltweit;
4.000 Besucher jährlich bei
Abendveranstaltungen und
Showings in Salzburg;
Foto: Chris Rogl
mögen forderte. Doch der Erfolg gibt
Susan Quinn Recht. Anfang der Neunziger als kleines Tanzstudio am Waagplatz in der Salzburger Altstadt eingerichtet, entwickelte sich SEAD zusehends zu einer internationalen Ausbildungsstätte von allerbestem Ruf. Den
endgültigen Wendepunkt bescherte die
Übersiedelung im Jahr 2000 in das
heutige Gebäude, einer ehemaligen
Holzwerkstätte am Fuße des Kapuzinerbergs. Dort feilen auf 1.200 m2
Studiofläche Tänzer und Choreografen
an ihrer Leidenschaft. Die Aufnahmeprüfungen finden mittlerweile in dreizehn Ländern weltweit u. a. in Korea,
Brasilien und Kanada statt. Bei diesem
Vortanzen konkurrieren rund 500 Bewerber um die begehrten dreißig Ausbildungsplätze.
39
AKROBATIK & KUNST
Fotos: Marc Haader
WINTERFEST 16
24. NOVEMBER 2016 BIS 6. JÄNNER 2017
Das Winterfest im Salzburger Volksgarten hat in der zeitgenössischen Circuswelt längst einen internationalen
Namen. Auch in diesem Jahr zeigen internationale Compagnien sechs Wochen lang ihre Performances und präsentieren zeitgenössische Circuskunst in all ihren Facetten und
auf höchstem Niveau. Mittlerweile ist diese Kunstform in
Salzburg fest etabliert und das Winterfest hat sich nicht nur
zur drittgrößten Kulturveranstaltung der Stadt entwickelt,
sondern ist mittlerweile auch zum größten Festival fü r moderne Circuskunst im gesamten deutschsprachigen Raum
herangewachsen.
Rund 30.000 BesucherInnen finden sich pro Jahr unter den
verschneiten Zeltspitzen im Volksgarten ein. In den Circuszelten verschiedenster Formen und Größen werden die
Gäste in eine Welt voll fesselnder Akrobatik, leiser Poesie
und irrwitziger Geschichten entfü hrt. Um den Festivalbesuch abzurunden, gibt es ein spannendes Rahmenprogramm und im angegliederten Restaurantzelt ein reichhaltiges kulinarisches Angebot.
Friderica Derra de Moroda, ca. 1916,
Fotograf: Bert J. Sabourin, Universität
Salzburg, Derra de Moroda Dance Archives
Jules Chéret, Folies Bergère.
La Loïe Fuller, 1893, Farblithografie,
Sprengel Museum Hannover
Henri de Toulouse-Lautrec,
Divan Japonais, 1892, Farblithografie,
Sprengel Museum Hannover
MUSEUM DER MODERNE
SALZBURG
AUSSTELLUNGSHIGHLIGHTS 2016
www.winterfest.at
Im Dialog von Vergangenheit und Gegenwart, von Klassischer Moderne und zeitgenössischer Kunst verspricht das
Ausstellungsjahr 2016 zahlreiche programmatische Höhepunkte: Im Frühjahr steht das Museum auf dem Mönchsberg
im Zeichen der Plakatkultur um 1900 und ihres Meisters Toulouse-Lautrec, aber auch von Kunst und Tanz der 1920/30erJahre in Kooperation mit Derra de Moroda Dance Archives.
In Partnerschaft mit der Generali Foundation wird zudem die
Reihe der thematischen Sammlungsausstellungen fortgeführt.
40
Im Herbst 2016 präsentiert das Museum der Moderne Salzburg eine Werkschau der frühen Plastiken von Walter Pichler.
Parallel dazu findet die bislang umfangreichste Ausstellung
des aus Kalifornien stammenden Zeichnungsstars Raymond
Pettibon statt.
Detailliertes Ausstellungsprogramm unter: www.museumdermoderne.at
Museum der Moderne Salzburg // Mönchsberg 32, 5020 Salzburg
Rupertinum, Wiener-Philharmoniker-Gasse 9, 5020 Salzburg
ZEITGENOSSEN
Advertorial
Fotos: Magdalena Lepka
Anlässlich der Feierlichkeiten zur 200-jährigen Zugehörigkeit Salzburgs zu Österreich wird Salzburg als Stadt zwischen
Tradition und Erneuerung mitten in Europa beleuchtet. In
der Sommerausstellung „Anti : Modern“ erfolgt eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Moderne sowie um
das die Region prägende Bild einer Anti-Moderne. Im
Rupertinum wird zur Festspielsaison dem Bildwitz als
Mittel der Zeitkritik von Goya bis Grosz nachgegangen.
