Erfahrungsbericht ERASMUS
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Erfahrungsbericht ERASMUS
Erfahrungsbericht ERASMUS-Semester Universität: Institut d'Études Politiques Lyon Zeitraum: SoSe 2011/2012.( Anfang September bis Ende Januar) Studienfach: Kulturwissenschaften 1. Gesamteindruck Mein Auslandssemester am Institut d'Études Politiques (IEP) in Lyon zu verbringen war einer der interessantesten und lehrreichsten Erfahrungen, die ich bis jetzt im Studium der Kulturwissenschaften sammeln konnte. In den 5 Monaten meines Aufenthaltes habe ich die Stadt Lyon und ihre Bewohner lieben gelernt und meine sprachlichen Fähigkeiten verbessert. Das Studium allerdings unterscheidet sich in seiner Form relativ stark vom kulturwissenschaftlichen Studium an der Viadrina. 2. Entscheidungsprozess und Bewerbung Etwa ein Jahr vor meinem geplanten Auslandsaufenthalt im 5. Semester fing ich langsam an mich über das ERASMUS-Programm und die Partneruniversitäten der Viadrina zu informieren. Abgesehen von den Informationsveranstaltungen der Universität und der Kategorie Internationales auf der Homepage der Viadrina, empfand ich vor allem Erfahrungsberichte von Studierenden, sowohl von der Viadrina als auch von anderen Universitäten (fast alles Universitäten stellen Berichte online, einfach Googeln…), als äußerst hilfreich. Frankreich war aus sprachlichen Gründen früh das Land meiner Wahl. Das IEP Lyon wurde es schließlich, weil ich Sozial- bzw. Politikwissenschaften an einem in Frankreich sehr anerkannten IEP studieren wollte und ich von französischen Austauschstudierenden an der Viadrina Positives über Lyon gehört hatte. Paris schied aus finanziellen Gründen früh aus (Mieten um die 500 Euro) und erschien mir außerdem für einen ERASMUS-Aufenthalt schier als zu groß. Nach der Entscheidung gestaltete sich das Bewerbungsverfahren für einen Platz am IEP als relativ unbürokratisch und unkompliziert. Die einzelnen Etappen können sehr gut auf der Homepage der EUV nachvollzogen werden. Im Gegensatz zum IEP Paris fordert das IEP Lyon kein Motivationsschreiben auf Französisch und behält sich auch nicht vor, die Studierenden vor Ort noch einmal auf ihr Sprachniveau zu testen und dann erst final zuzulassen. 3. Vorbereitung Eine rechtzeitige Vorbereitung kann einem vor Ort in den ersten Tagen viel Ärger, Rennerei und auch Geld ersparen. Mit der Zusage der französischen Universität erhält man zunächst ein Heft, dessen Informationsgehalt meiner Meinung nach jedoch ziemlich begrenzt ist. Hilfreicher war die von der Universität Lyon 2, an die das IEP administrativ angegliedert ist, empfohlene Online-Broschüre http://www.lyoncampus.info (Stand: 16.02.2012), in der man sich zunächst einmal generell über das Leben in Lyon als Student informieren kann. Ansonsten sollte man sich meiner Erfahrung nach im Vornherein um folgendes kümmern: • Beantragung einer internationalen Geburtsurkunde beim Standesamt der Geburtsstadt (Kosten ca. 10 Euro). Man benötigt sie z.B. für die Einschreibung. • Eine in Frankreich gültige Haftpflichtversicherung: manche Versicherungen stellen hierfür fremdsprachige Bestätigungen aus. Ist die Haftpflichtversicherung nicht im Ausland gültig, bieten viele Banken bei Eröffnung eines Kontos (z.B. BNP Paribas zu meiner Zeit) solch eine Versicherung als Bonus an. Das gleiche gilt übrigens auch für die Assurance d’habitation, falls diese vom Vermieter gefordert wird! • Krankenversicherung: für die Einschreibung und die Beantragung des Wohngeldes (APL) benötigt man eine Bestätigung der Krankenversicherung. Ist man gesetzlich versichert, reicht eine Kopie der europäischen Krankenversicherungskarte aus. Ist man privat versichert, muss man seine Versicherung um eine englische oder • • • • • französische Bestätigung bitten. Hier gab es, wie ich gehört habe, oft Probleme. Generell