IMRAN QURESHI UNTERRICHTET MINIATURMALEREI
AN DER INTERNATIONALEN
SOMMERAKADEMIE FÜR
BILDENDE KUNST SALZBURG.
DAMIT BRINGT ER DIE ZEITGENÖSSISCHE ANWENDUNG
EINER ALTEN TECHNIK NAHE.
D
ie Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst bietet
mit Erfolg immer wieder Kurse
an, in denen alte künstlerische Techniken, die kaum mehr gelehrt werden,
mit einer zeitgenössischen Kunstpraxis
kombiniert werden. Für diesen Sommer hat sie den renommierten pakistanischen Künstler Imran Qureshi eingeladen, einen dreiwöchigen Kurs in
Miniaturmalerei zu leiten.
Advertorial
Die auf dem indischen Subkontinent im 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt findende Miniaturmalerei diente
der detailgetreuen Wiedergabe des soziokulturellen Umfelds der Mogul-Herrscher. Die traditionelle Technik folgte
einem strengen formalen und inhaltlichen Regelwerk.
Imran Qureshi ist der wohl bekannteste Vertreter einer Generation pakistanischer Künstler, die die traditionelle
Miniaturmalerei des indischen Subkontinents radikal neu interpretiert haben,
und er hat mit dieser Technik in den
letzten Jahren weltweit ein großes Publikum erreicht. Unter anderem erhielt er
2011 den Preis der Sharjah Biennale, war
„Künstler des Jahres“ 2013 der Deut-
ZEITGENOSSEN
Foto: Suleman Riaz
ALLTAG,
SCHÖNHEIT,
TERROR
schen Bank und fertigte im selben Jahr
eine aufwendige Malerei auf der Dachterrasse des Metropolitan Museum of
Art in New York an. 2013 und 2015
waren seine Arbeiten auch auf der Biennale in Venedig zu sehen, und im Herbst
2015 zeigte er eine umfassende Einzelausstellung neuer Arbeiten in der Galerie Ropac in Paris. Zu Jahresbeginn 2016
eröffnet er zwei große Einzelpräsentationen im Kunsten Museum in Aalborg,
Dänemark und im Barbican in London.
Qureshi verbindet in seinem Werk
traditionelle Miniaturmalerei mit großformatiger, abstrakter Malerei. Zarte Blütenblätter breiten sich in seinen Bildern
explosionsartig über die gesamte Leinwand aus. Es ist der Dialog zwischen
Leben (vitale Laubblätter, feine Farbtupfer) und Zerstörung desselben (in blutroter Farbe), um den es ihm sowohl in
seinen poetischen Miniaturen als auch
den großformatigen Installationen geht.
Qureshi verbindet die meditative Technik mit Fragen des Alltags und sucht
einen Weg der Darstellung von Schönheit, die das Leben und die Natur von
sich aus haben, die nicht zu trennen ist
von der grausamen Realität des Terrors,
der uns überall auf der Welt begegnet.
Imran Qureshi, Opening word of this new scripture, 2013, Gouache und Blattgold auf Wasli-Papier, 27 x 22 cm
INTERNATIONALE SOMMERAKADEMIE FÜR BILDENDE KUNST
Internationale Sommerakademie für
Bildende Kunst: 18. Juli – 27. August 2016
IMRAN QURESHI,
MINIATURMALEREI,
18. JULI – 6. AUGUST 2016,
FESTUNG HOHENSALZBURG
ALLE KURSE: Aaron Angell, Keramik;
Kimberly Bradley, Schreiben; Varda Caivano, Malerei; Bernhard Cella, Buchproduktion; DISTRUKTUR Melissa Dullius /
Gustavo Jahn, analoger Film; feld72, Kunst
im öffentlichen Raum; Melissa Gordon, Malerei; Valérie Jouve, Fotografie; Ben Katchor, Comics und Performance; Andreas
Lolis, Steinbildhauerei; Maha Maamoun,
Fotografie, Video, Installation; Marc Monzó,
Schmuck; Irina Nakhova, Malerei; Senam
Okudzeto, Zeichnung, Installation; Lukas
Pusch, Druckgrafik; Imran Qureshi, Miniaturmalerei und zeitgenössische Kunstpraxis;
Tex Rubinowitz, Malerei, Zeichnung; Nora
Schultz, Bildhauerei, Installation; Alya Sebti,
Kuratieren; Ahlam Shibli, Fotografie; Joanna
Warsza, Kuratieren; Nicolas Wild, Comics
und Reportage;
Anmeldung:
www.summeracademy.at/anmeldung
Anmeldeschluss ist der 2. Mai 2016, je nach
Kapazität in den Kursen ist die Anmeldung
auch länger möglich.