sollte man in Erwägung ziehen über den normalen Schutz der bisherigen Krankrenkasse durch eine Auslandskrankenversicherung zu ergänzen, weil, deutsche Krankenkassen offenbar nur 70% der in Frankreich anfallendes Kosten übernehmen. Im Falle eines Unfalls oder Ähnlichem, kann das also sehr schnell sehr viel werden. Ich habe letztendlich eine Auslandskrankenversicherung bei der DKV abgeschlossen, sie aber nicht in Anspruch nehmen müssen. Auslandsbafög beantragen, auch wenn man fürs Inland keinen Anspruch hat! VISA oder MASTER Card: wenn man sie nicht schon hat, dann sollte man sich spätestens jetzt eine solche zulegen. Man kann zwar in Frankreich weitestgehend kostenlos mit deutschen EC Karten zahlen, Bargeld abheben kostet allerdings. Wohnung: frühzeitig sollte man mit der Suche beginnen, siehe ausführlicher unter 4. Eine Bürgschaft der Eltern auf Französisch: Sowohl das französische Studentenwerk (CROUS) als auch die französischen Vermieter fordern oft einen sogenannten Garant, oft sogar einen französischen. Auch wenn die meisten internationalen Studenten mit einem französischen Bürgen kaum dienen können, beruhigt manche Vermieter zumindest ein Bürge aus dem EU-Ausland. Natürlich gilt es auch die Anfahrt zu organisieren, was nach Frankreich zugegebermaßen nicht allzu schwierig ist. Easy-Jet fliegt von Berlin direkt nach Lyon, mit der Bahn und dem Bus (Eurolines z.B.) lässt sich aber meist mehr Gepäck günstiger transportieren. In Bezug auf die französische Bahn SNCF ist zu erwähnen, dass man sich online bereits für die Anfahrt so etwas wie eine Bahncard für Jugendliche (Carte 12-25, 50 Euro, 20-60% Ermäßigung) bestellen kann und so zumindest die Kosten für die französische Teilstrecke verringern kann. 4. Unterkunft Von allen Problemen, die mir in Frankreich in den ersten Wochen begegnet sind, war dies mit Abstand das größte. Der Wohnungsmarkt in Lyon ist vor allem zu Semesterbeginn hemmungslos überlaufen und zudem von Agenturen bestimmt, die teils hohe Vermittlungsgebühren fordern. Aus diesem Grund kann ich nur empfehlen, sich frühzeitig auf die Suche zu machen und sich bereits im Vorfeld eine Bleibe zu organisieren. Wie in allen Städten gibt es in Lyon für Studenten generell die Möglichkeit in Wohnheim, sowohl privat als auch staatlich, zu wohnen. Das IEP selbst stellt keine Wohnheime, man kann sich aber für die staatlichen Wohnheime CROUS (http://www.crous-lyon.fr), dem französischen Studentenwerk anmelden. Die Anmeldefristen hierfür liegen leider etwas ungünstig, in meinem Fall hätte ich mich bereits vor der Nominierung der EUV anmelden müssen. Darüber hinaus vergeben die Wohnheime zum Wintersemester erst einmal nur Wohnungen an Studenten, die ein Jahr bleiben. Später im Semester hingegen, wenn die ersten Studenten schon wieder geflüchtet sind, soll mal wohl durchaus wieder etwas finden können. Die staatlichen Wohnheime sind meist dezentral und nicht sonderlich hübsch, dafür aber unschlagbar günstig. Ein Studio, also ein Einzelappartement, in einem privaten Wohnheim hingegen kostet oft an die 500 Euro plus Vermittlungsgebühren – dafür sind hier auch Anfang des Semesters noch leicht freie Appartements zu finden. Konnte oder wollte man auf diesem Weg nichts finden, kann man versuchen auf dem privaten Wohnungsmarkt fündig zu werden, wie die meisten der Austauschstudenten. Zu diesem Zweck muss man sich meistens vor Ort befinden, weil die meisten Vermieter und WGs die potentiellen Mieter persönlich kennenlernen möchten. Einige wenige Studenten haben deshalb Kosten und Zeit auf sich genommen und sind bereits einige Monate vor ihrem Auslandsauenthalt nach Lyon geflogen und haben sich WGs angesehen. Der Großteil aber hat seine Suche ernsthaft erst vor Ort begonnen. Ausgangspunkt war hierbei oft die Auberge de Jeunesse Lyon nahe der Metro Station Vieux Lyon, in der man für 20 Euro pro Nacht im Viermannzimmer wohnt, kostenloses WiFi nutzen kann und sich zusammen mit hundert anderen Austauschstudenten täglich auf die neuen Wohnungsanzeigen stürzt. Hier lernt man in jedem Fall viele Leute kennen, allerdings ist die Stimmung mitunter etwas panisch. Erstaunlicherweise scheint dies die einzig große Jugendherberge in Lyon zu sein. Ich habe mich im Vorfeld um eine Couchsurfing WG (http://www.couchsurfing.org/) in Lyon gekümmert, bei der ich liebenswerter Weise die erste Woche wohnen durfte. In der Küche dieser WG habe ich viele interessante und liebe Franzosen kennengelernt, mit denen ich bis heute in Kontakt stehe und die mich sogar an einer weitere WG von Freunden verwiesen haben, bei der ich dann noch einmal ein paar Tage wohnen durfte. Ich würde diesen Weg jedem weiterempfehlen, weil man so schnell aufgeschlossene Franzosen kennenlernt, sich nicht von der Stimmung in der Auberge de Jeunesse verrückt machen lässt und nicht zuletzt auch Geld spart. Hat man eine temporäre Bleibe gefunden, geht die Suche los. Online kann ich appartager.fr und leboncoin.fr empfehlen. Während letztere Seite ist kostenfrei ist (vergleichbar mit einer Kleinanzeigen-Seite) ist es Appartager.fr (etwas das Pendant zu WGgesucht.de) hingegen nur bedingt. Letztendlich haben die meisten von uns in den sauren Apfel gebissen und die Gebühren bezahlt. Abgesehen von diesen Möglichkeiten kann man ganz klassisch an den schwarzen Brettern an den staatlichen Universitäten in Lyon (Lyon 1,2 und 3) auf die Suche gehen, am IEP direkt habe ich leider nichts dergleichen gesehen. Auch das CRIJ (http://www.crijrhonealpes.fr, 10 Quai Jean Moulin), ein Jugendinformationszentrum, ist sehr zu empfehlen. Hier gibt es zu Beginn des universitären Jahres Informationsveranstaltungen, kostenlose Stadtpläne sowie kostenlosen Internetzugang (WiFi, aber auch PCs) und vor allem eine Wand voller Wohnungsannoncen, die täglich aktualisiert wird. Auch ich bin hier fündig geworden und habe letztendlich für 300 Euro ein Zimmer in einer Wohnung einer alten Dame gewohnt. Diese Lösung war letztendlich zwar relativ preisgünstig, allerdings haben Studenten, die irgendwie Zimmer in französischen WGs gefunden haben, ihr Französisch um einiges mehr verbessern können. Für alle Mietverhältnisse, die legal abgeschlossen werden (die sogenannte sous-location, also Untermiete ohne Vertrag zählt nicht dazu!!!) besitzt man in Frankreich als Student, auch als internationaler Student, das Recht auf eine Wohngeldförderung. Die sogenannte Aide personnalisée au logement (APL) wird bei der Caisses d'Allocations Familiales (CAF) beantragt und wird unabhängig vom Einkommen der Eltern ausgezahlt. Die Formulare und beizufügende Nachweise hierzu findet man online (https://www.caf.fr/). Im Großen und Ganzen ist dies leicht zu erledigen, zu beachten ist nur, dass man eine französische Kontoverbindung benötigt und für den ersten Monat die CAF kein Wohngeld zahlt, auch nicht rückwirkend. 5. Organisatorisches vor Ort Zur Wohnungssuche und auch sonst ist ein Handy bzw. eine französische SIM-Karte unabdingbar. Prepaid-Telefonieren ist in Frankreich generell ziemlich teuer und zudem ist die Gültigkeit des aufgeladenen Guthabens zeitlich begrenzt. Die drei großen Anbieter SFR, Orange und Bouygues unterscheiden sich preislich wenig voneinander. Sparen kann man hingehen, wenn man sich z.B. eine SIM-Karte des Anbieters Lebara in einem der diversen etwas zwielichtig aussehenden Telefon-Shops (z.B. Rue de Marseille, nahe der Universität) kauft. Abgesehen von den Prepaid-Angeboten gibt es die Möglichkeit einen Handyvertrag vor Ort abzuschließen und ihn nach Ende des Auslandsaufenthaltes durch Nachweis des Umzugs (z.B. Immatrikulationsbestätigung oder Meldebestätigung) vorzeitig zu kündigen. Ich war diesbezüglich