Tel. +43 662 84 21 13
www.summeracademy.at
41
GALERIENRUNDGANG
UNBESCHREIBLICHE
MAGIE
GALERIST THADDAEUS
ROPAC HAT VON
SALZBURG AUS DIE
INTERNATIONALE
KUNSTWELT EROBERT.
TROTZDEM IST ER DER
STADT IMMER TREU
GEBLIEBEN.
Thaddaeus Ropac gilt als
einer der erfolgreichsten
Galeristen weltweit.
Sein 1983 eröffnetes
Salzburger Stammhaus
befindet sich in der
Villa Kast am Mirabellplatz.
Seit 1990 ist die Galerie
auch in Paris in der Nähe des
Musée Picasso vertreten.
Im Oktober 2012 eröffnete
Ropac im nordöstlich
von Paris gelegenen Vorort
Pantin einen weiteren
Ausstellungsort.
Foto: Peter Rigaud
KOMMENDE AUSSTELLUNG
IN SALZBURG
I
hre Galerien genießen weltweiten
Ruf, Sie stellen internationale
Top-Kümstler aus. Sie hätten also
leicht nach New York oder London
gehen können, blieben aber immer
auch in Salzburg. Warum? Das hat
keinen emotionalen und auch keinen
monetären Grund. Logistisch gesehen
ist Salzburg ein eher problematischer
Standpunkt, weil die Flugverbindungen
schlecht sind, die Arbeit aber, die wir
machen, eine internationale ist, und die
Künstler, die wir ausstellen, auf der ganzen Welt verstreut sind: In Asien, im
Mittleren Osten, in Südamerika ... Trotzdem gehört das Stammhaus einfach nach
Salzburg und das wird sich auch nie
ändern. Hier nahm alles seinen Anfang.
Was macht die Stadt für Sie aus? Salzburg ist für mich ein fast idealer Platz.
42
Es hat alle Vorteile einer Kleinstadt und
gleichzeitig die Energie eines besonderen Ortes. Außer Venedig fällt mir kein
zweites Beispiel ein. Es gibt kaum Plätze
derselben Größe, die im 20. Jahrhundert so inspirierend waren wie Salzburg. Es hat große Künstler zu Großartigem angestiftet. Die Magie Salzburgs ist unbeschreiblich und einzigartig. Nichts was in Salzburg geschieht,
geht einfach so an mir vorbei. Obwohl
ich Kärntner bin, hege ich ein sehr starkes heimatliches Gefühl zu Salzburg.
Die Kunst ist heute Big Business. Sehnen Sie sich manchmal an die intimeren Zeiten von früher zurück? Es gab
wenige Perioden, die den Kunsthandel
so verändert haben, wie diese dreißig
Jahre, in denen ich dabei bin. Die Kunst
war damals, als ich anfing, einer intellek-
23.01.–12.03.2016
DANIEL RICHTER
HALF-NAKED TRUTH
GALERIE THADDAEUS ROPAC
VILLA KAST / SALZBURG
MIRABELLPLATZ 2
www.ropac.net
tuellen Elite vorbehalten. Heute jedoch
ist die Kunst in der Mitte des Lebens angekommen. Sie hat die Aufmerksamkeit,
die ihr gebührt. Und das ist gut so.
Über künstlerische Vorlieben zu
reden, ist für einen Galeristen immer
schwierig. Verraten Sie uns trotzdem,
welcher Künstler Sie persönlich besonders prägte und weshalb? Wenn
ich mich auf einen Künstler und seinen
Einfluss auf mich reduzieren müsste,
dann wäre das sicher Joseph Beuys. Als
Jugendlicher habe ich von Beuys gehört
und bin nach Wien gefahren, um die
Gastvorlesungen, die er an der Angewandten hielt, zu hören. Beuys war
sicher der Grund, warum ich nach Salzburg ging und Galerist wurde.
Vielen Dank für das Gespräch.
ZEITGENOSSEN
GALERIENRUNDGANG
KUNST IM KIEZ
Foto: Rainer Iglar
Foto: Victoria Schaffer
AUF DEM EHEMALIGEN STADTWERKE-AREAL SALZBURG IN EINER
EHEMALS ÜBEL BELEUMUNDETEN GEGEND ENTSTAND IN DEN
VERGANGENEN JAHREN EIN VÖLLIG NEUER STADTTEIL, DER NICHT NUR
WOHNUNGEN, SONDERN AUCH JEDE MENGE KUNST BEHEIMATET.
Anton Gugg vor Arbeiten
des Künstlers Lucas Horvath.
Vier Köpfe des 15-köpfigen Fotohof-Teams. Von links nach rechts:
Kurt Kaindl, Brigitte Blüml-Kaindl, Rainer Iglar, Michael Mauracher.
STADTGALERIE LEHEN: JUNGE, REGIONALE KUNST
FOTOHOF: ZENTRUM FÜR FOTOKUNST
„Salzburg hat zwar eine große Galeriendichte und ist ein großer Kunsthandelsplatz, aber nicht unbedingt für Salzburger
Kunst“, erzählt Galerist Anton Gugg. Er selbst bezeichnet sich
und seine Galerie daher als „Einspringer“. „Wir kümmern uns
um das, was kommerzielle Galerien nicht machen.“ Ausgestellt
werden bei ihm Salzburger Künstler oder solche, die einen
Bezug zur Stadt haben. Verkauft wird nicht, es wird nur präsentiert. Wenn man so will, ist die Stadtgalerie also eine von
der öffentlichen Hand finanzierte Förder-Galerie. Und auch
wenn sie in keinem sehr touristischen Gebiet gelegen ist und
es bislang nur wenig Laufpublikum gibt, sind die Räumlichkeiten mit ständig wechselnder Kunst für alle, die nach junger
regionaler Kunst suchen, ein echter Geheim-Tipp. „Vom Bahnhof sind es nur 500 Meter“, so Gugg.
Was vor nunmehr fast 35 Jahren als von Fotografen gegründete
Produzentengalerie begann, ist heute viel mehr als das: Ein im
internationalen Zusammenhang tätiges Zentrum für Fotokunst, das Fotokultur und Fotogeschichte auf verschiedenen
Ebenen abdeckt. Den Löwenanteil macht zwar immer noch die
hauseigene Sammlung österreichischer Fotografie (mit mehr
als 30.000 Einzelwerken) aus. Darüber hinaus veranstaltet man
aber auch laufend Workshops, betreibt einen eigenen Verlag
(230 Erscheinungen), und eine Fachbibliothek. Die ist mit mehr
als 14.000 Büchern eine der größten frei zugänglichen im westeuropäischen Raum. Viele der Bücher sind Kunstwerke an sich,
stehen für eine bestimmte Periode in der Fotogeschichte.
Neben der Stadtgalerie bespielt der Galerist noch fünf andere
Kunstschauplätze, darunter so spektakuläre wie die Säulenhalle im Rathaus und das Vogelhaus im Mirabellgarten.
Neu ist das zwei Straßen weiter gegründete Fotoarchiv: In dieser Schatzkammer werden die Vor- und Nachlässe berühmter
Fotografen verwahrt, darunter auch Werke von Inge Morath,
mit der man zu Lebzeiten mehrere Ausstellungen veranstaltete.
Für Liebhaber der Fotografie ist ein Besuch ein Muss.
kultur.stadt-salzburg.at
www.fotohof.at
ZEITGENOSSEN
43
MOZARTEUMORCHESTER
DAS MOZARTEUMORCHESTER
SALZBURG
Foto: Nancy Horowitz
2016 FEIERT DAS MOZARTEUMORCHESTER SEIN 175-JÄHRIGES
BESTEHEN. EIN SPANNENDES JUBILÄUMSJAHR STEHT BEVOR.
Der Klangkörper hat seine Wurzeln
im 1841 gegründeten Dommusikverein
und Mozarteum und wurde mit Unterstützung von Mozarts Witwe Constanze
und seinen beiden Söhnen ins Leben
gerufen. 1908 erhielt das Orchester seinen heutigen Namen.
Das Jubiläumsjahr 2016 wird gleich
mehrfach gefeiert: Anfang des Jahres
bekommt das Orchester die MozartMedaille verliehen. Im Frühjahr erscheint im Müry Salzmann Verlag ein
Buch über das Mozarteumorchester.