skeptisch und bin keinen Vertrag eingegangen, habe aber von mehreren Freunden gehört, dass die Kündigung akzeptiert wurde. Wenn man sich in der Stadt fortbewegen will kommt man am Studenten-Abo der TCL für ca. 26 Euro pro Monat kaum vorbei. Um dieses zu bekommen darf man sich mit der vorläufigen Immatrikulationsbestätigung und einem Passbild in eine zu Beginn des Semesters wahrscheinlich unglaublich lange Schlange vor einem der TCL Verkaufsschalter (z.B. Bellecour oder Grange Blanche) einreihen und bekommt für eine einmalige Bearbeitungsgebühr eine rote Chipkarte in die Hand gedrückt. Diese Karte ist zunächst nur für zwei Monate freigeschaltet innerhalb derer man mit der wirklichen Immatrikulationsbestätigung (Certificat de scolarisation) noch einmal zum Schalter gehen muss. An sich ist das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel sehr gut ausgebaut, so verkehren die Metros auf den vier Linien tagsüber alle zwei bis fünf Minuten. Leider jedoch wird er Verkehr bis auf vereinzelte Nachtbusse kurz nach Mitternacht eingestellt. Kommt man nachts also von einer Feier zurück, muss man sich entweder an Fußmärsche gewöhnen, berappt das Geld für ein Taxi oder greift auf eines der Leihfähräder (Velov) zurück, die sich dutzenden Stationen überall in der Stadt finden lassen. Für die Bearbeitungsgebühr von einem Euro darf man sich einen Tag an jeder Velov-Station ein Fahrrad leihen, fährt die erste halbe Stunde kostenlos und bezahlt dann einen Euro pro Stunde. Für 3 Euro Bearbeitungsgebühr kann man diesen Service 7 Tage nutzen und für 15 Euro Bearbeitungsgebühr ein ganzes Jahr. Immer allerdings werden auf der Kreditkarte mit der man die jeweilige Bearbeitungsgebühr bezahlt 150 Euro für die Nutzungsdauer an Kaution eingefroren, die man bei etwaigem Verlust oder Diebstahl des Fahrrads los ist. Das einjährige Abo lässt sich zudem nicht direkt an den Stationen erwerben, sondern muss beantragt werden und lässt sich nur mit Check bezahlen, einer generell immer noch sehr verbreiteten Zahlungsmethode in Frankreich. Um in Frankreich mit Checks, z.B. seine Miete oder den Kulturpass der Uni, bezahlen zu können und vor allem um das Wohngeld der CAF zu erhalten zu können (obwohl ich hier von Ausnahmen gehört habe), bietet es sich an, vor Ort ein Konto bei einer französischen Bank zu eröffnen. Am Tag der Einführungsveranstaltungen saßen im Foyer der Uni passenderweise einige Angestellte der BNP Paribas und haben zusammen mit den internationalen Studenten die notwendigen Eröffnungsformulare ausgefüllt. Empfehlen kann ich die BNP Paribas trotzdem nur bedingt, weil die Eröffnung aus irgendwelchen Gründen sechs Wochen in Anspruch nahm, ich mehrmals persönlich in der Filiale nachhaken musste und immer wieder widersprüchliche Begründungen zu hören bekam. Leider habe ich von anderen Banken wie der LCL ähnliches gehört, es handelt sich offenbar um ein generelles Problem. Achten sollte man in jedem Fall auf Sonderkonditionen für Studenten. Die meisten Banken bieten bei Eröffnung ein Begrüßungsgeld oder kostenlose Versicherungen an, die man sich sonst vielleicht extra anschaffen müsste. 6. Die Uni Das IEP, das als eine der Grande Écoles in Frankreich einen hohen Status genießt und dessen Studenten alle ein hochselektives Auswahlverfahren durchstanden haben, liegt zentral im 7. Arrondissement Lyons nahe der Tramstation Centre Berthelot. Mit den lediglich 1300 Studenten hat das IEP eher das Flair einer großen Oberschule als den einer deutschen staatlichen Universität und dementsprechend ist auch der Campus sehr überschaubar. Neben einem administrativen Gebäude gibt es nur ein großes Vorlesungsgebäude in dem sich auch der PC Pool befindet. Des Weiteren gibt es eine winzige Bibliothek und ein kleines Bistro. Sowohl eine wirkliche Mensa als auch eine richtige Bibliothek (BU Chevreul) gibt es erst etwas weiter entfernt auf dem Campus der Universität Lyon 2. Die Öffnungszeiten aller universitären Bibliotheken in Lyon sind recht begrenzt: in der Woche schließen sie meist um 7, am Wochenende um 5 und Sonntag ist keine einzige geöffnet. 7. Die ersten Tage und Wochen Empfangen wurden die internationalen Studenten Anfang September im Rahmen einer Einführungswoche, die eher nicht verpassen sollte. Die meisten Veranstaltungen lagen gebündelt an einem Tag, an dem sich die Ansprechpartner des internationalen Büros vorstellten, die Einschreibungsprozedur und Kurswahl erklärt wurde und die internationalen Studenten mit einem kleinen Buffet und einer Bootstour auf der Rhone begrüßt wurden. Innerhalb der nächsten Tage fanden des Weiteren ein Sprachtest und eine Einweisung in die Bibliotheksnutzung statt. Gemeinsame Freizeitaktivitäten wurden darüber hinaus in der ersten Woche nicht organisiert, was ich etwas enttäuschend fand. Für den wichtigsten Termin der nächsten Tage, die administrative Einschreibung, benötigte man einen Nachweis der Krankenversicherung und Haftpflichtversicherung, eine internationale Geburtsurkunde, 2 Passbilder, seinen Personalausweis oder Pass in Kopie und die Immatrikulationsbestätigung der Heimatuniversität. Diese Dokumente wurden vom internationalen Büro am IEP gesammelt und dann an die Lyon 2, an die das IEP administrativ angegliedert ist, weitergeleitet. Offiziell eingeschrieben wird man also als Student an der Universität Lyon 2. Wie man sich wahrscheinlich vorstellen kann nimmt die Übermittlung und Verarbeitung der Daten ein wenig Zeit in Anspruch. Vor drei Wochen sollte man nicht mit einem Studentenausweis und Login-Daten für das Internet rechnen. Hat man den Studentenausweis einmal, kann man ihn als Mensa- und Kopierkarte verwenden. Hat die Vorlesungszeit, zumindest im Wintersemester, Mitte September angefangen ist man mit dem zweiten Teil der Einschreibung, der pädagogischen Einschreibung bzw. Kurswahl beschäftigt. Das IEP bietet den internationalen Studenten an, ihren Aufenthalt mit zwei Arten von Zertifikaten (AEP angelegt auf ein Semester, CEP angelegt auf zwei Semester) abzuschließen. Die Anzahl der Kurse sind meiner Erfahrung nach durchaus machbar, harmonieren aber nicht zwangsläufig mit den Kursen, die man für die Universität zuhause benötigt. Generell stehen den internationalen Studenten alle Kurse des IEPs aus allen Jahren (1.-3. = Bachelor und 4.-5. = Master) offen. Das Spektrum des IEP umfasst Kurse von Politik, Jura und Soziologie bis zu Kurse über Wirtschaft, Kommunikationswissenschaften und Geografie. Alle internationalen Studenten erhalten für jeden Kurs 5 ECTS. Es gibt 3 Arten von Kursen: 1. CF (cours fondamentaux): Vorlesungen im Rahmen von 2 bis 3 Zeitstunden, sehr frontal, die Studierenden schreiben auf ihren PC die Sätze der Professoren komplett mit und lernen sie zum Examen ein 40- Seiten-Skript auswendig 2. CDM (cours de méthodologie): ähneln deutschen Seminaren, als Leistungsnachweis müssen Referate gehalten werden und kleine Essays geschrieben werden 3. CO (cours d‘ouverture): Kurse zu speziellen Themen, die der Vertiefung einzelner Schwerpunkte dienen sollte, können sowohl wie eine Vorlesung als auch wie ein Seminar von den Dozenten gestaltet werden, unterschiedlich können auch die Art der Prüfungen sein Alles in allem macht es rückblickend wenig Sinn sich großartig mit dem Thema der Kurswahl vor dem eigentlichen Beginn der Vorlesungen in Frankreich zu beschäftigen. Die Kurse aus dem Vorjahr, die in Deutschland im Learning Agreement verewigt wurden, werden größtenteils nicht mehr angeboten oder gefallen vor Ort nicht mehr. Im Prozess der Kurswahl, für den man zwei Wochen Zeit hat, sollte man per E-Mail oder Telefon mit Frau Klück Kontakt aufnehmen und die mögliche Anerkennung an der Viadrina