Und im Sommer 2016 schließlich wird
der komplette Bruckner-Zyklus auf CD
(CD-Box) bei OEHMS CLASSICS er-
44
scheinen. Im Rahmen der Sonntagsmatinee 1 am 4. Oktober 2015 wurde der
Zyklus mit der Aufnahme der Symphonie Nr. 2 c-Moll (Fassung: 1872) vervollständigt.
Einziger Wehrmutstropfen: Chefdirigent Ivor Bolton verlässt das Orchester
mit Ende der Spielzeit 15/16 Richtung
Madrid, wo er beim Teatro Real die Position des Musikdirektors einnehmen
wird. Bolton: „Mein Job war es, dem
Orchester einen einheitlichen Stil zu
geben. Und ich glaube, dass das gelungen ist. Wir haben heute einen unverwechselbaren Klang.“
Der Ausnahmekönner wird dem
Orchester allerdings auch nachher als
Ehrendirigent erhalten bleiben. Seit
2011 vertieft Trevor Pinnock als Erster
Gastdirigent seine Verbindung zum
Mozarteumorchester. International angesehene Dirigenten wie Giovanni Antonini, Robin Ticciati, Marc Minkowski,
Yannick Nézet-Séguin, Dmitrij Kitajenko und Mark Elder schätzen die Arbeit mit dem aufgeschlossenen und
dynamischen Klangkörper.
SYMPHONISCHE WERKE,
GROSSE OPER
Als Veranstalter zweier eigener
Konzertreihen zählt das Mozarteumorchester zu den Säulen des regen
Salzburger Musiklebens.
Bei den Sonntagsmatineen im
renommierten Großen Festspielhaus
interpretiert es bedeutende, groß
besetzte Werke symphonischen
Repertoires.
Die Donnerstagskonzerte bilden
eine im festlichen Ambiente der
Stiftung Mozarteum thematisch
angelegte Konzertreihe, die
eine Balance zwischen berühmter
Orchestermusik und weniger
verbreiteten Kompositionen sucht.
Eine enge Zusammenarbeit
verbindet das Orchester mit den
Salzburger Festspielen, wo es
nicht nur die einen wichtigen
konzertanten Schwerpunkt
bildenden Mozart-Matineen spielt,
sondern auch für große Opernproduktionen verpflichtet wird.
ZEITGENOSSEN
Advertorial
D
as Mozarteumorchester Salzburg ist das Symphonieorchester
von Stadt und Land Salzburg. In
seiner langjährigen Geschichte hat es
sich zu einem international anerkannten Kulturbotschafter der Mozartstadt
entwickelt. Es ist insbesondere auf die
Erarbeitung eigenständiger und zeitgemäßer Interpretationen der Werke Mozarts spezialisiert.
STIFTUNG MOZARTEUM
DIE STIFTUNG MOZARTEUM
PRÄSENTIERT SICH 2016 ALS SINNBILD
KÜNSTLERISCHEN MULTI-TASKINGS:
OB MOZART MIT DEN WIENER
PHILHARMONIKERN ODER IM
ORIGINALKLANG, ZEITGENÖSSISCHE
MUSIK IM DIALOG MIT MOZART
ODER WISSENSCHAFTLICHE
FORSCHUNG – DAS ALLES PASSIERT
UNTER EINEM DACH.
„D
Advertorial
ie Stiftung Mozarteum ist vielleicht das
spannendste Beispiel für eine erfolgreiche Bürgergesellschaft in Österreich“, erzählt uns Johannes Honsig-Erlenburg, seit 2006
Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg. Aufgabe des Hauses war und ist es, das Leben und
Werk Mozarts zu verbreiten. „Einmal, indem die
Musik im Großen Saal und im Wiener Saal zur
Aufführung gebracht wird – zum anderen durch
die Forschung und durch das Kinder- und Jugendprogramm Klangkarton. Um die 10.000
Kinder besuchen jährlich unsere zahlreichen
Jugend- und Kindervermittlungsangebote.“
„Sie ist einer der heterogensten Kulturbetriebe Europas: Wissenschaftsbetrieb, Museen,
Festivals, Jugendprogramm, internationale Projekte ...“ schwärmt Matthias Schulz, kaufmännischer Geschäftsführer und künstlerischer Leiter,
und kommt gleich im Anschluss auf das Programm zu sprechen. Entscheidend sei es, dass
bei Mozart immer das „sowohl als auch“ möglich ist: Zum einen der Klang der Wiener Philharmoniker mit modernen Konzertinstrumenten.