erneut absprechen, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Wenn Leistungen oder Examen an irgendeiner Stelle nicht ausreichen sollten, um z.B. einen Kurs zuhause als Vertiefung anerkannt zu bekommen, kann man einfach auf Dozenten zugehen und fragen, ob man zusätzlich zu einem Examen noch eine Hausarbeit einreichen kann. Meistens wird dies gewährt. Generell zeigen sich viele Dozenten kulant und lassen spezielle Prüfungen für die internationalen Studenten zu wie mündliche Prüfungen oder Essays. Auch die französischen Studierenden habe ich als sehr hilfsbereit erlebt. Alle, die ich gefragt habe, haben mir bereitwillig ihre Aufzeichnungen ausgeliehen oder auf einen USB Stick kopiert. Das Niveau der Kurse habe ich als hoch, aber durchaus machbar empfunden. Der Unterschied ist eher im Unterrichtsstil zu finden: ein Großteil der Kurse wird äußerst frontal gestaltet, Begleitlektüre gibt es oft nicht bzw. wird von keinem französischen Studenten angerührt. Geglaubt oder zumindest gelernt wird das, was der Professor im wahrsten Sinne des Wortes „vorliest“. Diskussionen finden in eingeschränktem Maß nur in den CDM statt. Im Gegenzug für die mangelnde Interaktivität decken die Kurse, auch die Seminare, ein sehr breites Spektrum ab und behandeln schlichtweg wirklich viel: die Skripte, die ich von französischen Studenten am Ende des Semester für einen Kurs bekam betrugen teilweise 60 Seiten Fließtext. Viele Austauschstudenten konnten mit diesem Unterrichtsstil bis zum Schluss wenig anfangen und haben Austausch und Diskussion vermisst. 8. Betreuung und Integration in das universitäre Leben Die Betreuung für die Erasmusstudenten im internationalen Büro hat zur Zeit meines Aufenthalts Mme Maria CHENE übernommen. Ich fühlte mich meistens gut betreut, auch wenn man Anfang des Semester wirklich lange Wartezeiten in Kauf nehmen musste und generell die Technisierung an manchen Stellen noch nicht so weit fortgeschritten ist: die Einschreibung und Kurswahl erfolgt noch auf dem Blatt Papier und auch Dinge wie die Öffnungszeiten des internationalen Büros sucht man vergeblich auf der Homepage. Die französischen Studierenden des IEP habe ich als freundlich und höflich gegenüber Gaststudenten kennengelernt, näher in Kontakt zu kommen oder gar Freunde zu finden, erwies sich als schwieriger. Hilfreich war es, Referate zusammen mit Franzosen zu halten, am Sportangebot der Uni teilzunehmen oder auch die Angebote der Association Melting Science Po wahrzunehmen, die regelmäßig Abendveranstaltungen und Wochenendausflüge anbieten. Wirklich empfehlenswert ist, sich auf einer solchen Veranstaltung am Anfang des Semesters einen französischen Studenten als Tutor zuteilen zu lassen. 9. Alltag und Freizeit Seine Freizeit auf interessante Art und Weise in einer vielfältigen und wunderhübschen Großstadt wie Lyon zu verbringen ist keine sonderlich große Herausforderung, deshalb wird an dieser Stelle dieser Aspekt begrenzt abgehandelt. Es lohnt sich in jedem Fall der Facebook Gruppe Erasmus Lyon beizutreten, um täglich Veranstaltungsinformationen und sonstige Hinweise zu erhalten. Das Nachtleben spielt sich vor allem nahe Place de Terreaux, in Vieux Lyon, auf dem Crois Rousse und auf den Partybooten auf der Rhone ab. Ist man im Wintersemester in Lyon, kommt man an der Fete de Lumiere Anfang Dezember nicht vorbei, anlässlich der die ganze Stadt in ein Lichtspektakel verwandelt wird. Ansonsten lässt sich mit der bereits angesprochenen Carte 12-25 der SNCF das Umland Lyon günstig erkunden, Städte wie Montpellier, Avignon oder Dijon sind nicht allzu weit entfernt. Empfehlenswert ist es in jedem Fall sich frühzeitig einen Pass Culturel zuzulegen mit dem man für unschlagbare 16 Euro 4 Veranstaltungen in den größten kulturellen Institutionen Lyons (Oper, Balett, Orchester, Theater…) besuchen kann.