„Genauso aber gibt es viele Werke, die man im
Originalklang gehört haben sollte.“ Gerade dieser quer gebürstete Mozart könne unheimlich
spannend sein.
ZEITGENOSSEN
Foto: Christian Schneider
EIN
OFFENES
HAUS
In der Autographensammlung, die im Rahmen exklusiver Führungen besichtigt werden
kann, befinden sich rund 190 Originalbriefe
Mozarts, rund 370 Briefe seines Vaters sowie
zahlreiche Briefe anderer Familienmitglieder
(Mutter, Schwester, Ehefrau, Söhne). Vor allem
die Sammlung von mehr als 110 Originalpartituren (Skizzen, Fragmente, Einzelwerke) im
Autographentresor haben der Bibliotheca
Mozartiana zu ihrem Ruf verholfen. Mit rund
35.000 Titeln die umfangreichste Mozart-Bibliothek der Welt.
Und es gibt die Digitale Mozart-Edition
(DME), die sich nicht auf die musikalischen
Werke beschränkt, sondern sich auch der digitalen Aufbereitung von Briefen und Dokumenten sowie den Textquellen zu Mozarts Werken
zuwendet. Auf diese Weise ist Mozarts Werk
weltweit frei zugänglich.
In den beiden Mozart-Museen (Mozarts Geburtshaus und Mozart-Wohnhaus), zwei der
wichtigsten Sehenswürdigkeiten Salzburgs, wird
auf über 800 m2 ein authentisches und lebendiges Bild Wolfgang Amadé Mozarts vermittelt.
Die Museen zeichnet eine zeitgemäße, moderne
Ausstellungsarchitektur aus.
MOZARTWOCHE
Rund um Mozarts Geburtstag am 27. Jänner geben sich
international renommierte
Mozart-Interpreten, Orchester und Ensembles ein
Stelldichein. Die nächsten
Mozartwochen finden vom
22. bis 31.01. 2016 und vom
26.01. bis 05.02. 2017 statt.
DIALOGE
Zeitgenössische Künstler aus
den Bereichen Musik, Tanz,
Literatur und Bildende Kunst
setzen sich mit Mozarts
Leben und Werk auseinander. Das nächste Festival
(von 30.11. bis 04.12. 2016)
steht unter dem Titel
„Grenze“ und stellt die Komponisten Ferruccio Busoni
und Wolfgang Rihm in den
Fokus. Musiker wie Kiril
Gerstein, Maxime Pascal,
Nicholas Altstaedt und das
Arditti Quartett werden
das Festival gestalten.
Info und Karten unter:
[email protected],
Tel. +43 662 87 31 54,
www.mozarteum.at
45
VERANSTALTUNGEN 2016
ZEITPLAN 2016
DIE WICHTIGSTEN VERANSTALTUNGEN
IN STADT & LAND SALZBURG
J A N UA R & F EBR UA R
15.01.–31.12. // SALZBURG STADT & LAND
„Salzburg 2016 – Land im Wandel“, Rückschau und Ausblick
in die Zukunft des Landes, www.salzburg2016.at
20.–23.01. // ALTSTADT SALZBURG
Performing New Europe, junges europäisches
Performancefestival, www.szene-salzburg.net
22.–24.01. // SAALFELDEN
3 Tage Jazz, www.jazzsaalfelden.at
22.–31.01. // ALTSTADT SALZBURG
Mozartwoche 2016, Konzertreihe zu Mozarts Geburtstag
am 27. Januar, www.mozarteum.at
30.01.–05.02. // GASTEINERTAL
5. Art on Snow Gastein, Größtes Kunstfestival der Alpen,
www.gastein.com
MÄRZ
02.–19.03. // ALTSTADT SALZBURG
Hand.Kopf.Werk, Einblicke in Handwerk und kreatives
Schaffen von zahlreichen Altstadt-Betrieben,
www.salzburg-altstadt.at
04.03.–06.11. // GOLDEGG
Malakademie Schloss Goldegg, Kunstkurse für experimentelle
Malerei, Druckgrafik, Zeichnung, Fotografie, Modellieren,
Trickfilm, elektronische Kunst, www.malakademie-goldegg.at
11.–20.03. // GASTEIN
Snow Jazz, Internationales Jazz-Festival,
www.gasteinertal.com/snowjazz
18.–20.03. // OBERALM BEI SALZBURG
Palmklang, Internationale Musiktage mit Werken des
20. und 21. Jahrhunderts, www.palmklang.at
19.–28.03. // ALTSTADT SALZBURG
Osterfestspiele Salzburg, Giuseppe Verdis Otello und
Shakespeares Frauenfiguren, www.osterfestpiele-salzburg.at
30.03.–03.04. // RAURIS
Rauriser Literaturtage, Begegnungswoche durch und mit
moderner Literatur aus dem gesamten deutschen Sprachraum,
www.rauriser-literaturtage.at
A PR IL
Nur auff dem Boden der
Sorg
gfalt wächst nachhaltiger Er folg.
Anneliese Pomberger · Raiffeisen Salzburg Private Banking
www.privatebanking.at · [email protected]
01.–30.04. // ALTSTADT SALZBURG
Kulinarikfestival Eat & Meet, kulinarische
Gaumenfreuden treffen auf interessante und unterhaltsame
Gäste und Aktivitäten, www.salzburg-altstadt.at
16.–17.04. // ALTSTADT SALZBURG
Genuss.Markt in den Kavernen 1595,
ausgewählte österreichische Spezialitäten und Tischkultur,
www.salzburg-altstadt.at
30.04.–30.10. // ALTSTADT SALZBURG
Bischof.Kaiser.Jedermann. 1816–2016, Landesausstellung
200 Jahre Salzburg bei Österreich, www.salzburg200.at
MAI
ab 01.05. // ALTSTADT SALZBURG
Installation und Selfie-Situation, Staatsrechtliche
Angliederung Salzburgs an Österreich, www.domquartier.at
Wir investieren in Beziehungen.
46
ZEITGENOSSEN
VERANSTALTUNGEN 2016
13.–16.05. // ALTSTADT SALZBURG
Pfingstfestspiele, www.salzburgerfestspiele.at/pfingsten
13.–15.05. // TAMSWEG
Kultur an der Mur, Internationale Lungauer
KünstlerInnen zurück in der Heimat, www.lungaukultur.at
18.–22.05. // ALTSTADT SALZBURG
9. Literaturfest Salzburg, www.literaturfest-salzburg.at
22.05. // SALZBURG STADT & LAND
Internationaler Tag der Museen, Ausstellungen zum Thema
“Museums for a sustainable society”, www.icom-oesterreich.at
22.05.–01.06. // TAMSWEG
Simsalabim, Internationales Kinder-&Jugendtheaterfestival,
www.lungaukultur.at
25.–29.05. // RADSTADT
30. Paul Hofhaimer Tage, Festival für Alte Musik & Neue Töne,
www.daszentrum.at
JUNI
01.–05.06. // ALTSTADT SALZBURG
Aspekte Festival Salzburg, „Magie des Klangs“, internationales
Festival für Musik unserer Zeit mit Schwerpunkt auf Frankreich
und Tristan Murail, www.aspekte-salzburg.at
03.–04.06 // SALZBURG STADT & LAND
Architekturtage Salzburg, www.architekturtage.at
14.06.–20.09. // MATTSEE
Diabelli Sommer Mattsee, www.diabellisommer.at
23.06.–03.07. // ALTSTADT SALZBURG
Sommerszene 2016, Avantgarde-Festival mit internationalen
Gastspielen aus Tanz, Theater und Performance,
www.szene-salzburg.net
25.06.–10.09. // ALTENMARKT-ZAUCHENSEE
Natura.Kreativ, Kreativurlaub an außergewöhnlichen Orten,
www.natura-kreativ.at
30.06.–18.08. // LEOGANG
Ton.Spuren am Asitz, Versteckte Perlen der Musikszene
vor einzigartiger Kulisse der Leoganger Bergwelt,
www.tonspurenamasitz.com
JUL I
SEP T E MBE R
03.–04.09. // RADSTADT
26. Kunsthandwerksmarkt, www.daszentrum.at
10.–18.09. // TAMSWEG, MAUTERNDORF, UNTERNBERG
Eachtling & More, MundARTfestival, www.lungaukultur.at
15.–18.09. // GASTEIN
Schubert in Gastein, www.schubertingastein.com
22.–25.09. // GOLDEGG
Verstörungen, ein Fest für Thomas Bernhard,
www.verstörungen.at
23.–25.09. // SEEKIRCHEN AM WALLERSEE
LandArt-Workshop, www.kunstbox.at
OK TOBE R
01.–09.10. ALTSTADT SALZBURG
„Recreation“, Konzertreihe zur Auseinandersetzung mit
wichtigen Komponisten und Epochen der Musikgeschichte
Salzburgs, www.salzburger-bachgesellschaft.at
06.–09.10. ALTSTADT SALZBURG
Magic Moments Mozart, Festival für Chöre, Orchester,
Solisten und Volkstänzer in Salzburg, www.cultours.at
15.–31.10. TAMSWEG
Jazz im Herbst, Internationales Jazzmusikfestival,
www.lungaukultur.at
19.–23.10. ALTSTADT SALZBURG
Jazz & The City, Internationales Festival für Jazz, Worldund Electronic Music, 100 Konzerte, 50 Locations, Eintritt frei!
www.salzburgjazz.com
NOV E MBE R & DEZE MBE R
02.–29.07. // RAMINGSTEIN
„Das Mädchen“, Sommertheater, www.lungaukultur.at
07.–09.07. // PLAINFELD BEI SALZBURG (Salzburgring)
Electric Love, die Weltelite der DJ-Szene bietet für jeden
Geschmack etwas, www.electriclove.at
07.–11.07. // ALTSTADT SALZBURG
Cantus Salisburgensis, Sommerfestival für Chöre, Orchester,
Solisten und Volkstänzer in Salzburg, www.cultours.at
08.–10.07. // ALTSTADT SALZBURG
Fest der Kulturen/Volkskulturen rund um den Dom
mit Blasmusikwertung, www.volkskulturen.at
18.07.–27.08. // SALZBURG STADT & LAND
Internationale Sommerakademie für bildende Kunst
in Salzburg, www.summeracademy.at
22.07.–31.08. // SALZBURG STADT & LAND
Salzburger Festspiele, www.salzburgerfestspiele.at
29.–31.07. // BAD GASTEIN
sommer.frische.kunst – Kunstwochenende 2016, Junge gelebte
Kunst in Bad Gastein, www.sommerfrischekunst.de
Mitte Juli–Ende August // GOLLING
Kleine Festspiele Golling, Die Burg Golling bietet einen stimmungsvollen Rahmen für hochkarätige Konzerte und Lesungen
Juli und August // LEOGANG
@lm: KULTUR, Kunst trifft Alm – wöchentliche Kunst- und
Kulturprojekte auf den umliegenden Almen
ZEITGENOSSEN
AU G U S T
25.–28.08. // SAALFELDEN
Internationales Jazzfestival Saalfelden, www.jazzsaalfelden.at
Ende August–Anfang September // STUHLFELDEN
Ortung, Internationales 3-wöchiges Künstlersymposium,
Kommunikation über den Küchentisch hinaus,
www.ortungstuhlfelden.at
05.–26.11. // TAMSWEG
Lesn und losn, Literaturfestival, www.lungaukultur.at
09.–12.11. // RADSTADT
15. Filmfestival Radstadt zum Thema Heimat,
www.daszentrum.at
25.11.–11.12. // ALTSTADT SALZBURG
Salzburger Adventsingen, zeitgemäße Deutung des
adventlichen Geschehens, die mehr als nur vorweihnachtliche
Romantik bietet, www.salzburgeradventsingen.at
30.11.–04.12. // ALTSTADT SALZBURG
Dialoge der Stiftung Mozarteum, zeitgenössisches
Musikfestival, www.mozarteum.at
24.11.–06.01.2017 // STADT SALZBURG
Winterfest, zeitgenössisches Circus-Festival mit internationalen
Circuscompagnien, die mit atemberaubender Artistik und leiser
Poesie in bizarre Traumwelten entführen, www.winterfest.at
G A NZJÄHR IG
Jeden Sonntag // ALTSTADT SALZBURG
Salzburger Kirchenmusik, Werke Salzburger Komponisten
jeden Sonntag beim Gottesdienst in einer der drei Kirchen
Dom, St. Peter oder Franziskanerkirche
(zusätzlich besonderer Schwerpunkt 24./25.09.2016)
Ganzjährig // SEEHAM
Seebühne Seeham, www.seebuehneseeham.at
Alle Angaben wurden mit großer Sorgfalt erhoben, erfolgen jedoch ohne Gewähr und erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
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DANIEL RICHTER
HALF-NAKED TRUTH
SALZBURG
FEBRUAR – MÄRZ 2016
ROPAC.NET
PARIS MARAIS PARIS PANTIN SALZBURG